Der Kläger wendet sich gegen Äußerungen der Beklagten über ihn.
Der Kläger hat gemeinsam mit einem Co-Autor im Frühjahr 2016 das Buch „...“ veröffentlicht. Die Beklagte ist Trägerin des NS-Dokumentationszentrums in München.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 wandte Herr Dr. ... sich an den Oberbürgermeister der Beklagten und kritisierte das NS-Dokumentationszentrum mit Hinweis auf das vom Kläger veröffentlichte Buch. Mit Schreiben vom 13. September 2016 antwortete der Oberbürgermeister. In dem Brief steht unter anderem: „Die von Herrn ... vorgetragenen Thesen werden von allen am Projekt [dem NS-Dokumentationszentrum] beteiligten Fachleuten als falsch abgelehnt. Der beste Kenner der Materie, Prof. ..., [...] schreibt zur Arbeit von Herrn ..., dessen Zitate seien ‚willkürlich zusammengeklaubt‘ [...] ‚Hier werden Zitatsplitter missbraucht, um Vorurteile zu generieren.‘ Nach Prof. ... betreibt Herr ... die Geschäfte jener, ‚die das deutsche Volk von jedem Wissen und jeder Verantwortung für den Holocaust reinwaschen wollen.‘ Diskussion findet am NS-Dokumentationszentrum sehr wohl statt, jedoch auf wissenschaftlich fundiertem Niveau...“
Der Kläger erfuhr von diesem Schreiben und wandte sich diesbezüglich an die Beklagte. Auf einen Brief des Klägers hin schrieb der Oberbürgermeister der Beklagten unter dem 9. November 2016 unter anderem: „Es stand zu keinem Zeitpunkt in meiner Absicht, Ihre Persönlichkeitswürde zu verletzen. Dies gilt auch für die Zukunft.“
Am 16. Januar 2017 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
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1.festzustellen, dass der Kläger durch die Äußerungen der Beklagten im Schreiben vom 13. September 2016 an Herrn Dr. ..., soweit es den Kläger anspricht, rechtswidrig in eigenen Rechten, insbesondere in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie in seinem Recht auf freie wissenschaftliche Betätigung verletzt ist.
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2.die Beklagte zu verurteilen, die im Schreiben vom 13. Oktober 2016 an Herrn Dr. ... geäußerten Vorwürfe zu widerrufen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Das Schreiben der Beklagten vom 13. September 2016 verletzte den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die Beklagte übernehme ungeprüft die Vorhaltungen, die der „beste Kenner der Materie“ dem Kläger mache, und mache sie sich zu Eigen. Ihm würde das Niveau abgesprochen. Für ihn als Wissenschaftler seien die Vorwürfe der Beklagten existenzvernichtend, ohne dass die Beklagte einen Beleg für ihre Vorwürfe habe. Er schlussfolgert aus dem Verweis auf das „wissenschaftlich fundierte Niveau“, ihm werde das Niveau abgesprochen. Auch in Art. 5 Abs. 3 GG sei der Kläger verletzt und ihm stehe der Rechtsweg offen, wenn die Beklagte sich den Ansichten eifersüchtiger Kollegen anschließe. Der Rechtstaat müsse gewährleisten, dass der engagierte Bürger nicht üblen Nachreden und Verleumdungen ausgesetzt sei.
Der Bevollmächtigte der Beklagten hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Eine Entschuldigung sei im Schreiben vom 9. November 2016 bereits enthalten.
In dem Brief vom 13. September 2016 habe die Beklagte Herrn Dr. ... (und nur ihm) auf seine konkrete Anfrage mitgeteilt, dass das NS-Dokumentationszentrum inhaltlich von mehreren international renommierten Zeithistorikern erarbeitet worden sei. Bezogen auf die Person des Klägers lasse sich dem Schreiben entnehmen, dass seine Thesen von den am Projekt beteiligten Fachleuten als falsch abgelehnt werden. Anschließend würden Zitate von Herrn Prof. ... wörtlich oder in indirekter Rede wiedergegeben. Schließlich teile die Beklagte mit, dass entgegen der Annahme von Herrn Dr. ... im NS-Dokumentationszentrum Diskussion über die Ausstellungskonzeption auf wissenschaftlich fundiertem Niveau stattfinde. In die Wissenschaftsfreiheit habe die Beklagte nicht eingegriffen. Diese schütze vor staatlicher Einwirkung auf den Prozess der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnis. Die Beklagte sei bei der Gestaltung des NS-Dokumentationszentrums dem Ansatz gefolgt, dass München ein Zentrum des nationalsozialistischen Regimes gewesen sei. Die Aussage der Beklagten im Brief vom 13. September 2016 sei als konzeptionelle Bewertung zu verstehen, dass die Ungerechtigkeit und Ungeheuerlichkeit der Ereignisse, die mit der Zeit des Nationalsozialismus in München für viele Menschen verbunden gewesen sei, auch auf der Bedeutung der Stadt München beruhe und dass dieser Aspekt gerade in dem NS-Dokumentationszentrum als Erinnerungsort hervorgehoben werden solle. Damit sei nicht gesagt, dass es in München nur Täter gegeben habe. Vielmehr enthalte der offizielle Ausstellungskatalog Beispiele für Widerstand und stelle die Pluralität der Münchener Gesellschaft in der Weimarer Republik dar. Der konzeptionelle Ansatz der Ausstellung sei durch das Selbstverwaltungsrecht der Beklagten gedeckt. Der Brief vom 13. September 2016 stelle diese Konzeption, wenn auch knapp, dar und antworte direkt auf die Kritik von Herrn Dr. ... Der Kläger müsse eine seiner Auffassung nicht entsprechende Ausstellungskonzeption akzeptieren. Es gebe kein Recht auf eine bestimmte Ausstellungskonzeption. Der Brief vom 13. September 2016 beziehe sich auf die Konzeption der Ausstellung, nicht auf die Person des Klägers. Der Inhalt dürfe nicht losgelöst von dem des Briefes von Herrn Dr. ... bewertet werden. Die Beklagte zitiere aus einem in der Zeitung „...“ am 14. April 2007 veröffentlichten Interview mit Herrn Prof. Dr. ... über einen Artikel des Klägers in der „...“. Es gehe in dem Brief also nicht darum, die Aussagen und wissenschaftlichen Thesen des Klägers durch die Beklagte bewerten zu lassen, sondern darum, auf welcher Grundlage die Beklagte zu einer bestimmten Ausstellungskonzeption gekommen sei. Insoweit beruhe das Schreiben auch nicht auf einer ungeprüften Wiedergabe der Meinung eifersüchtiger Kollegen, sondern auf einem vom zuständigen Fachreferat gemachten Antwortvorschlag, warum die Konzeption der Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums nicht den klägerischen Thesen folge. Der Kläger habe keinen Anspruch, dass die Beklagte seine Auffassungen von der richtigen Konzeption der Ausstellung übernehme.
Selbst wenn dem Brief vom 13. September 2016 eine Bewertung der wissenschaftlichen Thesen des Klägers enthielte, läge hierin kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, im Rahmen der Ausstellungskonzeption jeder abweichenden Meinung ausreichenden Raum für ihre Kritik einzuräumen. Die Beklagte habe den Kläger nicht in seiner Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt, er sei weiterhin in der Lage, seine wissenschaftlichen Thesen zu verbreiten. Der Kläger stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Beklagten, die dieser ermöglichte, ihn daran zu hindern. Auch faktisch habe der Brief vom 13. September 2017 den Kläger nicht in seiner Wissenschaftsfreiheit beeinträchtigt, da die Beklagte die vom Kläger vorgetragenen Thesen nicht als falsch oder unvertretbar bezeichne, sondern allein darlege, dass die von der Beklagten mit der Ausstellungskonzeption betrauten Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen seien, die klägerischen Auffassungen seien auf Grundlage der gewählten Ausstellungskonzeption nicht zielführend. Die Beklagte mache sich die Thesen der anderen Wissenschaftler nicht zu Eigen, sondern erläutere lediglich, dass die Thesen des Klägers nicht Eingang in die Ausstellungskonzeption gefunden hätten. Der Kläger habe sich nicht gegen das Interview, aus dem die Zitate stammten gewandt und dürfe sich auch nicht darüber beklagen, wenn die Beklagte aus diesem Interview zitiere. Die in dem Interview geäußerten Bedenken seien bereits seit 2007 Teil der öffentlichen Diskussion. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liege nicht vor, zumal die Beklagte sich nicht an die Öffentlichkeit gewandt habe, sondern einem einzelnen Fragesteller geantwortet habe. Außer Herrn Dr. ... habe keine weitere Person außerhalb der Organisation der Beklagten das Schreiben vom 13. September 2016 oder ein vergleichbares erhalten. Der Brief enthalte zudem keine Bewertungen der Arbeit des Klägers. Insbesondere der Satz, dass eine Diskussion auf wissenschaftlich fundiertem Niveau stattfinde, enthalte keine Bewertung des Klägers.
Hilfsweise wird vorgetragen, eine etwaige Verletzung des Klägers hätte sich zudem mit dem Schreiben vom 9. November 2016 erledigt. In der Aussage der Beklagten, dass sie seine Persönlichkeitsrechte nicht verletzten wolle, liege auch die Erklärung, dass sie bedauere, sollte der Kläger dem Schreiben eine Ehrverletzung entnommen haben. Damit wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Entschuldigung erledigt.
Der Kläger hat hierauf erwidert: Das von der Beklagten beigelegte Interview aus dem Jahr 2007 sei dem Kläger unbekannt gewesen und enthalte höchst ehrenrührige Falschaussagen. Weiterhin setzt der Kläger sich inhaltlich mit der im Interview vorgebrachten Kritik auseinander. Anders als die Beklagte meine, hätte der Kläger sich auch nicht gegen das Interview von 2007 zur Wehr setzen müssen, da Herrn Prof. Dr. ... von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit geschützt sei, die Beklagte aber nicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2018 hat der Beklagtenvertreter erneut klargestellt, das Schreiben vom 13. September 2016 sei nur und ausschließlich an Herrn Dr. ... versendet worden.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass nach ihrer Auffassung der Oberbürgermeister sich mit Schreiben vom 9. November 2016 bereits beim Kläger entschuldigt habe, soweit dieser dem streitgegenständlichen Schreiben eine seinen persönlichen Geltungs- und Achtungsanspruch beeinträchtigende Äußerung entnehmen sollte. Das Schreiben vom 13. September 2016 sei eine Antwort auf die Kritik durch Herrn Dr. ... Die Aussage in diesem Schreiben sei eine Tatsachenmitteilung an Herrn Dr. ..., warum die Beklagte bei der Konzeption des NS-Dokumentationszentrums nicht der von Herrn Dr. ... vertretenen Auffassung gefolgt sei. Die Aussage, Diskussion finde sehr wohl statt, aber auf wissenschaftlich fundiertem Niveau, stehe im unmittelbaren Bezug zu der Forderung von Herrn Dr. ..., eine Diskussion über die unvollständige und fehlerhafte Darstellung einzuleiten, etwa durch das vom Kläger veröffentlichte Buch. Die Antwort der Beklagten enthalte eine Absage an diese Forderung. Es ließe sich dem nicht entnehmen, dass dem Kläger sein wissenschaftliches Niveau abgesprochen werde. Auch bei den Passagen, die die Beklagte aus einem Interview mit Prof. ... zitiere, handele es sich um Tatsachenmitteilungen. Die Zitate dienten als ergänzende Begründung, weshalb die Thesen des Klägers von den an der Konzeption der Ausstellung beteiligten Fachleuten abgelehnt würden. Eine Meinungsäußerung über die wissenschaftliche Qualifikation des Klägers sei damit nicht verbunden. Soweit der Kläger in der Wiedergabe des Zitates von Herrn Prof. ... eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte erblicken sollte, habe der Oberbürgermeister im Schreiben vom 9. November 2016 bereits mitgeteilt, dass eine solche Verletzung nicht in seiner Absicht gelegen habe. Damit habe der Oberbürgermeister auch zum Ausdruck gebracht, dass er bedauere, wenn sein Schreiben eine entsprechende Empfindung des Klägers ausgelöst haben sollte. Der Oberbürgermeister der Beklagten erkläre: „Mit dem Schreiben vom 13. September 2016 wurde auf konkrete Anwürfe gegen die Konzeption der Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums durch Herrn. Dr. *. geantwortet. Bei der Antwort wurden auch Zitate aus einem Interview, das Herr Prof. ... im Jahr 2007 in der Zeitung ‚ ...‘ gegeben habe, verwendet. Diese Zitate geben die Einschätzung der an der Konzeption der Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums beteiligten Fachleute wieder. Sie sind Teil der öffentlichen Diskussion, die zu den Thesen des Klägers, wie sie in dem Schreiben des Herrn Dr. ... vom 18. Juli 2016 zum Ausdruck gebracht werden, geführt wird. Sie begründen, warum die mit der Konzeption der Ausstellung befassten Fachleute Ihrem Ansatz nicht gefolgt sind. Mit den Zitaten – wie mit dem Schreiben insgesamt – habe ich keine Meinung über Ihre wissenschaftliche Qualifikation geäußert oder damit eine Bewertung derselben verbunden. Sollte bei Ihnen der gegenteilige Eindruck entstanden sein, bedauere ich das, wie ich Ihnen bereits in meinem Schreiben vom 9. November 2016 mitgeteilt habe. Es lag zu keinem Zeitpunkt in meiner Absicht, Ihren persönlichen Geltungs- und Achtungsanspruch zu beeinträchtigen.“
Der Kläger hat hierauf geantwortet, der Oberbürgermeister der Beklagten habe sich nicht entschuldigt. Die Beteuerung, ihm die Würde nicht aberkennen zu wollen, sei angesichts von Art. 1 Abs. 1 GG nicht ausreichend. Die Aussage, Diskussion finde sehr wohl statt, jedoch auf wissenschaftlichem Niveau (Hervorhebung durch den Kläger), sei eine Ungeheuerlichkeit, nachdem der Kläger gerade das Ausblenden von Zeitzeugen für unwissenschaftlich halte. Er bestreite, dass in der Fachwelt die Meinung von Herrn Prof. ... geteilt werde. Die Beklagte habe dies nicht belegt. Die Stadt müsse sich die Aussagen zurechnen lassen. Die Beklagte belege nicht, dass die Zitate Teil der öffentlichen Diskussion seien. Er bestreite dies.
Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Behörden- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
a. Für das Begehren des Klägers ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet.
Rechtsschutzbegehren auf Unterlassung bzw. Widerruf behördlicher Äußerungen sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Sinn dieser Bestimmung, wenn die angegriffene Äußerung von einem Träger öffentlicher Gewalt bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, gestützt auf vorhandene oder vermeintliche öffentlich-rechtliche Befugnisse, abgegeben wird, also in einem funktionalen Zusammenhang mit der öffentlichen Aufgabenerfüllung steht (vgl. BGH, B.v. 28.2.1978 - VI ZR 246/76 - juris Rn. 12 ff.; HessVGH, B.v. 14. Juni 2012 - 8 E 1101/12 juris Rn. 16). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die streitgegenständlichen Äußerungen wurden in der offiziellen Funktion als Vertreter der Trägerin des NS-Dokumentationszentrums getätigt. Sie waren damit ersichtlich nicht Ausdruck einer persönlichen Meinung, sondern Gegenstand staatlichen Informationshandelns mit Bezug zu der hoheitlichen Tätigkeit des Oberbürgermeisters. Er handelte mithin als öffentlicher Amtsträger im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben.
b. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Insbesondere ist dem Kläger auf Grund seines Rehabilitationsinteresses möglich, gegen ein in der Vergangenheit liegendes Handeln der Verwaltung vorzugehen.
c. Auch der Widerrufsantrag ist zulässig. Insbesondere hat sich das Rechtschutzbegehren des Klägers diesbezüglich nicht bereits erledigt. Denn die Beklagte hat mit keinem ihrer Schreiben gegenüber dem Adressaten des Schreibens vom 13. September 2016 ihre Aussagen widerrufen. Zwar enthalten das Schreiben des Oberbürgermeisters vom 9. November 2016 und der Schriftsatz vom 7. Februar 2018 relativierende Aussagen, sie widerrufen jedoch inhaltlich die vom Kläger gerügten Aussagen nicht, insbesondere nicht gegenüber Herrn Dr. ...
d. Der Klage fehlt auch nicht das Rechtschutzbedürfnis, weil der Kläger sich nicht bereits gegen das im Jahr 2007 veröffentlichte Interview gewandt hat, dem die zitierten Passagen des Herrn Prof. ... entnommen sind. Der Kläger gibt an, er habe nichts von dem Interview gewusst. Zudem stellt es für ihn eine andere und gesondert angreifbare Beeinträchtigung dar, wenn ein Hoheitsträger die von der Meinungsfreiheit gedeckten Aussagen eines Privaten wiederholt.
2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Aussagen der Beklagten greifen nicht ungerechtfertigt in Grundrechte des Klägers ein. Somit hat der Kläger weder einen Anspruch auf eine entsprechende Feststellung des Gerichts noch auf einen Widerruf durch die Beklagte.
Zwar handelt es sich nicht um bloße Tatsachenbehauptungen und der Beklagten sind die zitierten Passagen zuzurechnen (dazu unter a.). Selbst soweit das Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen ist (dazu unter b.), hat die Beklagte verhältnismäßig gehandelt und eine Beeinträchtigung ist somit gerechtfertigt (dazu unter c.). Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit hat ebenfalls nicht stattgefunden (dazu unter d.).
Dies gilt unabhängig davon, ob die vom Kläger vertretenen Thesen und seine Arbeitsweise wissenschaftlichen Standards genügen und wie sie inhaltlich zu bewerten sind. Auch ist zu betonen, dass Gegenstand des Verfahrens nur das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist und eine etwaige Beeinträchtigung durch das Schreiben vom 13. September 2016, nicht dagegen Beeinträchtigungen, die der Kläger durch die Missachtung seiner Publikationen und deren Ergebnisse durch die Ausstellungen im NS-Dokumentationszentrum verspüren mag.
a. Der Kläger hat die Aussagen nicht bereits deshalb hinzunehmen, weil es sich um bloße Tatsachenbehauptungen handelte.
Die Frage, wann mit einer hoheitlichen Äußerung ein rechtswidriger Eingriff verbunden ist, beantwortet sich entscheidend danach, ob es sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt. Entscheidend für die Annahme einer Tatsachenäußerung ist dabei, dass die konkrete Äußerung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden kann, mithin dem Beweis zugänglich ist. Demgegenüber liegt eine Meinungsäußerung vor, wenn bei der Äußerung die subjektive Wertung eines Sachverhalts im Vordergrund steht, die einer Überprüfung auf ihre objektive Richtigkeit entzogen ist. Für sie ist das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend (vgl. BVerfG, B.v. 13.4.1994 - 1 BvR 23/94 -, juris Rn. 26). Dabei ist zu beachten, dass sowohl Tatsachenbehauptungen wertende Elemente, als auch Werturteile tatsächliche Elemente enthalten können. In diesem Fall ist entscheidend, welches dieser Elemente überwiegt und für den Gesamtcharakter der Aussage bestimmend ist. Für die Ermittlung des Aussagegehalts ist dabei darauf abzustellen, wie die Äußerung unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsempfänger verstanden wird (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2009 - 7 CE 09.2455 - juris Rn. 17).
Zwar gibt das Schreiben der Beklagten bei oberflächlicher Betrachtung eine bloße, zudem wahre Tatsache wieder – dass Herr Prof. ... bestimmte Aussagen in einem Interview getätigt habe – doch wohnt diesen zitierten Aussagen eine klare Wertung inne, die das Schreiben sich zu eigen macht. Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers, dass der Oberbürgermeister sich die zitierten bzw. wiedergegebenen Thesen von Herrn Prof. ... zurechnen lassen muss. Er verweist auf diese nicht als beliebige Stellungnahme, sondern zieht sie als Begründung heran, weshalb die Arbeiten des Klägers in der Ausstellungskonzeption keinen Platz finden sollen. Die Qualifikation als „bester Kenner der Materie“ dient dem Oberbürgermeister als Grund, sich den von Herrn Prof. ... vertretenen Thesen anzuschließen. Nachdem – soweit aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich – Herr Prof. ... kein am NS-Dokumentationszentrum beteiligter Fachmann ist, wird er nicht exemplarisch für die bereits genannten Fachleute herangezogen, sondern als weitere, außenstehende Autorität. Auf diese beruft sich der Oberbürgermeister, um seine Haltung weitergehend zu begründen. Er macht sich die Thesen damit jedenfalls insoweit zu eigen, als er einerseits Zweifel an der Qualität der klägerischen Arbeiten mitteilen und andererseits durch die Nähe zu Holocaustleugnern die Unmöglichkeit solcher Thesen in einer städtischen Gedenkstätte aufzeigen möchte. Bei einer neutralen Haltung gegenüber den klägerischen Arbeiten hätte der Oberbürgermeister keinen Anlass gehabt, diese Zitate heranzuziehen. Ob er sich darüber hinaus den Thesen im Einzelnen konkret anschließen möchte, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Jedenfalls handelt es sich nicht um dem Beweis zugängliche Tatsachen, sondern um Elemente des wertenden Dafürhaltens („Missbrauch“, „Willkür“), welche nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Meinung kennzeichnen.
b. Das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist durch die Aussagen der Beklagten mindestens in seinem Schutzbereich berührt.
Neben den Schutz der Privatsphäre tritt als weitere Garantie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Schutz der Selbstdarstellung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wirkt in dieser Gewährleistungsvariante insbesondere als Schutz des Selbstbestimmungsrechts über die Darstellung des persönlichen Lebens- und Charakterbildes (Maunz/Dürig/Di Fabio, GG, 81. EL September 2017, Art. 2 Abs. 1 Rn. 166-168). Der soziale Geltungsanspruch des Einzelnen ist nach dem Grundgesetz unter dem Aspekt der sozialen Identität gegen unwahre Behauptungen geschützt. Unter dem Aspekt der Integrität der personalen Identität gegen herabsetzende Äußerungen und Verhaltensweisen wird das Recht auf Achtung und Schutz der persönlichen Ehre gewährleistet (Sachs/Murswiek/Rixen, GG, 81. EL September 2017, Art. 2 Rn. 74-75). Das Persönlichkeitsrecht ist als sozialer Achtungsanspruch stark mit der Wahrnehmung der Person in Form der Selbstwahrnehmung, aber auch der Wahrnehmung durch andere verknüpft. Das Grundgesetz erkennt jedem Menschen das Recht zu, die Deutungshoheit über seine Persönlichkeit unbehelligt von staatlicher Herabwürdigung zu behalten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch den Schutz vor Äußerungen, die – ohne im engeren Sinn ehrverletzend zu sein – geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken (BVerfG, B.v. 17.8.2010 – 1 BvR 2585/06 – juris m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund berührt die Äußerung des Oberbürgermeisters den Kläger in seinem Achtungsanspruch, da er gerade in seiner sozialen und beruflichen Rolle als Wissenschaftler angegriffen wurde. Die Beklagte deutet durch die Auswahl der Zitate von Herrn Prof. ... an, der Kläger nutze einzelne Zitatsplitter, um zu einer Deutung zu gelangen, die bei umfassender Würdigung aller Quellen nicht haltbar wäre. Das verwendete Wort „Missbrauch“ suggeriert, der Kläger überschreite die Grenzen eines wie auch immer gearteten Dürfens. Auch legt das Zitat dem Leser nahe, dass die vom Kläger gefundene These ihm genehm sei und er Zitate benutze, um zu ihr zu gelangen. Dies beinhaltet im Ergebnis mittelbar den Vorwurf methodisch unsauberen, ergebnisorientierten Arbeitens. Dieser Vorwurf ist im Rahmen des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts relevant.
c. Das Handeln der Beklagten ist gerechtfertigt und verhältnismäßig.
Seine Rechtfertigung findet das Handeln der Beklagten in ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG), das auch das Recht umfasst, ein städtisches Museum als öffentliche Einrichtung nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die Beklagte hat die Satzung über die Benutzung des NS-Dokumentationszentrums München (Benutzungssatzung NS-Dokumentationszentrum) vom 9. April 2015 erlassen und das NS-Dokumentationszentrum auf diese Weise zur öffentlichen Einrichtung gewidmet. Das Recht der Beklagten, ihre öffentliche Einrichtung inhaltlich zu gestalten, umfasst auch das Recht, diesen inhaltlichen Entwurf nach außen zu vertreten. Innerhalb dieses Rahmens hat die Beklagte sich gehalten.
Der vorliegende Fall ist besonders gelagert: Das Grundrecht des Klägers ist in seiner Abwehrdimension betroffen, nicht in der Schutzdimension. Der Staat soll nicht vor einem anderen Privaten (z.B. einer Presseinstitution) und deren abwertenden Aussagen schützen, sondern der Kläger wendet sich gegen ein unmittelbares staatliches Handeln. Das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist mithin nicht in seiner Dimension als Schutzrecht gegen Beeinträchtigungen Dritter, sondern als Abwehrrecht gegen originär staatliche Beeinträchtigungen zu untersuchen. Nicht einmal dient das staatliche Handeln dem Interesse eines Privaten (wie etwa im Fall staatlicher Warnung vor gefährlichen Produkten), sondern die beklagte Hoheitsträgerin handelte im eigenen und damit im öffentlichen Interesse.
Als rechtfertigende Belange können somit keine Rechte Dritter herangezogen werden. Das Handeln der Beklagten ist aber aus ihrem Selbstverwaltungsrecht heraus gerechtfertigt.
Die Beklagte ist selbst Trägerin des NS-Dokumentationszentrums, hat sich für ein inhaltliches und methodisches Konzept entschieden und tritt dem Kläger somit nahezu in einer Konkurrenzsituation der wissenschaftlichen Meinungen gegenüber. Auch in dieser „Spieler“-Position ist die Beklagte als Hoheitsträgerin wie in der sonst üblichen Schiedsrichter-Position an die Grundrechte gebunden und darf sich damit nicht wie ein privater Museumsträger oder Wissenschaftler gegenüber dem Kläger verhalten. Jedoch muss der Kläger im wissenschaftlichen Austausch meinungsstärkere und kritischere Äußerungen hinnehmen als von einem am wissenschaftlichen Diskurs unbeteiligten Hoheitsträger. Die Neutralitätspflicht des Staates findet zwangsläufig eine andere Ausprägung, wo dem Staat ausnahmsweise die Teilnahme an einem Markt im weitesten Sinne gestattet ist; von der Beklagten kann etwa nicht verlangt werden, sich neutral zum Thema München während der NS-Zeit zu verhalten, vielmehr ist die Beklagte ja gerade berechtigt, in ihrem Museum eine inhaltliche Meinung hierzu zu vertreten. Der vorliegende Fall ähnelt somit den seltenen Konstellationen, in denen Hoheitsträger in Form staatlicher Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen. Auch einem materiell staatlichen Unternehmen muss es im Rahmen seiner Aufgabe möglich sein, etwa einen Zulieferer wegen schlechter Produkte zurückzuweisen oder für das eigene Produkt zu werben.
Das NS-Dokumentationszentrum München ist ein Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus. Es gibt einen detaillierten Einblick in die Geschichte Münchens während der Weimarer Republik sowie der NS-Zeit und dem Umgang mit der NS-Zeit nach 1945 (§ 2 Abs. 1 Benutzungssatzung NS-Dokumentationszentrum). Auf Grund dieses Inhalts ist zudem an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu erinnern, die dieser Thematik – im Rahmen der Meinungsfreiheit – eine Sonderstellung einräumt. Danach erlaubt Art. 5 Abs. 1 und 2 GG in Bezug auf das nationalsozialistische Regime in den Jahren zwischen 1933 und 1945 auch Eingriffe durch Vorschriften, die nicht den Anforderungen an ein allgemeines Gesetz entsprechen. Angesichts des einzigartigen Unrechts und des Schreckens, die diese Herrschaft unter deutscher Verantwortung über Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland prägenden Bedeutung dieser Vergangenheit, können Äußerungen, die dies gutheißen, Wirkungen entfalten, denen nicht allein in verallgemeinerbaren Kategorien Rechnung getragen werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08 –, juris). Nach Auffassung des Gerichts lässt sich dieser Gedanke jedenfalls insoweit für den vorliegenden Fall fruchtbar machen, als die Beklagte zu einer klaren Stellungnahme über die Schrecken der NS-Zeit berechtigt ist.
Nach alledem ist der Beklagten gestattet, ihren inhaltlichen Entwurf zu erläutern und zu verteidigen. Über ihre Aufgabenzuweisung hinausgehend darf die Beklagte jedoch die Grenzen der Neutralität nicht verlassen, insbesondere Anhänger alternativer Meinungen persönlich beleidigen oder sogenannte „Schmähkritik“ üben. Der Maßstab ist zweigeteilt hinsichtlich inhaltlicher, auf die Arbeit des Klägers zielende Kritik, die der Kläger weitergehend hinnehmen muss, und auf die Person zielende Kritik, für die dem Hoheitsträger aus seiner Aufgabe keinerlei Rechtfertigung erwächst. In diesen Grenzen hat sich die Beklagte noch gehalten.
Denn die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sie auf ein konkretes Schreiben geantwortet hat, in dem sie auf die Arbeit des Klägers und deren Fehlen in der Ausstellung hingewiesen wurde. Die Beklagte hat nicht von sich aus Kritik am Kläger geübt, sondern ist auf konkrete Vorwürfe zu der Konzeption des Museums eingegangen, in welchen der Name des Klägers von Herrn Dr. *. genannt wurde. Die Beklagte hat sich auf die wissenschaftliche Meinung von Herrn Prof. ... berufen und damit keine neuen Vorwürfe gegen den Kläger erhoben, sondern nur bereits bestehende Kritik durch ihre hoheitliche Autorität vertieft. Zudem erfolgte die Mitteilung nur an eine einzelne Person und wurde nicht in rufschädigender Weise der Allgemeinheit bekannt gegeben, etwa um vor dem Kläger zu warnen. Der Kläger ist somit nur in sehr geringem Umfang beeinträchtigt. Vielmehr hat der Kläger selbst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch seine Klage auf das Schreiben gelenkt. Die Beklagte hat sich vor allem auf die Arbeit des Klägers, nicht auf seine Person bezogen. Zwar macht die Beklagte wie dargestellt sich die Aussagen von Herrn Prof. ... zu eigen, jedoch wird durch die Bezugnahme klargestellt, dass Wortwahl und Konnotation nicht von der Beklagten ausgewählt wurden. Soweit die Thesen des Klägers als falsch abgelehnt werden und auf handwerkliche Fehler in seiner Arbeit hingewiesen wird („willkürlich zusammengeklaubt“, „Zitatsplitter“), ist dies gerechtfertigt durch das genannte Recht der Beklagten, ihre methodische und inhaltliche Auswahl an Quellen und ihre Ansprüche an die Ausstellung zu rechtfertigen. Soweit die Beklagte sich die Meinung von Herrn Prof. ... zu eigen macht, der Kläger spiele denjenigen in die Hände, „die das deutsche Volk von jedem Wissen und jeder Verantwortung für den Holocaust reinwaschen wollen“ (auch: „um Vorurteile zu generieren“), nutzt die Beklagte das dargelegte Recht, eine deutliche Abwertung der NS-Zeit und ihrer Gräueltaten zum Ausdruck zu bringen und zu unterstreichen, dass in der Ausstellung andere Meinungen als die aufgeführten keinen Raum finden können. Auch bleibt bei der Formulierung „...betreibt die Geschäfte jener...“ offen, ob die Beklagte von einer Absicht des Klägers ausgeht. Schließlich kann das Gericht dem Kläger nicht darin folgen, die Formulierung „jedoch auf wissenschaftlich fundiertem Niveau“, solle dem Kläger dieses Niveau absprechen. Auch wäre möglich, dass die Beklagte damit Herrn Dr. ... meint, der kein Wissenschaftler ist.
d. Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit liegt nicht vor. Das Gericht kann bereits nicht erkennen, inwieweit der Kläger in seinem wissenschaftlichen Arbeiten durch die Aussagen der Beklagten beeinträchtigt sein soll. Zudem wäre ein solcher Eingriff aus denselben Gründen gerechtfertigt.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.