Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 14. Juli 2016 - 1 L 1161/16
Gericht
Tenor
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 150,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage (1 K 2832/16) gegen Ziffer 1. der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 31.05.2016 wiederherzustellen und bezüglich der Zwangsmittelandrohung unter Ziffer 3. anzuordnen,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Nichtvollzug das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Ausgangspunkt dieser Interessenabwägung ist eine – im Rahmen des Eilrechtsschutzes allein mögliche und gebotene – summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Ergibt diese Prüfung, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und ist deshalb die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann grundsätzlich kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Erweist sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO allerdings nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes besteht. Denn die behördliche Vollziehungsanordnung stellt eine Ausnahme vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO dar und bedarf deswegen einer besonderen Rechtfertigung. Erscheinen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen, ist die Entscheidung auf der Grundlage einer umfassenden Folgenabwägung zu treffen. Der Antrag hat unabhängig von einer Interessenabwägung Erfolg, wenn die Vollziehungsanordnung formell rechtswidrig ist.
6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 05.11.2013 – 2 B 1010/13 – und 30.10.2012 – 5 B 669/12 –, jeweils bei juris.
7Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung in einer dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise angeordnet. Dem formalen Begründungserfordernis genügt die Behörde immer schon dann, wenn sie schlüssig, konkret und substantiiert darlegt, auf Grund welcher Erwägungen sie gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht und das Interesse des Rechtsbehelfsführers am Bestehen der gesetzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat.
8Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31.01.2002 – 1 DB 2.02 – und 18.09.2001 – 1 DB 26.01 –, jeweils bei juris.
9Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin gerecht geworden, indem sie in der angefochtenen Verfügung ihre Erwägungen dargelegt hat, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Die Begründung lässt auch einen hinreichenden Bezug zum konkreten Sachverhalt erkennen.
10Der Antrag hat auch in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die Ordnungsverfügung vom 31.05.2016 erweist sich bei der gebotenen summarischen Prüfung zwar nicht als offensichtlich rechtmäßig. Jedenfalls fällt die gebotene Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.
11Es kann offen bleiben, ob es sich bei dem „C. Weg“ um eine öffentliche Straße i. S. d. § 6 StrWG NRW handelt. Die von der Antragsgegnerin gewählte Rechtsgrundlage § 30 StrWG NRW setzt zwar das Vorliegen einer öffentlichen Straße voraus. Beim „C. Weg“ handelt es sich zwar möglicherweise nicht um eine öffentliche Straße i. S. d. § 6 StrWG NRW. Mindestens handelt es sich jedoch um eine von jedermann nutzbare Straße. Der Antragsteller spricht in seiner Stellungnahme vom 11.07.2016 selbst davon, der Weg werde von der Antragsgegnerin unterhalten, weil der Weg u. a. zur Schülerbeförderung diene. Wenn die Sicherheit auf diesem Weg durch den auf dem Nachbargrundstück des Antragstellers stehenden in die Fahrbahn reichenden Baum wie auf den im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin dokumentierten Fotos dargestellt, offensichtlich beeinträchtigt wird, war die Antragsgegnerin jedenfalls auf Grund der allgemeinen Gefahrenabwehrvorschrift des § 14 OBG NRW berechtigt, vom Antragsteller die Beseitigung des in den Fahrbahnbereich ragenden Überwuchses zu verlangen. Nur so kann die Beeinträchtigung der Sicherheit der den „C. Weg“ befahrenden Kraftfahrzeugführer wie auch von Fußgängern, die Gefahr laufen, von dem erheblich in Schieflage stehenden Baum erschlagen zu werden, beseitigt werden. Die Antragsgegnerin nimmt insofern auch zu Recht den Antragsteller als Zustandsstörer in Anspruch. Der Rückgriff auf § 14 OBG NRW ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die angefochtene Ordnungsverfügung auf § 30 Abs. 4 Satz 2 StrWG NRW gestützt worden ist.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.06.2016 – 11 A 2560/13 –, juris Rn. 50, 58.
13Die Zwangsmittelandrohung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 und 63 VwVG NRW.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.