Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Aug. 2018 - M 9 S 18.3849

published on 17/08/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Aug. 2018 - M 9 S 18.3849
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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,– festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine Nutzungsuntersagung.

Die Nutzungsuntersagung bezieht sich auf das Grundstück FlNr. …, Gemarkung B. Die Antragstellerin ist Pächterin des Grundstücks.

Im Rahmen einer Feuerbeschau durch Beschäftigte der Gemeinde B. vom 7. Juni 2018 wurden verschiedene Mängel festgestellt (vgl. Protokoll vom 13. Juni 2018, Bl. 5f. d. Behördenakts – i.F.: BA –). Am 5. Juli 2018 führte das Landratsamt M. – i.F.: Landratsamt – einen weiteren angekündigten (vgl. Bl. 7 d. BA) Ortstermin durch (Protokoll auf Bl. 8ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. Juli 2018, Az. … …, mit Anschreiben vom 26. Juli 2018 am 26. Juli 2018 in den Postauflauf gegeben (Bl. 164 d. BA), forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, folgende Räume im Hotel R., nicht Südflügel, ab Zustellung des Bescheids nicht mehr zu nutzen und nicht durch andere nutzen zu lassen: im Kellergeschoss > Sauna, Fitness, Spielzimmer, Kosmetik; 2. Obergeschoss > Zimmer Nrn. 301 bis 312; 3. Obergeschoss > Zimmer Nrn. 401 bis 410 u. 412 (Ziff. I). Für den Fall nicht fristgerechter Erfüllung wurde zu Ziff. I für jede untersagte Nutzungseinheit ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 500,– angedroht (Ziff. II). Mit Ziff. III wurde die sofortige Vollziehung von Ziff. I angeordnet; für den Fall, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegfalle, sei die Verpflichtung unverzüglich nach Unanfechtbarkeit der Nutzungsuntersagung zu erfüllen.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung beruhe auf Art. 54 Abs. 4 BayBO. Für sämtliche Aufenthaltsräume müssten zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Der erste Rettungsweg müsse hierbei über eine notwendige Treppe führen, die in einem eigenen durchgehenden Treppenraum liegen müsse. Ein derartiger notwendiger Treppenraum sei zwar grundsätzlich vorhanden, aber mangelhaft. Zum Zeitpunkt der Begehung seien zumindest folgende Mängel festgestellt worden: Brandlasten wie z.B. Sitzmöbel, fehlende Fluchtweg-Piktogramme, fehlende erforderliche F-30-Verglasung an der Rezeption und fehlende RDS-Qualität der Tür vom Eingangsbereich des Hotels in den Salon. Hinsichtlich des zweiten Rettungsweges gelte für das 2. und 3. Obergeschoss, dass die Feuerwehr B. nicht über die notwendigen Rettungsgeräte verfüge. Die Räume im Kellergeschoss verfügten zudem nur über Fenster, die ihrer zu hohen Anordnung – mehr als 1,20 m über der Fußbodenoberkante – wegen nicht nutzbar seien. Die vorgefundenen Mängel innerhalb der Rettungswege stellten insgesamt eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen dar. Die Nutzungsuntersagung sei an die Antragstellerin als derzeitige Pächterin und damit als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt gerichtet worden. Sie sei nach pflichtgemäßem Ermessen angeordnet worden: Die Nutzungsuntersagung sei das einzige geeignete Mittel, die Gefährdung der sich in den betroffenen Räumen aufhaltenden Personen auszuschließen. Sie sei auch angemessen, weil das in erster Linie wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin keinesfalls über das Leben und die Gesundheit von Menschen gestellt werden dürfe. Es handele sich zudem um den Fall eines intendierten Ermessens. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich daraus, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden müsse. Von einer Anhörung habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat am 6. August 2018 namens und im Auftrag der Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben.

Vorliegend beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2018 wiederherzustellen und

ausdrücklich den Erlass einer Schiebeverfügung.

Zum Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird – vertiefend mit weiterem Schriftsatz vom 16. August 2018 – ausgeführt: Die der Nutzung des Hotels zugrunde liegende Baugenehmigung gehe davon aus, dass der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt werde. Es sei unstreitig, dass die Feuerwehr R. über ein Gerät verfüge, mit dem Personen, die sich im 2. und 3. Obergeschoss befänden, gerettet werden könnten. Die Hilfsfrist, die unstreitig – jedenfalls um 33 Sekunden – nicht eingehalten werden könne, habe auch zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht eingehalten werden können. Der Antragstellerbevollmächtigte habe dem Landratsamt weiter bereits mit Schreiben vom 18. Juli 2018 mitgeteilt, dass die Sauna und der Fitnessraum im Kellergeschoss bereits außer Betrieb genommen worden seien; weiter sei ein Teil der am ersten Rettungsweg festgestellten Mängel beseitigt worden. Hinsichtlich der noch nicht ausgetauschten Verglasungen werde – wie ebenfalls unter dem 18. Juli 2018 mitgeteilt worden sei – die Rezeption ab dem 19. Juli 2018 als Sofortmaßnahme 24 Stunden bis zur Ausführung der Arbeiten besetzt. Damit sei im Brandfall eine sofortige Alarmierung der Feuerwehr sichergestellt. Dies sei in Abstimmung mit Hr. Dipl.-Ing. D., Nachweisberechtigter für vorbeugenden Brandschutz sowie Fachingenieur und Fachbauleiter Brandschutz, erfolgt; Hr. Dipl.-Ing. D. habe mit – dem Landratsamt vorab per Telefax übermitteltem – Schreiben vom 23. Juli 2018 die Geeignetheit dieser Maßnahme bestätigt, die Zeit bis zum Einbau der fehlenden Brandschutzelemente zu überbrücken. Weiter habe der Bevollmächtigte dem Landratsamt mit Schreiben vom 25. Juli 2018 mitgeteilt, dass zusätzlich weitere vier Rauchmelder in dem fraglichen Bereich im Erdgeschoss installiert worden seien. Das Landratsamt habe gegen Art. 24 BayVwVfG verstoßen, da es all diese vor Bescheiderlass – der nur vordatiert gewesen sei – bekannten Umstände nicht mehr gewürdigt habe. Dieser Fehler sei auch nach Art. 46 BayVwVfG erheblich. Auch zeige allein der zeitliche Verlauf – Ortsbesichtigung am 5. Juli 2018, Versendung des Bescheids erst am 26. Juli 2018 – und die Tatsache, dass alle Eingaben ignoriert worden seien, dass von der Anhörung der Antragstellerin nicht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG habe abgesehen werden können. Auch die Verletzung der Grundpflicht zur Anhörung führe zur Aufhebung des Bescheids. Ferner sei ein Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG gegeben, da unklar sei, was die fehlende „F-30-Verglasung an der Rezeption“ alles umfasse. Der Bescheid leide auch an erheblichen materiellen Fehlern: Bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO lägen nicht vor. Wie der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2017 – Az. 15 CS 17.1055 – im Umkehrschluss zeige, liege keine Gefahr i.S.v. Art. 54 Abs. 4 BayBO vor, wenn ein erster Rettungsweg in einem bestandsgeschützten Gebäude vorliege, der den aktuellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen genüge. Aufgrund der durchgeführten Sofortmaßnahmen sei nicht damit zu rechnen, dass der erste Rettungsweg im Falle eines Brandes vorzeitig unbrauchbar werde; die Gefahr einer vorzeitigen Unbenutzbarkeit werde dramatisch reduziert und damit höchst unwahrscheinlich. Damit stehe fest, dass durch die Sofortmaßnahmen keine erhebliche Gefahr mehr bestehe. Die Nutzungsuntersagung leide zudem an Ermessensfehlern: Dies folge bereits daraus, dass die Sofortmaßnahmen im Bescheid keine Berücksichtigung gefunden hätten. Hinzu komme, dass die Nutzungsuntersagung ohne zeitliche Begrenzung angeordnet worden sei, also selbst dann fortgelte, wenn alle Mängel beseitigt worden seien. Die etwa 2/3 der Gästezimmer eines genehmigten bestandsgeschützten Gebäudes betreffende Nutzungsuntersagung sei zudem unverhältnismäßig und stelle einen unzulässigen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar; die Antragstellerin habe sofort Maßnahmen ergriffen, um die Mängel zu beheben. Dies folge auch aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, a.a.O.; dem dortigen Antragsteller sei durch Einrichtung einer Sicherheitswache eine Übergangsfrist von 3 Monaten zugestanden worden, obwohl ihm die Mängel seit Jahren bekannt gewesen seien.

Zum Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses wird ausgeführt: Der Erlass einer Schiebeverfügung sei dringend geboten, sollte sich das Landratsamt nicht dazu bereiterklären, bis zur Entscheidung des Gerichts von Vollzugsmaßnahmen und Zwangsgeldfestsetzungen abzusehen. Es sei bereits ein Teil der festgestellten Mängel behoben, im Übrigen seien bezüglich zweier Mängel Kompensationsmaßnahmen getroffen worden. Gegenüber dem Vollzugsinteresse wögen die wirtschaftlichen Einbußen während der Hauptsaison und der Imageverlust bei einer zwangsweisen Schließung des Hotels weit schwerer.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Anordnung beruhe darauf, dass der erste Rettungsweg mängelbehaftet und der zweite Rettungsweg nicht vorhanden sei. Auch nach Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern (Brandschutzberater) werde die Ansicht vertreten, dass die Brandwache keine Kompensationsmaßnahme für die Mängel des ersten Rettungswegs darstellen könne. Nachdem dieser Mangel bereits im Eingangsbereich und damit an der Basis des ersten Rettungswegs bestehe, sei die etwaige Beseitigung der übrigen Mängel im weiteren Verlauf des ersten Rettungswegs von untergeordneter Bedeutung. Hinsichtlich des zweiten Rettungswegs fehle es an der Voraussetzung, dass die Feuerwehr R., die alleine über ein benötigtes Hubrettungsfahrzeug verfüge, rechtzeitig – mithin innerhalb der zulässigen Hilfsfrist von zehn Minuten – vor Ort sein könne; der zweite Rettungsweg aus den jeweiligen Zimmern führe jeweils über Balkone oder Fenster, deren anleiterbare Höhe deutlich mehr als die zulässigen 8 m betrage. Formelle Fehler bei Bescheiderlass lägen nicht vor. Das Landratsamt habe sich mit dem Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 18. Juli 2018 ausführlich beschäftigt, was auch der zeitliche Ablauf zeige; die verstrichene Zeit bis zum Auslauf des Bescheids sei nur der Tatsache geschuldet, dass die Argumente noch einer weiteren Prüfung unterzogen worden seien. Inhaltlich habe das Landratsamt aber keinen Änderungsbedarf gesehen. Wegen der weiteren Inhalte wird auf die Antragserwiderung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist zulässig, aber unbegründet (1.), wohingegen der ausdrückliche Antrag auf einen Hänge- bzw. Schiebebeschluss bereits unzulässig ist (2.).

1. Der Eilantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Es überprüft dabei die formelle Ordnungsmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs (a) und trifft inhaltlich eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche Vollzugsinteresse oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt (b). Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs, § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

a) Die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Das Landratsamt war als Ausgangsbehörde für die Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, eine Anhörung musste insoweit nicht erfolgen (statt aller Eyermann, VwGO, Stand: 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 41). Es wurde weiter eine nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichende, nicht nur formelhafte Begründung gegeben. Ob diese Begründung inhaltlich vollumfänglich zutrifft, ist von vorn herein irrelevant, da weder eine formelle Rechtmäßigkeit noch gar eine materielle Rechtmäßigkeit der Sofortvollzugsanordnung geprüft werden.

b) Die Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus; der Bescheid ist nach summarischer Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern, im Gegenteil, rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Nutzungsuntersagung ist nach summarischer Prüfung formell rechtmäßig.

Der Antragstellerin wurde bereits am 5. Juli 2018 der Erlass der Nutzungsuntersagung in Aussicht gestellt (vgl. Vermerk auf Bl. 10f. d. BA). Der Antragstellerbevollmächtigte konnte auch nach seinem eigenen Vortrag in der Folge sowohl telefonisch als auch schriftlich (vgl. Bl. 52ff. und Bl. 131ff. d. BA) alle (Gegen-) Argumente vor Erlass des Bescheids vorbringen – ein Verwaltungsakt ist, auch bei „Vordatierung“, nicht in diesem Sinn erlassen, bevor er von der Behörde abgegeben wird (hier: mit Anschreiben vom 26. Juli 2018) und zugeht (Stelkens u.a., VwVfG, Stand: 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 3). Die Anhörung ist formfrei und kann insbesondere auch (fern-) mündlich erfolgen. Die Antragstellerin hatte somit ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine weitergehende Pflicht der Behörde zur Auseinandersetzung mit dem Vorgebrachten in der Begründung des Verwaltungsakts besteht nicht; grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Behörde – wie die Gerichte – den ihnen unterbreiteten Vortrag zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, auch wenn sie im Ergebnis dem tatsächlichen Vorbringen nicht gefolgt ist (zum Ganzen statt aller Stelkens u.a., VwVfG, Stand: 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 37f. und Rn. 44). Davon ist auch vorliegend auszugehen (vgl. nur den auf den 24. Juli 2018 datierten Vermerk, Bl. 114 d. BA: „… auch wenn ein Teil der Mängel potentiell bereits behoben ist“). Eine Anpassung der Bescheidbegründung musste somit nicht erfolgen, wie sich auch aus Untenstehendem ergibt.

Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob vorliegend auch Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG erfüllt wäre. Weiter würde selbst dann, wenn man einen Verfahrensfehler annehmen wollte – wie nicht –, Art. 46 BayVwVfG eingreifen, da offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (siehe dazu sogleich).

Die Nutzungsuntersagung ist nach summarischer Prüfung materiell rechtmäßig.

Die Nutzungsuntersagung ist bereits deswegen gerechtfertigt, weil der zweite Rettungsweg für das 2. und 3. Obergeschoss – zum Kellergeschoss siehe i.F. – nicht zur Verfügung steht. Dieser soll vorliegend nicht über eine weitere notwendige Treppe, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BayBO, sondern (nur) über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle nachgewiesen werden, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBO. Dafür fehlt es aber, auch nach Vortrag der Antragstellerin, an der Einhaltung der zehnminütigen Hilfsfrist gemäß Ziff. 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 (VollzBekBayFwG) betreffend Anfahrt und Rettungszeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst und weiter daran, dass – wie bei einem Sonderbau, Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO, zu erwarten ist – die Möglichkeit einer effizienten und zeitnahen sowie zeitgleichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen durch die Feuerwehr zu realisieren ist. Die Feuerwehr R., die alleine über das nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayBO notwendige Gerät verfügt, kann nicht binnen zehn Minuten vor Ort sein. Dass sich eine Aufstellung zu der Frist, innerhalb derer die Feuerwehr R. das Anwesen erreichen kann, erst unter dem Datum des 27. Juli 2018 in den Akten findet (Bl. 185 d. BA), ist irrelevant, da das Landratsamt bereits seit 2013 über diesen Kenntnisstand verfügt, da dieses Wissen aktenmäßig festgehalten ist (vgl. die im Verwaltungsvorgang befindlichen Berichte über die Alarmfahrt der Feuerwehr R. vom 5. November 2013, Bl. 186f. d. BA) und da dieser Umstand auch der Fallbeurteilung bereits vor Bescheiderlass zugrunde gelegt wurde, wie sich u.a. aus dem Vermerk über die Besprechung mit der Fachstelle der Regierung von Oberbayern vom 24. Juli 2018 ergibt (Bl. 114f. d. BA). Die Stellungnahme des Kreisbrandrats vom 19. Dezember 2001 (Bl. 118 d. BA), wonach die Hilfsfrist von der Feuerwehr B. eingehalten werden könne, vermag hieran nichts zu ändern, da die Feuerwehr B. gerade nicht über das notwendige Gerät verfügt. Auch die Ausnahme gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 3 BayBO greift vorliegend – offenes Treppenhaus, an diversen Stellen nur RDS-Elemente (vgl. Baupläne, Bl. 12ff. d. BA und Fotos auf Bl. 31ff d. BA) – nicht ein (zu den Anforderungen an Sicherheitstreppenräume Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 31 Rn. 60). Nach alledem liegt eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit unabhängig von der Ertüchtigung des ersten Rettungsweges bereits wegen Fehlens des zweiten Rettungsweges vor (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris; U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris; B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris; U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740 – BeckRS 1992, 10676; OVG NW, U.v. 25.8.2010 – 7 A 749/09 –; B.v. 22.7.2002 – 7 B 508/01 – juris; Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 54 Rn. 176; Schwarzer/König, BayBO, Stand: 4. Aufl. 2012, Art. 31 Rn. 4).

Dies gilt auch unabhängig davon, ob bzw. dass nach Baugenehmigungslage bis dato augenscheinlich vom Vorhandensein eines zweiten Rettungsweges ausgegangen wurde. Art. 54 Abs. 4 BayBO ermöglicht es gerade, Anforderungen auch an bestandsgeschützte bauliche Anlagen zu stellen. Dabei ist irrelevant, ob sich die maßgeblichen Bauvorschriften – hier: Art. 31ff. BayBO – geändert, insbesondere verschärft haben oder nicht; die gegenwärtig geltende Bauordnung ermöglicht es ebenso wenig wie frühere baurechtliche Vorschriften, eine bauliche Anlage in einer Art zu nutzen, die mit entsprechenden Gefahren verbunden ist. Besteht eine solche Gefahr, ist daher eine auf Gefahrenbeseitigung gerichtete Anordnung möglich. Dies gilt besonders dann, wenn die Anordnung – wie hier – dem Schutz von Leben und Gesundheit dient (vgl. OVG NW, U.v. 25.8.2010 – 7 A 749/09 – juris; auch BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris).

Aus der vonseiten des Bevollmächtigten zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris) folgt nichts anderes. Dort waren mehrere bauliche Rettungswege vorhanden, die zwar mängelbehaftet waren, aber nachgerüstet werden konnten. Vorliegend aber fehlt der zweite Rettungsweg vollständig.

Im Hinblick auf das Kellergeschoss fehlt es an den in Art. 35 Abs. 4 Satz 1, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBO aufgestellten Voraussetzungen. Es wird Bezug genommen auf den Bescheid und die Antragserwiderung. Dieser Mangel könnte durch Einbau von Stufen vor der Brüstung behoben werden (Bl. 8 d. BA); aus den Behördenakten ergibt sich, dass das Landratsamt für diesen Fall – und nach Ertüchtigung des ersten Rettungswegs, siehe dazu sogleich – die Freigabe der Räumlichkeiten im Kellergeschoss in Aussicht stellt (Bl. 10 d. BA, unten).

Unabhängig von alledem ist festzuhalten, dass auch der erste Rettungsweg gegenwärtig nicht zur Verfügung steht, weswegen eine – nicht bestehende, s.o. – Rettungsmöglichkeit mithilfe der Feuerwehr ohnehin keine Kompensation zur Gewährleistung einer am Maßstab von Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sicheren und gefahrfreien Evakuierung darstellen könnte. Dabei wären die hohen tatbestandlichen Hürden des Art. 54 Abs. 4 BayBO – vorausgesetzt wird eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit – vorliegend gar nicht zur Anwendung zu bringen gewesen. Der erste Rettungsweg ist nämlich gerade nicht entsprechend der Baugenehmigung hergestellt worden – es fehlen die im Foyer zum Aufenthaltsraum bzw. zum Empfang hin vorgesehenen F30- und RDS-Elemente –, weswegen ein Bestandsschutz für die Art und Beschaffenheit dieses ersten Rettungswegs ausscheidet (dazu Molodovsky u.a., BayBO, Stand: 38. Update 3/18, Art. 31 Rn. 58). Die hohen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO müssen mithin nicht erfüllt sein, die Nutzung kann bereits auf Basis des Art. 76 Satz 2 BayBO i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO untersagt werden (vgl. zur Auswechslung der Rechtsgrundlage BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris; i.Ü. auch schon BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77 – BeckRS 1980, 108796). Weiter ist eine Brand- oder Sicherheitswache vorliegend nicht geeignet, die genannten Voraussetzungen an die Ausbildung des ersten Rettungswegs zu kompensieren. Die beiden in der Baugenehmigung vorgesehenen und nach Art. 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO im Foyer zu verbauenden F30- bzw. RDS-Elemente sollen sicherstellen, dass der erste Rettungsweg – mit dem Foyer als (Zwischen-) Raum i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Satz 2 BayBO – möglichst langfristig zur Verfügung steht, d.h. zumindest übergangsweise rauchfrei bleibt und feuer- und wärmebeständig ist, gerade gegenüber Einwirkungen aus anderen Gebäudeteilen, Art. 33 Abs. 1 Satz 2 BayBO; eine Brandwache kann diese Eigenschaften nicht ersetzen (vgl. auch den Vermerk über die Besprechung mit der Fachstelle bei der Regierung von Oberbayern, Bl. 114ff. d. BA). Damit ist auch der in Ziff. 1.2 des IMS vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ – Az. II B 7-4112.420-013/11 ausdrücklich benannte Fall, in dem eine erhebliche Gefahr – allerdings von vorn herein nur: unter anderem – anzunehmen ist, erfüllt: „…oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen.“

Die Anordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft, v.a. nicht unverhältnismäßig. Nachdem der zweite Rettungsweg dauerhaft nicht zur Verfügung steht, ist vorliegend auch das gewählte Mittel der auf bestimmte Räumlichkeiten bezogenen unbeschränkten Nutzungsuntersagung zulässig. Als Dauerverwaltungsakt hat die Behörde die Verfügung ohnehin „unter Kontrolle zu halten“ und gegebenenfalls aufzuheben, sollten sich die Voraussetzungen ändern, weswegen der Antragstellerin mit Blick auf etwaige Lösungsmöglichkeiten (Treppenturm) keine Nachteile entstehen. Dass hierzu auch seitens des Landratsamts die Bereitschaft besteht und die Inhalte zwischen den Beteiligten auch bereits erörtert wurden, ergibt sich an diversen Stellen aus dem Verwaltungsvorgang (u.a. Bl. 11 d. BA). Eine ausdrückliche Tenorierung dieser Maßnahmen ist nicht nur angesichts dessen unnötig. Nachdem v.a. der Anbau eines Treppenturms – wovon auch das Landratsamt zu Recht ausgeht – eine baugenehmigungspflichtige Maßnahme darstellt (Änderung der baulichen Anlage), ist ohnehin ein förmlicher Bauantrag notwendig, der vom Landratsamt verbeschieden werden müsste. Im Zuge dessen wäre auch die Aufrechterhaltung der Nutzungsuntersagung neu in den Blick zu nehmen. Die hinsichtlich des ersten Rettungswegs möglichen baulichen Änderungen wurden zwischen den Beteiligten ausführlich erörtert und ergeben sich auch aus den Gründen des Bescheids. Das Landratsamt geht weiter recht in der Annahme, dass die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin gegenüber den überragend wichtigen Schutzgütern Leben und Gesundheit der Gäste zurückstehen müssen (vgl. nur BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris).

2. Der Antrag auf Erlass eines Hänge- bzw. Schiebebeschlusses ist bereits unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige „Zwischenentscheidung“ erkennbar ist. Dies folgt bereits ohne weiteres daraus, dass die Entscheidungsreife für die „reguläre“ Entscheidung nach den § 80f. VwGO gegeben ist (v.a. wurden die Behördenakten bereits vorgelegt). Dann bedarf es einer derartigen Zwischenentscheidung von vorn herein nicht (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 111).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festlegung eines Kostenanteils für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses war nicht veranlasst, da dieses Verfahren kein selbstständiges Nebenverfahren darstellt (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; VG München, B.v. 2.7.2018 – M 9 SN 18.2593 – juris). Wollte man dies anders sehen, wäre hierfür § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Anwendung zu bringen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. dem vom Bundesverwaltungsgericht herausgegebenen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.