Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 31. Mai 2016 - 1 K 21/15.MZ
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt die Festsetzung der Note „gut“ im schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung.
- 2
Er legte im Herbst 2014 den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ab.
- 3
Mit Ergebnismitteilung über den schriftlichen Teil der Prüfung vom 15. September 2014 teilte das Landesprüfungsamt für Studierende der Medizin und der Pharmazie Rheinland-Pfalz – Landesprüfungsamt – dem Kläger mit, er habe in diesem Prüfungsteil mit 250 richtig beantworteten bei 314 gewerteten Prüfungsfragen und einer Bestehensgrenze von 189 Fragen die Note „befriedigend“ erreicht. Die Note „gut“ wird nach der beigefügten Notenskala ab einer Anzahl von 252 richtig beantworteten Fragen vergeben. Im Zeugnis über den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung vom 22. September 2014 wurde dementsprechend für den schriftlichen Teil der Prüfung die Note „befriedigend“ und unter Einbeziehung der Note für die mündliche Prüfung (ebenfalls befriedigend) die Gesamtnote für die Prüfung mit „befriedigend (3,0)“ festgesetzt.
- 4
Mit seinem gegen die Prüfungsnote der schriftlichen Prüfung eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Frage 99 (B) des zweiten Tages habe er korrekt beantwortet. Die Frage sei keineswegs eindeutig mit der offiziell angegebenen Lösung zu beantworten. Als Lösung der bildlichen Fragestellung (Foto eines Bodybuilders, Abb. 8 der Bildbeilage zum Prüfungsheft) werde die Antwort (E) „Scapula“ als richtig angegeben, was der Abbildung aber nicht eindeutig zu entnehmen sei. Denn es könne sich nach dem Foto auch um einen Muskelwulst des Pars descendens des Musculus trapezius handeln, der im lateralen Drittel der Clavicula ansetze, wozu der Kläger als Quelle zwei Anatomielehrbücher nannte. Das Foto zeige auch keine Körperhaltung, die eindeutig erkennen lasse, was gemeint sei.
- 5
Frage 99/2 (B) lautet wie folgt:
- 6
Der in Abbildung Nr. 8 der Bildbeilage markierte Muskel hat seinen Ansatz
- 7
(A) am Processus mastoideus
- 8
(B) an den Wirbelkörpern der Halswirbelsäule
- 9
(C) an den oberen Rippen
- 10
(D) an der Clavicula
- 11
(E) an der Scapula.
- 12
Der Kläger hatte diese Frage mit (D) „Clavicula“ beantwortet.
- 13
Nach der Stellungnahme des beigeladenen Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen – IMPP – vom 31. Oktober 2014 sei die Frage 99 des zweiten Tages korrekt und eindeutig gestellt worden und nur mit der festgesetzten Lösung (E) „Scapula“ (Schulterblatt) zu beantworten gewesen. Etwas anderes lasse sich auch nicht den vom Kläger angeführten Literaturstellen entnehmen. Diese belegten nur, dass die Pars descendens des Musculus trapezius am lateralen Drittel der Clavicula (Schlüsselbein) ansetze. Die Pars descendens des Musculus trapezius sei in der Abbildung der mächtige Muskelwulst lateral (seitlich) des markierten Muskels. Der markierte Muskel sei dagegen eindeutig der Musculus levator scapulae, der an der Scapula ansetze.
- 14
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 wurde der Widerspruch aus den vom IMPP dargelegten Gründen zurückgewiesen. Die Betreffzeile dieses Bescheides lautet: „Widerspruch gegen den Bescheid über das Nichtbestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im Herbst 2014“. Im Rubrum wird der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens mit „gegen den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Frühjahr 2014“ bezeichnet. Dieser Widerspruchsbescheid, abgezeichnet von der Leiterin des Landesprüfungsamts, Frau L., wurde dem Kläger am 4. Dezember 2014 förmlich zugestellt.
- 15
Die Verwaltungsakte enthält einen weiteren Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014, der von dem Büroleiter des Prüfungsamts, Herrn B. unterzeichnet ist. Die gegenüber dem ersten Bescheid abgeänderte Betreffzeile lautet nunmehr: “Widerspruch gegen den Bescheid über das Prüfungsergebnis des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im Herbst 2014“. Das Rubrum wurde um das Wort „Bescheid“ ergänzt, der Prüfungstermin wurde nicht berichtigt. Im Übrigen enthält dieser Bescheid keine inhaltlichen Änderungen und ist identisch mit dem Bescheid vom 1. Dezember 2014. Dieses Exemplar wurde nicht förmlich zugestellt und enthält auch keinen Postausgangsvermerk.
- 16
Der Kläger hat mit am 29. Januar 2015 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 27. Januar 2015 Klage erhoben und zugleich wegen der – durch einen Defekt des Faxgeräts des Verwaltungsgerichts bedingten – Versäumung der Klagefrist, die am 26. Januar 2014 abgelaufen sei, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
- 17
Hierzu legte er den von Frau L. unterzeichneten Bescheid vom 1. Dezember 2014 in Form einer nicht vollständigen Kopie vor. Das erste Blatt des Bescheides ist nur teilweise kopiert. Die obere Hälfte, die auch das Erlassdatum und den Postausgangsvermerk sowie die Betreffzeile enthält, scheint „abgeschnitten“ und fehlt. Im angekündigten Klageantrag ist der „Bescheid des Landesprüfungsamts vom 15. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2014“ als streitgegenständlicher Bescheid benannt.
- 18
Zur Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, ihn treffe an der Fristversäumung kein Verschulden. In der Sache selbst macht der Kläger geltend, seine Antwort auf die Frage 99 (B) des zweiten Tages „(D) Clavicula“ sei neben der Antwort „(E) Scapula“ ebenfalls als zutreffend zu werten. Die Antwort „(E) Scapula“ setze voraus, dass der Prüfling den auf der Abbildung markierten Muskel als Musculus levator scapulae ansehe. Er habe den fraglichen Muskel jedoch als Musculus trapezius eingeordnet und deshalb die Frage mit „Clavicula“ beantwortet. Dies sei ebenfalls korrekt, da die in der Fragestellung dargestellte Muskulatur nicht eindeutig zu benennen sei. Weil die Muskelgruppe bei einem Bodybuilder gezeigt werde, seien – wie bei Bodybuildern üblich – die Muskeln stark hypertrophiert. Hierdurch komme es zu Änderungen von Form und Verlauf der Muskulatur, weshalb die Muskeln auf der Abbildung nicht eindeutig erkennbar seien. Wegen des massiv hypertrophierten Musculus trapezius des Bodybuilders könne der markierte Muskelbereich durchaus auch als nicht angespannter wulstiger Vorderrand des Musculus trapezius angesehen werden. Hierzu legt der Kläger Bilddarstellungen aus verschiedenen (Anatomie)Lehrbüchern und schriftliche Darstellungen zum Muskelverlauf vor. Der Bilddarstellung der Prüfungsaufgabe sei auch nicht zu entnehmen, dass es sich um den – willkürlich angespannten – Musculus levator scapulae handele. Die vom IMPP vorgenommene Aufteilung in zwei Muskeln sei als Folge der Muskelhypertrophie des Bodybuilders der Abbildung nicht zu entnehmen. Es sei gut vorstellbar, dass bei einem so mächtigen Musculus trapezius wie bei dem abgebildeten Bodybuilder auf dem Prüfungsbild der Musculus levator scapulae nicht separat erkennbar sei. Insoweit beantrage er die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
- 19
In der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 trug der Prozessbevollmächtigte des Klägers erstmals vor, ihm sei telefonisch von dem Sachbearbeiter Herrn B. mitgeteilt worden, dass ein weiterer Bescheid zugestellt werde und nur dieser maßgeblich sein solle. Er habe sinngemäß gesagt, dass der erste Bescheid fehlerhaft gewesen sei und deshalb ein neuer erstellt werde. Er habe ihm gegenüber auch erklärt, dass der Bescheid vom 11. Dezember 2014 unbeachtlich sei.
- 20
Der Kläger beantragt sinngemäß,
- 21
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2014 zu verpflichten, die Note für den schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung Herbst 2014 auf „gut“ und den Zahlenwert der Gesamtnote auf „2,5“ festzusetzen,
- 22
hilfsweise,
- 23
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2014 zu verpflichten, die Note für den schriftlichen Teil der Ersten Ärztlichen Prüfung Herbst 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
- 24
Der Beklagte beantragt,
- 25
die Klage abzuweisen.
- 26
Die Klage vom 27. Januar 2015 sei verfristet. Der von der Leiterin des Prüfungsamtes unterzeichnete Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 sei dem Kläger am 4. Dezember zugestellt worden und für die Frage der Einhaltung der Klagefrist allein maßgeblich. Eine weitere Ausfertigung des Widerspruchsbescheides sei zur Berichtigung eines Fehlers im Betreff und bei der Bezeichnung des Prüfungstermins von Herrn B. erstellt, unterschrieben und abgesandt worden. Im Übrigen stimmten beide Bescheide wörtlich überein. Herr B. habe den Kläger persönlich über das Versehen und auch darüber informiert, dass eine geänderte Fassung des Widerspruchsbescheides versandt werde. Es handele sich bei dem „Widerspruchsbescheid“ vom 23. Dezember 2014 nicht um einen neuen Verwaltungsakt in Form eines Zweitbescheides, sondern um eine wiederholende Verfügung ohne neue Sachentscheidung, da – zur Klarstellung – lediglich offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigt worden seien. Eine erneute Sachprüfung habe nicht stattgefunden. Die Klagefrist sei deshalb mit Zugang der berichtigten Fassung nicht erneut in Gang gesetzt worden. Bei Versendung des „Bescheides“ vom 23. Dezember 2014 sei auf einen Postausgangsvermerk und einen Zustellungsnachweis verzichtet worden, da der Bescheid vom 1. Dezember 2014 dem Kläger nachweislich zugegangen sei. Der Kläger habe aber auch keinen Anspruch auf die Festsetzung der Note „gut“, wie der Beigeladene in verschiedenen Stellungnahmen im Einzelnen dargelegt habe und worauf verwiesen werde. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass seine Antwort auf die gerügte Frage ebenfalls richtig sei. Nach der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung gehöre hierzu die Darlegung konkreter und plausibler Hinweise dafür, dass die vom Prüfling erbrachte Leistung nach objektiven Kriterien vertretbar sei, was in erster Linie unter Bezugnahme auf die fachwissenschaftliche Literatur zu erreichen sei. Mangels substantiierter Einwendungen des Klägers bedürfe es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.
- 27
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
- 28
die Klage abzuweisen.
- 29
Er hält unter Bezugnahme auf seine Stellungnahmen im Widerspruchs- und Klageverfahren an seiner Ansicht fest, dass die gerügte Frage 99 (B) korrekt und eindeutig gestellt und nur mit der festgesetzten Lösung zu beantworten gewesen sei. Im Text der Prüfungsaufgabe sei vorgegeben, dass ein Muskel (und nicht der Teil eines Muskels) markiert sei. Der Muskel sei von rechts und links eindeutig markiert und bei der muskulösen Person gut erkennbar. Ob der Musculus levator scapulae möglicherweise bei anderen Personen nicht separat erkennbar sei, sei nicht Thema der Prüfungsaufgabe gewesen. Er verweist zudem darauf, dass der Vortrag des Klägers wegen der fehlenden Vorlage von Literaturbelegen für die fachwissenschaftliche Vertretbarkeit der gegebenen Antwort nicht hinreichend substantiiert sei. Der Kläger habe nicht anhand von konkreter Fachliteratur inklusive Auszügen und Abbildungen nachvollziehbar dargelegt, warum es sich bei dem konkret abgebildeten und markierten Muskel um den Musculus trapezius handele, weshalb es der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage nicht bedürfe.
- 30
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. H. M., Dr. T. R. und N. B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Mai 2016 verwiesen.
- 31
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakte des Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
- 32
Die Klage hat keinen Erfolg.
- 33
Die auf teilweise Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2014 sowie auf die Verpflichtung zur Notenverbesserung gerichtete Klage erweist sich bereits als unzulässig.
- 34
Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014 stellt keinen neuen anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO dar, sondern lediglich eine Wiederholung und formale Korrektur des zunächst ergangenen Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2014. Insoweit ist der Rechtsweg gegen den Ausgangsbescheid über die Ergebnismitteilung vom 15. September 2014 nicht erneut eröffnet. Dieser Bescheid sowie der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 sind in Bestandskraft erwachsen, weil der Kläger unstreitig innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 VwGO hiergegen keine Klage erhoben hat.
- 35
Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der insoweit versäumten Klagefrist scheidet – unabhängig von der Frage des Verschuldens – bereits deshalb aus, weil der die Klagefrist auslösende Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 nach dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2016 gestellten Klageantrag – der den Anlagen zur Klageschrift vom 27. Januar 2015 entspricht – nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, der sich nach dem Antrag des Klägers in der Klageschrift neben dem Ausgangsbescheid vom 15. September 2015 nur auf den Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014 bezieht. Im Übrigen lägen auch bei einer Einbeziehung in die Klage im Wege der sachgerechten Auslegung des Antrags die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 1 VwGO hinsichtlich des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2014 nicht vor, da es an einer fristgerechten und ordnungsgemäß begründeten Antragstellung fehlt (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 – 2 B 57/00 –, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr 236). Denn die Wiedereinsetzung setzt unter anderem voraus, dass der Beteiligte während der laufenden Frist gehindert war, die Prozesshandlung rechtzeitig vorzunehmen (vgl. Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 60 Rn. 15 f.). Dies ist nach Maßgabe des Akteninhalts und dem Ergebnis der nachfolgend geschilderten Beweisaufnahme nicht der Fall. Die Wiedereinsetzung hinsichtlich des Bescheides vom 23. Dezember 2014 wäre zwar im Hinblick auf die fehlerhafte Faxübertragung zu gewähren gewesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2015 – 9 BN 2/14 –, juris sowie Steinkühler, jurisPR-BVerwG 20/2015). Nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen war eine solche Wiedereinsetzung jedoch nicht zielführend für die gewünschte Sachentscheidung und damit das Klageziel des Klägers.
- 36
Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014 ist schon deshalb unzulässig, da sich der Kläger nicht gegen ein Verwaltungshandeln wendet, das als belastender Verwaltungsakt mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Der angefochtene Widerspruchsbescheid stellt nämlich nach seinem objektiven Sinngehalt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG dar, weil es an dem für einen Verwaltungsakt konstitutiven Merkmal der Regelung fehlt. Der Bescheid vom 23. Dezember 2014 enthält trotz seines Erscheinungsbildes als Verwaltungsakt (etwa Bezeichnung als Bescheid, Rechtsmittelbelehrung) keine Regelung im Sinne einer unmittelbaren, für den Betroffen verbindlichen Festlegung von Rechten oder Pflichten oder eines Rechtsstatus (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 8. Aufl. 2014 § 51 Rn. 57; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 88 m.w.N., 97). Es handelt sich hier weder um eine wiederholende Verfügung noch um einen Zweitbescheid, sondern um eine bloß formale Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten.
- 37
Bei einer wiederholenden Verfügung weist die Behörde der Sache nach lediglich auf eine bereits in der Vergangenheit getroffene Regelung hin oder wiederholt diese, ohne inhaltlich eine erneute Sachentscheidung zu treffen. Eine solche Verfügung enthält (allenfalls) einen auf die Ablehnung eines Wiederaufgreifens des Verfahrens begrenzten Regelungsgehalt und ist insoweit auch einer Rechtsbehelfsbelehrung zugänglich (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2001 – 9 B 86/01 –, juris Rn. 4; vgl. zur Abgrenzung auch Alemann/Scheffczyk, in: Beck'scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 01.04.2016, § 35, Rn. 188 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 97). Sofern hingegen eine neue Sachprüfung erfolgt ist, endet das Verfahren in der Regel mit einem neuen Verwaltungsakt (Zweitbescheid), gegen den der Betroffene den regulären Rechtsschutz gegen die Sachentscheidung erlangen kann. Der frühere unanfechtbare Verwaltungsakt steht dem nicht entgegen. Für die Unterscheidung, ob eine wiederholende Verfügung oder ein Zweitbescheid vorliegt, kommt es maßgebend auf den Erklärungsinhalt des Bescheides an, der durch fallbezogene, die konkreten Umstände in den Blick nehmende Auslegung nach Maßgabe der entsprechend anwendbaren gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2010 – 2 B 23/10 –, juris, Rn. 7 m.w.N. und Urteil vom 11. Dezember 2008 – 7 C 3/08 –, juris, Rn. 14; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26. April 2012 – 1 A 103/15 –, juris, Rn. 8; Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 35 Rn. 56, 97 f.).
- 38
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe enthält der streitbefangene Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014 zunächst offensichtlich keine gegenüber dem zuvor ergangenen Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 neue, aufgrund einer neuen Sachentscheidung ergangene Regelung im Sinne eines Zweitbescheides. Dies ergibt sich aus dem Erklärungsinhalt des geänderten Bescheides sowie aus den konkreten näheren Umständen seines Erlasses. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2014 erweist sich darüber hinaus indessen nach objektiven Kriterien nicht einmal als eine sog. wiederholende Verfügung, durch die auf eine in der Vergangenheit getroffene Regelung erneut und bestätigend hingewiesen werden soll (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 35 Rn. 97 f.). Die Änderungen waren vorliegend vielmehr veranlasst durch die Feststellung von Fehlern im Rubrum und betrafen den Inhalt des Bescheides nicht. Es erfolgte lediglich die Berichtigung unstreitig offensichtlicher – formaler – Unrichtigkeiten im Sinne von § 42 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 LVwVfG-RP in der Betreffzeile (Richtigstellung der Bezeichnung sowie Ergänzung des Rubrums um ein Wort), die von vornherein nicht den Inhalt und Regelungsgegenstand des Bescheides betraf. Dieser blieb unverändert und ist wortgleich mit dem vorangegangenen Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014. Da nur die Korrektur der festgestellten unrichtigen Formulierungen im Rubrum erfolgen sollte, bestand aus der Sicht des Beklagten auch keinerlei Veranlassung für den Eintritt in eine erneute Sachprüfung. Die Berichtigung nach § 42 VwVfG stellt indessen keinen Verwaltungsakt dar. Sie zielt nicht auf eine Regelung und soll den zu berichtigenden Verwaltungsakt nicht in seinem Regelungsgehalt ändern, sondern nur den wahren Willen der Behörde klarstellen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 42, Rn. 32; aus der Rspr. etwa: BayVGH, Beschluss vom 13. Januar 1997 – 12 CE 96.504 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Januar 2010 – 9 N 1/09 –).
- 39
Unabhängig hiervon konnte auf Klägerseite im Hinblick auf den von den Beteiligten dargestellten Inhalt der mit dem Zeugen B. geführten Telefongespräche auch kein Vertrauen dahingehend entstehen, dass durch den geänderten Bescheid vom 23. Dezember 2014 die Klagefrist erneut in Lauf gesetzt werden sollte. Es kann deshalb offen bleiben, ob und in welcher Weise ein unter den gegebenen Umständen entstandenes Vertrauen auch rechtlich schützenswert wäre und welche Grenzen die prozessuale Frist des § 74 VwGO einem solchen Vorgehen ohnehin setzen würde. Gegen eine neu in Gang gesetzte Klagefrist spricht von vornherein, dass der geänderte Bescheid nicht förmlich zugestellt wurde (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO) und dementsprechend keinen Postausgangsvermerk trägt, was bereits die Ermittlung der (vermeintlich) erneut in Gang gesetzten Klagefrist erheblich erschwert hätte.
- 40
In diesem Zusammenhang hat der Zeuge B. bekundet, dass er selbst nach Absenden des ersten Bescheides einige Fehler festgestellt, daraufhin den Kläger angerufen und dies (wohl dem Vater des Klägers) mitgeteilt habe. Er habe zugesagt, dass das Schreiben abgeändert und er ein neues erhalten werde. Dies stimmt – jedenfalls was den Inhalt des Telefonats angeht – mit den Angaben des Zeugen Dr. T. R., dem Vater des Klägers, überein. Dieser erklärte insoweit, dass er mit dem Zeugen B. über die Fehler des ersten Bescheides und deren Relevanz gesprochen und letzterer den Erlass eines neuen Bescheides zugesagt habe. Aufgrund dieser Angaben, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, steht für die Kammer fest, dass Gegenstand des Telefongesprächs zwischen dem Zeugen Dr. R. und dem Zeugen B. lediglich die bevorstehende Korrektur von formalen Unrichtigkeiten gewesen ist. Dass über Auswirkungen der Berichtigung auch auf den Lauf der Rechtsmittelfrist gesprochen worden ist, hat keiner der beiden Zeugen angegeben. Dies ist auch ohne weiteres nachvollziehbar vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen B. auf entsprechende Frage des Gerichts, dass er den Bescheid nur habe richtig stellen wollen und sich nicht mit der Frage der Eröffnung einer neuen Frist beschäftigt habe, wofür zudem die formlose Übersendung entgegen der zwingenden Voraussetzung des § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO spricht. Damit bestand aus Sicht des Zeugen B. auch keinerlei Anlass, sich zur Fristenfrage zu äußern. Damit konnte und durfte der Zeuge Dr. R. bei verständiger Würdigung des Gesprächsinhalts, wie er vor Gericht wiedergegeben wurde, nicht davon ausgehen, dass durch die erfolgte Berichtigung eine neue Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt würde, sofern er als juristischer Laie derartige Erwägungen überhaupt hätte anstellen können.
- 41
Diese Schlussfolgerung lässt aber auch die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers, dem Zeugen Dr. M., so wiedergegebene Äußerung des Zeugen B. während eines Telefongesprächs zu, dass der erste Bescheid „weggelegt“ werden könne und ein neuer, nunmehr maßgeblicher Bescheid ergehen werde. Dass über die Rechtmittelfrist ausdrücklich gesprochen worden ist, hat der Zeuge Dr. M. damit auch nicht behauptet, sondern nur angegeben, er sei „davon ausgegangen“, dass mit Ergehen eines neuen Bescheides auch eine neue Frist eröffnet werde. Für eine solche, lediglich subjektive Einschätzung bietet der von allen Zeugen im Kern übereinstimmend geschilderte Gesprächsverlauf jedoch keine objektiven Anhaltspunkte. Damit bestand – wie bereits erwähnt – zugleich kein der Klagerhebung entgegenstehendes Hindernis im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO, so dass auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kam.
- 42
Die Klage wäre ungeachtet der nach den vorangegangenen Ausführungen bereits gegebenen Unzulässigkeit aber auch unbegründet.
- 43
Es wäre zwar davon auszugehen, dass sich die begehrte Verbesserung (des Zahlenwerts) der schriftlichen Note, die teilweise in das (End)Ergebnis der Ärztlichen Prüfung einfließt, Einfluss auf die Gesamtnote haben könnte. Auch könnte der Kläger nach den zutreffenden Ausführungen des IMPP bei positiver Bewertung der kritisierten Prüfungsfrage die Note „gut“ erreichen.
- 44
Der Kläger hat aber nach Überzeugung des Gerichts nicht substantiiert dargelegt, dass seine Antwort „(C) Clavicula“ auf die Prüfungsfrage 99 (B) nicht als falsch gewertet darf, weil sie gesicherten medizinischen und bereits im Fachschrifttum veröffentlichen Erkenntnissen entspricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordern die am Gesetzeszweck ausgerichteten Maßstäbe, zuverlässige Prüfungsergebnisse zu ermöglichen (§ 14 Abs. 2 der Approbationsordnung für Ärzte – ÄAppO –), dass die Aufgaben verständlich, widerspruchsfrei und eindeutig sein müssen. Außerdem müssen sie dem vorgegebenen Prüfungsschema entsprechen, wonach der Prüfling in jeder Aufgabe eine richtige und vier falsche Antwortalternativen erwarten kann. Eine Aufgabe, die diese Merkmale nicht erfüllt, verletzt maßgebende Verfahrensvorschriften und ist deshalb rechtsfehlerhaft. Hieraus folgt, dass unlösbare Aufgaben ebenso wie unverständliche, missverständliche oder mehrdeutige Fragen nicht gestellt werden dürfen (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 1529/84 –, BVerfGE 84, 59; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 2004 – 9 S 2075/02 –, juris, Rn. 31).
- 45
Die Frage 99 (B) ist jedoch nicht unlösbar, unverständlich oder missverständlich. Sie ist insbesondere auch nicht, wie der Kläger meint, mehrdeutig und zwingt den Prüfling nicht, zwischen mehreren richtigen Ergebnissen wählen zu müssen, was in der Tat ein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze im Antwort-Wahl-Verfahren bedeuten würde.
- 46
Die vom beigeladenen IMPP als richtig festgelegte Antwort „(E) Scapula“ beantwortet die gestellte Frage zutreffend, was sich aus den vom Beklagten und dem Beigeladenen vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen sowie den eingehenden und für die Kammer nachvollziehbaren Ausführungen und Demonstrationen des Vertreters des Beigeladenen, Herrn Medizinaldirektor Dr. F., in den mündlichen Verhandlungen ergibt. Dieses Ergebnis folgt nicht zuletzt, worauf der Beigeladene zutreffend hinweist, auch aus der Vorgabe im Text der Prüfungsaufgabe, dass ein Muskel (und nicht ein Teil eines Muskels) markiert ist, dessen Ansatz bezeichnet werden soll. Schon dies schließt es aus, dass, wie der Kläger meint, der markierte Muskel als Teil (Pars descendens) des Musculus trapezius angesehen werden kann.
- 47
Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht unter Bezugnahme auf medizinische Fachliteratur substantiiert dargelegt, dass und warum sich die Richtigkeit oder zumindest Vertretbarkeit der von ihm gewählten Antwort ergibt. Seine Behauptung, der in der Abbildung 8 der Bildbeilage markierte Muskel könne wegen der stark hypertrophierten Muskeln des abgebildeten Bodybuilders (auch) als nicht angespannter wulstiger Vorderrand des Musculus trapezius (Pars descendens) angesehen werden, hat er nicht durch entsprechende Auszüge aus der Fachliteratur belegt. Die von ihm vorgelegten Abbildungen aus Anatomie- und sonstigen medizinischen Lehrbüchern zeigen lediglich den „normalen“ Verlauf der Muskeln und deren Ansätze. Sie lassen keinerlei Zusammenhang mit der vom Kläger behaupteten Veränderung des Muskelverlaufs bei Bodybuildern erkennen.
- 48
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 49
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt
- 1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird, - 2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, - 3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfling unter Aufsicht schriftlich gestellte Aufgaben zu lösen. Er hat dabei anzugeben, welche der mit den Aufgaben vorgelegten Antworten er für zutreffend hält. Die schriftliche Prüfung kann auch rechnergestützt durchgeführt werden.
(2) Die Prüfungsaufgaben müssen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen.
(3) Für die schriftlichen Prüfungen sind bundeseinheitliche Termine abzuhalten. Bei der Festlegung der Prüfungsaufgaben sollen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe einer Vereinbarung der Länder einer Einrichtung bedienen, die die Aufgabe hat, Prüfungsaufgaben für Prüfungen im Rahmen der ärztlichen Ausbildung sowie eine Übersicht von Gegenständen, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können, herzustellen. Dabei sind jeweils allen Prüflingen dieselben Prüfungsaufgaben zu stellen. Bei der Aufstellung der Prüfungsaufgaben ist festzulegen, welche Antworten als zutreffend anerkannt werden.
(4) Die Prüfungsaufgaben sind durch die nach Absatz 3 Satz 2 zuständigen Stellen vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses darauf zu überprüfen, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2 Satz 1, fehlerhaft sind. Ergibt diese Überprüfung, dass einzelne Prüfungsaufgaben fehlerhaft sind, sind diese bei der Feststellung des Prüfungsergebnisses nicht zu berücksichtigen. Die vorgeschriebene Zahl der Aufgaben für die einzelnen Prüfungen (§ 23 Absatz 2 Satz 1, § 28 Absatz 3 Satz 1) mindert sich entsprechend. Bei der Bewertung der schriftlichen Prüfung nach den Absätzen 6 und 7 ist von der verminderten Zahl der Prüfungsaufgaben auszugehen. Die Verminderung der Zahl der Prüfungsaufgaben darf sich nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirken.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann bei Prüflingen, die die ordnungsgemäße Durchführung der Aufsichtsarbeit in erheblichem Maße gestört oder sich eines Täuschungsversuches schuldig gemacht haben, die schriftliche Prüfung mit der Note "nicht ausreichend" bewerten. Ist eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so gilt dieser Prüfungsteil für diese Teilnehmer als nicht unternommen. Die Entscheidung darüber, ob eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, trifft die nach Landesrecht zuständige Stelle. § 18 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.
(6) Die schriftliche Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens 60 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 Prozent die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und fünf Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben.
(7) Die Leistungen in der schriftlichen Prüfung sind wie folgt zu bewerten:
Hat der Prüfling die für das Bestehen der Prüfung nach Absatz 6 erforderliche Mindestzahl zutreffend beantworteter Prüfungsfragen erreicht, so lautet die Note
"sehr gut", | wenn er mindestens 75 Prozent, |
"gut", | wenn er mindestens 50, aber weniger als 75 Prozent, |
"befriedigend", | wenn er mindestens 25, aber weniger als 50 Prozent, |
"ausreichend", | wenn er keine oder weniger als 25 Prozent |
der darüber hinaus gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat.
(8) Stehen Aufsichtsarbeiten am 14. Werktag nach dem letzten Tag der Prüfung für die Auswertung nicht zur Verfügung, so ist die durchschnittliche Prüfungsleistung im Sinne des Absatzes 6 aus den zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Aufsichtsarbeiten zu errechnen. Die so ermittelte durchschnittliche Prüfungsleistung gilt auch für später auszuwertende Aufsichtsarbeiten.
(9) Das Ergebnis der Prüfung wird durch die nach Landesrecht zuständige Stelle festgestellt und dem Prüfling mitgeteilt. Dabei sind anzugeben
- 1.
die Prüfungsnoten, - 2.
die Bestehensgrenze, - 3.
die Zahl der gestellten und die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Aufgaben insgesamt, - 4.
die durchschnittliche Prüfungsleistung aller Prüflinge im gesamten Bundesgebiet und - 5.
die durchschnittliche Prüfungsleistung der in Absatz 6 als Bezugsgruppe genannten Prüflinge.
(10) Die nach Landesrecht zuständige Stelle teilt den Universitäten mit, welche Prüflinge den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden haben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.