Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Apr. 2016 - M 10 S 15.5791, M 10 K 15.5788

bei uns veröffentlicht am04.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

IV.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses und das Hauptsacheverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.

Der Antragsteller, geboren am ... Februar 1969, ist bosnischer Staatsangehöriger. Im August 2009 wurde der Antragsteller bei einem Einreiseversuch in das Bundesgebiet aus Frankreich zurückgeschoben. Die damit verbundene Einreisesperre wurde aufgrund der beabsichtigten Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen Frau T. auf den 29. August 2011 befristet. Ein Visumsantrag des Antragstellers für die Einreise in das Bundesgebiet war zuvor im Mai 2011 abgelehnt worden. Am 16. Oktober 2011 reiste der Antragsteller gemeinsam mit seinen drei Kindern aus Frankreich kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Einen biometrischen Reisepass zeigte er bei seiner Einreise nicht vor. Die vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgelegte Kopie des biometrischen Reisepasses des Antragstellers trägt das Ausstellungsdatum 31. Oktober 2011. Am 20. Oktober 2011 heiratete der Antragsteller die deutsche Staatsangehörige Frau T. Bereits am 19. Februar 2012 teilte diese der damals zuständigen Ausländerbehörde mit, dass sie sich bereits vor zwei Wochen von ihrem Ehemann getrennt habe und beabsichtigte, die Scheidung einzureichen. Daher nahm der Antragsteller am 20. März 2012 seinen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zurück und sicherte der Ausländerbehörde zu, das Bundesgebiet bis zum 24. April 2012 freiwillig zu verlassen. Bereits zwei Tage später sprach er erneut in der Ausländerbehörde vor und teilte mit, dass er eine freiwillige Ausreise nun nicht mehr beabsichtigte. Am 14. Mai 2012 erhielt die Ausländerbehörde darüber Kenntnis, dass sich der Antragsteller aufgrund des Verdachts der Hehlerei und des Einbruchsdiebstahls in der JVA ... zur Untersuchungshaft befand und beantragte Abschiebehaft. Am 5. Juli 2012 wurde die Abschiebung schließlich vollzogen. Die Wiedereinreisesperre wurde damals noch unbefristet ausgesprochen. Diese wurde am 14. August 2014 von Amts wegen auf drei Jahre befristet. Die Wiedereinreisesperre endete somit erst am 5. Juli 2015. Am 25. Juli 2014 versuchte der Antragsteller erfolglos über die slowenische Grenze in den Schengenraum einzureisen.

Am 24. Januar 2015 unternahm der Antragsteller an der kroatisch-slowenischen Grenze erneut einen Einreiseversuch, welcher ihm diesmal gelang. Am 28. Februar 2015 wurde aufgrund einer Polizeikontrolle im Landkreis ... festgestellt, dass der Antragsteller keine Betretenserlaubnis für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet besaß. In der polizeilichen Vernehmung gab er an, dass ihm das genaue Datum des Ablaufs der Sperrwirkung nicht bekannt gewesen sei. Das Amtsgericht ... verurteilte den Antragsteller mit Strafbefehl vom 13. April 2015 zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 10,-- Euro wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung und unerlaubten Aufenthalts nach Abschiebung. Der Strafbefehl wurde am 21. Mai 2015 rechtskräftig.

Nach Ablauf der Sperrfrist reiste der Antragsteller am 8. Juli 2015 legal visumsfrei mit einem biometrischen Reisepass zu einem Hauptverhandlungstermin beim Amtsgericht ... wieder in das Bundesgebiet ein. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom selben Tag wurde der Antragsteller wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Antragsteller wurde am 16. November 2013 von seiner deutschen Ehefrau geschieden. Ein Bruder des Antragstellers lebt derzeit in Deutschland. Nach seinen eigenen Angaben geht der Antragsteller derzeit einer nichtselbstständigen Beschäftigung nach und verdient ca. 300,-- Euro monatlich.

Mit Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2015 wurde der Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziffer 1 des Bescheides). Gemäß Ziffer 2 des Bescheides wurde die Wiedereinreise für die Dauer von zwei Jahren untersagt. Der Antragsteller ist gemäß Ziffer 3 des Bescheides verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland - sofern noch nicht geschehen - innerhalb von sieben Tagen zu verlassen. Es wurde ihm, falls er die Ausreisepflicht nicht erfüllt, die zwangsweise Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina angedroht. Die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 dieses Bescheides wurde gemäß Ziffer 4 des Bescheides angeordnet.

Zur Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der polizeilichen Kontrolle am 28. Februar 2015 festgestellt worden sei, dass der Antragsteller unerlaubt nach einer Abschiebung in das Bundesgebiet eingereist sei und sich folglich unerlaubt hier aufgehalten habe. Am Tag der polizeilichen Kontrolle sei die Wiedereinreisesperre noch gültig gewesen. Eine Betretenserlaubnis habe der Antragsteller nicht besessen. Er habe sich folglich der unerlaubten Einreise nach Abschiebung und des unerlaubten Aufenthalts nach Abschiebung strafbar gemacht. Es sei dem Antragseller wohl bekannt, dass ihm eine Einreise in das Bundesgebiet unerlaubt gewesen sei. Zumindest habe er die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Er habe an der slowenischen Grenze ausgetestet, ob er in das Schengen-Gebiet einreisen dürfe. Nachdem er dort nicht abgewiesen worden sei, sei er fälschlicherweise davon ausgegangen, dass ihm auch eine Einreise nach Deutschland erlaubt sei. Der Antragsteller hätte sich jedoch im Vorfeld bei der zuständigen deutschen Behörde erkundigen müssen, ob das Wiedereinreiseverbot noch Gültigkeit besitze. Dass sei ihm zuzumuten gewesen. Damit habe der Antragssteller in nicht nur geringfügiger Weise gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Die vom Antragsteller begangene Straftat stelle eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.

Die Ausweisung habe ordnungsrechtlichen Charakter. Durch sein Verhalten habe der Antragssteller deutlich gezeigt, dass er nicht bereit sei, das in der Bundesrepublik Deutschland geltende Recht zu beachten. Auch wenn der Antragsteller keine Dokumente bei der Abschiebung erhalten habe, an denen er hätte erkennen können, wann ihm eine Einreise wieder erlaubt sei, hätte er nicht ohne sich im Vorfeld über das Fristende zu erkundigen, wieder in das Bundesgebiet einreisen dürfen. Das Verhalten des Antragstellers lasse erkennen, dass er in Kenntnis der Rechtswidrigkeit eine strafbare Handlung begangen habe und die Gefahr des Entdecktwerdens und die dann drohenden strafrechtlichen und ausländerrechtlichen Konsequenzen billigend in Kauf genommen habe. Die Ausweisung sei insbesondere aus generalpräventiven Gründen erforderlich, da erhebliches öffentliches Interesse daran bestehe, dass sich die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern in geregeltem Rahmen vollzögen. Eine konkrete Wiederholungsgefahr könne beim Antragsteller nicht ausgeschlossen werden, denn er habe sich bereits mehrfach über geltendes Recht hinweggesetzt. Zum einen sei er im Jahr 2011 unerlaubt ohne Visum in das Bundesgebiet eingereist und sei im Jahr 2012 nicht freiwillig ausgereist, obwohl er vollziehbar ausreisepflichtig gewesen sei. Nur durch Zufall habe der Antragsteller am 5. Juli 2012 aus der Abschiebehaft heraus abgeschoben werden können. Des Weiteren sei der Antragsteller am 28. Februar 2015 wieder unerlaubt entgegen des Einreiseverbots in das Bundesgebiet eingereist. Ein anderes geeignetes, milderes und erforderliches Mittel, um eine künftige Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Beeinträchtigung sonstiger erheblicher Belange vorzubeugen, stehe der Ausländerbehörde nicht zur Verfügung. Nur durch die Fernhaltung des Antragstellers vom Bundesgebiet könne das von der Ausländerbehörde verfolgte Ziel, nämlich die Verhinderung weiterer Straftaten, verwirklich werden.

Zwar lebe die deutsche geschiedene Ehefrau und ein Bruder derzeit in Deutschland. Jedoch seien die Kinder des Antragstellers bereits am 31. März 2012 aus dem Bundesgebiet ausgereist und bis heute nicht wieder hierher zurückgekehrt. Durch die Ausweisung finde somit weder ein Eingriff in das Privatleben des Antragstellers noch in sein Familienleben statt, da er derzeit keine familiäre Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet führe und auch keine sonstigen familiären Bindungen vorlägen, die ein Absehen vom Erlass der Ausweisungsverfügung rechtfertigen würden. Der Antragsteller habe sich zu keinem Zeitpunkt im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen. Die Abwägung der Interessen des Antragstellers führe zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Antragstellers und der Entfernung aus dem Bundesgebiet das persönliche Interesse des Antragstellers an einem weiteren Verbleib eindeutig überwiege.

Für die Befristung der Wiedereinreise müsse die Behörde das Verhalten des Betroffenen würdigen und im Wege einer Prognose auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachenbasis die Frist nach dem mutmaßlichen Eintritt der Zweckerreichung bemessen. Bei Ermessensausweisungen werde in der Regel eine Frist von zwei Jahren für angemessen gehalten. Aufgrund der angeführten Gründe und der Tatsache, dass der Antragsteller sich bereits mehrmals über die in Deutschland geltenden Gesetze hinweggesetzt habe, werde die Einreisesperre auf zwei Jahre festgesetzt. Anhaltspunkte, welche zu einer kürzeren Frist führen könnten, seien nicht ersichtlich. Zugunsten des Antragstellers ginge die Ausländerbehörde zur Fristberechnung für die Einreisesperre zunächst davon aus, dass der Antragseller das Bundesgebiet spätestens am 8. Juli 2015 nach Abschluss der Gerichtsverhandlung in ... wieder verlassen habe. Die Frist beginne mit der Ausreise und ende somit am 7. Juli 2017.

Die Anordnung des sofortigen Vollzugs der Ausweisung beruhe auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Im Hinblick auf die unerlaubte Einreise und den unerlaubten Aufenthalt nach Abschiebung bestehe ein besonderes öffentliches Interesse daran, den Antragsteller bereits vor einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit seiner Ausweisung im Hauptsacheverfahren aus dem Bundesgebiet zu entfernen. Es bestehe die begründete Besorgnis, dass die mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr, sich bis zur Entscheidung weiter fortsetzen würde, insbesondere im Hinblick auf die gezeigte Missachtung der deutschen Rechtsordnung und des mangelnden Rechts- bzw. Unrechtsbewusstseins. Dies könne im öffentlichen Interesse nicht hingenommen werden. Aufgrund des vom Antragsteller gezeigten Verhaltens sei nicht auszuschließen, dass er sich auch weiterhin über das in Deutschland geltende Gesetz hinwegsetze. Eine freiwillige Ausreise habe der Antragsteller bereits im Jahr 2012 verweigert. Somit sei ein erneuter Gesetzesverstoß durchaus denkbar und auch wahrscheinlich.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2015, zugestellt am 4. Dezember 2015, aufzuheben.

Gleichzeitig hat er beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2015, zugestellt am 4. Dezember 2015, anzuordnen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller zu Unrecht ausgewiesen worden sei, weil der Antragsgegner der Ermessensausweisung nach § 55 AufenthG Tatsachen zugrunde gelegt habe, die bei gewissenhafter Prüfung nicht hätten herangezogen werden dürfen. Der Antragsteller sei am 5. Juli 2012 aus der Untersuchungshaft in Abschiebehaft genommen und abgeschoben worden, weil er als Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina nur mit einem modernen biometrischen Pass sich ohne Visum im Schengen-Raum aufhalten habe dürfen. Der biometrische Reisepass des Antragstellers datiere aber schon vom 11. Oktober 2011. Die Einreise mit den Kindern sei am 16. Oktober 2011 geschehen. Der Antragsteller habe zugesagt, bis zum 24. April 2012 auszureisen, was er dann auch getan habe. Jedoch sei er zusammen mit einem Bekannten am 19. April 2012 bereits wieder eingereist, was der Haftrichter durch Einsichtnahme in beide Reisepässe der Beschuldigten bei der Haftprüfung am 27. April 2012 auch habe feststellen können. Wie sich aus dem Protokoll ergebe, sei der Antragsteller am Tag seiner Verhaftung am 26. April 2012 vormittags bei der Ausländerbehörde gewesen, um mitzuteilen, dass er wieder eingereist sei. Die Einreise vom 19. April 2015 sei mithin nicht illegal, sondern zu einem Zeitpunkt, zu dem er einen biometrischen Pass gehabt habe, geschehen. Im Zuge der Inhaftierung und Abschiebung sei dieser Pass, der sich im Gewahrsam des Gerichts befunden habe, in Verlust geraten. Allerdings hätte über die bosnische Botschaft jederzeit nachvollzogen werden können, welchen Ausweis der Antragsteller habe. Die Dauer der Abschiebung sei dem Antragsteller beim Grenzübertritt im Juli 2012 nicht mitgeteilt worden. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 8. Juli 2015 sei er wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden. Der Antragsgegner stütze seine Begründung für die Ausweisung auf § 55 AufenthG und somit auf eine Begründung, die nicht ausreiche, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Der Vorwurf im Jahr 2012 untergetaucht zu sein, sei zur Begründung einer Wiederholungsgefahr ungeeignet, denn der Antragsteller habe sich am 26. April 2012 bei der Ausländerbehörde gemeldet und sei am selben Tag inhaftiert worden. Der Antragsteller sei überdies bereits im September 2015 nach den Ferien in Bosnien mit den Kindern zurückgekehrt, damit sie in Bosnien die Schule besuchen könnten. Eine Sperrfrist von zwei Jahren sei bei dieser Sachlage unangemessen. Der Sachverhalt reiche zur Begründung eines besonderen öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug nicht aus.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsteller am 16. Oktober 2011 ohne das erforderliche Visum in das Bundesgebiet eingereist sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt nicht in Besitz eines biometrischen Reisepasses und somit nicht zur visumsfreien Einreise berechtigt gewesen. Der Antragsteller sei nicht, wie von der Behörde angenommen, am 24. April 2012 untergetaucht, sondern sei am Nachmittag des 26. April 2012 zur Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Hehlerei und des Diebstahls in der JVA ... aufgenommen worden. Die Aufnahmemitteilung sei jedoch erst am 14. Mai 2012 bei der Ausländerbehörde eingegangen, deshalb sei davon ausgegangen worden, dass der Antragsteller untergetaucht sei. In dem Ausweisungsbescheid seien keinerlei Tatsachen herangezogen worden, die nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Zum einen stütze sich der Bescheid auf einen rechtskräftigen Strafbefehl, zum anderen sei auch die Abschiebung vom 5. Juli 2012 und die daraus resultierenden Wiedereinreisesperre zum Zeitpunkt der unerlaubten Einreise bestandskräftig und somit bindend gewesen. Der Einwand, dass sich der Antragsteller damals in den Jahren 2011 und 2012 mit einem gültigen biometrischen Reisepass im Bundesgebiet aufgehalten habe und damit nicht in Besitz eines Visums hätte sein müssen, lasse sich aus den Akten nicht erkennen. Der Antragsteller sei damals am 16. Oktober 2011 mit einem nicht biometrischen Reisepass eingereist. Laut seiner eigenen Auskunft im Antragsformular vom 24. Oktober 2011 sei er damals auch nicht im Besitz eines anderen Passes gewesen. Deshalb sei nach Würdigung der Aktenlage erkennbar, dass der Antragsteller damals am 16. Oktober 2011 unerlaubt ohne einen biometrischen Reisepass und ohne Visum in das Bundesgebiet eingereist sei. Bei der Festnahme am 28. Februar 2015 habe der Antragsteller dann einen neuen Reisepass vorgelegt, der am 20. Januar 2015 ausgestellt worden sei. Die dem Antragsteller am 20. März 2012 ausgehändigte Grenzübertrittsbescheinigung sei nie zur Ausländerbehörde zurückgekommen und somit gebe es keinen Beweis über die tatsächliche Ausreise des Antragstellers. Auch lasse sich diese nicht durch Ausreisestempel im Pass belegen. Nach der Trennung von der Ehefrau habe der Antragsteller am 1. März 2012 in der Behörde vorgesprochen und seine neue Adresse angegeben. Dies lasse nicht darauf schließen, dass er gewillt gewesen sei, seinen Aufenthalt freiwillig zu beenden, obwohl er damals bereits gewusst habe, dass er vollziehbar ausreisepflichtig sei. Nach der Festnahme wegen des Verdachts des Diebstahls und der Hehlerei am 26. April 2012 habe der Antragsteller bei der Vernehmung durch das Polizeikommissariat ... am 27. April 2012 angegeben, dass er seine Wohnung nicht aufgegeben habe und diese immer noch bewohne. Außerdem habe er angegeben, derzeit Arbeitslosengeld II zu beziehen. Seine Kinder seien nur nach Bosnien ausgereist, um dort Urlaub zu machen. Sie sollten wieder nach Deutschland zurückkommen, um gemeinsam in der genannten Wohnung zu leben. Die Tatsache, dass dem Antragsteller bei der Abschiebung der Zeitpunkt des Endes der Wiedereinreisesperre nicht genannt worden sei, treffe zu. Die Wiedereinreisesperre sei damals unbefristet ausgesprochen worden, daher habe kein Ablaufdatum mitgeteilt werden können. Der Antragsteller habe am 25. Juli 2014 einen Einreiseversuch in das Schengen-Gebiet an der slowenischen Grenze unternommen. Dort sei ihm die Einreise verweigert worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe er also von der Wiedereinreisesperre gewusst und auch, dass diese noch gültig sei. Zur Abklärung der Unklarheiten hätte er sich mit der zuständigen Ausländerbehörde in Verbindung setzen können. Mit seinem Einreiseversuch „auf gut Glück“ am 24. Januar 2015 habe der Antragsteller erneut bewiesen, dass er sich nicht an die in Deutschland geltenden Gesetze halten wolle. Ansonsten hätte er sich im Vorfeld über den Ablauf der Wiedereinreisesperre erkundigt. Dies sei ihm möglich und zumutbar gewesen. Gegen seine damalige Abschiebehaft und die Abschiebung hätte der Antragsteller damals vorgehen müssen. So seien diese bestandskräftig geworden und damit auch die verbundene Wiedereinreisesperre. Mit der erneuten unerlaubten Einreise im Januar oder Februar 2015 habe der Antragsteller bewiesen, dass er aus seinem Fehlverhalten in den Jahren 2011 und 2012 nichts gelernt habe und dieses Verhalten nicht ablegen werde.

Der vorliegende Sachverhalt reiche auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus. Die vom Antragsgegner gewählte Sperrfrist von zwei Jahren könne ansonsten mit der Einlegung von Rechtsmitteln fast vollkommen ausgehebelt werden. Vor allem, da bei Erlass des Bescheides bereits fast ein halbes Jahr der Sperrfrist ohne spürbare Auswirkungen für den Antragsteller abgelaufen gewesen sei.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers darüber hinaus beantragt,

dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte den Unterzeichnenden als Rechtsanwalt beizuordnen.

Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers war dem Antrag beigefügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt in der Sache ohne Erfolg.

a. Der gestellte Antrag ist auch im Falle eines - wie hier - anwaltlich vertretenen Antragstellers anhand des Antrags und der Begründung unter Berücksichtigung des erkennbaren Rechtsschutzziels auszulegen (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Bezüglich der Abschiebungsanordnung/-androhung hat die Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21a VwZVG keine aufschiebende Wirkung, so dass der Antrag offensichtlich auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Dezember 2015 gerichtet ist. Im Übrigen begehrt der Antragsteller eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage insoweit, als der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Ausweisung in Ziffer 4 des Bescheides angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO).

Nicht betrifft der gestellte Eilrechtsschutzantrag die auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG erfolgte Befristung der Sperrwirkungen der Ausweisung auf 2 Jahre, die insoweit auch keinen vollziehbaren Inhalt hat. Zwar entfalten Klagen gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung. Eine Erstreckung des Aussetzungsantrags auf diesen Regelungsteil entspräche jedoch erkennbar nicht dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG stellt im Grundsatz einen den Ausländer begünstigenden Verwaltungsakt dar, weil das Verbot ohne die von der Ausländerbehörde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG vorzunehmende Befristung ansonsten unbefristet gilt. Entsprechend ist eine Befristung des Verbots ebenso wie eine Verkürzung der behördlich festgesetzten Frist im Hauptsacheverfahren allein mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 27 und 40). Eine eventuelle Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage insoweit hätte daher lediglich zur Folge, dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG dann unbefristet gelten würde. Dies kann aber erkennbar nicht im Interesse des betroffenen Ausländers liegen (vgl. VG Ansbach, B.v. 14.3.2014 - AN 5 S 14.0234 - juris Rn. 23; VG Aachen, B.v. 4.12.2015 - 4 L 823/15 - juris Rn. 5 ff.).

b. Es ist bereits fraglich, ob der Eilantrag zulässig ist, da ihm aufgrund der freiwilligen Ausreise des Antragstellers aus dem Bundesgebiet das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn der Antragsteller darf seit seiner auf der Ausweisungsverfügung beruhenden Aufenthaltsbeendigung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht wieder in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Dass er gegen die Ausweisungsverfügung Klage erhoben hat, ändert an dieser Sperrwirkung nichts, da nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Wirksamkeit dieser Ausweisung unabhängig von ihrer Vollziehbarkeit bestehen bleibt. Deshalb würde ein Erfolg im vorliegenden Eilverfahren dem Antragsteller weder einen rechtlichen noch einen tatsächlichen Vorteil bringen (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2006 - 19 CS 06.771, 19 C 0619 C 06.772 - juris Rn. 24; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Januar 2016, § 53 AufenthG Rn. 193).

Aufgrund der vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragenen freiwilligen Ausreise des Antragstellers ist auch bezüglich der Abschiebungsandrohung das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses fraglich, zumal die Ausreise nicht erfolgt ist, um der angedrohten Abschiebung zuvorzukommen. Denn nach den Angaben seines Bevollmächtigten ist der Antragsteller bereits im September 2015 und damit vor Erlass des Ausweisungsbescheides mit Abschiebungsandrohung vom 2. Dezember 2015 in sein Heimatland zurückgekehrt.

Dies kann jedoch jeweils dahinstehen, da der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zumindest unbegründet ist.

c. Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 2 des Bescheides vom 2. Dezember 2015 ist rechtmäßig.

aa. Diese genügt den formellen Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.

Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, B.v. 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 - juris Rn. 19). Dieses muss bei der schriftlichen Begründung des besonderen Interesses der Behörde an der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im gegebenen Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26/01 - juris Rn. 6). Pauschale, formelhafte Formulierungen genügen diesen Anforderungen nicht (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 6.11.2014 - 10 CS 14.1796 - juris Rn. 4; B.v. 16.7.2013 - 22 AS 13.40043 - juris Rn. 11).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist vorliegend die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im Lichte von § 80 Abs. 3 VwGO nicht zu beanstanden. Unter erkennbarer Berücksichtigung des Ausnahmecharakters einer derartigen Anordnung wurde der sofortige Vollzug im Falle des Antragstellers auf spezialpräventive Erwägungen gestützt, das Interesse am Sofortvollzug der Ausweisungsverfügung wurde im Einzelnen und auf nachvollziehbare Weise dargelegt. Der Antragsgegner hat zutreffend ausgeführt, dass die mit der Ausweisungsverfügung verfolgte spezialpräventive Zielsetzung ausnahmsweise die Anordnung des Sofortvollzuges erfordert, da die Besorgnis besteht, dass die mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr, sich bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter fortsetzen würde, insbesondere im Hinblick auf die gezeigte Missachtung der deutschen Rechtsordnung und des mangelnden Rechts- und Unrechtsbewusstseins des Antragstellers. Der Antragsteller könne erlaubt visumsfrei für touristische Zwecke für 90 Tage in das Bundesgebiet einreisen. Daher sei zu befürchten, dass er aufgrund des in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens seinen erlaubten Aufenthalt wieder zweckentfremden oder über 90 Tage hinaus verlängern und erneut nicht freiwillig ausreisen werde.

bb. Weiterhin ist die Anordnung des Sofortvollzugs auch materiell rechtmäßig.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht bei Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Behördenentscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an einer sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Im Rahmen dieser Abwägung sind maßgeblich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Erweist sich der angefochtene Bescheid bei überschlägiger Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Nur wenn bei der im Eilverfahren nur angezeigten summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts eine Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit nicht möglich ist, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 77; BayVGH, B.v. 6.8.2010 - 15 CS 09.3006 - juris Rn. 20).

Die mit Bescheid vom 2. Dezember 2015 - noch auf der Grundlage der Ausweisungsbestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2015 anzuwendenden Fassung - verfügte Ausweisung ist nach überschlägiger Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Ausweisung hält auch den rechtlichen Anforderungen der §§ 53 ff. des Aufenthaltsgesetzes in der seit 1. Januar 2016 anwendbaren Neufassung stand. Die Ausweisungsverfügung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides, für deren Überprüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - juris Rn. 12; U.v. 13.1.2009 - 1 C 2.08 - juris Rn. 12 und U.v. 30.7.2013 - 1 C 9/12 - juris Rn. 8), findet ihre rechtliche Grundlage nach Inkrafttreten des durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386) neugefassten Ausweisungsrechts zum 1. Januar 2016 in §§ 53 Abs. 1 bis 3, 54 f. AufenthG, zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I, S. 1722).

Grundtatbestand des neuen Ausweisungsrechts ist § 53 Abs. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass die Ausweisung nach der gesetzgeberischen Konzeption nunmehr als Ergebnis einer gerichtlich voll überprüfbaren Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausgestaltet ist, wobei die gegenläufigen Ausweisungs- (§ 54 AufenthG) und Bleibeinteressen (§ 55 AufenthG) entsprechend einzustellen und zu gewichten sind. Dabei werden die in den §§ 54 f. AufenthG genannten Ausweisungs- und Bleibeinteressen nur allgemein als schwer bzw. besonders schwer typisiert, ohne im Sinne eines Automatismus die letztliche Interessenabwägung zu bestimmen. Erforderlich ist vielmehr stets - auch in den Fällen besonderen Ausweisungsschutzes nach § 53 Abs. 3 und 4 AufenthG - eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls bereits auf Ebene des Tatbestands unter Aufgabe des vormals bestehenden Systems der Ist-, Regel- und Ermessensausweisung (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.; HessVGH, B.v. 5.2.2016 - 9 B 16/16 - juris Rn. 5; VG Düsseldorf, U.v. 11.2.2016 - 8 K 1493/15 - juris Rn. 45 ff.; Hailbronner, AuslR, § 53 Rn. 7 ff., 27).

Die Ausweisungsverfügung kann auch gegen einen bereits ausgereisten Ausländer gerichtet werden. Der weitere Aufenthalt ist ebenso wie der Fortbestand des Aufenthaltsrechts keine tatbestandliche Voraussetzung für die Ausweisung eines Ausländers (vgl. BVerwG, U.v. 31.3.1998 - 1 C 28/97 - juris; Hailbronner, AuslR, § 53 Rn. 16).

Nach Maßgabe dessen ist die Ausweisungsentscheidung des Antragsgegners rechtlich nicht zu beanstanden.

aaa. Die Ausländerbehörde hat zutreffend das Vorliegen eines schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG, dessen Tatbestand weitgehend dem Ermessensausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 a. F. entspricht, bejaht. Der Antragsteller hat einen nicht geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen, denn gegen ihn ist mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 13. April 2015 eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,00 Euro wegen einer vorsätzlichen Straftat der unerlaubten Einreise nach Abschiebung und des unerlaubten Aufenthalts nach Abschiebung gemäß §§ 95 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b, 11 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG festgesetzt worden. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Abschiebung im Jahr 2012 sei unrechtmäßig gewesen, so hätte er sich gegen diese selbst wenden müssen. Für die Einreise in das Bundesgebiet ohne ein entsprechendes Visum war der Besitz eines biometrischen Reisepasses notwendig (vgl. Anhang II EG-VisaVO (= VO (EG) NR. 539/2001) in der Fassung vom 9. Juni 2014); einen solchen hat der Antragsteller jedoch nicht vorlegen können. Aus der vorgelegten Kopie des biometrischen Reisepasses des Antragstellers ergibt sich, dass dieser erst am 31. Oktober 2011, also nach Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet ausgestellt wurde. Aus dem vom Bevollmächtigten des Antragstellers ebenfalls vorgelegten Protokoll des Amtsgerichts ... vom 27. April 2012 lässt sich weiter lediglich die Einsichtnahme in den Reisepass des Antragstellers entnehmen, jedoch nicht, ob es sich um einen biometrischen Reisepass gehandelt hatte. Da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und sich auch nicht zu touristischen Zwecken im Bundesgebiet aufhielt, sondern zunächst aufgrund des Familiennachzugs zu seiner Ehefrau, hielt er sich unerlaubt im Bundesgebiet auf und war zur Ausreise verpflichtet, vgl. § 50 AufenthG. Trotz des bestehenden Wiedereinreiseverbots kehrte der Antragsteller erneut in das Bundesgebiet zurück.

Des Weiteren wurde der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 8. Juli 2015 wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Antragsteller hat somit die öffentliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährdet.

bbb. Demgegenüber kann der Antragsteller keinerlei Bleibeinteressen nach § 55 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG geltend machen. Die Ehe des Antragstellers wurde am 16. November 2013 geschieden. Seine Kinder aus erster Ehe leben in den USA und in Bosnien-Herzegowina. Lediglich der Bruder des Antragstellers lebt im Bundesgebiet. Dass der Antragsteller auf den besonderen Beistand des Bruders angewiesen ist, ist nicht ersichtlich.

ccc. Auch die vorzunehmende Abwägung des Ausweisungsinteresses und des Bleibeinteresses hat der Antragsgegner sachgerecht vorgenommen. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aufgrund einer Abwägung aller für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gründe unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der Ausweisung das private Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. In der nach § 53 Abs. 1 AufenthG anzustellenden Gesamtabwägung unter besonderer Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erweist sich demnach die Ausweisung des Antragstellers angesichts keiner oder wenigstens nur geringer Bleibeinteressen als rechtmäßig.

Zunächst ist die von § 53 Abs. 1 AufenthG als Tatbestandsvoraussetzung geforderte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland durch den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet gegeben. Die hier erforderliche Prognose, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der Schutzgüter eintreten wird (vgl. BR-Drs. 642/14, S. 55), mithin ob vom Antragsteller die Gefahr weiterer Beeinträchtigungen der polizeirechtlichen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere in der Form weiterer Straftaten, ausgeht, ergibt im Fall des Antragstellers nach Überzeugung der Kammer eine Wiederholungsgefahr.

Dabei gilt, dass diese Prognose, wie jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose, nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11 - juris Rn. 16). Beim Antragsteller besteht eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten bezüglich der unerlaubter Einreise und des unerlaubten Aufenthalts. Diese ergibt sich aus der Straftat, deren Aburteilung den Anlass für die Ausweisung des Antragstellers gegeben hat. Der Antragsteller ist bereits mehrmals unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist - letztmals befand er sich nach seinen eigenen Angaben bis zum September 2015 im Bundesgebiet - oder hat Versuche der illegalen Einreise (in den Jahren 2009 und 2014) unternommen. Aufgrund des in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens des Antragstellers besteht auch in Zukunft die Gefahr, dass der Antragsteller gegen die geltenden Bestimmungen des Ausländerrechts bezüglich der Einreise und des Aufenthalts verstoßen wird. Daher bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller auch in Zukunft Straftaten begehen wird. Durch den begangenen Straftatbestand der Hehlerei wird überdies ein Mangel an Respekt gegenüber der hiesigen Rechtsordnung dokumentiert. Es liegt damit nicht nur eine entfernte Möglichkeit der erneuten Straffälligkeit vor.

Ungeachtet dieser spezialpräventiven Erwägungen verfolgt der Antragsgegner mit der Ausweisung des Antragstellers in legitimer Weise auch generalpräventive Zwecke.

Die Ausweisungsentscheidung kann auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach entsprechender Abwägung das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Der Kläger gehört nicht zu einer der in § 53 Absatz 3 AufenthG genannten, besonders geschützten Personengruppen, bei der die Ausweisung nur zulässig ist, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.; VG Düsseldorf, U.v. 11.2.2016 - 8 K 1493/15 - juris Rn. 45 ff).

Der ordnungsrechtliche Zweck der Ausweisung wird zwar insbesondere erfüllt, wenn nach dem Verhalten des Ausländers mit erneuten Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu rechnen ist (z. B. die Gefahr neuer Straftaten). Die Ausweisung setzt aber eine Gefahr erneuter Störungen durch den betreffenden Ausländer selbst nicht notwendig voraus. Die §§ 53 ff. AufenthG bezwecken auch, andere Ausländer im Bundesgebiet zu veranlassen, Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu beeinträchtigen, insbesondere keine Straftaten zu begehen (vgl. Hailbronner, AuslR, § 53 Rn. 21).

Weiter sind nach § 53 Abs. 2 AufenthG bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls, wie sie § 53 Abs. 1 AufenthG erfordert, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner zu berücksichtigen. Diese Kriterien, die sich nach der Gesetzesbegründung an den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte herangezogenen Kriterien orientieren, sind nicht abschließend und können sich sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers auswirken (vgl. BR-Drs. 642/14, S. 56). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zieht bei der Prüfung der Frage, ob eine Ausweisungsmaßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, folgende maßgebliche Kriterien heran: Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers in dieser Zeit; die Staatsangehörigkeiten der verschiedenen Betroffenen; die familiäre Situation des Ausländers, wie z. B. die Dauer der Ehe, und andere Faktoren, die erkennen lassen, wie intakt das Familienleben eines Paares ist; ob der Ehepartner von der Straftat wusste, als er eine familiäre Beziehung einging; ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und gegebenenfalls deren Alter und das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen der Ehepartner in dem Land, in das der Ausländer ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen wird; die Belange und das Wohl der Kinder, insbesondere das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen Kinder des Ausländers in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen werden; die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland (vgl. EGMR, E. v. 22.1.2013 - 66837/11 - juris Rn. 29, m. w. N.; VG Ansbach, U.v. 18.1.2016 - AN 5 K 15.00416 - juris Rn. 49).

Ausgehend hiervon wiegt das Ausweisungsinteresse des Antragsgegners gegenüber dem Antragsteller, auch unter Berücksichtigung der Art. 6 GG und 8 EMRK und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes schwerer als seine Bleibeinteressen. Insbesondere ist eine soziale und wirtschaftliche Integration des Antragstellers im Bundesgebiet in keiner Weise gegeben. Der Antragsteller hatte zu keinem Zeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik inne. Den Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug hat der Antragsteller aufgrund der Trennung von seiner Ehefrau bereits wenige Monate nach der Hochzeit wieder zurückgenommen. Seither ist er jeweils im Rahmen des Touristenvisums oder unerlaubt ins Bundesgebiet eingereist. Vielmehr hat er gewichtige soziale Bindungen in seinem Heimatland. Denn dort leben drei seiner Kinder und er geht dort nach seinen Angaben im Prozesskostenhilfeverfahren einer Arbeit nach. Angesicht dieser Tatsachen und dass der Antragsteller nur ein paar Monate im Bundesgebiet verbracht hat, kann von einer sozialen Verwurzelung des Antragstellers im Bundesgebiet nicht gesprochen werden. Der Antragsteller verliert durch die Ausweisung nicht seine berufliche oder wirtschaftliche Existenz.

Die Ausweisungsverfügung war daher nach überschlägiger rechtlicher Prüfung rechtmäßig.

cc. Auch der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Abschiebungsandrohung und die dem Antragsteller zur freiwilligen Ausreise gesetzte Frist ist unbegründet, da die Ausweisung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Rechtsgrundlage hierzu findet sich in den §§ 58 und 59 AufenthG. Die dem Antragsteller vorsorglich gewährte Frist zur freiwilligen Ausreise von einer Woche ist angemessen und ausreichend zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten (§ 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher abzulehnen.

2. Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eil- und das Hauptsacheverfahren war unabhängig von der Frage der Bedürftigkeit des Antragstellers ebenfalls abzulehnen.

Gemäß § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO erhält auf Antrag diejenige Partei Prozesskostenhilfe, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei dürfen die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Prozesskostenhilfeverfahren vorzuverlagern. Es reicht daher aus, wenn sich die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen darstellen; eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist nicht erforderlich (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 166 Rn. 8; VGH München, B.v. 31.5.2013 - 7 C 13.664 - juris Rn. 5).

a. Die Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen hinsichtlich der vom Antragsgegner verfügten Ausweisung und Abschiebungsandrohung nicht vor, da die Klage diesbezüglich in der Sache nach derzeitigem Sach- und Streitstand unter Bezugnahme auf vorstehende Erwägungen keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.

b. Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung und einer eventuellen Abschiebung auf zwei Jahre ab Ausreise unter Ziffer 2. des angefochtenen Bescheids. Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Die Frist darf dabei nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Betroffene aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist, soll aber auch in diesen Fällen nach § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zehn Jahre nicht überschreiten. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich dabei an höherrangigem Recht, d. h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, messen und gegebenenfalls relativieren lassen (vgl. BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Über die Länge der Frist wird nunmehr nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die vom Antragsgegner im angefochtenen Bescheid angestellten Erwägungen, die das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck einerseits und die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen in Art. 6 GG und Art. 8 EMRK andererseits gegeneinander abgewogen hat, stellen in der Sache eine - nicht zu beanstandende - Ermessensabwägung dar. Der Antragsgegner hat nach dem Gewicht des Ausweisungsgrundes und dem mit der Ausweisung verfolgten Zweck die Länge der Frist auf zwei Jahre festgesetzt. Im Rahmen einer nach § 114 Satz 1 VwGO nur beschränkten gerichtlichen Überprüfung ist dies angesichts der oben geschilderten Wiederholungsgefahr und unter Beachtung der geschützten Belange des Antragstellers nicht zu beanstanden.

Damit war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

3. Die Kostenentscheidung bezüglich des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 8.2 des Streitwertkataloges.

Eine Kostenentscheidung ist bezüglich des Prozesskostenhilfeantrages nicht zu treffen, da im Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gerichtsgebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet werden (§ 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Apr. 2016 - M 10 S 15.5791, M 10 K 15.5788

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Apr. 2016 - M 10 S 15.5791, M 10 K 15.5788

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Apr. 2016 - M 10 S 15.5791, M 10 K 15.5788 zitiert 21 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

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(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 58 Abschiebung


(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 50 Ausreisepflicht


(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 84 Wirkungen von Widerspruch und Klage


(1) Widerspruch und Klage gegen 1. die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,1a. Maßnahmen nach § 49,2. die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,2a. Auflagen zur Sicherun

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2014 - 10 CS 14.1796

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Tenor I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. Juni 2014 wird in den Nrn. I. und II. aufgehoben. II. Die Nr. 2. des Bescheids des Landratsamts Dachau vom 21. Februar 2014 wird aufgehoben. III.

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Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 10 B 13.715 Im Namen des Volkes Urteil vom 25. August 2014 (VG München, Entscheidung vom 21. Juli 2011, Az.: M 23 K 10.1455) 10. Senat Sachgebietsschlüssel: 600

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - 8 K 1493/15

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages

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Tatbestand 1 Der im Jahr 1964 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am ... 1973 im Bundesgebiet als Kind türkischer Arbeitnehmer geborene Antragsteller, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich mit dem vorliegenden Eilantrag gegen seine für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung in die Türkei. Nach Aktenlage hat der Antragsteller etwa ab 1974 bis 1978 bei seinen Großeltern in der Türkei gelebt. Nach seiner im Jahr 1978 erfolgten Wiedereinreise in das Bundesgebiet wurde ihm von der Antragsgegnerin am 18. September 1989 eine Aufenthaltsberechtigung erteilt, die seit 1. Januar 2005 gemäß § 101 Abs. 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgalt. Der Antragsteller hat im Bundesgebiet eine Ausbildung zum Fertigungsmechaniker abgeschlossen, sich erfolgreich zum CC-Fachmann weitergebildet und anschließend in seinem Beruf gearbeitet. Seit dem Jahr 2006 war der Antragsteller arbeitslos und hat nach Aktenlage von Zuwendungen seiner Verwandten gelebt. Er hat nach den Erkenntnissen der Ausländerbehörde Schulden in Höhe von mindestens 5.000,00 EUR.

Am … 1992 hat der Antragsteller die türkische Staatsangehörige ... geheiratet. Aus der Ehe ging die am 20. August 1992 geborene Tochter ... und der am 26. September 2000 geborene Sohn ... hervor. Die Ehe ist seit … 2009 geschieden.

Nach Aktenlage hat der Antragsteller in der Zeit vom 15. Oktober 1993 bis 15. September 1994 und vom 19. März 2007 bis 19. März 2008 Strafhaft verbüßt. Derzeit befindet er sich seit 1. September 2010 erneut in Haft, wobei als Tag des Haftendes nach Aktenlage der 11. Februar 2016 vorgemerkt ist (Zwei-Drittel-Termin: 21.06.2014).

Der Antragsteller ist ausweislich der Begründung des zuletzt am 10. Januar 2012 gegen ihn ergangenen Strafurteils (siehe unten) seit 1990 – schon als Jugendlicher – wiederholt und jeweils in kurzen Abständen strafrechtlich in Erscheinung getreten, u.a. wegen Körperverletzungsdelikten, Eigentums- bzw. Vermögensdelikten, Hausfriedensbruchs, Straßenverkehrsdelikten und Beleidigung. Zuletzt wurde er wie folgt strafrechtlich verurteilt:

Amtsgericht ..., 22. November 2010, Freiheitsstrafe von 11 Monaten wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in 93 Fällen, bestätigt durch Berufungsurteil des Landgerichts ... vom 21. April 2011 und durch Revisionsentscheidung des Oberlandesgerichts ... vom 27. Oktober 2011.

Landgericht ..., Berufungsurteil vom 10. Januar 2012, rechtskräftig seit 12. Juni 2012, Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen.

Ausweislich der Gründe des letztgenannten Urteils ging die Strafkammer des Landgerichts u.a. von Folgendem aus: Der Antragsteller sei hinsichtlich Cannabis etwa ab dem 16. Lebensjahr mit Suchtmitteln in Berührung gekommen, hinsichtlich Amphetamin ab dem 18. Lebensjahr, hinsichtlich Kokain im Jahr 2001 und hinsichtlich Methamphetamin im Alter von 30 Jahren. Diesen Suchtmittelkonsum habe der Antragsteller in der Folgezeit eingestellt, er habe jedoch im März 2010 wieder mit dem Cannabiskonsum, Amphetaminkonsum und sporatischem Konsum von Methamphetamin und Kokain begonnen. Ab diesem Zeitpunkt habe er auch erhebliche Mengen von Alkohol täglich getrunken. Entgegen einer im familienrechtlichen Verfahren unter dem 3. Dezember 2009 auf Antrag der mittlerweile vom Antragsteller geschiedenen Ehefrau ergangenen einstweiligen Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz (Verbot der Kontaktaufnahme mit der mittlerweile geschiedenen Ehefrau, auch durch Anrufe, SMS, e-mail oder Briefe) habe der Antragsteller an seine frühere Ehefrau insgesamt 93 SMS gesandt, um diese – so die gerichtlichen Ausführungen im entsprechenden Strafurteil – systematisch zu tyrannisieren und um psychischen Druck auf diese auszuüben und durch Inhalt, Zeit und Folge der SMS dieser seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse aufzuzeigen und ihr ihre Machtlosigkeit gegen Äußerung seiner Wünsche zu demonstrieren. Im Jahr 2010 habe der Antragsteller zusammen mit dem anderweitig rechtskräftig verurteilten türkischen Staatsangehörigen ... verschiedene - im Einzelnen näher beschriebene - Rauschgiftgeschäfte (Haschisch, Marihuana, Amphetaminzubereitung) durchgeführt, ohne dass der Antragsteller und sein Mittäter über die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis verfügt hätten. Unter Berücksichtigung aller zu Gunsten und zu Lasten des Antragstellers sprechenden Gesichtspunkte halte die Strafkammer Einzelstrafen in Höhe von insgesamt 7 Jahren und 7 Monaten für erforderlich, um dem jeweiligen Unrechtsgehalt der Taten gerecht zu werden. Hierbei habe die Strafkammer insbesondere berücksichtigt, dass der Antragsteller vielfach und einschlägig vorverurteilt gewesen sei, bestehende Bewährungen bereits gebrochen habe und dass ihn nicht einmal verbüßte Haft von weiteren Taten habe abhalten können. Zur Überzeugung der Strafkammer habe sich der Antragsteller als im hohen Maße strafunempfindlich erwiesen. Aus den verhängten Einzelstrafen sei eine tat- und schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren zu bilden gewesen. Hierbei habe die Strafkammer die Taten des Antragstellers unter dem Blickwinkel seines bisherigen Vorlebens betrachtet, aus welchem sich das Bild eines Menschen ergebe, welcher bereits vielfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei. Andererseits sei sich die Strafkammer aber auch der Tatsache bewusst gewesen, dass die Taten teilweise auf Grund der gleichen Lage des Antragstellers (absoluter Geldmangel) begangen worden seien und dass diesbezüglich ein naher zeitlicher Zusammenhang bestanden habe. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens bezüglich der von der Antragsgegnerin angekündigten Ausweisung und Aufenthaltsbeendigung verwies der Antragsteller insbesondere darauf, dass er in Deutschland geboren sei, seine Schul- und Berufsausbildung in Deutschland abgeschlossen habe, seine Eltern hier seit 44 Jahren leben würden und er eine „Aufenthaltsberechtigung“ besitze. Vor allem habe er einen 12jährigen Sohn, der deutscher Staatsangehöriger sei. Von diesem erhalte er Besuch und Briefe in der Haft, hieraus könne man auch sehen, dass der Sohn seinen Vater brauche.

Die zwischenzeitlich geschiedene Ehefrau des Antragstellers führte im Rahmen des Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 20. Oktober 2012 u.a. aus: Sie könne das behauptete gute Vater-Kind-Verhältnis nicht bestätigen. Bereits vor der Inhaftierung des Antragstellers habe dieser keinen regelmäßigen Kontakt zu seinen beiden Kindern gehabt. Da es immer wieder zu Drohungen und Belästigungen seitens des Antragstellers gegenüber ihr, der geschiedenen Ehefrau, gekommen sei, habe sie im Jahr 2009 das alleinige Sorgerecht und ein Kontaktverbot beantragt. Dies sei über das Amtsgericht ... auch so verfügt worden. Durch die jahrelange Trennung habe sich das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn verschlechtert. Der Sohn habe sich an die Situation gewöhnt, er glaube nicht mehr daran, dass sein Vater sich ändern werde und dass er wieder ganz normalen Kontakt haben werde. Der Sohn liebe zwar seinen Vater und wünsche, dass dieser wieder aus der Haft entlassen werde und er regelmäßig Kontakt zu ihm haben werde, aber nach allem, was er erlebt und durchgemacht habe, glaube er daran nicht. Er schäme sich dafür, dass sein Vater im Gefängnis sitze und könne sich mit diesem nicht identifizieren.

Ausweislich eines Vermerks der Familienrichterin beim Amtsgericht ... über eine nicht-öffentliche Sitzung vom 13. Juli 2010 (Anhörung der beiden Kinder ... und ...) erklärte der Sohn ... u.a.: Er wolle den Vater nicht sehen. Er habe Angst vor dem Vater wegen der Vorfälle in der Vergangenheit und er hoffe, dass der Vater ins Gefängnis komme, denn dort könne dieser zur Vernunft kommen und würde dann auch keinen Alkohol mehr trinken. Er sei dafür, dass die Mutter das alleinige Sorgerecht habe. Er treffe sich etwa fünfmal im Jahr mit seinem “Therapeuten“ Herrn ..., dort könne er „reden“. Die Tochter ... habe im Wesentlichen angeben: Der Vater wolle zwar das Sorgerecht, aber er wolle nicht wirklich für sie, ..., sorgen, sondern der Vater wolle das Sorgerecht nur wegen der Mutter.

Der Diplompsychologe..., Jugend- und Familienberatung der Stadt ..., führte in seiner Stellungnahme an die Ausländerbehörde vom 8. November 2012 im Wesentlichen aus: Er habe zu ... seit Anfang 2011 Kontakte gehabt. ... habe selbstverständlich den Wunsch nach einem freundlichen und fürsorglichen Vater, der ihm auch Vorbild sein könne. Die Erfahrungen mit seinem Vater in der Vergangenheit seien allerdings teilweise in hohem Maße irritierend und beängstigend gewesen. Seit der Inhaftierung des Vaters habe er zu diesem lediglich Kontakte unter „kontrollierten Bedingungen“ gehabt, wobei die Sicherheit bestanden habe, dass nicht wieder bedrohliche Situationen hätten entstehen können.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2014 wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziffer I). Der Sofortvollzug der Maßnahme unter I wurde ausnahmsweise angeordnet (Ziffer II). Die Wirkungen der Ausweisung bzw. Abschiebung nach § 11 AufenthG wurden auf die Dauer von 10 Jahren ab Ausreise bzw. Abschiebung befristet (Ziffer III). Die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Türkei, frühestens eine Woche nach Zustellung dieser Verfügung, ggf. im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 456a StPO, wurde angeordnet (Ziffer IV). Für den Fall, dass die Abschiebung aus der Haft nicht möglich sei und der Antragsteller vorher aus der JVA entlassen werde, wurde dem Antragsteller die Abschiebung unter Setzung einer Frist von einer Woche nach Haftentlassung angedroht (Ziffer V). Der Bescheid ist mit ausschließlich spezialpräventiven Ermessenserwägungen begründet, wobei die Antragsgegnerin u.a. auch davon ausgeht, dass der Antragsteller als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und Inhaber der Rechtsstellung nach den ARB 1/80 besonderen Ausweisungsschutz genießt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller über seine beiden Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren (Rechtsanwalt ... und Rechtsanwalt ...) jeweils am 7. Februar 2014 zugestellt.

Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schriftsatz des Rechtsanwaltes ...vom 14. Februar 2014, bei Gericht eingegangen am 18. Februar 2014, unter dem Aktenzeichen AN 5 K 14.00235 Klage erheben und beantragen,

den Bescheid der Ausländerbehörde vom 7. Februar 2014 aufzuheben.

Des Weiteren begehrte er mit gleichem Schriftsatz unter dem Aktenzeichen AN 5 S 14.000234 vorläufigen Rechtsschutz und ließ sinngemäß beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Ausländerbehörde vom 7. Februar 2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines anwaltlichen Bevollmächtigten vom 21. Februar 2014 im Wesentlichen vortragen: Bezüglich des Körperverletzungsdeliktes, weswegen er vom Amtsgericht ... am 12. November 2003 verurteilt worden sei, habe der Antragsteller ein umfangreiches Antiaggressionstraining absolviert, seitdem seien auch keine Gewaltdelikte mehr vorgefallen. Bezüglich der Drogendelikte könne ausgeführt werden, dass es sich ausschließlich um weiche Drogen gehandelt habe, an Minderjährige seien keine Drogen verkauft worden. Dem Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz sei ein Streit mit der Ehefrau des Antragstellers vorausgegangen, zwischenzeitlich habe sich das Verhältnis entkrampft. Sein Sohn besuche ihn in der JVA und habe auch keinerlei Angst vor dem Antragsteller, andernfalls würde er ihn weder besuchen noch ihm schreiben. Der Antragsteller habe sich auch in der Haft einwandfrei verhalten, er werde ständig auf den Konsum von Drogen untersucht.

Die Antragsgegnerin begehrt,

den einstweiligen Rechtsschutzantrag abzulehnen.

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides vom 7. Februar 2014.

Die Regierung von Mittelfranken beteiligte sich mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 am Verfahren als Vertreter des öffentlichen Interesses; sie stellte keinen Antrag.

Mit weiterem anwaltlichem Schriftsatz vom 1. März 2014 wurde eine Äußerung des Diplompsychologen ...der JVA ... vom 19. September 2013, adressiert an den Antragsteller, in Abschrift übermittelt. Darin wird u.a. ausgeführt: Der Antragsteller habe in der Zeit von Juli 2007 bis Januar 2008 regelmäßig in der JVA ... an einem Anti-Gewalt-Training teilgenommen, das 23 Sitzungen umfasst habe. Er habe das Training regulär abgeschlossen. Laut Aktenlage sei der Antragsteller zuletzt am 6. April 2003 durch einen Gewaltdelikt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Antragsteller sehe bei sich inzwischen keinen Bedarf mehr, eine sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahme für Gewalttäter zu absolvieren, da er sich bereits im Rahmen des zuvor erwähnten Anti-Gewalt-Trainings in der JVA ... intensiv mit seiner Gewaltproblematik auseinandergesetzt habe und nunmehr seit über 10 Jahren keine Gewaltstraftaten mehr begangen habe. Mit gleichem anwaltlichen Schriftsatz wurde eine Bescheinigung der JVA ... vom 26. Februar 2014 übermittelt, wonach der Antragsteller seit dem 7. März 2012 in der JVA ... insgesamt fünfmal Besuch von seinem Sohn erhalten habe, und zwar am 24. März 2012, am 28. April 2012, am 6. September 2012, am 4. April 2013 und am 1. Juni 2013.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die in elektronischer Form vorgelegten Behördenakten (Blatt 1 bis 736) verwiesen.

II.

Der gestellte Antrag ist im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers sachdienlich auszulegen als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2014 insoweit, als dieser einen kraft Gesetzes vollziehbaren Inhalt hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), was vorliegend hinsichtlich der in Ziffern III und IV getroffenen Annexverfügungen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht der Fall ist. Im Übrigen begehrt der Antragsteller offensichtlich eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage insoweit, als die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung in Ziffer II angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Nicht betrifft der gestellte Eilrechtsschutzantrag die auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG erfolgte Befristung der Sperrwirkungen der Ausweisung auf 10 Jahre, die insoweit auch keinen vollziehbaren Inhalt hat (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 8.10.2013, Az. AN 5 S 13.01517). Ob und in wieweit eine – zumindest inzidente – Überprüfung der Befristungsentscheidung möglich bzw. veranlasst wäre, wenn ausnahmsweise, entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 6.3.2014, Az. 1 C 2.13 und 1 C 5.13), im vorliegenden Fall in Betracht käme, die Sperrwirkungen der Ausweisung – ohne vorherige Ausreise – auf Null festzusetzen, bedarf hier keiner Entscheidung, denn für das Vorliegen einer solchen Sondersituation ist hier nichts konkret vorgetragen und auch nicht einmal ansatzweise etwas ersichtlich, wie auch die nachfolgenden Ausführungen erweisen. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrwirkungen der Ausweisung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet.

Die erforderliche, aber auch hinreichende summarische Überprüfung sowohl der Ausweisungsverfügung als auch der Annexverfügungen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht ergibt, dass die Klage hiergegen voraussichtlich erfolglos bleiben wird und demzufolge ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.

Voraussetzung für eine behördlich angeordnete sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist, dass die Behörde das öffentliche Interesse hieran besonderes dargelegt hat (§ 80 Abs. 3 Abs. 1 VwGO). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung entspricht den hier zu stellenden formalen Anforderungen. Unter erkennbarer Berücksichtigung des Ausnahmecharakters einer derartigen Anordnung wurde der sofortige Vollzug im Falle des Antragstellers auf spezialpräventive Erwägungen gestützt, das Interesse am Sofortvollzug der Ausweisungsverfügung wurde im Einzelnen und auf nachvollziehbare Weise dargelegt. Allein diese Begründung vermag den Sofortvollzug zu tragen. Die Antragsgegnerin hat zutreffend ausgeführt, dass die mit der Ausweisungsverfügung verfolgte spezialpräventive Zielsetzung ausnahmsweise die Anordnung des Sofortvollzuges erfordert, da sich ansonsten eine konkrete Wiederholungsgefahr schon im Rahmen eines eventuell längerfristigen Hauptsacherverfahrens manifestieren könnte, zumal der Antragsteller auch in der Vergangenheit wiederholt, auch während laufender Bewährungsfristen, straffällig geworden ist. Im Übrigen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller nach Verbüßung von 2/3 seiner Strafe bereits am 21. Juni 2014 aus der Haft entlassen wird. Insbesondere die vom Antragsteller verwirklichten Betäubungsmittel- und Gewaltdelikte berühren Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Die im vorstehend genannten Umfang streitgegenständliche Verfügung wird im Hauptsacheverfahren, wie bereits ausgeführt, aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sein.

Durch die letzte Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen erfüllt der Antragsteller grundsätzlich zwingende Ausweisungstatbestände bzw. Regelausweisungstatbestände, wie sie in den Vorschriften der §§ 53, 54 AufenthG vorgesehen sind. Im Falle des Antragstellers, der sich, wie von Antragsgegnerseite aus nicht bestritten wird, auf ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsrecht zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei (Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates) berufen kann, ist jedoch, wie die Antragsgegnerin zutreffend erkannt hat, nur im Rahmen einer individuellen Ermessensentscheidung nach § 55 AufenthG zulässig, wobei nach der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Ausweisung allein, wie hier jedoch geschehen, auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützt werden darf. Darüber hinaus besitzt der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin ebenfalls zutreffend erkannt hat, auch deswegen besonderen Ausweisungsschutz, weil er die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 1 AufenthG erfüllt. Ob der Antragsteller zusätzlich auch noch den Tatbestand des § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt, kann letztendlich dahinstehen, da wie die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine Steigerung des besonderen Ausweisungsschutzes durch eine Aneinanderreihung mehrerer Tatbestände des § 56 Abs. 1 AufenthG nicht erfolgt.

Ungeachtet des dem Antragsteller aus den vorstehend genannten Gründen zustehenden besonderen Ausweisungsschutzes ist bei summarischer Überprüfung hier ein ausländerbehördlicher Ermessensspielraum für den Erlass einer Ausweisungsverfügung mit entsprechenden Annexentscheidungen eröffnet, zumal durch die vom Antragsteller im Verlauf seines bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet begangenen zahlreichen Straftaten, insbesondere jedoch die zuletzt vom Landgericht ... abgeurteilten Betäubungsmitteldelikte, eine über die mit jedem Rechtsverstoß verbundene Störung der öffentlichen Ordnung hinausgehende tatsächliche und hinreichende schwere Gefährdung begründet wird, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und weil nach den Gesamtumständen von einer konkreten Wiederholungsgefahr seitens des Antragstellers auszugehen ist.

Die in Ausübung dieses – unter Beachtung der insoweit geltenden strengen Anforderungen (siehe oben) – bestehenden Ermessensspielraum getroffene konkrete Ermessensentscheidung ist bei der auf den Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten nicht zu beanstanden. Die Ausländerbehörde hat ihre – ausschließlich spezialpräventiv motivierte – Ermessensentscheidung ausführlich und nachvollziehbar begründet. Auf diese Begründungserwägungen, die, wie ausgeführt, im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Auch nach Einschätzung des erkennenden Gerichts, wie schon nach Einschätzung der Ausländerbehörde, hat der Antragsteller mit seinem gesamten bisherigen deliquenten Verhalten, schon als Jugendlicher und Heranwachsender, erst recht aber als Erwachsener, deutlich belegt, dass er der hier geltenden Rechtsordnung nicht die gebührende Bedeutung zugesteht und dass er seine eigenen Interessen rigoros über die Interessen anderer Menschen stellt. Darüber hinaus gibt der Antragsteller auf Grund seines Verhaltens und seiner Gesamtpersönlichkeit Anlass für die Befürchtung, dass auch weiterhin von ihm, jedenfalls nach seiner Haftentlassung, schwere Straftaten zu erwarten sind.

Auch das vom Antragsteller gemäß Bestätigung der JVA ... vom 19. Dezember 2013 im Zeitraum von Juli 2007 bis Januar 2008 regulär absolvierte Anti-Gewalttraining hat den Antragsteller z.B. im Jahr 2009 nicht daran gehindert, seine – inzwischen von ihm geschiedene – Ehefrau entgegen eines gerichtlich angeordneten Kontaktverbots zu bedrängen. Er ist durch ein Toilettenfenster in die Wohnung der ehemaligen Ehefrau eingedrungen, hat sich neben das Bett der Frau gestellt und sich erst durch die herbeigerufene Polizei zum Verlassen des Hauses bewegen lassen. Ferner hat er, ebenfalls im Jahr 2009, seine frühere Ehefrau mit insgesamt 93 SMS systematisch tyrannisiert und unter Druck gesetzt. Dies alles ergibt sich u.a. aus den Gründen des Strafurteils des Landgerichts ... vom 10. Januar 2012. Insofern bedürfen die Ausführungen des Antragstellers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, er habe sich mit seiner Gewaltproblematik hinreichend auseinandergesetzt, der Relativierung. Auch in Ausführungen des Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, bezüglich der Drogendelikte könne ausgeführt werden, dass es sich ausschließlich um weiche Drogen gehandelt habe und dass an Minderjährige keine Drogen verkauft worden seien, lassen eine Tendenz beim Antragsteller aufscheinen, die mit dem illegalen Betäubungsmittelhandel naturgemäß verbundenen Gefahren, insbesondere für die Volksgesundheit, zu verniedlichen. Die vorstehend auszugsweise wiedergegebenen Einwendungen des Antragstellers gegen die verfügte Ausweisung lassen jedenfalls keineswegs zwingend darauf schließen, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr für erneute Straftaten vom Antragsteller etwa nicht ausgehen würde. Dies gilt auch insoweit, als der Antragsteller vortragen hat lassen, er habe sich in der Haft einwandfrei verhalten und werde ständig auf den Konsum von Drogen untersucht.

Auch die persönlichen und familiären Verhältnisse des Antragstellers und seiner im Bundesgebiet lebenden Angehörigen wurden von der Antragsgegnerseite ausführlich erörtert, gegeneinander abgewogen und anhand der Kriterien des Art. 6 GG, Art. 8 EMRK, § 55 Abs. 3 AufenthG und der Bestimmungen des Europäischen Niederlassungsabkommens (ENA) gewürdigt und in die Entscheidung eingestellt. Von einer insoweit etwa unzureichenden Ermessensbestätigung kann bei summarischer Überprüfung keine Rede sein. Die Antragsgegnerin hat nicht verkannt, dass der Antragsteller im Bundesgebiet geboren und weitgehend hier aufgewachsen ist sowie seine Schul- und Berufsausbildung hier durchlaufen hat. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass es dem Antragsteller gleichwohl nicht gelungen ist, sich sozial zu integrieren und einen ordnungsgemäßen, rechtschaffenen und sozialverträglichen Lebenswandel zu führen. Vielmehr ist der Antragsteller, beginnend bereits mit seinem 16. Lebensjahr, regelmäßig und in sich steigernder Form strafrechtlich in Erscheinung getreten und hat eine Vielzahl von schwerwiegenden und teilweise dem Grunde nach lebensbedrohenden Strafdelikten begangen. Zu recht kommt die Antragsgegnerin somit zu der Einschätzung, dass von einer Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht ausgegangen werden kann.

Die Antragsgegnerin hat auch den Umstand ausreichend gewürdigt, dass der Antragsteller Vater zweier im Jahr 1992 und 2000 geborener Kinder ist. In nicht zu beanstandender Weise führt die Antragsgegnerin jedoch im angefochtenen Bescheid aus, dass die im Jahr 1992 geborene Tochter bereits volljährig ist und dass nichts dafür ersichtlich ist, dass diese auf die Betreuung und Fürsorge des Antragstellers angewiesen wäre. Hinsichtlich des im Jahr 2000 geborenen Sohnes hat die Antragsgegnerin zu Recht berücksichtigt, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und diesem Sohn, der bei seiner Mutter lebt, bereits seit Jahren nicht mehr besteht. In diesem Zusammenhang kommt den oben auszugsweise zitierten Äußerungen des Sohnes und seiner Mutter gegenüber der Familienrichterin bzw. gegenüber dem Jugendamt eine besondere Bedeutung zu, diese Äußerungen sprechen letztlich für sich selbst. Auch der letzte Besuch des Sohnes beim Antragsteller in der JVA liegt offenbar – laut Bestätigung der JVA vom 26. Februar 2014 – schon über neun Monate zurück.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass die zulässige spezialpräventiv motivierte öffentliche Zielsetzung der Ausweisungsentscheidung, zumal vor dem Hintergrund der vom Antragsteller nach wie vor ausgehenden strafrechtlichen Wiederholungsgefahr, den Eingriff in das Privat- und Familienleben des Antragstellers auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt.

Die zur Durchsetzung der Ausreisepflicht getroffenen Annexverfügungen (Ziffer III und IV des streitgegenständlichen Bescheides) beruhen auf den zu deren Begründung angegebenen Rechtsgrundlagen und begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

Ergänzend wird zur weiteren Begründung, um Wiederholungen zu vermeiden, in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO auf die ausführliche und zutreffende bzw. nicht zu beanstandende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides der Ausländerbehörde vom 7. Februar 2014 Bezug genommen.

Kosten: § 154 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 1 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. Juni 2014 wird in den Nrn. I. und II. aufgehoben.

II.

Die Nr. 2. des Bescheids des Landratsamts Dachau vom 21. Februar 2014 wird aufgehoben.

III.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat Erfolg.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Nr. 1 des Bescheids des Landratsamtes D. vom 21. Februar 2014 verfügten Ausweisung des Antragstellers (Nr. 2. des Bescheids).

Unter Zugrundelegung des Prüfungsrahmens des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erweist sich die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis als unzutreffend. Ungeachtet der Frage, ob das Verwaltungsgericht zu Recht von der materiellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ausgegangen ist, ist der Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ohne Weiteres begründet und die formell rechtswidrige Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des angefochtenen Bescheids vom 21. Februar 2014 in Nr. 2 dieses Bescheids bereits deshalb aufzuheben, weil der Antragsgegner den Sofortvollzug nicht entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet hat (zu dieser Entscheidungsform bei formellen Mängeln der Vollziehbarkeitsanordnung vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 93 m. Rspr.nachweisen).

In der Beschwerdebegründung vom 11. September 2014 wird vom Antragsteller zu Recht geltend gemacht, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich ist, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, B. v. 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 - juris Rn. 19). Dieses muss bei der schriftlichen Begründung des besonderen Interesses der Behörde an der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG, B. v. 18.9.2001 -1 DB 26/01 - juris Rn. 6). Pauschale, formelhafte Formulierungen genügen diesen Anforderungen grundsätzlich nicht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85). Darauf geht die Begründung des Sofortvollzugs mit keinem Wort ein.

Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid werden diesen Vorgaben letztlich nicht gerecht.

In der Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs geht der Antragsgegner davon aus, dass der Antragsteller unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft erneut Straftaten begehen werde. Das Haftende könne vor dem regulären Ende im Dezember 2015 und damit womöglich vor Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Ausweisungsverfahren liegen. Es sei deshalb erforderlich, die Ausweisung des Antragstellers bereits jetzt zu vollziehen.

Diese Ausführungen sind lediglich allgemeiner Natur und wiederholen im Wesentlichen die mit der Ausweisung selbst angenommene grundsätzliche Wiederholungsgefahr, die vom Antragsteller nach Auffassung des Antragsgegners ausgeht. Es fehlt aber eine auf den Einzelfall des Antragstellers bezogene und substantiierte Darlegung der Gründe, warum gerade in seinem Fall die sofortige Vollziehung ausnahmsweise angeordnet werden müsse. Dabei geht der Antragsgegner zudem von falschen Voraussetzungen aus, wenn im angefochtenen Bescheid von einer möglichen Haftentlassung die Rede ist. Denn der Antragsteller befindet sich längst nicht mehr in Strafhaft, sondern seit Januar 2014 in stationär-psychiatrischer Behandlung in einer Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie, in der er nicht nur eine Drogentherapie durchläuft, sondern ausweislich der Aussage seiner Therapeutin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 26. Juni 2014 auch seine Persönlichkeitsstörung mit guten Fortschritten behandelt wird. Darauf geht die Begründung des Sofortvollzugs mit keinem Wort ein.

Deshalb fehlt es bereits an dem erforderlichen formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war demzufolge aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tatbestand

1

Der im Jahr 1964 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.

2

Der Kläger reiste 1976 in das Bundesgebiet zu seinen Eltern ein. Seine Mutter war von 1969 bis 1982 als Arbeitnehmerin beschäftigt. Nach dem Besuch der Hauptschule schloss er eine Lehre als Elektrokaufmann ab. Im Dezember 1987 erhielt er eine Aufenthaltsberechtigung. Aus der im März 1988 geschlossenen Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen sind zwei Töchter hervorgegangen. Die Ehe wurde mittlerweile geschieden.

3

Der Kläger ist mehrfach strafrechtlich aufgefallen: Wegen Vergewaltigung seiner damaligen Ehefrau wurde er im November 2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Landgericht Krefeld verhängte gegen ihn im Oktober 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 11 Fällen und Körperverletzung. Dem Strafurteil ist zu entnehmen, dass der Kläger ab Januar 2004 Zeiten berufsbedingter Abwesenheit seiner Ehefrau zur Vornahme sexueller Handlungen an seiner älteren Tochter ausnutzte. Als er bemerkte, dass diese trotz des elterlichen Verbots Kontakt zu einem Jungen hatte, schlug er sie mit der Hand und der Faust ins Gesicht.

4

Der Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 2. Mai 2006 aus und drohte ihm für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Über die Ausweisung des assoziationsberechtigten Klägers sei im Ermessenswege zu entscheiden. Wegen der als Niederlassungserlaubnis fortgeltenden Aufenthaltsberechtigung genieße dieser besonderen Ausweisungsschutz, so dass er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden könne. Diese lägen in spezialpräventiver Ausprägung vor, denn der Schutz von Kindern vor Sexualdelikten und gewalttätigen Übergriffen sei eine überragend wichtige Aufgabe der Gemeinschaft und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die den Ausweisungsanlass bildende Tat wiege schwer; besonders fielen die Ausnutzung der Vertrauensstellung, die Wehrlosigkeit des Opfers und die Intensität der Tatbegehung ins Gewicht. Angesichts der Gesamtpersönlichkeit des Klägers und seines bisherigen Verhaltens bestehe eine hohe Wiederholungsgefahr. Er sei einschlägig vorbestraft und habe weder Einsicht in das begangene Unrecht gezeigt noch seien eine Aufarbeitung der Geschehnisse und der Versuch einer Überwindung seiner Neigungen erkennbar. Trotz Verwurzelung in den hiesigen Verhältnissen sowie familiärer Bindungen sei die Ausweisung angesichts der künftig vom Kläger ausgehenden Gefahren für elementare Rechtsgüter auch mit Blick auf Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung werde zunächst auf unbefristete Zeit ausgesprochen, da über eine Befristung erst nach positiven Veränderungen in der Person des Klägers entschieden werden könne. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Düsseldorf am 25. August 2006 zurück.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2007 ab. Die auf § 55 AufenthG und Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 gestützte Ermessensausweisung sei nicht zu beanstanden, weil der weitere Aufenthalt des Klägers eine tatsächliche und hinreichend schwere, das Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefährdung begründe. Die spezialpräventive Ausweisung stütze sich nicht allein auf die strafrechtliche Verurteilung. Vielmehr bestünden Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch neue Verfehlungen des Klägers drohe, wenn er zu seiner Familie und damit auch zu seiner jüngeren minderjährigen Tochter in das Umfeld komme, das seine Straftaten ermöglicht habe. Art. 8 EMRK und Art. 6 GG seien nicht verletzt, da bei der Abwägung die Art und Schwere der begangenen Straftaten sowie die Wiederholungsgefahr erheblich zulasten des Klägers ins Gewicht fielen.

6

Während des Berufungsverfahrens hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 7. März 2008 die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe wegen erhöhter Rückfallgefährdung des Klägers abgelehnt. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 13. Mai 2008 verworfen.

7

Mit Beschluss vom 5. September 2008 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat sich die Begründung des Verwaltungsgerichts zu eigen gemacht und darüber hinaus ausgeführt, dass das Ausweisungsverfahren nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens nicht zu beanstanden sei. Die Ausweisung sei auch materiell rechtmäßig, denn die Gefahrenprognose habe - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts - weiterhin Bestand. Der Kläger sei in erhöhtem Maße rückfallgefährdet. Dies verdeutlichten die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

8

Auf die Revision des Klägers hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 25. August 2009 - BVerwG 1 C 25.08 - (Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 53) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob sich der Schutz vor Ausweisung gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zugunsten eines türkischen Staatsangehörigen, der eine Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80 gegenüber dem Mitgliedstaat besitzt, in dem er seinen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren gehabt hat, nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG richtet. Der EuGH hat die Frage mit Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08 - (Ziebell) in einem Parallelverfahren verneint und entschieden, dass Art. 14 ARB 1/80 einer Ausweisung nicht entgegensteht, sofern das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 den Vorlagebeschluss aufgehoben.

9

Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG (Vier-Augen-Prinzip), das nach der Stand-Still-Klausel des Art. 13 ARB 1/80 weiter anzuwenden sei. Die Befassung der Widerspruchsbehörde im Nachgang zur Ausweisung genüge dem nicht. Bei der Gefahrenprognose seien auch nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Veränderungen zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, der sich nach der Entlassung aus der Strafhaft im September 2009 einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen und straffrei geführt habe. Klärungsbedürftig sei, was der EuGH in der Ziebell-Entscheidung mit der Schranke der Unerlässlichkeit der Ausweisung meine. Im Übrigen verstoße die unbefristete Ausweisung gegen das Übermaßverbot sowie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Der Kläger sei faktischer Inländer, da er sich wirtschaftlich und sozial integriert habe. Schließlich verletze die Ausweisung Art. 24 Abs. 3 der Grundrechte-Charta. Hilfsweise begehrt der Kläger im Revisionsverfahren, die Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung zu befristen. Er habe einen Befristungsanspruch aus der Rückführungsrichtlinie sowie § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011.

10

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt und hält die Revision für unbegründet.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers hat nur in geringem Umfang Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) die Ausweisung (1.) und die Abschiebungsandrohung (3.) als rechtmäßig angesehen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 ist der Beklagte jedoch zu verpflichten, die in Satz 1 und 2 der Vorschrift genannten Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren zu befristen (2.).

12

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, des Befristungsbegehrens und der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also des Berufungsgerichts am 5. September 2008 (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12 für die Ausweisung; Urteil vom 22. März 2012 - BVerwG 1 C 3.11 - Rn. 13 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - für die Abschiebungsandrohung). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3044). Damit sind insbesondere auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 - zu beachten.

13

1. Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.

14

1.1 Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 (ANBA 1981, 4 = InfAuslR 1982, 33) - ARB 1/80 -. Denn der Kläger besitzt eine Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80. Er ist im Alter von 12 Jahren zum Zweck der Familienzusammenführung erlaubt in das Bundesgebiet eingereist. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass seine Mutter von 1969 bis 1982 dem regulären Arbeitsmarkt angehört hat. Der Kläger hat bei seinen Eltern gelebt und die Mindestaufenthaltszeiten des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erfüllt. Nach Abschluss der Lehre zum Elektrokaufmann greift auch Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 zu seinen Gunsten. Demzufolge kann der Kläger gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422). Das ist hier der Fall. Damit liegen auch schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vor.

15

1.2 Der Senat hat bereits in dem Vorlagebeschluss vom 25. August 2009 - BVerwG 1 C 25.08 - (Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 53 Rn. 21) darauf hingewiesen, dass die Vergewaltigung der Ehefrau und der mehrfache sexuelle Missbrauch der älteren Tochter einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht bilden. Das strafrechtlich geahndete persönliche Verhalten des Klägers begründet eine - über die mit jedem Rechtsverstoß verbundene Störung der öffentlichen Ordnung hinausgehende - tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter der sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Integrität nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen sehr hohen Rang ein und lösen - insbesondere bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen - staatliche Schutzpflichten aus, die sich auch gegen die Eltern richten.

16

In dem Vorlagebeschluss (a.a.O. Rn. 22) hat der Senat des Weiteren ausgeführt, dass bei bedrohten Rechtsgütern mit einer hervorgehobenen Bedeutung für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr eher geringere Anforderungen gelten (ebenso Urteile vom 2. September 2009 - BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54 Rn. 17 und vom 3. August 2004 - BVerwG 1 C 30.02 - BVerwGE 121, 297 <305 f.>). An diesem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung Kritik geäußert worden, da er dem Interesse einer möglichst umfassenden Effektivierung der Grundfreiheiten und der daher gebotenen engen Auslegung der unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Aufenthaltsbeendigung als ultima ratio nicht gerecht werde (VGH Mannheim, Urteile vom 4. Mai 2011 - 11 S 207/11 - NVwZ 2011, 1210 und vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - NVwZ-RR 2012, 492). Dem vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, da jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (Urteile vom 6. September 1974 - BVerwG 1 C 17.73 - BVerwGE 47, 31 <40>; vom 17. März 1981 - BVerwG 1 C 74.76 - BVerwGE 62, 36 <39> und vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347 <356>). Auch die den Gerichten der Mitgliedstaaten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O.), kann im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr begründet. Der Senat hat schon zu § 12 Abs. 3 AufenthG/EWG entschieden, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (Urteil vom 27. Oktober 1978 - BVerwG 1 C 91.76 - BVerwGE 57, 61 <65>).

17

Diesen Maßgaben genügt die von dem Beklagten gestellte und von den Vorinstanzen bestätigte Prognose der konkreten Wiederholungsgefahr beim Kläger. Beklagter und Verwaltungsgericht haben die Tatumstände, die Persönlichkeitsstruktur des Klägers, bei dem Einsicht, Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Geschehenen fehlen, sowie die mangelnde Überwindung seiner Neigungen durch therapeutische Unterstützung umfassend gewürdigt. Das Berufungsgericht hat sich das zu eigen gemacht. Darüber hinaus hat es darauf abgestellt, dass die Strafvollstreckungskammer wegen der erhöhten Rückfallgefährdung des Klägers die Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung abgelehnt und die Justizvollzugsanstalt sich dahingehend geäußert hat, dass bereits eine Gewährung von Hafturlaub nicht kalkulierbare Sicherheitsrisiken berge. Auf der Grundlage dieser das Revisionsgericht bindenden tatrichterlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zur erhöhten Rückfallgefährdung des Klägers ist auch nicht ansatzweise zu erkennen, dass das Berufungsgericht seiner Prognose zulasten des Klägers einen zu niedrigen und damit unzutreffenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt hat. Die ausführliche Würdigung der Persönlichkeit des Klägers und die aus konkreten Umständen abgeleitete Wiederholungsgefahr belegen, dass der Beklagte nicht allein die strafrechtliche Verurteilung zum Anlass für die ausschließlich spezialpräventiv motivierte Ausweisung genommen, sondern die zukünftig vom Kläger ausgehende Gefahr in den Blick genommen hat.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigt die Zeitspanne, die infolge der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an den EuGH zwischen der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts und der Verhandlung vor dem Senat verstrichen ist, weder die Berücksichtigung der von ihm vorgetragenen neuen tatsächlichen Umstände im Revisionsverfahren noch eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht ist - abgesehen von Fällen begründeter Verfahrensrügen - entsprechend seiner vornehmlich auf die Rechtsprüfung beschränkten Aufgabenstellung nach § 137 Abs. 2 VwGO an die vom Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Diese das Rechtsmittel der Revision kennzeichnende Beschränkung führt dazu, dass das Revisionsgericht den Streitfall nicht in gleichem Umfang wie das Berufungsgericht prüft und dass es deshalb - im Gegensatz zum Berufungsgericht (§ 128 VwGO) - neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel nicht berücksichtigt (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <75>). Dies schließt auch eine Zurückverweisung der Sache nur wegen nachträglicher Veränderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts grundsätzlich aus. Damit soll gleichzeitig der Gefahr einer "Endlosigkeit" des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgebeugt und verhindert werden, dass einer in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Berufungsentscheidung nachträglich die Grundlage entzogen wird (Urteile vom 28. Februar 1984 - BVerwG 9 C 981.81 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19 S. 48<51 f.> und vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <105 f.>).

19

Die in § 137 Abs. 2 VwGO enthaltene revisionsrechtliche Sperre für die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Umstände wird nicht dadurch überwunden, dass Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen das Vorliegen einer gegenwärtigen, d.h. aktuellen Gefahr verlangt (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 80, 82 und insbesondere Rn. 84). Damit wird der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sachlage angesprochen, der infolge der der Verwaltungsgerichtsordnung zu entnehmenden Trennung zwischen Tatsacheninstanzen und Revisionsinstanz nur für Entscheidungen der Tatsachengerichte maßgeblich ist. Denn nur ihnen obliegt gemäß § 86 Abs. 1 und 2, §§ 108 und 128 VwGO die Erforschung des Sachverhalts und die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen im Wege freier richterlicher Beweiswürdigung. Diese Trennung der Funktionen von Tatsachen- und Rechtsinstanz wird durch das Unionsrecht nicht modifiziert, da es nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, das gerichtliche Verfahrensrecht auch insoweit zu regeln, als es den Schutz von aus dem Unionsrecht erwachsenden individuellen Rechten gewährleisten soll. Dabei dürfen die prozessrechtlichen Regelungen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als bei entsprechenden, nur auf nationales Recht gestützten Rechtsbehelfen (Äquivalenzgrundsatz). Zudem darf nach dem Effektivitätsgrundsatz die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (EuGH, Urteile vom 12. Februar 2008 - Rs. C-2/06, Kempter - Slg. 2008, I-411 Rn. 57 und vom 10. April 2003 - Rs. C-276/01, Steffensen - Slg. 2003, I-3735 Rn. 60 ff. - jeweils m.w.N.). Beiden Grundsätzen wird die Bindung des Revisionsgerichts aus § 137 Abs. 2 VwGO auch in der vorliegenden Fallkonstellation gerecht. Die Eröffnung der auf eine reine Rechtskontrolle beschränkten dritten Instanz widerspricht auch nicht dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aus Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh). Denn der dort niedergelegte Grundsatz effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes eröffnet dem Einzelnen den Zugang zu einem Gericht und nicht zu mehreren Gerichtsinstanzen (EuGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - Rs. C-69/10, Samba Diouf - NVwZ 2011, 1380 Rn. 69). Er verlangt nicht, dass ein nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats eröffnetes Rechtsmittel wie die Revision eine Überprüfung der Tatsachen auf aktuellem Sachstand ermöglicht. Im Übrigen steht dem Kläger im Hinblick auf nach der Berufungsentscheidung eingetretene Umstände, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der von ihm ausgehenden Gefahr mit sich bringen können, die Möglichkeit zur Beantragung einer Verkürzung der von der Ausländerbehörde gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 - 5 AufenthG bereits mit der Ausweisung festzusetzenden Frist offen (dazu unter 2.).

20

1.3 Da der Kläger ein assoziationsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht besitzt, darf er nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Bei deren gerichtlicher Überprüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen (EuGH, Urteil vom Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 84; so bereits Urteil vom 3. August 2004 - BVerwG 1 C 29.02 - BVerwGE 121, 315 <320 f.>). Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über den Erlass einer Ausweisung erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise mit den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet. Zugunsten des Ausländers sind die Gründe für einen besonderen Ausweisungsschutz (§ 56 AufenthG) sowie die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Außerdem sind die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, in die Abwägung einzustellen (§ 55 Abs. 3 AufenthG). Die von Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange auf Achtung des Privat- und Familienlebens sind dabei entsprechend ihrem Gewicht und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländern, zumal wenn sie über keine Bindungen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit verfügen.

21

Mit Blick auf diese Vorgaben hat der Senat bereits im Vorlagebeschluss vom 25. August 2009 (a.a.O. Rn. 24) ausgeführt, dass die Ermessensausübung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter der sexuellen Selbstbestimmung sowie der körperlichen Integrität von Frauen in seiner Umgebung nicht überschritten. Es begegnet keinen Bedenken, dass der Beklagte das durch den Rechtsgüterschutz geprägte und durch grundrechtliche Schutzpflichten zusätzlich verstärkte öffentliche Interesse daran, den Aufenthalt des Klägers zu beenden, höher gewichtet hat als dessen Interesse an einem Verbleib in Deutschland. Zwar schlägt sein über dreißigjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu seinen Gunsten zu Buche. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass er über ausreichende persönliche Bindungen in die Türkei verfügt, so dass ihm die Ausreise dorthin zumutbar ist. Der Schutz des Familienlebens und der elterlichen Sorge genießt hohe Bedeutung, verliert aber an Gewicht, wenn man das Kindeswohl der minderjährigen Tochter mitberücksichtigt, so dass die Aufenthaltsbeendigung auch im Hinblick auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art. 24 Abs. 3 der GRCh gerechtfertigt ist. In der Gesamtabwägung aller gegenläufigen Belange ist die Ausweisung verhältnismäßig und "unerlässlich" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 86). Denn mit diesem Begriff hat der Gerichtshof lediglich die gebotene Abwägung der öffentlichen mit den privaten Interessen des Betroffenen, d.h. dessen tatsächlich vorliegende Integrationsfaktoren, im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesprochen (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - NVwZ-RR 2012, 492).

22

1.4 Die weiteren Rügen der Revision sind unbegründet; insbesondere ist das Ausweisungsverfahren fehlerfrei durchgeführt worden. Zwar war das in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG enthaltene "Vier-Augen-Prinzip" auf assoziationsrechtlich begünstigte türkische Staatsangehörige zu übertragen (Urteil vom 13. September 2005 - BVerwG 1 C 7.04 - BVerwGE 124, 217 <221 f.> im Anschluss an EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005 - Rs. C-136/03, Dörr und Ünal - Slg. 2005, I-4759 = NVwZ 2006, 72). In dem hier vorliegenden Fall hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid aber am 2. Mai 2006 und damit erst nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG zum 30. April 2006 (Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG) erlassen. Zu diesem Zeitpunkt galt Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG nicht mehr; stattdessen ist nunmehr Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG als unionsrechtlicher Bezugsrahmen für die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 heranzuziehen (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 79). Nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG steht langfristig Aufenthaltsberechtigten zur Überprüfung einer Ausweisung der Rechtsweg offen; die Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren zur Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme ist nicht vorgeschrieben.

23

Im Übrigen hat der Gerichtshof vor Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG die Anwendung des "Vier-Augen-Prinzips" auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige damit begründet, dass die im Rahmen von Art. 48 EGV eingeräumten Rechtspositionen so weit wie möglich auf assoziationsberechtigte türkische Arbeitnehmer übertragen werden müssen. Um effektiv zu sein, müssten diese (materiellen) Rechte von den türkischen Staatsangehörigen vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können. Zur Gewährleistung der Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes sei es unabdingbar, ihnen die Verfahrensgarantien zuzuerkennen, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden. Daher müsse es ihnen ermöglicht werden, sich u.a. auf Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG zu berufen, da die Verfahrensgarantien untrennbar mit den materiellen subjektiven Rechten verbunden seien, auf die sie sich beziehen (EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005 a.a.O. Rn. 62 und 67). Da Ausgangspunkt der Betrachtung des Gerichtshofs die Verfahrensgarantien sind, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden, erweist sich seine Rechtsprechung zur Übertragung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige schon im Ansatz offen für Fälle von Rechtsänderungen, die die Stellung der Unionsbürger betreffen. Für diese gewährleistet Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG gegen Entscheidungen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung getroffen werden, einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde. Im Rechtsbehelfsverfahren sind nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände zu überprüfen, auf denen die Entscheidung beruht. Nach Satz 2 gewährleistet das Rechtsbehelfsverfahren, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG nicht unverhältnismäßig ist. Demzufolge gebietet Unionsrecht bei Ausweisungen von Unionsbürgern keine behördliche Kontrolle mehr nach dem "Vier-Augen-Prinzip". Dann können assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nach der dynamisch angelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Übertragung von Rechten auf diese Gruppe keine bessere verfahrensrechtliche Rechtsstellung beanspruchen.

24

Demgegenüber beruft sich der Kläger auf die Stillhalteklauseln in Art. 13 ARB 1/80 und Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP. Gemäß Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Aus diesen Stand-Still-Klauseln ergibt sich nach Auffassung des Klägers, dass Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei der Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger weiterhin anzuwenden sei. Dem folgt der Senat nicht.

25

Gegen die Auffassung des Klägers spricht bereits, dass Art. 13 ARB 1/80 seinem Wortlaut nach nur die Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union verpflichtet. Art. 41 Abs. 1 ZP betrifft sachlich nur Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, nicht aber die der Arbeitnehmerfreizügigkeit zuzurechnende aufenthaltsrechtliche Stellung aus Art. 7 ARB 1/80. Des Weiteren erscheint fraglich, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittenen Stand-Still-Klauseln überhaupt Verfahrensregelungen bei der Aufenthaltsbeendigung erfassen (vgl. Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 20 zu den gesetzlichen Erlöschenstatbeständen für Aufenthaltstitel) und ob die Aufhebung des "Vier-Augen-Prinzips" mit Blick auf die gerichtliche Überprüfbarkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG eine merkliche Verschlechterung der Rechtsposition darstellt. Das kann aber dahinstehen, da die weitere Anwendung des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige selbst bei Annahme einer rechtserheblichen Verschlechterung gegen Art. 59 ZP verstoßen würde. Nach dieser Vorschrift darf der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Das wäre aber bei weiterer Anwendung des "Vier-Augen-Prinzips" im Vergleich zu den Verfahrensrechten von Unionsbürgern aus Art. 31 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG - wie oben dargelegt - der Fall.

26

Im Übrigen entspricht das im vorliegenden Fall durchgeführte Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO den Anforderungen der in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG enthaltenen Verfahrensgarantien (Urteil vom 13. September 2005 a.a.O. S. 221 f.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat mangels durchgreifender neuer Argumente der Revision fest.

27

2. Auf den Hilfsantrag des Klägers, mit dem dieser die Befristung der Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung begehrt, ist die Beklagte zu verpflichten, die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren zu befristen. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

28

2.1 Der erst in der Revisionsinstanz gestellte Hilfsantrag ist zulässig. Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren in § 142 VwGO steht dem nicht entgegen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll sich das Revisionsgericht grundsätzlich auf die rechtliche Prüfung des in der Vorinstanz bereits erörterten und aufbereiteten Streitstoffes beschränken, um nicht wegen eines erstmals im Revisionsverfahren gestellten Klageantrags ohne weitere Rechtsprüfung zu einer Zurückverweisung gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO gezwungen zu sein (Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 21.88 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 21 = NVwZ 1990, 260<261>). Eine solche Situation liegt aber hier nicht vor. Während des Revisionsverfahrens ist § 11 AufenthG durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 in der Weise geändert worden, dass der Kläger nunmehr einen Anspruch auf gleichzeitige Befristung der in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung hat (s.u. 2.2.2). Dieser Änderung des materiellen Rechts trägt der gestellte Hilfsantrag Rechnung. Durch dessen Einbeziehung wird der Streitstoff auch nicht verändert, da der Befristungsanspruch in tatsächlicher Hinsicht vollumfänglich auf dem gegen die Ausweisung gerichteten Anfechtungsbegehren aufbaut (vgl. Urteil vom 26. Januar 1995 - BVerwG 3 C 21.93 - BVerwGE 97, 331 <342>).

29

2.2 Der Hilfsantrag ist nur in geringem Umfang begründet. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. darf ein Ausländer, der ausgewiesen worden ist, nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm wird nach Satz 2 der Vorschrift auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Satz 3 der Vorschrift ordnet an, dass diese kraft Gesetzes eintretenden Wirkungen auf Antrag befristet werden. Die Frist ist gemäß Satz 4 unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei Bemessung der Länge der Frist wird berücksichtigt, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist (Satz 5). Die Frist beginnt nach Satz 6 mit der Ausreise. Nach Satz 7 erfolgt keine Befristung, wenn ein Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder aufgrund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde.

30

2.2.1 Seit Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 haben Ausländer grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet (Weiterentwicklung der Rechtsprechung im Urteil vom 14. Februar 2012 - BVerwG 1 C 7.11 - juris Rn. 28 f.). Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

31

Die Regelungen zur Befristung der Wirkungen einer Ausweisung und Abschiebung sind seit dem Ausländergesetz 1965 kontinuierlich zugunsten der betroffenen Ausländer verbessert worden. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 stand die Befristung der Wirkungen von Ausweisung und Abschiebung noch vollumfänglich im Ermessen der Ausländerbehörde. § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 sah vor, dass auf Antrag eine Befristung in der Regel erfolgte (ebenso § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG 2004); die Länge der Frist lag im Auswahlermessen der Behörde. Diese Entwicklung belegt die gewachsene Sensibilität des Gesetzgebers für die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung in zeitlicher Dimension angesichts der einschneidenden Folgen für die persönliche Lebensführung des Ausländers und die ihn ggf. treffenden sozialen, familiären und wirtschaftlichen Nachteile (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1979 - 1 BvR 650/77 - BVerfGE 51, 386 <398 ff.>). Denn typischerweise genügt eine zeitlich befristete Ausweisung zur Erreichung der mit dieser ordnungsrechtlichen Maßnahme verfolgten präventiven Zwecke (Urteile vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 13.99 - BVerwGE 110, 140 <147> und vom 11. August 2000 - BVerwG 1 C 5.00 - BVerwGE 111, 369 <371 ff.>).

32

Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung setzte nach den bisher geltenden Vorschriften grundsätzlich die vorherige Ausreise des Ausländers voraus (Beschluss vom 17. Januar 1996 - BVerwG 1 B 3.96 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 5; Urteil vom 7. Dezember 1999 a.a.O. S. 147; vgl. auch BTDrucks 11/6321 S. 57 zu § 8 Abs. 2 AuslG 1990). Die gesetzliche Systematik von Ausweisung und Befristung war zweitaktig angelegt, da im Zeitpunkt des Erlasses einer (auch) spezialpräventiv motivierten Ausweisung typischerweise kaum zu prognostizieren ist, wie der Betroffene sich zukünftig verhalten wird. Das Verhalten nach der Ausweisung ist aber neben dem Gewicht des Ausweisungsgrundes, der Berücksichtigung des Ausweisungszwecks und der Folgenbetrachtung im Hinblick auf das Übermaßverbot einer der für die Fristbestimmung maßgeblichen Faktoren (Urteil vom 11. August 2000 a.a.O. S. 372 ff.). Die im Gesetz angelegte Trennung von Ausweisung einerseits und Befristung ihrer Wirkungen andererseits hat zur Folge, dass eine fehlerhafte Befristungsentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit der Ausweisung führt, sondern selbstständig angreifbar ist (Beschlüsse vom 31. März 1981 - BVerwG 1 B 853.80 - Buchholz 402.24 § 15 AuslG Nr. 3 und vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 1 B 160.93 - Buchholz 402.240 § 47 AuslG 1990 Nr. 2; Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 30).

33

Der Senat hat bereits zur früheren Rechtslage mehrfach entschieden, dass die Ausländerbehörde zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Einzelfall auch von Amts wegen verpflichtet sein kann, die Wirkungen der Ausweisung schon bei Erlass der Ausweisung zu befristen. Ob dies erforderlich war, hing bei einer spezialpräventiven Ausweisung von den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Ausmaß der von dem Ausländer ausgehenden Gefahr, der Vorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung dieser Gefahr und den schutzwürdigen Belangen des Ausländers und seiner Angehörigen ab (Urteile vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 2.04 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 42, vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 Rn. 18 und vom 2. September 2009 - BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54 Rn. 25 sowie Beschluss vom 20. August 2009 - BVerwG 1 B 13.09 - Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 4 Rn. 8). Bei einer allein generalpräventiv motivierten Ausweisung eines Ausländers mit besonderem Ausweisungsschutz war es demgegenüber regelmäßig geboten, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung von Amts wegen zugleich mit der Ausweisung zu entscheiden. Denn in diesen Fällen lässt sich bereits in dem für die Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt beurteilen, wie lange der Betroffene unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen privaten Belange vom Bundesgebiet ferngehalten werden muss, um die notwendige generalpräventive Wirkung zu erzielen, so dass es unverhältnismäßig wäre, ihn über diesen für seine Lebensplanung wichtigen Umstand im Unklaren zu lassen (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 29). Sowohl bei der generalpräventiven als auch bei der spezialpräventiven Ausweisung kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i.V.m. Art. 6 GG ausnahmsweise sogar die Befristung der Sperrwirkung einer Ausweisung "auf Null" gebieten, ohne dass der Ausländer zur vorherigen Ausreise verpflichtet ist (Urteil vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 LS 4 und Rn. 28).

34

Das Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 hat die Rechtslage für die betroffenen Ausländer weiter verbessert: § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. verschafft dem Betroffenen nunmehr - vorbehaltlich der Ausnahmen in Satz 7 der Vorschrift - einen uneingeschränkten, auch hinsichtlich der Dauer der Befristung voller gerichtlicher Überprüfung unterliegenden Befristungsanspruch (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 32 f. - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen). Zugleich ist hinsichtlich der Dauer der Frist geregelt, dass diese unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen ist und fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG n.F.).

35

Diese Änderungen des § 11 AufenthG dienen der Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 - Rückführungsrichtlinie (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98). Diese Richtlinie, die auf Art. 63 Abs. 3 Buchst. b EG (jetzt: Art. 79 Abs. 2 Buchst. c AEUV) gestützt ist und die illegale Einwanderung bekämpfen soll, ergänzt die Migrationspolitik um eine wirksame Rückkehrpolitik mit klaren, transparenten und fairen Vorschriften (4. Erwägungsgrund). Die Richtlinie findet gemäß Art. 2 Abs. 1 - vorbehaltlich der Opt-out-Klausel in Absatz 2 der Vorschrift - Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese die Voraussetzungen für die Einreise bzw. den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllen (5. Erwägungsgrund). Im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen des EU-Rechts sollen Entscheidungen gemäß dieser Richtlinie auf Grundlage des Einzelfalls und anhand objektiver Kriterien getroffen werden (6. Erwägungsgrund). Um die Interessen der Betroffenen wirksam zu schützen, sollen für Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr eine Reihe gemeinsamer rechtlicher Mindestgarantien gelten (11. Erwägungsgrund). Die Wirkung der einzelstaatlichen Rückführungsmaßnahmen soll einen europäischen Zuschnitt erhalten (14. Erwägungsgrund). Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie definiert die Rückkehrentscheidung als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird. Rückkehrentscheidungen gehen in den in Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie genannten Fällen mit einem Einreiseverbot einher; gemäß Satz 2 der Vorschrift können sie in anderen Fällen mit einem Einreiseverbot einhergehen. Das Einreiseverbot definiert Art. 3 Nr. 6 der Richtlinie als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt werden und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Die Dauer des Einreiseverbots wird gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Die Dauer des Einreiseverbots kann jedoch nach Satz 2 der Vorschrift fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Verfahrensrechtlich garantiert Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie die Möglichkeit der Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs gegen Entscheidungen nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie, also Rückkehrentscheidungen sowie ggf. Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung.

36

Die Begründung des Gesetzentwurfs zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 geht davon aus, dass große Teile der in der Rückführungsrichtlinie enthaltenen Vorgaben durch die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes zur Aufenthaltsbeendigung bereits erfüllt werden. Da die Richtlinie - anders als das geltende Aufenthaltsrecht mit der Differenzierung zwischen Ausreisepflichten kraft Verwaltungsakts und kraft Gesetzes - eine "Rückkehrentscheidung" verlange, an die unterschiedliche prozedurale bzw. formelle Garantien geknüpft würden, seien punktuelle gesetzliche Anpassungen erforderlich. Diese erfolgten jedoch innerhalb der geltenden Systematik, indem sie an den die Ausreisepflicht begründenden Verwaltungsakt (z.B. Ausweisung) oder an die Abschiebungsandrohung nach § 59 des Aufenthaltsgesetzes geknüpft würden. Die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie erfordere darüber hinaus die Einführung einer Regelobergrenze von fünf Jahren für die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 AufenthG (BTDrucks 17/5470 S. 17).

37

Das macht deutlich, dass sich der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 11 AufenthG auch hinsichtlich der in Absatz 1 Satz 1 und 2 der Vorschrift genannten gesetzlichen Folgen der Ausweisung und deren Befristung an den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Rückkehrentscheidung orientiert hat. Im Regelungsmodell der Richtlinie ist das Einreiseverbot jedoch als antragsunabhängige, mit einer Rückkehrentscheidung von Amts wegen einhergehende Einzelfallentscheidung ausgestaltet, in der die Dauer der befristeten Untersagung des Aufenthalts in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt wird (Art. 3 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Richtlinie). Aus der Absicht des Gesetzgebers, dieses Modell trotz der beibehaltenen systematischen Trennung von Ausweisung und Befristung nachzuvollziehen, ergeben sich zwei Konsequenzen: Zum einen gebietet § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. den gleichzeitigen Erlass von Ausweisung und Befristung. Zum anderen genügt für den in dieser Vorschrift vorgesehenen Antrag jede Form der Willensbekundung des Betroffenen, mit der dieser sich gegen eine Ausweisung wendet (anders noch zu § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990: Beschluss vom 14. Juli 2000 - BVerwG 1 B 40.00 - Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 18). Dieser Auslegungsbefund des einfachen Rechts trägt zugleich der besonderen Bedeutung der Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK Rechnung. Denn der EGMR zieht die Frage der Befristung bei der Prüfung von Ausweisungen am Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK als ein wesentliches Kriterium heran (EGMR, Urteile vom 17. April 2003 - Nr. 52853/99, Yilmaz/Deutschland - NJW 2004, 2147; vom 27. Oktober 2005 - Nr. 32231/02, Keles/Deutschland - InfAuslR 2006, 3 <4>; vom 22. März 2007 - Nr. 1638/03, Maslov/Österreich - InfAuslR 2007, 221 <223> und vom 25. März 2010 - Nr. 40601/05, Mutlag/Deutschland - InfAuslR 2010, 325 <327>). Diese grund- und menschenrechtlichen Impulse verbunden mit der Absicht des Gesetzgebers, sich am Regelungsmodell der Rückführungsrichtlinie zu orientieren, führen in der Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass der Erlass einer Entscheidung zur Befristung der Wirkungen einer Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht mehr die vorherige Ausreise des Ausländers voraussetzt.

38

Dagegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, aus § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ergebe sich, dass der Gesetzgeber nach wie vor von einer nachträglichen Befristung ausgehe. Nach dieser Vorschrift ist bei der Bemessung der Fristlänge zu berücksichtigen, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Umstände erst nach Erlass der Ausweisung feststellen lassen. Dennoch läuft die Vorschrift bei gleichzeitigem Erlass von Ausweisung und Befristung nicht leer. Denn die Ausländerbehörde hat ihre zusammen mit der Ausweisung getroffene Befristungsentscheidung, die sich u.a. auf eine Prognose des künftigen Verhaltens des Ausländers stützt und die Folgen der Ausweisung im Hinblick auf das zeitliche Übermaßverbot berücksichtigt, auf Antrag zu überprüfen und ggf. neu zu fassen, wenn einer der für die Fristbestimmung maßgeblichen Faktoren sich im Nachhinein ändert. Neben nachgewiesenen entscheidungserheblichen Änderungen der Sachlage kennzeichnet § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG einen zusätzlichen Punkt, der von der Ausländerbehörde bei einer nachträglich beantragten Verkürzung der Frist zu berücksichtigen ist. Im Übrigen haben auch die Gerichte bei ihrer Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Befristungsentscheidung, die auch hinsichtlich der Bemessung der Fristdauer seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht mehr im Ermessen der Ausländerbehörde steht (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 31), die rechtzeitige und freiwillige Ausreise des Betroffenen zu berücksichtigen.

39

2.2.2 Fehlt die notwendige Befristung der Wirkungen der Ausweisung, hat das aber auch nach Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht zur Folge, dass die - als solche rechtmäßige - Ausweisung aufzuheben ist. Vielmehr kann der Ausländer zugleich mit Anfechtung der Ausweisung seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gerichtlich durchsetzen (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 30). Damit wird dem sich aus dem materiellen Recht ergebenden Anspruch des Betroffenen auf gleichzeitige Entscheidung über die Ausweisung und die Befristung ihrer Wirkungen Rechnung getragen und die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung im Ergebnis gewährleistet. Diese verfahrensrechtliche Ausgestaltung entspricht der gesetzlichen Systematik, die nach wie vor zwei getrennte Verwaltungsakte - die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits - vorsieht (s.o. Rn. 32). Prozessual wird dieses Ergebnis dadurch sichergestellt, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung ihrer Wirkungen gesehen wird, sofern eine solche nicht bereits von der Ausländerbehörde verfügt worden ist. Das Prozessrecht muss gewährleisten, dass der Ausländer gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht auf ein eigenständiges neues Verfahren verwiesen wird. Daher ist im Fall der gerichtlichen Bestätigung der Ausweisung auf den Hilfsantrag zugleich eine Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu treffen.

40

Erachtet das Gericht die Ausweisung für rechtmäßig, hat es auf den Hilfsantrag des Betroffenen hin die Befristungsentscheidung der Ausländerbehörde vollumfänglich zu überprüfen. Hat eine Ausländerbehörde eine zu lange Frist festgesetzt oder fehlt - wie hier - eine behördliche Befristungsentscheidung, hat das Gericht über die konkrete Dauer einer angemessenen Frist selbst zu befinden und die Ausländerbehörde zu einer entsprechenden Befristung der Ausweisung zu verpflichten (Weiterentwicklung des Urteils vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 31).

41

2.2.3 Der Senat hält im vorliegenden Fall - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts und auf der Grundlage von dessen tatsächlichen Feststellungen - eine Frist von sieben Jahren für angemessen.

42

Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (zu der zuletzt genannten Voraussetzung vgl. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG). Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK messen und ggf. relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (vgl. Urteile vom 11. August 2000 - BVerwG 1 C 5.00 - BVerwGE 111, 369 <373> und vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 21.07 - BVerwGE 129, 243 Rn. 19 ff.). Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorzunehmen bzw. von den Verwaltungsgerichten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung des Gerichts zu überprüfen oder bei fehlender behördlicher Befristungsentscheidung - wie hier - durch eine eigene Abwägung als Grundlage des Verpflichtungsausspruchs zu ersetzen.

43

Die in § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG genannte Höchstfrist von fünf Jahren ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da von dem Kläger - im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts - eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht; das ergibt sich aus den Ausführungen zu den Ausweisungsvoraussetzungen. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der vom Berufungsgericht festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erachtet der Senat auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet einen Zeitraum von sieben Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential in der Person des Klägers Rechnung tragen zu können. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Rückfallgefahr bei Delikten dieser Art, des Alters des Klägers, seines (Nach-)Tatverhaltens ohne therapeutische Auf- und Verarbeitung des Geschehens sowie seines familiären Umfelds ist nicht zu erwarten, dass er die hier maßgebliche Gefahrenschwelle des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vor Ablauf der festgesetzten Frist unterschreiten wird. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der Beklagte auf den bei ihm während des Revisionsverfahrens gestellten Befristungsantrag auf aktueller Tatsachengrundlage zu prüfen hat, ob sich aus dem Vorbringen des Klägers zur Entwicklung seit dem 5. September 2008 Anhaltspunkte für eine Verkürzung der Frist ergeben.

44

3. Die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig. Der Kläger ist ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG), da infolge der Ausweisung seine gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgeltende Aufenthaltsberechtigung erloschen ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die im angefochtenen Bescheid vom Beklagten getroffene Festsetzung der Ausreisefrist von einem Monat legt der Senat in Übereinstimmung mit § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. zugunsten des Klägers dahingehend aus, dass ihm eine Frist von 31 Tagen für die freiwillige Ausreise zur Verfügung steht.

45

4. Die Frage, ob die Ausweisung, die Befristung ihrer Wirkungen und die Abschiebungsandrohung an den Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie zu messen sind, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass die Rückführungsrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, für davor erlassene und mit der Klage angegriffene Abschiebungsandrohungen keine Geltung beansprucht (Urteile vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 35 und vom 22. März 2012 a.a.O. Rn. 15; a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch VerwGH Wien, Urteile vom 16. Juni 2011 - Az. 2011/18/0064 - und vom 20. März 2012 - Az. 2011/21/0298). Für den sachlichen Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie ist zudem umstritten, ob die Ausweisung als Rückkehrentscheidung i.S.d. Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie 2008/115/EG angesehen werden kann (dafür: Basse/Burbaum/Richard, ZAR 2011, 361<364>; Hörich, ZAR 2011, 281 <284 Fn. 45>; dagegen: VGH Mannheim, Urteil vom 7. Dezember 2011 - 11 S 897/11 - NVwZ-RR 2012, 412; offen: OVG Münster, Urteil vom 22. März 2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88). Das alles kann indes hier dahinstehen. Denn selbst wenn man die intertemporale Geltung und die sachliche Anwendbarkeit der Rückführungsrichtlinie auf die (Wirkungen der) Ausweisung und die Abschiebungsandrohung unterstellt, verhilft das der Revision im vorliegenden Fall nicht in weitergehendem Umfang zum Erfolg. Da der Kläger mit seinem Hilfsantrag die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. gebotene Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung zusammen mit deren gerichtlicher Prüfung durchsetzen kann, wird den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie im Ergebnis Genüge getan. In dem hier vorliegenden Fall konnte die Dauer des Einreiseverbots auch die Regelfrist von fünf Jahren überschreiten, da der Kläger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung i.S.d. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG darstellt.

46

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Senat gewichtet den gegen die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung gerichteten Anfechtungsantrag mit 4/5 und den auf Befristung zielenden Verpflichtungsantrag mit 1/5. Nachdem der Kläger aber mit seinem Hilfsantrag nur zum Teil obsiegt hat, hat er 9/10 der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 5 K 15.00416

Im Namen des Volkes

Urteil

28. Januar 2016

5. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0600

Hauptpunkte: Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 AufenthG n. F., besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, hier: Verurteilung wegen unerlaubten, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; besonders schwerwiegende Bleibeinteressen, hier: Niederlassungserlaubnis, ausgeübtes Personensorgerecht für minderjährigen Deutschen, faktischer Inländer

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

..., Einwohneramt EP/2

vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

beteiligt: Regierung ..., als Vertretung des öffentlichen Interesses (Z 2)

wegen Ausländerrechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 5. Kammer, durch ... und durch die ehrenamtliche Richterin ... den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Januar 2016 am 28. Januar 2016 folgendes

Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Der am ... 1988 in ... geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Am 28. Juni 2004 erhielt der Kläger von der Beklagten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die ab dem 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgalt.

Der Kläger wuchs bei seiner Mutter und einem Stiefvater auf, er hat einen älteren Bruder sowie drei Halbgeschwister, die sämtlich in Deutschland leben.

Der Kläger besuchte die Hauptschule, verließ diese jedoch im Jahr 2002 nach der achten Klasse ohne Abschluss. Den qualifizierenden Hauptschulabschluss holte der Kläger im folgenden Schuljahr 2002/2003 auf der Berufsschule nach. Nach einem Förderlehrgang beim Christlichen Jugenddorf und einem einjährigen Praktikum bei ... in den Jahren 2004/2005 begann der Kläger bei ... im September 2005 eine Ausbildung als Verkäufer, brach diese jedoch im November 2005 ab, weil ihm die Ausbildung nicht gefiel. Anschließend war er arbeitslos bzw. arbeitete für neun Monate bei einer Zeitarbeitsfirma. Im März 2006 zog der Kläger mit seiner Freundin, Frau ..., einer deutschen Staatsangehörigen, zusammen in eine Wohnung. Am ... 2007 wurde der gemeinsame Sohn ... geboren, der deutscher Staatsangehöriger ist. Die Familie lebte von Arbeitslosengeld II, Erziehungs- und Kindergeld. Ab Februar 2008 begann der Kläger im SOS-Berufsausbildungszentrum nach einem vorgeschalteten Praktikum eine Ausbildung als Bauten- und Objektbeschichter, die er ebenfalls nicht abschloss. Im Zeitraum von Januar bis April 2009 arbeitete der Kläger befristet als Wäschereihelfer in einem Krankenhaus. In den Jahren 2010 bis 2012 ließ sich der Kläger als Maler und Lackierer ausbilden, wobei es wegen drogenbedingter Unzuverlässigkeit Schwierigkeiten gab. Im Jahr 2012 arbeitete der Kläger sporadisch und wurde während der Probezeit gekündigt. Daraufhin bezog der Kläger Sozialleistungen.

Der Kläger hat Schulden in Höhe von 12.000,00 EUR, die daher rühren, dass er Sachen bestellte, die er nicht bezahlen konnte. 3.000,00 EUR Schulden hat der Kläger wegen offener Stromrechnungen.

Seit seinem 16. Lebensjahr konsumierte der Kläger Drogen. Zuletzt konsumierte er vor allem Amphetamin und Metamphetamin, wobei der Anteil an Metamphetamin höher war. Er konsumierte davon etwa 0,6 bis 0,7 g pro Tag. Cannabis konsumierte er etwa 3 bis 4 g pro Tag. Ab und zu nahm er auch Kokain. Dieses rauchte er zuletzt, da die Schleimhäute der Nase angegriffen waren. Ein Versuch, mit dem Drogenkonsum aufzuhören, scheiterte, weil er gleichzeitig mit allem aufhören wollte.

Aus der Ausländerakte des Klägers ergeben sich folgende strafrechtliche Auffälligkeiten:

1. Amtsgericht ..., Beschluss vom 14. Februar 2005: Einstellung eines Verfahrens wegen Sachbeschädigung und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung nach § 47 JGG nach Erbringung von Arbeitsleistungen;

2. Amtsgericht ..., Urteil vom 16. August 2006: Freizeitarrest wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit versuchter Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch;

3. Amtsgericht ..., Urteil vom 9. Januar 2008: vier Tage Kurzarrest und 50 Stunden gemeinnützige Arbeit wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwei Fällen;

4. Amtsgericht ..., Urteil vom 5. März 2008: unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 9. Januar 2008 zwei Freizeitarreste und 50 Stunden gemeinnützige Arbeit wegen Leistungserschleichung in zwei Fällen;

5. Amtsgericht ..., Urteil vom 1. April 2009: eine Woche Dauerarrest wegen Körperverletzung;

6. Landgericht ..., Urteil vom 3. Juli 2014: sechs Jahre Freiheitsstrafe und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Der unter Nr. 6 genannten Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts den Kontakt zwischen einem weiteren Angeklagten, der bereits länger mit einer Vertrauensperson der Polizei in Kontakt gestanden hatte, und weiteren Angeklagten, die als Lieferanten von Amphetamin in Betracht kamen, herstellte. Nachdem eine Lieferung von fünf Kilo Amphetamin zu einem Preis von 30.000,00 EUR nicht zustande gekommen war, bestellte die Vertrauensperson der Polizei bei den Lieferanten acht Kilo Amphetamin zu 48.000,00 EUR. Dieses Geschäft wurde am 18. September 2013 durchgeführt. Das Amphetamin entsprach einer Wirkstoffmenge von 1.848,54 g. Nach der Übergabe des Betäubungsmittels an den nicht offen ermittelnden Polizeibeamten, der als Abnehmer aufgetreten war, wurden sämtliche Angeklagten, so auch der hiesige Kläger, festgenommen.

Der Kläger befand sich nach seiner vorläufigen Festnahme am 18. September 2013 aufgrund des Untersuchungshaftbefehls des Amtsgerichts ... vom 19. September 2013 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt.... Vom 10. Juli 2014 bis zum 16. März 2015 verbüßte der Kläger einen Teil seiner Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt ... in ..., von wo er zum Maßregelvollzug in das Bezirkskrankenhaus ... verlegt wurde. Dort wurde er am 20. März 2013 aufgenommen.

Am ... 2013 wurde der zweite Sohn des Klägers, ..., der deutscher Staatsangehöriger ist, geboren. Der Kläger hat für seinen Sohn ..., ebenso wie für seinen ersten Sohn ..., jeweils mit der Kindsmutter gemeinsam das Sorgerecht inne.

Die oben unter Nr. 6 aufgelistete Verurteilung des Klägers nahm die Beklagte am 21. Oktober 2014 zum Anlass, den Kläger zur beabsichtigten Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren anzuhören.

Einem Führungsbericht der JVA ... vom 21. November 2014 zufolge trat der Kläger während seines Aufenthalts in der JVA ... in zwei Fällen disziplinarisch in Erscheinung. Ein Brief seiner Lebenspartnerin sei am 27. Februar 2013 positiv auf Spice getestet worden. Der Kläger habe jedoch nicht überführt werden können. Am 17. Juni 2014 sei er mit einer einmonatigen Einkaufssperre wegen Rauchens im Nichtraucherwarteraum belegt worden. Die Führung werde von den betreuenden Bediensteten unterschiedlich beurteilt.

Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2014 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen bei der Beklagten und führte nach gewährter Fristverlängerung aus, der Kläger sei in Deutschland geboren, habe zwei deutsche Kinder und sei als angelernter Maler und Lackierer in die deutsche Gesellschaft integriert. Er spreche kein Serbisch. Alle seine Verwandten seien in Deutschland. Der Kläger sei mit einer deutschen Staatsangehörigen, der Mutter seines ersten Kindes, zusammen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 20. Januar 2014 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten weiter aus, der Kläger habe für seine beiden Kinder jeweils das gemeinsame Sorgerecht. Die Kinder würden im Falle einer Ausweisung und Abschiebung ein sorgeberechtigtes Elternteil verlieren. Die Mutter des Klägers und seine Geschwister befänden sich in Deutschland, er habe in Serbien niemanden. Der Kläger sei in Deutschland geboren und sozialisiert, er sei hier hervorragend integriert. Die Vorstrafen des Klägers seien, außer der letzten, kein Indiz für die Gefährlichkeit des Klägers. Er sei betäubungsmittelabhängig. Bei der der letzten Verurteilung zugrunde liegenden Tat sei sein Tatbeitrag nicht so gewichtig. Zudem habe der Kläger ein Geständnis abgelegt. Hinsichtlich seiner Betäubungsmittelabhängigkeit sei er therapiewillig und -fähig. Die Ausweisung und Abschiebung wäre mit der Vernichtung der sozialen Existenz des Klägers gleichzusetzen und daher ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK. Die Kinder des Klägers hätten ein Recht, mit beiden Elternteilen aufzuwachsen. Jedenfalls die Dauer der Ausweisung sei völlig unangemessen.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2015 wies die Beklagte den Kläger unter I. aus der Bundesrepublik Deutschland aus, befristete unter II. die Wirkungen der Ausweisung und einer eventuellen Abschiebung auf die Dauer von sieben Jahren ab Ausreise/Abschiebung, ordnete unter III. die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus, insbesondere nach Serbien an, forderte ihn unter IV. für den Fall, dass die Abschiebung während der Haft nicht möglich ist und er aus der JVA entlassen wird, auf, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Haftentlassung bzw. binnen einer Woche nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Verfügung zu verlassen und drohte ihm andernfalls die Abschiebung, insbesondere nach Serbien an und erhob unter V. für die Entscheidung unter II. eine Gebühr in Höhe von 30,00 EUR.

Zur Begründung führte die Beklagte insbesondere aus, der Kläger habe die Ausweisungstatbestände des § 53 Nr. 1 und 2 (jeweils i. d. F. v. 31.12.2015) verwirklicht, so dass er grundsätzlich auszuweisen sei. Dem Kläger komme jedoch der besondere Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (i. d. F. v. 31.12.2015) zugute. Er könne daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Diese lägen im Fall des Klägers jedoch vor. Dem Kläger werde zugute gehalten, er sei faktischer Inländer, er werde jedoch aus general- bzw. spezialpräventiven Gründen ausgewiesen. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr der erneuten Straffälligkeit des Klägers. Er sei bereits einschlägig vorbestraft. Beim Kläger bestehe eine Drogenproblematik. Er führe zwar eine Therapie durch, die aber im geschützten Raum der Maßregelunterbringung stattfinde. Ordnungsrechtlich sei weiterhin von einer Gefahr auszugehen. Die Interessenabwägung unter Berücksichtigung der in § 55 Abs. 3 AufenthG (i. d. F. v. 31.12.2015) aufgelisteten Belange ergebe hier ein Überwiegen des Ausweisungsinteresses. In der Justizvollzugsanstalt ... habe er nur Besuch von seiner Mutter erhalten, eine schützenswerte Beziehung zu seinem Sohn Leon, der erst am 25. April 2013 geboren wurde, bestehe nicht. Die Ausweisung sei auch nach Art. 8 EMRK und Art. 6 GG verhältnismäßig, weil von einer besonderen Schwere des hier gegebenen Drogendelikts auszugehen sei. Die nach dem Gewicht des Ausweisungsgrunds und dem mit der Ausweisung verfolgten Zweck zu bestimmende Länge der Frist wäre im Fall des Klägers grundsätzlich auf zehn Jahre festzusetzen. Angesichts seiner persönlichen Bindungen im Bundesgebiet und des Umstandes, dass der Kläger als faktischer Inländer anzusehen sei, reduziere sie diese Frist auf sieben Jahre.

Mit per Telefax am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 10. März 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2015 aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 16. März 2015 erwiderte die Beklagte und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Ausführungen im Rahmen der angefochtenen Ausweisungsverfügung.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2015 beteiligte sich die Regierung von ... als Vertretung des öffentlichen Interesses am Verfahren und trat der Ansicht der Beklagten bei. Der Kläger habe die Ausweisungstatbestände des § 53 Nr. 1 und Nr. 2 (jeweils i. d. F. v. 31.12.2015) verwirklicht, genieße jedoch besonderen Ausweisungsschutz gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (i. d. F. v. 31.12.2015). Im Fall des Klägers als faktischem Inländer sei eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles geboten. Eine Ausweisung des Klägers sei nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zu spezialpräventiven Zwecken möglich. Dies sei bei den hier vorliegenden Betäubungsmitteltaten gegeben. Die Prognoseentscheidung der Beklagten, dass vom Kläger auch in Zukunft die Gefahr weiterer schwerwiegender Straftaten ausgehe, sei zutreffend. Von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr könne nicht ausgegangen werden, solange eine Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen und deren Erfolg wie die damit verbundene Erwartung künftigen drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Straf- bzw. Therapieende nicht glaubhaft gemacht sei. Die von der Beklagten vorgenommene Abwägung zwischen den Interessen des Klägers und den öffentlichen Interessen, eine Gefährdung höchster Rechtsgüter abzuwehren, sei verhältnismäßig. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in den Schutzbereich der Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei nicht gegeben. Ausschlaggebend sei hier die Schwere der vom Kläger begangenen Taten. Auch sei der Kläger bereits seit 18. September 2013 in Haft. Der Kontakt zu seinen Kindern sei seitdem auf Briefe und Telefonate beschränkt.

Mit Schriftsatz vom 27. April 2015 begründete der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage und führte insbesondere aus, der Kläger sei in Deutschland geboren, lebe seit fast 27 Jahren hier und habe seine gesamte Ausbildung in Deutschland erhalten. Er habe zwei minderjährige Söhne, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit hätten und für die er jeweils das gemeinsame Sorgerecht innehabe. Der Kläger sei mit der Mutter des ersten Sohnes, Frau ..., die ebenfalls deutsche Staatsangehörige sei, bereits vor der Haft sieben Jahre zusammen gewesen. Es bestehe weiterhin die Absicht einer zukünftigen Eheschließung. Die Mutter und die Geschwister bzw. Halbgeschwister lebten alle in Deutschland. Ob sich in Serbien noch Verwandte aufhielten, sei nicht bekannt. Alle dem Kläger bekannten Verwandten lebten entweder in Deutschland oder in Österreich. Der Kläger spreche die serbische Sprache nicht und könne die in Serbien verwendete kyrillische Schrift weder lesen noch schreiben. Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung liege bereits dann vor, wenn höherrangiges Recht oder Vorschriften der EMRK eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles gebieten. Dies sei im Fall des Klägers der Fall. Nach Art. 6 GG müssten die für die Ausweisung eines in Deutschland geborenen Ausländers sprechenden Gründe überragendes Gewicht haben. Nach der Rechtsprechung des EGMR seien Natur und Schwere der Straftat des Ausländers, die Dauer seines Aufenthalts, die Stabilität der sozialen kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Zielstaat in Betracht zu ziehen. Von Relevanz sei weiter der Zeitraum, der seit Begehung der Straftat vergangen sei und das Verhalten des betroffenen Ausländers in dieser Zeit. Weiter sei zugunsten des betroffenen Ausländers zu berücksichtigen, wenn dieser, wie der Kläger, im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltsrechts sei. Der Kläger habe auch während der Inhaftierung weiterhin engen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Er sei während der Haft in Würzburg mindestens siebenmal von Frau ... besucht worden, wobei der gemeinsame Sohn sie zweimal begleitete. Während der weiteren Haftzeit in Bayreuth hätten weitere Besuche stattgefunden. Auch nach der Verhängung einer Besuchssperre gegen Frau ... habe weiterhin regelmäßiger brieflicher und telefonischer Kontakt bestanden. Auch von seiner Mutter sei der Kläger regelmäßig besucht worden. Nach Abschluss der im Strafurteil vom 3. Juli 2014 angeordneten Drogentherapie und der Entlassung aus der Entziehungsanstalt werde der Kläger umgehend eine Anstellung bei seinem Stiefvater erhalten können. Zu Serbien habe der Kläger außer seinem Pass keine Beziehungen. Nach fast 27 Jahren ausschließlichen Aufenthalts in Deutschland wäre es ihm völlig unmöglich dort beruflich Fuß zu fassen. Dies gelte umso mehr, da der Kläger als Moslem Angehöriger einer diskriminierten Minderheit wäre. Die Ausweisung sei nicht notwendig im Sinne von Art. 8 EMRK. Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des EGMR führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, eine solche Notwendigkeit lasse sich nicht aus der Natur und Schwere der Straftaten des Klägers ableiten. Auch die Höhe der gegen den Kläger verhängten Freiheitsstrafe stehe der Annahme eines Verstoßes gegen Art. 8 EMRK nicht grundsätzlich entgegen. Die Ausweisung könne auch nicht mit einer beim Kläger anzunehmenden Wiederholungsgefahr gerechtfertigt werden. Der Kläger sei durch die Haft beeindruckt und geläutert. Er konsumiere seit Beginn der Inhaftierung keine Drogen mehr. Aus der zum Zeitpunkt des Strafurteils festgestellten Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers lasse sich nicht per se eine Wiederholungsgefahr ableiten. Vielmehr begründe diese Betäubungsmittelabhängigkeit gerade die Möglichkeit einer erfolgreichen Therapie des Klägers. Nachdem es sich beim Kläger um einen faktischen Inländer handele, könne eine Ausweisung wohl erst dann erfolgen, wenn tatsächlich keine Aussichten auf eine grundlegende Resozialisierung des Klägers mehr bestünden und er voraussichtlich auch in Zukunft eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Entgegen den Ausführungen der Beklagten im angegriffenen Bescheid sei es völlig unzutreffend, dass dem Kläger nach erfolgreichem Abschluss der Drogentherapie und Haftentlassung eine wirtschaftliche Perspektive fehle. Die von der Beklagten vorgenommene generalpräventive Begründung der Ausweisung des Klägers müsse ausscheiden. Jedenfalls sei die von der Beklagten verfügte Ausweisung des Klägers sowohl im Hinblick auf die vorgetragenen spezialpräventiven als auch im Hinblick auf generalpräventive Gesichtspunkte unverhältnismäßig. Der Bescheid der Beklagten sei jedenfalls insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung und einer eventuellen Abschiebung des Klägers auf sieben Jahre ab Ausreise/Abschiebung befristet habe. Nachdem beim Kläger keine wesentliche Wiederholungsgefahr mehr vorliege, sei für eine präventive Begründung einer weiteren Fernhaltung des Klägers vom Bundesgebiet für einen Zeitraum von sieben Jahren nichts ersichtlich. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung sei die Höchstfrist von fünf Jahren vorliegend auch trotz der den Anlass der Ausweisung bildenden strafrechtlichen Verurteilung des Klägers und selbst bei Annahme einer weiterhin von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Als Abweichung von der gesetzlichen Regel bedürfe eine über fünf Jahre hinausgehende Befristung einer gesonderten Begründung. Eine weiterhin bestehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit als Voraussetzung für ein Überschreiten des Befristungszeitraums von fünf Jahren liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2016 legte die Beklagte einen Therapiebericht des Bezirkskrankenhauses ... sowie die Besucherliste der Justizvollzugsanstalt ..., aus der sich insbesondere vier Besuche der Mutter des Klägers, davon zwei zusammen mit seinem Sohn Malik, sowie ein weiterer Besuch dieses Sohnes in Begleitung eines Bekannten ergeben, und eine Mitteilung der Justizvollzugsanstalt ... über ein negatives Drogenscreening vor. Nach der Zusammenfassung des Therapieberichts des Bezirksklinikums ... vom 11. Januar 2016 sei festzustellen, dass der Kläger bei Krankheits- und Behandlungseinsicht von den therapeutischen Angeboten bisher habe profitieren können. Er habe Fortschritte hinsichtlich Reflexionsfähigkeit, aktivem Engagement gezeigt und habe einen authentischen Eindruck vermittelt. Mit der Therapie im Maßregelvollzug habe er sich gut identifizieren können.

Mit weiterem Schriftsatz vom 25. Januar 2016 legte die Beklagte die Besuchslisten für den Kläger während seiner Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt ... vor, aus der sich insbesondere drei Besuche der Mutter und fünf der Lebenspartnerin des Klägers ergeben sowie ein Besuch seines Sohnes ....

Mit weiterem Schriftsatz vom 25. Januar 2016 legte die Beklagte ein Schreiben der Justizvollzugsanstalt ... vom 22. Januar 2016 vor, aus dem sich ergibt, dass in der Justizvollzugsanstalt ... insgesamt vier Drogentests betreffend den Kläger durchgeführt worden seien, wovon der erste Test am 19. September 2013 positiv auf AMP, MTD und THC gewesen sei, die weiteren Kontrollen negativ.

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 28. Januar 2013 führte der Kläger aus, er habe mit seinem ersten Sohn eine sehr enge Beziehung und habe mit ihm und der Kindsmutter vor seiner Inhaftierung in einem Haushalt zusammengelebt. Das Kind habe ihn auch in der Justizvollzugsanstalt einige Male besucht. Im nunmehrigen Maßregelvollzug im Bezirkskrankenhaus komme der Sohn in der Regel einmal pro Woche. Sein zweiter Sohn habe ihn in der Justizvollzugsanstalt einmal besucht. Es seien viele Briefe gewechselt und viele Telefonate geführt worden. Im Juli 2014 sei der Kontakt abgebrochen. Der Kläger habe versucht, über das Jugendamt ... die neue Anschrift seines Sohnes bzw. der Kindsmutter zu erfahren. Er vermute, dass das Kind mit seiner Mutter zwischenzeitlich in Berlin lebe. Zum Therapiestand führte der Kläger aus, er habe gelernt, mit der Suchtkrankheit umzugehen. Er sei seit zwei Jahren clean und habe dementsprechend Vollzugslockerungen zugesprochen bekommen. Seine Lebensgefährtin beabsichtige, in die Türkei auszureisen und den gemeinsamen Sohn ... bei ihm zu lassen. Die informatorisch befragte Lebensgefährtin des Klägers führte aus, der Kläger habe eine sehr enge und gute Beziehung zu dem Sohn .... Sie wolle demnächst in die Türkei ausreisen, weil sie dort ein gutes Arbeitsangebot habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übergab im Original eine aktualisierte Bestätigung über ein Arbeitsangebot an den Kläger vom 27. Januar 2016. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte aus, in der Haft seien mindestens fünf Drogentests gemacht worden, wovon nur der allererste positiv gewesen sei. Eine Regelausweisung gebe es nicht mehr, es sei eine umfassende Abwägung vorzunehmen. Zur Wiederholungsgefahr führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, es habe sich um eine mittlere Droge gehandelt, der Strafrahmen reiche bis 15 Jahre. Zudem sei die Tat vollständig von der Polizei überwacht gewesen. Dieser befinde sich nun erstmals in Haft, so dass durchaus verantwortet werden könne, den Kläger bei seinem Sohn in Deutschland zu belassen. Der Beklagtenvertreter führte aus, zwar sei im geschützten Rahmen des Maßregelvollzugs ein guter Therapiefortschritt zu erkennen, es könne aber nicht verantwortet werden, das Therapieende abzuwarten. Die Vertreterin des öffentlichen Interesses führte aus, das Ausweisungsinteresse überwiege das Bleibeinteresse des Klägers.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2015 aufzuheben.

Jedenfalls die Sperrfrist von sieben Jahren erscheine unverhältnismäßig und müsse verkürzt werden.

Der Vertreter der Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger erhielt das letzte Wort und führte aus, er spreche kein serbisch und habe in Serbien keinerlei Angehörige. Er fühle sich als Deutscher. Soweit gesagt werde, die Therapie finde in einem gesicherten Rahmen statt, so stimme dies nicht. Auch dort seien Drogen im Umlauf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Behörden- und Gerichtsakte sowie auf die über die mündliche Verhandlung gefertigte Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die Beklagte hat den Kläger zu Recht aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und die zur Durchsetzung der sich daraus ergebenden Ausreisepflicht erforderlichen Annex-Entscheidungen getroffen. Auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf sieben Jahre ab Ausreise/Abschiebung ist nicht zu beanstanden.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der zur Durchsetzung der sich aus dieser ergebenden Ausreisepflicht getroffenen Annexentscheidungen sowie der Befristung der Wirkungen der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, U. v. 30.7.2013 - 1 C 9/12 - juris Rn. 8; U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12). Der Entscheidung sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften (BGBl I S. 2557), die insbesondere die Neufassung des Ausweisungsrechts durch Art. 1 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (BGBl. I S. 1386) mit Wirkung zum 1. Januar 2016 enthalten, zugrunde zu legen. Danach ist die Entscheidung über eine Ausweisung stets eine - gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare - Rechtsentscheidung (BR-Drs. 642/14, S. 56). Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung ist nunmehr einheitlich für alle denkbaren Ausweisungsanlässe, dass die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise (vgl. § 54 AufenthG n. F.) mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. § 55 AufenthG n. F.) ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Die durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2015 unter I. verfügte Ausweisung des Klägers, die die Beklagte noch auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der §§ 53 ff. AufenthG a. F. gestützt hat, beurteilt sich daher nach den §§ 53 - 55 AufenthG in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung.

Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Nach dieser seit 1. Januar 2016 geltenden Rechtslage handelt es sich bei der Ausweisungsentscheidung in keinem Fall mehr um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gerichtlich voll überprüfbare Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BR-Drs. 642/14, S. 56). Dabei ist zunächst von den in den §§ 54 und 55 AufenthG typisierten, aber nicht abschließend angeführten besonders schwerwiegenden und schwerwiegenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen auszugehen. Hat ein nach diesen Vorschriften vertyptes Interesse nach der gesetzgeberischen Wertung stärkeres Gewicht als die gegenläufigen Belange, müssen besondere Umstände vorliegen, die eine abweichende Abwägung rechtfertigen können (VG Oldenburg, U. v. 11.1.2016 - 11 A 892/15 - juris Rn. 23).

Im Fall des Klägers besteht zum einen ein besonders schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Kläger ist mit Urteil des Landgerichts ... vom 3. Juli 2014 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verurteilt worden. Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht bereits, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheit oder Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist.

Zum anderen besteht im Fall des Klägers ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt für ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse voraus, dass der Ausländer eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dies ist beim Kläger, der sich seit seiner Geburt am ...1988 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und seit dem 28. Juni 2004 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (seit 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgeltend) ist, der Fall. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG setzt für ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse voraus, dass der Ausländer mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, oder sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt. Erforderlich für diese Begünstigung des Inhabers eines Personensorge- bzw. Umgangsrechts ist, dass eine tatsächlich gelebte Nähebeziehung zum deutschen Minderjährigen, d. h. ein tatsächliches Kümmern, gegeben ist (BR-Drs. 642/14, S. 60). Dies ist beim Kläger, der hinsichtlich seines am 28. Februar 2007 geborenen Sohnes ... sein Personensorgerecht ausübt, ebenfalls der Fall. Die mündliche Verhandlung hat hier gezeigt, dass entgegen der von der Beklagten in ihrem Bescheid vom 19. Februar 2015 vertretenen Auffassung von einer gelebten Vater-Kind-Beziehung zwischen dem Kläger und seinem Sohn ... auszugehen ist, auch wenn diese Beziehung infolge der Drogenabhängigkeit des Klägers zeitweise als problematisch angesehen werden musste. Wie sich aus den vorgelegten Besuchslisten der Justizvollzugsanstalten ... und ... ergibt, fanden auch während der Haftzeit des Klägers mehrere Besuche durch seinen Sohn ... statt; in der mündlichen Verhandlung führten sowohl der Kläger selbst als auch die informatorisch befragte Mutter des Sohnes des Klägers ... und Lebensgefährtin des Klägers glaubhaft aus, dass zwischen dem Kläger und seinem Sohn ..., die vor der Inhaftierung des Klägers in einem Haushalt zusammenlebten, ein enges Verhältnis besteht, so dass die Kammer von einer durch Art. 6 GG geschützten Vater-Sohn-Beziehung und somit von einem besonders schwerwiegenden Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG ausgeht. Nicht zugunsten des Klägers kann sich auswirken, dass er auch hinsichtlich seines Sohnes ..., der ebenfalls deutscher Staatsangehöriger ist, das Sorgerecht innehat. Denn zu seinem Sohn ... besteht keine schützenswerte Vater-Sohn-Beziehung. Wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung ausführte, besteht zu seinem Sohn ... seit Juli 2014 kein Kontakt mehr. Zwar ist der Kläger seinen Ausführungen nach bestrebt, den Kontakt wieder herzustellen. Jedoch setzt der Schutz, den Art. 6 GG und Art. 8 EMRK grundsätzlich bieten, eine tatsächlich gelebte Beziehung voraus. Der formale Bestand eines Sorgerechts oder auch nur die Absicht eines Elternteils, mit einem Kind, das beim anderen Elternteil lebt, in Kontakt zu treten, reichen hierfür nicht aus. Kein Bleibeinteresse im Sinne des § 55 AufenthG ergibt sich ferner aus der Beziehung des Klägers zu seiner Lebensgefährtin, auch wenn diese bereits seit längerem geführt wird. Der Kläger und seine Lebensgefährtin sind nicht verheiratet. Zwar trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, eine Eheschließung sei weiterhin beabsichtigt, eine konkrete Planung hierfür ist - zumal der Kläger und seine Lebensgefährtin nun angeben, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft in die Türkei auszureisen wolle - nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist beim Kläger weiter, dass er, wovon auch die Beklagte in ihrem Bescheid vom 19. Februar 2015 ausgeht, als im Bundesgebiet geborener Ausländer als so genannter „faktischer Inländer“ angesehen werden kann, so dass er sich auch auf einen besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG berufen kann (vgl. BR-Drs. 642/14, S. 60).

In der nach § 53 Abs. 1 AufenthG anzustellenden Gesamtabwägung unter besonderer Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erweist sich die Ausweisung des Klägers trotz seiner schwerwiegenden Bleibeinteressen als rechtmäßig.

Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls, wie sie § 53 Abs. 1 AufenthG erfordert, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner zu berücksichtigen. Diese Kriterien, die sich nach der Gesetzesbegründung an den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte herangezogenen Kriterien orientieren, sind nicht abschließend und können sich sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers auswirken (BR-Drs. 642/14, S. 56). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zieht bei der Prüfung der Frage, ob eine Ausweisungsmaßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, folgende maßgebliche Kriterien heran: Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers in dieser Zeit; die Staatsangehörigkeiten der verschiedenen Betroffenen; die familiäre Situation des Ausländers, wie z. B. die Dauer der Ehe, und andere Faktoren, die erkennen lassen, wie intakt das Familienleben eines Paares ist; ob der Ehepartner von der Straftat wusste, als er eine familiäre Beziehung einging; ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und gegebenenfalls deren Alter und das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen der Ehepartner in dem Land, in das der Ausländer ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen wird; die Belange und das Wohl der Kinder, insbesondere das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen Kinder des Ausländers in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen werden; die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland (EGMR, E. v. 22.1.2013 - 66837/11 - juris Rn. 29, m. w. N.).

Die von § 53 Abs. 1 AufenthG als Tatbestandsvoraussetzung geforderte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland durch den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet ist gegeben. Die hier erforderliche Prognose, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der Schutzgüter eintreten wird (vgl. BR-Drs. 642/14, S. 55), mithin ob vom Kläger die Gefahr weiterer Beeinträchtigungen der polizeirechtlichen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere in der Form weiterer Straftaten, ausgeht, ergibt im Fall des Klägers nach Überzeugung der Kammer eine Wiederholungsgefahr.

Dabei gilt, dass diese Prognose, wie jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose, nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11 - juris Rn. 16). Beim Kläger besteht nach Auffassung der Kammer eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung weiterer Betäubungsmittelstraftaten. Diese ergibt sich aus der Straftat, deren Aburteilung den Anlass für die Ausweisung des Klägers gegeben hat, in Verbindung mit der beim Kläger entgegen der Auffassung seines Prozessbevollmächtigten weiterhin bestehenden Drogenproblematik.

Der Kläger ist wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Nach den Feststellungen des Landgerichts ... stellte der Kläger dabei den Kontakt zwischen den Lieferanten des Betäubungsmittels, hier Amphetamine, und dem Mitangeklagten, der die Lieferung des Betäubungsmittels einer Vertrauensperson der Polizei versprochen hatte, her. Zudem stellte der Kläger seine Wohnung für die Herstellung des zu liefernden Betäubungsmittels zur Verfügung. Dafür sollte der Kläger einen Anteil an der Preisdifferenz, die sich aus dem Kaufpreis und einem Weiterverkaufspreis ergeben sollte, erhalten. Die Strafkammer des Landgerichts ... qualifizierte den Tatbeitrag des Klägers an dem Geschäft als mittäterschaftlich. Zugunsten des Klägers wertete die Strafkammer, dass es sich um ein polizeilich überwachtes Geschäft gehandelt hat. Zulasten des Klägers wirkte sich aus, dass es sich mit Amphetamin um eine Droge im mittleren Gefährlichkeitsbereich handelte, dass es sich um eine erhebliche Menge handelte sowie dass er bereits auch einschlägig vorbestraft war. Zu seinen Gunsten wertete die Strafkammer jedoch, dass er betäubungsmittelabhängig ist, sowie dass sein Tatbeitrag im Vergleich nicht so gewichtig war wie der anderer Mitangeklagter. Im Ergebnis verurteilte die Strafkammer den Kläger - auch unter Berücksichtigung der von seinem Prozessbevollmächtigten im hiesigen Verfahren erneut vorgebrachten zu seinen Gunsten sprechenden Umstände - zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren, mithin zum dreifachen der für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erforderlichen Strafe. Diese Tat indiziert grundsätzlich die Gefahr einer erneuten Betäubungsmittelstraftat durch den Kläger.

Dabei sind an die Eintrittswahrscheinlichkeit angesichts der Gefährlichkeit geringe Anforderungen zu stellen. Die Gefahren, die vom illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit der Bürger nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein (BVerwG, U. v. 14.5.2013 - 1 C 13/12 - juris Rn. 12). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union sieht in der Rauschgiftsucht ein „großes Übel für den Einzelnen und eine soziale und wirtschaftliche Gefahr für die Menschheit“ (vgl. EuGH, U. v. 23.11.2010 - C-145/09 - Rn. 47). Der illegale Drogenhandel zählt zu den Straftaten, die in Art. 83 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV als Bereiche besonders schwerer Kriminalität genannt werden. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht den Handel mit Betäubungsmitteln als schwerwiegende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Interessen an (vgl. U. v. 3.11.2011 - Nr. 28770/05, Arvelo Aponte/Niederlande - Rn. 58 und U. v. 12.1.2010 - Nr. 47486/06, Khan/Vereinigtes Königreich - Rn. 40).

Der Kläger ist zwar erstmals wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden, jedoch wurde er bereits zuvor wiederholt wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und in einem Fall wegen der versuchten Überlassung von Betäubungsmitteln bestraft. Weder diese einschlägigen noch die übrigen Strafen haben den Kläger davon abhalten können, eine schwere Betäubungsmittelstraftat zu begehen. Es ist daher damit zu rechnen, dass der Kläger auch in Zukunft Straftaten, insbesondere Betäubungsmittelstraftaten begehen wird.

Beim Kläger liegt zudem auch weiterhin eine jedenfalls noch nicht gelöste Drogenproblematik vor. Auch wenn der Kläger nunmehr im Rahmen des Maßregelvollzugs eine Drogentherapie durchführt und dabei ausweislich der Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses ... vom 11. Januar 2016 Fortschritte gemacht hat, kann noch nicht von einer abgeschlossenen Drogentherapie ausgegangen werden. Zwar konsumiert der Kläger ausweislich der in den Justizvollzugsanstalten ... und ... seit seiner Inhaftierung durchgeführten Drogentests - abgesehen von dem bei der Aufnahme in ... durchgeführten ersten Drogentest - keine Drogen mehr. Die Therapie ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Angesichts der erheblichen Rückfallquoten während einer andauernden Drogentherapie und auch noch in der ersten Zeit nach dem erfolgreichen Abschluss einer Drogentherapie kann allein aus der begonnenen und bislang erfolgreich verlaufenden Therapie noch nicht auf ein künftiges straffreies Leben geschlossen werden. Solange ein wegen schwerwiegender Drogenkriminalität Verurteilter, selbst drogensüchtiger Betroffener die Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftigen drogen- und straffreien Verhaltens nicht auch nach Straf- bzw. Therapieende glaubhaft gemacht hat, kann nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr keine Rede sein (BayVGH, B. v. 26.11.2015 - 10 ZB 14.1800 - juris Rn. 7; B. v. 13.5.2015 - 10 C 14.2795 - juris Rn. 4; B. v. 21.2.2014 - 10 ZB 13.1861 - juris Rn. 6). Selbst eine erfolgreich abgeschlossene Drogentherapie schließt eine Rückfall- und Wiederholungsgefahr nicht per se aus (BayVGH, B. v. 24.5.2012 - 10 ZB 11.2198 - juris Rn. 13). Auch wenn dem Kläger zuzugeben ist, dass wohl auch im Maßregelvollzug Drogen im Umlauf sind, so kann aus einer gewissen Zeit des überwachten Maßregelvollzugs nicht auf ein künftig drogen- und straffreies Leben geschlossen werden. Denn im Maßregelvollzug herrscht ein erheblicher Wohlverhaltensdruck, der im Fall des Klägers durch das schwebende ausländerrechtliche Verfahren noch verstärkt wird, der nach einer Entlassung nicht mehr in gleicher Weise bestehen würde.

Gegen die Annahme der Wiederholungsgefahr spricht entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten ferner nicht, dass sich der Kläger erstmals in Haft befunden hat. Denn der Kläger hatte durch die gegen ihn bereits zuvor verhängten Freizeitarreste, Kurzarreste und Dauerarreste bereits Erfahrungen mit dem Strafvollzug durch Freiheitsentziehung sammeln können, die ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten haben abhalten können. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum die nun verhängte Haftstrafe zu diesem Ergebnis hätte führen sollen, zumal der Kläger während der Haft disziplinarisch behandelt werden musste. Es zeigt sich vielmehr, dass der Kläger nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, die Rechtsordnung zu respektieren.

Ausgehend von der beim Kläger nach Überzeugung der Kammer bestehenden Wiederholungsgefahr erneuter Straftaten wiegt das Ausweisungsinteresse gegenüber dem Kläger, das sich insbesondere aus der Art und der Schwere der vom Kläger zuletzt begangenen Straftat ergibt, auch unter Berücksichtigung der Art. 6 GG und 8 EMRK und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes schwerer als seine Bleibeinteressen. Sein Bleibeinteresse, das sich daraus ergibt, dass er sein Personensorgerecht für seinen minderjährigen Sohn ... ausübt, der deutscher Staatsangehöriger ist, stellt zwar einen durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten gewichtigen familiären Belang dar, der bei der einzelfallbezogenen Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers zu berücksichtigen ist, setzt sich jedoch nicht stets durch (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B. v. 16.7.2015 - 10 ZB 15.463 - juris Rn. 11; B. v. 14.4.2015 - 10 ZB 14.2534 - juris Rn. 9 m. w. N.). Stellt auch die Ausweisung des Klägers im Angesicht seiner familiären Bindungen an seinen Sohn ... einen schwerwiegenden Eingriff in die durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützten Rechte sowohl des Klägers selbst als auch seines Sohnes... dar, ist letztlich dem Ausweisungsinteresse im Hinblick auf die Art und Schwere der vom Kläger begangenen Straftat und auf die konkrete Gefahr der Begehung erneuter schwerer Drogendelikte, das letztlich auf die Bekämpfung der Drogenkriminalität sowie auf den Schutz von Leben und Gesundheit als Grundinteresse der Gesellschaft zielt, der Vorrang einzuräumen. Dies ergibt sich zum einen aus der grundsätzlichen, sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergebenden Schutzpflicht des Staates, die Bevölkerung vor den gesundheitlichen Gefahren des illegalen Betäubungsmittelhandels zu schützen, sowie aus dem Umstand, dass den Kläger die Beziehung zu seinem Sohn... und seine Verantwortung diesem gegenüber auch bislang nicht davon haben abhalten können, eine schwere Betäubungsmittelstraftat zu begehen und es der Kläger auch jedenfalls vor seiner Inhaftierung nicht vermochte, seine Betäubungsmittelabhängigkeit wirksam zu bekämpfen. Zwar hat der Kläger einen gewissen Willen hierzu demonstriert, indem er bereits einen Versuch unternommen hat, ohne Hilfe den Konsum von Betäubungsmitteln einzustellen. Dieser Versuch war jedoch, wie der Kläger selbst einräumt, nicht erfolgreich. Einen weiteren Versuch, der durch professionelle Hilfe unterstützt worden wäre, hat der Kläger von sich aus nicht unternommen. Weder seine Verantwortung für seinen Sohn noch bereits zuvor gegen den Kläger verhängte Strafen, auch wenn diese nicht besonders schwer waren, haben ihn davon abhalten können, erneut und dieses Mal massiv straffällig zu werden.

Es wird durchaus gesehen, dass der Kläger sich seit seiner Geburt in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, hier eine Niederlassungserlaubnis hatte und zu dem Staat, dessen Staatsangehöriger er ist, Serbien, nur geringe Bindungen hat. Gesehen wird auch, dass der Kläger seine sozialen Bindungen, insbesondere zu seinem Sohn, seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin, ganz überwiegend in der Bundesrepublik Deutschland hat. Demgegenüber ist entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers von einer gelungenen sozialen und wirtschaftlichen Integration des Klägers in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht auszugehen. Der Kläger hat zwar einen qualifizierenden Hauptschulabschluss erzielt, eine berufliche Ausbildung konnte er jedoch trotz mehrerer Versuche nicht abschließen. Der Kläger hat zwar immer wieder gearbeitet. Keine seiner bisherigen Anstellungen war jedoch von Dauer. Dabei wird auch berücksichtigt, dass der Kläger zuletzt in der mündlichen Verhandlung eine aktualisierte Bestätigung seines Schwiegervaters, nach der er bei diesem nach seiner Entlassung werde arbeiten können, vorgelegt hat. Der Beklagten ist jedoch zuzugeben, dass in Anbetracht der bisherigen Beschäftigungszeiten, die jeweils nur von überschaubarer Dauer waren und sich regelmäßig mit Zeiten des Bezugs von Sozialleistungen abwechselten, nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine tragfähige wirtschaftliche Perspektive hat, zumal der Kläger hoch verschuldet ist. Wesentlich ist dabei, dass der Kläger die bei ihm bestehende Drogenproblematik nach wie vor nicht in hinreichendem Maß überwunden hat. Soweit der Kläger geltend macht, er könne weder die serbische Sprache noch die in Serbien gebräuchliche kyrillische Schrift, so ist dem Kläger zuzumuten, diese zu erlernen.

Schließlich spricht auch nicht gegen die Ausweisung des Klägers, dass seine Lebensgefährtin angibt, sie plane demnächst in die Türkei auszureisen, weil sie dort ein gutes Arbeitsangebot habe. Auch wenn der Kläger und seine Lebensgefährtin angeben, es sei beabsichtigt, dass der gemeinsame Sohn ... beim Kläger in Deutschland bleiben solle, so vermag dies bereits nicht zu erklären, wo sich der Sohn bis zur Entlassung des Klägers aufhalten soll. Zudem stellt es eine freiwillige Entscheidung der Lebensgefährtin des Klägers dar, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, wobei keine Gründe ersichtlich sind, die verhinderten, dass sie mit ihrem Sohn zusammen ausreist, so dass es insoweit bereits an einem staatlichen Eingriff in grund- oder menschenrechtlich geschützte Positionen mangelt.

Nach all dem überwiegt hinsichtlich des Klägers insbesondere wegen der Art und der Schwere der Straftat, derentwegen der Kläger ausgewiesen worden ist, das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK seine ebenfalls besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 AufenthG.

Ist somit die Ausweisung rechtlich nicht zu beanstanden, so sind auch die ausländerrechtlichen Annex-Entscheidungen unter III. und IV. des angefochtenen Bescheides, die Abschiebungsanordnung unmittelbar aus der Haft heraus bzw. die Abschiebungsandrohung und die dem Kläger zur freiwilligen Ausreise gesetzte Frist, nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 58 und 59 AufenthG. Die dem Kläger vorsorglich gewährte Frist zur freiwilligen Ausreise von einer Woche nach seiner Haftentlassung ist noch angemessen und ausreichend zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten (§ 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).

Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung und einer eventuellen Abschiebung auf sieben Jahre ab Ausreise/Abschiebung unter II. des angefochtenen Bescheids. Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Die Frist darf dabei nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Betroffene aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist, soll aber auch in diesen Fällen nach § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zehn Jahre nicht überschreiten. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag (BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich dabei an höherrangigem Recht, d. h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK, messen und gegebenenfalls relativieren lassen (BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 56). Die hier durch die Beklagte erfolgte Befristung erfolgte zunächst nach der bis einschließlich 31. Juli 2015 geltenden Rechtslage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als eine vom Gericht uneingeschränkt überprüfbare Rechtsentscheidung (vgl. BVerwG, U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 31 ff.; U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11 - juris Rn. 34). Seit 1. August 2015 gilt § 11 AufenthG in neuer Fassung. Nunmehr wird über die Länge der Frist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG n. F. nach Ermessen entschieden. Im vorliegenden Fall kann letztlich dahinstehen, ob der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Befristungsentscheidung die alte oder die neue Rechtslage zugrunde zu legen ist (eine einschlägige Übergangsbestimmung ist nicht ersichtlich), denn bei den von der Beklagten im angefochtenen Bescheid angestellten Erwägungen, die das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck einerseits und die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen in Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG sowie die Vorgaben aus Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK andererseits gegeneinander abgewogen hat, stellen in der Sache eine - nicht zu beanstandende - Ermessensabwägung dar, auch wenn sie ursprünglich nicht ausdrücklich als solche bezeichnet wurde. Die Beklagte hat nach dem Gewicht des Ausweisungsgrundes und dem mit der Ausweisung verfolgten Zweck die Länge der Frist in einem ersten Schritt auf zehn Jahre festgesetzt, dann jedoch angesichts seiner persönlichen Bindungen im Bundesgebiet auf sieben Jahre reduziert. Im Rahmen einer nach § 114 Satz 1 VwGO nur beschränkten gerichtlichen Überprüfung ist dies angesichts der oben geschilderten Wiederholungsgefahr und unter Beachtung der geschützten Belange des Klägers nicht zu beanstanden.

Nicht zu beanstanden ist auch die Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 30,00 EUR für die Befristungsentscheidung unter V. des angegriffenen Bescheids, die sich auf § 69 AufenthG i. V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV stützt.

Somit war nach all dem die Klage vollumfänglich mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt

(§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

10 B 13.715

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. August 2014

(VG München, Entscheidung vom 21. Juli 2011, Az.: M 23 K 10.1455)

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 600

Hauptpunkte:

- Ausweisung eines wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach verurteilten, Nigerianers, - Beziehungen des Ausländers zu seinen vier nichtehelichen Kindern von drei unterschiedlichen Müttern, - Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landeshauptstadt München,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

dieser vertreten durch KVR HA II Ausländerangelegenheiten, Ruppertstr. 19, 80337 München,

- Beklagte -

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Ausweisung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Martini ohne weitere mündliche Verhandlung

am 25. August 2014

folgendes Urteil:

I.

Unter Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 wird die Beklagte verpflichtet, über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt drei Viertel der Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagte trägt ein Viertel.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 2. November 1981 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am 11. Juli 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte unter Angabe falscher Personendaten seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt - damals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 29. September 2004 (rechtskräftig seit 17. Juli 2006) ab.

Anlässlich einer Vorsprache bei der Beklagten am 22. August 2006 legte der Kläger einen am 5. Juli 2006 ausgestellten nigerianischen Pass mit seinen tatsächlichen persönlichen Daten vor und teilte mit, dass seine deutsche Freundin, Frau A., von ihm schwanger sei. Dem Kläger wurde daraufhin eine Duldung erteilt. Nach der Geburt seiner deutschen Söhne Gabriel und Valentin am 22. September 2006 beantragte er unter Vorlage einer Vaterschaftsanerkennungsurkunde sowie von Erklärungen über die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gab dabei an, die Kinder trotz getrennter Wohnsitze jeden Tag zu sehen und somit sein Sorgerecht auszuüben. Trotz einer Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 21. Mai 2007 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen mittelbarer Falschbeurkundung erteilte die Beklagte dem Kläger am 15. Juni 2007 eine bis zum 14. Juni 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, verwarnte ihn aber zugleich mit Schreiben vom 15. Juni 2007. Am 13. Juni 2008 wurde die Aufenthaltserlaubnis bis zum 14. Juni 2010 verlängert, nachdem die Mutter seiner Kinder angegeben hatte, dass er sich regelmäßig um seine Kinder kümmere und sie jeden Monat Unterhaltszahlungen von ihm erhalte.

Am 2. Mai 2009 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Amtsgerichts München vom 1. September 2009, rechtskräftig seit 1. Dezember 2009, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten verurteilt. Der Kläger hatte im Februar oder März 2009 einen Rucksack, in dem sich sieben Pakete mit insgesamt 2216,94 Gramm Marihuana mit einem Schwarzmarktwert von deutlich mehr als 10.000 Euro sowie eine elektronische Feinwaage befanden, in das Kellerabteil der Frau A. gebracht, den diese am 1. Mai aufgefunden und bei der Polizei abgegeben hat. Entgegen der Einlassung des Klägers im Strafverfahren, er habe den Rucksack lediglich für einen Bekannten aufbewahrt und dafür 600 Euro erhalten, die er wegen der Krankheit seines Vaters in Nigeria benötigt habe, ging das Strafgericht davon aus, dass der Kläger das Rauschgift in der Absicht aufbewahrt habe, es gewinnbringend weiterzuveräußern.

Nach Rechtskraft des Urteils hörte die Beklagte den Kläger sowie Frau A. zu dessen beabsichtigter Ausweisung an. Der Kläger trug vor, er sei von März bis Mai 2009 nach Nigeria geflogen, weil sein Vater krank gewesen sei. Er wolle aber wegen der Zwillinge im Bundesgebiet bleiben. Werde er abgeschoben, werde sein ganzes Leben zerstört.

Die Kindsmutter äußerte sich dahingehend, dass ihr von Anfang an klar gewesen sei, dass der Kläger keinen Unterhalt zahle und sie die Kinder allein erziehen werde. Er habe nicht gearbeitet, sondern seine Arbeitspapiere an Landsleute weitergegeben, habe aber immer Geld gehabt und sei mehrmals im Jahr nach Nigeria geflogen, wobei es nicht stimme, dass sein Vater krank sei. Er sei unregelmäßig zu ihr und den Kindern gekommen, habe nur etwas gegessen, geduscht und geschlafen, aber keinen Erziehungsbeitrag geleistet. Die Kinder würden ihn nach seinen langen Aufenthalten in Nigeria von teilweise sieben Wochen nicht wiedererkennen und auch nicht nach ihm fragen.

Mit Bescheid vom 3. März 2010 wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet Deutschland aus (Nr. 1. des Bescheids), untersagte die Wiedereinreise (Nr. 2.) und drohte seine Abschiebung aus der Haft, hilfsweise vier Wochen nach Haftentlassung nach Nigeria oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Nr. 3.). Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei nach § 53 Nr. 2 AufenthG zwingend auszuweisen. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG besitze er nicht, da er mit seinen Kindern zu keinem Zeitpunkt in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei keine andere Entscheidung zu treffen, denn der Kläger habe weder Unterhalt gezahlt noch einen Beitrag zur Betreuung der Kinder geleistet. Die Kindsmutter strebe das alleinige Sorgerecht an. Es sei ihm zuzumuten, die Beziehung zu den Kindern durch Telefon- und Briefkontakte aus dem Ausland aufrechtzuerhalten bzw. die Kinder mittels Betretungserlaubnissen in Deutschland zu besuchen. Vorsorglich gehe die Beklagte aufgrund der Bindungen zu den Zwillingen davon aus, dass über die Ausweisung im Ermessenswege zu entscheiden sei. Eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Ausweisung, nämlich der Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet sowie der Abschreckung anderer Ausländer von der Begehung vergleichbarer Straftaten, insbesondere im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, und den persönlichen Interessen des Klägers, nämlich den Bindungen zu seinen Kindern, führe zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers dessen private Interessen überwiege. Die Ausweisung sei auch nicht unverhältnismäßig im Hinblick auf Art. 8 EMRK und Art. 6 GG.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2010 ließ der Kläger gegen den Ausweisungsbescheid Klage erheben und vortragen, er könne sich auf den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG berufen, da er mit seinen Kindern jedenfalls partiell in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Er habe sich lediglich bei Frau A. nicht angemeldet, weil die Wohnung vom Sozialamt bezahlt worden sei. Mit einem Video sowie mit seinem Handy und der zugehörigen Simkarte könne er belegen, dass er täglich Telefonkontakt mit den Kindern auch aus Nigeria gehabt und mit ihnen Geburtstag gefeiert habe. Seine Abschiebung sei zudem im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.

Mit Schriftsatz vom 21. September 2010 beantragte der Kläger zusätzlich, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. September 2010 zu verpflichten, ihm eine Duldung für sechs Monate zu erteilen, und verwies darauf, dass er bereits am 26. Juli 2010 bei der Beklagten einen Antrag auf befristete Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise auf Erteilung einer Duldung, gestellt habe. Mit Schreiben der Beklagten vom 6. September 2010 habe diese dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass weder die Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung noch die Erteilung einer Duldung in Betracht komme.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 lehnte die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Landsberg a. Lech die Aussetzung des Strafrests nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitstrafe zur Bewährung ab. Nach den Gesamtumständen beim Kläger sei es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde. Mit weiterem Beschluss vom 31. Mai 2011 ordnete die Auswärtige Strafvollstreckungskammer nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe Führungsaufsicht für fünf Jahre an. Am 31. August 2011 wurde der Kläger aus der Strafhaft entlassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Juli 2011 ergänzte die Beklagte die Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. März 2010 und befristete die Wirkungen der Ausweisung bzw. Abschiebung auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise unter der Bedingung, dass keine neuen Ausweisungsgründe bekannt werden. Zudem ergänzte sie das bereits im Bescheid ausgeübte Ermessen dahingehend, dass zugunsten des Klägers rein vorsorglich davon ausgegangen werde, dass vor seiner Inhaftierung eine Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seinen beiden Kindern bestanden habe, dass der Kläger lediglich im abgeurteilten Umfang gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe -Frau A. hatte ihn am 30. Juni 2011 bei der Polizei weiterer Betäubungsmitteldelikte bezichtigt - und dass er 2007/2008 erwerbstätig gewesen sei. Jedoch erscheine die Ausweisung nach wie vor notwendig und angemessen, denn der Kläger sei schwerwiegend strafrechtlich in Erscheinung getreten. Von erheblicher Bedeutung sei dabei die Tatsache, dass eine vorzeitige Entlassung abgelehnt worden sei. Die Ausweisung sei nicht nur spezialpräventiv, sondern auch generalpräventiv begründet, da der Ausweisungsanlass besonders schwer wiege und vergleichbare Täter abgeschreckt werden könnten. Der Kläger besitze zudem noch enge Bindungen an sein Heimatland. Hinsichtlich der Erteilung einer Duldung wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 21. Juli 2011 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Duldung ein, hob die in der mündlichen Verhandlung ergänzte Befristungsentscheidung (Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3.3.2010) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Der Ausweisungsbescheid der Beklagten vom 3. März 2010 erweise sich als im Wesentlichen rechtmäßig. Es spreche zwar viel dafür, dass zwischen dem Kläger und seinen beiden deutschen Kindern keine familiäre Lebensgemeinschaft i. S. des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bestehe und deshalb ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG ausscheide. Jedoch sei die Beklagte zugunsten des Klägers von Bindungen zu seinen Kindern ausgegangen und habe über die Ausweisung nach Ermessen entschieden. Diese Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden. Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit es um das befristete Wiedereinreiseverbot gehe, denn die Beklagte habe nicht zu erkennen gegeben, warum sie ein Wiedereinreiseverbot von mehr als fünf Jahren festgesetzt und welche Gründe sie ihrer Befristungsentscheidung zugrunde gelegt habe.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2011 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten rechtsfehlerfrei sei. Eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK müsse zugunsten des Klägers ausfallen. Dieser habe seit seiner Entlassung aus der Haft Ende August 2011 wieder Kontakt zu seinen beiden Kindern. Mit diesen werde eine emotionale Beziehung aufgebaut. Er nehme den Kontakt, der für die Kinder zur Stabilisierung sehr wichtig sei, regelmäßig wahr. Zusätzlich fänden fast täglich Telefonate zwischen ihm und den Kindern statt. Der Kläger hätte nach der Haftentlassung auch einen Arbeitsplatz gehabt, wenn ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt worden wäre. Im August 2012 teilte der Kläger ergänzend mit, er habe die Mutter seines dritten deutschen Kindes, Frau B., zufällig wieder getroffen und wolle mit ihr jetzt eine Familie gründen. Er legte die Kopie einer standesamtlichen Urkunde vom 23. Juli 2012 über die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind Alicia Samira B., geboren am 4. Juni 2005, vor.

Am 21. Dezember 2012 erließ das Amtsgericht München (Az. 512 F 14102/12) auf Antrag von Frau A. einen Beschluss nach dem Gewaltschutzgesetz, wonach dem Kläger insbesondere verboten wurde, sich in einem bestimmten Umkreis um die Wohnung von Frau A. aufzuhalten und Kontakt zu ihr aufzunehmen. Die Anordnung wurde bis 21. Juni 2013 befristet und beruhte darauf, dass der Kläger Frau A. im Dezember 2012 massiv bedrängt hatte.

Mit Beschluss vom 2. April 2013 hat der Senat die Berufung im Hinblick auf die erst im Zulassungsverfahren vorgebrachten Bindungen des Klägers zu seinem dritten deutschen Kind zugelassen.

Zur Begründung der Berufung führte der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend aus, der angefochtene Ausweisungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die Beziehung des Klägers zu seinen leiblichen Kindern, insbesondere zu seinem dritten deutschen Kind, einer Ausweisung entgegenstehe. Der Kläger kümmere sich intensiv um seine Tochter und habe zu dieser eine enge familiäre Beziehung. Aber auch im Hinblick auf seine beiden Zwillinge sei der Kläger bemüht, die Beziehung nicht nur zu den beiden Kindern, sondern auch zur Kindsmutter zu normalisieren. Schließlich sei auch der Ausweisungsanlass nicht mehr aktuell. Der Kläger habe seine Strafe verbüßt und sei seitdem nicht mehr rückfällig geworden. Auch generalpräventive Gesichtspunkte hätten kein Gewicht mehr. Sobald ihm eine Erwerbstätigkeit erlaubt werde, werde er wieder arbeiten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 legte der Kläger eine Sorgerechtserklärung vom 20. Juni 2013 vor, in der er und Frau B. erklärten, die elterliche Sorge für ihre Tochter Alicia gemeinsam übernehmen zu wollen.

Ebenfalls am 20. Juni 2013 hat der Kläger in einer notariellen Urkunde die Kindsmutter Frau B. bevollmächtigt, ihn bei der Ausübung seines Sorgerechts umfassend zu vertreten.

Am 12. Juli 2013 wurde das vierte deutsche Kind des Klägers, Precious Chinaza Omotola R., geboren, für das er am 31. Juli 2013 die Vaterschaft anerkannt und zusammen mit der Kindsmutter, Frau R., erklärt hat, die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam übernehmen zu wollen. Mit Endbeschluss vom 12. Dezember 2013 (Az.: 533 F 9348/13) hat das Amtsgericht München festgestellt, dass der zum Zeitpunkt der Geburt von Precious noch mit der Mutter verheiratete Herr R. nicht Vater des Kindes ist. Damit wurde das Vaterschaftsanerkenntnis des Klägers für das Kind Precious wirksam.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 5. August 2013 wurde der Kläger wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, begangen am 13. Dezember 2012 zulasten von Frau A., zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Am 14. Dezember 2013 hat die Mutter der Zwillinge des Klägers Strafanzeige gegen den Kläger wegen mehrfacher Körperverletzungsdelikte zu ihren Lasten sowie zweier Vergewaltigungen gestellt. Diese Verfahren wurden offensichtlich später eingestellt.

Der Kläger ist am 9. Januar 2014 wegen des Verdachts auf Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft genommen worden. Am 13. Januar 2014 unterrichtete das Bayerische Landeskriminalamt die Beklagte über ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Dieser sei am 9. Januar 2014 im Rahmen der Sicherstellung von ca. 78 Gramm Kokain festgenommen worden. Er habe nachweislich einer anderen Person 27,7 Gramm Kokain verkauft. Bei der Wohnungsdurchsuchung seien beim Kläger 48,8 Gramm Kokain sichergestellt und zudem 4100 Euro aufgefunden worden. Er sei bereits drei Mal wegen Drogendelikten inhaftiert gewesen und 2011 zuletzt aus der Haft entlassen worden. Am 12. Mai 2014 wurde von der Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tatmehrheitlichen Fällen erhoben.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 fasste die Beklagte die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 13. Juli 2011 neu und untersagte dem Kläger die Wiedereinreise für sieben Jahre, wobei die Frist mit der Ausreise beginnen sollte. Die Begründung des Ausgangsbescheids ergänzte die Beklagte wie folgt: Unter Berücksichtigung des nach Erlass der Ausweisungsverfügung vom 3. März 2010 neu hinzugekommenen Sachverhalts seien die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre zu befristen. Angesichts der konkreten Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten, insbesondere nach der Verurteilung wegen des Handelns mit Betäubungsmitteln aus reinem Gewinnstreben ohne selbst drogenabhängig zu sein, sei zunächst eine Frist von neun Jahren festzusetzen gewesen. Diese sei wegen der Beziehung des Klägers zu seinen vier deutschen Kindern auf sieben Jahre reduziert worden.

Außerdem aktualisierte die Beklagte das im Bescheid vom 3. März 2010 eröffnete und am 13. Juli 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München fortgeschriebene Ermessen.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 ergänzte die Beklagte nochmals ihre Ermessenserwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen Töchtern Alicia und Precious, hielt aber die Ausweisung des Klägers dennoch im Hinblick auf die Schwere der von ihm begangenen Straftaten für verhältnismäßig. An ihrer Befristungsentscheidung vom 2. Juli 2014 hielt die Beklagte fest. In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben zur Beziehung des Klägers zu seinen Kindern durch Einvernahme der Mütter seiner Kinder, Frau A., Frau B. und Frau R. als Zeuginnen. Auf deren Aussagen wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011, soweit die Klage abgewiesen wird, sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ermessensergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 und im Schriftsatz vom 14. April 2015 aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu einer Befristungsregelung mit einer Sperrfrist von drei Jahren zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 wurde ins schriftliche Verfahren übergegangen.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 9. Oktober 2014 wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten verurteilt. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger in der letzten Dezemberwoche 2013 einem Dritten 19,61 g Kokaingemisch zum Preis von 1.000 Euro in Gewinnerzielungsabsicht verkauft und übergeben hat und am 9. Januar 2014 in einem zu seiner Wohnung gehörenden Kellerabteil 40,02 g Kokaingemisch wissentlich und willentlich aufbewahrt hat. Bei der Strafzumessung sprach zugunsten des Klägers sein Geständnis hinsichtlich der Aufbewahrung des Kokaingemischs, dass er sich seit Januar 2014 in Untersuchungshaft befand und dass die Drogen sichergestellt werden konnten. Zu seinen Lasten wurde gewertet, dass Kokain eine harte Droge ist, er bereits dreifach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, die Strafvollstreckung erst im August 2011 erledigt war, er die Geschäfte nur „des Geldes wegen“ gemacht und professionell gehandelt hat. Eine derartige Menge von Kokain erhalte nur derjenige in Kommission, der von seinen Hintermännern als vertrauenswürdig erachtet werde. Dieses Urteil ist am 6. Mai 2015 rechtskräftig geworden.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2015 ergänzte die Beklagte erneut ihr bislang ausgeübtes Ermessen und führte aus, aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit werde ihre Ermessensentscheidung nunmehr allein auf die in diesem Schriftsatz erfolgten Ausführungen gestützt. Sie bezog die erneute Verurteilung des Klägers vom 9. Oktober 2014 in ihre Ermessenserwägungen mit ein und stellte sie den privaten Interessen des Klägers, insbesondere der Beziehung zu seinen deutschen Kindern, gegenüber, kam aber letztendlich zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers seine privaten Interessen überwiege. Es werde dabei ausdrücklich offen gelassen, ob tatsächlich bei der klägerischen Ausweisung Ermessen auszuüben sei, da nicht geklärt sei, ob der Tatbestand des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG gegeben sei. Vorsorglich werde jedoch geprüft, ob die Ausweisung unter Ermessensgesichtspunkten geboten sei. Bei der dann vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung seien insbesondere die vom Kläger begangenen Betäubungsmittelstraftaten sowie seine Verurteilung wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in den Blick zu nehmen. Die von ihm begangenen Straftaten im Zusammenhang mit Drogen gehörten zum Bereich der Schwerkriminalität. Insoweit habe sich die Deliquenz des Klägers noch erheblich gesteigert, da er zunächst mit der „weichen“ Droge Marihuana und bei der letzten Verurteilung mit der „harten“ Droge Kokain gehandelt habe. Der Kläger habe sich weder durch die frühere Verurteilung noch durch die anhängige Führungsaufsicht oder das offene Ausweisungsverfahren von der Begehung einschlägiger und sogar gesteigerter Betäubungsmitteldelikte abhalten lassen. Dass bei ihm eine größere Summe an Bargeld sichergestellt worden sei, belege, dass er sich durch den Handel mit Kokain eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle habe verschaffen wollen und stütze die Annahme der Beklagten, dass von ihm weiter eine konkrete Wiederholungsgefahr ausgehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass auch die Beziehungen zu seinen Kindern, insbesondere die Geburt des jüngsten Kindes, nicht zu einer Zäsur oder zu einem Umdenken des Klägers geführt hätten. Die Triebfeder seiner Straffälligkeit, nämlich reines Gewinnstreben, werde auch nach Verbüßung seiner Haft unvermindert fortbestehen, denn er befinde sich in einer sehr ungünstigen sozialen Situation und sei mit ca. 25.000 Euro verschuldet. Die Wiederholungsgefahr werde auch nicht dadurch relativiert, dass der Kläger nicht drogensüchtig sei und sich in der Haft ordnungsgemäß führe. Im Rahmen der persönlichen Interessen des Klägers komme insbesondere der Beziehung zu seiner Tochter Precious ein erhebliches Gewicht bei, wobei die Beklagte rein vorsorglich davon ausgehe, dass mit dieser eine Lebensgemeinschaft bestehe. Keine emotionale Bindung dürfte demgegenüber zwischen dem Kläger und seinen Söhnen bestehen. Auch zu Alicia bestehe seit Weihnachten 2013 kein persönlicher Kontakt mehr, es werde aber von einer gewissen emotionalen Bindung ausgegangen. Eine gewichtige Beziehung zu Alicia bestehe jedoch nicht mehr. Die Beziehung zu Frau R. sei nicht durch Art. 6 GG, wohl aber durch Art. 8 EMRK geschützt. Die Folgen einer Ausweisung würden aber für Familienangehörige weniger schwer wiegen, wenn diesen die aufenthaltsrechtliche prekäre Situation des Ausländers bekannt sei. Frau R. musste bekannt sein, dass die Vater-Kind-Beziehung womöglich nicht auf Dauer im Bundesgebiet geführt werden könne. Dennoch komme dem Interesse von Precious am Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ein besonderes Gewicht zu, denn die sporadischen Umgangskontakte in der Haft seien für das Wohl von Precious von einer immerhin gewissen Bedeutung. Nicht desto weniger würden die öffentlichen Belange die privaten Belange des Klägers und seiner Kinder im Hinblick auf die vom Kläger begangenen schwerwiegenden Straftaten überwiegen. Die Ausweisung sei erforderlich, um die konkrete Gefahr weiterer, erheblicher Straftaten durch den Kläger im Bundesgebiet abzuwehren. Aus diesen Gründen sei die Ausweisung auch verhältnismäßig. Hinzu komme, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland Nigeria zumutbar sei. Da Precious derzeit nicht mit dem Kläger zusammenlebe, sondern nur punktuell Kontakt mit ihm habe, sei auch ihr die Trennung zuzumuten und die Verbindung über moderne Kommunikationsmittel oder Betretungserlaubnisse aufrechtzuerhalten. Ergänzend wies die Beklagte im genannten Schriftsatz darauf hin, dass der Kläger ausweislich des Strafurteils gearbeitet habe, obwohl ihm seit seiner ersten Haftentlassung im August 2011 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich nicht erlaubt war. Gleichzeitig habe er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und habe sich, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei, nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern offenbar bei Frau R. aufgehalten bzw. dort gewohnt. Er habe auch die Vorlage seines Nationalpasses verweigert und damit gegen eine Auflage des Beschlusses zur Führungsaufsicht verstoßen. All dies belege die konsequent ablehnende Haltung des Klägers gegenüber der hiesigen Rechtsordnung.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2015 wies der Kläger nochmals darauf hin, dass die Beklagte den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter seiner Tochter Precious und zu den anderen Kindern zu wenig Gewicht beigemessen habe und jedenfalls die Sperrzeit zu lange bemessen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behörden- und Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Urteil konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da sich die Parteien mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (vgl. § 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO); ihre Verzichtserklärung haben die Beteiligten im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens auch nicht widerrufen, sondern mit Schreiben vom 18. Mai 2015 und vom 21. Juli 2015 jeweils um kurzfristige bzw. baldige Entscheidung gebeten.

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 ist rechtswidrig, soweit er die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots für den ausgewiesenen Kläger betrifft, und verletzt ihn dadurch in seinen Rechten. Die Beklagte war daher zu verpflichten, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Dagegen hat die Klage im Hauptantrag keinen Erfolg, weil die Ausweisung des Klägers im angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ergänzungen vom 13. Juli 2011, vom 7. Juli 2014 und vom 14. April 2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Streitgegenstand ist zunächst die Ausweisung des Klägers in Nr. 1 des Bescheids vom 3. März 2010 in seiner aktuellen Form, also in Form der letzten Ermessensergänzung im Schriftsatz vom 14. April 2015, sowie die in Nr. 3 dieses Bescheids verfügte Abschiebungsandrohung (dazu 1.). Nicht mehr Streitgegenstand ist Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der ergänzten Fassung vom 13. Juli 2011, mit dem die Beklagte die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise des Klägers unter bestimmten Bedingungen befristet hat, denn diese Anordnung ist bereits vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Juli 2011 aufgehoben worden, ohne dass die Beteiligten dagegen Rechtsmittel eingelegt hätten. Streitgegenstand ist nunmehr die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 2. Juli 2014, mit der die Wiedereinreise des Klägers für sieben Jahre untersagt worden ist und die Frist mit der Ausreise beginnen soll (dazu 2.). Dieser Änderungsbescheid ist in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung beider Parteien in das Verfahren einbezogen worden.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also der Entscheidung des Senats vom 25. August 2015 (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 16).

1. Die Ausweisung des Klägers findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Nr. 1 und Nr. 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3, 4 und 5, § 54, § 55 Abs. 1 AufenthG. Wegen der Bindungen des Klägers zu seinen Kindern ist die Ausweisung nur im Ermessenswege zulässig (dazu 1.1). Die Ermessensausübung der Beklagten ist unter Berücksichtigung der von ihr nach § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobenen Ermessenserwägungen und unter Zugrundelegung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs aus § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden (dazu 1.2.). Die Ausweisung erweist sich auch unter Berücksichtigung der schützenswerten familiären Beziehungen des Klägers als verhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG (dazu 1.3.). Wegen der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die verfügte Abschiebungsandrohung.

1.1. Der Kläger hat mit seiner Verurteilung vom 1. September 2009 durch das Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und seiner weiteren inzwischen rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 9. Oktober 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen sowohl den Tatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG als auch den Tatbestand des § 53 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Er ist nämlich wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden. Außerdem ist er zweimal wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Wegen des Bestehens eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG wird bei Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die zwingende Ausweisung zur Ausweisung im Regelfall herabgestuft. Der Kläger erfüllt nämlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Danach genießt ein Ausländer, der mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, besonderen Ausweisungsschutz. Auf den Aufenthaltsstatus des Ausländers kommt es dabei nicht an. Zwar besteht im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne einer häuslichen Lebensgemeinschaft, weil die deutschen Töchter des Klägers, Alicia und Precious - mit den Söhnen besteht bereits seit längerem kein persönlicher Kontakt mehr -, nicht mit ihm zusammenleben, denn dies ist derzeit wegen seiner Inhaftierung nicht möglich. Eine familiäre Lebensgemeinschaft hat aber vor der Inhaftierung bestanden. Dies dürfte zumindest bei der Tochter Precious der Fall gewesen sein. Die Mutter dieses Kindes, Frau R., hat zwar in der mündlichen Verhandlung keine Aussage gemacht und demgemäß das Vorbringen des Klägers, er habe mit Precious seit ihrer Geburt zusammengelebt, auch nicht bestätigt, denn sie hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Jedoch hat die Mutter der Tochter Alicia, Frau B., als Zeugin ausgesagt, dass Alicia zu ihrem Vater vor dessen erneuter Inhaftierung einen engen persönlichen Kontakt hatte und sie sich auch öfter in der Wohnung seiner neuen Lebensgefährtin, Frau R., aufgehalten hatte. Alicia hatte auch ein gutes Verhältnis zu ihrer Stiefschwester Precious. Nach Aussage der Zeugin B. ist Alicia gelegentlich übers Wochenende beim Kläger und seiner jetzigen Verlobten (gemeint ist Frau R.) geblieben und hat „mit der neuen Familie“ des Klägers Unternehmungen gemacht. Daraus ist zu schließen, dass sich der Kläger, wenn auch nicht immer, so doch häufig, bei Frau R. und der gemeinsamen Tochter Precious aufgehalten und mit diesen zumindest zeitweise zusammengelebt hat. Eine familiäre Lebensgemeinschaft kann aber auch dann vorliegen, wenn ein Elternteil und sein deutsches Kind nicht in einer Hausgemeinschaft leben, der Ausländer aber regelmäßige Kontakte mit dem Kind sowie eine emotionale Verbundenheit pflegt (BVerfG, B.v. 1.12.2008 -2 BvR 1830/08 - juris Rn. 34). Ob der Kläger daneben auch elterliche Erziehungs- und Betreuungsverantwortung übernommen hat, kann offen bleiben, zumal die Tochter Precious bei seiner Inhaftierung erst ein halbes Jahr alt war.

Trotz des Vorliegens des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger ausgewiesen werden, denn bei ihm liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Solche liegen nämlich in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise von dieser Regel abgewichen werden könnte, spricht angesichts der zweifachen Verurteilung des Klägers wegen Betäubungsmitteldelikten aus bloßer Gewinnsucht nichts. Ausnahmen müssen nämlich durch besondere Umstände des Sachverhalts, aus denen sich im Einzelfall eine abweichende Interessenbewertung zugunsten des Ausländers ergibt, gerechtfertigt sein (BVerwG, U.v. 31.8.2004 -1 C 25.03 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42). Solche Umstände liegen hier aber nicht vor (zur beim Kläger vorliegenden Wiederholungsgefahr siehe unten). Die danach zur Regelausweisung herabgestufte Ausweisung des Klägers ist sodann nochmals zur Ermessensausweisung herabzustufen. Mit Regelfällen i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG meint der Gesetzgeber nämlich solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 23 m. w. N.). Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung - und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits dann anzunehmen, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24 m. w. N.). Im vorliegenden Fall machen die Bindungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern, insbesondere die Bindungen zu seinen Töchter Alicia und Precious, eine behördliche Ermessensentscheidung notwendig, um den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ausreichend Rechnung tragen zu können.

1.2. Nach § 55 Abs. 1 AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonst erhebliche Interessen der Bundesrepublik beeinträchtigt. Die Ausweisung steht also im Ermessen der Behörde. Ermessen bedeutet, dass die Ausländerbehörde aufgrund einer individuellen Einzelfallprüfung über die Ausweisung entscheidet. Den Kern der Ermessensentscheidung bildet dabei die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und dem gegenläufigen Interesse des Ausländers, von der Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Abwägung kann nur ordnungsgemäß durchgeführt werden, wenn die widerstreitenden Interessen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend erfasst und in rechtlicher Hinsicht zutreffend gewichtet worden sind (BVerwG, U.v. 24.9.1996 - 1 C 9.94 - juris Rn. 28). § 55 Abs. 3 AufenthG benennt insoweit beispielhaft bestimmte Sachverhalte bzw. private Interessen, die bei der Ermessensentscheidung in jedem Fall zu berücksichtigen sind. Weitere Vorgaben ergeben sich aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. In dem Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist das behördliche Ermessen nur eingeschränkt überprüfbar. Die Kontrolle des Gerichts hat sich nach § 114 Satz 1 VwGO darauf zu beschränken, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist und die rechtlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Das Gericht prüft dabei, ob die entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend ermittelt und die rechtlichen Bindungen des Ermessens gewahrt worden sind. Nicht zu prüfen ist, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 50; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 -juris Rn. 43).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ermessensentscheidung der Beklagten unter Einbeziehung der im Gerichtsverfahren mehrfach nachträglich ergänzten Ermessenserwägungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den in die Abwägungsentscheidung einzustellenden Sachverhalt vollständig ermittelt. Die Prognose der Beklagten, vom Kläger gehe auch in Zukunft die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität aus, erweist sich nach Auffassung des Senats als richtig. Sie hat insbesondere die vom Kläger begangenen Straftaten und die Umstände seiner Verurteilungen zutreffend gewertet. So hat sie berücksichtigt, dass der Kläger mehrere Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität begangen hat. Nach Verbüßung seiner ersten Freiheitsstrafe nach seiner Verurteilung vom 1. September 2009 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge hat er erneut mit Kokain Handel getrieben. Mit seiner im Jahr 2009 begangenen Straftat hat er sich nicht auseinandergesetzt und sich hierzu nicht einmal geäußert (vgl. die Stellungnahme der JVA L. zur Führungsaufsicht v. 21.3.2011). Durch die Inhaftierung zeigt er sich offensichtlich auch wenig beeindruckt. Er hat vielmehr im Strafverfahren nur eingestanden, einen Rucksack mit Plastikbeuteln, gefüllt mit Marihuana, aufbewahrt zu haben, nicht aber die Absicht, die Beutel weiter zu verkaufen, eingestanden. Demgegenüber hat ihm das Strafgericht nicht geglaubt, dass er den Rucksack nur für einen unbekannten Dritten aufbewahren wollte. Diese Einlassung ist auch schon deshalb nicht glaubhaft, weil kein „Unbekannter“ einem anderen einen Rucksack mit Betäubungsmitteln im Wert von mehr als 10.000 Euro zur Aufbewahrung anvertrauen und ihm hierfür im Voraus noch 600 Euro bezahlen würde. Zudem hat die im damaligen Strafverfahren als Zeugin einvernommene frühere Freundin des Klägers und Mutter seiner beiden Söhne, Frau A., den Rucksack als ihren früheren eigenen Rucksack eindeutig identifiziert und damit die Aussage des Klägers widerlegt, der Rucksack gehöre dem unbekannten Dritten. Aus alledem kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Kläger bereits im Jahr 2009 seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise durch Betäubungsmittelgeschäfte bestritten hat. Noch während der Dauer der mit Beschluss vom 31. Mai 2011 angeordneten Führungsaufsicht für die Zeit nach seiner Entlassung aus der ersten Haft am 31. August 2011 hat der Kläger erneut mit Betäubungsmitteln, und zwar diesmal mit dem gegenüber Marihuana wesentlich gefährlicheren Rauschgift Kokain Handel getrieben. Auch anlässlich dieses Strafverfahrens hat der Kläger bestritten, Kokain zum Preis von 1.000 Euro an einen Mitangeklagten verkauft zu haben und lediglich zugegeben, Kokain im Keller seiner Wohnung aufbewahrt zu haben. Den Besitz der sichergestellten Drogen konnte er auch kaum leugnen, da das Kokain dort von den durchsuchenden Polizeibeamten aufgefunden worden ist. Damit hat der Kläger aber auch bei der zweiten aufgedeckten Betäubungsmittelstraftat trotz seiner zweifelsfrei feststehenden Täterschaft erneut das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln abgestritten und sich auch insoweit nicht zur Tat bekannt, geschweige denn sich mit dieser Straftat auseinandergesetzt. Demgemäß liegt die Annahme nahe, dass der Kläger wie beim ersten Mal seine Strafe von immerhin drei Jahren und zwei Monaten „absitzen“ und dann erneut in das Betäubungsmittelgeschäft einsteigen wird. Ansätze zu einer Besserung sind beim Kläger nicht zu sehen. Nachdem er bereits von 2009 bis 2011 insgesamt zwei Jahre und drei Monate in Haft verbracht hat, scheint ihn dies in keiner Weise davon abzuhalten, erneut Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Damit liegt beim Kläger eine erhebliche Gefahr der Begehung erneuter Drogendelikte vor. Die Beklagte hat zudem zutreffend darauf abgestellt, dass beim Kläger nicht nur über 40 g Kokaingemisch zu einem Wert von ca. 2.000 Euro sichergestellt worden sind, sondern zusätzlich Bargeld in Höhe von 4.100 Euro. Auch dies deutet darauf hin, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt durch den Handel mit Kokain bestritten hat. Die sich steigernde Kriminalität des Klägers zeigt sich, wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, auch darin, dass er früher mit „weichen“ Drogen gehandelt hat, jetzt aber mit der „harten“ Droge Kokain. Die vom Kläger weiter ausgehende erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf den Handel mit Betäubungsmitteln ergibt sich neben dem oben schon erwähnten Umstand, dass er erneut Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hat, obwohl er bereits einmal zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, diese voll verbüßt hat und unter Führungsaufsicht stand, auch darin, dass er die neuerlichen Drogenstraftaten während des offenen Ausweisungsverfahrens begangen hat und ihn damit auch nicht die drohende Ausweisung von der Begehung derartiger Delikte abhalten konnte. Der Kläger ließ sich auch nicht durch seine vier deutschen Kinder von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass jedenfalls die Geburt des jüngsten Kindes im Juli 2013 zu einer Zäsur oder zum Umdenken beim Kläger hätte führen können (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23).

Die Beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die persönlichen Belange des Klägers nicht so schwer wiegen, dass sie angesichts der von ihm begangenen Betäubungsmittelstraftaten zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung führen könnten. Dabei hat die Beklagte insbesondere die Beziehungen des Klägers zu seinen Kindern in den Blick genommen. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich derzeit, eine engere Beziehung lediglich zur jüngsten Tochter Precious besteht.

Außer wenigen begleiteten Umgangskontakten im Jahr 2011 nach der Haftentlassung des Klägers gab es zu seinen beiden Söhnen seitdem keine persönlichen Kontakte mehr. Die Mutter der Söhne, Frau A., hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 überzeugend dargelegt, dass der Kläger den Söhnen seitdem lediglich mehrmals geschrieben hat. Diese haben im jetzigen Zeitpunkt auch keinerlei Bezug zum Kläger, sondern sehen im jetzigen Ehemann der Frau A. ihren Vater. Das ihm weiter zustehende gemeinsame Sorgerecht für die Söhne übt der Kläger offensichtlich nicht aus und zahlt auch keinen Unterhalt bzw. hat dies auch früher nicht getan.

Auch in der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter Alicia bestand ein enger Kontakt offensichtlich nur ab dem Zeitpunkt des Wiederzusammentreffens mit Frau B. im August 2012 bis zu seiner erneuten Inhaftierung im Januar 2014. Während dieses Zeitraums hatte auch Frau B. erneut eine engere Beziehung zum Kläger, wie sie in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 glaubhaft geschildert hat. Nach deren Trennung nach der Geburt der Tochter Precious im Juli 2013 führte der Kläger den Kontakt zu Alicia fort. Diese war nach Aussage von Frau B. auch desöfteren am Wochenende beim Kläger und seiner neuen Lebensgefährtin und dem Kind Precious. Frau B. hat den Kontakt ihrer Tochter zum Kläger aber mit dessen Inhaftierung abgebrochen, da sie, wie sie ausgesagt hat, eine strikte Gegnerin von Drogen ist und sie ihrer Tochter die Erfahrung eines Gefängnisbesuchs ersparen wollte. Damit ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass zwar zwischen Alicia und dem Kläger noch eine gewisse emotionale Bindung besteht, eine besonders gewichtige Beziehung jedoch nicht mehr vorhanden ist. Ausweislich der in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen Besuchsliste hat Alicia ihren Vater bislang tatsächlich nicht im Gefängnis besucht.

Die Beklagte hat demgegenüber der Beziehung des Klägers zu Precious ein erhebliches Gewicht beigemessen. Denn mit Precious hat der Kläger wohl seit ihrer Geburt bis zu seiner Inhaftierung im Januar 2014 zumindest zeitweise zusammengelebt. Er wird auch von der Mutter des Kindes und dem Kind in regelmäßigen Abständen in der Haft besucht, d. h., ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und seiner deutschen Tochter besteht auch während seiner Inhaftierung weiter. Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass selbst die wegen der Haftsituation nur sporadischen Umgangskontakte des Klägers mit seiner Tochter Precious für deren Wohl dennoch von einer gewissen Bedeutung sind.

Aber auch unter Berücksichtigung dieser gewichtigen privaten Interessen des Klägers ist die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung die privaten Interessen des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Denn diese alle erheblichen Umstände berücksichtigende Ermessensentscheidung der Beklagten lässt keine Fehlgewichtungen erkennen und ist gemessen an den Grundsätzen des § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die schwerwiegenden und nachhaltige Schäden verursachenden Betäubungsmitteldelikte, die der Kläger durch den Handel und Besitz von Marihuana und Kokain begangen hat, hat die Beklagte das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers rechtsfehlerfrei stärker gewichtet als den mit der Ausweisung und Abschiebung des Klägers verbundenen schwerwiegenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben.

1.3. Die Ausweisung des Klägers ist aus den genannten Gründen insbesondere auch mit den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK vereinbar und stellt, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, bei der gebotenen Abwägung des öffentlichen Interesses an der Ausweisung mit den privaten Interessen des Klägers an dessen Verbleib im Bundesgebiet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das geschützte Privat- und Familienlebens des Klägers dar. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK schließen nämlich eine Ausweisung eines Ausländers nicht generell aus, sondern gebieten lediglich, dass anhand einer einzelfallbezogenen Würdigung die für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und die gegenläufigen Interessen des Ausländers gegeneinander abgewogen werden (BVerwG, B.v. 7.12.2011 - 1 B 6.11 - juris Rn. 8). Im Hinblick auf die besondere Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelhandels und die von der Beklagten und vom Erstgericht zu Recht bejahte Wiederholungsgefahr muss der Kläger letztlich auch den mit der Ausweisung verbundenen gravierenden Eingriff in seine Beziehungen zu seinen Töchtern hinnehmen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Drogendelikte als besonders schwerwiegende Straftaten angesehen und demgemäß in die Abwägung mit den besonderen individuellen Belangen und den Interessen des Betroffenen grundsätzlich mit dem entsprechenden Gewicht eingestellt werden können (vgl. EGMR, U.v. 12.1.2010 -Khan, Nr. 47486/06 - InfAuslR 2010, 369 Rn. 40; BVerwG, B.v. 7.12.2011 -1 B 6.11 - juris Rn. 8). Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG, wonach sich auch gewichtige familiäre Interessen nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen, scheidet eine zeitlich überschaubare Trennung von Vater und Kind nicht aus (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23). Die Beklagte hat bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass seit der Inhaftierung des Klägers ohnehin nur noch ein sporadischer persönlicher Kontakt zwischen seiner Tochter Precious und ihm besteht. Ein entsprechender Kontakt kann auch über moderne Kommunikationsmittel wie Telefon oder Videotelefonie von Nigeria aus aufrechterhalten werden. Zur Abfederung von Härten kommt daneben auch die Erteilung von Betretenserlaubnissen zu besonderen Anlässen in Betracht.

Wenn der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 6. Mai 2015 demgegenüber meint, die Beklagte habe den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter von Precious, Frau R., nicht genügend Gewicht beigemessen, ist dem zu entgegnen, dass die Beziehung zu Frau R. nicht durch Art. 6 GG geschützt ist, weil der Kläger mit ihr nicht verheiratet ist. Die Beklagte hat aber zutreffend angenommen, dass die Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK, insbesondere dem Schutz des Privatlebens, geschützt ist. Allerdings hat sie dieser Beziehung zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, da Frau R., wie die Beklagte auch ausgeführt hat, der prekäre Aufenthalt des Klägers bewusst sein musste. Denn der Kläger war vor seiner Beziehung zu Frau R. nicht nur wegen der ersten Drogenstraftat inhaftiert und ausgewiesen worden, sondern besaß auch schon seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Aber auch der Schutz der Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK wäre, hätte sie vom deliktischen Vorleben des Klägers nichts gewusst, nicht derart gewichtig, dass er zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung führen würde. Denn Frau R., die sich selbst als Verlobte des Klägers bezeichnet hat, besitzt neben der deutschen auch die nigerianische Staatsangehörigkeit und könnte wohl auch längere Zeit mit dem Kläger in Nigeria verbringen. Im Übrigen ist auch diese Beziehung nicht geeignet, die überaus schwerwiegende Gefahr, die vom Kläger ausgeht, zu relativieren, denn einem Erwachsenen ist eine längerfristige Trennung viel eher zuzumuten als einem kleinen Kind, das den Grund für die Abwesenheit seiner Bezugsperson noch nicht erfassen kann.

Wenn der Kläger darüber hinaus meint, den Beziehungen zu seinen anderen Kindern sei zu wenig Gewicht beigemessen worden, greift dies ebenfalls nicht. Wie oben bereits dargelegt wurde, besteht zu den Söhnen des Klägers kein persönlicher Kontakt mehr. Zur Tochter Alicia ist der unmittelbare persönliche Kontakt ebenfalls abgebrochen. Mit ihr steht der Kläger allenfalls noch brieflich in Kontakt. Hinzu kommt, dass diese drei Kinder bereits älter sind (die Söhne sind fast neun Jahre alt und die Tochter Alicia ist bereits zehn Jahre alt) und nicht mehr der intensiven Betreuung bedürfen, die womöglich kleinere Kinder benötigen. Sie können die Situation ihres Vaters verstehen und nachvollziehen, wieso er die Bundesrepublik verlassen muss. Auch sind sie alt genug, um mit ihm telefonisch und brieflich zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass auch diese Kinder über lange Strecken ihres Lebens keinen Kontakt zum Vater hatten und damit nicht so schwer betroffen sind wie ein Kind, das mit dem Vater aufgewachsen ist und sich plötzlich von diesem für längere Zeit trennen muss.

Die Ausweisung des Klägers erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf den langen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet. Der Kläger lebt zwar seit nunmehr elf Jahren im Bundesgebiet, ist aber erst mit 20 Jahren eingereist, d. h. er hat seine gesamte Kindheit und Jugend in Nigeria verbracht und seine Ausbildung und seine Sozialisation dort erhalten. Er ist im Bundesgebiet auch nicht derart verwurzelt, dass Art. 8 EMRK ein Absehen von der Ausweisung gebieten würde. Eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die einer Ausweisung entgegengehalten werden könnte, kommt im Übrigen grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 54 m. w. N. insbesondere zur Rechtsprechung des EGMR). Eine solche Verwurzelung ist beim Kläger auch unter Würdigung seiner persönlichen und sozialen Bindungen nicht festzustellen. Außer der Tatsache, dass er vier nichteheliche deutsche Kinder hat, hat der Kläger keine gewichtigen Integrationsleistungen erbracht. Er war nur in geringem Umfang erwerbstätig und besitzt seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Vielmehr ist er mehrfach straffällig geworden und hat schwere Betäubungsmittelstraftaten begangen. Von seinem bislang elfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet hat er bisher mehr als dreieinhalb Jahre im Gefängnis verbracht.

Zutreffend ist die Beklagte des weiteren davon ausgegangen, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland zumutbar ist. Wie bereits ausgeführt wurde, ist er in Nigeria aufgewachsen und hat das Land erst mit 20 Jahren verlassen. Dort hat er auch noch Familienangehörige. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso ihm eine Wiedereingliederung in seinem Heimatland nicht gelingen sollte.

2. Rechtswidrig ist demgegenüber die Befristungsentscheidung der Beklagten in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014. Die Festsetzung einer Sperrfrist von sieben Jahren ab Beginn der Ausreise ist zu lang. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Festsetzung der Sperrfrist auf drei Jahre, wie er zuletzt beantragt hat. Eine gerichtliche Verpflichtung zur Festsetzung einer bestimmten Frist kommt hier nicht (mehr) in Betracht, weil nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) über die Länge der Frist des für den ausgewiesenen Kläger gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen zu entscheiden ist. Die Beklagte war, da eine Ermessensreduzierung auf Null nicht anzunehmen ist, nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Dies bedeutet für den Kläger, dessen Ausweisung der Senat als rechtmäßig erachtet hat, dass er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten und nach seiner Ausreise bzw. Abschiebung nicht mehr in das Bundesgebiet einreisen darf. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot allerdings von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid aber zu Unrecht auf sieben Jahre festgesetzt. Die Frist darf zwar fünf Jahre überschreiten, weil der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), sie soll aber auch in diesen Fällen zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d. h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Gerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 64).

Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sieben Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise als rechtswidrig. Die Beklagte hat zwar zutreffend die Festsetzung dieser Frist in zwei Schritten vorgenommen, indem sie zunächst die strafrechtliche Verurteilung des Klägers und die von ihm ausgehende konkrete Wiederholungsgefahr in den Blick genommen und dann aufgrund seiner Beziehungen zu seinen deutschen Kindern die im ersten Schritt auf neun Jahre festgesetzte Frist auf sieben Jahre reduziert hat. Es ist bereits fraglich, ob die zunächst angesetzten neun Jahre ermessensgerecht sind. Jedenfalls ist aber ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von sieben Jahren im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte war bei der Festsetzung der Frist nicht an die Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gebunden, weil der Kläger wegen des Handeltreibens und Besitzes von Betäubungsmitteln - sogar mehrfach - strafrechtlich verurteilt worden ist und seine Ausweisung darauf beruhte. Aufgrund der wiederholten schwerwiegenden Betäubungsmittelstraftaten und der beim Kläger vorliegenden erheblichen Gefahr, dass er auch in Zukunft die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Begehung gleichartiger Straftaten beeinträchtigen wird, könnte die im Hinblick auf die Delinquenz des Klägers zunächst festgesetzte Frist von neun Jahren allenfalls dann ermessensgerecht sein, wenn man zusätzlich in Betracht zieht, dass der Kläger sich bislang nicht hinreichend mit seinen Drogendelikten auseinandergesetzt, diese sogar teilweise trotz der ihn überführenden eindeutigen Beweislage geleugnet hat, dass er keine realistische berufliche Perspektive im Bundesgebiet besitzt, dass er erhebliche Schulden für Unterhaltszahlungen hat und dass er bislang nicht in feste familiäre Strukturen im Bundesgebiet eingebunden ist.

Jedoch ist selbst wenn man die in der ersten Stufe auf neun Jahre festgesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für ermessensgerecht hielte, die im zweiten Schritt auf sieben Jahre festgesetzte Frist zu lang. Diese Frist hat sich nämlich an höherrangigem Recht, d. h. an verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu messen und gegebenenfalls zu relativieren. Mit diesem zweiten Schritt soll der Ausländerbehörde ein rechtsstaatliches Mittel an die Hand gegeben werden, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.2014 - 1 C 2.13 - juris Rn. 12).

Legt man diese Maßgaben zugrunde, wird die Beklagte den schützenswerten familiären Belangen des Klägers und seiner Töchter i. S. von Art. 6 GG nicht gerecht. Die jetzt zwei Jahre bzw. zehn Jahre alten Töchter - die Söhne des Klägers bleiben wegen fehlender Beziehungen zu ihrem Vater unberücksichtigt - wären nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe des Klägers im Bundesgebiet - etwa im März 2017 - und nach der nach seiner Ausreise oder Abschiebung zu laufen beginnenden Sperrfrist von sieben Jahren - im Jahr 2024 - bereits elf bzw. achtzehn Jahre alt. Einen Erziehungsbeitrag könnte der Kläger dann allenfalls noch für die jüngste Tochter erbringen, die andere Tochter wäre bereits volljährig. Auch wenn die jüngere Tochter den Kläger regelmäßig bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung in der Haft besuchen kann, verbliebe dennoch ein Zeitraum von sieben Jahren zwischen ihrem vierten und elften Lebensjahr, in dem sie, sofern Besuche in Nigeria oder kurzfristige Aufenthalte des Klägers im Bundesgebiet (womöglich aus finanziellen Gründen) scheitern sollten, keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Vater haben könnte und er während dieser Zeit trotz des bestehenden gemeinsamen Sorgerechts mit der Kindsmutter keinen Einfluss auf die Erziehung seiner Tochter hätte. Dies erscheint dem Senat auch angesichts der schweren Straftaten, die der Kläger begangen hat, für nicht ermessensgerecht. Die Beklagte wird daher erneut unter Beachtung der hier aufgezeigten Gesichtspunkte über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot des Klägers entscheiden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils bedurfte es nicht, da diese rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2, § 52 Abs. 2 GKG).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.