Verwaltungsgericht München Urteil, 14. Jan. 2014 - 13 DK 13.2385

published on 14/01/2014 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 14. Jan. 2014 - 13 DK 13.2385
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Tenor

I.

Der Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beklagte ist am ... 1977 geboren. Sie begann ihren Dienst bei der Bayerischen Polizei am ... 1996 als Polizeimeisteranwärterin im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Am ... 1997 wurde sie zur Polizeioberwachtmeisterin ernannt. Die Laufbahnprüfung bestand sie 1999 mit „gut“ (Platzziffer 40). Zum ... 1999 wurde sie zur Polizeimeisterin ernannt und zum ... 2001 zur Polizeiobermeisterin befördert. Seit dem ... 2004 ist sie Beamtin auf Lebenszeit.

Sie ist ledig und kinderlos und erhält Bezüge nach A 8. Seit dem ... 2012 befindet sich die Beklagte im Ruhestand.

Zuletzt arbeitete die Beklagte bei der PI ... Seit dem ... 2005 ist die Beklagte durchgehend - mit Ausnahme zweier erfolgloser Wiedereingliederungsversuche im ... 2005/... 2006 - krank geschrieben. Am ... 2008 wurde die Beklagte psychiatrisch begutachtet. Das Gutachten von ... kommt zu dem Ergebnis, dass zur Wiederherstellung einer zumindest begrenzten Dienstfähigkeit eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik zwingend erforderlich sei. Das Gutachten ging am ... 2009 beim PPO ein. Nach Anhörung wurde die Beklagte mit Schreiben vom ... 2009 angewiesen, die stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik durchzuführen. Diese Anweisung wurde mit Schreiben vom ... 2010, ... 2010, ... 2010, ... 2010, ... 2010, ... 2010 und ... 2011 wiederholt. In diesen Schreiben wurde die Beklagte auch ausdrücklich auf ihre Gesunderhaltungspflicht und auf die Folgen eines Verstoßes gegen dieselbe belehrt. Gleichwohl hat sie die medizinisch indizierten Therapiemaßnahmen verweigert. Wegen Dienstunfähigkeit musste die Beklagte letztendlich in den Ruhestand versetzt werden. Bis heute hat die Beklagte - trotz eindringlicher Hinweise - die Behandlung nicht angetreten.

Die Beklagte sollte am ... 2011 beim ... begutachtet werden (Schreiben des PPO vom ...2012). Sie erschien zur Untersuchung, verweigerte aber die Mitwirkung. Ihr Krankheitsbild erlaube keine Untersuchung durch einen Arzt.

Mit Vermerk vom ... 2012 wurde das Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Beklagte hatte mehrfach Gelegenheit, sich zu äußern. Antragsgemäß wurde der Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung (GdB 50) beteiligt. Die Disziplinarklage vom 22. Mai 2013 ging am 27. Mai 2013 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München - Kammer für Disziplinarsachen nach Landesrecht - ein. Sie wurde dem Bevollmächtigten der Beklagten mit einer Belehrung über deren Rechte am 31. Mai 2013 zugestellt.

Der Kläger wertet das Verhalten der Beklagten als gravierendes Dienstvergehen. Trotz einiger kurzzeitiger Krankenhausaufenthalte habe die Beklagte der Weisung nicht entsprochen und die stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik bis heute nicht angetreten. Die Beklagte habe damit gegen ihre Gesunderhaltungspflicht verstoßen. Das externe Gutachten und der ärztliche Dienst der Polizei hielten nach wie vor eine stationäre Therapie für unbedingt erforderlich. Wenn die Beklagte dieser Anordnung nicht folge, so verletze sie schuldhaft eine ihr obliegende Kernpflicht. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass ihr vorab eine unbeschränkte Kostenübernahme zugesichert werde. Zudem dürfe sie sich nicht auf den Rat ihres Facharztes verlassen. Sie sei vielmehr verpflichtet, alles ihr zumutbare zu unternehmen, um ihre Dienstfähigkeit wieder zu erlangen. Sie sei verpflichtet, den Rat der unparteiischen Fachleute zu befolgen. Bei der verweigerten Mitwirkung am Untersuchungstermin am ... 2012 habe die Beklagte gegen die ihr erteilte Weisung verstoßen. Es sei zulässig gewesen, von der Beklagten eine Untersuchung zu fordern, um ihre Dienstfähigkeit feststellen zu können. Angesichts der langen Zeitdauer der Pflichtverletzungen und der Beharrlichkeit, mit der die Beklagte sich gegen eine Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit sperre, sei das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn unrettbar zerstört. Die Aberkennung des Ruhegehalts sei nach Auffassung des Klägers unumgänglich.

Die Disziplinarklage wurde dem Bevollmächtigten der Beklagten am 31. Mai 2013 mit einer Belehrung über seine Rechte zugestellt.

Der Bevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 10. Juni 2013 Stellung genommen und die Abweisung der Klage beantragt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte sei dem Rat ihres Psychiaters gefolgt. Dieser halte einen stationären Aufenthalt für ungeeignet. Er habe der Beklagten deswegen auch keine Überweisung ausgestellt. Wegen der fehlenden Überweisung habe die Krankenkasse die Übernahme der Kosten abgelehnt. Eine Klinikbehandlung sei der Beklagten aus diesen Gründen nicht zumutbar.

Die Beklagte habe auch die für den ... 2012 angeordnete Untersuchung nicht verweigert. Auch hier sei sie der ärztlichen Empfehlung gefolgt, sich nur von einer Frau untersuchen zu lassen, um eine Retraumatisierung zu vermeiden.

Das Gericht hat am 14. Januar 2014 mündlich verhandelt. Die Vertreterin des Klägers und der Bevollmächtigte der Beklagten wiederholten ihre schriftsätzlich gestellten Anträge. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Ermittlungsakten und die Personalakten der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage ist begründet. Das behördliche Verfahren wurde entsprechend den Vorschriften des BayDG durchgeführt. Antragsgemäß wurden der Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung beteiligt.

Der Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt. Wäre sie noch im aktiven Dienst (bzw. ist ihr Rechtsmittel gegen den Bescheid vom ...2012 erfolgreich), so müsste (muss) sie aus dem Dienst entfernt werden (Art. 11, 13 und 14 Abs. 2 BayDG).

Streitgegenstand der Disziplinarklage ist erstens, dass die Beklagte die ihr von der externen Sachverständigen und von der Polizeiärztin aufgegebene stationäre Behandlung zur Behebung ihrer psychosomatischen Störungen, die Grund für ihre Dienstunfähigkeit sind, nicht durchgeführt hat, zweitens, dass die Beklagte weisungswidrig an der für den ... 2012 angeordneten Untersuchung nicht mitgewirkt hat.

Diese beiden Vorwürfe sind nicht bestritten, aus den Akten belegt und somit nachgewiesen.

Disziplinarrechtlich sind sie wie folgt zu bewerten:

Die Beklagte war zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten Lebenszeitbeamtin. Ihr Dienstherr, der Freistaat Bayern, schuldet ihr aufgrund dieses Status eine lebenslange Alimentation. Diesem Anspruch stehen allerdings Pflichten der Beklagten gegenüber. Hierzu gehört wesentlich die Treue- und Gehorsamspflicht. Ein Beamter muss seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen, er hat diese zu erhalten und er hat sie im Falle der Dienstunfähigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen. Dabei hat er den Vorschlägen der Ärzte, insbesondere dem Vorschlag des Polizeiarztes zu folgen (BayVGH, Urteil vom 13.12.2006, Az: 16a D 05.3379).

Die Beklagte leidet mindestens seit der Begutachtung durch ... im Jahr 2008 an psychosomatischen Beschwerden, die ihr eine Dienstleistung nicht ermöglichen. Die externe Gutachterin und der polizeiliche Dienst sehen in einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik die Möglichkeit, die Dienstfähigkeit zumindest teilweise wiederherzustellen. Die Beklagte durfte eine solche Behandlung nicht verweigern. Sie hat sich dafür entschieden, sich auf die medikamentöse Behandlung durch ihren Psychiater zu verlassen. Auf die notwendige Behandlung ihrer psychosomatischen Problematik hat sie seit ... 2008 verzichtet (vgl. Stellungnahme ... vom ...2008).

Diese Entscheidung der Beklagten kann aber nicht zur Folge haben, dass der Dienstherr an seiner Pflicht zur lebenslangen Alimentation festgehalten werden muss. Auch der Allgemeinheit (d. h. der Steuerzahler) ist es nicht zu vermitteln, dass eine junge Beamtin kurz nach ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit es beharrlich ablehnt, zumutbare Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit durchzuführen. Dies gilt auch für die Ablehnung der Mitwirkung an einer erneuten fachärztlichen Begutachtung.

Das Dienstvergehen der Beklagten wiegt sehr schwer. Sie hat ihre Kernpflichten verletzt. Die Beklagte möchte alimentiert werden, ohne ihrerseits ihre zumutbaren Pflichten zu erfüllen. Dies läuft dem Beamtenverhältnis, das ein öffentlichrechtliches Dienst- und Treueverhältnis ist, diametral zuwider. Rechtfertigungsgründe stehen der Beklagten nicht zur Seite. Sie hat vielmehr ihre leicht einsehbaren Kernpflichten bewusst und gewollt und über einen langen Zeitraum hinweg verletzt. Einem solchen Beamten können der Dienstherr, die Allgemeinheit und die Kollegen kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Die Basis für ein Dienst- und Treueverhältnis ist zerstört und das Vertrauen endgültig verloren (Art. 14 Abs. 2 BayDG). In einem solchen Fall ist die in Art. 14 Abs. 2 BayDG vorgesehen Entscheidung zwingend und verhältnismäßig. Die Beklagte muss - sollte sie ihren aktiven Beamtenstatus wieder erlangen - aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Bei ihrem derzeitigen Status als Ruhestandsbeamtin ist ihr das Ruhegehalt abzuerkennen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Art. 72 Abs. 1 BayDG i. V. m. § 154 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Annotations

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.