Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Feb. 2015 - M 3 E 14.4238
Gericht
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf € 2.500,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang Wirtschaft mit Technologie (Master of Science) an der ... Universität ... (...). Sie ist der Auffassung, die Vorgaben der Studien- und Prüfungsordnung seien von den Prüfern im Prüfungsgespräch nicht eingehalten worden, weil die gestellten Fragen zu technisch orientiert gewesen seien.
Die Antragstellerin hat an der Hochschule ... im Dualen Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Steuern/Wirtschaftsprüfung studiert und am ... September 2013 mit der Prüfungsgesamtnote 2,0 und dem Gesamturteil „gut“ bestanden. Ihre Bewerbung vom Mai 2014 um einen Studienplatz im Masterstudiengang „Wirtschaft mit Technologie (WITEC)“ für das Wintersemester 2014/2015 hat die ... zunächst mit Bescheid vom ... Juli 2014 abgelehnt. Hierauf erhob die Antragstellerin Klage und beantragte am ... September 2014 bei dem Verwaltungsgericht München,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin für den Studiengang Wirtschaft mit Technologie Masterstudium (Master of Science) an der ... Universität ... für das Wintersemester 2014/2015 vorläufig zuzulassen.
Mit Bescheid vom ... September 2014 hob die ... den Ablehnungsbescheid nach Nachberechnung der von der Antragstellerin in der Stufe 1 des Eignungsverfahrens erzielten Punkte (neu: 65 Punkte) auf und lies die Antragstellerin zu Stufe 2 des Eignungsverfahrens (Auswahlgespräch) zu, das am ... September 2014 stattfand. Hierbei erzielte die Antragstellerin laut Aktenlage 75 Punkte und damit weniger als die Mindestpunktzahl von 100 Punkten.
Deshalb lehnte die ... ihren Zulassungsantrag mit Bescheid vom ... Oktober 2014 ab. Es könne ihr gem. Art. 46 Nr. 1 und Art. 43 Abs. 5 BayHSchG kein Studienplatz für den von ihr beantragten Studiengang angeboten werden.
Mit Schreiben vom ... Oktober 2014 beantragte die ...,
den Antrag nach § 123 VwGO abzulehnen.
Mit Schreiben vom ... November 2014 legte die ... ergänzend das Gesprächsprotokoll über das Eignungsgespräch vom ... September 2014 vor. Hierzu trug der Bevollmächtigte der Antragstellerin vor, das Zulassungssystem der ... sei darauf angelegt, von einem Vorwissen der Kandidaten entsprechend des Bachelorstudiums Wirtschaft mit Technologie der ... auszugehen. Dadurch würden reine Wirtschaftswissenschaftler entgegen der Zielsetzung der Studien- und Prüfungsordnung benachteiligt, weil sie nicht auf komplexe technische bzw. physikalische Fragen vorbereitet seien und diese auch nicht nach der Prüfungsordnung vorausgesetzt werden könnten. Im Übrigen sei von der ... die Kapazität des Masterstudiengangs ohnehin nicht ausgeschöpft worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d. h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zu dem von ihr gewünschten Studium zu dem für eine Aufnahme des Studiums nächstmöglichen Termin zugelassen zu werden. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. An der Rechtmäßigkeit der ablehnenden Entscheidung der ... bestehen bei der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel.
Die Regelungen des Eignungsverfahrens in der Anlage 2 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Wirtschaft mit Technologie an der ... Universität ...
Gemäß Art. 43 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes - BayHSchG - setzt der Zugang zu einem Masterstudiengang einen Hochschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss voraus. Diese Voraussetzung hat die Antragstellerin mit dem Abschluss des Studiengangs Betriebswirtschaft an der Hochschule ... unstreitig erfüllt.
Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG ermächtigt jedoch die Hochschulen, für den Zugang zu einem Masterstudiengang neben dem Hochschulabschluss oder gleichwertigem Abschluss weitere Zugangsvoraussetzungen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung, festzulegen. Die Regelung beruht auf dem Beschluss „Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003, wonach bei den Zugangsvoraussetzungen zum Master der Charakter des Masterabschlusses als weiterer berufsqualifizierender Abschluss betont werden muss (Punkt A 2.) und daher zur Qualitätssicherung oder aus Kapazitätsgründen für den Zugang zu Masterstudiengängen weitere Voraussetzungen bestimmt werden können (A.2.1). Die weitere Ausbildungsmöglichkeit des Masterstudiums soll daher nicht allen Bewerbern mit einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss eröffnet werden, sondern nur besonders qualifizierten Hochschulabsolventen; diese zusätzlichen Qualitätsanforderungen, z. B. die „besondere Qualität des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses“ sollten durch die Hochschulen festgelegt werden (Amtliche Begründung zu Art. 43 Abs. 5 BayHSchG, LT-Drucks. 15/4396, S. 59; vgl. auch BayVGH, B. v. 11.1.2010 - Az. 7 CE 09.2804, Leitsatz in DVBl 2010, 325).
Von der Ermächtigung des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG hat die... durch Erlass ihrer Fachprüfungs- und Studienordnung - FPStO - Gebrauch gemacht. Die dort niedergelegten Regelungen für die Feststellung der studiengangspezifischen Eignung genügen inhaltlich den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an eine hinreichende Normierung. Nach dieser Rechtsprechung müssen sowohl die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Eignungsfeststellung, als auch die inhaltlichen Kriterien sowie deren jeweilige Gewichtung normativ erfasst und hinreichend klar festgelegt werden; insoweit ist eine Orientierung an Art. 61 Abs. 3 BayHSchG möglich, wenn - wie vorliegend - die Eignungsfeststellung Prüfungscharakter hat (BayVGH, B. v. 11.1.2010 - DVBl 2010. 325 Rn. 18 m. w. N.). Zu regeln sind danach u. a. die Grundsätze für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen und die Ermittlung des Prüfungsgesamtergebnisses. Weiter ist darauf zu achten, dass sich das Eignungsverfahren auf die Feststellung der Kriterien beschränkt, die sich an den Anforderungen des Masterstudiengangs orientieren, dass sie also zur Feststellung der studiengangspezifischen Eignung erforderlich und geeignet sind.
All diese Anforderungen sind hier erfüllt.
Der streitgegenständliche Studiengang Wirtschaft mit Technologie (...-WITEC) - vgl. die Kurzbeschreibung unter https://portal.my...de/studium/studiengaenge - ergänzt ein wirtschaftswissenschaftliches Erststudium durch weiterführende rechtswissenschaftliche und volkswirtschaftliche Module, die Vermittlung empirischer Methoden und die Spezialisierung in einem betriebswirtschaftlichen Vertiefungsbereich; darüber hinaus werden grundlegende Kenntnisse in einem zu wählenden ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Fach vermittelt. In Hinblick darauf ist in Ziffer 1 Anlage 2 zur FPStO geregelt, dass die besonderen Qualifikationen und Fähigkeiten der Bewerber dem Berufsfeld eines Wirtschaftswissenschaftlers entsprechen sollen, wobei folgende Eignungsparameter angegeben wurden:
- Fachkenntnisse (inkl. Erfolg) aus dem Erststudium in Wirtschaftswissenschaften
- Kenntnisse wirtschaftlich-technischer Sachverhalte
- Fähigkeit zu wissenschaftlicher bzw. grundlagen- und methodenorientierter Arbeitsweise, wirtschaftswissenschaftliche Fachsprachkompetenz in Deutsch und Englisch
- besondere Leistungsbereitschaft
- Interesse an einem interdisziplinären Studium an der Schnittstelle zwischen den Wirtschafts- und den Ingenieur- bzw. Naturwissenschaften.
Dass sich dabei der Masterstudiengang der ... am Bachelorstudiengang Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre der ... orientiert, ist in der FPStO ausdrücklich festgelegt (vgl. Anlage 2, Ziffer 5.1.1, wonach zur Feststellung der Qualifikation im Rahmen der ersten Stufe des Eignungsverfahrens der Modulkatalog des Bachelorstudiengangs Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre der ... herangezogen wird).
Diese Orientierung ist der ... nicht verwehrt. Es steht den Hochschulen im Rahmen ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit frei, die Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs zu bestimmen; diese Anforderungen müssen nicht so gehalten sein, dass die dafür erforderlichen Kompetenzen in jedem vorgängigen Bachelorstudiengang vermittelt werden, vielmehr dürfen die verschiedenen Hochschulen im Rahmen der ihnen zustehenden Lehr- und Wissenschaftsfreiheit bei der Ausgestaltung der von ihnen angebotenen Studiengänge unterschiedliche Schwerpunkte setzen (vgl. z. B. zuletzt BayVGH, B. v. 3.2.2014 - Az. 7 CE 13.2131 - Rn. 14 f). Der Bologna-Prozess fordert nicht, dass jeder Abschluss auf einem bestimmten Gebiet als Voraussetzung eines Masterstudiengangs ausreicht; vielmehr fördert er gerade auch die Spezialisierung und Differenzierung der einzelnen Hochschulen (BayVGH, B. v. 3.2.2014 - a. a. O. - Rn. 17).
Davon ausgehend ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die ... in Ziffer 5.2.2 der Anlage 2 zur FPStO bei der zweiten Stufe des Eignungsverfahrens - für das Auswahlgespräch - folgende Themenschwerpunkte festgelegt hat:
- Interesse an einem interdisziplinären Studium an der Schnittstelle zwischen den Wirtschafts- und den Ingenieur- bzw. Naturwissenschaften
- Kenntnisse wirtschaftlich-technischer Sachverhalte
- wirtschaftswissenschaftliche Fachsprachenkompetenz in Deutsch und Englisch.
Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Aktenlage - insbesondere des ausführlichen Gesprächsprotokolls über das Auswahlgespräch vom ... September 2014 - konnte nicht festgestellt werden, dass bei der Prüfung diese Vorgaben verkannt oder nicht beachtet worden wären. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass - wie von der Antragstellerin behauptet - „zum großen Teil Fragen aus dem unmittelbaren Bereich der Physik gestellt“ worden seien.
Rein nach dem Umfang betreffen die von der Antragstellerin gerügten „Fragen zur Physik“ (Atomreaktor /Stromerzeugung) eine einzige Seite des insgesamt zehn Seiten umfassenden Prüfungsprotokolls des Prüfers B. bzw. eine knappe halbe Seite von mehr als 3,5 Seiten Stichwortprotokoll des zweiten Prüfers. Rein vom Umfang her kann daher nicht die Rede davon sein, dass die Fragen „zum großen Teil“ aus dem unmittelbaren Bereich der Physik stammten.
Aber auch inhaltlich trifft diese Rüge nicht zu. Die Fragen nach der Arbeitsweise eines Atomreaktors bzw. wie Strom erzeugt wird wurden nämlich ganz allgemein - nach dem Aufbau der Prüfung als Einstiegsfrage in den Themenkomplex „Ressourcen“ - gehalten und wären auch ohne Detailkenntnisse im Rahmen des Allgemeinwissens zu beantworten gewesen. Erst recht konnten derartige Kenntnisse im Rahmen der laut Prüfungsordnung erforderlichen „Kenntnisse wirtschaftlich-technischer Sachverhalte“ von der Antragstellerin gefordert werden.
Soweit die Antragstellerin weiterhin rügt, die Prüfer hätten nicht berücksichtigt, „dass sie im Masterstudiengang eine Kombination aus BWL und Informatik machen möchte“, kann ihr Eilantrag ebenfalls keinen Erfolg haben, da in der Prüfungsordnung nicht vorgeschrieben ist, dass sich das Auswahlgespräch an einer angestrebten Spezialisierung orientieren muss.
Aus diesen Gründen kann aus der in den Prüfungsprotokollen belegten Fragengestaltung auch keine irgendwie geartete Voreingenommenheit der Prüfer hergeleitet werden.
Auch die Bewertung der dokumentierten Antworten der Antragstellerin ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich innerhalb des Bewertungsspielraums der Prüfer im Rahmen der Vorgaben der Anlage 2 Ziffer 5.2.3. der FPStO. Substantiierte Einwände gegen die Bewertung hat auch die Antragstellerin nicht erhoben.
Das durchgeführte Auswahlverfahren und das Eignungsfeststellungsverfahren insgesamt sind daher bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Mangels Erreichen der nach Anlage 2 Ziffer 5.2.4 FPStO zum Bestehen des Eignungsverfahrens erforderlichen Gesamtpunktzahl hat die Antragstellerin den für die Zulassung zwingend erforderlichen Nachweis der Eignung für den Masterstudiengang Wirtschaft mit Technologie nicht erbracht und somit - mangels Entscheidungsrelevanz von Kapazitätsgesichtspunkten - keinen Anspruch auf vorläufige Zulassung zum gewünschten Masterstudium glaubhaft gemacht.
Der Antrag gem. § 123 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. 52 Abs. 2 GKG.
moreResultsText
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.