Verwaltungsgericht Minden Urteil, 03. Sept. 2015 - 10 K 1512/15.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Mai 2015 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nicht durch amtliche Dokumente seines Heimatlandes ausgewiesene Kläger gibt an, am 25. März 1988 geboren zu sein und aus Ghana zu stammen.
3Am 19. Dezember 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt schilderte der Kläger, er sei über Libyen nach Italien gereist. Eine Anfrage des Bundesamtes an die EURODAC-Datenbank ergab, dass der Kläger am 23. November 2014 in Italien einen Asylantrag gestellt hatte. Am 2. Februar 2015 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an die italienischen Behörden, welches diese unbeantwortet ließen.
4Mit Bescheid vom 19. Mai 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Italien an. Dieses Land und nicht die Bundesrepublik Deutschland sei nach den einschlägigen Bestimmungen der Dublin III-VO für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers zuständig.
5Der Kläger hat am 3. Juni 2015 Klage erhoben. Er beantragt schriftsätzlich,
6den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Mai 2015 aufzuheben.
7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
8die Klage abzuweisen.
9Ebenfalls am 3. Juni 2015 hat der Kläger einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den er am 31. August 2015 zurückgenommen hat (10 L 597/15.A). Mit Beschluss vom 31. August 2015 wurde das vorliegende Hauptsacheverfahren der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1512/15.A und 10 L 597/15.A sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts (zwei Hefte) Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Der Kläger hat sein Einverständnis mit einer solchen Entscheidung durch Schriftsatz vom 31. August 2015 erklärt. Die Beklagte hat am 26. Januar 2015 gegenüber dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Minden eine allgemeine Prozesserklärung abgegeben, in der sie für asylrechtliche Verfahren (u.a.) auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat für das vorliegende Verfahren keine hiervon abweichende Erklärung beigebracht.
13A. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft
14- vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 (juris Rn. 28 ff.); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 18) und vom 18. November 2014 - A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 5; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015- 1 Bf 208/14.AZ -, juris Rn. 12 ff.; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 23. Mai 2014 - W 7 K 14.30072 - Abdruck S. 5, welches eine Verpflichtungsklage auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO für statthaft hält -
15und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie nicht verspätet erhoben worden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Klage, die sich - wie hier - gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG und eine Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG richtet, trotz des Umstands, dass § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (anders als § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG) in der Bestimmung des § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylVfG nicht aufgeführt ist, gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG innerhalbeiner Woche oder gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylVfG innerhalb vonzwei Wochen zu erheben ist. Die Klage ist jedenfalls deshalb nicht wegen Überschreitung der Klagefrist unzulässig, weil das Bundesamt den Kläger in der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend belehrt hat, die Klage sei innerhalb von zwei Wochen zu erheben. Diese Frist ist unabhängig davon eingehalten, ob für den Beginn der Frist auf den 22. Mai 2015, also das Datum, an dem der Bescheid dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist, oder auf den 29. Mai 2015, an dem der Kläger den Bescheid erhalten haben will, abzustellen ist. Denn die in der Rechtsbehelfsbelehrung genannte Klagefrist von zwei Wochen endete dann entweder mit Ablauf des 5. oder 12. Juni 2015 (§§ 57 VwGO, 222 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Gemessen hieran erfolgte die Klageerhebung am 3. Juni 2015 in jedem Fall rechtzeitig.
16B. Die Klage ist auch begründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 19. Mai 2015 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Feststellung, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (I.) und die Anordnung seiner Abschiebung nach Italien (II.), sind in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17I. Rechtsgrundlage für die in dem streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Feststellung, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist, ist § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind nicht mehr erfüllt, weil eine zunächst etwa gegebene Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers mittlerweile auf die Beklagte übergegangen ist (1.). Durch den unveränderten Fortbestand des Ausspruchs unter Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ist der Kläger auch in seinen Rechten verletzt (2.). Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 dieses Bescheids auf anderer tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage oder eine Umdeutung dieser Regelung in eine rechtmäßige Regelung kommen ebenfalls nicht in Betracht (3.).
181. Im für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist nicht mehr Italien, sondern die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Zuständigkeit für dieses Verfahren ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, 31; im Folgenden: Dublin III-VO), auf die Beklagte übergegangen, weil zwischenzeitlich die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO verstrichen ist. Nach dieser Norm erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat (hier: Deutschland) in den Mitgliedstaat, der die Wiederaufnahme akzeptiert hat (hier: Italien), spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2).
19Diese Frist ist hier inzwischen abgelaufen: Das Bundesamt hat am 2. Februar 2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-VO gestütztes Ersuchen auf Wiederaufnahme des Klägers an Italien gerichtet. Dieses hat Italien nicht binnen der - hier einschlägigen - zweiwöchigen Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO beantwortet, so dass die Zustimmung zur Übernahme gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO am 16. Februar 2015 als erteilt galt und die sechsmonatige Übernahmefrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO am 16. August 2015 ablief. Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Überstellungsfrist auf ein Jahr bzw. 18 Monate (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO) vorliegen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich.
20Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger am 3. Juni 2015 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Abschiebungsanordnung erhobenen Klage gestellt hat.
21a) Zwar beginnt nach der Rechtsprechung der Kammer
22- Urteil vom 29. April 2015 - 10 K 2430/14.A -, juris Rn. 30 ff. -,
23dann, wenn ein solcher Antrag abgelehnt wird, die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erst mit der Wirksamkeit der ablehnenden Entscheidung, d.h. mit deren Zustellung zu laufen. Der Antrag des Antragstellers lässt den Lauf der Überstellungsfrist unberührt, weil er erst nach Ablauf der einwöchigen Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG und damit nicht "rechtzeitig" i.S.d. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG gestellt ist. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer gegen die Abschiebungsanordnung gerichteten Klage ist ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung i.S.d. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO, weil ein solcher Antrag seit Inkrafttreten des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95 EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) am 6. September 2013 (Art. 7 Satz 2 des Gesetzes vom 28. August 2013) die Abschiebung des Klägers bis zur gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag ausschließt. Auch die Gesetzesbegründung misst einem rechtzeitig gestellten Antrag nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG aufschiebende Wirkung zu.
24Vgl. BT-Drs. 17/13556, S.7.
25Dies gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift aber nur bei rechtzeitiger Antragstellung.
26Vgl. VG Saarland, Urteil vom 6. März 2015 - 3 K 832/14 -, juris Rn. 42;VG Potsdam, Urteil vom 25. Februar 2015 - 6 K 1400/14.A -, juris Rn. 22; VG Augsburg, Urteil vom 11. September 2014 - Au 7 K 14.50016 -, juris Rn. 27.
27Dem Gericht ist bewusst, dass das Bundesamt bei einem verspätet eingelegten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, der – wie im vorliegenden Fall – mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden ist, eine Überstellung in der Regel nicht vornehmen wird, bevor über diesen Antrag gerichtlich entschieden ist. Gleichwohl ist es dem Gericht verwehrt, sich über den eindeutigen Wortlaut des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG hinwegzusetzen, wonach nur einem rechtzeitig, also einem innerhalb der Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestelltem Antrag
28- vgl. BT-Drs. 17/13556, S.7 -
29aufschiebende Wirkung i.S.d. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO zukommt.
30b) Der Kläger hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht fristgerecht gestellt. Der streitgegenständliche Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 22. Mai 2015 zugestellt. Diese Zustellung ist auch wirksam. Bei der Zustellungsurkunde handelt es sich um eine öffentliche Urkunde (§§ 56 Abs. 2, 98 VwGO, 182 Abs. 1 Satz 2, 418 Abs. 1 ZPO). Diese begründet grundsätzlich den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Damit ist im vorliegenden Fall der volle Beweis dafür erbracht, dass dem Kläger der Bescheid – wie auf der Zustellungsurkunde vermerkt – am 22. Mai 2015 durch Übergabe an ihn persönlich als Adressaten des Bescheides zugestellt wurde. Zwar ist der Beweis der Unrichtigkeit dieser beurkundeten Tatsachen gemäß § 418 Abs. 2 ZPO zulässig. Hierfür ist allerdings ein voller Beweis des Gegenteils, d. h. der Unrichtigkeit der dem Gericht vorliegenden Zustellungsurkunde, erforderlich.
31Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. Februar 2002 - 2 BvR 2017/01 -, juris Rn. 3 m.w.N.
32Diesen Gegenbeweis hat der Kläger nicht erbracht. Hierzu hätte es der substantiierten Darlegung der Umstände bedurft, die gegen die Richtigkeit des Inhalts der Postzustellungsurkunde sprechen.
33Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. Februar 2002, a.a.O.
34Dazu wäre im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, dass der Kläger substantiiert darlegt, auf welchem Weg er den angefochtenen Bescheid wann erhalten hat. Dem wird der Vortrag des Klägers schon deshalb nicht gerecht, weil seine Angaben widersprüchlich sind. So hat er in der Klageschrift ausgeführt, der Bescheid sei ihm ausgehändigt worden. In einem von seinem Prozessbevollmächtigten an die Deutsche Post gerichteten Schreiben heißt es hingegen, der Kläger habe den Bescheid im Gemeinschaftsbriefkasten seiner Unterkunft aufgefunden. Wurde der angefochtene Bescheid dem Kläger danach bereits am 22. Mai 2015 zugestellt, endete die einwöchige Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 ZPO, 188 Abs. 2 BGB bereits am Freitag, dem 29. Mai 2015; der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist jedoch erst am 3. Juni 2015 bei Gericht eingegangen. Dem Kläger war auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren. Denn jedenfalls hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, die Widerspruchsfrist einzuhalten. Soweit er in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Zustellung geltend gemacht hat, liegt eine solche nach dem oben Gesagten nicht vor.
35Dass die Italienische Republik nach Ablauf der Überstellungsfrist (erneut) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden wäre, lässt sich nicht feststellen. Ist die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats aufgrund Fristablaufs entfallen, so kann dessen (erneute) Zuständigkeit nur begründet werden, wenn die normativen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Im vorliegenden Fall kommt insoweit nur in Betracht, dass Italien (konkludent) von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch gemacht hätte, indem sich die italienischen Behörden mit der Überstellung des Klägers dorthin einverstanden erklären. Anhaltspunkte dafür, dass die italienischen Behörden trotz des zwischenzeitlichen Übergangs der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens mit der Überstellung des Klägers einverstanden sind, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
362. Durch den unveränderten Fortbestand des Ausspruchs unter Nr. 1 des angefochtenen Bescheids trotz Ablaufs der Überstellungsfrist und Übergangs der Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers auf die Bundesrepublik Deutschland ist dieser auch in seinen Rechten verletzt.
37Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. August 2013- 12 S 675/13 -, InfAuslR 2014, 29 (juris Rn. 13); VG Minden, Urteile vom 19. März 2015 - 10 K 311/14.A -, juris Rn. 89 ff., und - 10 K 2658/14.A -, juris Rn. 63 ff., und vom 12. Dezember 2014 - 6 K 1843/14.A -, Abdruck S. 8 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Januar 2015 - 11 K 1640/14.A -, juris Rn. 24; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 - W 3 K 14.30092 -, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 21 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Januar 2015 - A 1 K 500/14 -, juris Rn. 34 f.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Februar 2015 - 6a L 239/15.A -, juris Rn. 12 ff.; a.A. Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2014 - 2 A 975/14.A -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, InfAuslR 2014, 452 (juris Rn. 59, mit der Einschränkung, dass die Überstellung noch zeitnah möglich sein muss); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 11 f.); OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 7; Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3, S. 2; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2014, § 27a Rn. 234.
383. Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auf anderer tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage oder eine Umdeutung dieser Regelung in eine rechtmäßige Regelung kommt nicht in Betracht.
39Vgl. VG Minden, Urteile vom 19. März 2015 - 10 K 311/14.A -, juris Rn. 141ff., und - 10 K 2658/14.A – juris Rn. 115 ff. (jeweils mit ausführlicher Begründung); sowie (nur zur Umdeutung) Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. Januar 2015 - 13a ZB 14.50071 -, juris Rn. 9; VG Regensburg, Urteil vom 21. Oktober 2014 - RO 9 K 14.30217 -, juris Rn. 22 ff.; VG München, Gerichtsbescheid vom 26. November 2014- M 21 K 14.30334 -, Abdruck, S. 19 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 - W 3 K 30092 -, juris Rn. 19 ff.; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, Urteil vom 11. März 2015 - 1 A 156/15 -, juris Rn. 24 ff.
40II. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung nach Italien in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist inzwischen ebenfalls rechtswidrig geworden und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Nach dieser Norm ordnet das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist Italien nicht mehr für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Außerdem steht nicht i.S.d. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass Italien nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter bereit ist, den Kläger wiederaufzunehmen (s.o.).
41C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.
(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.
(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.
(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.
(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.