Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. Feb. 2015 - M 5 E 15.359

published on 26/02/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. Feb. 2015 - M 5 E 15.359
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht als Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) beim Landesamt für Steuern als Sachgebietsleiter Betriebsprüfung am Finanzamt M. in den Diensten des Antragsgegners. Nachdem im Verfahren M 5 K 14.4805 seine dienstliche periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2009 bis zum 31. Mai 2013 aufgehoben wurde, erstellte das Landesamt für Steuern eine neue Beurteilung für denselben Beurteilungszeitraum. Diese wurde dem Antragsteller am ... Januar 2015 eröffnet und enthielt im Gesamturteil 11 Punkte.

Der Antragsteller erhob mit Schreiben vom ... Januar 2015 Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung, über die noch nicht entschieden wurde.

Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2015, bei Gericht eingegangen einen Tag später, hat der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, die dienstliche Beurteilung für den Antragsteller vom ... Januar 2015 vorläufig zu plausibilisieren.

Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus der Tatsache, dass in einem Hauptsacheverfahren frühestens in eineinhalb Jahren mit einer Entscheidung zu rechnen sei und der Antragsteller sich derzeit um zwei ausgeschriebene Stellen als Hauptsachgebietsleiter beworben habe. Bei den Auswahlentscheidungen käme es auf die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung an. Dem Antragsteller stünde auch ein Anordnungsanspruch zu, denn der Antragsgegner sei verpflichtet, die Beurteilung zu plausibilisieren.

Das Bayerische Landesamt für Steuern hat mit Schreiben vom 9. Februar 2015 für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrag sei unzulässig, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Plausibilisierung der dienstlichen Beurteilung ohne die Durchführung eines Klageverfahrens habe. Es handle sich um eine unselbstständige Verfahrenshandlung. Überdies liege ein Anordnungsgrund nicht vor, weil über die zu besetzenden Stellen noch nicht entschieden worden wäre und dem Antragsteller ferner im Falle einer Absage der Bewerbungsverfahrenanspruch zustünde. Auch ein Anordnungsanspruch ergebe sich nicht, weil die Beurteilung schlüssig erstellt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr droht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch, den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, als auch einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der Streitsache, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO).

1. Es fehlt bereits an einem Anordnungsgrund für die vom Antragsteller geltend gemachte Regelungsanordnung i. S. des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Erforderlich für den Erlass einer solchen Anordnung ist danach, dass die begehrte Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Nachteil muss sich zum Einen unmittelbar auf das Rechtsverhältnis beziehen und er muss zum Anderen wesentlich sein. Dies ist hinsichtlich der vom Antragsteller im Eilverfahren begehrten konkreten und plausiblen Erläuterung der einzelnen Punktwerte der dienstlichen Beurteilung durch den Antragsgegner nicht der Fall. Ein „wesentlicher Nachteil“ sind vor allem die Gefahr der Vereitelung des Rechts sowie ferner sonstige wesentliche rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Nachteile, die der Antragsteller in Kauf nehmen müsste, wenn er das Recht in einem Hauptsacheverfahren erstreiten müsste (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage, § 123 Rn. 23). Die Vereitelung des Rechts - hier auf Erläuterung der Punktwerte im Sinn einer Konkretisierung der Werturteile (vgl. BVerwG, U. v. 26.6.1980 - 2 C 8/78 - BVerwGE 60, 245/252) - droht jedoch nicht, wenn eine Erläuterung - die den Antragsteller dann in den Stand versetzt, seine Entscheidung über Weiterverfolgung der Hauptsache oder Abgabe einer Erledigungserklärung zu treffen - erst im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens erfolgt (BayVGH, B. v. 29.4.2004 - 3 CE 04.873 - juris Rn. 16).

Wenn der Antragsteller vortragen lässt, die langen Laufzeiten bei Gericht bedingten die Eilbedürftigkeit, so überzeugt dies nicht, weil allein das Interesse an einer beschleunigten gerichtlichen Entscheidung nicht den Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes genügt (BayVGH, B. v. 3.7.1980 - 7 CE 80.A825 - BayVBl. 1980, 536; VG München, B. v. 5.2.2015 - M 5 E 14.4380). Damit wird überdies dem Erfordernis einer substantiierten Darlegung eines Anordnungsgrundes nicht Rechnung getragen. Da durch die begehrte Regelung zumindest zeitweise die Hauptsache vorweggenommen wird, gelten auch für die Annahme eines Anordnungsgrundes im Übrigen erhöhte Anforderungen (OVG NRW, B. v. 25.6.2001 - 1 B 789/01 - DÖD 2001, 314; vgl. auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Auflage 2013, § 4 Rn. 71). Diese sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Sollte in einem Stellenbesetzungsverfahren die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung relevant werden, kann diese sodann im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens überprüft werden.

2. Der Antragsteller begehrt ferner eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.

Aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes/GG) kann es ausnahmsweise erforderlich sein, durch eine einstweilige Anordnung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn Rechtsschutz in der Hauptsache wegen der langen Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies zu schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen für den Antragsteller führt, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen lassen (SächsOVG B. v. 3.11.2009 - 2 B 392/08 - juris Rn. 4).

Solche unwiederbringlichen, nicht mehr rückgängig zu machenden Rechtsverluste oder sonst schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile wurden weder vorgetragen noch sind sie erkennbar.

3. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs kann deshalb hier dahingestellt bleiben. Die Erläuterung bisher nicht oder nicht ausreichend erläuterter Werturteile kann generell noch im Verwaltungsstreitverfahren nachgeholt werden (BVerwG, U. v. 26.6.1980 - 2 C 8/78 - BVerwGE 60, 245/252). Fraglich erscheint jedoch, ob sich der Rechtsbehelf des Antragstellers nicht gegen die Sachentscheidung, hier also die streitbefangene dienstliche Beurteilung als solche, richten müsste. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers wird dadurch nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt, denn in einem solchen Verfahren müsste im Rahmen der Sachaufklärung dann auch die Plausibilisierung einzelner Beurteilungsmerkmale erfolgen. Andererseits dürfte wohl im Hinblick auf die Verfahrensökonomie der Rechtsgedanke des § 44 a VwGO - zumindest analog - heranzuziehen sein. Ein gerichtlich geltend gemachtes isoliertes Plausibilisierungsbegehren hätte - so es den Antragsteller nicht von der Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung überzeugt - ein weiteres Verfahren zur Folge, dass dann auf Neubeurteilung und Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtet wäre (so auch VG Augsburg, U. v. 14.9.2006 - Au 2 K 04.903 - juris Rn. 19).

4. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes/GKG, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahren festzusetzen ist.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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published on 05/02/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller steht als Me
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published on 03/09/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert wird auf € 5.000,- festgese
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.