Verwaltungsgericht Minden Urteil, 29. Sept. 2015 - 1 K 2703/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beigeladene betreibt auf dem Grundstück L.-----straße 9 einen Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit Getränkemarkt, Bäckerei und Drogerie mit einer Verkaufs-fläche von insgesamt 1.154,72 m². Die hierfür notwendigen Baugenehmigungen hatte der Beklagte ihr am 10.12.1992 und 14.04.1997 erteilt. Das Grundstück liegt im nördlichen Scheitelpunkt der wie eine Dreiecksspitze zusammentreffenden L1. -straße und der S.---allee . Das langgezogene Gebäude des Verbrauchermarkts steht auf dem südlichen Teil des Grundstücks. An das Grundstück der Beigeladenen schließt sich östlich der S.---allee ein langgezogenes Altenzentrum an. Nördlich des Grundstücks liegen das Rathaus und die Sparkasse. Nordwestlich befinden sich diverse Einzelhandelsgeschäfte. Westlich des Verbrauchermarktes steht Wohnbe-bauung. Die Parkplätze und der Eingangsbereich sind nach Norden hin ausgerichtet.
3Südlich des Verbrauchermarktgrundstücks liegt das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Klägerin, das über einen nach Osten abzweigenden Stichweg von dem im Norden in einem Wendehammer endenden Wittengarten erschlossen wird. Östlich, westlich und südlich des Grundstücks der Klägerin liegt Wohnbebauung.
4Sowohl das Grundstück der Klägerin als auch das mit dem Verbrauchermarkt der Beigeladenen bebaute Grundstück liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 17.1 „X. /S.---allee “ der Stadt W. , der am 06.12.2001 bekannt gemacht und durch Unterschrift des Bürgermeisters am 07.12.2001 ausgefertigt wurde. Der Bebauungsplan weist das Grundstück der Klägerin als allgemeines Wohngebiet (WA) aus, das Verbrauchermarktgrundstück als Mischgebiet (MI).
5Unter dem 09.10.2014 erteilte der Beklagte der Beigeladenen auf deren Antrag vom 06.02.2014 die bauaufsichtliche Genehmigung zur Erweiterung des Lebensmittel-Frischemarktes auf dem o.g. Grundstück. Ausweislich der dem Bauantrag beigefügten Bauvorlagen soll die Verkaufsfläche auf 1.490,57 m² und die Geschossfläche auf 2.392,76 m² erweitert werden.
6Hiergegen erhob die Klägerin am 12.11.2014 Klage. Sie macht geltend, die Erweiterungsgenehmigung beeinträchtige sie in nachbarlichen Rechten. Die Baugenehmigung legalisiere die Errichtung eines Betriebes i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche und mehr als 1.200 m² Geschossfläche. Der durch die Baugenehmigung legalisierte Betrieb sei in einem - wie hier - Mischgebiet planungsrechtlich unzulässig und verstoße gegen den Gebietsgewährleistungsanspruch der Klägerin. Auf ihren Gebietserhaltungsanspruch könne sie sich erfolgreich berufen, weil der Bebauungsplan Nr. 17.1 „X. /S.---allee “ unwirksam sei. Dieser sei am 06.12.2001 bekanntgemacht und erst später, nämlich am 07.12.2001 durch Unterschrift des Bürgermeisters ausgefertigt worden. Die richtige zeitliche Reihenfolge sei nicht eingehalten worden. Das Vorhaben sei daher nach § 34 BauGB zu beurteilen. Das Grundstück der Klägerin sei mit einem Wohnhaus bebaut, das Vorhabengrundstück mit einem Einzelhandelsbetrieb. Auf dem Vorhabengrundstück befinde sich neben dem Betrieb Wohnbebauung. In der näheren Umgebung sei weitere Wohnbebauung vorhanden. Darüber hinaus seien ein Altenpflegeheim und die Stadtsparkasse unmittelbar an der S.---allee ansässig. Die Eigenart der näheren Umgebung sei insoweit durch eine Durchmischung von Gewerbe-Einzelhandel und Wohnen geprägt. Der Bereich nördlich und südlich der S.---allee , nördlich der Straße „X. “ und nördlich und südlich der L.-----straße stelle sich deshalb in der Örtlichkeit als faktisches Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO dar. Die Zulassung des streitgegenständlichen Marktes, der ein Betrieb i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sei, da er eine Verkaufsfläche von deutlich mehr als 800 m² und eine Geschossfläche von deutlich mehr als 1.200 m² haben solle, sei in dem faktischen Mischgebiet unzulässig. Großflächige Einzelhandelsbetriebe seien außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletze die Klägerin daher in ihrem Gebietsgewährleistungsanspruch, denn ihr Grundstück sei Teil dieses Mischgebiets. Das Baugrundstück und das Grundstück der Klägerin grenzten unmittelbar aneinander. Eine nach außen in Erscheinung tretende Zäsur, die eine Einordnung des Baugrundstücks und des klägerischen Grundstücks in verschiedene faktische Baugebiete rechtfertige, sei nicht gegeben. Daneben verstoße die Erweiterungsgenehmigung auch gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Die Baugenehmigung realisiere die Zulassung eines Vorhabens mit einer Länge von 65 m und einer in einem Winkel von ca. 30° verlaufenden weiteren Wand mit einer Länge von 21 m unmittelbar entlang ihrer Grundstücksgrenze. Das Vorhaben solle eine Höhe von 4 m haben, im nördlichen Bereich von ca. 8 m. Das Vorhaben rücke an ihr Grundstück bis auf ca. 4 m heran. Das Haus der Klägerin werde durch die 65 m lange Außenwand des Verbrauchermarktes „zugemauert“. Es entstehe eine erdrückende Wirkung. Dies sei für die Klägerin unzumutbar und stelle eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Grundeigentums dar. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin zu der Seite der Mauer Wohn- und Aufenthaltsräume eingerichtet habe.
7Die Klägerin beantragt,
8die der Beigeladenen am 09.10.2014 erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung eines Lebensmittel-Frischemarktes auf dem Grundstück Gemarkung W. , Flur 6, Flurstücke 158, 301 und 302, aufzuheben.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er meint, die Genehmigung verstoße nicht gegen nachbarliche Rechte der Klägerin. Auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch könne sich die Klägerin nicht erfolgreich berufen. Dieser gelte nur innerhalb desselben Baugebiets und vermittle keinen ge-bietsübergreifenden Nachbarschutz. Grundstücke, für die innerhalb eines Bebau-ungsplangebietes unterschiedliche Nutzungsarten festgelegt seien, lägen nicht innerhalb eines Baugebietes, sondern in unterschiedlichen Baugebieten. Im Bebau-ungsplan Nr. 17.1 der Stadt W. sei für das Grundstück der Klägerin ein all-gemeines Wohngebiet festgesetzt, für das Baugrundstück der Beigeladenen ein Mischgebiet. Die Grundstücke lägen damit in unterschiedlichen Baugebieten, so dass der Gebietsgewährleistungsanspruch nicht greife. Das gelte auch für den Fall, dass der Bebauungsplan unwirksam sei. Auch in diesem Falle lägen die streitbefan-genen Grundstücke nicht im selben Baugebiet. Die Zufahrt zum Grundstück der Klägerin stelle eine Zäsur dar zwischen einem kleinteiligen Wohngebiet südlich des Verbrauchermarktes, zu dem das Grundstück der Klägerin gehöre und einer nördlich angrenzenden innerstädtischen Struktur, bestehend aus dem Verbrauchermarkt und den angrenzenden Gebäuden, dem Altenheim, der Sparkasse und dem dahinter liegenden Rathaus. Nordwestlich der S.---allee bzw. südlich der N.------straße befänden sich diverse Einzelhandelsgeschäfte wie Dänisches Bettenlager und KiK-Textilmarkt. Da damit auch faktisch unterschiedliche Baugebiete vorlägen, könne sich die Klägerin auch in diesem Falle nicht auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch berufen.
12Auch das allgemeine Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Eine erdrückende Wirkung des Vorhabengrundstücks auf das Grundstück der Klägerin sei nicht erkennbar. Das Gebäude des Lebensmittelmarktes sei zum Grundstück der Klägerin hin lediglich 4 m hoch. Der Markt habe damit eine geringere Höhe als die umliegende Wohnbebauung. Insbesondere das Wohnhaus der Klägerin sei höher als der Lebensmittelmarkt. Von einer erdrückenden Wirkung könne daher keine Rede sein. Zudem wirke sich die neue Längsausdehnung des Objektes erst jenseits des Grundstücks der Klägerin aus und sei hier durch die trennende Lage des Erschließungsweges zwischen Wohnhaus und Marktgebäude nochmals in seiner Wirkung abgemildert. Dass für die Klägerin unzumutbare Emissionen vom Verbrauchermarkt ausgingen, sei nicht erkennbar.
13Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 02.09.2015 Bezug genommen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Aufstellungsvorgänge der Stadt W. bezüglich des Bebauungsplans Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Baugenehmigung des Beklagten vom 09.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17Dabei kann für die Entscheidung offenbleiben, ob die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung einschließlich der Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in jeder Hinsicht rechtmäßig ist. Ein Rechtsanspruch des Nachbarn auf Aufhebung besteht nämlich nicht schon dann, wenn eine Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Hinzu kommen muss, dass der Nachbar durch die rechtswidrige Genehmigung zugleich in eigenen Rechten verletzt wird. Dies setzt voraus, dass die Genehmigung gegen Rechtsnormen verstößt, die nachbarschützenden Charakter haben und der jeweilige Nachbar auch im Hinblick auf seine Nähe zu dem Vorhaben tatsächlich in eigenen Rechten, deren Schutz die Vorschriften zu dienen bestimmt sind, verletzt wird.
18Vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschluss vom 16.08.1983 - 4 B 94/83 -, BRS 40, Nr. 190; Heintz in: Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, BauO NRW, Kommentar, 11. Aufl., Düsseldorf 2008, § 74 Rdnr. 38 ff.; Schulte in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Lose Blatt Komm., München, § 74 Rdnr. 48 ff.
19Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht gegen nachbarschützendes Bauplanungsrecht. Das angegriffene Vorhaben ist insbesondere nicht seiner Art nach - unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen der Klägerin - unzulässig.
20Der von der Klägerin geltend gemachte Gebietsgewährleistungsanspruch steht ihr nicht zu. Nach der obergerichtlich entwickelten Rechtsprechung hat die Festsetzung von Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung durch einen Bebauungsplan kraft Bundesrechts grundsätzlich nachbarschützende Funktion zu Gunsten der Planbetroffenen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Diesem Grundsatz unterliegen maßgeblich die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks sind dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Eigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Auf die Bewahrung der festgesetzten Gebietsart hat der Nachbar einen Anspruch auch dann, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt. Grund hierfür ist, dass jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können soll.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28/91 -, Beschluss vom 18.12.2007 - 4 B 55/07 -, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 - und Beschluss vom 02.02.2000 - 4 B 87/99 -, jeweils bei juris.
22Allerdings greift der Gebietsgewährleistungsanspruch nur innerhalb desselben Bau-gebiets und vermittelt keinen gebietsübergreifenden Nachbarschutz. Das wechsel-seitige Austauschverhältnis, auf dem der Gebietsgewährleistungsanspruch letztlich beruht, beschränkt sich auf die Eigentümer der in demselben Baugebiet gelegenen Grundstücke.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.2007 - 4 B 55/07 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 28.11.2002 - 10 B 1618/02 -, vom 10.05.2007 - 10 B 305/07 –-, vom 04.11.2005 - 7 B 1319/05 - sämtlich bei juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.10.2013 - 10 K 1393/11 - bei juris.
24Grundstücke, für die innerhalb eines Bebauungsplangebiets unterschiedliche Nutzungsarten festgelegt sind, liegen nicht innerhalb eines Baugebiets, sondern in unterschiedlichen Baugebieten,
25vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.11.2002 - 10 B 1680/02 -, a.a.O.
26Im Bebauungsplan Nr. 17.1 „X. /S.---allee “ der Stadt W. - die Wirksamkeit unterstellt - ist für das Grundstück der Klägerin ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, für das Grundstück der Beigeladenen ein Mischgebiet. Die Grundstücke liegen damit in unterschiedlichen Baugebieten, so dass der Gebietsgewährleistungsanspruch nicht greift.
27Daraus folgt, dass ein gebietsübergreifender Schutz des Nachbarn vor gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen grundsätzlich nicht besteht. Denn wenn - wie im vorliegenden Fall - zwischen dem Grundstück der Beigeladenen und dem Grundstück der Klägerin nicht das für ein Plangebiet typische wechselseitige Verhältnis besteht, dass die in einem Plangebiet zusammengefassten Grundstücke zu einer bau- und bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft zusammenschließt, fehlt es an dem spezifischen bauplanungsrechtlichen Grund, auf dem der nachbarschützende - von konkreten Beeinträchtigungen unabhängige - Gebietserhaltungsanspruch als Abwehrrecht beruht. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets belegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich nur nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.2007 - 4 B 55/07 - bei juris.
29Geht man – wie wohl zutreffend – von einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans aus, weil der Bebauungsplan Nr. 17.1 „X. /S.---allee “ bereits am 06.12.2001 bekanntgemacht, aber erst am 07.12.2001 ausgefertigt wurde,
30vgl. hierzu OVG NRW, Urteile vom 26.02.2015 - 2 D 1/13.NE - und vom 26.06.2013 - 7 D 75/11.NE -, beide bei juris,
31so kann sich die Klägerin auch in diesem Falle nicht auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch ergibt sich auch in diesem Falle nur dann, wenn sowohl das Grundstück der Beigeladenen als auch das der Klägerin in einem faktischen Baugebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB liegen. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
32Sowohl aus dem der Kammer vorliegenden Kartenmaterial als auch aus dem Eindruck, den der Berichterstatter anlässlich des Ortstermins gewonnen und den übrigen Kammermitgliedern vermittelt hat, ergibt sich, dass das Grundstück der Klägerin zu einem kleinteiligen Wohngebiet mit überwiegend Ein- und Zweifamilienhäusern gehört, das Grundstück der Beigeladenen jedoch Teil eines hiervon abzugrenzenden Gebiets mit Kerngebietsstrukturen ist.
33Das Grundstück der Klägerin ist Teil eines allgemeinen Wohngebiets. Die südliche Grenze des Grundstücks der Beigeladenen stellt eine Zäsur dar zwischen dem sich südlich davon befindlichen kleinteiligen Wohngebiet, zu dem auch das Grundstück der Klägerin gehört, und dem sich nördlich anschließenden eher kerngebietsähnlichen Bereich. Der Verbrauchermarkt auf dem Grundstück der Beigeladenen ist nach Norden und damit zu der dem südlich angrenzenden Wohngebiet abgewandten Seite erschlossen und ausgerichtet. Dort liegt der Eingang und dort befinden sich auch die erforderlichen Stellplätze. Östlich liegt an der S.---allee ein groß-dimensioniertes Altenheim, an das sich in nördlicher Richtung die Sparkasse und das Rathaus anschließen. Auch sind in der Umgebung diverse Einzelhandelsgeschäfte vorhanden. Die westlich ebenfalls noch vorhandenen Wohnhäuser dominieren den Gebietscharakter nicht mehr. Die Grundstücke der Klägerin und ihrer östlichen, südlichen und westlichen Wohnnachbarn nehmen bauplanungsrechtlich an diesem kerngebietsähnlichen Bereich nicht mehr teil.
34Ein Nachbarschutz der Klägerin ergäbe sich damit allenfalls aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot nach § 15 BauNVO. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Um-ständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vor-haben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1977 - IV C 22.75 -, bei juris, Rdnr. 22.
36Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das Vorhaben der Beigeladenen der Klägerin gegenüber nicht als rücksichtslos dar. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass von dem geplanten Bauvorhaben eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellt. Eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens vermag die Kammer anhand der ihr vorliegenden Bau-vorhaben und Lichtbilder nicht zu erkennen. Eine solche wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls - und ggf. trotz Wahrung der erforderlichen Abstandsflächen - derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.07.2010 - 7 A 3199/08 -, bei juris, Rdnr. 58.
38Solche gravierenden Auswirkungen auf das Eigentum der Klägerin gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen nicht aus. Zwar beträgt die Länge des von der Beigeladenen geplanten Gebäudes ca. 65 m. Relativiert wird diese Zahl jedoch dadurch, dass der Großteil des Gebäudes entlang der ca. 45 m langen Zufahrt zum Wohnhaus der Klägerin liegt. Dass die Gebäudewand entlang dieser Zufahrt erdrückend wirken soll, hält die Kammer für fernliegend. Eine Belastung für das Grundstück der Klägerin könnte sich allenfalls aus der bestehenden und weiter geplanten Gebäudewand des Verbrauchermarktes direkt gegenüber ihrem Wohnhaus ergeben. Insoweit muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Verbrauchermarkt hinsichtlich seiner Höhe von lediglich 4 m im grenznahen Bereich und 7 m im hinteren, dem Grundstück der Klägerin abgewandten Bereich deutlich hinter der Höhe des Wohnhauses der Klägerin zurückbleibt. Bei einem 4 m hohen Gebäude kann ein Gefühl des Eingemauertseins nicht entstehen.
39Dass von dem geplanten Vorhaben der Beigeladenen darüber hinausgehende Beeinträchtigungen für das Grundstück der Klägerin zu erwarten sind, ist nicht erkennbar.
40Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 29. Sept. 2015 - 1 K 2703/14
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Verwaltungsgericht Minden Urteil, 29. Sept. 2015 - 1 K 2703/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.
(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.
(3)
- 1.
Einkaufszentren, - 2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, - 3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.
(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.
(3)
- 1.
Einkaufszentren, - 2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, - 3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über eine seitens der Beklagten -Bauordnungsamt- dem Amt für Liegenschaften erteilte Genehmigung für eine Nutzungsänderung.
3Die Beklagte unterhält seit einigen Jahren eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. Nachdem die Grundstückseigentümerin den Mietvertrag für die früher am Standort X. in E. betriebene Erstaufnahmeeinrichtung gekündigt hatte, suchte die Beklagte einen geeigneten neuen Standort für die Einrichtung.
4Im Dezember 2010 beantragte das Amt für Liegenschaften der Beklagten beim Bauordnungsamt die Erteilung einer Genehmigung zur Nutzungsänderung der N. -C. -Gehörlosenschule zu einer Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern auf dem Grundstück H.------------straße 60 in E. -I. (Gemarkung I. , Flur 6, Flurstück 731).
5Das von der Beklagten zwischenzeitlich vom Landschaftsverband X1. -M. erworbene Antragsgrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Beklagten We 135 -I. -, nach Angaben der Beklagten rechtsverbindlich seit dem 17. Januar 1969. Der Bebauungsplan enthält für das Grundstück der Beklagten u.a. die Festsetzung als Einrichtung für den Gemeinbedarf -Gehörlosenschule-.
6Auf dem Grundstück befindet sich ein größerer Gebäudekomplex, in dem die zwischenzeitlich aufgegebene Westfälische Schule für Sprachbehinderte und Gehörlosenschule mit angeschlossenem Internat betrieben wurde. Das Grundstück ist im Süden mit ehemals zu Schul- und Verwaltungszwecken genutzten Gebäuden bebaut. Im nördlichen Bereich befinden sich sieben ehemalige Internatsgebäude. Stellplatzanlagen sind im östlichen und südlichen Randbereich vorhanden.
7Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks H.------------straße 50, das mit einem Wohnhaus bebaut ist und ebenfalls im Geltungsbereich des vorgenannten Bebauungsplans liegt.
8Die Grundstücke der Beteiligten werden allein durch die H.------------straße erschlossen. Die H.------------straße führt von der in Ost- West- Richtung verlaufenden I1. Straße in Richtung Norden ab und verschwenkt nach ca. 150 m nach Westen und endet dort nach ca. 130 m vor der Stadtbahngleisanlage in einem Wendehammer. Nördlich der nach Westen verschwenkenden Straße führt die H.------------straße nach ca. 25 m auf das ehemalige Schulgelände und jetzige Antragsgrundstück. Die H.------------straße ist beidseitig mit Wohnhäusern bebaut. Das Grundstück der Kläger liegt nördlich des nach Westen verschwenkenden Teils der H.------------straße . Es wird hinter dem Straßenschwenk nach ca. 80 m erreicht. Das Grundstück der Kläger grenzt südlich an das Antragsgrundstück und ist im oben angeführten Bebauungsplan als Allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.
9Von der H.------------straße führt ca. 20 bis 25 m hinter der Abzweigung von der I1. Straße in Richtung Nordosten die Straße S. ab, die zur (Behelfs-) Ausfahrt/Einfahrt zur B 54 führt.
10Mit der Antragstellung auf Erteilung der Genehmigung zur Nutzungsänderung wurde seitens des Liegenschaftsamtes dargelegt, dass die Regelbelegung gemäß der Planung auf 300 Personen begrenzt werde. Eine Notfallkapazität werde mit weiteren 50 Flüchtlingen berücksichtigt, so dass von einer Gesamtzahl von maximal 350 Asylsuchenden ausgegangen werden könne. Zur Unterbringung würden die Gebäude 7 bis 11 sowie das Obergeschoss des Gebäudes 12 (ehemalige Internatsgebäude) genutzt. Das Erdgeschoss des Gebäudes 12 werde durch den externen Betreiber der Einrichtung zu Verwaltungs- und Ausstattungszwecken genutzt. Die Zentrale Ausländerbehörde werde im Gebäude 17 (nordöstlich der Zufahrt von der Glückauf-segenstraße) angesiedelt. Hier werden sich im Souterrain der Wartebereich und das Frontoffice der Erstaufnahme befinden. Im Erdgeschoss werde die allgemeine Verwaltung untergebracht. Der gesamte Gebäudebestand bleibe in seiner Substanz erhalten. Er erfahre lediglich eine entsprechende brandschutz- und haustechnische Anpassung. Es wurden eine Bau- und Betriebsbeschreibungen vorgelegt. In der Baubeschreibung wird das Vorhaben bezeichnet als Nutzungsänderung der N1. -C. -Gehörlosenschule zu einer Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern. Die Regelbelegung der Einrichtung werde gemäß der Planung auf 300 Personen begrenzt. Eine Notfallkapazität werde mit weiteren 50 Flüchtlingen berücksichtigt. Die Anzahl der notwendigen Stellplätze wurde mit 40 angegeben. Für die Gebäude 17 und 12 EG wurde jeweils eine Betriebsbeschreibung für gewerbliche Anlagen vorgelegt. In den Betriebsbeschreibungen wurden u.a. Angaben zu den Betriebszeiten und zum zu erwartenden Fahrzeugverkehr gemacht. Des Weiteren wurden eine Beschreibung zum Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende, eine Belegungsliste für die Gebäude 7 bis 12, ein Stellplatznachweis, ein Lageplan sowie Zeichnungen vorgelegt.
11Mit dem Bauantrag beantragte das Liegenschaftsamt die Erteilung einer Befreiung von der im Bebauungsplan We 135 -I. - festgesetzten Nutzungsart „Gehörlosenschule“. Es solle eine Nutzung zum Zwecke der Verwaltung des Asylantragsverfahrens und der temporären Unterbringung der Asylbewerber (Erstaufnahme) auf dem Gelände ermöglicht werden. Zur Begründung des Befreiungsantrages wurde angegeben, dass das Wohl der Allgemeinheit die Befreiung erfordere. Die Abweichung sei städtebaulich vertretbar und die Grundzüge der Planung würden nicht berührt. Die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Bei dem Gelände handele es sich um ein eingezäuntes Areal, welches im Westen durch die U‑Bahnlinie und im Osten durch die B 54 eingegrenzt werde. Die Grenzen des Geländes würden nicht verändert, eine bauliche Veränderung innerhalb der Gebäude sei zur Zeit nicht vorgesehen. Eine Internatsnutzung sei auch bisher Bestandteil des Schulgeländes gewesen. Bei der vorgesehenen Nutzung sei mit einer geringeren Verkehrsbelastung als bisher zu rechnen. Nachbarliche Interessen würden voraussichtlich nicht berührt.
12Der Rat der Beklagten hatte der Verlegung des Standortes der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Form der bau- und planungsrechtlichen Variante der Erteilung einer Baugenehmigung mit Befreiung sowie gleichzeitigem Beginn der Anpassung des Bebauungsplans We 135 -I. - vor Stellung des Bauantrages zugestimmt. Die Bezirksvertretung I2. stimmte der Erteilung einer Genehmigung zur Nutzungsänderung einschließlich einer Befreiung im Februar 2011 zu.
13Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 erteilte das Bauordnungsamt der Beklagten dem Amt für Liegenschaften die Genehmigung zur Nutzungsänderung der N1. -C. ‑Gehörlosenschule zu einer Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern sowie mit weiterem Bescheid vom selben Tag eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans We 135 -I. - hinsichtlich der festgesetzten Art der Nutzung von einer Gehörlosenschule in eine Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern. Die vorgelegte Baubeschreibung und die vorgelegten Betriebsbeschreibungen sowie die eingereichten Zeichnungen samt Lageplan wurden grüngestempelt.
14Die Kläger haben am 25. März 2011 Klage gegen die Genehmigung zur Nutzungsänderung sowie die erteilte Befreiung erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Die Kammer hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes 10 L 358/11 mit Beschluss vom 5. Mai 2011 abgelehnt. Der Beschluss ist rechtskräftig geworden.
15Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Klage Folgendes vor:
16Bei Realisierung des Vorhabens komme es zu einer desolaten Verkehrssituation. Die H.------------straße sei nur für innerörtlichen geringen Verkehr ausgelegt. Da kein anderer Parkraum für die Anwohner vorhanden sei, werde halb auf dem Bürgersteig und halb auf der Straße geparkt. An der engsten Stelle betrage die Breite des zur Befahrung vorgesehenen Straßenkörpers der H.------------straße lediglich 5,93 m. Zwei (größere) Fahrzeuge könnten nicht aneinander vorbeifahren. Bei den vier Bussen, mit denen die Flüchtlinge transportiert würden, handele es sich um Großbusse, die mit erheblichen Schwierigkeiten überhaupt noch durch die Straße kämen. Ein Vorbeifahren für andere Fahrzeuge sei dann nicht mehr möglich. Die Verkehrssituation sei bereits jetzt schwierig auch wegen des von der Behelfsausfahrt kommenden Verkehrs. Unfälle seien vorprogrammiert. Aufgrund der Enge der Straße sei absehbar, dass Ausweichmanöver unter Mitbenutzung des Bürgersteiges „gelöst würden“. Die Sicherheit der Anwohner sowie der geparkten Fahrzeuge sei gefährdet. Es sei keine sichere Zufahrt zu den Häusern, in denen auch sie wohnten, gewährleistet.
17Die zu erwartenden Verkehrszahlen seien unzutreffend angegeben worden. In den Unterlagen befänden sich Zahlen, deren Richtigkeit nicht hätte überprüft werden können. Es liege teilweise nur eine „Schätzung am runden Tisch“ vor. Die Anzahl des auf dem Gelände tätigen Personals sei zu gering angesetzt worden. Es sei von mehr Personal in der Einrichtung auszugehen, zumal auch noch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf dem Gelände angesiedelt werden solle. Die Anzahl der zu erwartenden Fahrten mit Kraftfahrzeugen sei viel zu gering angesetzt worden. Die Anfahrten mit PKW der Mitarbeiter werde ein drei- bis vierfaches der Schätzung der Beklagten ausmachen. Die Verkehrszahlen der Gehörlosenschule beruhten nur auf einer einzigen, ca. vierstündigen Stichprobe. Die Annahme, der Caterer und der Wäscheservice könnten ihre Transportdienste mit einem Bully erledigen, sei angesichts der Quantitäten sachfremd. Entsorgungsfahrzeuge könnten nicht nur zwei mal wöchentlich kommen. Hier müsse wahrscheinlich auf eine viermalige Entsorgung pro Woche gegangen werden. Sämtliche Angaben zu den an- und abfahrenden Fahrzeugen seien im Ergebnis falsch. Die Angaben der städtischen Immobilienwirtschaft seien durch die Bauverwaltung nicht überprüft worden, weil dies nicht dem politischen Willen entsprochen habe. Erfahrungen aus anderen, ähnlichen Standorten seien völlig ignoriert worden. Bei einer Belegung mit 350 Personen sei pro Tag sicherlich mit einer Anreise von mind. 70 bis 100 Personen zu rechnen. Es sei auch mit großem Besucherverkehr zu rechnen. Es reisten nicht alle Asylsuchenden und ihre Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Es gebe auch Anreisende mit eigenen Fahrzeugen. Es sei damit insgesamt mit einer ganz erheblichen Anzahl an PKW- Bewegungen pro Tag zu rechnen. Die Beklagte habe offensichtlich die gesamte Verkehrssituation aus ihrer Würdigung der Umstände ausgeblendet. Die Straßensituation vertrage keinerlei Ausweitung. Es komme absehbar weiterer Verkehr über die Behelfsausfahrt der B 54 zur H.------------straße hinzu und führe ins Plangebiet. Es gebe keinerlei Konzept, wie diese Situation bewältigt werden solle. Die Beklagte sei schon nach § 45 Abs. 1 StVO gehalten, den Verkehr zu beschränken oder umzuleiten. Es sei auch zu bedenken, dass der Straßenlärm für die Anwohner zunehmen werde.
18Die Räumlichkeiten der Gehörslosenschule seien asbestverseucht. Der Landschaftsverband X1. -M. als früherer Grundstückseigentümer und als Träger der Gehörlosenschule und des Internates habe sich entschlossen, an einen anderen Standort zu ziehen, da eine Sanierung teurer als ein Neubau sei. Der Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung solle durch einen privaten Betreiber erfolgen. Die Beklagte erhoffe als nunmehrige Grundstückseigentümerin beträchtliche Geldbeträge zu erlösen. Die Beklagte erfülle hier keine originäre kommunale Aufgabe. Der vorgesehene Standort der Einrichtung sei in jeglicher Hinsicht ungeeignet. Es gebe in E. günstigere Standorte. Die Beklagte könne das Vorhaben nicht lediglich durch eine Nutzungsänderungsgenehmigung legalisieren. Es bedürfe einer Änderung des Bebauungsplans. Da die Asylbewerberzahlen laufend stiegen und in Nordrhein-Westfalen nur zwei Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber vorhanden seien, könne die Maximalbelegung mit 350 Personen gar nicht eingehalten werden. Es sei mit der Unterbringung von wesentlich mehr Flüchtlingen zu rechnen. Nach den Bauvorlagen sei eine Belegung mit 300 bzw. 350 Personen auch auszuschließen. Das Objekt liege in einem Bereich mit eventl. Kampfmittelbelastung. Hierdurch seien Bewohner und Anwohner gefährdet.
19Für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei kein Raum. Der diesbezügliche Bescheid sei nicht begründet worden. Es fehle an der Angabe, auf welche der drei Alternativen die Befreiung gestützt werde. Sie, d.h. die Kläger, könnten daher keine Überprüfung vornehmen. Es fehle an der gebotenen Rechtsklarheit. Bei der Entscheidung nach § 31 Abs. 2 BauGB habe die Bauordnungsbehörde zudem Ermessen auszuüben. Dies sei hier nicht erfolgt. Sie seien in ihrem Anspruch auf ein „faires Verfahren“ verletzt. Es lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen, welche Belange einbezogen und welche Kriterien maßgeblich gewesen seien. Bei der Erteilung einer Befreiung sei die Behörde verpflichtet, die nachbarlichen Interessen zu berücksichtigen. Die Beklagte betreibe nicht eigene Aufgaben, die ihr etwa durch das Gemeinderecht auferlegt seien. Es gehe hier um rein fiskalische Maßnahmen. Derartige Motive seien für die Erteilung einer Befreiung nicht zulässig. Es müsse angenommen werden, dass die Beklagte das Änderungsverfahren zum B-Plan gar nicht weiterführen wolle. Sie, d.h. die Kläger, könnten sich auf einen Anspruch auf Gebietserhaltung berufen. Im Übrigen werde zu ihren Lasten das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Es bedürfe hier besonderer Berücksichtigung, dass die Baugenehmigung durch dieselbe Behörde erteilt worden sei, die auch den Bauantrag gestellt habe. Schließlich handele es sich bei der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber planungsrechtlich um einen Fremdkörper, der nicht gebietsverträglich sei.
20Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 ist die Klage weiter begründet worden. Die angefochtene Baugenehmigung sei in nachbarrechtlich relevanter Hinsicht unbestimmt. Die Baugenehmigung lasse Inhalt, Reichweite und Umfang der darin zugelassenen Nutzung an mehreren entscheidenden Stellen offen. Die Anordnung der 40 notwendigen Stellplätze auf dem Vorhaben sei nicht festgelegt. In der Betriebsbeschreibung werde von einer Aufnahme neuer Personen zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie auch an Wochenenden und Feiertagen ausgegangen, ohne zu bestimmen, wo die eintreffenden Pkw und Busse ankämen und entladen würden. Wie der seit mittlerweile über zwei Jahre andauernde Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung zeige, erweise sich gerade die nächtliche Ankunft von Personen in der Einrichtung als in besonderem Maße störend. Autos würden vorgefahren, entladen, Türen geschlagen, gewendet etc.. Dieses und die Verkehrsführung auf dem Gelände der Einrichtung werden in der Baugenehmigung in keiner Weise geregelt. Auch die in der Betriebsbeschreibung angesprochenen Freizeitflächen bzw. deren Anordnung auf dem Vorhabengrundstück würden nicht bestimmt. Zu dem entsprechenden Verkehrslärm enthalte die Baugenehmigung keine Aussage, eine Untersuchung der entstehenden Verkehrsbelastung und der hiervon ausgehenden Immissionen sei nicht vorgenommen worden. Entgegen der Ausführungen der Kammer in ihrem Eilbeschluss bestehe ein Gebietsgewährleistungsanspruch. Der Eingang der Erstaufnahmeeinrichtung befinde sich noch auf der H.------------straße innerhalb des im Bebauungsplan We 135 festgesetzten Allgemeinen Wohngebietes. Gerade in diesem Eingangsbereich werde ein Großteil der verkehrs- und verhaltensbedingten Störungen und Belästigungen der Umgebungsbebauung hervorgerufen mit der Folge, dass das Vorhaben nach Lage, Umfang und Zweckbestimmung der Eigenart des betroffenen Baugebietes widerspreche (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Hierzu werden weitere Ausführungen gemacht. Darüber hinaus gingen gerade vom Eingangsbereich zur Erstaufnahmeeinrichtung Belästigungen und Störungen aus, die für die Umgebung unzumutbar und rücksichtslos seien (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Es komme regelmäßig zu Störungen und Belästigungen der umliegenden Wohnbebauung- so auch ihres Wohnhauses. Auf die im Allgemeinen Wohngebiet einzuhaltende Wohnruhe werde in keiner Weise Rücksicht genommen. Die Anwohner der H.------------straße hätten Verkehrszählungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Verkehrszählungen aus Juli und September 2013 wurden überreicht.
21Die Kläger beantragen,
22die dem Amt für Liegenschaften der Beklagten erteilte Genehmigung zur Nutzungsänderung der N1. -C. -Gehörlosenschule zu einer Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern vom 28. Februar 2011 einschließlich der erteilten Befreiung vom 28. Februar 2011 aufzuheben.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte bezieht sich auf ihre Ausführungen im zugehörigen Eilverfahren und den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des erkennenden Gerichts.
26Die Beklagte hat zeitgleich mit der Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens beschlossen, den Bebauungsplan We 135 -I. - aus Gründen der Planklarheit und Planwahrheit nach § 13 a BauGB im beschleunigten Verfahren zu ändern. Der Rat der Beklagten hat in seiner Sitzung am 29. September 2011 die Änderung Nr. 9 des Bebauungsplans We 135 -I. - als Satzung beschlossen. Im Wesentlichen wurde für das Vorhabengrundstück der bisher festgesetzte Nutzungszweck „Baugrundstück für Gemeinbedarf-Gehörlosenschule“ in die Festsetzung „Fläche für den Gemeinbedarf – Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (EAE) /Verwaltung“ geändert. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 14. Oktober 2011 ortsüblich bekannt gemacht.
27Seitens einer Anwohnerin der H.------------straße ist gegen die Änderung des Bebauungsplans ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht für das Land O. - X1. anhängig gemacht worden (7 D 100/12.NE), über das noch nicht entschieden ist.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten einschließlich des Verfahrens 10 L 358/11, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten einschließlich des Bebauungsplans We 135 -I. - samt Begründungen sowie die seitens des OVG NRW beigezogene Gerichtsakte 7 D 100/12.NE einschließlich der dort beigezogenen Aufstellungsvorgänge zur 9. Änderung des Bebauungsplans verwiesen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
30Die Klage hat keinen Erfolg.
31Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage ist unbegründet.
32Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Amt für Liegenschaften der Beklagten erteilten Baugenehmigung vom 28. Februar 2011 und der am selben Tag erteilten Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans We 135 ‑I. -. Die Baugenehmigung und die Befreiung verstoßen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
33Die Kammer hat im zugehörigen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes 10 L 358/11 vom 5. Mai 2011 Folgendes ausgeführt:
34„Nach der in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat die gegen die Baugenehmigung vom 28. Februar 2011 und die Befreiungsentscheidung vom selben Tag gerichtete Klage der Antragsteller keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Interessenabwägung zu ihren Lasten ausgeht.
35Dies gilt unabhängig davon, ob die angegriffene Baugenehmigung objektiv rechtmäßig oder rechtswidrig ist, denn den Antragstellern stehen jedenfalls keine nachbarlichen Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung und die Befreiungsentscheidung vom 28. Februar 2011 zu, so dass sie nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind.
36In Verfahren des baurechtlichen Nachbarstreits ist nicht Gegenstand der rechtlichen Prüfung, ob das genehmigte Vorhaben allen Vorschriften des öffentlichen Baurechts entspricht. Ein Nachbar kann vielmehr nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt bzw. bei Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Nachbarschützend in diesem Sinne sind Normen, wenn sie nicht nur die Interessen der Allgemeinheit und damit faktisch auch die Interessen des Einzelnen schützen, sondern nach ihrer Zweckbestimmung zumindest auch auf den Schutz gerade dieser Individualinteressen gerichtet sind.
37Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW-, Beschluss vom 09. März 2007 - 10 B 2675/06 -, BauR 2007, 1550 ff.
38Das Vorhaben der Antragsgegnerin -Amt für Liegenschaften- verstößt nicht gegen Nachbarrechte der Antragsteller.
39Die Kammer weist hier zunächst darauf hin, dass das Rechtsstaatsprinzip keine verfahrensrechtliche Trennung zwischen der Stadt -Amt für Liegenschaften- als Bauherrin und der Stadt als Baugenehmigungsbehörde gebietet. Rechte Dritter werden durch die fehlende Trennung weder vereitelt noch verkürzt. Verstößt eine Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die jedenfalls auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind, so kann sich der nachteilig Betroffene hiergegen zur Wehr setzen. Der für den Umfang des Nachbarschutzes maßgebliche rechtliche Maßstab bleibt inhaltlich unverändert. Er hängt nicht davon ab, welche Behörde die Genehmigung erteilt hat und wer als deren Adressat auftritt. Die Stadt hat, auch wenn sie gleichzeitig als Baugenehmigungsbehörde und als Bauherrin handelt, keine Möglichkeit, sich den materiell-rechtlichen Bindungen zu entziehen, denen sie unterliegt. Der Nachbar kann ihr gegenüber aus der Verfassung den Anspruch ableiten, dass seine subjektiven Rechte gewahrt bleiben.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Juni 1998 -10 B 946/98-, Juris- Dokument.
41In der Sache verstößt das Vorhaben der Antragsgegnerin nicht gegen hier allein in Betracht kommendes nachbarschützendes Bauplanungsrecht.
42Das angegriffene Vorhaben ist insbesondere nicht seiner Art nach -unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen der Antragsteller- auf dem dafür vorgesehenen Grundstück gegenüber den Antragstellern unzulässig.
43Der von den Antragstellern geltend gemachte Gebietsgewährleistungsanspruch steht ihnen hier nicht zu.
44Nach der hierzu obergerichtlich entwickelten Rechtsprechung hat die Festsetzung von Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung durch einen Bebauungsplan kraft Bundesrechts grundsätzlich nachbarschützende Funktion zu Gunsten der Planbetroffenen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Diesem Grundsatz unterliegen maßgeblich die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Eigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Auf die Bewahrung der festgesetzten Gebietsart hat der Nachbar einen Anspruch auch dann, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt. Grund hierfür ist, dass jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können soll,
45vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 –4 C 28/91- BVerwGE 94, S. 151 ff; Beschluss vom 18. Dezember 2007 –4 B 55/07-, Juris-Dokument; Urteil vom 24. Februar 2000 –4 C 23.98-, ZfBR 2000, 423 f und Beschluss vom 2. Februar 2000 –4 B 87/99-, NVwZ 2000, S. 679 f.
46Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung greift der Gebietsgewährleistungsanspruch jedoch nur innerhalb desselben Baugebiets und vermittelt keinen gebietsübergreifenden Nachbarschutz.
47Das wechselseitige Austauschverhältnis, auf dem der Gebietsgewährleistungsanspruch letztlich beruht, beschränkt sich auf die Eigentümer der in demselben Baugebiet gelegenen Grundstücke,
48vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 –4 B 55/07-, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2002 –10 B 1618/02-, BRS 66 Nr. 168, vom 10. Mai 2007 –10 B 305/07-, vom 4. November 2005 –7 B 1319/05- und vom 26. August 2005 -B 217/05-; sämtlich Juris-Dokumente.
49Grundstücke, für die innerhalb eines Bebauungsplangebiets unterschiedliche Nutzungsarten festgelegt sind, liegen nicht innerhalb eines Baugebiets, sondern in unterschiedlichen Baugebieten,
50vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2002 –10 B 1618/02-, a.a.O..
51Im Bebauungsplan der Antragsgegnerin We 135 ist der örtliche Bereich nördlich der nach Westen verschwenkenden H.------------straße , in dem auch das Grundstück der Antragsteller liegt, als Allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Für den Bereich, der nördlich des Allgemeinen Wohngebietes liegt und in dem das von den Antragstellerin angegriffene Vorhaben realisiert werden soll, enthält der Bebauungsplan We 135 die Festsetzung „Schule“, hier Gehörlosenschule, als Unterfall einer Fläche für den Gemeinbedarf. Hierbei handelt es sich um die Festsetzung eines eigenständigen Nutzungszweckes außerhalb einer Baugebietsausweisung.
52Dafür, dass die Festsetzung des örtlichen Bereichs als Schule den Antragstellern Nachbarschutz vermittelt, weil der Plangeber, d.h. die Antragsgegnerin, die Festsetzung seinerzeit auch zum Schutze Dritter getrof-fen hat, haben die Antragsteller nichts vorgetragen; hierfür ist auch nichts ersichtlich.
53Die mit Bescheid vom 28. Februar 2011 erteilte Befreiung von der festgesetzten Nutzungsart (von Gehörlosenschule in Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern) verletzt die Antragsteller nicht in ihren Nachbarrechten.
54Aufgrund des oben dargestellten fehlenden Drittschutzes der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Befreiung insgesamt objektiv rechtlich mit § 31 Abs. 2 BauGB in Einklang steht.
55Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, die weiteren in Nr. 1 bis 3 der Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen vorliegen und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
56Bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von einer - wie hier - nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans, hat der Nachbar über den Anspruch auf die Würdigung seiner nachbarlichen Interessen hinaus keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde. Gegen die Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung im Bebauungsplan kann ein Nachbar nur dann mit Erfolg vorgehen, wenn seine nachbarlichen Interessen bei der insoweit zu treffenden Ermessensentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt sind. Alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 - 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206 f; OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2009 -7 B 659/09-; Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Auflage 2004, Rdnr. 1874.
58Angesichts dieser Grundsätze bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob ‑was die Antragsteller in Zweifel ziehen- hier für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs.2 BauGB überhaupt Raum war, insbesondere die Grundzüge der Planung berührt sind und es deshalb vor Erteilung der Baugenehmigung einer Bebauungsplanänderung bedurft hätte.
59Selbst wenn eine Bebauungsplanänderung objektiv erforderlich gewesen wäre, sind die Antragsteller auch nicht schon allein aufgrund des Umstandes, dass das Bauvorhaben ohne Planänderung genehmigt worden ist, in nachbarschützenden Rechten des Bauplanungsrechts verletzt. Die Antragsteller können nämlich grundsätzlich nicht verlangen, dass im Bebau-ungsplanänderungsverfahren ihre privaten Belange in bestimmter Weise berücksichtigt werden. Der Private hat im Bebauungsplanverfahren ledig-lich ein subjektives Recht darauf, dass seine Belange in der Abwägung ihrem Gewicht entsprechend „abgearbeitet“ werden. Ob und mit welchem Ergebnis sich seine Belange in der Abwägung durchsetzen, ist hingegen offen.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2005 –7 B 1823/05-, BRS 69 Nr. 168; BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 -4 CN 2/98-, BRS 60 Nr. 46.
61Demnach haben die Antragsteller nach den zum Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätzen nur dann einen Anspruch auf Aufhebung der Befreiung und damit auch auf Aufhebung der Baugenehmigung, wenn sie unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls durch die Befreiung, so wie sie erteilt ist oder so wie sie hätte erteilt werden müssen, in qualifizierter und individualisierter Weise betroffen sind und die durch die Befreiung eintretenden Nachteile das Maß dessen übersteigen, was einem Nachbarn billigerweise noch zumutbar ist.
62Eine derartige Unzumutbarkeit ist hier nicht gegeben.
63Bei den zu würdigenden nachbarlichen Belangen können zunächst nur städtebaulich relevante Nachteile berücksichtigt werden.
64Es entspricht insoweit der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass die von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen und Belästigungen nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen sind, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Anderweitige (befürchtete) Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Befürchteten Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern nur im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2001 -7 B 624/01-, Juris- Dokument, zu einer Übergangseinrichtung für Flüchtlinge und Beschluss vom 27. August 1992 -10 B 3439/92-, NVwZ 1993, S. 279 f zu einem Asylbewerberheim.
66Eine reale unzumutbare Beeinträchtigung ihres Grundstücks durch das Vorhaben der Antragsgegnerin haben die Antragsteller schon nicht substantiiert geltend gemacht. Eine solche kann hier auch seitens des Gerichts nicht festgestellt werden.
67Dies gilt zunächst im Hinblick auf mögliche Immissionen durch den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehrslärm. Hierzu haben die Antragsteller bezogen auf die konkrete örtliche Lage ihres Eigentums nichts vorgetragen. Insoweit fehlt es an jeglichem Vorbringen, aus welchen Gründen sich konkret ihnen gegenüber der durch das Vorhaben der Antragsgegnerin ausgelöste Verkehrslärm als rücksichtslos und unzumutbar darstellen soll. Allein der pauschale Verweis in der zugehörigen Klageschrift, dass der Straßenlärm für die Anwohner, die im Plangebiet leben, zunehmen werde, reicht hierfür in keiner Weise aus.
68Das Gericht hat unabhängig hiervon aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller bei Verwirklichung des Bauvorhabens der Antragsgegnerin einer unzumutbaren Lärmbelastung durch den Zu- und Abfahrtsverkehr zu bzw. von der von der Antragsgegnerin geplanten Erstaufnahmeeinrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern unter Inanspruchnahme der H.------------straße ausgesetzt sein werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich der H.------------straße , an dem das Grundstück der Antragsteller liegt, von dem Zu- und Abfahrtverkehr zu bzw. von der Aufnahmeeinrichtung direkt nicht betroffen ist. Die H1. straße wird, soweit sie im Norden in Richtung Westen verschwenkt, von dem Zu- und Abfahrtverkehr nicht tangiert. Das Grundstück der Antragsteller liegt auch ca. 80 m von dem Bereich der H.------------straße entfernt, der in Richtung Zufahrt des Bauvorhabens führt. Der Verkehrslärm wird im Übrigen durch die zwischen dem Grundstück der Antragsteller und des von Süden nach Norden verlaufenden Teilstücks der H.------------straße liegenden Bebauung abgeschirmt. Östlich neben dem Grundstück der Antragsteller liegen drei, zumindest teilweise mit Mehrfamilienhäusern bebaute Grundstücke. Im Übrigen können die durch das Bauvorhaben entstehenden Lärmbelastungen durch Straßenverkehr nicht unabhängig von Vorbelastungen bewertet werden. Hier ist der Standort bereits durch die verkehrlichen Belastungen vorgeprägt, die durch den Betrieb der Gehörlosenschule einschließlich des Internates hinzunehmen waren. Dafür, dass durch die dem Vorhaben der Antragsgegnerin zuzurechnenden Lärmbeeinträchtigungen durch Straßenverkehr am Haus der Antragsteller erstmals die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten wird, ist nichts ersichtlich.
69In diesem und auch im Zusammenhang mit den von den Antragstellern geltend gemachten verkehrlichen Beeinträchtigungen weist die Kammer ausdrücklich darauf hin, dass Streitgegenstand hier lediglich die angefochtene Baugenehmigung vom 28. Februar 2011 und der Befreiungsbescheid vom selben Tag sind, deren Inhalt sich u.a. auch aus der Baubeschreibung und den Betriebsbeschreibungen ergibt, und nicht die Frage, ob die tatsächliche zukünftige Nutzung -über die die Antragsteller hier in verschiedener Hinsicht Vermutungen äußern- entsprechend der Baugenehmigung vorgenommen wird. Eine von der Baugenehmigung abweichende Nutzung hat auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung grundsätzlich keinen Einfluss.
70Die Antragsteller können sich auch nicht mit Erfolg auf die bestehende und durch das Bauvorhaben ihrer Meinung nach sich noch weiter verschlechternde Verkehrssituation auf der H.------------straße berufen. Hier gilt ebenfalls, dass die Antragsteller von der Verkehrssituation, wie sie ihrer Auffassung nach bereits vorhanden bzw. zu erwarten ist, nicht unmittelbar betroffen sind. Das Grundstück der Antragsteller liegt nicht in dem Bereich der H.------------straße , der von ihnen als überlastet und gefährdet beschrieben wird.
71Im Übrigen handelt es sich bei der H.------------straße um eine öffentliche Straße. Die Antragsteller sind nicht Interessenwalter des öffentlichen Straßenraumes. Nachbarrechte der Antragsteller im Sinne eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot können insoweit nur dann betroffen sein, wenn sich die Erschließungssituation ihres Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung der ihr Grundstück erschließenden Straße erheblich verschlechtern würde.
72Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2011 -2 A 2579/09-, Juris- Dokument.
73Dafür, dass die Antragsteller ihr Grundstück über die H2. straße (regelmäßig) nur noch unter wesentlichen Erschwernissen mit ihrem Fahrzeug erreichen können, wenn das Vorhaben der Antragsgegnerin verwirklicht wird, bestehen keine Anhaltspunkte. Soweit die Antragsteller die Sicherheit des Straßenverkehrs -auch für sich- gefährdet sehen, ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich von einem der jeweiligen Verkehrssituation angepassten Verhalten der Verkehrsteilnehmer auszugehen ist. Beeinträchtigungen durch verkehrswidriges Verhalten Einzelner sind baurechtlich nicht relevant.
74Der Umstand, dass das Bauvorhaben in einem Bombenabwurfgebiet und demnach in einem Bereich eventueller Kampfmittelbelastung liegt, ist hier schon deshalb ohne Belang, da Gegenstand der Baugenehmigung jedenfalls keine Erdarbeiten und keine Außenarbeiten an den vorhandenen Gebäuden sind.
75Wird ein Nachbar schließlich durch die Bebauung bzw. hier die Nutzungsänderung nicht in seinen Nachbarrechten verletzt, kann er die Baugenehmigung auch nicht durch einen Hinweis auf besser geeignete Alternativstandorte zu Fall bringen,
76vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 1992 -10 B 3439/92, a.a.O. und Beschluss vom 5. November 2007 -7 B 1182/07, Juris- Dokument.
77Die übrigen von den Antragstellern vorgebrachten Argumente sind schließlich schon im Ansatz nicht geeignet, eine Verletzung ihrer Nachbarrechte als möglich anzusehen.“
78Der Beschluss der Kammer ist rechtskräftig geworden. An seinen Ausführungen hält das Gericht auch nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung fest.
79Darüber hinaus ist im Hinblick auf das weitere Vorbringen der Kläger Folgendes auszuführen:
80Die Kläger machen ‑im Ergebnis ohne Erfolg‑ in mehrfacher Hinsicht die Unbestimmtheit der erteilten Baugenehmigung und damit ihre Nachbarrechtswidrigkeit geltend.
81Eine Baugenehmigung muss inhaltlich bestimmt sein, vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der Baugenehmigung getroffenen Regelungen und Feststellungen eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen muss sich mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können.
82Vgl. die ständige Rechtsprechung OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 -2 A 3009/11-, Juris- Dokument; Urteil vom 20. September 2007 - 10 A 4372/05 -, BRS 71 Nr. 152 und Beschluss vom 23. März 2009 – 10 B 263/09 -.
83Bezieht sich die Unbestimmtheit einer Baugenehmigung auf solche Merkmale des Vorhabens, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung solcher Baurechtsvorschriften auszuschließen, die auch dem Schutz des Nachbarn zu
84dienen bestimmt sind, ist die Baugenehmigung rechtswidrig und auf die Klage des betroffenen Nachbarn aufzuheben.
85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. September 2006 – 10 A 2980/05 -, BRS 70 Nr. 128 und Beschluss vom 23. März 2009 -10 B 263/09 -.
86Die Kläger machen geltend, dass im Hinblick auf die notwendigen 40 Stellplätze die Anordnung auf dem Vorhabengrundstück nicht festgelegt worden sei, ebenso wenig sei die Verkehrsführung auf dem Vorhabengelände geregelt worden.
87Die Kläger sind zu diesen Einwendungen darauf hinzuweisen, dass hier lediglich eine Genehmigung zur Nutzungsänderung erteilt worden ist. Bauliche Veränderungen auf dem Außengelände sind nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung. Es sind keine neuen Stellplätze geschaffen worden. Ausweislich des im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Stellplatznachweises sind auf dem Grundstück 118 Stellplätze vorhanden und zwar östlich des Gebäudes 17, an der östlichen Grundstücksgrenze und am südlich gelegenen Zufahrtstor. Die Lage der Stellplätze ergibt sich auch aus dem vorgelegten -mit Zugehörigkeitsvermerk versehen- Lageplan. Hier müssen die Kläger von den bereits vorhandenen und ihnen bekannten Stellplätzen, die zum Betrieb der Schule gehörten und auch genutzt worden sind, ausgehen. Insbesondere müssen die Kläger davon ausgehen, dass der vorhandene Stellplatz am südlich gelegenen Zufahrtstor weiterhin als solcher genutzt wird. Dies gilt ebenso für die bereits vorhandene Verkehrsführung auf dem Vorhabengelände. Aus dem grüngestempelten Lageplan und aus dem im Baugenehmigungsverfahren ebenfalls vorgelegten Übersichtslageplan ergibt sich, wie und wo das Vorhabengrundstück mit Fahrzeugen befahren werden kann. Dies ist maßgeblich im östlichen Bereich, also auf der dem klägerischen Grundstück abgewandten Seite.
88Die Kläger machen weiter geltend, dass die Freizeitflächen auf dem Vorhabengrundstück nicht angeordnet seien. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich, da die Asylbewerber sich entsprechend der Festsetzung als Fläche für den Gemeinbedarf grundsätzlich überall auf dem Gelände aufhalten können. Der Aufenthalt der Flüchtlinge auf bestimmten Teilen des Geländes muss nicht geregelt werden.
89Darüber hinaus monieren die Kläger, dass es an einer Festlegung der Flächen fehle, wo die Pkw und Busse ankommen und entladen werden.
90Dies ist jedoch nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht erforderlich, da die Fahrzeuge das als Fläche für den Gemeinbedarf ausgewiesene Vorhabengrundstück im Bereich der vorhandenen Verkehrsflächen nutzen können.
91Schließlich machen die Kläger geltend, dass die Baugenehmigung keine Aussage zum entstehenden Verkehrslärm enthalte. Untersuchungen der entstehenden Verkehrsbelastung und der hiervon ausgehenden Immissionen seien nicht gemacht worden. In ihrer zunächst vorgelegten Klagebegründung haben die Kläger diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die zu erwartenden Verkehrszahlen unzutreffend angegeben seien. So sei die Anzahl des auf dem Gelände tätigen Personals zu gering angesetzt worden. Die Anzahl der zu erwartenden Fahrten mit Kraftfahrzeugen sei viel zu gering angesetzt worden. Die angegebenen Transportdienste zur Versorgung der Flüchtlinge reichten nicht aus. Es sei mit großem Besucherverkehr zu rechnen. Asylbewerber reisten nicht nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch mit PKW an. Es sei insgesamt mit einer ganz erheblichen Anzahl an PKW-Bewegungen am Tag zu rechnen.
92Ob die streitige Baugenehmigung den an sie zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen, maßgeblich durch Verkehrslärm, genügt, erscheint in der Tat fraglich. Es spricht Einiges dafür, dass die Baugenehmigung Merkmale des Vorhabens der Beklagten unreglementiert lässt, deren Regelung es nach Lage der Dinge bedurft hätte. Dies betrifft im Wesentlichen den durch den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber hervorgerufenen Fahrzeugverkehr. Die Angaben der Beklagten in den Bauvorlagen zum zu erwartenden Fahrzeugverkehr dürften unklar und unvollständig sein. In den vorgelegten Betriebsbeschreibungen wurden Geräusche durch Verkehrslärm zwar angegeben, die Angaben dürften jedoch mangelhaft sein, da nicht alle von dem Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung ausgelösten Verkehrsvorgänge dargestellt worden sind bzw. von mehr Fahrzeugverkehr als angegeben auszugehen ist. Dies gilt maßgeblich für die zur Baugenehmigung gehörende Betriebsbeschreibung für das Gebäude 12 betreffend das Verwaltungsgebäude des externen Betreibers der Erstaufnahmeeinrichtung. Insoweit ist in der Rubrik 7.2 (Geräusche) der Fahrzeugverkehr durch die zuvor in der Rubrik 3 angegebenen 20 Mitarbeiter des Betreibers nicht angegeben worden. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob alle der in der ebenfalls grün gestempelten Beschreibung zum Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung genannten Institutionen bzw. eingesetzten Personen, wie zum Beispiel der Wachdienst, die Verfahrensberatung der Diakonie sowie Mitarbeiter einer Gebäudereinigungsfirma, in die angegebene Mitarbeiterzahl des Betreibers eingerechnet sind oder ob hier weitere auf dem Gelände beruflich tätige Personen mit entsprechendem An- und Abfahrtsverkehr anzugeben waren. Des Weiteren mag den Klägern darin zu folgen sein, dass ein Caterer, der 300 bis 350 Personen mit drei Mahlzeiten am Tag zu versorgen hat, eine Mahlzeit möglicherweise nicht jeweils nur mit einem Kleintransporter anliefern kann, sondern hier ggf. mehrere Kleintransporter oder jeweils ein größeres Fahrzeug (Kleinlaster) eingesetzt werden müssen. Dies gilt ebenso für den Wäschedienst, der einmal täglich an Werktagen mit einem Kleintransporter ausgewiesen ist. Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge waren entgegen der Auffassung der Kläger allerdings nicht zu berücksichtigen, da die Ansiedlung von Referaten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht Gegenstand des hier maßgeblichen Baugenehmigungsverfahrens und damit auch nicht Gegenstand der Baugenehmigung und der Befreiung sind. Ggf. ist hierzu zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Verfahren auf Erteilung einer Genehmigung zur Nutzungsänderung durchzuführen. Den Klägern ist allerdings insoweit zuzugeben, dass Besucherverkehr ebenfalls der Erstaufnahmeeinrichtung zuzurechnen ist sowie maßgeblich auch die Anreise der Asylbewerber selbst zur Einrichtung. Letztere erfolgt nach der Lebenserfahrung nicht allein mit Bussen oder öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch mit PKW. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Einrichtung nach der vorgelegten Betriebsbeschreibung zu jeder Tages- und Nachtzeit Personen aufnimmt und die Einrichtung von den Asylbewerbern auch an den Wochenenden in Anspruch genommen wird. Ein An- und Abfahrtsverkehr war demnach auch in der Nacht und an Wochenenden einzustellen. Entsprechende Angaben (Besucherverkehr/Anreise der Asylbewerber) sind den Bauvorlagen nicht zu entnehmen.
93Eine mangelnde Bestimmtheit der Baugenehmigung führt im Ergebnis jedoch nur dann zu einem nachbarlichen Abwehrrecht, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und zusätzlich, wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 -2 A 3009/11-, a.a.O..
95Letzteres ist hier nicht der Fall. Das Gericht schließt im Ergebnis eine unzumutbare Belastung der Kläger durch den durch den bestimmungsgemäßen Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung verursachten und dieser zuzurechnenden Verkehrslärm aus, auch wenn der durch die Einrichtung ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr auf der H.------------straße und auf dem Vorhabengrundstück quantitativ höher liegen sollte als er in den Bauvorlagen der Beklagten dargestellt worden ist. Es kann mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass das mit der angefochtenen Baugenehmigung einschließlich der Befreiung genehmigte Vorhaben zu Lasten der Kläger gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (vgl. auch § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) verstößt.
96Ob ein Vorhaben rücksichtslos ist, muss unter Abwägung der im Einzelfall berührten Interessen festgestellt werden. Eine erfolgreiche Berufung auf das drittschützende Rücksichtnahmegebot setzt voraus, dass das Bauvorhaben bei der Abwägung zwischen dem Gewicht der mit ihm verfolgten Interessen auf der einen und der Empfindlichkeit und Schutzwürdigkeit der Belange des Nachbarn auf der anderen Seite für diesen die Schwelle der Zumutbarkeit überschreitet. Dabei kommt es hier allein darauf an, ob das Grundstück der Kläger unzumutbar belastet wird; insoweit ist unerheblich, welche Auswirkungen die Erstaufnahmeeinrichtung den Grundstückseigentümern an der H.------------straße allgemein oder bestimmten Grundstückseigentümern in einer anderen Lage an der H.------------straße zumutet.
97Nach diesen Maßgaben lässt sich ausschließen, dass die vorhabenbedingten Verkehrsgeräusche für die Kläger das Maß des Zumutbaren übersteigen.
98Dies ergibt sich aus der konkreten Lage und Entfernung des klägerischen Grundstücks zur Verkehrslärmquelle, dem Vortrag der Kläger selbst sowie der bereits hinzunehmenden Vorbelastung ihres Grundstücks und wird bestätigt durch die von der im Bebauungsplanänderungsverfahren durchgeführte schalltechnische Untersuchung der Beklagten.
99Das Gericht hat sich bereits im zugehörigen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der konkreten Lage und Entfernung des Grundstücks der Kläger zur Lärmquelle befasst. Auf die entsprechenden Ausführungen auf Seite 9 des Beschlusses ist nochmals ausdrücklich zu verweisen. Die Kläger haben im vorliegenden Klageverfahren nichts Gegenteiliges vorgebracht, obwohl hierzu ausreichend Gelegenheit und Veranlassung bestanden hätte, wenn sich die konkrete örtliche Situation und die sich daraus ergebenden Belastungen anders darstellen würden, zumal die Erstaufnahmeeinrichtung seit über zwei Jahren im Betrieb ist. Dies gilt zunächst für Lärmbelastungen, die von dem Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Vorhabengrundstück selbst ausgehen. Hierzu haben die Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Für unzumutbare Belastungen ist aber auch nichts ersichtlich, zumal der nächstliegend nördlich des Grundstücks der Kläger vorhandene Gebäudekomplex für das Vorhaben der Beklagten nicht genutzt wird und die Gebäude, in denen die Asylsuchenden untergebracht werden, im nördlichen Bereich des Vorhabengrundstücks und damit in deutlicher Entfernung zum klägerischen Grundstück liegen. Die Verkehrsflächen liegen im östlichen Bereich des Vorhabengrundstücks. Der im südlichen Bereich des Vorhabengrundstücks liegende Parkplatz wurde bereits zuvor durch die Schulen genutzt; mit seiner Weiternutzung musste grundsätzlich gerechnet werden.
100Soweit im anwaltlichen Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 geltend gemacht wird, dass im Eingangsbereich der Erstaufnahmeeinrichtung ein Großteil der verkehrs- und verhaltensbedingten Störungen und Belästigungen der Umgebungsbebauung hervorgerufen werde und gerade von der Zufahrt zur Erstaufnahmeeinrichtung Belästigungen und Störungen ausgingen, die für die Umgebung unzumutbar seien, so mag dies für die Grundstücke an der H.------------straße , die direkt am Eingangsbereich der Einrichtung liegen, zutreffen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Kläger auf ihrem Grundstück hiervon unzumutbar betroffen sind. Denn gerade Lärm im direkten Zufahrtsbereich zur Einrichtung wird durch die östlich des klägerischen Grundstücks liegende Bebauung abgeschirmt. Dementsprechend bezieht sich der Vortrag der Kläger auch nur allgemein auf die Umgebung und nicht speziell auf die Situation auf ihrem Grundstück. Die Kläger haben zu konkreten Lärmbelastungen, denen sie gerade auf ihrem Grundstück ausgesetzt sind, nichts Substantiiertes vorgetragen, obwohl es ihnen aufgrund des inzwischen aufgenommenen Betriebs der Erstaufnahmeeinrichtung möglich gewesen wäre, Lärmbelastungen konkret nach Ursache und Zeitpunkt zu benennen und zu beschreiben sowie zu dokumentieren. Dass dies nicht geschehen ist, lässt für die Kammer nur den Schluss zu, dass die Kläger auf ihrem Grundstück unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Lärm, der von dem Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung ausgeht, tatsächlich nicht ausgesetzt sind.
101Auch der durch das Vorhaben der Beklagten ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr auf der H.------------straße selbst und der hierdurch entstehende Verkehrslärm ist gegenüber den Klägern nicht rücksichtslos.
102In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger als Belastungen lediglich geltend gemacht, dass Fahrzeuge auch in den Straßenschwenk hineinfahren würden, Fahrzeuge abgestellt und nicht wieder abgeholt würden und vor ihrem Haus viel Fußgängerverkehr von der Stadtbahnlinie herrührend stattfinde. Dass Fahrzeuge, deren Fahrer in Richtung Erstaufnahmeeinrichtung oder zurück zur I1. Straße fahren wollen, einmal versehentlich in die nach Westen abknickende H2. -straße bis zum Grundstück der Kläger vorfahren, lässt sich nicht ausschließen, dürfte aber wohl kaum die Regel sein. Dass dies massiert vorkommt, haben die Kläger auch nicht behauptet. Soweit in den vorderen Bereich des Straßenschwenks hineingefahren wird, um Fahrzeuge zu wenden, sind die Kläger aufgrund der räumlichen Distanz hiervon nicht betroffen. Dass Fahrzeuge abgestellt und nicht wieder abgeholt werden, ist hier ohne Belang. Die Kläger sind in diesem Zusammenhang gehalten, die Ordnungsbehörden einzuschalten. Soweit sie starken Fußgängerverkehr vor ihrem Grundstück beklagen, ist nicht ersichtlich, dass dieser zu unzumutbaren Immissionen für die Kläger führt, zumal Asylbewerber mit der Stadtbahnlinie, die am Tag im 10- Minuten-Takt verkehrt, nicht in größeren Gruppen anreisen dürften. Für Kernzeiten in der Nacht, in denen der Stadtbahnbetrieb eingestellt ist, haben die Kläger auch erklärt, dass kein Fußgängerverkehr stattfindet.
103Die Kläger haben die verkehrsmäßigen Belastungen durch die Erstaufnahmeeinrichtung auch aufgrund der bereits bestehenden Vorbelastung ihres Grundstücks hinzunehmen.
104Die Zumutbarkeit von Verkehrsgeräuschen ist stets anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen.
105Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2007 -4 BN 41/07-, Juris- Dokument.
106In welchem Maße die Umgebung schutzwürdig ist, lässt sich bei vorhabenbedingten Verkehrsgeräuschen nicht unabhängig von etwaigen Vorbelastungen bewerten. Ist der Standort schon durch Belästigungen in einer bestimmten Weise vorgeprägt, vermindern sich entsprechend die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots. Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Wird die Umgebung nicht über eine ohnehin vorhandene Belastung hinaus beeinträchtigt, so wird die vorgegebene Situation nicht verschlechtert.
107Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 -4 C 20/94-; Urteil vom 27. August 1998 -4 C 5/98- und Urteil vom 23. September 1999 -4 C 6/98-, sämtlich Juris- Dokumente.
108Zu berücksichtigen ist hier, dass das Allgemeine Wohngebiet an der H2. -straße einschließlich des Grundstücks der Kläger im Hinblick auf Verkehrslärm bereits erheblich situativ vorbelastet ist und zwar durch die östlich des Antragsgrundstücks und des Wohngebietes verlaufende S1. straße/B 54 sowie durch die im Westen verlaufende Stadtbahnlinie U 49. Dies ergibt sich maßgeblich auch aus der seitens der Beklagten im Bebauungsplanänderungsverfahren durchgeführten schall-technischen Untersuchung aus November 2010, die den Klägern zumindest durch Akteneinsichtnahme ihrer Prozessbevollmächtigten in die Aufstellungsvorgänge zur 9. Änderung des Bebauungsplans We 135 -I. - bekannt ist. Der Verkehrslärm der B 54 und der Stadtbahnlinie stellen auch für das Grundstück der Kläger die bestehenden Hauptlärmquellen dar. Ausweislich der schalltechnischen Untersuchung haben auch die Kläger maßgeblich durch diese Lärmquellen Lärmbelastungen hinzunehmen, die grenzwertig sind bzw. über die Orientierungswerte für Allgemeine Wohngebiete nach der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) -55 dB(A) tagsüber- bereits hinausgehen (vgl. Rasterlärmkarten als Anlagen zur schalltechnischen Untersuchung). Des Weiteren ist auch für das Grundstück der Kläger von einer weiteren Vorbelastung durch den Schulbetrieb auf dem Antragsgrundstück auszugehen, die allerdings gegenüber den Hauptlärmquellen der B54 und des Stadtbahnlinie nicht oder nur sehr geringfügig ins Gewicht fällt. Dies lässt sich aus der schalltechnischen Untersuchung für die einzelnen Immissionsorte an der Richtung Norden verlaufenden H.------------straße ableiten. Für das Grundstück der Kläger ist zwar -wohl aufgrund seiner weiter abgelegenen Lage- kein Immissionspegel berechnet worden, es lassen sich jedoch aus den berechneten Pegeln für die Immissionsorte 47 und 48 (Mehrfamilienhaus H.------------straße 58, welches auf dem nördlichen Eckgrundstück der nach Westen verschwenkenden H.------------straße unweit des Eingangsbereichs zum Vorhabengrundstück steht) Rückschlüsse auf die Lärmbelastung für das klägerische Grundstück ziehen. Für diese Immissionsorte 47 und 48, für die die Lärmbelastung nach der Ist- Situation (ohne Berücksichtigung des Betriebs der LWL-Schulen und des Betriebs der Erstaufnahmeeinrichtung) bereits je nach Ausrichtung und Stockwerk zwischen 56,6 und 59,3 dB(A) beträgt, ist bei dem zusätzlichen Betrieb der LWL- Schulen für den östlichen, straßenseitigen Immissionsort 48 mit einer Zunahme der Lärmbelastung je nach Stockwerk um 0,3 bis 0,7 dB(A) auszugehen. Für den Richtung Norden liegenden, aber noch straßennahen Immissionsort 47 ergibt sich bei Einstellung des Schulbetriebes stockwerkunabhängig lediglich eine Zunahme von 0,1 dB(A). Bei zusätzlichem Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung (Ausbaustufe 1 ohne Berücksichtigung weiterer Einrichtungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge) ergab sich für den Immissionsort 47 keine Pegelerhöhung, also keine Zunahme der Lärmbelastung gegenüber der Ist- Situation. Für den Betrieb der LWL- Schulen war die Beklagte basierend auf Angaben des Landschaftsverbandes und eigener Abschätzung der Verkehrserzeugung von 512 zusätzlichen Fahrten mit Fahrzeugen ausgegangen (502 Pkw-Fahrten und 10 Lkw-Fahrten). Für den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung war die Beklagte von zusätzlichen 110 Fahrzeugbewegungen ausgegangen. Unabhängig von der Frage, ob die in diesem Zusammenhang angesetzten Verkehrszahlen zutreffend oder möglicherweise zu hoch (LWL-Schulen) oder zu niedrig (Erstaufnahmeeinrichtung) angesetzt worden sind, ergibt sich jedenfalls bei Einstellung von zusätzlichen 512 Fahrten in die Berechnung die oben dargestellte geringe Zunahme der Lärmbelastung für den Immissionsort 47. Hieraus lässt sich schließen, dass das deutlich weiter als die Immissionsorte 47 und 48 von der Verkehrslärmquelle entfernt liegende und durch andere Häuser abgeschirmte Wohnhaus der Kläger durch zusätzliche 512 Fahrzeugbewegungen, sei es durch den Schulbetrieb, sei es durch den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung, keine relevante Zunahme der ohnehin bestehenden Lärmbelastung hinzunehmen hat(te). In diesem Zusammenhang bewertet das Gericht auch die von der Klägerseite vorgelegten Ergebnisse der von den Anwohnern durchgeführten Verkehrszählungen am 22. Juli, 26. Juli und 17. September 2013. Diese hatten im Wesentlichen im Tageszeitraum in Richtung Erstaufnahmeeinrichtung und aus Richtung der Erstaufnahmeeinrichtung 599, 630 und 707 Fahrzeugbewegungen (im Wesentlichen Pkw, aber auch VAN, Kleintransporter, Lkw und Busse) gezählt. In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Kläger auf Nachfrage des Gerichts klargestellt, dass die Verkehrszählungen an der Straßenecke H.------------straße /S. durchgeführt worden seien. Damit ist bezogen auf den eingenommenen Standort auf Höhe der Straße S. auch der gesamte Anliegerverkehr in Richtung Norden und aus Richtung Norden kommend in die Verkehrszählung eingeflossen. Der Anliegerverkehr kann aufgrund der nördlich der Straße S. noch vorhandenen weiteren Wohnhausbebauung, die nur über die H.------------straße erreicht werden kann, nicht als unerheblich angesehen werden. Die Beklagte hatte in ihrer schalltechnischen Untersuchung bei Betrachtung der Ist-Situation für den Bereich H.------------straße nördlich S. 460 Kfz in 24 Stunden (27 Fahrzeuge pro Stunde am Tag und 5 Fahrzeuge pro Stunde in der Nacht mit jeweils 2 % Lkw-Anteil) zugrunde gelegt. Diese Zahlen dürften auf einer zuvor durchgeführten Verkehrszählung basieren. Aus diesen Gründen ist die von den Anwohnern durchgeführte Verkehrszählung (deutlich) zu relativieren. Aber auch wenn unterstellt wird, dass der durch die Erstaufnahmeeinrichtung ausgelöste Fahrzeugverkehr in dem von den Anwohnern gezählten Umfang stattfindet, ist aufgrund der Lage des klägerischen Grundstücks nicht ersichtlich, dass die Kläger bei etwas höheren Verkehrszahlen als den für den Schulbetrieb eingestellten durch die mit dem Fahrzeugverkehr verbundenen Immissionen nunmehr erstmalig unzumutbar beeinträchtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn eingestellt wird, dass die Einrichtung für die Asylbewerber ganzjährig täglich betrieben wird und die Schulen einschließlich Internat nur werktags während der Schulzeit betrieben wurden.
109Vom Fußgängerverkehr auf der Richtung Norden zur Einrichtung verlaufenden H.------------straße sind die Kläger darüber hinaus nicht betroffen.
110Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die Nachtzeit. Wenn die nächtliche Ankunft von Asylsuchenden in der Einrichtung tatsächlich auch für sie -wie im Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 nur allgemein vorgetragen- in besonderem Maße störend wäre, so wäre zudem von den Klägern hierzu ein substantiierter Vortrag zu erwarten gewesen. Verkehrszählungen in der Kernzeit in der Nacht sind von den Anwohnern nicht durchgeführt worden. Soweit in den frühen Morgenstunden und späten Abendstunden Zählungen durchgeführt worden sind, liegen die Zahlen deutlich unter den Verkehrszahlen am Tag. Zudem muss auch insoweit der Anliegerverkehr berücksichtigt werden.
111Hinsichtlich der geltend gemachten Verschlechterung der Verkehrssituation auf der H.------------straße haben die Kläger nichts mehr vorgetragen. Das Gericht weist hier über die Ausführungen im zugehörigen Beschluss im Eilverfahren noch auf Folgendes hin: Auch wenn aufgrund Stellplatz- und Parkplatzmangels auf der H.------------straße beidseitig geparkt wird, ist aufgrund der Breite der Straße Begegnungsverkehr von Fahrzeugen möglich. Dies wird von den Klägern auch nicht in Abrede gestellt. Im Zuge des Verfahrens zur Änderung Nr. 9 des Bebauungsplans We 135 -I. - ist seitens des Tiefbauamtes der Beklagten eine verkehrstechnische Untersuchung vorgenommen worden -den Prozessbevollmächtigten der Kläger ebenfalls durch Akteneinsichtnahme bekannt- mit dem Ergebnis, dass große Reisebusse und Fahrzeuge der Feuerwehr ohne Probleme unter Sicherung des Freihaltebereichs von der Straße S. (Behelfsausfahrt B 54) in die H.------------straße abbiegen können. Die Befahrbarkeit im weiteren Straßenverlauf (Fahrbahnbreite ca. 6,20 m) sei in Anbetracht der örtlichen Verkehrsverhältnisse mit angemessener Geschwindigkeit möglich. Zur Abwicklung des Gegenverkehrs seien allerdings in angemessenen Abständen ggf. Ausweichstellen vorzuhalten (genauere Prüfung vorbehalten), die durch geeignete verkehrsregelnde Maßnahmen vom ruhenden Verkehr dauerhaft freizuhalten seien.
112Im Weiteren verbleibt es dabei, dass die Kläger sich auf den Gebietsgewährleistungsanspruch nicht berufen können. Der Eingangsbereich der Erstaufnahmeeinrichtung liegt nicht im Allgemeinen Wohngebiet. Vor der Einfahrt zur Erstaufnahmeeinrichtung befindet sich eine Toranlage. Ausweislich der 7. Änderung des Bebauungsplans We 135- I. - aus dem Jahre 1976, die durch die dem Gericht vorliegende Planurkunde dokumentiert wird, ist die zwischen der Fläche für den Gemeinbedarf -Gehörlosenschule- und dem Allgemeinen Wohngebiet, in dem das Grundstück der Kläger liegt, sowie dem Bereich der öffentlichen Straße verlaufende Begrenzungslinie in Breite der Straße nach Süden versetzt worden. Ausweislich der beigezogenen Begründung geschah dies seinerzeit wegen der ständigen Zunahme des Spezialschulbusverkehrs. Die Zufahrt und damit verbunden die Toranlage im Eingangsbereich von der H.------------straße musste abweichend vom Bebauungsplan um 4 m nach Süden versetzt werden. Die Maßnahme war erforderlich, um den Schulbussen ein sicheres und leichtes Ein- und Ausfahren zu ermöglichen. Mit dem Versetzen der Begrenzungslinie nach Süden sind die Toranlage und der nördlich davon liegende Bereich planungsrechtlich der Gemeinbedarfsfläche zugeordnet worden. Das Vorbringen, der Eingangsbereich der Erstaufnahmeeinrichtung liege in (ihrem) Allgemeinen Wohngebiet, ist von den Klägern in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrecht erhalten worden. Es wurde vielmehr geltend gemacht, dass der (störende) Betrieb vor dem Tor im Allgemeinen Wohngebiet stattfinde. Dieses Vorbringen vermag jedoch einen Gebietsgewährleistungsanspruch nicht zu begründen; es verbleibt bei der Festsetzung unterschiedlicher Nutzungsarten, die im Bebauungsplan voneinander abgegrenzt werden. (Verkehrs-)Vorgänge vor dem Eingangsbereich der Erstaufnahmeeinrichtung im Bereich der öffentlichen Straße mögen der Erstaufnahmeeinrichtung unter Immissionsgesichtspunkten zuzurechnen sein, sie können jedoch keinesfalls zu der Annahme führen, die Erstaufnahmeeinrichtung liege (teilweise) im Allgemeinen Wohngebiet, zumal im Bebauungsplan auch die Wohngebiete und der öffentliche Straßenraum durch eine Begrenzungslinie voneinander abgegrenzt sind.
113Das Gericht sieht sich schließlich veranlasst, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben der Beklagten unter nachbarrechtlichen Gesichtspunkten ausschließlich bei bestimmungsgemäßem Betrieb zu betrachten ist. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist ausschließlich die erteilte Baugenehmigung einschließlich der Befreiung. Aus den Bauvorlagen, die Gegenstand der Baugenehmigung und der Befreiung sind, geht eindeutig hervor, dass die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende beschränkt ist auf eine Regelbelegung mit 300 Personen, eine Notfallkapazität wurde mit weiteren 50 Flüchtlingen berücksichtigt. Nach den Bauvorlagen ist von einer Gesamtzahl von 350 untergebrachten Asylsuchenden in der Einrichtung auszugehen. Wenn es in der Vergangenheit oder aber gegenwärtig zu einer (deutlichen) Überbelegung der Einrichtung gekommen ist oder kommt, berührt dies nicht die erteilte Baugenehmigung unter nachbarrechtlichen Gesichtspunkten. Die Kläger haben zwar darauf hingewiesen, dass eine Überbelegung vorprogrammiert sei, da die Aufnahmekapazitäten bei den (derzeitigen) hohen Flüchtlingszahlen nicht ausreichten; dies allein führt jedoch nicht zur (Nachbar-)Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Es ist der Beklagten grundsätzlich möglich, die Höchstbelegungsgrenze (im Wesentlichen) einzuhalten. Falls sich zeigt, dass die Kapazitäten nicht ausreichen, sind die Asylsuchenden anderweitig unterzubringen. Dies ist der Beklagten im Zusammenwirken mit dem aufnahmepflichtigen Land O. - X1. grundsätzlich möglich. Die Kläger haben auch die Möglichkeit, sich bauordnungsrechtlich an die Beklagte bzw. die Aufsichtsbehörde zu wenden und ein bauaufsichtsrechtliches Einschreiten zu verlangen, wenn die Höchstbelegungsgrenze nicht eingehalten wird und sie hierdurch in ihren Nachbarrechten verletzt werden. In diesem Zusammenhang steht den Klägern auch der Rechtsweg offen.
114Soweit am Tag (wesentlich) mehr Menschen zur Erstaufnahmeeinrichtung anreisen als dort untergebracht werden können, werden diese nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung mit Bussen in andere Einrichtungen in O. - X1. verbracht. Dazu ist zu bemerken, dass es sich um eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende handelt; der Zustrom von Menschen zur Einrichtung kann daher naturgemäß schwerlich von vornherein geplant und reglementiert werden. Soweit sich aus dem Verbringen von Asylsuchenden in andere Einrichtungen höhere Verkehrszahlen ergeben, sind diese aber in die von den Anwohnern durchgeführten Verkehrszählungen eingeflossen. Dazu gelten die obigen Ausführungen.
115Schließlich ist auch der Hinweis der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass alle Beeinträchtigungen in einer Gesamtschau zu sehen seien, nicht zielführend. Eine Rechtsgrundlage für ein nachbarliches Abwehrrecht der Kläger gegen das Vorhaben der Beklagten ist damit nicht dargetan.
116Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.
117Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
Tenor
Der Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 - Golfresort - der Gemeinde C. -I. ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 ‑ Golfresort - der Antragsgegnerin (im Weiteren: Bebauungsplan), welcher die planungsrechtliche Grundlage für die Umgestaltung und Erweiterung des Golfplatzes „T. N. “ bilden soll. Dieser Golfplatz liegt im westlichen Gemeindegebiet der Antragsgegnerin und ist auf der Grundlage des Bebauungsplans U. -N. Nr. 5 - Golfanlage und Landschaftspark - „T. N. “ entstanden, der seit 1997 Geltung beansprucht und im Jahre 2007 geändert worden ist.
3Das Plangebiet des streitigen Bebauungsplans entspricht im Wesentlichen dem des Bebauungsplans U. -N. Nr. 5. Es umfasst eine Fläche von ca. 150 ha. Die äußeren Grenzen des Bebauungsplans bilden im Norden die zurzeit stillgelegte Eisenbahntrasse mit Ausnahme der Hofstelle E. , im Osten die C1. Straße (L 18) mit Ausnahme der Wohngrundstücke Nrn. 7, 9 und 13, im Westen die N1. Allee (K8) mit Ausnahme der Nrn. 22 und 24 und im Süden die C2.-----straße 57 (L. Straße). Das Plangebiet schließt im Westen direkt an den Geltungsbereich des Bebauungsplans U. -N. Nr. 3 an. Dieser bildet die planungsrechtliche Grundlage u.a. für das T. N. mit C3. Museum, dem historischen Schlosspark und einer Hotelanlage.
4Die Antragstellerin ist Eigentümerin des zur ehemaligen Hofstelle C4. gehörenden wohnbebauten Grundstücks L. Straße 2 in C. -I. (Gemarkung U. -N. , Flur 18, Flurstück 64) und zweier angrenzender Flurstücke (Gemarkung U. -N. , Flur 18, Flurstück 69 sowie Flur 21, Flurstück 56). Das Anwesen der Antragstellerin liegt innerhalb der aufgeführten Grenzen des Bebauungsplans, wird aber mit Ausnahme des Flurstücks 56, das mit einer Hecke bepflanzt ist, von dessen Geltungsbereich inselartig ausgenommen. Das Anwesen wird über einen drei Meter breiten Weg zur L. Straße (C2.-----straße 57) erschlossen. Der Weg verläuft im Plangebiet auf der Wegeparzelle, Gemarkung U. -N. , Flur 18, Flurstück 91, und ist über eine im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit zugunsten des Anwesens der Antragstellerin gesichert. Im Bebauungsplan U. -N. Nr. 5 - Golfanlage und Landschaftspark - „T. N. “ war der Weg als eine mit einem Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu belastende Fläche festgesetzt.
5Die Antragstellerin und ihr Ehemann hatten das Hofgrundstück aufgrund eines notariellen Kaufvertrags vom 9. Dezember 1977 von dem Eigentümer (Baron von T1. ) erworben. Die weiteren Flächen hatte der verstorbene Ehemann der Antragstellerin mit Kaufvertrag vom 13. August 1979 dazu erworben und das angrenzende Flurstück, Gemarkung U. -N. , Flur 18, Flurstück 86, das ebenfalls von den Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans ausgenommen ist, angepachtet. Aufgrund der Kaufverträge wurden jeweils Wegerechte zugunsten der erworbenen Grundstücke eingetragen. Der jeweilige Eigentümer erhielt das Recht, den Weg zur C5.----straße B 57 in einer Breite von 3 m zum Gehen und Fahren mit Fahrzeugen aller Art zu benutzen und dieses beliebigen Dritten zu gestatten. Ergänzend wurde vereinbart, dass der jeweils Wegerechtsberechtigte auf das Wegerecht verzichten und dessen Löschung im Grundbuch bewilligen muss, wenn der Eigentümer den Weg aufheben, in unmittelbarer Umgebung keinen neuen Weg einrichten will und eine andere zumutbare Zuwegung zu dem berechtigten Anwesen gegeben ist bzw. wird.
6Anlass der streitigen Planung war ein Projekt der inzwischen in Insolvenz gefallenen T. N. Golfresort GmbH. Diese plante als Vorhabenträgerin die Restaurierung und Erweiterung der im Plangebiet vorhandenen Golfanlage. Die Planbegründung führt dazu aus: Durch die Überplanung und Erweiterung solle ein Golfresort von höchstem europäischem Standard entstehen, welches zur Verbesserung der Erholungsnutzung in dieser Region beitragen und für einen Aufschwung im Bereich Tourismus sorgen solle. Dazu solle die bestehende Anlage auf eine 18 + 18 Loch-Clubanlage und um eine Golfakademie mit Übernachtungsmöglichkeiten und Golfübungsanlage für jedermann erweitert werden.
7Zur Umsetzung dieser Zielsetzung sind weite Teile des Plangebiets als „private Grünfläche - Zweckbestimmung Golfplatz“ festgesetzt. Von dieser Festsetzung wird sowohl das der Antragstellerin gehörende Heckengrundstück (Grundstück U. -N. , Flur 21, Flurstück 56) als auch die Zufahrt zum C4. erfasst. Der Plan sieht eine andere Zuwegung zu dem Anwesen vor. Sie soll weiter westlich verlaufen, damit die einzelnen Golfbahnen wie vorgestellt verwirklicht werden können. Hier findet sich die Festsetzung einer mit einem Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu belastenden Fläche. Als Verkehrsflächen sind u.a. Rad- und Fußwegflächen ausgewiesen.
8Im Weiteren sind insgesamt vier Sondergebietsflächen festgesetzt. Das im westlichen Planbereich gelegene Sondergebiet erfasst die ehemalige zur N1. Allee ausgerichtete Hofstelle I1. L1. . Das Sondergebiet will mit der Zweckbestimmung „P/W – Pflegestützpunkt und Wohnung Platzwart“ die Nutzung der bestehenden Gebäude festsetzen (vgl. Planbegründung unter 6.1 S. 10). Hier soll das bestehende Hofgebäude durch Umbau und Restaurierungsarbeiten als Pflegestützpunkt mit Büro, Werkstatt, Maschinen- und Gerätelager, Aufenthaltsräumen und Wohnung für den Betriebsleiter erstellt werden. Auf der Fläche der bestehenden Scheune soll ein neues Gebäude als überdachtes Lager und als Tankstelle errichtet werden. Neben dem Hauptgebäude soll ein Waschplatz eingerichtet werden. Eine semimobile Containeranlage soll auf dem Grundstück für die Versorgung der Mitarbeiter und als Übernachtungsmöglichkeit für Saisonarbeiter errichtet werden. Notwendige Entwässerungsanlagen würden im Zuge der Umbaumaßnahmen errichtet werden. Es würden keine zusätzlichen Gebäude errichtet.
9Ein zweites Sondergebiet liegt in der Mitte der südlichen Grenze des Plangebiets im Bereich der ehemaligen Hofstelle X. . Ihm ist im Wesentlichen die Nutzung „GA-Golfakademie mit Übernachtung“ zugewiesen. Hier soll, so die Planbegründung (vgl. dort unter 6.1 S. 10 f.) das bestehende Gebäude des ehemaligen Pflegestützpunktes umgebaut und um 28 Appartements für Übernachtungsgäste der Golfakademie erweitert werden. Das bestehende Sanitärgebäude werde erweitert zur Nutzung als Sanitär- und Wellnessbereich. Die bestehende Abschlagshütte der Driving Range werde zu Seminarräumen umgebaut. Als Erweiterung für die Übernachtungsgäste werde nördlich des jetzigen Pflegehofes ein Neubau von ca. 38,99 x 11,00 m errichtet. Für die Nutzung der neuen Driving Range werde eine neue Abschlaghütte von 50,00 x 11,00 m festgelegt. Die Geschossflächenzahl orientiere sich am Maß der jetzigen Bebauung und werde auf 2,0 festgelegt
10Im Weiteren ist für dieses Sondergebiet eine Fläche „ G/P - öffentliche Gastronomie und Pro Shop“ festgesetzt. Nach der Planbegründung (dort unter 6.1 S. 11) soll eine Nutzungsänderung und Erweiterung der bestehenden Gebäude abgesichert werden. Der öffentliche ProShop werde zur bestehenden Abschlagshütte der Driving Range um ca. 6 m verbreitert. Insgesamt werde der ProShop eine Gesamtfläche von ca. 300 qm erreichen, davon würden ca. 170 qm Verkaufsfläche sein. Das Hauptgebäude des X. Hof werde als Halfway-Haus mit öffentlicher Gastronomie umgebaut. Die Geschossflächenzahl orientiere sich am Maß der jetzigen Bebauung und werde auf 2,0 festgelegt.
11Schließlich wird im Bereich des X1. westlich der kleinen X2.---ring ein Bereich „ST- Stellplätze“ ausgewiesen sowie - östlich der kleinen X2.---ring an den Bereich der Golfakademie anschließend - eine Fläche „V“ festgesetzt, welche nach der Planbegründung der Errichtung von Gastronomie-, Aufenthalts- und Verkaufseinrichtungen bei Veranstaltungen auf dem Golfplatz dienen soll (vgl. dort unter 6.1 S. 11) .
12Das dritte Sondergebiet liegt im Südwesten des Plangebiets im Bereich „Alte Q. /Hotel“ bezeichnet mit „ST-Stellplätze“. Diese sind nach der Planbegründung (vgl. dort unter 6.1 S. 11) für Gäste und Besucher der Alten Q. , des neuen Clubhauses und des Hotels vorgesehen, die allesamt außerhalb des Plangebiets (im Bereich des Bebauungsplan Nr. 3 „T. N. “) liegen. Die Festsetzung erlaube ca. 300 Stellplätze und sei bereits als solche im bestehenden Bebauungsplan festgesetzt. Die Stellplätze würden den einzelnen Nutzungen wie folgt zugeordnet: 50 Stellplätze für den öffentlichen Gasthof Alte Q. , 100 Stellplätze für die Mitglieder und Gäste des Golfclubs und 150 Stellplätze für die Gäste des Hotels.
13Zur Absicherung der notwendigen Ausgleichmaßnahmen sind Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft („NL 1-18“) und Waldflächen festgesetzt. Nach dem Landschaftspflegerischen Begleitplan sind weitere Ausgleichsmaßnahmen auf externen Flächen vorgesehen, die im Eigentum des Barons von T1. stehen.
14Nachrichtlich ist das Plangebiet südlich der (großen) X2.---ring , eines das Plangebiet von Ost nach West durchquerenden Bachlaufs, mit Ausnahme der hier ausgewiesenen Sondergebietsflächen als Fläche eines Landschaftsschutzgebiets gekennzeichnet.
15Das Aufstellungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf.
16Am 19. November 2009 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans U. -N. Nr. 9 - Golf Resort - für im Einzelnen näher bezeichnete Flurstücke und leitete parallel das Verfahren zur 50. Änderung des Flächennutzungsplans ein. In der Zeit vom 14. März 2011 bis zum 29. März 2011 erfolgte die erste Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. März 2011 wandte die Antragstellerin gegen die vorgestellte Bauleitplanung im Wesentlichen ein, die Parzelle 91 (Verkehrsfläche) der Flur 18 der Gemarkung U. -N. , auf der das die Erschließung des C6. sichernde Geh- und Wegerecht zu ihren Gunsten ruhe, sei in der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses nicht bezeichnet. Es gehöre damit nicht zum Plangebiet. Damit würde für die geplanten Spielflächen mit den Nrn. 3, 9 und 11 kein Baurecht begründet.
17In seiner Sitzung am 20. Juli 2011 beschloss der Rat entsprechend der Beschlussvorlage Nr. 74/2011 über die Anregungen im Rahmen der Bürger- und Behördenbeteiligung einen gegenüber dem Aufstellungsbeschluss geänderten, u.a. um das Flurstück 91 erweiterten Planbereich sowie die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans U. -N. Nr. 9 - Golfresort - gemäß § 3 Abs. 2 BauGB. Die Bekanntmachung über die öffentliche Auslegung in der Zeit vom 5. August 2011 bis 5. September 2011 enthielt u. a. den Hinweis, dass der Bebauungsplan mit Begründung und Umweltbericht ausliege.
18Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. August 2011, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 31. August 2011, erhob die Antragstellerin erneut Einwände gegen die Planung. Sie verwies auf ihre Stellungnahme im Planaufstellungsverfahren vom 21. März 2011 sowie auf ihre Eingabe vom 26. August 2010 im Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans, mit der sie neben der Beeinträchtigung ihrer Eigentumsbelange einen Verstoß gegen die Raumordnung sowie verschiedene Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes thematisiert hatte. Vertiefend und ergänzend führte sie aus: Der Bebauungsplan sei insgesamt nicht in der Lage, die durch die Insellage des C6. bestehende Erschließungsproblematik und die Problematik der Lage der Spielfelder in der Nähe zum C4. und seiner Zuwegung angemessen zu bewältigen. Bei Umsetzung des Bebauungsplans verliere der C4. seine Erschließung, denn für die geänderte Wegeführung gebe es kein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht. Die Zuwegung über die Parzelle 91 müsse erhalten bleiben. Das bedinge, dass die vorgesehene Lage der Spielbahnen nicht in der jetzt geplanten Form umgesetzt werden können. Damit ließen sich die gesamten in die Abwägung einzustellenden Belange, namentlich soweit sie den Biotop- und Umweltschutz beträfen, nicht in der beabsichtigten Form verwirklichen. Außerdem befürchte sie für sich und ihre Besucher als Folge der geplanten Annäherung der Spielflächen erhebliche Gesundheitsgefährdungen und Körperschäden aus dem laufenden Spielbetrieb heraus, für die der Bebauungsplan keine hinreichenden Schutzmaßnahmen vorsehe. Unzureichend sei es auch, dass die Ausgleichsflächen für die aufgegebene 9-Loch-Erweiterung unverändert auf die 18-Loch-Erweiterung übertragen worden seien, zumal die zeitweiligen Fließgewässer der L2. X2.---ring verkiest und anstelle der vorhandenen Feuchtbiotope nur noch Trockenbiotope vorgesehen seien. In der geplanten 9-Loch-Erweiterung seien die Feuchtbiotope nicht tangiert gewesen. Der zusätzliche Verlust sei nicht in die Abwägung eingestellt worden.
19In der Sitzung vom 22. September 2011 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die Anregungen im Rahmen der frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung sowie über diejenigen in der Offenlage und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange entsprechend der Beschlussvorlage Nr. 107/2011 sowie der ergänzenden Beschlussvorlage Nr. 107/2011 und den Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 - Golfresort - als Satzung.
20Mit ordnungsbehördlicher Verordnung vom 11. Januar 2012 (veröffentlicht im Amtsblatt für den Regierungsbezirk E1. vom 19. Januar 2012) hob die Bezirksregierung E1. den Landschaftsschutz für die im Plan ausgewiesenen Sondergebietsflächen auf, soweit er noch bestanden hatte.
21Der Bebauungsplan ist - wie die Genehmigung der ebenfalls in der Sitzung am 22. September 2011 beschlossenen 50. Änderung des Flächennutzungsplans durch die Bezirksregierung E1. am 28. Januar 2012 öffentlich bekannt gemacht worden. Am 20. März 2012 unterzeichnete der Fachbereichsleiter Bauen und Planen der Antragsgegnerin in Vertretung des Bürgermeisters den Vermerk auf der Planurkunde, dass dieser Bebauungsplan von dem Rat der Antragsgegnerin am 22. September 2011 als Satzung beschlossen worden sei sowie den entsprechenden Vermerk über die öffentliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 28. Januar 2012.
22Unter dem 19. März 2012 erteilte der Kreis L3. der inzwischen insolventen T. N. Golfresort GmbH eine Baugenehmigung für die Renovierung der bestehenden 18-Loch-Golfanlage und die Erweiterung um 18 weitere Bahnen im T. N. Golfresort. Die Antragstellerin erhob gegen die Baugenehmigung Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht E1. - 11 K 3667/12 -. Zugleich strengte sie eine Unterlassungsklage vor dem Landgericht L3. gegen den Bauherrn an (3 O 138/12). Auf diese Klage untersagte das Landgericht L3. der T. N. Golfresort GmbH mit - inzwischen rechtskräftigem - Urteil vom 19. Oktober 2012 - 3 O 138/12 -, von der Baugenehmigung des Landkreises L3. vom 19. März 2012 insoweit Gebrauch zu machen, als für die Erweiterung der Golfplatzanlage im T. N. Golfresort der zum C4. führende Erschließungsweg in Anspruch genommen werden solle. Daraufhin erklärten die Antragstellerin und die Antragsgegnerin das verwaltungsgerichtliche Verfahren für in der Hauptsache erledigt und entschied das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Juli 2013 - 11 K 3667/12 - über die Kosten des Verfahrens.
23Bereits zuvor am 2. Januar 2013 hatte die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.
24Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus: Sie sei antragsbefugt. Ihr Interesse an der Sicherung der Erschließung ihres Anwesens stelle einen abwägungserheblichen Belang dar. Ihr Rechtsschutzinteresse sei nicht entfallen. Eine die Festsetzungen des Bebauungsplans ausschöpfende Baugenehmigung sei zwar erteilt worden. Von dieser könne aber wegen des von ihr erstrittenen zivilgerichtlichen Urteils auch in Zukunft kein Gebrauch gemacht werden. Sie werde damit nach Ablauf der Frist des § 77 Abs. 1 BauO NRW zwangsläufig unwirksam werden. Auf der Grundlage des Bebauungsplans könne dann jederzeit eine Baugenehmigung neu erteilt werden. Diese wäre zwar wiederum anfechtbar. Ihre Rechtsposition würde sich allerdings bessern, wenn der Bebauungsplan zuvor für unwirksam erklärt würde. Zur Begründung eines Rechtsschutzbedürfnisses genüge eine „reale Chance“ für eine Neuplanung zu Gunsten des Betroffenen. Davon sei angesichts der in diesem Zusammenhang bereits zu ihren Gunsten ergangenen - auch zivilgerichtlichen - Entscheidungen auszugehen. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan sei verfahrensfehlerhaft zustandegekommen. Im Rahmen der Bekanntmachung über den Einleitungsbeschluss zur 50. Änderung des Flächennutzungsplans sei nicht bekannt gemacht worden, dass sich die Änderung auch auf die Parzelle 91 beziehe. In der Bekanntmachung über den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 - Golfresort - sei nicht ersichtlich geworden, dass die Parzelle 91 Bestandteil des Plangebiets sei. In der Bekanntmachung der Offenlage fehlte ebenfalls der Hinweis auf das Flurstück 91 der Flur 18 der Gemarkung U. N. . Die Bekanntmachung zur Öffentlichkeitsbeteiligung habe im Übrigen nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt. Der Hinweis in der Bekanntmachung auf den Umweltbericht sei nicht ausreichend gewesen.
25Der Bebauungsplan weise materielle Fehler auf. Die Planung der Antragsgegnerin nehme dem C4. seine gesicherte Erschließung, ohne dass anderweitig eine Erschließungsmöglichkeit gegeben sei. Das Eigentum am C4. verliere damit jeden Wert. Die Annahme der Antragsgegnerin, sie, die Antragstellerin, sei verpflichtet, eine Änderung der Wegführung des Erschließungswegs zu dulden, sei unrichtig. Zudem liege die nach dem Plan vorgesehene neue Zuwegung zum C4. mitten zwischen den beiden Golfanlagen, unmittelbar zwei Sondergebieten benachbart. Es steht mit Sicherheit zu erwarten, dass die zahlreichen Golfplatzbenutzer eine solche Zuwegung für Caddys, Pflegefahrzeuge aber auch als Radfahrer und Fußgänger benutzen würden. Jedenfalls werde mit einer solchen Planung, welche die Allgemeinheit nicht (mehr) von der Benutzung des Erschließungswegs ausschließe, eine Überlastung einhergehen, welche in die Abwägung durch die Antragsgegnerin nicht eingestellt worden sei. Die diesbezüglichen Bedenken der Straßenverkehrsbehörde seien nicht ausgeräumt worden.
26Eine immissionsschutzrechtliche Prüfung nach den Vorschriften der 18. BImSchV, welche für das geplante Golfresort einschlägig sei, habe nicht stattgefunden. Prüfbare Berechnungen zu den durch die Parkplätze, die beabsichtigten Veranstaltungen, den normalen Spielbetrieb etc. entstehenden Lärmimmissionen seien unterlassen worden. Welche Lärmkontingente wie entstünden, welche Auswirkungen sie u.a. für den vom Golfplatz umschlossenen C4. , aber auch für die Wohnbebauung z.B. an der C1. Straße und der N1. Allee hätten, sei ungeklärt. Maßnahmen zur Einhaltung der Lärmschutzwerte, namentlich in den Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen seien im Bauleitplan nicht enthalten. Die betroffenen Biotope, von denen eines teilweise in ihrem Eigentum stehe, sollten nach der planerischen Absicht der Antragsgegnerin möglicherweise erhalten bleiben. Tatsächlich sei im Zuge der begonnen Bauarbeiten aber bereits in erheblichem Umfang in die Biotope eingegriffen worden. So sei die früher gelegentlich noch wasserführende L4. X2.---ring völlig trocken gefallen. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan der früheren Planung sei noch ausgeführt, dass beide Bäche zumindest geringwasserführend seien. Speziell die Parzelle 63 der Flur 21 sei fast vollständig zugeschüttet und werde jetzt als Wegführung und Erschließungsweg zum vorhandenen Golfplatz genutzt. Ergänzend verweise sie auf ihr Vorbringen im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans sowie im Verfahren zur 50. Änderung des Flächennutzungsplans.
27Die Antragstellerin beantragt,
28den Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 - Golfresort - der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
29Die Antragsgegnerin beantragt,
30den Antrag abzulehnen.
31Sie führt zur Begründung u.a. aus: Der Antragstellerin fehle das Rechtschutzinteresse. Denn die auf der Grundlage des Bebauungsplans U. -N. Nr. 9 - Golfresort - erteilte Baugenehmigung des Kreises L3. vom 19. März 2012 sei zwischenzeitlich bestandskräftig geworden. Die Insolvenz der Vorhabenträgers sei unbeachtlich. Denn die Baugenehmigung sei grundstücks- und nicht personenbezogen. Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Insbesondere sei das Flurstück 91, Flur 18, Gemarkung U. -N. ordnungsgemäß in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen worden. Zwar sei das Flurstück in dem Aufstellungsbeschluss vom 19. November 2009 nicht genannt; die Wirksamkeit eines Bebauungsplans sei indes nicht von einem wirksamen Aufstellungsbeschluss abhängig. Außerdem habe der Rat das maßgebliche Plangebiet vor der Offenlage dahin präzisiert, dass auch das genannte Flurstück zum Plangebiet gehöre. Die Belange der Erschließung des C6. seien hinreichend abgewogen worden. In der Abwägung habe sie sich mit der künftigen Erschließung des Anwesens der Antragstellerin auseinander gesetzt und darauf hingewiesen, dass für den C4. in den Planunterlagen ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen werde. Lediglich der Verlauf der Zuwegung werde verändert, wobei die Zufahrt an der B 57 wie vorhanden bestehen bleibe. Es sei nicht zu befürchten, dass der Weg künftig unberechtigt durch Radfahrer und Fußgänger genutzt werde. In Absprache mit dem Straßenbaulastträger der B 57, dem Landesbetrieb Straßen NRW, könnten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um unqualifizierten Radverkehr über die Zufahrt zum C4. zu verhindern. In der Abwägung sei als in Betracht kommende Maßnahme ausdrücklich die Errichtung einer Toranlage an den beiden Querungen für Golfspieler genannt. Gleiches komme für den Einmündungsbereich zur B 57 in Betracht. Dem festgesetzten Geh-, Fahr- und Leitungsrecht stünden auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegen. Nach dem Auszug aus dem notariellen Kaufvertrag vom 9. Dezember 1977 zwischen Baron von T1. und den Eheleuten F. und I. U. müsse der jeweils Berechtigte nach Ziffer 7 des Vertrags auf das Wegerecht verzichten und dessen Löschung im Grundbuch bewilligen, wenn der Eigentümer der Wegefläche den Weg aufheben, in unmittelbarer Umgebung keinen neuen Weg einrichten wolle und eine andere zumutbare Zuwegung zu dem hier berechtigten Anwesen gegeben sei bzw. werde. Wie sich aus Ziffer 4.13 des Annex D des Notarvertrags vom 18. August 2009 ergebe, habe sich der Grundstückseigentümer, Herr Baron von T1. , gegenüber der F1. G. GmbH (Muttergesellschaft der Golfresort N. GmbH) verpflichtet, die Verlegung des Wegerechts zu betreiben, sofern dies für die Umsetzung der Planung erforderlich sein sollte. Immissionsschutzrechtlich sei die Planung ebenfalls nicht zu beanstanden. Golf gehöre nicht zu den lärmintensiven Sportarten. Für die Berechnung von Sportlärm existierten drei anerkannte Berechnungshilfen, die Hinweise auf die kennzeichnenden Geräuschemissionen der jeweiligen Sportarten enthielten. Golfen sei dabei nicht erfasst. Dies belege, dass die Geräuschemissionen eines Golfplatzes im Hinblick auf die 18. BImSchV von der fachwissenschaftlichen Seite als zu vernachlässigender Aspekt angesehen werden. Auch sei der 18. BImSchV im Rahmen der Bauleitplanung nur eine mittelbare Bedeutung beizumessen. Insbesondere dürfe berücksichtigt werde, wenn z.B. durch Auflagen im Baugenehmigungsverfahren oder durch angemessene Beschränkungen des Sportbetriebs Richtwertüberschreitungen vermieden werden könnten. Im Übrigen belege das unter dem 29. Oktober 2013 vorsorglich erstellte schalltechnische Gutachten der Firma B. , dass die Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV mit Blick auf alle in Betracht kommenden Emissionsquellen eingehalten würden: Das Golfspielen, der Betrieb der Driving Range und der Golfakademie, die Gastronomie, die Veranstaltungsflächen sowie die Geräusche des Parkplatzes und das Rasenmähen seien dabei eingestellt worden. Die Ausnahmen bezögen sich auf das Golfspielen bzw. den Betrieb der Driving Range zur Nachtzeit, wobei ein Spielbetrieb nachts im Regelfall schon allein aufgrund der Lichtverhältnisse ausscheide. Damit sei belegt, dass der Plan nicht vollzugsunfähig sei. Im Zuge der begonnenen Bauarbeiten sei nicht in Biotope eingegriffen worden. Dies habe ein auf Veranlassung der Oberen Wasserbehörde am 9. Februar 2011 durchgeführter Ortstermin ergeben.
32Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungs- und Verwaltungsvorgänge betreffend den streitigen Bebauungsplan, den Vorgängerbebauungsplan U. -N. Nr. 5 und die 50. Änderung des Flächennutzungsplans Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Der Antrag ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II).
35I.1. Die Antragstellerin ist im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
36Nach dieser Vorschrift kann ein Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein, oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen als die in § 42 Abs. 2 VwGO enthaltenen. Es genügt danach, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird.
37Macht ein Antragsteller - wie hier der Sache nach die Antragstellerin - eine Verletzung des Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB geltend, muss er einen eigenen Belang benennen, der nach Lage der Dinge von der planenden Gemeinde bei der Abwägung zu beachten war. Nicht jeder Belang ist in der Abwägung zu beachten, sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Die Abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich im Weiteren nur auf solche schutzwürdigen - planbedingten - Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat.
38Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011- 4 BN 42.10 -, BauR 2011, 1641 = juris Rn. 3,m. w. N.
39Davon ausgehend ist die Antragstellerin antragsbefugt.
40Die Antragstellerin kann geltend machen, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan sie in eigenen abwägungserheblichen Belangen der Erschließung und Erreichbarkeit ihrer Hofstelle betrifft (§ 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB).
41Die in ihrem Eigentum stehende Hofstelle C4. wird von dem Plangebiet insgesamt umschlossen. Die derzeit einzige vorhandene Zuwegung zum öffentlichen Verkehrsraum ist in dem Plangebiet weder als (private) Verkehrsfläche ausgewiesen noch als eine mit einem Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu belastende Fläche festgesetzt. Stattdessen ist an anderer Stelle des Plans eine mit einem Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu belastende Fläche als Zuwegung festgesetzt. Die Antragstellerin wird mit ihrer grundbuchrechtlichen Sicherung einer bestehenden Zufahrt danach quasi auf den Bestand gesetzt. Die alternativ vorgesehene Zufahrt stellt insoweit keine gleichwertige Erschließungsvariante dar, als sie mit weiteren Einschränkungen verbunden ist, was ihre Lage, ihre Länge und ihr Ausbauzustand angeht. Der Abwägungserheblichkeit dieser Interessenlage steht die erklärte Bereitschaft des Wegeeigentümers, ggfs. die Zufahrt anzulegen und der Antragstellerin zu Gunsten ihres Grundbesitzes ein entsprechendes Wegerecht einzuräumen, nicht entgegen. Davon ist auch die Antragsgegnerin im Ausgangspunkt ausgegangen. Sie hat nur im Rahmen ihrer Abwägung die für die Planung sprechenden Belange als gewichtiger erachtet. Die Berechtigung dessen ist keine Frage der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags.
42Im Übrigen wird das mit einer Hecke bewachsene Grundstück der Antragstellerin (Gemarkung U. -N. , Flur 21, Flurstück 56) erstmals fremdnützig überplant, was ebenfalls ihre Antragsbefugnis eröffnet. Zwar wurde diese Parzelle bereits durch den Vorgängerplan erfasst. Die neuerlichen Festsetzungen enthalten aber gegenüber den Regelungen des Ausgangsplans eine weitergehende Beschränkung. Bisher war die Fläche „nur“ als private Grünfläche festgesetzt ohne weitere Zweckbestimmung. Sie war umgeben von den Flächen Nrn. 9 und 10 für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (Kompensationsmaßnahmen). Nach den neuerlichen Festsetzungen nimmt die Fläche an der Zweckbestimmung „Golfplatz“ teil.
43Im Weiteren kann sich die Antragstellerin zur Begründung ihrer Antragsbefugnis darauf berufen, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan sie in eigenen abwägungserheblichen Belangen des Lärmschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 a), c) und e) BauGB) berührt.
44Allerdings bedingt nicht jede planbedingte Lärmzunahme die Antragsbefugnis. Dies bewirken nur Veränderungen, welche die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, wobei auch eine planbedingte Lärmzunahme unterhalb der maßgeblichen Grenz- und Richtwerte - oder möglicherweise sogar unterhalb der Wahrnehmbarkeit für das menschliche Ohr - grundsätzlich zum Abwägungsmaterial gehören kann. Was davon ausgehend im Einzelfall zu gelten hat, lässt sich nur unter Einbeziehung des konkreten Sachverhalts wertend beurteilen und nicht anhand fester Maßstäbe.
45Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2011- 4 BN 22.11 -, BauR 2012, 76 = juris Rn. 5, vom 24. Mai 2007 - 4 BN 16.07 -, BRS 71 Nr. 35 = juris Rn. 10, und vom 8. Juni 2004 - 4 BN 19.04 -, BRS 67 Nr. 19 = juris Rn. 6, und vom 19. August 2003 - 4 BN 51.03 -, BRS 66 Nr. 59 = juris Rn. 3.
46Davon ausgehend kann die Antragstellerin geltend machen, der Bebauungsplan werde ihr Grundstück voraussichtlich einer mehr als geringfügigen, d.h. abwägungsrelevanten Lärmzunahme aussetzen. Das lässt sich bereits aus der Lage ihres Wohnhauses inmitten des Golfplatzes und seiner besonderen Nähe zu der im Bebauungsplan mit „V“ gekennzeichneten Sondergebietsfläche ableiten, einer Veranstaltungsfläche, die der Errichtung von Gastronomie-, Aufenthalts- und Verkaufseinrichtungen bei Veranstaltungen auf dem Golfplatz dienen soll. Zwar handelt es sich bei Golf um keine lärmintensive Sportart.
47Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 18. März 1994 - 10a D 63/92.NE -, NVwBl. 1994, 30 = juris Rn 1.
48Dessen ungeachtet ist vorliegend einzustellen, dass - wie sich aus dem schalltechnischen Gutachten der B. GmbH vom 29. Oktober 2013 ergibt ‑ von einer bloß geringfügigen Lärmentwicklung, die im Rahmen der Abwägung von vornherein hätte vernachlässigt werden können, nicht ausgegangen werden kann. Beim Spielbetrieb innerhalb der Ruhezeit ergibt sich nach dem Lärmgutachten ein Wert von 53 dB(A), der damit deutlich über dem Schutzniveau für ein allgemeines Wohngebiet liegt und sich dem vom Gutachter für die Wohnnutzung der Antragstellerin angelegten Schutzniveau für ein Dorfgebiet durchaus nähert. Für abends und Sonntagmittag in den Ruhezeiten ist zudem ein Gesamtbeurteilungspegel von 52,8 dB(A) ausgewiesen. Für die Nachstunden sind ebenfalls Szenarien betrachtet, deren Lärmentwicklung mit Werten über dem Schutzniveau eines allgemeinen Wohngebiets (42 dB(A) bzw. 40,4 dB(A)) liegt.
492. Die Antragstellerin ist mit ihren Einwendungen nicht gemäß § 47 Abs. 2 a) VwGO präkludiert. Sie hat im Rahmen der öffentlichen Auslegung Einwendungen erhoben. Sie hat den Normenkontrollantrag auch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt.
503. Dem Normenkontrollantrag fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
51Das Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin gerät nicht dadurch in Wegfall, dass der Landkreis L3. der T. N. Golfresort GmbH im März 2012 die Baugenehmigung für die Renovierung der bestehenden Golfanlage und Erweiterung um 18 weitere Bahnen erteilt hat.
52Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag fehlt (nur), wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweisen würde, weil der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des angefochtenen Bebauungsplans keine tatsächlichen Vorteile ziehen und auch seine Rechtsstellung (aktuell) nicht verbessern kann.
53Vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2008 - 4 BN 13.08 -, BRS 73 Nr. 51 = juris Rn. 5, und vom 19. November 2007 - 4 BN 49.07 -, BRS 71 Nr. 44 = juris Rn. 2, Urteil vom 23. April 2002- 4 CN 3.01 -, BRS 65 Nr. 50 = juris Rn. 9 f.
54Dies kann der Fall sein, wenn der Antragsteller ausschließlich Festsetzungen bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben bestandskräftig genehmigt und vollständig verwirklicht worden sind. Anders verhält es sich aber, wenn die Erreichung wesentlicher Planungsziele noch aussteht,
55vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 - 4 CN 5.99 ‑, BRS 62 Nr. 47 = juris Rn. 15, Beschluss vom 8. Februar 1999 - 4 BN 55.98 -, NVwZ 2000, 194 = juris Rn. 5,
56oder wenn es möglich erscheint, dass die Gemeinde nach einer Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans zu einer Neuplanung schreitet und die Neuplanung für den Antragsteller günstiger als die für unwirksam erklärte ausfallen könnte.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 1992 ‑ 4 NB 22.92 -, juris Rn. 10.
58Legt man diese Maßstäbe an, fehlt dem Normenkontrollantrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Bewertung des Bebauungsplans als unwirksam kann für die Antragstellerin auch nach der Erteilung der Baugenehmigung für die Erweiterung des Golfplatzes unter Inanspruchnahme der bestehenden Zuwegung des C6. noch vorteilhaft sein. Zwar mag die Baugenehmigung die Festsetzungen insbesondere im Bereich der vorhandenen Zuwegung zum C4. bereits voll ausschöpfen. Auch ist die Genehmigung, nachdem die Anfechtungsklage für erledigt erklärt wurde, der Antragstellerin gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Maßgeblich für die Erledigungserklärung war allerdings das zivilrechtlich gegen den Bauherrn erstrittene Urteil, wonach dieser von der Baugenehmigung insoweit keinen Gebrauch machen darf, als für die Erweiterung der Golfplatzanlage der zum C4. führende Erschließungsweg auf dem Flurstück 91, Flur 18, Gemarkung U. -N. , in Anspruch genommen werden soll. Damit war das Rechtschutzinteresse für eine Anfechtungsklage entfallen. Das Rechtschutzinteresse an der Normenkontrolle ist davon unabhängig. Denn Rechtssicherheit hat die Antragstellerin allein in Bezug auf die erteilte Baugenehmigung gegenüber dem inzwischen in Insolvenz gefallenen Bauherrn erlangt. Außerdem steht zu erwarten, dass die Antragsgegnerin, sollte sich der Bebauungsplan wegen fehlerhafter Erwägungen zum Erschließungsinteresse der Antragstellerin als rechtswidrig erweisen, unbeschadet der Bestandskraft der bereits erteilten Baugenehmigung in einer Neuplanung das geltend gemachte Erschließungsinteresse anders gewichten und die Festsetzungen des Ausgangsplans aufgreifen wird.
59II. Der Antrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan weist in formeller wie materieller Hinsicht Fehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führen.
601. Der Bebauungsplan ist bereits formell fehlerhaft und damit unwirksam, weil er nicht ordnungsgemäß ausgefertigt worden ist.Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB); als solche sind sie auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB mit der Bekanntmachung in Kraft treten. Dies folgt schon aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatsprinzip.
61Vgl. zu dieser Anforderung: BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 1999 - 4 B 129.98 -, BRS 62 Nr. 29 = juris Rn. 4, und vom 9. Mai 1996 - 4 B 60.96 -, BRS 58 Nr. 41 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 22. März 2011 - 2 A 371/09 -, juris Rn. 34 ff. m. w. N.
62Mit der Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische Gegenstand der Satzung mit dem Willen des Rats im Zeitpunkt der Beschlussfassung übereinstimmen. Dabei reicht es für die Wirksamkeit einer Ausfertigung eines Bebauungsplans mangels ausdrücklicher normativer Vorgaben im maßgeblichen Landesrecht für das Land Nordrhein Westfalen aus, dass eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der Bürgermeister oder ein vom ihm gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GO NRW damit beauftragter Beamter oder Angestellter zeitlich nach dem Ratsbeschluss und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen hat.
63Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. März 2011 - 2 A 371/09 -, juris Rn. 34 ff., und vom 31. Juli 2013- 7 D 15/12.NE -, juris Rn. 67 und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, juris Rn. 58.
64Diesen Anforderungen ist hier nicht genügt. Der entsprechende Vermerk auf der Planurkunde ist erst am 20. März 2012 unterzeichnet worden und somit nach der am 28. Januar 2012 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung. Als Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gültigkeitserfordernis stellt die unterbliebene Ausfertigung stets einen beachtlichen Mangel dar. Diesen hat die Antragsgegnerin trotz entsprechenden Hinweises des Senats nicht gemäß § 214 Abs. 4 BauGB geheilt.
65Es kann daher dahinstehen, ob auch ein beachtlicher Verstoß gegen § 3 Abs. 2 BauGB vorliegt und dieser unbeschadet des § 215 BauGB weiterhin beachtlich ist.
662. Der Bebauungsplan ist auch wegen materieller Fehler unwirksam.
67Der Bebauungsplan ist zwar in seiner Gesamtkonzeption städtebaulich erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (2.1). Das Regelungsgefüge zur Umsetzung weist indes Mängel auf, welche die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung durchgreifend in Frage stellen, jedenfalls aber auf einen relevanten Verstoß gegen das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB führt. (2.2). Wiederum keiner Vertiefung bedarf es daher, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Erschließungs- und Lärmschutzinteressen hinreichend berücksichtigt worden sind. Bei einer etwaigen Fortsetzung der Planung wird die Antragsgegnerin auf diese Interessenlage besonders zu achten haben (2.3).
682.1 Was i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Ein Bebauungsplan, der städtebauliche „Unordnung“ schafft, ist nicht erforderlich. Nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind auch Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
69Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 ‑, BauR 2013, 1399 = juris Rn. 9, und vom 27. März 2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 9, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 ‑, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4.
70Nach diesen Grundsätzen begegnet die städtebauliche Erforderlichkeit des Bebauungsplans im Grundsatz keinen Bedenken.
71Der Bebauungsplan ist an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet. Er dient nach der Planbegründung (siehe dort S. 3) dazu, durch Ausbau und Erweiterung der vorhandenen Golfanlage ein Golfresort von höchstem europäischem Standard zu entwickeln, welches zur Verbesserung der Erholungsnutzung in der Region beitragen und für einen Aufschwung im Bereich Tourismus sorgen soll. Darin ist eine positive städtebauliche Planungskonzeption zu sehen im Interesse der städtebaulichen Belange aus § 1 Abs. 6 Nr. BauGB - soziale und kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung sowie Belange von Sport, Freizeit und Erholung - sowie § 1 Abs. 6 Nr. 8a) und Nr. 8c) BauGB - Belange der Wirtschaft/ Schaffung von Arbeitsplätzen. Dafür, dass diese Zielsetzungen nur vorgeschoben gewesen wären und ohne jede städtebauliche Zielvorstellung allein die privaten monetären Interessen des damaligen Investors gefördert werden sollten, fehlt jeder Anhalt.
72Dem angefochtenen Bebauungsplan fehlt es auch nicht wegen Vollzugsunfähigkeit an der städtebaulichen Erforderlichkeit.
73Die Gemeinde darf allerdings keinen Bebauungsplan aufstellen, für dessen Verwirklichung keine Perspektive besteht. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein Bebauungsplan allerdings nur dann nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich, wenn er aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer vollzugsunfähig ist oder auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet und damit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung verfehlt. Diese Voraussetzungen können nicht nur dann erfüllt sein, wenn eine Verwirklichung der Planung an genehmigungsrechtlichen Anforderungen scheitern würde. Ein Fall der generellen ("absoluten") Vollzugsunfähigkeit liegt etwa auch dann vor, wenn die Planumsetzung - sei es auch nur aus wirtschaftlichen Erwägungen - nicht in absehbarer Zeit ins Werk gesetzt werden könnte und es sich damit um eine nach § 1 Abs. 3 BauGB unzulässige "Vorratsplanung" handelt. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der Einzelfallwürdigung.
74Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. März 2002- 4 CN 14.00 -, BRS 65 Nr. 17 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 4. März 2013 - 2 D 51/12.NE -, juris Rn. 63, und vom 15. April 2011- 7 D 68/10.NE -, juris Rn. 51.
75Davon ausgehend ist der Bebauungsplan nicht unter dem Aspekt der Vollzugsunfähigkeit nichtig. Ein dauerhaftes Vollzugshindernis lässt sich weder aus der Insolvenz des Investors (1), noch aus dem (überplanten) Wegerecht der Antragstellerin an der Wegeparzelle Flur 18, Flurstück 91 ableiten (2). Auch stehen der Verwirklichung der Planung keine unüberwindbaren naturschutz- oder landschaftsschutzrechtlichen Hindernisse entgegen (3).
76(1) Dass ein Golfresort an dem gegebenen Standort wegen fehlender Nachfrage nach Golfsport oder aus sonstigen nachhaltigen wirtschaftlichen Gründen von vornherein keine Aussicht auf Verwirklichung hatte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Umstand, dass die Investorin, die Anlass für die Planung gegeben hat, Insolvenz angemeldet hat, bietet dafür keinen hinreichenden Anhalt. Diese Entwicklung stellt auch nicht retrospektiv die Realisierbarkeit der Planung (ganz oder teilweise) nachhaltig in Frage und lässt die städtebauliche Ordnungsfunktion des Plans sonach nicht etwa nachträglich entfallen.
77Vgl. zur Funktionslosigkeit etwa BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - 4 B 22.10 -, BRS 76 Nr. 67 = juris Rn. 11.
78Das Ziel, eine Erweiterung der Golfanlage zu erreichen, wird sowohl seitens der Antragsgegnerin als auch seitens des Eigentümers erklärtermaßen unverändert verfolgt. Dass sich in den gegebenen Verhältnissen ein neuer Investor finden wird, erscheint dabei nicht von vornherein ausgeschlossen.
79(2) Die vorhandene Zuwegung zum C4. und deren grundbuchrechtliche Sicherung begründen ebenfalls, jedenfalls abgestellt auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses, kein zur Unwirksamkeit der Planung führendes Vollzugshindernis.
80Insbesondere durfte die Antragsgegnerin einstellen, dass im Falle einer Einigung des Grundeigentümers der Wegeparzelle mit der Antragstellerin die Wegeparzelle als Teil des Golfplatzes genutzt werden kann und eine solche Einigung nicht von vornherein ausschied. Sie durfte eine solche im Zeitpunkt des Satzungserlasses auf der Grundlage der Nebenabreden der notariellen Verträge aufgrund derer die Grunddienstbarkeit eingetragen worden ist, und der Zusage des Eigentümers, die Verlegung des Weges - soweit erforderlich – zivilrechtlich zu betreiben, durchaus als realisierbar erachten. Die notariellen Verträge vermittelten keinen Anspruch auf eine bestimmte tatsächliche Wegeführung.
81Dem Urteil des Landgerichts L3. vom 19. Oktober 2013 - 3 O 138/12 - ist nichts anderes zu entnehmen. Es wirft zwar die Frage auf, ob sich die Antragstellerin betreffend das Wegerecht zugunsten der Parzelle 69 Flur 18 die schuldrechtliche Verpflichtung ihres Ehemannes, unter den im Einzelnen im Vertrag genannten Voraussetzungen auf das begründete Wegerecht zu verzichten, zurechnen lassen muss. Es lässt diese Frage aber ebenso wie die Frage offen, ob die Antragstellerin als Erbin Rechtsnachfolgerin geworden sein könnte. Es hat den von der Inhaberin der Baugenehmigung des Kreises L3. vom 19. März 2012 gegenüber der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zu einer Verlegung des Weges allein mit der Begründung abgelehnt, diese könne schon deshalb keine zumutbare andere - gleichwertige - Zuwegung anbieten, weil sie zu einer dinglichen Absicherung allein aufgrund eines Erbbaurechts nicht befugt sei. Das Verhältnis zum Eigentümer ist damit nicht geklärt. Dieser hat auch weiterhin seine Mitwirkung bekundet, gegebenenfalls die Verlegung des Weges zu betreiben.
82(3) Konkrete Anknüpfungspunkte für eine Vollzugsunfähigkeit aus natur- oder landschaftsschutzrechtlicher Sicht sind weder vorgetragen noch auf der Grundlage der Erläuterungen des Umweltberichts und des vorliegenden Landschaftspflegerischen Begleitplans ersichtlich.
832.2 Die Antragsgegnerin hat die mit der Planung angestrebte städtebauliche Ordnung allerdings in Detailregelungen verfehlt, jedenfalls aber in beachtlicher Weise gegen das Abwägungsgebot verstoßen.
84a) Durchgreifende Bedenken ergeben sich schon im Hinblick auf die Wahl des planungsrechtlichen Instruments zur Absicherung des vorgestellten Projekts bzw. die Regelungsdichte der Festsetzungen.
85Die Gemeinde kann im Rahmen ihres durch § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB begrenzten Planungsermessens prinzipiell zwischen verschiedenen planungsrechtlichen Instrumenten frei wählen. Dies gilt allgemein auch für die Wahl zwischen Angebotsbebauungsplan und vorhabenbezogenem Bebauungsplan.
86Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2012 - 2 B 202/12 -, BauR 2012, 1212 = juris Rn. 42, und vom 14. Juli 2010 - 2 B 637/10.NE -, juris Rn. 64, Urteil vom 13. September 2012 - 2 D 38/11.NE -, juris Rn. 55.
87Die größere Flexibilität des Angebotsbebauungsplans gegenüber dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, welche die Gemeinde im Hinblick auf die Planumsetzung nicht auf ein bestimmtes Vorhaben und einen bestimmten Vorhabenträger fixiert, ist zumindest aus dem Blickwinkel des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ein regelmäßig Platz greifender rechtmäßiger Beweggrund für die Gemeinde, diesem Planungsinstrument den Vorzug zu geben, um eine Planumsetzung - wie und durch wen auch immer - für die Zukunft zu gewährleisten.
88Vgl. zur Funktionsweise des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und seinen Kongruenzrestriktionen: BVerwG, Urteil vom 18. September 2003- 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45 = BRS 66 Nr. 21 = juris Rn. 23; OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2011 - 2 D 36/09.NE -, BauR 2012, 210 = juris Rn. 53.
89Bei der streitigen Planung lässt indes schon die Planurkunde nicht erkennen, von welchem Planungsinstrument die Antragsgegnerin Gebrauch gemacht und welche Vorstellung zum Regelungsgehalt des Bebauungsplans sie ihrer Abwägung zu Grunde gelegt hat. Die Bezeichnung des Plans in der Entscheidung über die Aufstellung im Satzungsbeschluss - Bebauungsplan U. -N. Nr. 9 - Golfresort - deutet darauf, dass die Antragsgegnerin den Erlass eines - projektbezogenen - Angebotsbebauungsplans beabsichtigte. Andererseits ist die Planurkunde selbst als „Genehmigungsplanung“ gekennzeichnet und als Projekt „Neuplanung Golfplatz T. N. “ sowie als Auftraggeber “T. N. Golf Resort“ ausgewiesen. Eine weitergehende Bezeichnung des Plans außer einer Nummer GO-0904-913 findet sich dort nicht. Die Begründung des Bebauungsplans gibt insoweit keine verlässliche Auskunft. Die Planbegründung, der Umweltbericht und der Landschaftspflegerische Begleitplan sprechen ebenfalls nur eine ganz konkrete Ausbauplanung an und scheinen dabei von der Vorstellung getragen, dass diese über den Bebauungsplan und den Landschaftspflegerischen Begleitplan bereits letztlich unveränderlich vorgezeichnet sei. Dies betrifft namentlich die Lage der Golfbahnen und deren Ausgestaltung, für die der Landschaftpflegerische Begleitplan Flächen für Ausgleichsmaßnahmen vorsieht und in die Bilanzierung einstellt. Diese Regelungsdichte weist der Bebauungsplan nach seinen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen, verstanden als Angebotsplan, indes selbst nicht auf.
90Das betrifft zunächst das Regelungskonzept für die Sondergebiete.
91Die Festsetzung von vier Sondergebieten mag ihre Legitimation grundsätzlich in § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 10, 11 Abs. 1 BauNVO finden. Unschädlich dürfte im Weiteren sein, dass für die Sondergebiete eine ausdrückliche (gemeinsame) Zweckbestimmung in der Planurkunde nicht aufgeführt ist, sondern nur Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung getroffen werden. Der übergeordnete Zweck eines Golfresort wird hinlänglich aus dem Gesamtzusammenhang der Festsetzungen und der Projektbezeichnung auf der Planurkunde deutlich. Eine entsprechende Zweckbestimmung gilt auch für die auf die Nutzung „Stellplatz“ beschränkten SO-Gebiete. Hierauf bezogen hat die Antragsgegenerin auch die zu fordernde Zuordnung der Stellplätze zu einer bestimmten Hauptnutzung im Rahmen der Planbegründung geleistet.
92Vgl. zur Zulässigkeit eines Sondergebiets „Stellplätze“: BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 NB 19.90 -, BauR 1991, 301 = juris 20
93Bedenken ergeben sich indes im Hinblick auf die Bestimmtheit einzelner Regelungen zur Art der zugelassenen Nutzung. Insbesondere in Bezug auf den mit „P/W = Pflegstützpunkt und Wohnung Platzwart“ gekennzeichneten Bereich drängt sich die Frage auf, ob die nach den textlichen Festsetzungen einzig zugelassene Nutzungsart „Pflegestützpunkt“ hinreichend konturiert ist. Nach der Begründung soll sich der ins Auge gefasste Bereich durch eine Nutzungsvielfalt auszeichnen. Büros, Werkstatt, Maschinen- und Gerätelager, Aufenthaltsräume sollen ebenso erfasst sein, wie ein überdachtes Lager und eine Tankstelle, Waschplatz sowie eine semimobile Containeranlage für die Versorgung der Mitarbeiter und als Übernachtungsmöglichkeit für Saisonarbeiter. Im Weiteren fehlt in der Planurkunde jegliche Erklärung für die Kennzeichnung „V“ eines Teils des Sondergebietes am ehemaligen Winterberghof.
94Jedenfalls hat die Antragsgegnerin aber ihr planerisches Ermessen insoweit überschritten, jedenfalls gegen das Abwägungsgebot verstoßen, als sie ohne weitere Erläuterung von der Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche und zum Maß der baulichen Nutzung abgesehen hat. Sie hat nicht hinlänglich ins Auge gefasst, inwieweit hierdurch eine Entwicklung eröffnet wird, welche ihre planerische Vorstellungen konterkariert. Dies gilt namentlich für die Sondergebiete „P/W- Pflegestützpunkt“ und „ GA Golfakademie mit Übernachtung“ und „G/P öffentliche Gastronomie und ProShop“.
95Konzeptionell stellt die Planbegründung darauf ab, dass auch in jenen Sondergebieten keine weitere Bodenverdichtung gegenüber den Bestandsgebäuden begründet werden solle. Zugleich sollen aber die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine maßvolle Erweiterung gerade im Bereich des Sondergebiets im Bereich des ehemaligen X. Hof eröffnet werden. Dessen unbeschadet sind überbaubare Grundstücksflächen nicht festgesetzt worden. Die dargestellten Gebäudegrundrisse lassen sich selbst bei verständiger Lesart nicht als die Festsetzung von Baulinien oder Baugrenzen begreifen. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass die Erläuterung zum Planzeichen unterhalb der nachrichtlichen Festsetzungen der Hinweise erfolgt, nicht aber im Zusammenhang mit den sonstigen textlichen Festsetzungen. Außerdem fehlen Maßfestsetzungen, obschon in der Begründung des Bebauungsplans unter Punkt 6 „Planerische Festsetzungen“ zur Erläuterung der Festsetzungen der Sondergebiete (6.1) sowohl für den Bereich der Golfakademie und als auch für den Bereich der öffentlichen Gastronomie herausgestellt wird, dass die Geschossflächenzahl am Maß der jetzigen Bebauung orientiere und auf 2,0 „festgelegt“ werde.
96Fehlen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche bzw. zum Maß der baulichen Nutzung handelt es sich (insoweit) um einen sog. einfachen Bebauungsplan, in dessen Geltungsbereich sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 oder § 35 BauGB richtet, soweit er keine planerischen Festsetzungen enthält (§ 30 Abs. 3 BauGB). Für einfache Bebauungspläne, die für Bereiche außerhalb der Siedlungsstrukturen aufgestellt sind, ist danach die sog. Außenbereichsvorschrift des § 35 BauGB Grundlage der planungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung.
97Schwier, Handbuch der Bebauungsplan-Festsetzungen § 23 Abs. 3 BauNVO 37.19 B. S. 1146.
98Da der Golfplatz als besonderes Außenbereichsvorhaben dem Sondergebiet keine „Ortslage“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB vermittelt, wäre danach hier § 35 BauGB maßstabsbildend für die Frage der überbaubaren Grundstücksfläche und das Maß der baulichen Nutzung heranzuziehen. Nach dessen Maßgaben ist zwar nachsteuernd als entgegenstehende Interessenlage die an der weitgehenden Schonung von Flächen des Außenbereichs zu berücksichtigen, eröffnet aber im Ansatz gleichwohl eine weitergehende Verdichtung und Ausgestaltung der Sondergebiete als die Begründung des Bebauungsplans, welche die planerische Zurückhaltung an dieser Stelle nicht im Ansatz erläutert, konzeptionell vorstellt.
99Der Mangel in der Festsetzung der Sondergebiete betrifft zugleich die Gesamtplanung, weil die Golfplatzfestsetzungen mit den Festsetzungen der Sondergebiete eine untrennbare Einheit bilden. Das liegt für den Bereich des Pflegestützpunktes auf der Hand gilt aber auch für die weiteren Flächen.
100Zu beanstanden sind auch die auf § 9 Abs. 1 Nr. 20 und 25 BauGB gestützten Festsetzungen von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft. Sie genügen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit und sind ihrerseits nicht hinreichend städtebaulich begründet, jedenfalls abwägungsfehlerhaft.
101Die räumliche Lage der Flächen ist durch die entsprechende Planzeichnung bestimmt. Der Regelungsgehalt im Einzelnen ist aber weder durch die zeichnerischen Festsetzungen noch durch die textlichen Festsetzungen erläutert. Ein Hinweis darauf, dass diese sich aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan ergeben, findet sich in der Planurkunde - anders als im Vorgängerplan - nicht. Selbst wenn eine entsprechende Bezugnahme entbehrlich wäre, weil sich diese in der Planbegründung und im Umweltbericht findet, hilft dies nicht weiter. Dort ist ausdrücklich ausgeführt, die Maßnahmen NL 1-18 seien im Landschaftspflegerischen Begleitplan aufgeführt und bilanziert. Das ist aber in dieser Form nicht der Fall. Allenfalls mittelbar durch Vergleich der Lage der Flächen lassen sich für die im Plan ausgewiesenen Flächen die Bereiche ausmachen. Innerhalb dieser Flächen differenziert der Landschaftspflegerische Begleitplan weitergehend nach verschiedenen Ausgleichs- und Vermeidungsmaßnahmen. Das führt in den Randbereichen zu Unschärfen. Hinzukommt, dass entsprechende Flächen zugleich auch für weitere Flächen des Plans ausgewiesen sind, die ihrerseits in die Bilanzierung eingeflossen sind, indes keine weitere Absicherung erfahren, ohne dass dies weitergehend erläutert wäre.
102Dies führt neben der Unklarheit im Regelungsgehalt, die die Unwirksamkeit der Festsetzungen wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot begründet, auch zu einem Abwägungsdefizit in Bezug auf die natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belangen. Insbesondere das Kompensationsinteresse ist nach Aktenlage nachhaltig betroffen.
103b) Der Bebauungsplan ist auch deshalb unwirksam, weil es an der erforderlichen Sicherung der externen Ausgleichsmaßnahmen fehlt.
104Der Bebauungsplan beinhaltet einen Verstoß gegen die Anforderungen des § 1 a Abs. 3 Satz 2 BauGB, weil die Durchführung der nach dem Landschaftspflegerischen Begleitplan erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen für die mit der Planung verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft in dem für die Bewertung maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht hinreichend gesichert waren.
105Begründet ein Bebauungsplan die bauplanerische Zulässigkeit von Eingriffen in Natur und Landschaft, ist ein durch § 1 a BauGB gesetzlich vorgeprägtes Entscheidungsprogramm abzuarbeiten und über ein Folgenbewältigungsprogramm abwägend zu entscheiden. In erster Linie ist zu prüfen, ob das "Integritätsinteresse" von Natur und Landschaft an einem Schutz vor eingriffsbedingten Beeinträchtigungen aus gewichtigen Gründen zurückgestellt werden kann. Dabei ist insbesondere das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot zu beachten. Ist der Eingriff nach Art und Ausmaß unvermeidbar, ist darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang Ausgleich beziehungsweise Ersatz zu leisten und damit dem Vermeidungsgebot beziehungsweise dem Kompensationsinteresse von Natur und Landschaft Rechnung zu tragen ist. Ist die landesrechtliche Eingriffsregelung einschlägig, d.h. bei Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB sowie für Bebauungspläne, soweit sie eine Planfestsetzung ersetzen (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG) ist regelmäßig ein voller Eingriffsausgleich gefordert. Der Ausgleich ist angemessen zu sichern. Ist eine Vollkompensation nicht möglich, bedarf es mit Blick auf § 18 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG einer weitergehenden Abwägung nach Maßgabe der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung.
106Vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Oktober 2011- 2 D 140/09.NE -, S. 61 f. d. amtl. Abdrucks, vom 17. Februar 2011 - 2 D 36/09.NE -, juris Rn. 312, vom 18. Dezember 2009 - 7 D 124/07.NE, 7 D 1287 D 128/08.NE -, BauR 2010, 1717 = juris Rn. 175 f., und vom 30. Januar 2009 - 7 D 11/08.NE -, juris Rn. 180.
107Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf die erforderliche angemessene Sicherung des gebotenen Ausgleichs nicht genügt.
108Die Belange der Eingriffsregelung nach § 1 a Abs. 3 BauGB hat die Antragsgegnerin im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplans zwar ausführlich und im Ansatz auch überzeugend behandelt. Dabei hat die Antragsgegnerin, wie auch im Umweltbericht aufgegriffen, die folgenden Prüfungsschritte nachvollzogen:
109- Darstellung und Bewertung der ökologischen und landschaftlichen Gegebenheiten unter besonderer Hervorvorhebung wertvoller Biotope und der betroffenen Waldflächen,
110- Darstellung von Art, Umfang und zeitlichem Ablauf des Eingriffs und
111- Darstellung von Art, Umfang und zeitlichem Ablauf der Maßnahmen zur Verminderung, zum Ausgleich und zum Ersatz der Eingriffsfolgen.
112Zusätzlich wird ein ökologisches Gesamtkonzept zur Kompensation des Eingriffs unter Aufzeigen von Minimierungs- und Vermeidungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen, externer Ausgleichsmaßnahmen sowie Pflegemaßnahmen vorgestellt und eine detaillierte Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung aufgemacht.
113Die Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen ist allerdings defizitär.
114Ein Teil der Ausgleichsmaßnahmen ist bereits planintern durch geeignete Festsetzungen des Bebauungsplans gesichert (§ 1 a Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ein weiterer Teil der im Landschaftspflegerischen Begleitplan mit M1 bis M10 ins Auge gefassten Ausgleichsmaßnahmen liegt in der festgesetzten Grünfläche mit der Zweckbestimmung Golfplatz und soll sich aus der Gestaltung und Pflege einzelner Golfbahnen ergeben.
115Planerisch nicht abgesichert sind allerdings die vorgesehenen planexternen Ausgleichsmaßnahmen. Eine solche Sicherung kann grundsätzlich außerhalb bauleitplanerischer Festsetzungen erreicht werden. Neben Festlegungen im Rahmen der Bauleitplanung stellt der Gesetzgeber in § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB gleichberechtigt vertragliche Vereinbarungen nach § 11 BauGB oder sonstige geeignete Maßnahmen, soweit sie auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Damit setzt das Gesetz allerdings ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der planenden Gemeinde bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans voraus. Das Erfordernis einer hinreichenden rechtlichen Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen soll verhindern, dass die Gemeinde sich von einseitigen Erklärungen, die eine bestimmte Kompensation in Aussicht stellen, im Nachhinein wieder lossagt oder von ihr zunächst zum Ausgleich vorgesehene Flächen wieder zurückzieht. Dieser Gefahr muss die Gemeinde in angemessener Weise Rechnung tragen, ohne dass das Gesetz sie hierzu auf ein bestimmtes Vorgehen festlegt. Zudem muss die vorgesehene Maßnahme bei realistischer Betrachtung durchführbar sein.
116Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2003- 4 BN 37.03 -, BRS 66 Nr. 217 = juris Rn. 6; Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = juris Rn. 52 (zu § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB in der bis zum 2. August 2001 geltenden Fassung); OVG NRW, Urteile vom 14. Dezember 2012 - 2 D 100/11.NE -, juris Rn. 71, vom 10. Januar 2012 - 2 D 141/09.NE -, juris Rn. 147, und vom 18. Dezember 2009 - 7 D 124/07.NE -, 7 D 1287 D 128/08.NE -, BRS 76 Nr. 219 = juris Rn. 195.
117Dazu ist regelmäßig gefordert, dass sich die für den Ausgleich vorgesehene Fläche im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Eigentum der Gemeinde befindet oder in sonstiger Weise zumindest ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht der Gemeinde über diese Fläche gesichert ist. Für Maßnahmen, die im Wege des sog. Vertragsnaturschutzes vorgesehen sind, gilt Entsprechendes. Auch hier muss der tatsächliche Erfolg der Ausgleichsmaßnahmen, deren Umsetzung regelmäßiger Pflege bedarf, vergleichbar der Sicherung durch Festsetzungen im Bebauungsplan oder Sicherung im Falle der Bereitstellung eigener Flächen der Gemeinde gewährleistet sein, und dies bereits aus der Sicht des Satzungsbeschlusses.
118Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Dezember 2012 - 2 D 100/11.NE -, juris Rn. 72, vom 20. Januar 2012 - 2 D 141/09.NE -, juris Rn. 149 ff., und vom 18. Dezember 2009 - 7 D 124/07.NE -, 7 D 1287 D 128/08.NE -, BRS 76 Nr. 219 = juris Rn. 197.
119Daran fehlte es hier und fehlt es weiter. Der Grundstückseigentümer hat bis heute allein mündlich zugesagt, die vorgesehenen Maßnahmen rechtzeitig vor Baubeginn vornehmen zu wollen und mit einer vertraglichen Bindung einverstanden zu sein. Weitere Vereinbarungen sind nicht getroffen worden. Eine formgültige Vereinbarung im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, die zur Realisierung der festgelegten Maßnahmen verpflichtet, liegt danach nicht vor. Es wird nur unverbindlich eine entsprechende Vertragsschließung ins Auge gefasst. Bei formbedürftigen Erklärungen ist indes nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist. Im Übrigen bleibt jenseits der fehlenden Form entscheidend, dass wesentliche Aspekte zum Inhalt der Eigenverpflichtung des Eigentümers gerade ungeregelt sind, die aber für die Bewertung, ob eine vertragliche Vereinbarung Gewähr für die nachhaltige Realisierung von Ausgleichsmaßnahmen bietet, grundsätzlich – wie auch hier – unerlässlich sind. Dies betrifft zunächst die Frage der zeitlichen Dauer der Verpflichtung. Regelungen hierzu sind schon deshalb veranlasst, weil der naturschutzrechtliche Ausgleich im Bebauungsplanverfahren, also zeitlich vor dem durch die zugelassenen Baumaßnahmen ermöglichten tatsächlichen Eingriff zu regeln ist und Ausgleichsmaßnahmen häufig, wie auch hier, nachhaltig sein müssen, d.h. sie sind auf Dauer zu gestalten und unter Kontrolle zu halten. Im Weiteren werden regelmäßig weitere Abreden zur Absicherung der Verpflichtung gefordert sein, etwa die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten der planenden Gemeinde, wie sie die Untere Landschaftsbehörde im Aufstellungsverfahren mehrfach angemahnt hat. Sicherheiten können als Erfüllungssicherheiten vereinbart werden; Mängelsicherheiten dienen z.B. einem erforderlichen Nachpflanzen.
120Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 20.Januar 2012 - 2 D 141/09.NE -, juris Rn. 157; Birk, Städtebaulicher Vertrag, 5. Auflage 2013, Rn. 539 ff.
121Der Mangel ist auch ohne Rüge beachtlich. Nach § 214 Abs. 3 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Unbeachtlich werden nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nach Ablauf der Jahresfrist (nur) nach § 214 Abs. 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs. Abwägungsmängel, welche die Rechtswidrigkeit des Abwägungsergebnisses selbst begründen, bleiben danach immer beachtlich.
122Das ist hier der Fall. Denn die fehlende Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen begründet einen Rechtsverstoß und betrifft einen essentialen Bestandteil der Abwägung der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes. Sie betrifft nicht zuletzt auch mit Blick auf den Umfang der geforderten externen Sicherung die Rechtmäßigkeit des in Bezug auf die natur- und landschaftrechtlichen Belange gefundenen Abwägungsergebnisses selbst und begründet die Unwirksamkeit des gesamten Planes. Denn die Ausgleichspflicht betrifft die Gesamtplanung und lässt sich hier auch nicht auf abtrennbare einzelne Festsetzungen beziehen.
1232.3 Für den Fall, dass die Antragsgegnerin die Planung weiterverfolgen sollte, wird sie auf die von der Antragstellerin geltend gemachten Erschließungs- und Lärmschutzinteressen im Besonderen zu achten habe, und dabei namentlich auch die neuerlichen Entwicklungen, wie die Insolvenz des Projektträgers, die zivilgerichtlich erstrittene Position der Antragstellerin in Bezug auf die bereits erteilte Baugenehmigung sowie die Ergebnisse des Lärmgutachtens wertend mit einstellen müssen. Im Weiteren wird sie zu prüfen haben, in welcher Form sie den weiteren Fragen Rechnung trägt, welche die Planung über das Vorstehende hinaus aufwirft. Auf die Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen. Das betrifft neben den vorstehenden Aspekten u.a. auch das Problem der (fremdnützigen) Einbeziehung des im Vorgängerbebauungsplan (nur) als private Grünfläche festgesetzten Heckengrundstücks der Antragstellerin (Gemarkung U. -N. , Flur 21, Flurstück 65) in die Zweckbestimmung „Golfplatz“, die (fehlenden) Festsetzungen zur Sicherung der Erschließung des Sondergebiets am X. Hof, die Ausweisung „Private Rad- und Fußwege“ für diesen Bereich, sowie die Überplanung der Bestandsgebäude des B1. als Fläche für die Landwirtschaft und dessen Zuwegung als Grünfläche, für die der Vorgängerplan noch eine private Wegefläche ausgewiesen hatte.
124Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
125Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.