Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637

bei uns veröffentlicht am02.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 15 K 15.30637

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

vom 2. Juli 2015

15. Kammer

Sachgebiets-Nr. 710

Hauptpunkte:

Asylrecht;

Herkunftsland: Kosovo;

Bedrohung von nichtstaatlichen Akteuren

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

..., geb. ...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland vertreten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle München, Boschetsrieder Str. 41, 81379 München,

- Beklagte -

beteiligt: Regierung von Oberbayern Vertreter des öffentlichen Interesses Bayerstr. 30, 80335 München

wegen Vollzugs des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 15. Kammer,

durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin am 2. Juli 2015 folgenden Gerichtsbescheid:

I.

Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Staatsangehöriger des Kosovo und gehört der Volksgruppe der Albaner an. Er reiste nach eigenen Angaben am 16. März 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 19. März 2015 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. März 2015 gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er das Land habe verlassen müssen, da er dort von einer Familie bedroht worden sei. Er habe mit einem verlobten Mädchen dieser Familie eine Affäre angefangen. Daraufhin habe die Familie des Verlobten die Verlobung aufgekündigt. Die Brüder des verlobten Mädchens hätten dem Kläger daraufhin gedroht und hätten ihn auch zusammengeschlagen. Er habe diese Brüder bei der Polizei mehrmals angezeigt. Die Polizei hätte jedoch nichts unternommen und ihm nur geraten, er solle zu Hause bleiben. Daraufhin sei er zunächst nach Ungarn geflohen. In Ungarn habe er Asylantrag gestellt, der ihm sofort gewährt worden sei.

Die ungarischen Behörden lehnte das Übernahmeersuchen vom 26. März 2015 am 1. April 2015 unter Verweis auf Art. 19 Abs. 2 Dublin-III VO ab. Der Kläger sei bereits drei Tage nach Stellung seines Asylantrages wieder untergetaucht. Ungarn habe den Asylantrag am 4. Februar 2013 abgelehnt. Nachdem der Kläger erst am 19. März 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, sei es sehr wahrscheinlich, dass dieser in seinen Heimatstaat zurückgekehrt sei und das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten für mehr als drei Monate verlassen habe.

Mit Bescheid vom 24. April 2015 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da der Kläger keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten hätte. Das Vorbringen des Klägers, er werde von der Familie des Mädchens bedroht, mit dem er eine Affäre gehabt habe, erfülle nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter. Es handle sich insoweit nicht um eine staatliche oder dem Staat zurechenbare politische Verfolgung, sondern um eine Auseinandersetzung zwischen Privatpersonen. Trotz noch vorhandener Mängel bei Polizei und Justiz sei im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Sicherheitskräfte willens und in der Lage seien, Verfolgungsmaßnahmen von Dritten wirksam zu unterbinden. Einen lückenlosen Schutz vor möglicher Gewaltanwendung durch Dritte vermöge letztlich kein Staatswesen zu gewährleisten. Im Übrigen könnte einer etwaigen regional bestehenden individuellen Gefährdung durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kosovos oder auch in Serbien entgangen werden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von dem Kläger ebenso wie von vielen seiner Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Die Umstände, die der Kläger geltend mache, gingen nicht über das Maß hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen leben. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid, der dem Klägern am 7. Mai 2015 zugestellt worden ist, hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am ... Mai 2015 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (M 15 S 15.30638) und beantragt,

den Bescheid vom 24. April 2015 in den Ziffern 3 bis 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

Zur Begründung ließ der Kläger im Wesentlichen ausführen, der Kläger habe eine Affäre mit einem verlobten Mädchen gehabt. Als deswegen die Verlobung dieses Mädchen geplatzt sei, hätten die Brüder des Mädchens den Kläger zusammengeschlagen und diesen bedroht. Nachdem ein Cousin des Klägers beschossen worden sei, als dieser mit dessen Auto unterwegs gewesen sei, sei der Kläger nach Ungarn geflohen. Ein im Jahr 2014 versuchter Vermittlungsversuch seiner Familie mit der verfeindeten Familie sei gescheitert. Entgegen der Annahme der ungarischen Behörden sei er nie in den Kosovo zurückgekehrt, sondern sei bis März in Ungarn geblieben. Der Kläger habe inzwischen eine deutsche Staatsangehörige kennen gelernt, mit der er verlobt sei. Diese sei in der 8. Woche schwanger. Die Vaterschaftsanerkennung sei ebenso erfolgt wie die Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge. Der Kläger habe durch seine Affäre mit dem verlobten Mädchen die Ehre der Brüder dieses Mädchens nach kosovarischer Tradition, die auf dem Kanun beruhe, in schwerwiegender Weise verletzt. Der Kanun sei Grundlage der albanischen Tradition. Gerade in dem Gebiet Decan, aus dem der Kläger komme, werde die Tradition sehr stark gelebt; dort seien auch Blutfehden häufiger als in anderen Gebieten des Kosovo. Der Kläger habe bereits vor seiner Flucht Gewalt erlitten. Eine Wiederholung mit möglichen schweren Folgen sei bei einer Rückkehr nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Schutz durch die kosovarischen Sicherheitskräfte habe der Kläger nicht erhalten. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylVfG gebe es nicht, da der Kosovo zu klein und die Familien zu vernetzt seien, um dort untertauchen zu können.

Die Beklagte stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2015, zugestellt am 1. Juni 2015, hat das Gericht den Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, abgelehnt.

Mit Schreiben vom 16. Juni 2015, zugestellt am 24. Juni 2015, wurde die Klägerseite zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (Az. M 15 S 15.30638) und auf die von der Beklagten vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell verzichtet. Der Kläger wurde nach § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO hierzu angehört; er muss sich mit dieser Form der Entscheidung nicht einverstanden erklären (Geiger in Eyermann: VwGO, 13. Aufl., § 84 Rn. 10).

Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch als offensichtlich unbegründet abzuweisen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 2 AsylVfG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B. v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24 § 34 AuslG Nr. 1; BVerfG, B. v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 54, 76; U. v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B. v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn der Kläger hat offensichtlich keinen Anspruch auf subsidiären Schutz (§ 4 AsylVfG) und auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG besteht offensichtlich nicht. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 24. April 2015 ist, soweit er Gegenstand der Klage ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

Insoweit nimmt das Gericht Bezug auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 24. April 2015 (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) und auf den Beschluss des Gerichts vom20. Mai 2015 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az. M 15 S 15.30638), insbesondere auch auf die dortigen Ausführungen zur inländischen Fluchtalternative nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e AsylVfG.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO als offensichtlich unbegründet abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. v. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche Verhandlung beantragen.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

...

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637

bei uns veröffentlicht am 02.07.2015

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 15 S 15.30638

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo und gehört der Volksgruppe der Alban
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 02. Juli 2015 - M 15 K 15.30637.

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 15 S 15.30638

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo und gehört der Volksgruppe der Alban

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo und gehört der Volksgruppe der Albaner an. Er reiste nach eigenen Angaben am 16. März 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 19. März 2015 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. März 2015 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er das Land habe verlassen müssen, da er dort von einer Familie bedroht worden sei. Er habe mit einem verlobten Mädchen dieser Familie eine Affäre angefangen. Daraufhin habe die Familie des Verlobten die Verlobung aufgekündigt. Die Brüder des verlobten Mädchens hätten dem Antragsteller daraufhin gedroht und hätten ihn auch zusammengeschlagen. Er habe diese Brüder bei der Polizei mehrmals angezeigt. Die Polizei hätte jedoch nichts unternommen und ihm nur geraten, er solle zu Hause bleiben. Daraufhin sei er zunächst nach Ungarn geflohen. In Ungarn habe er Asylantrag gestellt, der ihm sofort gewährt worden sei.

Die ungarischen Behörden lehnte das Übernahmeersuchen vom 26. März 2015 am 1. April 2015 unter Verweis auf Art. 19 Abs. 2 Dublin-III VO ab. Der Antragsteller sei bereits drei Tage nach Stellung seines Asylantrages wieder untergetaucht. Ungarn habe den Asylantrag am 4. Februar 2013 abgelehnt. Nachdem der Antragsteller erst am 19. März 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, sei es sehr wahrscheinlich, dass dieser in seinen Heimatstaat zurückgekehrt sei und das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten für mehr als drei Monate verlassen habe.

Mit Bescheid vom 24. April 2015 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offen-sichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da der Antragsteller keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten hätten. Das Vorbringen des Antragstellers, er werde von der Familie des Mädchens bedroht, mit dem er eine Affäre gehabt habe, erfülle nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter. Es handle sich insoweit nicht um eine staatliche oder dem Staat zurechenbare politische Verfolgung sondern um eine Auseinandersetzung zwischen Privatpersonen. Trotz noch vorhandener Mängel bei Polizei und Justiz sei im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Sicherheitskräfte willens und in der Lage seien, Verfolgungsmaßnahmen von Dritten wirksam zu unterbinden. Einen lückenlosen Schutz vor möglicher Gewaltanwendung durch Dritte vermöge letztlich kein Staatswesen zu gewährleisten. Im Übrigen könnte einer etwaigen regional bestehenden individuellen Gefährdung durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kosovos oder auch in Serbien entgangen werden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von den Antragstellern ebenso wie von vielen ihrer Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Die Umstände, die der Antragsteller geltend mache, gingen nicht über das Maß hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen leben. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers am ... Mai 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage (M 15 K 15.30637) und beantragte gleichzeitig,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, der Antragsteller habe eine Affäre mit einem verlobten Mädchen gehabt. Als deswegen die Verlobung dieses Mädchen geplatzt sei, hätten die Brüder des Mädchens den Kläger zusammengeschlagen und diesen bedroht. Nachdem ein Cousin des Antragstellers beschossen worden sei, als dieser mit dessen Auto unterwegs gewesen sei, sei der Antragsteller nach Ungarn geflohen. Ein im Jahr 2014 versuchter Vermittlungsversuch seiner Familie mit der verfeindeten Familie sei gescheitert. Entgegen der Annahme der ungarischen Behörden sei er nie in den Kosovo zurückgekehrt, sondern sei bis März in Ungarn geblieben. Der Antragsteller habe inzwischen eine deutsche Staatsangehörige kennen gelernt, mit der er verlobt sei. Diese sei in der 8. Woche schwanger. Die Vaterschaftsanerkennung sei ebenso erfolgt wie die Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge. Der Antragsteller habe durch seine Affäre mit dem verlobten Mädchen die Ehre der Brüder dieses Mädchens nach kosovarischer Tradition, die auf dem Kanun beruhe, in schwerwiegender Weise verletzt. Der Kanun sei Grundlage der albanischen Tradition. Gerade in dem Gebiet ..., aus dem der Antragsteller komme, werde die Tradition sehr stark gelebt; dort seien auch Blutfehden häufiger als in anderen Gebieten des Kosovo. Der Antragsteller habe bereits vor seiner Flucht Gewalt erlitten. Eine Wiederholung mit möglichen schweren Folgen sei bei einer Rückkehr nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Schutz durch die kosovarischen Sicherheitskräfte habe der Antragsteller nicht erhalten. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylVfG gebe es nicht, da der Kosovo zu klein und die Familien zu vernetzt seien, um dort untertauchen zu können.

Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren M 15 K 15.30629 und auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichts- und Behördenakten in den Verfahren der Lebensgefährtin des Antragstellers (M 15 K 15.30627 und M 15 S 15.30628) verwiesen.

II.

Der Antragsteller möchte erreichen, dass die kraft Gesetzes (§ 75 AsylVfG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom28. April 2015 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylVfG angeordnet wird.

Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG).

Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG offensichtlich nicht besteht - wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht - und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - Inf-AuslR 1993, 196).

Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.

An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.

Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Antragsteller auf dem Landweg über Ungarn und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG).

Soweit der Antragsteller vorträgt, er werde von der verfeindeten Familie wegen der auf dem Kanun beruhenden Blutrache bedroht, lässt dies bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Zudem erfordert § 3c Nr. 3 AsylVfG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der kosovarischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nach der aktuellen Auskunftslage (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 25. November 2014, im Folgenden: Lagebericht) nicht auszugehen. Vielmehr werden Beteiligte an Akten der Blutrache verfolgt, angeklagt und verurteilt (Lagebericht S. 16f.).

Die begehrte Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylVfG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Denn die Gewährung von subsidiärem Abschiebungsschutz setzt voraus, dass für den Ausländer eine Fluchtalternative gemäß § 4 Abs. 3, § 3e AsylVfG nicht besteht, was hier jedoch anzunehmen ist.

Der Antragsteller hätte bei einer Rückkehr in den Kosovo die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, wenn er an seinem Herkunftsort weitere Übergriffe befürchtet (VG Würzburg, B. v. 29.11.2010 - W 1 S 10.30287 - juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, U. v. 30.5.2012 - 7a K 646/12.A - juris Rn. 20; VG Aachen, B. v. 18.7.2014 - 9 L 424/14.A - juris bzgl. Blutrache bei Grundstücksstreit). Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 25. November 2014, S. 17). Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Kläger insbesondere in größeren und damit anonymeren Städten, etwa im Bereich der Hauptstadt Pristina, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor einer etwaigen Verfolgung sicher wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Pristina mit mehr als 160.000 Einwohnern eine Großstadt ist und auch die zweitgrößte Stadt, Prizren, knapp 100.000 Einwohner besitzt. Die Begründung eines neuen Wohnsitzes im Kosovo ist dem - arbeitsfähigen - Kläger auch zumutbar. Es ist nämlich davon auszugehen, dass er unter der Voraussetzung, dass er sich am neuen Wohnort registrieren lässt, dort sowohl Zugang zu einer nötigenfalls das Existenzminimum sichernden Sozialhilfe als auch zur erforderlichen medizinischen Versorgung hat. Insoweit besteht auch keine begründete Befürchtung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in einen anderen Landesteil des Kosovo gleichsam „vor dem Nichts“ stünde, zumal ihm unmittelbar nach seiner Rückkehr auch Unterstützungsleistungen des Rückkehrprojektes URA II zustehen. (http://www.bamf.de/DE/Rueckkehrfoerderung/ProjektKosovo/projektkosovo-node.html, Stand: 15. April 2015).

Das Bundesamt hat auch zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

Der (gerichtskostenfreie, § 83 b AsylVfG) Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo und gehört der Volksgruppe der Albaner an. Er reiste nach eigenen Angaben am 16. März 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 19. März 2015 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. März 2015 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er das Land habe verlassen müssen, da er dort von einer Familie bedroht worden sei. Er habe mit einem verlobten Mädchen dieser Familie eine Affäre angefangen. Daraufhin habe die Familie des Verlobten die Verlobung aufgekündigt. Die Brüder des verlobten Mädchens hätten dem Antragsteller daraufhin gedroht und hätten ihn auch zusammengeschlagen. Er habe diese Brüder bei der Polizei mehrmals angezeigt. Die Polizei hätte jedoch nichts unternommen und ihm nur geraten, er solle zu Hause bleiben. Daraufhin sei er zunächst nach Ungarn geflohen. In Ungarn habe er Asylantrag gestellt, der ihm sofort gewährt worden sei.

Die ungarischen Behörden lehnte das Übernahmeersuchen vom 26. März 2015 am 1. April 2015 unter Verweis auf Art. 19 Abs. 2 Dublin-III VO ab. Der Antragsteller sei bereits drei Tage nach Stellung seines Asylantrages wieder untergetaucht. Ungarn habe den Asylantrag am 4. Februar 2013 abgelehnt. Nachdem der Antragsteller erst am 19. März 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, sei es sehr wahrscheinlich, dass dieser in seinen Heimatstaat zurückgekehrt sei und das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten für mehr als drei Monate verlassen habe.

Mit Bescheid vom 24. April 2015 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offen-sichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da der Antragsteller keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten hätten. Das Vorbringen des Antragstellers, er werde von der Familie des Mädchens bedroht, mit dem er eine Affäre gehabt habe, erfülle nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter. Es handle sich insoweit nicht um eine staatliche oder dem Staat zurechenbare politische Verfolgung sondern um eine Auseinandersetzung zwischen Privatpersonen. Trotz noch vorhandener Mängel bei Polizei und Justiz sei im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Sicherheitskräfte willens und in der Lage seien, Verfolgungsmaßnahmen von Dritten wirksam zu unterbinden. Einen lückenlosen Schutz vor möglicher Gewaltanwendung durch Dritte vermöge letztlich kein Staatswesen zu gewährleisten. Im Übrigen könnte einer etwaigen regional bestehenden individuellen Gefährdung durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kosovos oder auch in Serbien entgangen werden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von den Antragstellern ebenso wie von vielen ihrer Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Die Umstände, die der Antragsteller geltend mache, gingen nicht über das Maß hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen leben. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers am ... Mai 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage (M 15 K 15.30637) und beantragte gleichzeitig,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, der Antragsteller habe eine Affäre mit einem verlobten Mädchen gehabt. Als deswegen die Verlobung dieses Mädchen geplatzt sei, hätten die Brüder des Mädchens den Kläger zusammengeschlagen und diesen bedroht. Nachdem ein Cousin des Antragstellers beschossen worden sei, als dieser mit dessen Auto unterwegs gewesen sei, sei der Antragsteller nach Ungarn geflohen. Ein im Jahr 2014 versuchter Vermittlungsversuch seiner Familie mit der verfeindeten Familie sei gescheitert. Entgegen der Annahme der ungarischen Behörden sei er nie in den Kosovo zurückgekehrt, sondern sei bis März in Ungarn geblieben. Der Antragsteller habe inzwischen eine deutsche Staatsangehörige kennen gelernt, mit der er verlobt sei. Diese sei in der 8. Woche schwanger. Die Vaterschaftsanerkennung sei ebenso erfolgt wie die Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge. Der Antragsteller habe durch seine Affäre mit dem verlobten Mädchen die Ehre der Brüder dieses Mädchens nach kosovarischer Tradition, die auf dem Kanun beruhe, in schwerwiegender Weise verletzt. Der Kanun sei Grundlage der albanischen Tradition. Gerade in dem Gebiet ..., aus dem der Antragsteller komme, werde die Tradition sehr stark gelebt; dort seien auch Blutfehden häufiger als in anderen Gebieten des Kosovo. Der Antragsteller habe bereits vor seiner Flucht Gewalt erlitten. Eine Wiederholung mit möglichen schweren Folgen sei bei einer Rückkehr nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Schutz durch die kosovarischen Sicherheitskräfte habe der Antragsteller nicht erhalten. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylVfG gebe es nicht, da der Kosovo zu klein und die Familien zu vernetzt seien, um dort untertauchen zu können.

Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren M 15 K 15.30629 und auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichts- und Behördenakten in den Verfahren der Lebensgefährtin des Antragstellers (M 15 K 15.30627 und M 15 S 15.30628) verwiesen.

II.

Der Antragsteller möchte erreichen, dass die kraft Gesetzes (§ 75 AsylVfG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom28. April 2015 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylVfG angeordnet wird.

Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG).

Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG offensichtlich nicht besteht - wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht - und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - Inf-AuslR 1993, 196).

Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.

An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.

Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Antragsteller auf dem Landweg über Ungarn und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG).

Soweit der Antragsteller vorträgt, er werde von der verfeindeten Familie wegen der auf dem Kanun beruhenden Blutrache bedroht, lässt dies bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Zudem erfordert § 3c Nr. 3 AsylVfG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der kosovarischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nach der aktuellen Auskunftslage (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 25. November 2014, im Folgenden: Lagebericht) nicht auszugehen. Vielmehr werden Beteiligte an Akten der Blutrache verfolgt, angeklagt und verurteilt (Lagebericht S. 16f.).

Die begehrte Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylVfG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Denn die Gewährung von subsidiärem Abschiebungsschutz setzt voraus, dass für den Ausländer eine Fluchtalternative gemäß § 4 Abs. 3, § 3e AsylVfG nicht besteht, was hier jedoch anzunehmen ist.

Der Antragsteller hätte bei einer Rückkehr in den Kosovo die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, wenn er an seinem Herkunftsort weitere Übergriffe befürchtet (VG Würzburg, B. v. 29.11.2010 - W 1 S 10.30287 - juris Rn. 20; VG Gelsenkirchen, U. v. 30.5.2012 - 7a K 646/12.A - juris Rn. 20; VG Aachen, B. v. 18.7.2014 - 9 L 424/14.A - juris bzgl. Blutrache bei Grundstücksstreit). Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 25. November 2014, S. 17). Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Kläger insbesondere in größeren und damit anonymeren Städten, etwa im Bereich der Hauptstadt Pristina, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor einer etwaigen Verfolgung sicher wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Pristina mit mehr als 160.000 Einwohnern eine Großstadt ist und auch die zweitgrößte Stadt, Prizren, knapp 100.000 Einwohner besitzt. Die Begründung eines neuen Wohnsitzes im Kosovo ist dem - arbeitsfähigen - Kläger auch zumutbar. Es ist nämlich davon auszugehen, dass er unter der Voraussetzung, dass er sich am neuen Wohnort registrieren lässt, dort sowohl Zugang zu einer nötigenfalls das Existenzminimum sichernden Sozialhilfe als auch zur erforderlichen medizinischen Versorgung hat. Insoweit besteht auch keine begründete Befürchtung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in einen anderen Landesteil des Kosovo gleichsam „vor dem Nichts“ stünde, zumal ihm unmittelbar nach seiner Rückkehr auch Unterstützungsleistungen des Rückkehrprojektes URA II zustehen. (http://www.bamf.de/DE/Rueckkehrfoerderung/ProjektKosovo/projektkosovo-node.html, Stand: 15. April 2015).

Das Bundesamt hat auch zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

Der (gerichtskostenfreie, § 83 b AsylVfG) Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.