Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 15. Juli 2015 - 3 K 757/14.MZ

ECLI: ECLI:DE:VGMAINZ:2015:0715.3K757.14.MZ.0A
published on 15/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 15. Juli 2015 - 3 K 757/14.MZ
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.

2

Sie ist Halterin des Transporters Daimler-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... .... Aus diesem Fahrzeug heraus wurde am 18. Juni 2013 auf der O.- Straße zwischen A. und O. bei einem Überholvorgang aus dem Beifahrerfenster heraus eine klare Flüssigkeit auf einen Motorrollerfahrer geschüttet. Im Rahmen eines wegen Nötigung im Straßenverkehr eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gab der Geschäftsführer der Klägerin an, er könne nicht angeben, wer von seinen Mitarbeitern am 18. Juni 2013 das betreffende Fahrzeug benutzt habe. Fahrtenbücher für seine Fahrzeuge habe er bislang nicht benötigt und Auftragsbücher seien nicht an die Fahrzeuge gekoppelt. Er teilte des Weiteren der Polizei gegenüber die Namen und Anschriften seiner Mitarbeiter mit.

3

Das Ermittlungsverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft ... im Oktober 2013 mangels Täterermittlung eingestellt.

4

Nach erfolgter Anhörung gab der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16. Januar 2014 auf, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... ... bzw. für ein etwaiges Ersatzfahrzeug für die Dauer von 12 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Fahrtenbuchauflage sei gerechtfertigt, weil mit dem Fahrzeug der Klägerin eine Straftat begangen worden sei. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, obgleich die Behörden alle zumutbaren Anstrengungen zur Ermittlung des Täters unternommen hätten. Weil der Fahrzeugführer nicht habe festgestellt werden können, habe man diesen auch nicht als Zeuge dazu befragen können, wer Beifahrer gewesen sei. Eine Fahrtenbuchauflage sei nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Fahrzeugführer eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen habe, denn Sinn und Zweck der Regelung sei die Ermittlung des Fahrzeugführers zwecks Gewinnung weiterer Ermittlungsansätze. Die Maßnahme sei auch ermessensgerecht.

5

Mit ihrem am 7. Februar 2014 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin vor, § 31 a Abs. 1 StVZO rechtfertige eine Fahrtenbuchauflage ausschließlich dann, wenn es um Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften durch den Fahrzeugführer gehe. Die Vorschrift greife nicht ein, wenn die Zuwiderhandlung von Dritten begangen worden sei, denn insoweit würde eine Fahrtenbuchauflage auf das Verhalten einer nicht eingrenzbaren Zahl von Verkehrsteilnehmern ausgeweitet werden und letztlich dazu führen, dass die Halterpflicht auf den Fahrzeugführer übertragen werde. Nicht jede im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangene Tat dürfe zur Anordnung eines Fahrtenbuchs führen. Überdies hätten die Ermittlungsbehörden nicht alle ihnen zur Verfügung stehenden Ermittlungsansätze ausgeschöpft; so seien die vom Geschäftsführer der Klägerin benannten Mitarbeiter nicht als Zeugen vernommen worden. Aus den kaufmännischen Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten ergebe sich keine Pflicht, Fahrtenbücher oder Einsatzpläne vorzuhalten.

6

Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Fahrtenbuchauflage lediglich voraussetze, dass eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften mit einem Fahrzeug oder aus einem Fahrzeug heraus begangen worden sei, ohne dass es darauf ankomme, wer die Handlung begangen habe. Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage sei es, durch die Ermittlung des Fahrzeugführers weitere Ermittlungsansätze zu erhalten, etwa wenn es zu gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr durch den Beifahrer komme. Die Ermittlung des Fahrzeugführers sei auch nicht möglich gewesen, obwohl alle zumutbaren Ermittlungsansätze ausgeschöpft worden seien. Die Klägerin habe selbst keine erkennbaren Anstrengungen zur Aufklärung der Tat unternommen, denn sie habe keine Fahrtenbücher oder ähnliche Unterlagen vorgelegt, die Rückschlüsse auf den Fahrzeugführer hätten geben können. Vor diesem Hintergrund seien die Ermittlungsbehörden nicht gehalten gewesen, sämtliche Mitarbeiter der Klägerin als Zeugen zu vernehmen, zumal eine Befragung bei der Mehrzahl der Mitarbeiter aufgrund eines zu vermutenden osteuropäischen Migrationshintergrundes eines Dolmetschers bedurft hätte. Schließlich sei die Fahrtenbuchauflage auch angemessen.

7

Mit Kostenbescheid vom 25. Juli 2014 setzte der Beklagte Kosten und Auslagen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 295,05 € fest.

8

Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 13. August 2014 erhobenen Klage ihr Begehren weiter und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

9

Sie beantragt,

10

den Bescheid vom 16. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2014 sowie den Kostenbescheid vom 25. Juli 2014 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er bezieht sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in der Gerichtsakte Bezug genommen. Die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten sowie die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ... liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit sie sich gegen die im Bescheid vom 16. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2014 enthaltene Fahrtenbuchauflage richtet, ist sie zulässig, aber unbegründet (1). Hinsichtlich des Kostenbescheids vom 25. Juli 2014 ist sie bereits unzulässig (2).

16

(1) Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrtenbuchs ist § 31 a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-OrdnungStVZO –). Danach kann einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs aufgegeben werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

17

a) Mit dem auf die Klägerin zugelassenen Transporter Daimler-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... ... wurde am 18. Juni 2013 auf der O.-Straße zwischen A. und O. ein nicht unerheblicher Verkehrsverstoß begangen, indem aus dem Beifahrerfenster des Transporters eine klare Flüssigkeit auf einen zu überholenden Motorrollerfahrer geschüttet wurde. Dies stellt – jedenfalls in objektiver Hinsicht – eine Nötigung im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB dar, mithin eine Straftat, die im konkreten Fall auch einen spezifischen Verkehrsbezug hat und nicht nur anlässlich des Verkehrsgeschehens begangen wurde (vgl. hierzu VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Juni 2014 – 14 L 958/14 –, juris Rn. 33; VG München, Urteil vom 10. September 2009 – M 23 K 09.2395 –, juris Rn. 17) und neben Geld- oder Freiheitsstrafe im Zeitpunkt der Tathandlung mit 5 Punkten im Verkehrszentralregister bewehrt war (Nr. 3.2 der Anlage 13 FeV in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung). Der spezifische Verkehrsbezug liegt darin begründet, dass das Schütten einer Flüssigkeit aus einem Fahrzeug heraus auf einen anderen Teilnehmer am (fließenden) Straßenverkehr geeignet ist, sich verkehrsgefährdend auszuwirken und damit gegen § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrs-OrdnungStVO – verstößt, wonach sich jeder Verkehrsteilnehmer – und hierzu gehört auch der Beifahrer eines Kraftfahrzeugs, der in den Verkehrsablauf eingreift (vgl. König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, § 1 StVO Rn. 17) – u.a. so zu verhalten hat, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wird.

18

b) Der Anwendbarkeit des § 31 a Abs. 1 StVZO steht nicht entgegen, dass nach den Feststellungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vieles dafür spricht, dass der der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrsverstoß nicht vom Fahrzeugführer, sondern vom Beifahrer des Fahrzeugs der Klägerin begangen wurde. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Verkehrsverstoß vom Fahrzeugführer begangen wurde. Hierfür sprechen Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage.

19

Bei der Fahrtenbuchauflage handelt es sich um eine Maßnahme mit Präventivcharakter, die dazu dient, Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs abzuwenden. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass bei künftigen Verkehrsverstößen der Fahrzeugführer und damit die Ahndung des Verstoßes anders als im Anlassfall ohne Schwierigkeiten möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12/94 –, NJW 1995, 2866 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2012 – 11 CS 11.2727 –, juris Rn. 35), ohne dass es dabei darauf ankommt, wer den zur Fahrtenbuchauflage führenden Verkehrsverstoß begangen hat. Mit der Fahrtenbuchauflage soll die ermittelnde Behörde in die Lage versetzt werden, Ermittlungsansätze zu gewinnen, die es ihr ermöglichen, einen künftigen Verkehrsverstoß aufklären zu können. Auch wenn § 31 a StVZO primär Fahrer erfassen will, die Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer gefährden (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964 – VII C 91/61 –, NJW 1964, 1384; BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2012, a.a.O.), ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf diesen Personenkreis beschränkt. Die Norm will auch nicht künftigen Verkehrsverstößen gerade durch den Fahrzeughalter vorbeugen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1989 – 7 B 90/89 –, NJW 1989, 2704 = juris Rn 8). Vielmehr besteht (im Interesse der Verkehrssicherheit) ein dringendes Interesse der Allgemeinheit an der Ermittlung aller Verkehrssünder (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1964, a.a.O.; Beschluss vom 23. Juni 1989, a.a.O.), so dass die Fahrtenbuchauflage auch der Aufklärung von Verkehrsverstößen dient, die von anderen Personen als dem Fahrzeugführer oder dem Fahrzeughalter begangen werden. Diese können erfahrungsgemäß nur aufgeklärt werden, wenn die ermittelnde Behörde den Kreis der Fahrzeuginsassen – in der Regel über den Fahrzeugführer – hinreichend sicher eingrenzen kann. Ist mithin der Anwendungsbereich des § 31 a StVZO nicht auf künftige Verkehrsverstöße beschränkt, die durch den Fahrzeugführer begangen werden, so muss dies in gleicher Weise für den Personenkreis gelten, der den Anlassfall begangen hat.

20

Schließlich lässt auch der Wortlaut des § 31 a Abs. StVZO nicht den Schluss zu, dass eine Fahrtenbuchauflage nur dann gerechtfertigt ist, wenn der ihr zugrunde liegende Verkehrsverstoß vom Fahrzeugführer begangen wurde; vielmehr spricht die Vorschrift ganz allgemein davon, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war und lässt die Person des Zuwiderhandelnden gleichsam außen vor.

21

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, die Anwendbarkeit von § 31 a StVZO über vom Fahrzeugführer begangene Verkehrsverstöße hinaus führe dazu, dass die Anordnung eines Fahrtenbuchs auf das Verhalten einer nicht eingrenzbaren Zahl von Verkehrsteilnehmern ausgeweitet werde und überdies Halterpflichten auf den Fahrzeugführer übertragen würden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Insoweit übersieht die Klägerin, dass andere Personen als der Fahrzeugführer als Verantwortliche eines Verkehrsverstoßes nur ausnahmsweise in Betracht kommen werden und sich dieser Personenkreis auf die Mitfahrer beschränkt, so dass von daher keine Rede sein kann, dass der Anwendungsbereich auf eine nicht eingrenzbare Zahl von Verkehrsteilnehmern ausgeweitet werde. Überdies findet in einem solchen Fall eine „Inanspruchnahme“ das Fahrzeugführers allenfalls in der Eigenschaft eines Zeugen in einem Ermittlungsverfahren statt, die sich von den Pflichten des Fahrzeughalters – wie sie sich weiter aus § 31 a Abs. 2 und 3 StVZO ergeben – deutlich unterscheidet.

22

c) Die Ermittlung des Fahrzeugführers war auch im Sinne von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl sie bei sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erwartungsgemäß Erfolg haben können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993 – 11 B 113.93 –, juris Rn. 4; Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 –, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 12). Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, kann sich dabei auch an dem Verhalten des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Ermittlungsbehörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, a.a.O.). Gleiches gilt auch, wenn der Fahrzeughalter nur unzureichende Anstrengungen zur Feststellung des Fahrzeugführers macht, zumal wenn ihn erhöhte Obliegenheitspflichten treffen.

23

Gemessen an diesen Voraussetzungen war eine Ermittlung des Fahrzeugführers des Transporters ...-... ... am Tattag nicht möglich, obwohl die Ermittlungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen ausreichende Maßnahmen getroffen hat, um den Verkehrsverstoß aufzuklären. Die Polizei hat nach Eingang der Strafanzeige mehrfach an unterschiedlichen Tagen und zu unterschiedlichen Tageszeiten die Firmenanschrift der Klägerin aufgesucht, ohne jemanden anzutreffen. Sie hat des Weiteren den Geschäftsführer der Klägerin als Zeugen vernommen, der jedoch keinerlei Angaben dazu machen konnte, welcher seiner Mitarbeiter mit welchem Fahrzeug unterwegs gewesen sei, sondern ohne weitere Angaben lediglich eine Liste mit den Namen und Anschriften von insgesamt 15 Mitarbeitern – davon 11 Mitarbeitern mit osteuropäisch klingenden Namen – zur Verfügung stellte. In Anbetracht dessen, dass eine Vernehmung der benannten 15 Mitarbeiter mit einem hohen Aufwand, u.a. durch Einsatz eines Dolmetschers, verbunden gewesen wäre, und angesichts des Umstands, dass der aufzuklärende Vorfall letztlich keine gravierenden Folgen gezeitigt hatte, entschied sich die Ermittlungsbehörde dazu, das Verfahren mangels Täterermittlung einzustellen. Dies ist nicht zu beanstanden.

24

Dem kann die die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Ermittlungsbehörde habe ihre Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausreichend ausgeschöpft, indem sie auf eine Befragung der per Telefax benannten Mitarbeiter verzichtet habe. Insoweit übersieht sie, dass die Ermittlungsbehörde Intensität und Umfang ihrer Ermittlungen danach ausrichten darf, ob und inwieweit der Fahrzeughalter seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Fahrzeugführers Genüge getan hat.

25

Vorliegend hat die Klägerin jedoch ihren Mitwirkungspflichten nicht in ausreichender Weise Genüge getan, denn sie war nicht in der Lage, den Fahrzeugführer des betreffenden Fahrzeugs zu benennen, obwohl sie als Kaufmann eine erhöhte Dokumentationsobliegenheit trifft (vgl. VGH BW, Beschluss vom 21. Juli 2014 – 10 S 1256/13 –, juris Rn. 7; OVG NW, Beschluss vom 13. November 2013 – 8 A 632/13 –, juris Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 – 11 CS 13.606 –, juris Rn. 12; OVG S-H, Beschluss vom 26. März 2012 – 2 LA 21/12 –, juris Rn. 8 f.; OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006 – 1 A 236/05 –, juris Rn. 5 f.).

26

Die Klägerin ist eine GmbH, somit nach § 6 Abs. 1 HGB, § 13 Abs. 3 GmbHG Formkaufmann und damit buchführungspflichtig. Ihr Geschäftsführer ist verpflichtet, für die ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zu sorgen (§ 41 GmbHG). Als Kaufmann im Sinne des Handelsrechts ist die Klägerin etwa verpflichtet, nach § 238 Abs. 1, § 257 HGB Bücher zu führen und über längere Zeit aufzubewahren, aus denen sich die Geschäftsvorfälle „in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen“. Daraus ergibt sich zwar keine unmittelbare Pflicht, Fahrtenbücher oder Einsatzpläne vorzuhalten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2015 – 11 ZB 15.171 –, juris Rn. 12; OVG S-H, Beschluss vom 26. März 2012, a.a.O., juris Rn. 9). Es entspricht jedoch unabhängig von der Reichweite dieser Vorschriften sachgerechtem kaufmännischem Verhalten, auch Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2015, a.a.O.) Es liegt schon im kaufmännischen Eigeninteresse, Vorkehrungen gegen eine missbräuchliche Verwendung der Fahrzeuge etwa für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können. Es kann deshalb unterstellt werden, dass ein Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Auslieferungsvorgänge, Geschäftsfahrten usw. nach seinen Kontenbüchern in Verbindung mit Belegmappen, Einsatzplänen oder Ähnlichem zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. In Anbetracht dieser Umstände fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung muss zumindest in der Lage sein, der Ermittlungsbehörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Es kann nicht Aufgabe der Behörde sein, innerbetriebliche Vorgänge aufzuspüren, denen die Geschäftsleitung weitaus näher steht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2015, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006, a.a.O.). Ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, kann die Geschäftsleitung deshalb regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Denn eine Firma muss in ihrer Eigenschaft als Kaufmann grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage sein, Geschäftsfahrten und Ähnliches anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 13. November 2013, a.a.O.; OVG M-V, Beschluss vom 26. Mai 2008 – 1 L 103/08 –, juris Rn. 12).

27

Diesen gesteigerten Mitwirkungsobliegenheiten bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens hat die Klägerin nicht genügt. Wie ihrem eigenen Vorbringen zu entnehmen ist, hat sie keinerlei organisatorische Vorkehrungen getroffen, die es ermöglicht hätten, den Fahrer des betreffenden Fahrzeugs zu ermitteln. Allein die Übermittlung einer Mitarbeiterliste ohne weitere Angaben, die den Kreis der möglichen Fahrzeuginsassen eingrenzen, reicht nicht aus, um diesen Obliegenheiten zu genügen. Vor diesem Hintergrund war die Ermittlungsbehörde nicht gehalten, weitere – zeitaufwändige – Ermittlungen etwa durch Befragung sämtlicher Mitarbeiter anzustellen und durfte rechtsfehlerfrei von der Nichtermittelbarkeit des Fahrzeugführers ausgehen.

28

d) Schließlich hat der Beklagte auch das ihm nach § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO zustehende Ermessen ausgeübt. In Anbetracht dessen, dass bereits ein mit einem Punkt im Verkehrszentralregister zu bewertender Verkehrsverstoß eine Fahrtenbuchauflage rechtfertigt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12/94 – BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 10), ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte vorliegend für die Auferlegung eines Fahrtenbuchs entschieden hat. Die Fahrtenbuchauflage erweist sich auch im Hinblick auf ihre Dauer als rechtmäßig.Um die Fahrzeugbenutzung wirksam überwachen und den Fahrzeughalter künftig im Falle eines Verkehrsverstoßes zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers anhalten zu können, ist eine gewisse, nicht zu geringe Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich. Bei der Bemessung der Frist sind einerseits das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes und andererseits das Verhalten des Fahrzeughalters im Zusammenhang mit den Bemühungen der ermittelnden Stelle zur Tataufklärung zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Verkehrsverstoßes – es handelt sich immerhin um eine Nötigung im Straßenverkehr und damit um eine Straftat – ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte der Klägerin die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer eines Jahres aufgegeben hat, zumal die Fahrtenbuchauflage sich allein auf das Tatfahrzeug bzw. ein etwaiges Ersatzfahrzeug und nicht auf den gesamten Fuhrpark erstreckt.

29

2) Die gegen den Kostenbescheid vom 25. Juli 2014 erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig, denn die Klägerin hat vor der Klageerhebung nicht das gemäß § 68 VwGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt, bei dem es sich um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung handelt, auf die nicht verzichtet werden kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 68 Rn. 1) und deren Fehlen zur Unzulässigkeit der Klage führt. Insbesondere handelt es sich bei dem Kostenbescheid – anders als bei der Kostengrundentscheidung – nicht um einen Bestandteil des Widerspruchsbescheids. Dies folgt bereits daraus, dass gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG, § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG in den Fällen, in denen wie im vorliegenden Fall ein Rechtsausschuss (§ 73 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 6 ff. AGVwGO) über den Widerspruch entschieden hat, die Kostenfestsetzung der Behörde obliegt, bei der der Ausschuss gebildet ist, also nicht dem Kreisrechtsausschuss beim Beklagten, sondern der Kreisverwaltung. Ein solcher Kostenbescheid unterliegt als belastender Verwaltungsakt den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

31

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

32

Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

B e s c h l u s s

39

der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz

40

vom 15. Juli 2015

41

Der Streitwert wird auf 5.095,05 € festgesetzt. Hinsichtlich der Fahrtenbuchauflage beruht die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, hinsichtlich des Kostenbescheids auf § 52 Abs. 3 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Annotations

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.

(2) Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, bleiben unberührt, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht vorliegen.

(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.

(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.

(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.

Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

1.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handelsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
4.
Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

(3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.

(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.