Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160

bei uns veröffentlicht am14.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin ist nigerianische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. April 2016 von Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 20. Juni 2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Antrag auf Asyl.

In ihrem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 20. Juni 2016 gab die Klägerin an, in keinem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt zu haben. Eine am selben Tag durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 für den Mitgliedstaat Italien. In der Behördenakte finden sich zudem Kopien einer italienischen Reisepasses für Flüchtlinge, ein permesso di soggiorno und eine carta d‘identita. Zu den Gründen der Schutzgewährung heißt es dort „motivi umanitari“.

Am 9. August 2016 erklärte die Klägerin anlässlich einer Beschuldigtenvernehmung durch die Polizeiinspektion Lindau, sie ziehe ihren Asylantrag zurück. Sodann erklärte sie am 4. September 2016 erneut bei der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, sie ziehe ihren Asylantrag zurück und kehre nach Italien zurück. Dort besitze sie einen gültigen Aufenthaltstitel.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20. Mai 2017 wurde das Asylverfahren der Klägerin eingestellt (Nr. 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und die Klägerin unter Androhung einer Abschiebung nach Nigeria aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 24. Mai 2017 Klage erhoben.

Sie beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, ihr die Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Eine Begründung erfolgte auch durch die weitere Bevollmächtigte der Klägerin nicht.

Die Beklagte hat die Behördenakte vorgelegt und sich zum Verfahren nicht weiter geäußert.

Das Gericht hat mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 3. August 2017 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung abgelehnt (M 21 S. 17.42162).

Die Klägerin wurde mit Schreiben des Gerichts vom 18. August 2017 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Die Beklagte hat mit Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 auf eine Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheides verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Eilverfahren sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Beides ist hier der Fall.

Soweit die Klage über die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hinausgeht und auf eine Verpflichtung des Bundesamtes zu einer Sachentscheidung gerichtet ist, ist sie unzulässig. Macht das Bundesamt von der Möglichkeit der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylG Gebrauch, darf das Gericht mit der Aufhebung der getroffenen Entscheidung nicht zugleich über die Begründetheit des Begehrens auf Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung entscheiden. Vielmehr ist die Sachentscheidung nach den Regelungen des Asylverfahrensgesetzes zunächst dem Bundesamt vorbehalten. Der Asylsuchende muss die Aufhebung dieses Bescheides erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will (vgl. zu § 33 AsylVfG BVerwG, U.v. 5.9. 2013 – 10 C 1/13 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris Rn. 12 ff.).

Die im Übrigen zulässige Klage (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis BVerfG, B.v. 20.7.2016 – 2 BvR 1385/16 – juris Rn. 8) ist unbegründet. Die Einstellung des Verfahrens durch das Bundesamt ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Wegen der näheren Begründung wird insoweit unter Absehen von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes, der das Gericht folgt, sowie die Gründe des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 3. August 2017 verwiesen, zumal die Klägerin auch nach Erlass des Eilbeschlusses nichts mehr vorgetragen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 33 Nichtbetreiben des Verfahrens


(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Absch

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 20. Juli 2016 - 2 BvR 1385/16

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts M.. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Sept. 2013 - 10 C 1/13

bei uns veröffentlicht am 05.09.2013

Tatbestand 1 Der Kläger, nach eigenen Angaben ein somalischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 14. Sept. 2017 - M 21 K 17.42160.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 03. Aug. 2017 - M 21 S 17.42162

bei uns veröffentlicht am 03.08.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Die Antragstellerin ist nigerianische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. April 2016 von

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Bundesamt stellt das Verfahren ein oder lehnt den Asylantrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung ab, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Sofern das Bundesamt das Verfahren einstellt, entscheidet es nach Aktenlage, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(2) Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er

1.
einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist,
2.
untergetaucht ist oder
3.
gegen die räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 verstoßen hat, der er wegen einer Wohnverpflichtung nach § 30a Absatz 3 unterliegt.
Die Vermutung nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Ausländer innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nach Absatz 1 nachweist, dass das in Satz 1 Nummer 1 genannte Versäumnis oder die in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannte Handlung auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen. Wurde das Verfahren als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(3) Als Nichtbetreiben des Verfahrens gilt ferner, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat gereist ist.

(4) Der Ausländer ist auf die nach den Absätzen 1 und 3 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

(5) Ein Ausländer, dessen Asylverfahren gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Der Antrag ist persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in welcher der Ausländer vor der Einstellung des Verfahrens zu wohnen verpflichtet war. Stellt der Ausländer einen neuen Asylantrag, so gilt dieser als Antrag im Sinne des Satzes 1. Das Bundesamt nimmt die Prüfung in dem Verfahrensabschnitt wieder auf, in dem sie eingestellt wurde. Abweichend von Satz 4 ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein Antrag nach Satz 1 oder Satz 3 ist als Folgeantrag (§ 71) zu behandeln, wenn

1.
die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder
2.
das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war.
Wird ein Verfahren nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen, das vor der Einstellung als beschleunigtes Verfahren nach § 30a durchgeführt wurde, beginnt die Frist nach § 30a Absatz 2 Satz 1 neu zu laufen.

(6) Für Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 5 gilt § 36 Absatz 3 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger, nach eigenen Angaben ein somalischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG.

2

Er beantragte am 23. August 2010 die Anerkennung als Asylberechtigter. Ihm wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - am gleichen Tag Fingerabdrücke abgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass eine Auswertung zum Zwecke des erkennungsdienstlichen Abgleichs nicht möglich war. Der mit der Abnahme der Fingerabdrücke befasste Mitarbeiter des Bundesamts hielt in einem Vermerk fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Spuren von Manipulationen aufwiesen (z.B. Verletzungen der Haut), was dieser bestritt. Daraufhin wurde der Kläger mit Schreiben vom 23. August 2010 aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG nach Aktenlage zu entscheiden sei. Ihm wurde eine Übersetzung des Schreibens in die Sprache Somali überreicht.

3

Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin - nach Angaben des Bundesamts am 8. September 2010 - erneut Fingerabdrücke abnehmen lassen, die nach Mitteilung des Bundeskriminalamts vom 8. Oktober 2010 wiederum nicht verwertbar waren.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 27. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziff. 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziff. 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Weder am 23. August 2010 noch beim Folgetermin hätten verwertbare Fingerabdrücke gewonnen werden können. Die angeforderten schriftlichen Erklärungen (zum Reiseweg) habe der Kläger nicht abgegeben. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach Abs. 2 bis  scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich Somalias. Zur Begründung hat er geltend gemacht, es habe kein Anlass zum Erlass einer Betreibensaufforderung vorgelegen. Zudem habe er sein Verfahren dadurch betrieben, dass er sich einer weiteren erkennungsdienstlichen Maßnahme unterzogen habe.

6

Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Dazu erhalte er vom Bundesamt einen Ladungstermin. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Das Schreiben ging den Verfahrensbevollmächtigten am 28. Oktober 2011 zu.

7

Mit Schreiben vom 9. November 2011 wurde der Kläger zur erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung auf den 24. November 2011 geladen. Er erschien an diesem Termin; die abgenommenen Fingerabdrücke erwiesen sich wiederum als nicht auswertbar. Nach einem Vermerk stellte der mit der Abnahme befasste Mitarbeiter des Bundesamts an den Fingerkuppen des Klägers Abschürfungen, Vernarbungen, starke Hornhautbildung, Verhärtungen, besonders trockene Finger und äußerst schwache Papillarlinien fest. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.

8

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten mit Urteil vom 14. Januar 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG als zurückgenommen gelte. Denn der Kläger sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG nicht verpflichtet, Fingerabdrücke abzugeben, die im Rahmen des Eurodac-Systems verwertbar seien. Er habe vielmehr seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht genügt, indem er sämtlichen Aufforderungen der Beklagten, erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG zu dulden, gefolgt sei und sich Fingerabdrücke habe abnehmen lassen. Beschränke der Gesetzgeber die Mitwirkung im Fall einer erkennungsdienstlichen Behandlung auf eine Duldungspflicht, sei es dem Bundesamt verwehrt, durch behördliche Verfügung darüber hinausgehende Mitwirkungshandlungen einzufordern und diese bei Unterbleiben mit einer Verfahrenseinstellung zu sanktionieren. Mangels entsprechender gesetzlicher Verpflichtung zur Abgabe verwertbarer Fingerabdrücke komme es nicht darauf an, ob der Kläger die Unverwertbarkeit seiner Fingerabdrücke zu vertreten habe. Soweit die Einstellungsverfügung auch darauf gestützt sei, dass der Kläger entgegen der Betreibensaufforderung keine Angaben zum Reiseweg und bereits gestellten Asylanträgen gemacht habe, sei er dazu vom Bundesamt nicht angehört worden. Auch insoweit lägen daher die Voraussetzungen des § 33 AsylVfG nicht vor.

9

Die Beklagte rügt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die Auslegung des § 15 AsylVfG seitens des Berufungsgerichts verletze Bundesrecht. Aus § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG oder dem Rückgriff auf Absatz 1 der Vorschrift ergebe sich die Pflicht, alle zielgerichteten Maßnahmen zu unterlassen, die den Erfolg einer erkennungsdienstlichen Behandlung vereiteln könnten. Nach der maßgeblich unionsrechtlich beeinflussten gesetzlichen Konzeption habe das Bundesamt vorrangig die Frage der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Prüfung des Schutzbegehrens zu klären. Selbst wenn Deutschland zuständig sei, müsse geklärt werden, ob und ggf. mit welchem Ergebnis der Asylbewerber zuvor ein Asylverfahren betrieben habe, da ein weiteres Asylbegehren sich als Zweitantrag darstelle.

10

Der Kläger hält sich in Übereinstimmung mit den Urteilen der Vorinstanzen nicht für verpflichtet, verwertbare Fingerabdrücke abzugeben. Ferner rügt er, in der Betreibensaufforderung vom 23. August 2010 nur unzureichend belehrt worden, insbesondere nicht darauf hingewiesen worden zu sein, dass die Einstellung des Verfahrens unmittelbar den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG zur Folge habe. Der an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 sei keine Übersetzung beigefügt gewesen.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließt sich weitgehend der Rechtsauffassung der Beklagten an. Nach seiner Auffassung darf das Bundesamt nicht darauf verwiesen werden, die Tatsache einer Manipulation der Fingerkuppen nur bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG zu würdigen. Die Betreibensaufforderung diene gerade der Klärung, ob die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung vorlägen oder ob eine Überstellung des Ausländers in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu erfolgen habe, in dem der Kläger (bei Schutzbedürftigkeit) internationalen Schutz beanspruchen könne.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend entschieden, dass sich aus § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG keine Garantieverpflichtung des Asylbewerbers ableiten lässt, für die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke einstehen zu müssen. Die in der Vorschrift normierte Mitwirkungspflicht umfasst aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz die Verpflichtung, im Vorfeld der Abnahme von Fingerabdrücken deren Auswertbarkeit nicht zu vereiteln. Da das Berufungsgericht die Aufforderung zur Schilderung des Reisewegs in der Betreibensaufforderung vom 23. August 2010 zu Unrecht beanstandet und unter Verletzung von § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die zweite Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 und das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der dritten erkennungsdienstlichen Behandlung vom 24. November 2011 nicht in den Blick genommen hat, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil weder zugunsten noch zulasten des Klägers selbst abschließend entscheiden. Daher ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

13

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258).

14

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die hier erhobene Anfechtungsklage statthaft ist. Der Gesetzgeber hat mit der in §§ 32, 33 AsylVfG geregelten Verfahrenseinstellung durch Verwaltungsakt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - eine Handlungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, gegen die der Betroffene nur im Wege der Anfechtungsklage Rechtsschutz erlangen kann. Macht das Bundesamt von dieser gesetzlichen Ermächtigung fehlerhaft Gebrauch, darf das Gericht mit der Aufhebung der nach §§ 32, 33 AsylVfG getroffenen Entscheidung nicht zugleich über die Begründetheit des Begehrens auf Gewährung von Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung entscheiden. Vielmehr ist die Sachentscheidung nach den Regelungen des Asylverfahrensgesetzes zunächst dem Bundesamt vorbehalten. Der Asylsuchende muss die Aufhebung dieses Bescheides erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will (so schon Urteil vom 7. März 1995 - BVerwG 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 S. 2).

15

2. Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG eine Woche.

16

Die Vorschriften über die fiktive Rücknahme des Asylantrags im Verwaltungsverfahren bei Nichtbetreiben des Verfahrens und die daran anknüpfende Einstellungsentscheidung des Bundesamts wurden durch das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26. Juni 1992 (BGBl I S. 1126) in das Asylverfahrensgesetz eingefügt. Die in § 33 AsylVfG getroffene Regelung ist der für das Gerichtsverfahren geltenden fiktiven Rücknahme der Klage (§ 81 AsylVfG) nachgebildet (vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Durch sie soll verhindert werden, dass Ausländer das Asylverfahren durch bewusstes Nichtbetreiben verzögern. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter sowie die weitreichenden Konsequenzen der Vorschrift dürfen die Anforderungen an das Verhalten eines Schutzsuchenden, mit dem dieser sein fortbestehendes Interesse an einer behördlichen Sachentscheidung zum Ausdruck bringen muss, nicht überspannt werden (vgl. zur Betreibensaufforderung im gerichtlichen Verfahren: BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - 2 BvR 2662/95 - DVBl 1999, 166; BVerwG, Beschluss vom 18. September 2002 - BVerwG 1 B 103.02 - Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 16). Diese bisher nur für die gerichtliche Betreibensaufforderung formulierten Maßstäbe sind auch auf § 33 AsylVfG übertragbar (so auch Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, Stand: Januar 2010, § 33 Rn. 6).

17

Die Aufforderung im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylVfG setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich auch aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben; in diesem Fall dient die Betreibensaufforderung dazu, den Ausländer nachdrücklich auf diese Pflichten hinzuweisen (vgl. Urteil vom 23. April 1985 - BVerwG 9 C 48.84 - BVerwGE 71, 213 <219> = Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 3 S. 12; Beschluss vom 18. September 2002 a.a.O.). Berechtigte Zweifel können sich aber nur aus der Verletzung einer Mitwirkungspflicht ergeben, die eine gesetzliche Grundlage hat. Auch die Betreibensaufforderung selbst darf inhaltlich nur auf die Erfüllung einer gesetzlich begründeten Mitwirkungspflicht gerichtet sein. Das Instrument der Betreibensaufforderung stellt sich gerade auch in solchen Fällen als geeignete Reaktion auf eine Vernachlässigung gesetzlicher Mitwirkungspflichten dar, in denen der Ausländer bei der Klärung der Zuständigkeit deutscher Behörden für die Sachentscheidung über das Asylbegehren nicht hinreichend mitwirkt.

18

Die allgemeinen Mitwirkungspflichten von Asylbewerbern und Ausländern, die die Anerkennung als Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG begehren, ergeben sich aus § 15 AsylVfG. Diese Vorschrift wurde ebenfalls durch das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens 1992 in das Asylverfahrensgesetz eingefügt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist der Ausländer persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. § 15 Abs. 2 AsylVfG regelt beispielhaft ("insbesondere") einzelne, besonders wichtige Mitwirkungspflichten (BTDrucks 12/2062 S. 30). Danach ist der Ausländer u.a. verpflichtet, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen (Nr. 1), den gesetzlichen oder behördlichen Anordnungen, sich bei bestimmten Behörden oder Einrichtungen zu melden oder dort persönlich zu erscheinen, Folge zu leisten (Nr. 3) und die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden (Nr. 7).

19

3. Anlass zum Erlass einer Betreibensaufforderung kann sich folglich aus der Verletzung der dem Asylbewerber nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG auferlegten Pflicht zur Duldung der vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen ergeben. Zwar lässt sich aus dieser Vorschrift keine Garantieverpflichtung für die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke ableiten. Die in § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG normierte Mitwirkungspflicht umfasst aber auch die Verpflichtung des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten.

20

Inhalt und Bedeutung der Mitwirkungspflicht des Ausländers bei der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG ergeben sich aus dem Sinnzusammenhang der Regelung mit § 16 AsylVfG und den unionsrechtlichen Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach der Verordnung (EG) Nr. 343 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl EU L Nr. 50 vom 25. Februar 2003 S. 1) - sog. Dublin-Verordnung - und der Verordnung vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von "Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (Abl EG L 316/1) - Eurodac-Verordnung. Zu dulden sind nach Art, Umfang und Zielsetzung die nach § 16 AsylVfG gebotenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen, auch wenn der Asylbewerber selbst nicht unmittelbarer Adressat dieser Regelung ist. Auch § 16 AsylVfG wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26. Juni 1992 (BGBl I S. 1126) in das Asylverfahrensgesetz eingefügt. Die Vorschrift regelt, welche Mittel der Identitätsfeststellung zulässig sind, wer dafür zuständig ist, wer dabei Amtshilfe leistet, in welchem Rahmen die erhobenen Daten verwendet, gespeichert und übermittelt werden dürfen und wann sie zu löschen sind. In § 16 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG wird die Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Sicherung der Identität eines um Asyl nachsuchenden Ausländers durch erkennungsdienstliche Maßnahmen begründet, sofern er das 14. Lebensjahr vollendet hat. Zur Identitätssicherung nach Satz 1 dürfen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nur Lichtbilder und Abdrücke aller zehn Finger aufgenommen werden. Nach Satz 3 darf zur Bestimmung des Herkunftsstaats oder der Herkunftsregion auch das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden. Dabei ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien das Ziel des Gesetzgebers, durch eine generelle erkennungsdienstliche Behandlung der Gefahr entgegen zu wirken, dass Asylsuchende gleichzeitig oder nacheinander unter verschiedenen Namen und unter Verschweigen des anhängigen oder abgeschlossenen anderweitigen Asylverfahrens einen weiteren Asylantrag stellen (BTDrucks 12/2062 S. 30).

21

Außerdem dient § 16 AsylVfG der Erfüllung der unionsrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Eurodac-Verordnung (BTDrucks 14/7386 S. 59; allgemein S. 36). Nach Art. 4 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, jedem Asylbewerber, der mindestens 14 Jahre alt ist, unverzüglich die Fingerabdrücke aller Finger abzunehmen und der Eurodac-Zentraleinheit zu übermitteln. Die Zentraleinheit vergleicht sie nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung mit den von anderen Mitgliedstaaten übermittelten und in der zentralen Datenbank bereits gespeicherten Daten, auf Wunsch auch mit früher übermittelten Fingerabdruckdaten des gleichen Mitgliedsstaats (Art. 4 Abs. 4 Verordnung). Zweck des Eurodac-Systems ist es, die Anwendung des Dubliner Übereinkommens über die Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedsstaats zu erleichtern (Art. 1 Abs. 1 der Eurodac-Verordnung). Um den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus der Eurodac-Verordnung nachzukommen, muss das Bundesamt den Asylbewerbern Fingerabdrücke in einer Qualität abnehmen, die einen Datenabgleich innerhalb des Eurodac-Systems ermöglicht.

22

Dient § 16 AsylVfG jedenfalls auch der Erfüllung der Verpflichtungen aus der Eurodac-Verordnung und verpflichtet § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG den Ausländer, die in § 16 AsylVfG inhaltlich näher bestimmten erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden, ergibt sich daraus für die Abnahme von Fingerabdrücken Folgendes: § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG ist nur als Duldungspflicht formuliert. Diese soll der Behörde aber erkennungsdienstliche Maßnahmen im Sinne von § 16 Abs. 1 AsylVfG ermöglichen, die zur Auswertung im Eurodac-System geeignet sind. Den Asylsuchenden trifft mit der ihm obliegenden Pflicht zur Duldung dieser erkennungsdienstlichen Maßnahmen zwar nicht die Garantieverpflichtung zu gewährleisten, dass die von ihm abgegebenen Fingerabdrücke im Rahmen des Eurodac-Systems auswertbar sind. Er ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 16 Abs. 1 AsylVfG aber verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die eine Identitätsfeststellung auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften - einschließlich der Eurodac-Überprüfung - erschweren oder vereiteln (ähnlich Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 33, Stand: Mai 2011, Rn. 21.3). Dieser Inhalt der gesetzlichen Verpflichtung des Asylbewerbers ergibt sich hinreichend klar aus einer an Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung orientierten Auslegung, ohne dass es hierfür - wie das Berufungsgericht meint - einer gesetzlichen Neuregelung oder Klarstellung bedarf.

23

Die dem Asylbewerber nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG auferlegte Pflicht zur Duldung der Abnahme seiner Fingerabdrücke und Unterlassung aller Maßnahmen, die eine Verwertbarkeit der Fingerabdrücke zum Zwecke der Identitätsfeststellung erschweren oder vereiteln, ist mit Art. 11 der Richtlinie 2005/85/EG vom 1. Dezember 2005 (Asylverfahrensrichtlinie) vereinbar. Diese Fassung der Verfahrensrichtlinie findet nach der Übergangsregelung in Art. 52 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 im vorliegenden Verfahren weiterhin Anwendung. Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG können die Mitgliedstaaten die Asylbewerber verpflichten, mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten, sofern diese Verpflichtung für die Bearbeitung des Antrags erforderlich ist. Der Katalog der Pflichten in Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie, die Asylbewerbern auferlegt werden dürfen, enthält die Verpflichtung zur Duldung der Abnahme von Fingerabdrücken zwar nicht. Das ist aber auch nicht erforderlich, da es sich nur um Regelbeispiele handelt ("insbesondere"). Die Auferlegung einer Pflicht zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken ist jedoch durch die Generalklausel des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie gedeckt, wonach die Asylbewerber von den Mitgliedstaaten zu den Mitwirkungshandlungen verpflichtet werden können, die für die Bearbeitung des Asylantrags erforderlich sind. Denn die Abnahme von Fingerabdrücken, die für einen Datenabgleich im Eurodac-System geeignet sind, gehört zu den für die Antragsbearbeitung erforderlichen Pflichten. Dies unterstreicht auch Art. 23 Abs. 4 Buchst. n der Richtlinie, der eine Verpflichtung der Antragsteller zur Abnahme ihrer Fingerabdrücke als nach gemeinschaftsrechtlichen oder nationalen Rechtsvorschriften zumindest möglich voraussetzt. Auch aus der Pflicht der Mitgliedstaaten zur Fingerabdrucknahme nach der Eurodac-Verordnung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten insoweit die Antragsteller zur Duldung der Fingerabdrucknahme verpflichten dürfen.

24

Eine weitergehende Pflicht zur Abgabe auch auswertbarer Fingerabdrücke kann auch nicht aus § 15 Abs. 1 AsylVfG hergeleitet werden. Die in Absatz 2 der Vorschrift speziell geregelten Pflichten sind zwar nicht abschließend ("insbesondere"). Auch soweit Pflichten in Bezug auf erkennungsdienstliche Behandlungen nicht abschließend in § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG normiert sein sollten, verlangte eine Einstandspflicht für die Auswertbarkeit abgenommener Fingerabdrücke dem Asylbewerber mehr ab, als dieser zumutbar zu leisten vermag; dies bürdete dem Asylbewerber nicht zuletzt auch das Risiko einer ihm nicht zurechenbaren Nichtauswertbarkeit auf.

25

4. Mit dem Instrument der Betreibensaufforderung darf auf die Verletzung der Pflicht zur Mitwirkung an der Identitätsklärung reagiert werden. Dies schließen weder die nationalen noch die unionsrechtlichen Vorschriften über die Behandlung von Asylanträgen aus.

26

§ 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG, nach dem ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der Asylbewerber über seine Identität täuscht oder diese Angaben verweigert, bildet keine abschließende Regelung. § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG setzt einen als unbegründet abzulehnenden Asylantrag und damit die Befugnis des Bundesamts für die Sachprüfung des Antrages voraus. Er tritt selbständig neben die Möglichkeit, zur Prüfung dieser Befugnis einen Asylbewerber nach § 33 AsylVfG durch entsprechende Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens durch Mitwirkung an der Identitätsfeststellung anzuhalten und im Falle des Nichtbetreibens das Verfahren ohne Sachprüfung einzustellen. Der vorliegende Fall gibt dabei keinen Anlass, das Verhältnis beider Regelungen näher zu bestimmen. Jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation kommt ein Vorgehen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (Betreibensaufforderung und ggf. die Verfahrenseinstellung) dem gesetzgeberischen Ziel näher, Mehrfachanerkennungen und einander widersprechende Sachentscheidungen über Asylanträge innerhalb der EU zu vermeiden. Denn ohne die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung nach §§ 32, 33 AsylVfG im Fall der unzureichenden Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung müsste das Bundesamt eine Sachentscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft treffen, obwohl ihm dies nach § 60 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. Satz 2 AufenthG verwehrt ist, wenn dem Betroffenen die Rechtsstellung eines Konventionsflüchtlings bereits außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zuerkannt worden ist. Demgegenüber gewährleistet die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG, dass über seinen Antrag nicht inhaltlich entschieden wird, wenn der Asylbewerber in zurechenbarer Weise die Klärung seiner Identität verhindert.

27

Auch das Unionsrecht lässt für Fälle der vorliegenden Art Raum für eine Betreibensaufforderung nach § 33 AsylVfG. Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie) eröffnet ausdrücklich sowohl die Einstellung des Verfahrens als auch die Ablehnung des Asylantrags als alternative Reaktionen im Falle des Nichtbetreibens des Verfahrens durch den Asylbewerber. Zwar ermöglicht Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 4 Buchst. n der Asylverfahrensrichtlinie den Mitgliedstaaten auch die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet, wenn der Antragsteller sich weigert, der Verpflichtung zur Abnahme seiner Fingerabdrücke gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften nachzukommen. Hiermit wird jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten eröffnet, wie die Mitgliedstaaten auf die Verletzung der Mitwirkungspflicht reagieren können. Dass insoweit keine abschließende Regelung getroffen wurde, ergibt sich schon daraus, dass Art. 23 Abs. 4 der Asylverfahrensrichtlinie auf die Grundprinzipien nach Kapitel II der Richtlinie verweist, wozu die Möglichkeit der Einstellung der Antragsprüfung nach Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie im Fall der Nichtbetreibung des Verfahrens zählt. Wollte man dem nicht folgen, müsste auch bei ungeklärter Identität des Asylbewerbers stets eine Sachentscheidung ergehen. Dies würde aber dem unionsrechtlichen Ziel der Bestimmung eines - und nur eines - zuständigen Mitgliedstaats für die Asylentscheidung durch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dublin-Verordnung widersprechen.

28

Das Urteil des französischen Cour Nationale du Droit d' Asile vom 21. Februar 2012 (No. 11032252) besagt nichts anderes. Danach widerspricht es französischem Recht, den Asylantrag eines Ausländers wegen fehlender Ausweisdokumente und nicht verwertbarer Fingerabdrücke abzulehnen, ohne sich mit den individuellen Gegebenheiten des Schutzgesuchs auseinanderzusetzen. Die Begründung der Entscheidung bezieht sich nämlich nicht auf Unionsrecht, sondern ausschließlich auf die in Frankreich geltenden nationalen Rechtsvorschriften, in denen eine Verfahrenseinstellung entsprechend den §§ 32, 33 AsylVfG gerade nicht vorgesehen ist.

29

5. Berechtigte Zweifel am Bestehen eines Sachentscheidungsinteresses ergeben sich allerdings nicht allein aus der Unverwertbarkeit der einem Schutzsuchenden abgenommenen Fingerabdrücke. Denn die Unverwertbarkeit von Fingerabdrücken ist nicht zwangsläufig auf eine zielgerichtete Manipulation zurückzuführen. Sie kann ihre Ursache beispielsweise auch in einer genetischen Disposition oder Erkrankung des Betroffenen haben (zur Seltenheit eines angeborenen Fehlens von Papillarleisten vgl. Bettina Burger u.a., Das "Immigrationsverzögerungs-Leiden" in: HAUT 2011 S. 25 f.) oder auf die Folgen einer Chemotherapie zurückzuführen sein. Außerdem kann sie auf einer fehlerhaften Abnahme und/oder Auswertung der Fingerabdrücke durch die Behörde beruhen. Auch eine untypische Häufung von Qualitätsmängeln bei bestimmten Herkunftsländern stellt für sich genommen keinen hinreichenden Anlass dar. Anders verhält es sich jedoch, wenn über die bloße Unverwertbarkeit der Fingerabdrücke hinaus bei der Abnahme konkrete Anhaltspunkte für eine Manipulation der Fingerkuppen bestehen, etwa wenn die Fingerkuppen sichtbare Anomalien aufweisen (z.B. Abschürfungen, Vernarbungen, Schleifspuren, Fehlen von oder auffallend geringe Höhe der Papillarleisten) und der Betroffene diese nicht schlüssig erklären kann. Gleiches gilt bei mehrfacher Unverwertbarkeit der Fingerabdrücke mit unterschiedlichen Fehlstellen. In diesen Fällen besteht der Verdacht, dass der Asylsuchende die Verwertbarkeit seiner Fingerabdrücke durch eigenes Tun vereitelt hat, um so seine wahre Identität zu verschleiern. Ein derartiges Verhalten ist geeignet, Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Asylbegehrens zu begründen. Das Bundesamt ist gut beraten, wenn es dann die Indizien, die auf eine Manipulation hindeuten, und die Einlassung des Betroffenen hinreichend dokumentiert, um im Streitfall das Bestehen berechtigter Zweifel am Vorliegen eines Sachentscheidungsinteresses nachweisen zu können.

30

Liegt ein hinreichender Anlass für den Erlass einer Betreibensaufforderung vor, muss diese folgenden Maßgaben genügen: Eine besondere Form ist für die Betreibensaufforderung nicht vorgeschrieben. Als verfahrensleitende Verfügung braucht sie in Ermangelung einer entsprechenden Regelung nicht förmlich zugestellt zu werden, wie in § 31 Abs. 1 AsylVfG für Entscheidungen über Asylanträge vorgeschrieben (vgl. Urteil vom 7. März 1995 - BVerwG 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 S. 6). Wegen der mit ihrem Zugang in Lauf gesetzten Monatsfrist bedarf es aber eines Nachweises, dass und zu welchem Zeitpunkt die Aufforderung dem Betroffenen tatsächlich zugegangen ist. Außerdem bestehen wegen der einschneidenden Folgen der gesetzlichen Rücknahmefiktion besondere Anforderungen hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit einer Betreibensaufforderung. Sowohl der die Betreibensaufforderung auslösende Anlass als auch das von dem Schutzsuchenden erwartete Verhalten sind in der Aufforderung so weit zu individualisieren und zu konkretisieren, dass dieser hinreichend deutlich erkennen kann, warum das Bestehen eines Sachentscheidungsinteresses angezweifelt wird. Schließlich muss klar erkennbar sein, welche konkreten Mitwirkungshandlungen von dem Betroffenen binnen Monatsfrist verlangt werden, um so den Eintritt der gesetzlichen Rücknahmefiktion nach Ablauf eines Monats zu verhindern. Dabei gehen etwaige Unklarheiten hinsichtlich Art und Umfang des vom Ausländer zur Vermeidung der Rücknahmefiktion konkret erwarteten Verhaltens zu Lasten der Behörde.

31

Außerdem ist der Schutzsuchende über die gesetzlich eintretende Rücknahmefiktion zu belehren (§ 33 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Dazu gehört, dass er zutreffend und unmissverständlich auf die Monatsfrist des § 33 AsylVfG hingewiesen wird, innerhalb derer er die geforderte Mitwirkung erbringen muss und nach deren Ablauf der Antrag als zurückgenommen gilt, wenn er der Aufforderung nicht nachkommt (Beschluss vom 1. März 2002 - BVerwG 1 B 403.01 - Buchholz 402.25 § 81 AsylVfG Nr. 1). Des Weiteren gebietet der Grundsatz des fairen Verfahrens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1994 - 2 BvR 2371/93 - DVBl 1994, 631), den Asylbewerber darüber zu belehren, dass das Bundesamt im Fall der Beendigung des Verfahrens ohne weitere Anhörung nach Aktenlage über etwaige Abschiebungsverbote entscheidet (§ 32 AsylVfG). Eines darüber hinausgehenden Hinweises auf den mit einer Einstellungsverfügung im Fall der negativen Entscheidung über Abschiebungsverbote regelmäßig verbundenen Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylVfG bedarf es jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht. Denn selbst für einen anwaltlich nicht vertretenen Asylbewerber ist erkennbar, dass die Einstellung seines Asylverfahrens wegen Verletzung einer ihm obliegenden Mitwirkungspflicht bei gleichzeitiger negativer Entscheidung über Abschiebungsverbote die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zur Folge haben wird. Schließlich muss das Bundesamt den Asylbewerber über den Inhalt der ergangenen Aufforderung und die erforderliche Belehrung über die Monatsfrist und die Folgen ihrer Versäumung - jedenfalls in Fällen, in denen er anwaltlich nicht vertreten ist und die Betreibensaufforderung ihm unmittelbar zugeht - in einer für ihn verständlichen Sprache unterrichten, etwa durch Übersetzung der Betreibensaufforderung (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).

32

Inhaltlich muss eine Betreibensaufforderung auf die Erfüllung einer gesetzlich begründeten Mitwirkungspflicht gerichtet sein. Weiter muss die geforderte Handlung zur weiteren Durchführung des Asylverfahrens erforderlich und dem Schutzsuchenden tatsächlich möglich und zumutbar sein. Wird vom Asylbewerber eine Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken verlangt, darf die Betreibensaufforderung - wie sich aus oben näher dargelegten Gründen ergibt (Rn. 22, 24) - nur auf die gesetzesunmittelbar bestehende Pflicht hinweisen, im Vorfeld alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Auf einen Erfolg der Auswertung der Fingerabdrücke darf sie hingegen nicht gerichtet sein.

33

Auch darf vom Asylbewerber verlangt werden, schriftliche Angaben zu seinen bisherigen Voraufenthalten und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung zu machen. Eine solche Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG, wonach der Ausländer verpflichtet ist, dem Bundesamt die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen. Zu den erforderlichen Angaben zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG (u.a.) auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren. Diese Angaben benötigt das Bundesamt, um seine Zuständigkeit im Rahmen der Dublin-Verordnung feststellen zu können und um u.a. die Frage zu klären, ob der Ausländer bereits Schutz in einem sicheren Drittstaat gefunden hat oder aus einem solchen Staat eingereist ist (vgl. § 26a ff. AsylVfG).

34

6. Die Prüfung der Betreibensaufforderungen vom 23. August 2010 und 26. Oktober 2011 anhand der o.g. Vorgaben als Vorfrage für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einstellungsbescheids führt zu dem Ergebnis, dass das Berufungsurteil in mehrfacher Hinsicht auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. Der Senat vermag nicht selbst festzustellen, ob wegen Verdachts der Manipulation der Fingerkuppen des Klägers ein hinreichender Anlass für den Erlass der Betreibensaufforderungen vorlag und der Kläger das Verfahren nicht betrieben hat, weil er gegen seine Mitwirkungspflicht aus § 15 Abs. 2 Nr. 1 oder 7 AsylVfG verstoßen hat.

35

6.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die dem Kläger in der Betreibensaufforderung vom 23. August 2010 auferlegte Verpflichtung, sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen zu lassen, rechtswidrig und unwirksam ist. Wie oben bereits ausgeführt (Rn. 24), lässt sich aus § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG keine Garantieverpflichtung für die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke ableiten.

36

6.2 Das Berufungsurteil verletzt jedoch Bundesrecht, da es die in der Betreibensaufforderung vom 23. August 2010 enthaltene, erkennbar selbständige Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und der Stellung von Asylanträgen mangels Anhörung durch das Bundesamt als unwirksam erachtet hat (UA Rn. 30). Die Verpflichtung beruht auf § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG und ist inhaltlich nicht zu beanstanden (s.o. Rn. 33). Die Angaben waren zur weiteren Durchführung des Asylverfahrens erforderlich, und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum sie dem Kläger nicht möglich und zumutbar gewesen sein sollten. Die Aufforderung enthält auch den Hinweis auf die Rechtsfolge eines Nichtbetreibens des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG, dass der Antrag als zurückgenommen gilt. Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG ohne persönliche Anhörung nach Aktenlage zu entscheiden ist. Die Betreibensaufforderung wurde für den Kläger übersetzt (§ 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG), und dieser hat den Empfang des Schreibens am 23. August 2010 mit seiner Unterschrift bestätigt. Er hat dieser Aufforderung jedoch keine Folge geleistet.

37

Das würde aber nur dann die gesetzliche Fiktion der Rücknahme des Asylantrags gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auslösen, wenn bei der erkennungsdienstlichen Behandlung am 23. August 2010 für das Bundesamt tatsächlich ein hinreichender Anlass für ein Vorgehen gemäß § 33 AsylVfG bestand. Dieser wäre gegeben, wenn die Fingerkuppen des Klägers zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Manipulationsspuren in Gestalt von Verletzungen der Haut sowie schlechter Erkennbarkeit und Beschädigung der Papillarlinien aufgewiesen hätten und der Kläger dies nicht schlüssig zu erklären vermochte, wie das der mit der Abnahme der Fingerabdrücke betraute Mitarbeiter des Bundesamts in einem Vermerk vom gleichen Tag festgehalten hat (BA-Akte Bl. 18). Da der Verwaltungsgerichtshof hierzu -von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, nötigt das zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

38

6.3 Das Berufungsgericht hat zudem § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verletzt, weil es die Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einstellungsbescheids nicht berücksichtigt hat. Denn für die Überprüfung des Bescheids kommt es maßgeblich darauf an, ob die Voraussetzungen der §§ 32, 33 AsylVfG im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vorlagen. Das ergibt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG, wonach das Gericht in Streitigkeiten nach diesem Gesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellt. Das hat zur Folge, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Einstellungsbescheids vom 27. Oktober 2010 nicht nur die Betreibensaufforderung vom 23. August 2010, sondern auch die erst nach Bescheidserlass ergangene Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 zu berücksichtigen ist. Selbst wenn die erste Betreibensaufforderung zu Unrecht ergangen und der daraufhin ergangene Einstellungsbescheid des Bundesamts ursprünglich rechtswidrig gewesen sein sollte, könnte er durch die Nichterfüllung der in der Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 geforderten Mitwirkungspflicht nachträglich rechtmäßig geworden sein. Das Verfahren wäre dann nach Ablauf eines Monats seit Zugang der zweiten Betreibensaufforderung am 28. Oktober 2011 eingestellt.

39

Die Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 entspricht - vorbehaltlich des noch aufzuklärenden berechtigten Anlasses - den gesetzlichen Anforderungen. Sie bezeichnet die vom Kläger erwartete Mitwirkungshandlung - das Erscheinen in der Außenstelle des Bundesamts zum Zwecke der erneuten Abnahme von Fingerabdrücken - hinreichend konkret. Auch wird erneut darüber belehrt, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung länger als einen Monat nicht betreibt. Der Klarheit der Belehrung über die Monatsfrist steht nicht entgegen, dass dem Kläger in der Betreibensaufforderung zugleich eine Ladung zu einem Termin zur Abnahme der Fingerabdrücke angekündigt wird. Zum einen lag der mit gesonderten Schreiben anberaumte Termin (24. November 2011) innerhalb der Monatsfrist. Zum anderen entsteht durch den Hinweis auf die Terminsladung keine Unklarheit hinsichtlich der geltenden Monatsfrist. Denn für den Empfänger wurde nicht der Eindruck erweckt, dass der Termin die gesetzliche Monatsfrist für das Betreiben des Verfahrens verkürzt. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers brauchte die Betreibensaufforderung nicht erneut übersetzt zu werden, da sie an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichtet war. Dadurch wurden die Grundsätze des fairen Verfahrens schon deshalb nicht verletzt, weil der Kläger auf die Monatsfrist und die Folgen eines Nichtbetreibens bereits am 23. August 2010 in einer für ihn verständlichen Sprache hingewiesen worden war. Weitergehende Übersetzungspflichten ergeben sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG. Eines nochmaligen Hinweises auf die mit einer Verfahrenseinstellung einhergehende Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG bedurfte es schon deshalb nicht, weil bei Erlass der zweiten Betreibensaufforderung insoweit bereits eine negative Entscheidung vorlag.

40

Materiell war die Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 auf eine Mitwirkungshandlung gerichtet, die im Gesetz eine Stütze findet (§ 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG). Denn durch sie wurde der Kläger neben der Pflicht zur Duldung der Abnahme von Fingerabdrücken lediglich darauf hingewiesen, im Vorfeld der geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Die Erfüllung dieser von der Kernmitwirkungspflicht umfassten, gesetzesunmittelbaren Unterlassungspflicht war zur weiteren Durchführung des Asylverfahrens erforderlich, und es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, warum sie dem Kläger nicht möglich und zumutbar sein sollte.

41

Auch insoweit fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob für diese Betreibensaufforderung ein hinreichender Anlass bestand. Sollte sich der Manipulationsverdacht des Bundesamts vom 23. August 2010 bestätigen, wäre auch der Erlass der Betreibensaufforderung vom 26. Oktober 2011 gerechtfertigt. Denn auch die - nach Angaben des Bundesamts am 8. September 2010 erfolgte - weitere Abnahme von Fingerabdrücken führte nach Aktenlage nicht zu einem auswertbaren Ergebnis.

42

7. Der Verwaltungsgerichtshof wird nunmehr aufzuklären haben, ob ein hinreichender Anlass zum Erlass der beiden Betreibensaufforderungen bestand. Dabei wird er insbesondere aufklären müssen, ob bei der Abnahme der Fingerabdrücke am 23. August 2010 tatsächlich die in dem Vermerk vom gleichen Tag dokumentierten Anhaltspunkte für eine Manipulation der Fingerkuppen vorlagen und der Kläger hierfür keine nachvollziehbaren Gründe angegeben hat. Einer hautärztlichen Untersuchung bedarf es für die Annahme eines hinreichenden Anlasses für den Erlass einer Betreibensaufforderung in derartigen Fällen grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Asylbewerber nachvollziehbare Gründe für eine Beschädigung seiner Fingerkuppen, deren besondere Glätte oder eine besonders geringe Ausprägung der Papillarleisten vorträgt. Dabei ist auch der Regenerationszeitraum der Hautzellen zu berücksichtigen, der nach den dem Revisionsgericht vorliegenden (allgemein zugänglichen) Quellen in der Regel vier Wochen beträgt (vgl. Moll, Dermatologie, 7. Aufl. 2010, S. 6 oben - "Turn-over-Zeit" von zweimal zwei Wochen). Bestätigt sich der Manipulationsverdacht, liegen die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung zur schriftlichen Darlegung der Voraufenthalte und eventuellen Stellung von Asylanträgen vor. Da der Kläger keine entsprechenden Angaben gemacht hat, wäre das Asylverfahren dann bereits mit Ablauf eines Monats nach Zugang der Betreibensaufforderung vom 23. August 2010 eingestellt. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass vor Erlass der ersten Betreibensaufforderung kein hinreichender Anlass bestand, wird es weiter zu prüfen haben, ob zumindest die zweite Betreibensaufforderung zu einer Einstellung des Verfahrens geführt hat. Das würde voraussetzen, dass für den Erlass dieser Betreibensaufforderung ein hinreichender Anlass bestand und der Kläger zur vollen Überzeugung des Gerichts das Verfahren infolge Manipulation seiner Fingerkuppen nicht betrieben hat. Für den Fall, dass die Klage im Hauptantrag keinen Erfolg hat, wird es schließlich auch über den Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu entscheiden haben.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts M.. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

I.

1

1. Der am 8. Dezember 1995 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Niger. Er reiste im Oktober 2013 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Aufgrund eines Eurodac-Treffers wurde zunächst im Dublin-Verfahren die Abschiebung nach Italien angedroht.

2

Nach Ablauf der Überstellungsfrist, die wohl aufgrund des zwischenzeitlichen Untertauchens des Beschwerdeführers verlängert worden war, erließ das Bundesamt unter dem 11. April 2016 einen Einstellungsbescheid gestützt auf § 33 Abs. 1 AsylG. Der Asylantrag gelte als zurückgenommen, da der Beschwerdeführer seit dem 4. November 2014 nach den Erkenntnissen des Bundesamts untergetaucht sei. Dem Beschwerdeführer beziehungsweise seinem Rechtsanwalt sei mittels Aufforderung zur Stellungnahme vom 21. März 2016 rechtliches Gehör zum Einreise- und Aufenthaltsverbot gewährt worden.

3

2. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid unter dem 18. April 2016 Anfechtungsklage, beantragte, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen und ihm für die Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Der Einstellungsbescheid sei rechtswidrig, da er über eine gültige Aufenthaltsgestattung verfüge und der örtlichen Ausländerbehörde bekannt sei. Mit weiterem Schreiben vom 25. Mai 2016 wies er darauf hin, dass er im Juli Vater eines Kindes würde.

4

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 2. Juni 2016 ab. Dem Beschwerdeführer fehle das für den Antrag erforderliche Rechtsschutzinteresse, da er mit einem Wiederaufnahmeantrag nach § 33 Abs. 5 AsylG an das Bundesamt sein Ziel einfacher erreichen könne.

5

3. Der Beschwerdeführer hat am 4. Juli 2016 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 16a GG und Art. 19 Abs. 4 GG rügt. Er beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das Verwaltungsgericht habe sein Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt, indem es ihm das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen habe. Der vom Verwaltungsgericht als ausreichend erachtete Weg eines Wiedereinsetzungsantrags an das Bundesamt sei nicht gleichwertig. Ein solcher (voraussetzungsloser) Antrag könne gemäß § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG nur einmal gestellt werden, mit der einmaligen Stellung sei dieses Recht also verbraucht. Es könne dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden, dieses Recht für einen rechtswidrigen Einstellungsbescheid zu verbrauchen und bei einem zweiten, auf einem einmaligen Fehlverhalten beruhenden rechtmäßigen Einstellungsbescheid keinen weiteren Rechtsschutz zu erhalten. Er bezieht sich weiterhin auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Mai 2016 - 3 L 1060/16.A -, nach der auch eine - unter Umständen mögliche - verfassungskonforme Auslegung des § 33 Abs. 5 Satz 6 AsylG das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen lasse.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen gegenwärtig nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

7

1. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf den Grundsatz der formellen Subsidiarität nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG unzulässig. Dieser setzt voraus, dass der Beschwerdeführer nicht nur den Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft, sondern darüber hinaus alle ihm zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung oder Beseitigung der geltend gemachten Grundrechtsverletzung formal durchläuft. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO eine solche Rechtsschutzmöglichkeit darstellt (vgl. BVerfGE 69, 233 <242 f.>; BVerfGE 70, 180 <187 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Januar 2002 - 2 BvR 2124/01 -, NVwZ 2002, S. 848). Einen solchen Antrag hat der Beschwerdeführer vorliegend nicht gestellt, obwohl zumindest nicht auszuschließen war, dass die von ihm selbst nun erstmals im Verfassungsbeschwerdeverfahren angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln und die abweichende Entscheidung einer anderen Kammer des Verwaltungsgerichts Halle (Beschluss vom 3. Juni 2016 - 4 B 195/16 HAL -) geänderte, ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ermöglichende Umstände darstellten. Dies war insbesondere deshalb nahe liegend, weil diese Entscheidungen erst nach der Antragstellung des Beschwerdeführers ergangen waren, er dementsprechend hierzu ohne eigenes Verschulden noch nicht vorgetragen und das Verwaltungsgericht sich mit den enthaltenen gewichtigen Argumenten auch in seiner Entscheidung nicht auseinandergesetzt hatte.

8

2. Zur Vermeidung einer Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG wird das Verwaltungsgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO allerdings zu beachten haben, dass ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses dem Vorgehen gegen einen den Adressaten belastenden Verwaltungsakt nur unter besonderen Umständen entgegengehalten werden kann (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung § 40 Rn. 80). Das Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz kann in der hier interessierenden Fallkonstellation erst dann entfallen, wenn das mit dem Rechtsschutzbegehren verfolgte Ziel durch ein gleich geeignetes, keine anderweitigen rechtlichen Nachteile mit sich bringendes behördliches Verfahren ebenso erreicht werden kann wie in dem angestrebten gerichtlichen Verfahren. Hingegen reicht es nicht, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag an die zuständige Behörde zu stellen, der andere Rechtsfolgen als eine gerichtliche Aufhebung des belastenden Verwaltungsakts zeitigt (vgl. BVerwGE 91, 217 <219 ff.>). Nach diesen Grundsätzen kann entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgegangen werden, wenn, wie es der Wortlaut des § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG zumindest nahe legt, die erste Wiederaufnahmeentscheidung nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG ein späteres erneutes Wiederaufnahmebegehren selbst dann sperrt, wenn die erste Verfahrenseinstellung nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG rechtswidrig gewesen ist. In einer solchen Fallgestaltung verstößt es gegen das in Art. 19 Abs. 4 GG normierte Gebot des effektiven Rechtsschutzes, das Rechtsbedürfnis für eine Anfechtungsklage und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu verneinen.

9

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.