Verwaltungsgericht München Urteil, 03. Juni 2014 - 16 K 13.5120
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer von dem Beklagten verfügten Gewerbeuntersagung.
Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom ... Oktober 2013 wurde dem Kläger die selbstständige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit „...“ untersagt (Ziffer 1). Weiter wurde der Kläger unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Ziffer 4) aufgefordert, den derzeitigen Betriebssitz (Ziffer 2) und ggf. weitere Betriebssitze (Ziffer 3) innerhalb eines Monats nach Bestandskraft dieses Bescheides zu schließen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger müsse als unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 VwGO beurteilt werden. Er komme seinen öffentlich-rechtlichen, gewerbebezogenen Zahlungsverpflichtungen nur in unzureichendem Maße nach. Die beim Finanzamt ... aufgelaufenen Steuerrückstände aus gewerblicher Tätigkeit würden inzwischen rund 13.866,36 € (einschließlich Säumnis- und Verspätungszuschläge) betragen. Die Beitragsrückstände bei der Berufsgenossenschaft für ... hätten sich auf 326,16 € erhöht. Daraus ergebe sich, dass ihm die zur Führung eines Gewerbebetriebes erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehle. Der Kläger sei ganz offensichtlich nicht willens bzw. nicht in der Lage, seine öffentlichen Berufspflichten zu erfüllen. Diese Einschätzung werde nicht zuletzt durch einen vom Amtsgericht ... gegen ihn erlassenen Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestätigt. Spätestens durch ein Anhörungsschreiben vom ... Dezember 2012 sei der Kläger über das gegen ihn eingeleitete Gewerbeuntersagungsverfahren informiert gewesen. Selbst diese Mitteilung habe ihn allerdings nicht dazu veranlasst, die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten wenigstens ernsthaft zu versuchen. Mit Schreiben vom ... Mai 2013 sei ihm ausdrücklich die Fortführung des Gewerbeuntersagungsverfahrens angedroht worden. Bis auf eine einmalige Zahlung gegenüber dem Finanzamt ... im Juni 2013 sei auch diese Androhung wirkungslos geblieben. Obwohl ihm bereits mit Schreiben vom ... Juni 2011 die Durchführung eines gegen ihn gerichteten Gewerbeuntersagungsverfahrens für den Fall des Anstiegs seiner Steuerschulden angedroht worden sei, sei er bis heute nicht in der Lage gewesen, das Ansteigen der Zahlungsrückstände beim Finanzamt ... zu verhindern. Da seine Verbindlichkeiten im Verhältnis zur Größe seines Unternehmens erheblich seien, sei auch nicht zu erwarten, dass sich seine finanzielle Leistungsfähigkeit in absehbarer Zeit verbessern werde. Sein beharrliches Nichtabführen von Steuern und Beiträgen lasse überdies nicht nur auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, sondern auch auf eine Neigung seinerseits schließen, diesen Schwierigkeiten unter Verletzung der Rechtsordnung Herr zu werden. Diese Schlussfolgerung werde auch durch Verurteilungen des Klägers wegen Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 38 Fällen mit vorsätzlichem Bankrott und wegen Betrugs in vier Fällen unterstrichen. Obwohl dem Kläger im laufenden Verfahren die Chance eingeräumt worden sei, ein sinnvolles Sanierungskonzept zu erarbeiten und den Schuldenstand ratenweise abzutragen, habe er diese Gelegenheit nicht wahrgenommen. Es sei zu erwarten, dass sich die öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen des Klägers bei Fortführung der gegenwärtig ausgeübten Tätigkeit nicht reduzierten, sondern weiter erhöhten.
Am 7. November 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Landratsamt ... habe ein früheres Gewerbeuntersagungsverfahren mit einer qualifizierten Abmahnung vom ... Juni 2011 beendet. Bei der streitgegenständlichen Entscheidung des Beklagten sei ungenügend berücksichtigt worden, dass die angeführten weiteren Hinweise auf eine Unzuverlässigkeit ihre Ursachen vor dem Zeitpunkt der Abmahnung hätten. Der Kläger habe sich in Anbetracht des ersten Verfahrens um den Ausgleich aller Schulden bemüht und zur strukturellen Verbesserung seiner Betriebsführungsfähigkeiten um eine Betriebsberatung gekümmert. Bis auf die weitergehende Tilgung der Schulden beim Finanzamt sei dem Kläger eine wirtschaftliche Umstrukturierung gelungen. Die Zeit ab Mitte 2011 sei zu kurz gewesen, um mit dem vorhandenen Betrieb die Altlasten zusätzlich zu erwirtschaften. Mit der Fortführung des Betriebes sei er in der Lage, auch die jetzt noch vorhandenen Rückstände beim Finanzamt zu erwirtschaften. Mit Betriebseinstellung würde ihm nur die angestellte Tätigkeit als Fahrer mit Verdienstmöglichkeiten um die 2.500,-- € verbleiben. In der Konsequenz könne dies auch die Notwendigkeit eines Antrages auf Insolvenz- bzw. Restschuldbefreiungsverfahren bedeuten. Der Kläger habe im Jahr 2013 auf einen Titel aus einer zivilrechtlichen Forderung ca. 4.000,-- € bezahlen müssen. Andernfalls wäre der Betrieb zusammengebrochen und auch die Steuerlasten seien nicht mehr zu begleichen gewesen. Vorübergehende Schwierigkeiten des Transportgewerbes würden nicht sofort eine grundsätzliche Ungeeignet bedeuten. Die Wertung, der Kläger habe die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen nicht wenigstens versucht, sei nicht zutreffend. In geringem, dem Überschuss entsprechenden Rahmen seien fast sämtliche Schulden abgetragen und auch beim Finanzamt 2.000,-- € bezahlt worden. Dem Landratsamt sei angeboten worden, ein Sanierungskonzept zusammen mit der Betriebsberatung zu besprechen bzw. in einem persönlichen Termin Maßnahmen notwendiger Nachhaltigkeit der Betriebsführung zu vereinbaren. Der Kläger habe seine selbstständige Gewerbetätigkeit im Rahmen der beratenden Betriebstätigkeit zwischenzeitlich „auf Eis“ gelegt und arbeite im Angestelltenverhältnis, um mit klaren und planbaren Einkommensverhältnissen seine Finanzlage fundiert in Ordnung zu bringen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landratsamtes ... vom ... Oktober 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, eine Nachfrage beim Finanzamt ... am ... November 2013 habe ergeben, dass der Kläger seiner Verpflichtung zur Abgabe der Einkommens- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2011 und 2012 noch immer nicht nachgekommen sei. Nach einer Zahlung von 1.000,-- € am ... Oktober 2013 an das Finanzamt ... hätten zum ... November 2013 noch immer Rückstände in Höhe von 12.875,-- € bestanden. Eine weitere Nachfrage beim Finanzamt ... am ... November 2013 habe ergeben, dass der Kläger am ... November 2013 erneut eine Zahlung in Höhe von 1.100,-- € geleistet habe. Nach Verrechnung dieser Zahlung hätten die Einkommens- und Umsatzsteuerrückstände samt Nebenforderungen noch 11.864,80 € betragen.
Mit Beschluss vom 13. März 2014 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 3. Juni 2014 und die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes ... vom ... Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender dann gewerberechtlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris; BVerwG, B.v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - juris; BVerwG, B.v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris; BVerwG, B.v. 5.3.1997 - 1 B 56/97 - juris; BVerwG, B.v. 16.2.1998 - 1 B 26/98 - juris).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - juris; BVerwG, B.v. 16.6.1995 - 1 B 83/95 - juris). Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BayVGH, B.v. 23.10.2012 - 22 ZB 12.888 - juris).
Vorliegend ergibt sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers bereits aus den erheblichen Steuerrückständen aus seiner selbstständigen gewerblichen Tätigkeit und der Nichtabgabe von Steuererklärungen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses betrugen diese Zahlungsverpflichtungen 13.866,36 € (vgl. Bl. 96 der Behördenakte). Eine Tilgung von Steuerschulden hätte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers lediglich dann ausgeräumt, wenn dies im Rahmen eines tragfähigen Sanierungskonzeptes erfolgt wäre, welches eine Abtragung der aufgelaufenen Steuerrückstände sowie das Nichtentstehen neuer Steuerschulden hätte erwarten lassen (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris). Der Kläger hat jedoch bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses am ... Oktober 2013 kein solches Sanierungskonzept vorgelegt. Entgegen der Aussagen des Klägers in einem Schreiben an die IHK ... vom ... Januar 2013 (Bl. 87 f. der Behördenakte) hat er zudem die Zahlungsrückstände gegenüber dem Finanzamt ... nicht bis Mai 2013 entsprechend einer Zahlungsvereinbarung zurückgeführt. Das Finanzamt hat vielmehr mit Schreiben vom ... Oktober 2013 an das Landratsamt (Bl. 95 f. der Behördenakte) mitgeteilt, dass die letzte freiwillige Zahlung am ... Juni 2013 in Höhe von 2.000,-- € erfolgte und Ratenzahlungen nicht eingehalten wurden. Forderungspfändungen des Finanzamts waren nicht erfolgreich. Zum damaligen Zeitpunkt fehlten zudem die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen für 2011 und 2012. Angesichts dessen musste zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht in der Lage und Willens sein würde, die Steuerschulden geordnet und in einem überschaubaren Zeitrahmen zurückzuzahlen sowie der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen nachzukommen. Weiter war anzunehmen, dass - auch infolge ausbleibender laufend fälliger Umsatzsteuer- und Einkommenssteuervorauszahlungen - die Zahlungsrückstände weiter ansteigen würden. Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsbereitschaft des Klägers ergeben sich zudem aus dem Erlass eines Haftbefehls letztmalig am ... November 2010.
Die Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2014 haben die damalige negative Prognose über die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Klägers nachträglich bestätigt. Danach hat sich der Zahlungsrückstand des Klägers bei dem Finanzamt ... auf derzeit 31.680,94 € weiter deutlich erhöht.
Auch der Sachverhalt, der dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom ... Oktober 2010 zugrunde liegt, lässt Rückschlüsse auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu. Bei der Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit der früher vom Kläger als Geschäftsführer geleiteten GmbH sowie dem Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt handelt es sich um gewerbebezogene Straftaten. Hieraus ergeben sich begründete Zweifel an der Bereitschaft des Klägers, seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der selbstständigen Gewerbeausübung nachzukommen.
Weiter stellt die gegenüber dem Kläger verfügte Gewerbeuntersagung hier keinen unverhältnismäßigen Eingriff in dessen Grundrechte dar. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn in der Ausprägung durch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen kann (BVerwG, B.v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - juris; BVerwG, B.v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - juris; BayVGH, B.v. 05.06.2014 - 22 C 14.971 - juris Rn. 24). Hier sind die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls nicht gegeben. Durch das Schreiben des Landratsamtes ... vom ... Juni 2011 wurde dem Kläger vielmehr deutlich vor Augen geführt, dass er mit der Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens rechnen musste, falls weitere Verfehlungen z. B. in Form ansteigender Steuerschulden auftreten würden. Die Steuerrückstände haben sich vom Zeitpunkt des Schreibens vom ... Juni 2011 von 2.143,22 € (Stand ...5.2011, vgl. Bl. 22 der Behördenakte) bis ... November 2012 auf 8.649,75 € (vgl. Bl. 64 der Behördenakte) erhöht. Der Kläger musste spätestens ab Erhalt des Anhörungsschreibens des Landratsamtes ... vom ... Dezember 2012 konkret mit dem Erlass einer Gewerbeuntersagung rechnen. Mit Schreiben des Landratsamtes vom ... Mai 2013 erhielt er dann eine weitere Möglichkeit, seinen Pflichten gegenüber dem Finanzamt nachzukommen, die er verstreichen ließ. Die wiederholt gewährten Fristen bis zur letztlich erfolgten Gewerbeuntersagung waren hier sehr entgegenkommend bemessen worden. Der Kläger hatte hinreichend Gelegenheit, die erforderlichen Schritte zur Ordnung seiner Vermögensverhältnisse rechtzeitig einzuleiten und dem Landratsamt ein schlüssiges Sanierungskonzept vorzulegen.
Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Ermessensfehlern (Art. 40 BayVwVfG i. V. m. § 114 Satz 1 VwGO). Die Bemessung der Abwicklungsfrist sowie die damit verbundene Zwangsmittelandrohung begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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(1) Die Bundesregierung bestellt einen Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht und richtet ihn im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht kann sich an jedem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beteiligen; dies gilt nicht für Verfahren vor den Wehrdienstsenaten. Er ist an die Weisungen der Bundesregierung gebunden.
(2) Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Äußerung.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.