Verwaltungsgericht München Beschluss, 29. Feb. 2016 - M 7 K0 15.1383

published on 29/02/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 29. Feb. 2016 - M 7 K0 15.1383
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Gericht

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Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Anfechtungs- und Feststellungsklage.

Am Sonntag, 1. Februar 2015, um ... Uhr wurden mehrere Streifenbesatzungen der Polizeiinspektionen ... und ... durch die Einsatzzentrale zu der Wohnung der Antragstellerin beordert. Einsatzgrund war häusliche Gewalt. Die Antragstellerin, die die Polizei gerufen hatte, wohnt mit ihrem Lebensgefährten, Herrn W., zusammen. Die Polizeibeamten stellten bei ihrem Eintreffen bei der Antragstellerin eine Kopfplatzwunde fest, die von den Rettungssanitätern versorgt wurde. Herr W. hatte kleinere (Kratz-) Verletzungen an Händen, Füßen, Rücken und Knie. Nach ersten polizeilichen Ermittlungen vor Ort hatten die beiden heftig gestritten, wobei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung und Bedrohung mit einem Küchenmesser gekommen ist. Die Antragstellerin konnte von den Polizeibeamten nur schwer beruhigt werden, sie schrie und forderte die Beamten auf, wieder zu gehen. Sie ließ sich schließlich dazu überreden, das Wohnanwesen vorerst zu verlassen.

Bei ihrer Vernehmung am 1. Februar 2015 auf der Polizeiinspektion als Beschuldigte (Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung) gab die Antragstellerin an, dass sie und Herr W. gestritten hätten. Es sei um ihren gemeinsamen Sohn gegangen, der in einer Pflegefamilie lebe. Ihre Platzwunde an der Stirn rühre daher, dass sie ausgerutscht sei und mit dem Kopf auf die Holzkante vom Tisch bzw. auf einen Teller gefallen sei. Herr W. habe sie vorher geschubst. Sie habe Herrn W. nicht ver

letzt. Die Polizei sei plötzlich vor der Tür gestanden und habe Sturm geklingelt, obwohl sie gar nichts von den „Herrschaften" gewollt habe. Ein freiwilliger Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,63 mg/l.

Herr W. äußerte gegenüber den Beamten in seiner Wohnung, dass er die Antragstellerin im Streit gestoßen habe. Die Antragstellerin sei ihm zwischenzeitlich mit einem Küchenmesser in der Hand gegenübergestanden. Dabei habe sie nicht in seine Richtung gestochen. Durch das Halten des Messers habe er sich jedoch bedroht gefühlt. Im Laufe des Streites sei er augenscheinlich auch oberflächlich verletzt worden. Ein freiwilliger Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,12 mg/l. Herr W. forderte die Antragstellerin auf, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Bei seiner späteren Vernehmung am 19. Februar 2015 als Beschuldigter (Vorwurf der Körperverletzung) gab er an, dass es zwischen ihm und der Antragstellerin zu einem Streit gekommen sei. Sie mache immer wieder Sachen in der Wohnung kaputt. Er habe sie deswegen zur Rede stellen wollen. Sie habe einen Teller vom Tisch genommen und versucht, ihn ihm ins Gesicht zu schlagen. Er habe dann aus Notwehr den Teller zurückgedrückt und dabei sei er ihr wohl gegen die Stirn geprallt. Er habe die Polizei rufen wollen, aber die Antragstellerin sei schneller gewesen. Sie sei dazwischen gegangen und habe ihm das Handy aus der Hand genommen. Sie habe dann mit der Polizei gesprochen. Er habe sich wohl durch die Splitter des Tellers leicht verletzt. Die Antragstellerin habe ihn zuvor mit einem größeren Küchenmesser eine halbe Stunde lang in Schach gehalten. Sie wären beide im Bett gelegen und die Antragstellerin habe aus kurzer Instanz immer mal wieder mit dem Messer in der Luft in Richtung von seinem Hals und oberen Brustbereich gestochen. Sie habe ihn schon einmal im Dezember 2014 mit dem Messer bedroht.

Die Antragstellerin äußerte gegenüber den Polizeibeamten wiederholt, nach der Anzeigenaufnahme wieder in die gemeinsame Wohnung zurückzukehren. Aufgrund ihres erregten, aggressiven und alkoholisierten Zustandes wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Die Antragstellerin war trotz eindringlicher Belehrung aber nicht be

reit, diesem nachzukommen. Sie wurde deshalb, um eine weitere Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die Begehung möglicher Straftaten zu verhindern, in Gewahrsam genommen. Im Hinblick auf ihre Kopfplatzwunde veranlassten die Polizeibeamten eine ärztliche Untersuchung.

Das gegen die Antragstellerin eingeleitete strafrechtliche Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung wurde am .... Juni 2015 von der Staatsanwaltschaft München I (Az.: ...) aus tatsächlichen Gründen eingestellt, da ein Tatnachweis nicht geführt werden könne. Es stehe letztlich Aussage gegen Aussage, so dass der Beschuldigten ein strafbares Handeln nicht nachzuweisen sei.

Nach Anhörung wurden der Antragstellerin mit Kostenrechnung vom 11. März 2015 die Kosten für die Haftfähigkeitsuntersuchung in Höhe von 116,01 EUR in Rechnung gestellt.

Am .... April 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München

ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu gewähren.

In dem Entwurf einer Klage werden folgende Anträge in Aussicht gestellt:

1.Die Kostenrechnung des Beklagten vom 11. März 2015 über 116,01 EUR wird aufgehoben.

2.Es wird weiter festgestellt, dass eine rechtswidrige Ingewahrsamnahme vorlag, somit die erfolgte Haftfähigkeitsuntersuchung rechtswidrig war und daher die Klägerin keine Kosten schuldet.

Die Antragstellerin habe sich in ihrer Wohnung verletzt. Sie habe einen Krankenwagen rufen wollen, habe aber voller Aufregung wegen der Verletzung die Nummer der Polizei gewählt. Sie sei beim Notarztwagen versorgt worden. Sie sei dann aufgefor

dert worden, zur Polizeiinspektion mitzukommen, obwohl sie das nicht gewollt habe. Sie habe auch nicht noch einmal durch einen Arzt versorgt werden wollen. Sie habe nicht bei der Polizei bleiben wollen. Der Arzt habe lediglich den Puls gefühlt und ein neues Pflaster auf die Wunde am Kopf geklebt, was weniger als 10 Minuten gedauert habe. Es habe keinen Grund gegeben, die Antragstellerin in Gewahrsam zu nehmen. Ihre Verletzung sei durch einen Unfall geschehen, nicht durch einen Streit. Es sei auch nicht richtig, dass sie ihren Mitbewohner mit einem Messer bedroht habe. Eine richterliche Prüfung der Haft sei zu Unrecht nicht erfolgt, obwohl diese ohne weiteres möglich gewesen sei. Da kein Grund für eine Haft bestanden habe, sei auch eine Haftfähigkeitsuntersuchung nicht angezeigt gewesen. Sie sei auch nicht notwendig gewesen, weil ihr Zustand keinen Hinweis auf eine Haftunfähigkeit geliefert habe. Die Rechnung sei von einer Ärztin gestellt worden. Von dieser sei die Antragstellerin aber nicht untersucht worden, sondern von einem Arzt. Weiter sei die Rechnung unrichtig. Zu Unrecht sei eine vollständige körperliche Untersuchung abgerechnet worden, der Arzt habe auch keinen Besuch bei der Antragstellerin vorgenommen. Da der untersuchende Arzt bei der rechnungsstellenden Praxis nicht geführt werde, sei auch der angegebene Weg bei dem Wegegeld nicht nachvollziehbar. Der Antragstellerin sei kein Abstrichmaterial entnommen worden. Es bestehe kein Nachweis dafür, dass die Antragstellerin oxymetrisch, eingehend neurologisch und auf Blutzucker untersucht worden sei. Die Überwälzung der Kosten sei rechtswidrig, da die ärztliche Untersuchung der Antragstellerin nicht erforderlich und von ihr nicht erwünscht gewesen sei und eine Aufklärung über die Kostentragung nicht erfolgt sei.

Der Antragsgegner hält die beabsichtigte Klage mit Schreiben vom .... Juli 2015 für unbegründet. Die Ingewahrsamnahme sei zu Recht erfolgt, da nach Einschätzung des Gewahrsam anordnenden Beamten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die Gefahr bestanden habe, dass die Antragstellerin in die gemeinsam genutzte Wohnung zurückkehren und es dort wieder zu eskalierenden Streitigkeiten bzw. zu einer Fortsetzung der Körperverletzungsdelikte kommen würde. Eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung sei nicht

herbeigeführt worden, da anzunehmen gewesen sei, dass die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahmen ergehen würde. Im Hinblick auf die starke Alkoholisierung und die bestehende Verletzung der Antragstellerin sei es geboten gewesen, einen Arzt zur Beurteilung ihrer gesundheitlichen Verfassung hinzuzuziehen. Die Verfahrensweise zur Rechnungstellung deute darauf hin, dass der untersuchende Arzt in der Praxis seiner Mutter tätig sei. Die Wahl der medizinischen Methoden zur Feststellung der Gewahrsamfähigkeit obliege ausschließlich dem beauftragten Arzt. Es könne nicht vorausgesetzt werden, dass der beauftragte Arzt des ärztlichen Bereitschaftsdienstes seinen Auftrag von seiner Praxisanschrift aus annehme.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie die beigezogene Strafakte (Az.: ...) Bezug genommen.

II.

Nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Es kann auch Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage beantragt werden. Die Antragstellerin hat innerhalb der Klagefrist gegen den Kostenbescheid des Antragsgegners vom 11. März 2015 ihre Bedürftigkeit nachgewiesen. Die beabsichtigte Klage hat aber keine Aussicht auf Erfolg.

Bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die beabsichtigte Klage unzulässig bzw. unbegründet. Für den Feststellungsantrag, dass eine rechtswidrige Ingewahrsamnahme vorlag, ist das Verwaltungsgericht nicht zuständig.

Die Kostenrechnung des Antragsgegners ist nach Aktenlage rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

Gemäß § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz oder Landesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Art. 18 Polizeiaufgabengesetz (PAG) weist die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Ingewahrsamnahme nach Art. 17 PAG dem Amtsgericht zu. Das gilt auch für den Fall, dass nachträglich festgestellt werden soll, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen ist (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 PAG). Eine Verweisung an das zuständige Amtsgericht ist im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren nicht notwendig (vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2014 - 5 C 14.1654 - juris Rn. 3; B.v. 29.9.2014 -10 C 12.1609 - juris Rn. 28 m. w. N.).

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten der Haftfähigkeitsuntersuchung sind Art. 1, 2, 10 Abs. 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG). Dabei setzt die Kostenerhebung neben der Feststellung, dass die abgerechneten Kosten für die ärztliche Untersuchung angefallen sind, voraus, dass sowohl die angeordnete Ingewahrsamnahme rechtmäßig war als auch die Überprüfung der Haftfähigkeit erforderlich war. Die Tatsache, dass sich der Landesgesetzgeber dazu entschieden hat, den Amtsgerichten im Wege der abdrängenden Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO den Rechtsschutz unmittelbar gegen die Ingewahrsamnahme anzuvertrauen, dagegen die nachgelagerte Prüfung der Rechtmäßigkeit des auf der Ingewahrsamnahme beruhenden Heranziehungsbescheides bei den Verwaltungsgerichten zu belassen, bedeutet nicht, dass im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des staatlichen Zahlungsanspruches das Verwaltungsgericht nicht auch die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung zu untersuchen hat (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 - 1 BvR 1634/04 -juris Rn. 50 ff.; OVG Bremen, B.v. 10.1.2012 - 1 S 327/11 - juris Rn. 20).

Die Ingewahrsamnahme der Antragstellerin war nicht bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, weil die Polizeibeamten keine richterliche Entscheidung eingeholt hatten. Sie haben zu Recht die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 2 PAG angenommen, wonach es der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung nicht bedarf, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahme ergehen würde. Die Antragstellerin wurde in den frühen Morgenstunden, in der Nacht von Sonntag auf Montag, in Gewahrsam genommen. Nachdem die Beschuldigtenvernehmung um 1.58 Uhr endete, war der Beginn der Ingewahrsamnahme erst nach 2.00 Uhr; die Haftfähigkeitsuntersuchung erfolgte um 4.45 Uhr. Die Antragstellerin wurde nach ihrem Aufwachen, etwa um 9.35 Uhr, wieder entlassen. Da die Polizeibeamten zu Recht davon ausgingen, dass die Antragstellerin sich mit abnehmendem Alkoholpegel wieder friedlich verhalten würde, war die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung für die wenigen Stunden, in denen eine Ingewahrsamnahme notwendig war, nicht veranlasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für eine richterliche Entscheidung die Antragstellerin dem Haftrichter hätte vorgeführt werden müssen (vgl. Art. 18 Abs. 3 Satz 3 PAG i. V. m. § 420 FamFG - Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss zur Nachtzeit nicht stets ein richterlicher Eildienst zur Verfügung stehen (vgl. BVerfG, B. v. 10.12.2003 - 2 BvR 1481/02 - juris Rn. 13; B.v. 13.12.2005 - 2 BvR 447/05 - Rn.

36).

Nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 PAG kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um eine Platzverweisung nach Art. 16 PAG durchzusetzen. Nach Art. 16 Satz 1 PAG kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Auf der Rechtsgrundlage des Art. 16 PAG ist auch der vorübergehende Platzverweis eines Wohnungsinhabers aus seiner eigenen Wohnung zulässig, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr erforderlich ist. Die Gefahrenprognose muss auf erkennbaren Umständen, also Tatsachen, Sachverhal

ten und sonstigen greifbaren Anhaltspunkten beruhen, ein bloßer Verdacht oder bloße Vermutungen reichen nicht (s. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, 4. Aufl. 2014, Art. 16 Rn. 41, 43; OVG Lüneburg, B.v. 28.6.2013 - 11 LA 27/13 - juris Rn. 11; OVG Bremen, B.v. 10.2.2010 - 1 B 30/10 - juris Rn. 8, 9). Dabei ist für die gerichtliche Beurteilung der Gefahrenlage auf eine „ex ante" Sicht abzustellen. Hat der handelnde Amtsträger die Lage - ex ante gesehen - zutreffend eingeschätzt, dann wird die getroffene Maßnahme - ex post betrachtet - nicht dadurch rechtswidrig, dass die Entwicklung anders als prognostiziert verlaufen ist. Stellt sich nachträglich heraus, dass keine wirkliche Gefahr vorlag, sondern nur der Anschein einer Gefahr erweckt wurde, kommt es darauf an, ob die Gefahreinschätzung dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters entspricht. Die bei verständiger Würdigung der erkennbaren Umstände bestehende Anscheinsgefahr steht einer objektiven Gefahr gleich und rechtfertigt ein polizeiliches Einschreiten (vgl. BayVGH, U.v. 2.12.1991 - 21 B 90.1066 - juris Rn. 54).

Nach diesen Grundsätzen waren der gegenüber der Antragstellerin ausgesprochene Platzverweis und ihre Ingewahrsamnahme rechtmäßig. Es lagen konkrete Anhaltspunkte für die tatsächliche Gefahr vor, dass die Antragstellerin ihren Lebenspartner bedrohen oder verletzen wird. Herr W. hatte am 1. Februar 2015 gegenüber den Polizeibeamten angegeben (was er auch bei seiner späteren Vernehmung bestätigt hat), dass die Antragstellerin ihn mit einem Küchenmesser bedroht habe. Ein Küchenmesser mit einem Blutstropfen der Antragstellerin wurde auch in der Küche vorgefunden. Die Parteien hatten offensichtlich heftig miteinander gestritten. Dies hat die Antragstellerin auch bei ihrer Beschuldigtenvernehmung eingeräumt; sie hat dabei angegeben, dass der Antragsteller sie geschubst habe. Herr W. wollte, dass die Antragstellerin die Wohnung verlässt. Die Antragstellerin verhielt sich nach den Feststellungen der Polizeibeamten sehr aggressiv, sie war erheblich alkoholisiert. Damit lagen hinreichend objektivierbare Anhaltspunkte dafür vor, dass es bei Rückkehr der Antragstellerin in die gemeinsame Wohnung zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung kommen und dabei von der Antragstellerin die größere Gefahr ausgehen wür

de. Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft das strafrechtliche Verfahren gegen die Antragstellerin aufgrund der unterschiedlichen Einlassungen der Parteien nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, steht der Annahme einer wirklichen Gefahr nicht entgegen. Bei dem strafrechtlichen Verfahren ging es um die Frage, ob der Antragstellerin mit der notwendigen Sicherheit eine versuchte gefährliche Körperverletzung nachgewiesen werden konnte, bevor die Polizei vor Ort erschienen ist. Bei der Gefahrenprognose für die polizeilichen Maßnahmen ist eine künftige Gefährdung von Rechtsgütern zu beurteilen. Verneint man die Annahme einer wirklichen Gefahr, lag jedenfalls eine Anscheinsgefahr vor, die die Polizeibeamten zum Einschreiten befugte. Da die Antragstellerin dem Platzverweis nicht Folge leisten wollte, war ihre Ingewahrsamnahme notwendig. Eine gleich geeignete und weniger einschneidende Maßnahme war nicht ersichtlich. Als Veranlasserin der polizeilichen Maßnahmen hat die Antragstellerin - auch bei Annahme einer Anscheinsgefahr - die dadurch veranlassten Kosten zu tragen (vgl. OVG Saarland, U.v. 2.7.2009 - 3 A 217/08 - juris

Rn. 186).

Die Polizei war auch berechtigt, die Antragstellerin auf ihre Haftfähigkeit überprüfen zu lassen, denn nach Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 der Haftvollzugsordnung der Polizei (HVOPol) darf nur in Gewahrsam genommen werden, wer haftfähig ist. Ist die Haftfähigkeit zweifelhaft, so ist unverzüglich ein Amts- oder Privatarzt zuzuziehen (vgl. Nr. 13 Abs. 2 HVOPol). Da die Antragstellerin eine Kopfverletzung erlitten hat, nach ihren eigenen Angaben mit dem Kopf auf die Holzkante vom Tisch bzw. auf einen Teller gefallen ist und eine verlässliche Aussage über Anzeichen für eine Gehirnerschütterung bzw. innere Verletzung aufgrund der Alkoholisierung der Antragstellerin nicht zu erwarten war, war die Untersuchung durch einen Arzt veranlasst.

Begründete Einwände gegen die ärztliche Kostenrechnung liegen nicht vor. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorgetragen hat, dass der untersuchende Arzt nicht in der rechnungstellenden Praxis angestellt gewesen sei, ergibt sich das Gegenteil aus der Bescheinigung des Arztes über seine ärztlichen Maßnahmen am

1. Februar 2015. Er hat bei den erhobenen Befunden die Blutdruckwerte, die Sauerstoffsättigung, Blutzuckerwerte und die Herzschlagfrequenz angegeben, sowie, dass die neurologische Untersuchung unauffällig gewesen sei. Der Arzt kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin gewahrsamfähig unter regelmäßiger Kontrolle sei. Weiter ergibt sich aus dem Bericht der Polizeiinspektion vom 1. Februar 2015, dass die ärztliche Untersuchung 15 Minuten gedauert hat. Den pauschalen, unsubstantiierten Einwänden gegen die einzelnen Posten der Rechnung kann damit nicht gefolgt werden. Da die Antragstellerin erheblich alkoholisiert war, kann sie sich auch möglicherweise an einzelne Handlungen des Arztes nicht mehr erinnern. Der Einwand gegen die Höhe des Wegegeldes wird darauf gestützt, dass der untersuchende Arzt nicht in der Praxis Dr. .... angestellt gewesen sei. Dies ist aber ausweislich der von ihm erstellten kurzen Bescheinigung nicht richtig. Die Antragstellerin ist auch am 1. Februar 2015 auf ihre Verpflichtung hingewiesen worden, entstandene Auslagen (z. B. Reinigungs-, Arztkosten) zu tragen; sie hat eine entsprechende Belehrung eigenhändig unterschrieben (vgl. Bl. 1 der Behördenakte).

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen daher aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nicht vor. Der Antragstellerin war daher auch nicht nach § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO der Bevollmächtigte zur Vertretung beizuordnen.

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published on 29/09/2014 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglose
published on 14/12/2010 00:00

Gründe 1 Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
published on 29/07/2010 00:00

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2004 - 3 A 120/02 - und der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2004 - 11 LA 79/04 - verletze
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Annotations

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.