Verwaltungsgericht Minden Urteil, 27. Juli 2016 - 11 K 544/14
Gericht
Tenor
Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger beantragten am 06.05.2010 die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für eine Windenergieanlage des Typs Enercon E-82 E2 in C. X. , Gemarkung G. , Flur 1, Flurstück 2 (im Folgenden als WEA 40 bezeichnet), „hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens und seiner Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs“. Ausweislich des Antragsformulars war u.a. ein Turbulenzgutachten beigefügt. In den Verwaltungsvorgängen befindet sich auf diesem Gutachten ein Eingangsstempel vom 25.08.2010 (Bl. 12 BA I). Das Gutachten der F2E vom 23.02.2010 bestätigt die Standsicherheit der von den Klägern geplanten Anlage unter Berücksichtigung von standortspezifischen detaillierten Lastrechnungen der Enercon.
3Nachdem der Beklagte sie mit Schreiben vom 12.05.2010 darauf hingewiesen hatte, dass die Unterlagen mit Blick auf die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens unvollständig seien, legten die Kläger am 25.08.2010 eine Umweltverträglichkeitsstudie und eine Schallimmissionsprognose vor.
4Die Beigeladene beantragte unter dem 29.06.2010 – ebenfalls für eine Anlage Enercon E-82 E2, im Folgenden: WEA 26 – eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen ca. 207 m südwestlich der WEA der Kläger gelegenen Standort und reichte am 14.09.2010 ein Turbulenzintensitätsgutachten ein, das die von den Klägern geplante Anlage nicht berücksichtigte. Unter dem 11.10.2010 hörte der Beklagte die Beigeladene zu seiner Absicht an, den Antrag abzulehnen, weil der Anlagenstandort außerhalb einer ausgewiesenen Windvorrangzone liege. Nach weiterem Schriftwechsel beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 25.05.2012, das Verfahren bis auf Widerruf ruhend zu stellen.
5Den Vorbescheidsantrag der Kläger hatte der Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2011 abgelehnt, weil der Standort der WEA 40 ebenfalls außerhalb einer ausgewiesenen Windvorrangzone lag. Im Rahmen der gegen den Ablehnungsbescheid erhobenen Anfechtungsklage wiesen die Kläger darauf hin, dass es sich bei dem vorgesehenen Standort „um den aus Turbulenzintensitätsgründen letzten möglichen Windenergieanlagenstandort“ handele (Schriftsatz vom 05.04.2011 im Klageverfahren 11 K 762/11, Bl. 59 BA I). Der Ablehnungsbescheid wurde vom Beklagten im Rahmen dieses Klageverfahrens aufgehoben, nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines anderen Verfahrens festgestellt hatte, dass die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die im Flächennutzungsplan der Stadt X. ausgewiesenen Vorrangzonen nicht eingetreten ist (Urteil vom 20.11.2012 - 8 A 430/10 -).
6Mit Schreiben vom 09.05.2013 erklärten die Kläger, dass auch die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall und Schattenschlag) sowie die Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten festgestellt werden solle (Bl. 159 BA I). Mit Schreiben vom 10.05.2013 teilten sie mit, dass zum Schutz der örtlichen Rotmilanpopulation über den Betrieb tagsüber (Morgendämmerung bis Sonnenuntergang) in der Zeit vom 01.03. bis 31.07. eines Jahres nicht entschieden werden solle.
7Das Bauamt des Beklagten führte in einer internen Stellungnahme vom 24.06.2013 aus, mit dem Gutachten der F2E aus Februar 2010 sei der erforderliche Nachweis, dass eine Gefährdung der Standsicherheit nicht bestehe, erbracht. Damit sei der Aspekt der Turbulenzen im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen abschließend berücksichtigt; weiterer Nachweise bedürfe es „bezogen auf den beantragten Anlagentyp mit zugehöriger Typenstatik“ nicht.
8Unter dem 17.07.2013 erteilte der Beklagte den Klägern einen „Vorbescheid hinsichtlich der planungs- und immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit, der Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs sowie der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit nur in Bezug auf die Turbulenzintensität“. Unter Bezugnahme auf den Antrag der Kläger vom 06.05.2010 und dessen Ergänzung vom 09.05.2013 stellt der Bescheid im Tenor fest, dass „die Genehmigungsvoraussetzungen bzgl. der
9- planungsrechtlichen Zulässigkeit – mit der Einschränkung: Im Zeitraum 01.03. bis 31.07. eines Jahres nur in der Zeit von Sonnenuntergang bis Morgendämmerung –,
10- Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen,
11- Belange des Luftverkehrs,
12- Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall, Schattenwurf) und
13- Turbulenzintensität“
14für den Anlagenstandort vorliegen.
15Die Anträge vom 06.05.2010 und 09.05.2013 wurden ebenso wie das Turbulenzgutachten vom 23.02.2010 unter „II. Antragsunterlagen“ zum Bestandteil des Vorbescheides und bestimmend für dessen Inhalt und Umfang erklärt. Unter „Hinweise“ wird ausgeführt, dass mit dem Antrag auf Genehmigung die standortspezifischen Angaben und Nachweise zur Prüfung vorzulegen seien, z.B. Standsicherheitsnachweis und Turbulenzgutachten. Weiter heißt es: „Der Vorbescheid behandelt ausschließlich die grundsätzliche planungsrechtliche Zulässigkeit der Baumaßnahme (Bebauungsgenehmigung). Die bauordnungsrechtlichen Belange waren nicht Gegenstand dieser Prüfung. Sie sind im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen.“
16Die Beigeladene erhob am 12.09.2013 Widerspruch gegen den den Klägern erteilten Vorbescheid mit der Begründung, ihr Genehmigungsantrag gehe deren Vorbescheidsantrag vor.
17Das Widerspruchsschreiben der Beigeladenen wurde den Klägern unter dem 16.09.2013 „zu Ihrer Information“ und unter Hinweis auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs übersandt. Bereits mit Schreiben vom 22.08.2013 hatte der Beklagte den Klägern auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass betreffend die WEA 26 von der Beigeladenen ein Turbulenzgutachten angefordert worden sei, das die WEA 40 berücksichtige.
18Mit Bescheid vom 21.01.2014 nahm der Beklagte den Vorbescheid vom 17.07.2013 insoweit zurück, als dieser „die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten erst mit Schreiben vom 09.05.2013 ihren Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides dahingehend erweitert, dass auch die Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten festgestellt werden sollte. Das Turbulenzgutachten sei zwar bereits am 25.08.2010 bei ihm eingegangen; eine Änderung des Vorbescheidsantrags sei damit aber nicht verbunden gewesen. Eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Anlage im Hinblick auf die Turbulenzintensität hätte daher ohne Berücksichtigung der Anlage der Beigeladenen nicht getroffen werden dürfen, sodass der Vorbescheid rechtswidrig sei, soweit es die Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststelle. Bliebe es bei dem Vorbescheid, müssten die aus Gründen der Turbulenzintensität absehbar notwendigen Betriebsregelungen (Abschaltungen) von der Beigeladenen getroffen werden. Infolge der Teilrücknahme müssten diese Abschaltungen an der Anlage der Kläger vorgenommen werden.
19Der Rücknahmebescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 29.01.2014 zugestellt. – Der Beigeladenen wurde unter Hinweis auf den Rücknahmebescheid am 05.02.2014 ein stattgebender Widerspruchsbescheid erteilt.
20Mit weiterem Bescheid vom 21.01.2014 erteilte der Beklagte der Rechtsnachfolgerin der Kläger auf deren Antrag vom 01.08.2013 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die WEA 40. Als Bedingung ist unter A) 3. die Vorlage eines die WEA 26 berücksichtigenden Turbulenzgutachtens enthalten. Die Festsetzung von nach diesem Gutachten evt. erforderlichen Betriebseinschränkungen, die „die Standsicherheit aller Anlagen im Einwirkbereich der Turbulenzen (…) gewährleisten“ sollen, ist Gegenstand des Auflagenvorbehalts unter B) 1.). – Die Genehmigung wurde den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen am 07.02.2014 zugestellt (Bl. 128 BA I). Klage wurde nicht erhoben.
21Die WEA 26 der Beigeladenen wurde ebenfalls unter dem 21.01.2014 immissionsschutzrechtlich genehmigt. Die Kläger bzw. deren Rechtsnachfolgerin erhoben hiergegen Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.
22Inzwischen liegen sowohl der Standort der WEA 26 der Beigeladenen als auch der Standort der WEA 40 der Kläger innerhalb einer im Flächennutzungsplan der Stadt C. X. ausgewiesenen Windvorrangzone.
23Die Kläger haben am 25.02.2014 Klage gegen den Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 erhoben.
24Außerdem hat die Rechtsnachfolgerin der Kläger am 21.02.2014 im Verfahren 11 K 494/14 Klage gegen die Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.01.2014 erhoben.
25Die Kläger machen geltend, nach der Rechtsauffassung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts sei auf einen Vorbescheidsantrag für Windenergieanlagen durch nachfolgend beantragte Anlagen in jedem Fall auch im Hinblick auf die mögliche Beeinträchtigung der Standsicherheit Rücksicht zu nehmen. Danach komme es vorliegend nicht darauf an, ob und wann die Feststellung der Zulässigkeit unter Turbulenzintensitäts- bzw. Standsicherheitsaspekten ausdrücklich beantragt worden sei. Unabhängig davon sei mit dem Vorbescheidsantrag aber ein Turbulenzgutachten in sechsfacher Ausfertigung vorgelegt worden, das alle zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen Vorbelastungen durch bereits errichtete oder beantragte Anlagen berücksichtigt habe. Bei sachgerechter Auslegung erfasse der Vorbescheidsantrag damit auch die Feststellung der Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten. Erst im Laufe des Jahres 2013 hätten Gespräche mit dem Beklagten gezeigt, dass dieser in Bezug auf Turbulenzen eine ausdrückliche Antragstellung für geboten halte. Nur vor diesem Hintergrund sei der Antrag mit Schreiben vom 09.05.2013 ergänzt worden.
26Soweit sie gegenüber dem Beklagten unter dem 15.04.2014 eine mögliche Standortverschiebung um 6 m in nördlicher Richtung angekündigt hätten, solle diese nur erfolgen, wenn sie auf die Anlage der Beigeladenen Rücksicht nehmen müssten (Bl. 35 BA II.
27Während des gerichtlichen Verfahrens legten die Kläger zwei überarbeitete Turbulenzgutachten der F2E vor. Danach sind – auch unter Berücksichtigung der ermittelten effektiven Turbulenzintensitäten in Verbindung mit weiteren ermittelten Windbedingungen für standortspezifische Berechnungen der Betriebslasten der Anlagen durch den Hersteller – zur Gewährleistung der Standsicherheit der WEA 26 und der WEA 40 Betriebsbeschränkungen erforderlich, und zwar entweder durch das Abschalten der turbulenzverursachenden Anlage bei Auftreten der jeweiligen Nachlaufsituation oder durch Abschalten der durch die in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung betroffenen Anlage (S. 29 f. des Gutachtens vom 30.04.2014; S. 20 f. des Gutachtens vom 24.06.2016).
28Die Klägerin beantragt,
29den Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 aufzuheben.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Er ist der Auffassung, dass der Antrag der Kläger auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides sich seinem Wortlaut nach nicht auf die Prüfung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit erstreckt habe. Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 stelle zutreffend darauf ab, dass erst am 10.05.2013 beantragt worden sei, auch über die Zulässigkeit hinsichtlich der Turbulenzintensität zu entscheiden. Dass bereits mit dem ursprünglichen Antrag ein Turbulenzgutachten vorgelegt worden sei, sei irrelevant. In der Praxis würden im Vorbescheidsverfahren häufig Unterlagen vorgelegt, die nicht zum eigentlichen Prüfungsumfang gehörten, etwa um auszuschließen, dass ein thematisch begrenzter Vorbescheid ergehe, obwohl das Vorhaben aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig sei.
33Mit dem Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 habe die Feststellung des Vorbescheides, dass das Vorhaben in Bezug auf Turbulenzintensitäten zulässig sei, zur Gänze beseitigt werden sollen.
34Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
35die Klage abzuweisen.
36Sie ist der Auffassung, die unter dem 21.01.2014 genehmigte WEA 26 genieße gegenüber der WEA 40 der Klägerin unter Turbulenzgesichtspunkten den Vorrang. Maßgeblich für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Anlagen sei die Tatsache, dass sie im Unterschied zu den Klägern von vornherein einen Vollbescheid beantragt habe. Eine immissionsschutzrechtliche (Voll-)Genehmigung sei darauf ausgerichtet, dass unmittelbar nach deren Erlass mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden könne. Das Vorbescheidsverfahren sei dagegen sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht durch das Fortbestehen des Genehmigungserfordernisses gekennzeichnet.
37Das von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegte Turbulenzgutachten habe die Anlage der Kläger auch deshalb zutreffenderweise nicht berücksichtigt, weil Gegenstand des Vorbescheidsantrags vom 06.05.2010 lediglich die planungsrechtliche Zulässigkeit und die Vereinbarkeit mit militärischen und luftverkehrsrechtlichen Belangen gewesen sei.
38Der Vorbescheid vom 17.07.2013 sei in Bezug auf die Klärung der Turbulenzintensität indifferent, zumindest in sich so widersprüchlich, dass er keine hinreichend eindeutige Entscheidung enthalte, die gegen die WEA 26 ins Feld geführt werden könne. Fragen der Turbulenzintensität seien eindeutig solche der bauordnungsrechtlichen Standsicherheit nach § 15 BauO. Bauordnungsrecht sei aber nicht Gegenstand des Prüfbegehrens der Kläger gewesen; dies gelte umso mehr, als eine Typenstatik im Vorbescheidsverfahren nicht vorgelegt worden sei.
39Der Hinweis der Kläger auf die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts gehe schon deshalb fehl, weil dort zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag noch keinerlei konkurrierende Windenergieanlagen in Rede gestanden hätten. Insoweit habe keinerlei Anlass bestanden, sich im Vorbescheidsverfahren mit Turbulenzintensitäten auseinanderzusetzen. Das konkurrierende Vorhaben sei erst vier Jahre nach Erteilung des Vorbescheids beantragt worden. Im vorliegenden Fall sei dagegen von vornherein klar gewesen, dass sich Fragen der Anlagenkonkurrenz auch unter Turbulenzaspekten stellen würden.
40Entscheidungsgründe:
41Die Kammer konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten damit einverstanden waren.
42Die Anfechtungsklage hat Erfolg.
43I.
44Sie ist zunächst zulässig.
45Dass für die WEA 40 mit Bescheid vom 21.01.2014 inzwischen eine immissionsschutzrechtliche (Voll-)Genehmigung erteilt worden ist, lässt das Rechtsschutzinteresse der Kläger betreffend die teilweise Rücknahme des Vorbescheides nicht entfallen.
46Nach § 9 Abs. 1 BImSchG soll auf Antrag über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage verbindlich entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Soweit der Vorbescheid damit über das Vorliegen bestimmter Genehmigungsvoraussetzungen entscheidet, bindet er als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Genehmigung die Genehmigungsbehörde für das weitere Genehmigungsverfahren und nimmt insoweit die Entscheidung vorweg.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20.11.2012 – 8 A 252/10 –, juris Rn. 36, und vom 09.12.2009 – 8 D 12/08.AK –, juris Rn. 144 m.w.N.
48Die durch den Vorbescheid vom 17.07.2013 getroffenen Feststellungen sind in die Genehmigung vom 21.01.2014 auch nicht im Sinne eines sog. Zweitbescheides erneut aufgenommen worden. Während der Vorbescheid – u.a. – die planungs- und immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sowie dessen bauordnungsrechtliche Zulässigkeit in Bezug auf die Turbulenzintensität feststellt, liegt den Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die gegenteilige Annahme zugrunde, nämlich, dass die Anlage der Kläger auf die WEA 26 der Beigeladenen unter Turbulenzgesichtspunkten Rücksicht zu nehmen hat. Da die Bindungswirkung des Vorbescheids dem Erlass dieser – im Übrigen im Verfahren 11 K 494/14 angefochtenen – Nebenbestimmungen entgegensteht, falls der streitgegenständliche Rücknahmebescheid aufzuheben ist, liegt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage vor.
49II.
50Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 ist formell und materiell rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
511.
52Der Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 genügt allerdings den nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW zu stellenden – formellen – Anforderungen an seine Bestimmtheit. Soweit man mit Blick auf die Formulierung im Bescheidtenor, wonach der Vorbescheid vom 17.07.2013 insoweit zurückgenommen wird, „wie er die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“, Zweifel an seinem Regelungsgehalt haben kann, ergibt sich aus der Begründung hinreichend deutlich, dass der Vorbescheid hinsichtlich sämtlicher Feststellungen betreffend Turbulenzaspekte beseitigt werden sollte, unabhängig davon, ob diese dem Bereich des Bauordnungs-, Bauplanungs- oder Immissionsschutzrechts zuzuordnen sind. Der Beklagte war erkennbar der Auffassung, dass die Anlage der Beigeladenen dem Vorhaben der Kläger unter Turbulenzaspekten in jeder Hinsicht vorging und daher bei der Beurteilung der von der WEA 40 ausgehenden und auf sie einwirkenden Turbulenzen berücksichtigt werden musste. Dass dies die Zielsetzung des Teilrücknahmebescheides war, hat der Beklagte auch im Erörterungstermin vom 25.01.2016 klar gestellt.
532.
54Der Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 ist aber deshalb formell rechtswidrig und deshalb aufzuheben, weil er im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens ergangen ist und die Kläger vor seinem Erlass entgegen § 71 VwGO nicht angehört worden sind.
55Nach § 79 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Abhilfebescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält; als eine zusätzliche selbständige Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern er auf dieser Verletzung beruht. Der auf den Widerspruch der Beigeladenen ergangene Rücknahmebescheid stellt einen Abhilfebescheid dar.
56§ 71 VwGO bestimmt, dass der Betroffene vor Erlass eines Abhilfebescheides gehört werden soll, wenn die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren – wie hier – erstmalig mit einer Beschwer verbunden ist.
57Der Beklagte hat den Klägern das Widerspruchsschreiben der Beigeladenen lediglich zur Information übersandt. Dies genügt nicht, um dem Anhörungserfordernis zu genügen.
58Die Anhörung soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich zu der anstehenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern. Sie muss sich deshalb auf Tatsachen, insbesondere auch auf Ermittlungsergebnisse, sowie auf Rechtsfragen beziehen. Ergeben sich im Widerspruchsverfahren neue Tatsachen oder zeichnet sich eine neue rechtliche Bewertung ab, muss die Behörde den Betroffenen darauf hinweisen.
59Vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO (Stand: Oktober 2015), § 71 Rn. 7 m.w.N.
60Vor dem Erlass des dem Widerspruch abhelfenden und die Kläger erstmalig beschwerenden Rücknahmebescheides wurde den Klägern keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sie auch nicht darauf hingewiesen, dass der Beklagte auf der Grundlage der Widerspruchsbegründung das Rangverhältnis zwischen den Windenergieanlagen 26 und 40 möglicherweise anders beurteilen würde. Dazu hätte vorliegend jedenfalls deshalb Anlass bestanden, weil den Klägern noch mit Schreiben vom 22.08.2013 mitgeteilt worden war, die Beigeladene müsse die WEA 40 berücksichtigen.
61Dieser Verfahrensfehler ist nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW geheilt worden. Die bloße Durchführung des gerichtlichen Verfahrens genügt nicht, um eine im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung nachzuholen. Um dem Anhörungserfordernis nach § 71 VwGO bzw. § 28 VwVfG Rechnung zu tragen, bedarf es einer Handlung, die das Anhörungsrecht vollwertig ersetzt, und damit eines den Rahmen des Prozesses übersteigenden Vorgangs. Die Möglichkeit, sich im gerichtlichen Verfahren zu äußern, heilt einen vorherigen Anhörungsmangel nicht.
62Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 76, 86.
63Die unterbliebene Anhörung ist schließlich nicht nach § 46 VwVfG bzw. deshalb irrelevant, weil der Abhilfebescheid nicht i.S.d. § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf dem Verfahrensmangel beruht. Die Rücknahme des von der Beigeladenen mit Widerspruch angefochtenen Vorbescheids stellte eine Ermessensentscheidung dar, vgl. § 48 Abs. 1 VwVfG NRW, und es ist nicht auszuschließen, dass der Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung der Kläger eine andere Entscheidung getroffen hätte.
64Vgl. zu diesem Maßstab Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 79 Rn. 50 m.w.N.; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O. § 79 Rn. 15 m.w.N.
653.
66Schließlich ist der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 materiell rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Vorbescheids liegen nicht vor.
67Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
68Der den Klägern erteilte Vorbescheid vom 17.07.2013 ist, soweit er die Feststellung enthält, dass die (bauordnungsrechtliche) Zulässigkeit im Hinblick auf Turbulenzintensität gegeben ist, nicht rechtswidrig. Der Vorbescheidsantrag der Kläger erstreckte sich auf die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens unter Turbulenzaspekten (a)), und die diesbezügliche Feststellung ist mit dem Vorbescheid auch mit Blick auf die Anlage der Beigeladenen zu Recht getroffen worden (b)).
69a)
70Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist der Vorbescheidsantrag vom 06.05.2010 dahingehend auszulegen, dass die Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Turbulenzintensitäten umfassend festgestellt werden sollte. Eine Differenzierung zwischen Bauplanungs-, Bauordnungs-, oder Immissionsschutzrechtrecht war in diesem Zusammenhang nicht beabsichtigt.
71Nach § 23 der 9. BImSchV muss der Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides außer den in § 3 genannten Angaben insbesondere die bestimmte Angabe enthalten, für welche Genehmigungsvoraussetzungen oder für welchen Standort der Vorbescheid beantragt wird. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV verlangt, dass dem Antrag die Unterlagen beizufügen sind, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind.
72Entscheidend bei der Auslegung des Antrags der Kläger vom 06.05.2010 ist nach Auffassung der Kammer zweierlei: Dem Antrag war ein Turbulenzgutachten in sechsfacher Ausfertigung beigefügt bzw. dieses am 25.08.2010 nachgereicht worden und dieses stellte fest, dass die Standsicherheit der Anlage der Kläger unter Berücksichtigung der entsprechenden Lastrechnungen gewährleistet ist (S. 3 des Gutachtens der F2E aus Februar 2010). Außerdem war der Antrag nach seinem Wortlaut auf eine verbindliche Feststellung des Beklagten zur – standortbezogenen – bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gerichtet.
73Der Vorlage des die Standsicherheit der Anlage bejahenden Turbulenzgutachtens kommt deshalb wesentliche Bedeutung zu, weil der vorgesehene Standort der WEA 40 im Hinblick auf die Standsicherheit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung unter Turbulenzgesichtspunkten kritisch war. Aufgrund des Standorts des Vorhabens, der seinerzeit nicht innerhalb einer Windvorrangzone lag, aber sowohl nach Norden als auch nach Süden mit einem Abstand von ca. 300 m an eine bereits ausgewiesene, östlich gelegene hufeisenförmige Vorrangzone grenzte, und der bereits vorhandenen bzw. geplanten weiteren Windenergieanlagen in diesem Gebiet lag die Frage nach der Turbulenzbelastung ohne Weiteres nahe; die Kläger hatten darauf auch im April 2011 im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens 11 K 762/11 hingewiesen. Einen diesen Aspekt nicht berücksichtigenden und nur auf die Vereinbarkeit mit der Flächennutzungsplanung gerichteten Vorbescheid zu beantragen, machte vor diesem Hintergrund keinen Sinn. Dies verstärkt die Bedeutung, die der Vorlage des Turbulenzgutachtens mit dem Vorbescheidsantrag für dessen Verständnis durch den Beklagten haben musste. Lediglich ergänzend sei insoweit angemerkt, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV der Genehmigungsbehörde aufgibt, den Antragsteller im Hinblick auf die Antragstellung zu beraten.
74Soweit die Beigeladene darauf verwiesen hat, dem Antrag sei die für die Prüfung der (bauordnungsrechtlichen) Standsicherheit erforderliche Typenstatik nicht beigefügt gewesen, verkennt sie, dass dem Gutachten der F2E detaillierte Lastrechnungen der Enercon und damit eine besondere, nämlich die konkrete Lasten der Anlagen berücksichtigende Statik zugrunde lag.
75Diese Reichweite des Vorbescheidsantrags der Kläger ergibt sich des Weiteren daraus, dass der Antrag auf die Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit gerichtet war und – und das ist entscheidend – Turbulenzen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und damit planungsrechtlich relevant sein können.
76Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt ein der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich nach Absatz 1 entgegenstehender öffentlicher Belang vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird.
77Turbulenzen sind ähnliche Umwelteinwirkungen und damit Immissionen i.S.d. § 3 Abs. 2 BImSchG,
78vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B 1831/99 –, juris Rn. 43,
79und damit im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu berücksichtigen, der insoweit das Gebot der Rücksichtnahme konkretisiert. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bezweckt den Schutz baulicher Anlagen und ihrer Nutzung gegen Immissionen, die entweder die bauliche Anlage selbst oder ihre Nutzung beeinträchtigen.
80Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000, a.a.O. Rn. 27.
81Die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 3 BauGB werden üblicherweise als bauplanungsrechtliche Anforderungen verstanden.
82Im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Regelungen in §§ 15 Abs. 1 oder 18 Abs. 3 BauO NRW stellt sich die Frage nach Turbulenzintensitäten konkret unter dem Aspekt der Standsicherheit. Eine Anlage muss nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauO am vorgesehenen Standort für sich allein standsicher sein; ebenso darf sie die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährden, Satz 2. § 18 Abs. 3 BauO NRW erfasst dabei auch Gefahren, die durch die Nutzung der neuen baulichen Anlage entstehen. Wie nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ist es, wenn Turbulenzen in Rede stehen, bauordnungsrechtlich ebenfalls erforderlich, sowohl die von einer Anlage ausgehenden als auch die auf sie einwirkenden Umwelteinwirkungen zu betrachten. Sowohl der Umfang der Prüfung nach §§ 15, 18 BauO NRW als auch die aus deren Ergebnis zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen entsprechen insoweit weitgehend denjenigen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Solange sie die Standsicherheit nicht gefährden, handelt es sich nicht um nach § 3 BImSchG abwehrfähige Immissionen.
83So Rolshoven, „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? – zum Prioritätsprinzip bei konkurrierenden Genehmigungsanträgen“, NVwZ 2006, 516 (518); vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 09.07.2003 – 7 B 949/03 –, juris Rn. 16: „Hinsichtlich der behaupteten Beeinträchtigungen, die von der Erhöhung der natürlichen Turbulenzintensität durch die Windenergieanlage des Beigeladenen ausgingen, ergibt sich aus § 22 BImSchG kein weitergehender Anspruch als nach den §§ 15, 18 BauO NRW.“
84Stehen damit bauplanungsrechtlich schädliche Umwelteinwirkungen durch Turbulenzen in Rede, stellt sich die dem Bauordnungsrecht zugeordnete Frage nach der Standsicherheit gleichermaßen.
85Die Zielsetzungen des Bauplanungsrechts einer- und des Bauordnungsrechts andererseits ermöglichen keine an diese Begrifflichkeiten anknüpfende sinnvolle Differenzierung, soweit es um Turbulenzen bzw. deren Auswirkungen geht. Das öffentliche Bau-(Planungs-)Recht zielt unter anderem darauf ab, mögliche Konflikte bei der Nutzung von Grundstücken zu verhindern oder sachangemessen zu bewältigen. Das öffentliche Bau-(Ordnungs-)Recht will Gefahren abwehren, die von der Nutzung von Grundstücken, insbesondere von dort zu errichtenden baulichen Anlagen ausgehen können. Insgesamt dienen die Vorschriften des öffentlichen Baurechts, soweit sie mit Blick auf Nachbargrundstücke und deren Nutzung erlassen worden sind, dem Ausgleich der Interessen. Aufgrund dessen kann ein Vorhaben gegen die Standsicherheitsvorschriften in den Landesbauordnungen verstoßen und zugleich das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt sein.
86So OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014 – 8 B 10139/14.OVG –, juris Rn. 15; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 09.07.2003, a.a.O. Rn. 22, wonach eine Baugenehmigung einerseits gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW, andererseits gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstoßen kann.
87Der regelmäßig sowohl bauplanungs- als auch bauordnungsrechtlichen Relevanz von Turbulenzen trägt auch der „Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass)“, Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz VII-3 – 02.21 WEA-Er. 15, des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr VI A I – 901.3/202 und der Staatskanzlei III B 4 – 30.55.03.01 vom 04.11.2015 (MBl. NRW. 2016, S. 321) Rechnung. Dort wird unter Bezugnahme auf den Beschluss des OVG NRW vom 01.02.2000 unter „ 5.2.2.3 Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Abs. 3 BauGB)“ ausgeführt: „Aus dem Rücksichtnahmegebot kann sich auch das Erfordernis von Abständen von Windenergieanlagen untereinander ergeben. (…) In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass auch aus Gründen der Standsicherheit Abstände erforderlich sind (siehe Nr. 5.2.3.4).“
88Während die Ausführungen unter Nr. 5.2.2.3 dem Abschnitt 5.2.2 „Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit“ unterfallen, ist die Regelung unter Nr. 5.2.3.4 dem Abschnitt 5.2.3 „Bauordnungsrechtliche Anforderungen“ zugeordnet.
89Vor diesem Hintergrund erfasste der Antrag der Kläger vom 06.05.2010 die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf Turbulenzen, ohne dass zwischen Bauplanungsrecht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) und Bauordnungsrecht (§§ 15 Abs. 1, 18 Abs. 3 BauO) zu differenzieren war. Das Schreiben der Kläger vom 09.05.2013 stellt dies im Hinblick auf Turbulenzintensitäten lediglich klar, nachdem, wie die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben, für sie erkennbar geworden war, dass der Beklagte ihren Vorbescheidsantrag bislang anders verstanden hatte.
90b)
91Auf den in diesem Sinne umfassend zu verstehenden Antrag der Kläger hat der Beklagte den Vorbescheid vom 17.07.2013 für die WEA 40 zu Recht – auch – auf die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit in Bezug auf die Turbulenzintensität erstreckt.
92Der Vorbescheidsantrag der Kläger vom 06.05.2010 ging dem Antrag der Beigeladenen vom 29.06.2010 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die WEA 26 vor.
93Im Immissionsschutzrecht finden sich keine Regelungen dazu, wie Genehmigungsanträge zu behandeln sind, die sich gegenseitig ganz oder teilweise ausschließen. Es entspricht jedoch anerkannter Auffassung, dass regelmäßig eine Entscheidung nach Maßgabe des sog. Prioritätsprinzips sachgerecht ist. Danach ist – ggf. vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände – die zeitliche Reihenfolge maßgebend, wenn ein geplantes Projekt auf bereits vorhandene Projekte trifft. Dieser Grundsatz gilt insbesondere im Immissionsschutz- und Baurecht.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.12.2011 – 8 D 58/08.AK –, juris Rn. 622 f. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 77.87 –, BVerwGE 81, 197, juris Leitsatz 4 und Rn. 29; zum Prioritätsprinzip vgl. auch OVG M-V, Beschluss vom 28.03.2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562, juris Rn. 32.
95Liegt eine sog. echte Konkurrenzsituation vor, hat die Genehmigungsbehörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darüber zu treffen, in welcher Reihenfolge sie die Anträge bescheidet. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen hier eine sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen.
96Vgl. OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 21 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG Nds., Urteil vom 26.09.1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris Rn. 82; OVG M-V, Beschluss vom 28.03.2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562 = juris Rn. 31 f.; Thür. OVG, Beschluss vom 17.07.2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 = juris, Rn. 30 f.; vgl. auch: VG Mainz, Beschluss vom 23.11.2012 – 3 L 1610/12.MZ –, S. 3 des Urteilsabdrucks; Rolshoven, a.a.O., S. 520 ff.
97aa)
98Nach Auffassung der Kammer kann ein Vorbescheid bzw. ein auf dessen Erteilung gerichteter Antrag im Rahmen seiner Reichweite mit einer immissionsschutzrechtlichen (Voll-)Genehmigung bzw. einem darauf gerichteten Antrag konkurrieren. Anderenfalls würde ein Vorbescheid, mit dem nach § 9 Abs. 1 BImSchG über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlageverbindlich entschieden werden soll, weitgehend entwertet. Die ihm zukommende Bindungswirkung für ein späteres Genehmigungsverfahren würde entfallen und das mit ihm verfolgte Ziel, unnötige Detailplanungen zu vermeiden, nicht erreicht. Mittels eines Vorbescheids soll der Betreiber einer genehmigungspflichtigen Anlage vorab und verbindlich klären lassen können, ob einzelne Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, ob das Vorhaben überhaupt realisiert und dazu weiterer Planungsaufwand betrieben werden soll. Erforderlichenfalls ist – um keine rechtswidrige Genehmigung in Aussicht zu stellen – die Bindungswirkung des Vorbescheids durch Vorbehalte, insbesondere durch Angabe von Nebenbestimmungen zu der späteren Genehmigung einzuschränken.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.11.2012 – 8 A 252/10 –, juris Rn. 36; Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 9 Rn. 8a, 10.
100Diese Qualität des Vorbescheids rechtfertigt es, bei der Bescheidung konkurrierender Genehmigungs- und Vorbescheidsanträge im Grundsatz ebenso zu verfahren wie bei konkurrierenden Genehmigungsanträgen, wenn nicht ausnahmsweise standortbezogene Genehmigungsvoraussetzungen nicht Gegenstand des Vorbescheids sind.
101Vgl. Thür. OVG, a.a.O. Rn. 26 f.; OVG R-P, Urteil vom 29.01.2015 – 1 A 10676/14 –, juris Rn. 25 ff.; a.A. OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 26.
102bb)
103In Anwendung des Prioritätsprinzips stellt sich die Feststellung im Vorbescheid vom 17.07.2013, dass das Vorhaben der Kläger unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten bauordnungsrechtlich zulässig ist, nicht als rechtswidrig dar. Es ist nicht willkürlich gewesen, dem Antrag der Kläger auf Erteilung eines Vorbescheids gegenüber dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen den Vorrang einzuräumen.
104Nach inzwischen wohl herrschender Auffassung kommt es für die Frage, welcher Antragsteller bei konkurrierenden Vorhaben durch das Prioritätsprinzip begünstigt ist, darauf an, wann der jeweilige Antrag prüffähig war.
105Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.12.2011 – 8 D 58/08.AK –, juris Rn. 632 ff. m.w.N.; Maslaton, Windenergieanlagen, S. 130 Rn. 207.
106Im Falle einer Konkurrenz zwischen einem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides und einem Antrag auf Erteilung einer (Voll-)Genehmigung ist allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Prüffähigkeit eines umfassenden Genehmigungsantrag umfangreichere Prüfungen und Nachweise vom Antragsteller erfordert, als ein Vorbescheidsantrag. Bei einem Vorbescheidsantrag, der sich lediglich auf eine Genehmigungsvoraussetzung erstrecken soll, ist Vollständigkeit
107– vgl. Thür. OVG, a.a.O. Rn. 31; OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 23 f.; VG Aachen, Beschluss vom 02.03.2015 – 6 L 27/15 – juris Rn. 50 f.; Maslaton, a.a.O. Rn. 209 –
108und damit Prüffähigkeit deutlich einfacher und schneller herzustellen als bei einem umfassenden Genehmigungsantrag. Daher kann einem Vorbescheidsantrag nicht bereits deshalb Priorität eingeräumt werden, weil er eher vollständig gewesen ist als der Genehmigungsantrag. Ansonsten könnte ein auf einzelne Genehmigungsvoraussetzungen beschränkter Vorbescheidsantrag rechtsmissbräuchlich dazu verwendet werden, einem bereits gestellten Genehmigungsantrag, zu dem nur noch einige wenige Unterlagen nachgereicht werden müssen, den Vorrang zu nehmen. Sachgerecht erscheint es daher, dem Zeitpunkt der Vollständigkeit des Vorbescheids den Zeitpunkt gegenüberzustellen, in dem der Genehmigungsantrag in Bezug auf die konkurrierenden Genehmigungsvoraussetzungen vollständig ist.
109Dies zugrunde gelegt kann – neben der Tatsache, dass der Antrag der Kläger eher beim Beklagten einging als der Genehmigungsantrag der Beigeladenen – vorliegend nicht außer Betracht bleiben, dass der Antrag der Beigeladenen in Bezug auf Turbulenzen erst am 14.09.2010 vollständig war, während die Kläger ihren Antrag mit der Vorlage von Turbulenzgutachten – falls dieses nicht bereits dem Antrag beigefügt war –, Schallimmissionsprognose und Umweltverträglichkeitsstudie bereits am 25.08.2010 vervollständigt hatten.
110cc)
111Auf der Grundlage des Gutachtens der F2E vom 23.02.2010 waren dem Beklagten schließlich auch Feststellungen zu Turbulenzen möglich. Soweit im Vorbescheid darauf hingewiesen wird, dass mit dem Antrag auf Genehmigung standortspezifische Nachweise zur Prüfung vorzulegen seien, „z. B. Standsicherheitsnachweis, Turbulenzgutachten, Eiserkennungssystem usw. (H)“, ist dies nicht verständlich. Im Hinblick auf das Turbulenzgutachten dürfte es sich offensichtlich um ein Versehen handeln. Der Hinweis auf das Erfordernis eines Standsicherheitsnachweises im Genehmigungsverfahren resultiert wahrscheinlich daraus, dass in einem Vermerk des Bauamts vom 16.05.2013 (Bl. 170 und 171 d. BA I) festgehalten wurde, es liege dort keine Typenstatik vor. Diese war mit Blick auf die detaillierten standortspezifischen Lastrechnungen („Rechnerische Ermittlung des Betriebslastkollektive einzelner WEA im Windpark X. -Haaren der Fa. ENERCON, Aurich, Februar 2010, Ver. 1.0“), die dem Gutachten der F2E vom 23.02.2010 ausweislich des Literaturverzeichnisses zugrunde lagen (s. Bl. 57 und 59 BA I im 11 K 494/14), aber weder aussagekräftig noch sonst erforderlich; möglicherweise diente der Hinweis im Vorbescheid vom 17.07.2013 daher nur der formalen Vervollständigung der Genehmigungsunterlagen. Dass die Lastrechnungen dem Gutachten der F2E nicht beigefügt waren, ist gerichtsbekannt übliche Praxis.
112III.
113Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Ob und ggf. in welcher Art und Weise das Prioritätsprinzip auch bei einem Konkurrenzverhältnis zwischen immissionsschutzrechtlichem Vorbescheid und (Voll‑)Genehmigung angewendet werden kann, ist in der Rechtsprechung umstritten und nicht abschließend geklärt. Entsprechendes gilt, soweit ersichtlich, für die Möglichkeit der Heilung eines Anhörungsmangels nach § 71 VwGO im gerichtlichen Verfahren und deren Voraussetzungen.
114Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.
(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist
- 1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, - 2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.
(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.