Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 21. Feb. 2013 - 1 L 1717/12.MZ

ECLI: ECLI:DE:VGMAINZ:2013:0221.1L1717.12.MZ.0A
published on 21/02/2013 00:00
Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 21. Feb. 2013 - 1 L 1717/12.MZ
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Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 3.750,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Erst- und Zweitprüfern der von ihr in der staatlichen Pflichtfachprüfung im Frühjahr 2012 gefertigten Aufsichtsarbeiten „Öffentliches Recht 1“ und „Zivilrecht 1“ erneut Gelegenheit zur Überprüfung und Abänderung ihrer Bewertungen zu geben – sogenanntes „Überdenkungsverfahren“ – hat keinen Erfolg.

2

Dieser Antrag ist bereits gemäß § 44 a Satz 1 VwGO unzulässig. Nach § 44 a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf geltend gemacht werden. § 44 a VwGO ist in seiner konkreten Ausgestaltung als eigenständige (negative) Zulässigkeitsvoraussetzung sowohl für verwaltungsgerichtliche Klagen als auch selbständige Beschlussverfahren anzusehen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., 2012, § 48 a Am. 1).

3

Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 44 a Satz 1 VwGO gegeben, ohne dass die in § 44 a Satz 2 VwGO geregelten Ausnahmen eingreifen.

4

Bei dem von der Antragstellerin angestrebten – erneuten – sog. „Überdenkungsverfahren“ i.S.d. § 9 Abs. 6 der Juristischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPO) handelt es sich um eine behördliche Verfahrenshandlung i.S.d. § 44 a Satz 1 VwGO. Durch die Regelung des § 44 a Satz 1 VwGO soll im Sinne der Prozessökonomie sichergestellt werden, dass behördliche Verfahrenshandlungen, die im Vorfeld einer Entscheidung ergehen, nicht isoliert zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden. Die Rechtmäßigkeit der Verfahrenshandlung soll vielmehr in dem Prozess geklärt werden, der die Sachentscheidung zum Gegenstand hat (BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 – 6 C 4/09 –, juris).

5

Das von der Antragstellerin angestrebte Überdenkungsverfahren ist gemäß § 9 Abs. 6 JAPO in das Verfahren über den Widerspruch gegen eine Prüfungsleistung „eingebettet“. Nach § 9 Abs. 6 Satz 1 JAPO setzt das Einleiten eines sogenannten „Überdenkungsverfahrens“ tatbestandlich das Vorliegen eines Widerspruchs gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung voraus. Beim Vorliegen eines derartigen Widerspruchs ordnet § 5 Abs. 3 Satz 2 des Landesgesetzes über die juristische Ausbildung (JAG) an, dass die Entscheidung über den Widerspruch durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Prüfungsamts unter Beteiligung der betreffenden Prüferinnen und Prüfer getroffen wird. Nach den allgemeinen Regeln der §§ 68 und 73 VwGO beginnt das Widerspruchsverfahren mit der Einlegung des Widerspruchs und wird – im Falle der Nichtabhilfe – durch den Erlass des Widerspruchsbescheids abgeschlossen. § 9 Abs. 6 Satz 1 JAPO regelt insoweit für den Bereich der juristischen Staatsprüfung in Rheinland-Pfalz die verfahrensrechtliche Besonderheit, dass vor Erlass des Widerspruchsbescheids – also im laufenden Widerspruchsverfahren – eine Beteiligung der jeweiligen Prüfer zu erfolgen hat. Erst nach dem Vorliegen der ergänzenden Beurteilungen der jeweiligen Prüfer kann somit der Widerspruchsbescheid ergehen, der dann die abschließende maßgebliche, weil gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gerichtlich überprüfbare, Bewertung der Prüfungsleistung enthält. Mithin regelt § 9 Abs. 6 Satz 1 JAPO also einen einzelnen Verfahrensschritt in dem laufenden Widerspruchsverfahren, welcher der Vorbereitung der allein maßgeblichen behördlichen Sachentscheidung, nämlich dem Widerspruchsbescheid der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Landesprüfungsamts dient. Damit scheidet eine gesonderte Angreifbarkeit des sogenannten „Überdenkungsverfahrens“ gemäß § 44 a VwGO aus.

6

Dieses Ergebnis rechtfertigt sich darüber hinaus aus der Überlegung, dass die im sogenannten „Überdenkungsverfahren“ eingeholten ergänzenden Stellungnahmen der Prüferinnen und Prüfer – insbesondere im Fall einer höheren Bewertung – noch nicht unmittelbar zu einer Änderung der Bewertung und damit zu einer Verbesserung der Rechtsstellung des Kandidaten führen, sondern die rechtsverbindliche Festsetzung der Bewertung erst durch einen Abhilfebescheid des Landesprüfungsamts oder den Widerspruchsbescheid erfolgt. Erst eine derartige Entscheidung stellt einen Verwaltungsakt dar, der im Klageverfahren von dem Prüfling angegriffen werden kann. Im Rahmen der darauf folgenden gerichtlichen Überprüfung ist dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, die Fehlerhaftigkeit der Bewertung, auch verfahrensrechtlich, d.h. im Hinblick auf die ordnungsgemäße Beteiligung der Prüferinnen und Prüfern gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 JAG i.V.m. § 9 Abs. 6 Satz 1 JAPO, zu überprüfen.

7

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Falle zu sehen, dass das von der Antragstellerin durch Widerspruchseinlegung eingeleitete Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012 abgeschlossen wurde. Soweit die Antragstellerin nunmehr rügt, dass dieses Widerspruchsverfahren fehlerhaft sei, weil keine bzw. keine ordnungsgemäße Beteiligung der betreffenden Prüferinnen und Prüfer stattgefunden habe, ist die Prüfung dieser Frage mit Gegenstand der von der Antragstellerin erhobenen Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren 1 K 716/12.MZ. Sollte das Gericht dabei einen Verfahrensfehler im Widerspruchsverfahren feststellen, der sich auf die Widerspruchsentscheidung ausgewirkt haben kann, so ist zumindest der Widerspruchsbescheid aufzuheben und das Widerspruchsverfahren erneut durchzuführen.

8

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 As. 1 VwGO abzulehnen.

9

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der
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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der
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published on 24/07/2017 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 3750,- EUR festgesetzt. Gründe I
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Annotations

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.