Verwaltungsgericht Minden Urteil, 30. März 2015 - 4 K 1581/14.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist nach seinen Angaben am in O. geboren, gehört zur Volksgruppe der Bengalen und ist bzw. war Sunnit. Angeblich verließ er am 15. August 2011 sein Heimatland, flog in die Türkei und kam von dort mit einem LKW nach Deutschland. Zur Begründung seines damals gestellten Asylantrags trug der Kläger vor, er habe in Bangladesch ein Motorradgeschäft betrieben. Er sei von Anhängern der Awami League ausgenutzt und betrogen worden. Aber auch Anhänger der BNP hätten ihn bedroht. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 7. März 2012 abgelehnt. Die erkennende Kammer wies die dagegen gerichtete Klage (4 K 1265/12.A) mit Urteil vom 3. September 2012 ab. In der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger angegeben, sein Vater sei nach seiner, des Klägers, Ausreise aus Bangladesch von Anhängern der Awami League umgebracht worden.
3Im Rahmen des Rückführungsverfahrens ließ das Ausländeramt der Stadt C. die Identität des Klägers durch einen Vertrauensanwalt der Deutschen Botschaft in Dhaka überprüfen. Dabei ergab sich, dass der richtige Name des Klägers T. B. , er allerdings auch unter dem Namen B1. bekannt ist. Nach dortigen Erkenntnissen hielt er sich im April 2013 schon seit vier oder fünf Jahren in Europa auf.
4Ab Sommer 2013 nahm der Kläger, der sich nach wie vor in Lage, wohin er im Januar 2012 zugewiesen worden war, aufhielt, an einem internationalen Bibelkreis in E. teil. Diesen Bibelkreis gibt es in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde E. -Ost. Er wird von ursprünglich muslimischen Teilnehmern aus verschiedenen Herkunftsländern besucht, die jetzt in M. wohnen. Treffen finden alle zwei Wochen statt; überwiegend wird Deutsch und Englisch gesprochen. Auf Wunsch des Klägers wurde er am 15. Dezember 2013 getauft.
5In einer Bescheinigung des Pfarrers, der die Taufe vornahm, heißt es, dass in den Gesprächen zur Taufvorbereitung auch das Problem des Religionswechsels zur Sprache gekommen sei und die Frage, inwieweit dies zu einer persönlichen Gefährdung des Klägers bei einer Rückkehr nach Bangladesch führen könne. Dem Kläger sei diese Gefährdung sehr präsent. Er selbst habe mehrere Vorfälle in Bangladesch mitbekommen, bei denen Konvertiten vom Islam zum Christentum betroffen gewesen seien. Die einheimischen Behörden hätten jeweils nichts zum Schutz der angegriffenen Christen unternommen, sondern sich vielmehr an den Verfolgungsmaßnahmen sogar beteiligt. Durch einen in Bangladesch lebenden Freund wisse inzwischen auch seine eigene Familie und sein Dorf von seinem Religionswechsel. Sein Vater, ein ehemaliger Koranlehrer an einer Grundschule, sei dadurch zutiefst beschämt worden und habe Schwierigkeiten bekommen. Der Vater habe sich von ihm dem Kläger, losgesagt. Für den Fall eine Rückkehr habe er ihn davor gewarnt, dass man ihn überfallen und vielleicht auch töten würde.
6Am 14. März 2014 stellte der Kläger einen Folgeantrag und berief sich zur Begründung auf eine ihm nach einer Rückkehr nach Bangladesch drohende Verfolgung wegen seines Glaubenswechsels. Dieser sei nicht aus asyltaktischen Gründen erfolgt, sondern beruhe auf einem ernsthaften Wandel seiner inneren religiösen Überzeugung.
7Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 24. Juni 2014 den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des Bescheides vom 7. März 2012 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz ab. Die Konversion zum Christentum führe bei einer Rückkehr nach Bangladesch nicht zu politischer Verfolgung.
8Der Kläger hat am 2. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt er unter anderem aus, Glaubensfreiheit gelte in Bangladesch nicht für Personen, die vom Islam zum Christentum übertreten. Auf Apostasie stehe die Todesstrafe. Dort, wo Apostasie nicht vor Gericht verhandelt werde, erleide der Konvertit häufig Verfolgung durch die eigene Familie und Gesellschaft, manchmal sogar den Tod durch Verwandte, die die Schande des Abfalls von der Familie reinwaschen wollten. Der Apostat könne sich auf keinen Rechtsschutz berufen. Die Situation der Konvertiten in Bangladesch habe sich in den letzten Jahren aufgrund des Erstarkens des radikalen Islamismus erheblich verschlechtert. Dazu verweist er unter anderem auf das Länderprofil Bangladesch der christlichen Organisation "Open Doors", Stand Januar 2015, und auf einen Bericht der Evangelischen Allianz in Deutschland vom 6. Oktober 2013.
9Für ihn selbst komme hinzu, dass seine Familie streng religiös sei. Er selbst habe vor seiner Ausreise bereits zweimal an der Hadsch teilgenommen und deshalb in der Dorfgemeinschaft besonderes Ansehen genossen. Als seine Familie von seiner Konversion erfahren habe, habe sein Vater ihn verstoßen und enterbt. Es sei davon auszugehen, dass seine Familie ihn nach einer Rückkehr mit dem Tode bedrohen werde, um auf diese Weise die Ehre der Familie wieder herzustellen.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2014 zu verpflichten, ihm in einem neuen Asylverfahren die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
12hilfsweise, ihm in einem neuen Asylverfahren subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zu gewähren und festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG gegeben ist.
13Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
14die Klage abzuweisen,
15und zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid verwiesen.
16Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. März 2015 die Kopie einer eidesstattlichen Erklärung ("Affidavit") seines Vaters vom 20. Februar 2014 vorgelegt. Danach hat der Vater von der Konversion gehört und sich deshalb von seinem Sohn losgesagt und ihn enterbt.
17Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2015 zu seinen Asylgründen informatorisch befragt worden. Auf das Protokoll der öffentlichen Verhandlung wird insoweit verwiesen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 4 K 1265/12.A und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Erkenntnisse zum Herkunftsstaat Bangladesch wurden in das Verfahren eingeführt. Sämtliche Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
19Entscheidungsgründe:
20Die zulässige Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Kläger hat weder Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens noch auf Abänderung des Bescheides vom 7. März 2012 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz - AufenthG -.
21Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - gilt, dass in dem Fall, in dem ein Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen ist, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - vorliegen. Damit muss sich entweder die dem ablehnenden Bescheid zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Asylbewerbers geändert haben (Nr. 1), oder es müssen neue Beweismittel vorliegen, die eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten (Nr. 2), oder es müssen Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 Zivilprozessordnung - ZPO - gegeben sein (Nr. 3). Hier kommt allein eine Änderung der Sachlage im Sinne von Nr. 1 in Betracht. Diese wirkt sich allerdings im Ergebnis nicht zugunsten des Klägers aus. Die zur Begründung seines Asylfolgeantrags angeführte Konversion zum Christentum führt nicht dazu, dass dem Kläger nunmehr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen, ihm subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zu gewähren oder festzustellen wäre, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG gegeben ist.
22Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG zunächst auf die Gründe des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 24. Juni 2014 verwiesen, denen das Gericht folgt.
23Ergänzend wird ausgeführt:
24Hat der Schutzsuchende - wie hier der Kläger - seinen Heimatstaat unverfolgt verlassen, so kann sein Begehren nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von beachtlichen Nachfluchttatbeständen politische bzw. sonstige abschiebungsrelevante Verfolgung droht.
25Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, juris, vom 9. April 1991 - 9 C 100.90 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 22. September 2010 - 3 A 1379/09.A -, n.v., UA S. 12, und vom 24. August 2010 - 3 A 1170/09.A -, n.v., UA S. 12.
26Für die danach anzustellende Prognose gilt im Rahmen der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe finden unter Geltung der Richtlinie 2011/95/EU keine Anwendung.
27Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 10 C 25.10 -, juris, Rdn. 21 ff., und vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, juris, Rdn. 19 und 32.
28Der (neue) Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in dem Tatbestandsmerkmal "… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …" des Art. 2 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG (Richtlinie 2011/95/EU: Art. 2 lit. d) angelegt ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - Europäische Menschenrechtskonvention - (EMRK) auf die tatsächliche Gefahr abstellt ("real risk"). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, juris, Rdn. 32, vom 1. Juni 2011 - 10 C 25.10 -, juris, Rdn. 24, und vom 5. November 1991 - 9 C 118.90 -, juris, Rdn. 17.
30Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, macht es auch aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1991 - 9 C 118.90 ‑, juris, Rdn. 17.
32Bei Zugrundelegung dieser Kriterien geht das Gericht nicht davon aus, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Bangladesch wegen seiner Konversion zum Christentum mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische bzw. sonstige abschiebungsrelevante Verfolgung droht.
33Zunächst hat das Gericht schon nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Hinwendung des Klägers zur christlichen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruht und der Glaubenswechsel nunmehr seine religiöse Identität prägt und auch nach einer Rückkehr nach Bangladesch weiter prägen würde.
34Vgl. zu diesen Anforderungen OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2015
35- 13 A 2569/14.A -, juris, Rdn. 6, m.w.N.
36Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Kontaktaufnahme zur Gemeinde in M1. und später zur ev.-ref. Kirchengemeinde E. Ost allein aus asyltaktischen Erwägungen erfolgt ist. Dafür spricht schon der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme. Im April bzw. Mai 2013 war durch die Auskunft der Deutschen Botschaft in Dhaka bekannt geworden, dass der Kläger in seinem ersten Asylverfahren falsche oder zumindest unvollständige Angaben zu seinem Namen (und wohl auch zu seinem Ausreisezeitpunkt) gemacht hat. Mit den nunmehr korrekten Angaben zum Namen war ein neues Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren eingeleitet und damit eine baldige Abschiebung wahrscheinlich geworden.
37Dass der Kläger ohne Weiteres gewillt ist, seinen Vortrag taktischen Überlegungen anzupassen, ergibt sich auch aus dem Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2015. Angesprochen darauf, warum er das "Affidavit" seines Vaters erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht habe, erklärte er zunächst, sein Vater habe ihm das Dokument bereits drei oder vier Monate nach seinem Religionswechsel, also im März oder April 2014, zugeschickt. Er habe aber zunächst nichts über den Inhalt gewusst und erst nach Vorlage der Erklärung bei seinem Anwalt verstanden, was darin steht. Schon diese Aussage macht den Kläger unglaubwürdig. Es ist vollkommen abwegig und widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass er ein ihm vom Vater unaufgefordert zugesandtes offizielles Dokument, dessen Inhalt er angeblich nicht verstand, über mehr als ein Jahr unbeachtet lässt und sich nicht um eine Umsetzung bemüht. Dies gilt umso mehr, als sein Freund, der Kläger im Verfahren 4 K 1580/14.A, in derselben Unterkunft lebt wie er und des Englischen recht gut mächtig ist.
38Bezeichnend war auch seine Reaktion auf den Vorhalt, dass er in der mündlichen Verhandlung am 3. September 2012 erklärt habe, sein Vater sei umgebracht worden, nachdem er, der Kläger, Bangladesch verlassen habe, also in einem Zeitraum zwischen August 2011 - wenn man die Angaben des Klägers in seiner Anhörung am 26. Januar 2011 vor dem Bundesamt in C. insoweit für glaubhaft hält - und September 2012. Sofort bestritt er, diese Angabe gemacht zu haben, obwohl das Protokoll in diesem Punkt keine Zweifel zulässt. Dem Kläger war, nachdem er in der mündlichen Verhandlung erstmals erwähnt hatte, dass "Leute von der Awami League" seinen Vater umgebracht hätten, vorgehalten worden, dass er in seiner Anhörung vor dem Bundesamt noch gesagt habe, seine Eltern und Geschwister lebten noch in der Heimat. Auch in dieser Situation passte er seinen Vortrag unmittelbar taktisch an und erklärte, der Vater sei erst nach seiner Ausreise aus Bangladesch (gemeint war wohl: erst nach der Anhörung vor dem Bundesamt im Januar 2011) umgebracht worden. Diese eindeutige Aussage kann der Kläger nicht dadurch erklären oder revidieren, dass er nunmehr vorträgt, das habe er "damals nicht so verstanden".
39Die Auffassung des Gerichts, dass der Kläger bei seiner vorgeblichen Konversion allein taktisch gehandelt hat, wird nicht durch die Aussagen der Zeugen erschüttert. Dass sowohl der Pfarrer, der die Taufe vorgenommen hat, als auch die im Bibelkreis engagierte Frau I. den Eindruck gewonnen haben, bei dem Kläger sei ein ernst gemeinter religiöser Einstellungswandel zu bejahen, bezweifelt das Gericht nicht und dürfte auf ein gänzlich anderes Grundverständnis und die Unkenntnis der genaueren Umstände zurück zu führen sein. Das Gericht verkennt auch nicht, dass der Kläger intensiven Kontakt zu diesen Menschen und den anderen Teilnehmern des Bibelkreises gepflegt hat und weiterhin pflegt und sich in dieser Gruppe offensichtlich wohl fühlt. Das ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, weil der Kläger dort willkommen ist und ihm die Zusammenkünfte mit der Gruppe etwas zu tun geben. Das Gericht stellt auch nicht in Abrede, dass der Kläger, der sich offenbar vor seiner Ausreise intensiv mit der islamischen Religion auseinander gesetzt hat und zwei Mal nach Mekka gepilgert ist, Interesse an den Inhalten der christlichen Religion hat und sich entsprechend an den Diskussionen im Bibelkreis beteiligt und beteiligt hat. Das ändert aber nichts an der Überzeugung des Gerichts, dass die Konversion allein aus taktischen Gründen erfolgt ist und der Kläger nach einer möglichen Rückkehr nach Bangladesch dort nicht als Christ auftreten wird.
40Der Formalakt der Taufe selbst führt nicht zu einer Verfolgung des Klägers nach einer Rückkehr nach Bangladesch. Selbst wenn es stimmen sollte, dass der Umstand, dass der Kläger während seines Aufenthaltes in Deutschland Kontakt zu christlichen Gemeinden gesucht hat und sich hat taufen lassen, im Umfeld des Klägers bekannt geworden ist, droht ihm deshalb keine Verfolgung, wenn er sich - wovon das Gericht wegen des aus seiner Sicht nicht ernst gemeinten Glaubenswechsels ausgeht - nach eine Rückkehr nach Bangladesch wieder dem muslimischem Glauben zuwendet.
41Im Übrigen steht auch für den Fall, dass der Kläger sich nach einer Rückkehr nach Bangladesch als Konvertit zu erkennen geben, dort christliche Gottesdienste besuchen und über seinen Glauben reden sollte, zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm deshalb nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr für Leib oder Leben oder sonstige abschiebungsrelevante Gefahren drohen.
42Dabei legt das Gericht zugrunde, das in Bangladesch im Jahr 2013 mindestens 500.000 Christen lebten.
43Vgl. "Römisch-katholische Kirche in Bangladesch", Wikipedia: 270.000 katholische Christen und etwa ebenso viele protestantische; Wikipedia, Bangladesch: 0,3 % von ca. 160 Millionen Einwohnern = 480.000; Evangelische Allianz in Deutschland, 2013: "Weniger als ein Prozent unter den mehr als 150 Millionen Einwohnern sind Christen."
44Die Organisation "Open Doors" spricht in einem Artikel aus Januar 2015
45Bangladesch, www.opendoors.de/verfolgung/laenderprofile/bangladesch
46von einem zahlenmäßigen Anwachsen der christlichen Minderheit. Es gebe drei große Gruppen: die historisch gewachsenen christlichen Gemeinschaften wie die katholische Kirche,
47die in Dhaka ein großes Priesterseminar betreibt und 1971 eine eigene "Bischofskonferenz von Bangladesch" gegründet hat, vgl. Wikipedia, Römisch-katholische Kirche in Bangladesch,
48nicht-traditionelle protestantische Kirchen, Pfingstgemeinden und Christen muslimischer oder buddhistischer Herkunft.
49In dem - inzwischen fast sieben Jahre alten - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante M1. in der Volksrepublik Bangladesch des Auswärtigen Amtes vom 1. Juli 2008 wird allerdings darauf hingewiesen (S. 13), dass die wenigen Muslime, die zum Christentum überträten, besonders gefährdet seien. Aus dem Zusammenhang ergibt sich aber, dass schon damals vorrangig nicht von gewalttätigen Übergriffen, sondern von Schikanen wie der Zerstörung illegal errichteter Häuser die Rede ist, die auch nicht landesweit, sondern vor allem im ländlichen Raum drohen.
50Nach der aktuelleren und aussagekräftigeren Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 5. April 2011 gab es nach Einschätzung eines Vertrauensanwaltes der deutschen Botschaft in Bangladesch "keine legale(n) sowie extra-legale(n) Verfolgung von Personen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind", soziale Benachteiligungen könnten aber vorkommen. Nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes lägen keine Fälle vor, in denen zum Christentum übergetretene Muslime Ziel von Übergriffen staatlicher Stellen oder Dritten, nicht dem Staat zuzurechnenden Personen oder Gruppierungen, waren. Es habe vereinzelt Vorfälle gegeben, bei denen es zwischen Muslimen und Christen durch Konvertierungsbestrebungen seitens christlicher Prediger zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen sei. Diese Auseinandersetzungen seien durch das Einschreiten der Polizei und die Festnahme einzelner Personen beendet worden. Hinsichtlich der Anzahl solcher Vorfälle seien gravierende Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Gebieten festzustellen. Dies sei auf die fehlende Anonymität in ländlichen Ortschaften zurückzuführen. Nach Einschätzung des Vertrauensanwalts könne aber in solchen Fällen mit Hilfe von staatlichen Stellen gerechnet werden.
51Die Einschätzung, dass es nur vereinzelt zu Übergriffen kommt und grundsätzlich mit Hilfe von staatlichen Stellen gerechnet werden kann, wird auch durch den "International Religious Freedom Report 2011" des United States Department of State vom 30. Juli 2012 bestätigt. Nach diesem garantiert die bangladeschische Verfassung das Recht der freien Religionsausübung und wird die Religionsfreiheit von den staatlichen Institutionen und Gerichten im Allgemeinen auch praktisch gewährleistet. Zwar sei durch einen Zusatz zur Verfassung vom 30. Juni (2011) der Islam als Staatsreligion verankert, zugleich aber das Land als säkularer Staat bestätigt worden. Die hinduistischen, christlichen und buddhistischen Minderheiten hätten Diskriminierung und teilweise auch Gewalt durch die muslimische Mehrheitsbevölkerung erlitten. Auch seien die staatlichen Kräfte einschließlich der Polizei manchmal langsam gewesen, wenn es um Hilfe für Minderheiten gegen Schikane und Gewalt gegangen sei; aber es habe auch bemerkenswerte Beispiele zeitnaher und effektiver polizeilicher Intervention gegeben. Die Regierung und führende Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft wiesen im Übrigen darauf hin, dass Gewaltakte gegenüber religiösen Minderheiten in aller Regel auch politische und wirtschaftliche Hintergründe hätten und nicht allein auf religiöse Überzeugung oder Zugehörigkeit zurückgeführt werden könnten. Insgesamt legten Berichte nahe, dass die Zahl der Angriffe gegen religiöse Minderheiten im Vergleich zu früheren Jahren abgenommen hätte. Christliche Minderheiten lebten in über das ganze Land verteilte Gemeinden mit Schwerpunkten in Barisal City, Gournadi im Barisal District, Baniarchar in Gopalganj, Monipuripara in Dhaka, Christianpara in Mohakhal, Nagori in Gazipur und Khulna City.
52Nach den vorliegenden Informationen hat sich die M1. in Bangladesch seit dem Bericht des US Department of State aus dem Jahr 2011 nicht in verfolgungsrelevanter Weise verändert. Allerdings berichtet die Organisation "Open Doors", a.a.O., von zunehmenden Einschränkungen und Schwierigkeiten für die zahlenmäßig anwachsende christliche Minderheit. Verantwortlich sei dafür aber weniger die Regierung, die im Juli 2014 sogar eine Katholikin zur persönlichen Sekretärin des Präsidenten ernannt habe, sondern die Verfolgung komme vielmehr von extremistisch islamischen Gruppierungen und lokalen religiösen Leitern und Familien. Zwar habe die Regierung im Jahr 2013 einen Beschluss gefasst, alle religiös ausgerichteten politischen Parteien zu verbieten und etwa die Registrierung von Jamaat-e-Islami für illegal erklärt. Diese bewusst auf muslimische Extremisten abzielende Regelung habe aber die islamischen Gruppierungen aufgebracht, die die Christen für das Gesetz und die Handlungen der Regierung verantwortlich machten und deshalb ihre Aggressionen gegen sie richteten. Dies betreffe vor allem Konvertiten, da sie von der Hauptreligion abgewichen sind, aber auch alle anderen Gruppen von Christen litten darunter.
53Christen allgemein erlebten in allen Lebensbereichen Bedrängnis. Sie würden diskriminiert, von Seiten der Behörden aber auch am Arbeitsplatz und in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Manche hätten aufgrund des Drucks der muslimischen Mehrheit ihre Läden oder Unternehmen schließen müssen. Die Verfolgung sei in den letzten Jahren gewalttätiger geworden. Im Januar 2014 seien die Christin N. N1. und ihr Sohn T1. erschossen worden. Obwohl die Tatmotive nicht ganz klar seien, verdächtigten viele die muslimischen Nachbarn, die sich offenbar das Land der Ermordeten aneignen wollten. Im Berichtszeitraum seien sechs Kirchen und eine Schule zerstört worden; eine Kirche haben schließen und aufgrund falscher Anschuldigungen eines Nachbarn umziehen müssen. Vier Christen buddhistischer Herkunft seien entführt, mindestens neunzehn von ihrer Familie oder der Dorfgemeinschaft körperlich so misshandelt worden, dass sie medizinisch hätten betreut werden müssen. Einige Christen seien aufgrund von Drohungen gezwungen gewesen, sich zu verstecken.
54Für Konvertiten stelle sich die M1. so dar, dass sie von Familienangehörigen, Freunden und Nachbarn unter starken Druck gesetzt würden, ihrem christlichen Glauben wieder abzuschwören. Ihre Kinder müssten sich mit Benachteiligungen und Vorurteilen von Seiten ihrer Lehrer und Mitschüler abfinden. Konvertiten müssten jederzeit genau abwägen, wie sie ihren Glauben lebten, besonders wenn sie die einzigen Christen in der Familie seien. Sie müssten ihre Bibeln und andere christliche Materialien verstecken und könnten nur im Geheimen darin lesen. Treffen mit anderen Christen seien schwierig. Bekannte Konvertiten lebten unter ständiger Beobachtung und könnten Hausarrest sowie körperlichen oder geistigen Missbrauch erleben. Sobald entdeckt werde, dass jemand zum christlichen Glauben konvertiert sei, drohten Scheidung und der Verlust des Erbrechts. Häufig würden Konvertiten von ihren Familien isoliert oder vollständig vertrieben.
55Auch dieser aktuellen und ausführlichen Schilderung der M1. von Christen und Konvertiten in Bangladesch lässt sich im Ergebnis nicht entnehmen, dass jedem Christen und erst Recht jedem Konvertiten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Angriffe auf Leib oder Leben drohen. Angesichts der Vielzahl der in Bangladesch lebenden Christen erreichen die geschilderten Vorfälle bei weitem nicht das Maß einer relevanten Verfolgungs- oder Gefahrendichte. Bei den beiden einzigen aufgelisteten Todesfällen deutet sogar nach dem Bericht von Open Doors selbst vieles darauf hin, dass wirtschaftliche Motive (Aneignung des Landes) im Vordergrund gestanden haben.
56Einer vermutlich wahrscheinlichen Drangsalierung durch Familienangehörige, frühere Freunde und Nachbarn könnte der Kläger aus dem Weg gehen, indem er seinen Wohnsitz nach einer Rückkehr nach Bangladesch nicht in seiner Heimatkommune, sondern in der Nähe einer christlichen Gemeinde in Dhaka oder einer anderen Großstadt nähme. Das ist dem Kläger auch zuzumuten, da er auch bei einem weiteren Verbleiben in Deutschland weiterhin isoliert und ohne Kontakt zu seiner Familie wäre. Dass er in Dhaka oder einer anderen Großstadt durch seine Verwandten aufgespürt werden könnte, ist nicht beachtlich wahrscheinlich, da in Bangladesch kein landesweites Meldewesen existiert. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass es ihm unmöglich sein könnte, sich in einer Großstadt eine Existenzgrundlage aufzubauen, zumal er voraussichtlich bei der Eingliederung auf die Hilfe einer der christlichen Gemeinden zählen könnte.
57Gründe für die Abänderung des Bescheids vom 24. Juni 2014 hinsichtlich der Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sind nach dem eben Ausgeführten ebenfalls nicht gegeben.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.