Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Sept. 2017 - 9 A 589/16

bei uns veröffentlicht am20.09.2017

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Umbettung der auf dem Friedhof der Beklagten in F. (einstellige Wahlgrabstelle L/18/2) beigesetzten Urne der Mutter der Beigeladenen, Frau G..

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Die Grabstelle wurde nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten anlässlich der (Erd-)Bestattung des Herrn C. im Jahre 2000 von seiner Ehefrau, C., für die Dauer von 25 Jahren erworben. Im Jahre 2005 fand darin unter Verlängerung der Nutzungszeit bis zum Jahre 2030 die Beisetzung der Urne von Frau C. statt. Die Gemeinde F. richtete einen darauf beruhenden Gebührenbescheid unter dem 14.12.2005 an die Klägerin. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten übernahmen danach die Beigeladene sowie der Bruder der Klägerin, Herr C., die Grabpflege; die Klägerin will mehrmals jährlich das Grab aufgesucht haben.

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Am 04.10.2014 lies die Beigeladene über das Bestattungsinstitut S. in der Grabstelle die Urne ihrer Mutter mit Zustimmung der Beklagten ohne Einverständnis der Klägerin beisetzen und eine Gedenktafel ohne Verankerung aufstellen. Nachdem die Klägerin daraufhin die Beisetzung zur Kenntnis nahm, richtete sie sich mit Schreiben vom 21.03.2016 an die Beklagte im Wesentlichen mit dem Ansinnen, eine Umbettung der Urne vorzunehmen. Die Klägerin machte geltend, sie sei mit der Beisetzung einer Nicht-Familienangehörigen auf der Grabstelle nicht einverstanden. Auch sei sie an dem auf die Bestattung gerichteten Verfahren in keiner Weise beteiligt worden. Zudem könne wegen der - vollständigen - Grabbelegung ihre Bestattung dort nicht mehr stattfinden.

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Nach wechselseitigem Schriftverkehr lehnte die Beklagte mit hier streitigem Bescheid vom 22.04.2016 das Umbettungsbegehren der Klägerin ab. Sie führte zur Begründung aus, zum Zeitpunkt des Beauftragung der Bestattung von Frau G. sei unterstellt worden, es läge die Zustimmung aller Grabnutzungsberechtigten vor. Zudem sei auch noch im Dezember 2015 die Umbettung der Urne von der Klägerin nicht verlangt worden, sondern erst im März 2016. Einer Umbettung könne zudem nur aus wichtigem Grund zugestimmt werden; liege ein solcher nicht vor, sei der Totenruhe stets Vorrang einzuräumen. Den daraufhin von der Klägerin eingelegten Widerspruch vom 26.04.2016 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2016 als unbegründet zurück.

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Am 25.08.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr vorprozessuales Vorbringen. Sie sieht insbesondere ihr Grabnutzungsrecht im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nicht hinreichend gewürdigt.

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Der Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2016 zu verpflichten, ihrem Umbettungsantrag vom 21.03.2016 stattzugeben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verteidigt die streitigen Bescheide. Die Klägerin sei bereits nicht berechtigt, die Umbettung zu verlangen. Denn nach den vorliegenden Unterlagen seien sowohl ihr Bruder als auch ihre Schwester mit der Beisetzung von Frau G. einverstanden gewesen. Dabei handele es sich um die Mehrheit der Grabnutzungsberechtigten. Da die zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter geltende Friedhofssatzung der ehemaligen Gemeinde F. keine Regelungen zum Übergang des Grabnutzungsrecht enthielt, seien von ihr die Bestattungspflichtigen in ständiger Übung als Grabnutzungsberechtigte angesehen worden. Der Erfolg der Klage scheitere zudem daran, dass nur Angehörige der Beigesetzten, zu denen die Klägerin nicht gehöre, antragsbefugt in Bezug auf eine Umbettung seien. Die Umbettung sei auch zu Recht versagt worden, weil die Totenfürsorgeberechtigte der Beigesetzten ihr Einverständnis dafür versagt habe. Der Schutz der Totenruhe überwiege damit ihre Rechte an der Grabstätte.

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Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie erklärt, es sei der Wille ihrer Mutter gewesen, in dem Grab beigesetzt zu werden, zumal auch sie seit Jahren bei der Grabpflege geholfen habe. Die Klägerin sei von der Beisetzung nicht in Kenntnis gesetzt worden. Dies sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass sie sich nicht an der Grabpflege beteiligt habe. Deshalb sei sie, die Beigeladene, insbesondere auch wegen des vorbehaltlosen Einverständnisses der Beklagten von einer insoweit bestehenden Berechtigung ausgegangen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

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Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte einer Umbettung der auf dem Friedhof in F. (Grabstelle L/18/2) beigesetzten Urne der Frau G. zustimmt; der dies ablehnende Bescheid vom 22.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2016 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

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a) Das von der Klägerin im Wesentlichen auf ihr Grabnutzungsrecht gestützte Begehren, nämlich die Zustimmung der Beklagten zur Umbettung der auf der Grabstelle beigesetzten Urne der Frau G. zu erreichen, kann sie im Wege der Folgenbeseitigung verfolgen (vgl. VGH Kassel, U. v. 07.09.1993 - 11 UE 1118/92 -; OVG Münster, B. v. 10.11.1998 - 19 A 1320/98 -, beide juris). In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass der Inhaber eines subjektiven öffentlichen Rechts, namentlich eines Grundrechts, von dem Träger öffentlicher Gewalt, dessen Handeln ihn in seinen Rechten verletzt, nicht nur das künftige Unterlassen dieses rechtswidrigen Verwaltungshandelns verlangen kann, sondern auch, dass dieser die tatsächlichen Folgen seines rechtswidrigen Handelns beseitigt (vgl. BVerwG, U. v. 26. 08.1993 - 4 C 24/91 - und v. 06.09.1988 - 4 C 26.88 -, beide juris). Normative Grundlage dieses öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist das beeinträchtigte subjektive Recht in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist nach insoweit unumstrittenem Stand der Rechtsprechung jedenfalls unter folgenden Voraussetzungen grundsätzlich gegeben: Es muss ein hoheitlicher Eingriff vorliegen, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der andauert. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung entfällt allerdings, wenn der verpflichtete Rechtsträger nicht mehr die Rechtsmacht besitzt, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der erstrebte Zustand nach der derzeitigen Rechtsordnung unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.1993, a.a.O.), bzw. das Begehren sich als unzulässige Rechtsausübung darstellt.

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Die Klägerin hat ihr Umbettungsverlangen auch zu Recht gegen die Beklagte gerichtet, da sie mit der Zulassung der Bestattung der Verstorbenen G. in der Grabstätte die Ursache für das Begehren gesetzt hat und auch nur sie als Einrichtungsträgerin (vgl. §§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 2 Satz 3 BestattG LSA) in der Lage ist, diesen Zustand wieder rückgängig zu machen. Allein die totenfürsorgeberechtigte Beigeladene wäre dagegen nicht berechtigt, dieses Begehren aus eigenem Recht zu erfüllen. Denn aus dem Einrichtungsrecht der Beklagten folgt, dass nur sie selbst Handlungen vornehmen bzw. diese von Dritten (Grabnutzungsberechtigte, Totenfürsorgeberechtigte und -verpflichtete) - ggf. durch Verwaltungsakt - fordern kann (vgl. Gaedke, Friedhofs- und Bestattungsrecht, 9. Aufl., S. 196). Die insoweit notwendigen Rechtsbindungen sowohl für ebenfalls Grabnutzungsberechtigten als auch für die Totenfürsorgeberechtigten werden im gerichtlichen Verfahren durch Beiladungen bewirkt (vgl. insoweit OVG Münster, U. v 12.12.2012 - 19 A 2207/11 -, Rn. 109, juris).

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Das Umbettungsrecht steht auch im Lichte von § 24 Abs. 1 Satz 1 BestattG LSA, 12 Abs. 3 Satz 2 der Friedhofssatzung vom 10.11.2012 [FS] nicht nur einem Angehörigen zur Seite. Denn Regelungsinhalt von § 24 Abs. 1 Satz 1 BestattG LSA ist keine diesbezügliche Beschränkung auf die Angehörigen; vielmehr soll die Umbettung ausweislich der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz allein unter Erlaubnisvorbehalt des Friedhofsträgers gestellt werden. Da das Grabnutzungsrecht unter dem Schutz von Artikel 14 Abs. 1 GG steht (s. u.), ist die Beklagte auch nicht befugt, ein Umbettungsverlangen im Rahmen ihrer Satzung insoweit einzuschränken.

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b) Eine im Wege der Folgenbeseitigung zu bewirkende Umbettung setzt voraus, dass die Bestattung rechtswidrig war und der die Umbettung Begehrende dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Es kann hier schlussendlich dahinstehen, ob der Klägerin überhaupt das Recht zur Seite steht, die Umbettung verlangen zu können und ob die Bestattung rechtswidrig war (aa). Denn selbst dies unterstellt, ist der Klägerin die Verletzung des jedenfalls auch ihr zustehenden (Grabnutzungs-)Rechte eher zuzumuten als die Störung der Totenruhe, die sowohl die Beigeladene als Totenfürsorgeberechtigte als auch die Beklagte zu schützen haben (bb).

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aa) Für die Rechtswidrigkeit der Beisetzung von Frau G. spricht, dass in einem - wie hier - Erdwahlgrab i. S. v. §§ 14 Abs. 2 lit. b), 16 Abs. 3 FS regelmäßig nur Angehörige des Nutzungsberechtigten beigesetzt werden dürfen. Bei Frau G. handelte es sich jedoch weder um eine Angehörige der Klägerin noch ihres Bruders. Auch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 3 FS dürften hier - bei einem unterstellten Grabnutzungsrecht für die Kinder des Herrn und Frau C. - nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist zwar die Beisetzung anderer Personen mit besonderer Genehmigung der Beklagten zulässig. Diese verlangt jedoch nach Auffassung des Gerichts das Einverständnis a l l e r Nutzungsberechtigten. Denn bei einem gemeinschaftlichen Nutzungsrecht bilden die Inhaber eine Gemeinschaft nach §§ 744 ff. BGB. Unstreitig ist die Klägerin insoweit gar nicht beteiligt gewesen. Ohne Erfolg könnte sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch nicht auf das Bestehen einer Anscheinsvollmacht der Beigeladenen berufen. Zwar wäre eine eigene Antragstellung durch die Klägerin dann entbehrlich, wenn die Beigeladene nach Rechtsscheingrundsätzen bevollmächtigt war. Denn als Bevollmächtigter ist auch derjenige, der ohne Nachweis seiner Vollmacht gegenüber der Behörde wie ein Bevollmächtigter auftritt, anzusehen, wenn der von ihm durch sein Auftreten erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung dem Vertretenen zurechenbar ist. Dabei wird von einer Anscheinsvollmacht gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters zwar nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters. Eine Duldungsvollmacht, deren dogmatische Einordnung im Einzelnen umstritten ist, liegt dagegen vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. BFH, B. v. 03.03.2003 - IX B 206/02 -, juris, m. w. N.). Diese Voraussetzungen dürfen hier in Bezug auf das Handeln der Beigeladenen im Zusammenhang mit der Beisetzung ihrer Mutter, Frau G., nicht vorliegen. Insoweit ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beigeladene gegenüber der Beklagten überhaupt den Rechtsschein eines Handelns für die Klägerin gesetzt hat. Dies ist umso fernliegender, da nicht sie, sondern allein ihr Ehemann überhaupt gemeinsam mit der Klägerin Rechte an der Grabstätte innehaben kann. Mit diesem dürfte sie sich zudem aufgrund der stetigen Grabpflege eher als Verfügungsberechtigte über das Grabnutzungsrechts gesehen haben, was dagegen streitet, dass die Beigeladene überhaupt bestrebt war, gegenüber der Beklagten den Anschein einer Vollmacht zu erwecken.

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Es sprechen auch gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin neben ihren Geschwistern Nutzungsberechtigte an der Grabstätte L/18/2 auf dem Friedhof der Beklagten in F. ist. Zwar hat dieses zur Überzeugung des Gerichts zunächst Frau A C. zugestanden. Hat die zum Zeitpunkt ihres Todes im Jahre 2005 noch bestehende Friedhofssatzung der Gemeinde F. nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten keine Regelungen zum Übergang des Nutzungsrechts getroffen, so ist dieser anhand der seinerzeit bestehenden Ortsüblichkeit zu beurteilen (vgl. VG Magdeburg, U. v. 13.05.2014 - 9 A 133/13 -, juris). Nach dem ebenfalls im Verfahren unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten sind seinerzeit von der Gemeinde F. regelmäßig die Bestattungspflichtigen im Sinne von §§ 14 Abs. 2, 10 BestattG LSA als Nutzungsberechtigte, hier die 3 Kinder der Verstorbenen C., angesehen worden. Dem dürfte auch der Benutzungsgebührenbescheid vom 14.12.2005 nicht gleichsam entgegenstehen. Denn eine Mehrheit von Nutzungsberechtigten schuldet die Friedhofsgebühr regelmäßig als Gesamtschuldner; der Gläubiger ist jedoch berechtigt, von jedem Gesamtschuldner die Forderung in vollen Höhe, jedoch nur einmal, zu fordern (§ 421 BGB). Es ist mithin nicht auszuschließen, dass die Klägerin lediglich als Gesamtschuldnerin für die Nutzungsberechtigten herangezogen wurde.

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Aus dieser Rechtsposition heraus ist die Klägerin berechtigt, die Umbettung gerichtlich geltend zu machen. Dem dürfte auch ein auf die Zulässigkeit der Bestattung gerichteter (Mehrheits-)Beschluss ihrer Geschwister C. und H. nicht entgegenstehen. Zwar kann durch Stimmenmehrheit eine die Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung beschlossen werden (§ 745 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da es sich bei dem Grabnutzungsrecht jedoch um ein von der Behörde "verliehenes" öffentlich-rechtliches Sonderrecht handelt (vgl. VG Magdeburg, U. v. 18.10.2013 - 9 A 155/12 -, juris), können Mehrheitsbeschlüsse nicht solche Umstände betreffen, die das Grabnutzungsrecht selbst betreffen.

21

bb) Die Klägerin kann jedoch auch bei einer angenommenen rechtswidrigen Beisetzung der Urne von Frau G. und einer in ihrer Person aus dem Grabnutzungsrecht resultierenden Abwehrrecht die mit einer Störung der Totenruhe einhergehende Umbettung nicht verlangen; ihr steht insoweit kein wichtiger Grund im Sinne von § 13 Abs. 1 FS zur Seite.

22

Zwar fällt das Grabstättennutzungsrecht zumindest in seinem Kernbereich unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. OVG Münster, B. v. 10.11.1998 - 19 A 1320/98 -, juris; Gaedke, a. a. O., S. 161) und die Klägerin hat schon wegen der Verletzung dieses Rechts ein Interesse an der Umbettung (vgl. auch VGH Kassel, U. v. 07.09.1993, a. a. O.). Allerdings reicht dies nicht aus, um im Rahmen des bei der Kollision zweier durch Grundrechte geschützter Rechtsgüter vorzunehmenden verhältnismäßigen Ausgleichs nach den Kriterien der Zumutbarkeit ein Überwiegen der Interessen der Klägerin anzunehmen. Denn Art. 1 Abs. 1 GG, der den Schutz der Totenruhe gewährleistet, hat auf Grund des durch Art. 79 Abs. 3 GG geschaffenen Wertsystems, wodurch Art. 1 GG zu den "tragenden Konstitutionsprinzipien" gehört, einen besonderen, unantastbaren Rang. In der Regel darf daher der Friedhofsträger gegen den Willen des Totenfürsorgeberechtigten, hier der Beigeladenen, der Umbettung nicht zustimmen oder diese bewirken. Denn die Wahrung der Totenruhe, mit dem auch das allgemeine öffentliche Interessen an der Beibehaltung des Begräbnisplatzes verbunden ist (vgl. VG Hamburg, U. v. 12.02.2001 - 7 VG 3779/00 -, juris), geht dann grundsätzlich allen anderen Gesichtspunkten vor; nur ausnahmsweise darf auch gegen den Willen des Totenfürsorgeberechtigten eine Umbettung vorgenommen werden, wenn der angestrebte Erfolg anders nicht zu erreichen ist und wirklich zwingende Gründe die Maßnahme bedingen (vgl. OVG Münster, B. v. 10.11.1998, a. a. O.).

23

Bei der auch hier gebotenen Abwägung nach den Grundsätzen der Zumutbarkeit sind solche gewichtigen Gründe für die Störung der Totenruhe nicht ersichtlich. Denn infolge der Fehlbestattung ist das Grabnutzungsrecht der Klägerin nicht - vollständig - entzogen, sondern nur beeinträchtigt. Besonderes Gewicht kommt dabei dem Umstand zu, dass der seinerzeitige Grund für den Erwerb des Nutzungsrechts bereits verwirklicht werden konnte. Denn die gemeinsame Bestattung der Eltern der Klägerin konnte vollzogen werden und bleibt aufrechterhalten. Sofern die Klägerin demgegenüber geltend macht, mit der Beisetzung der 2. Urne kann sie ihre Zubettung in das Grab der Eltern wegen § 14 Abs. 6 FS nicht mehr verlangen, so spricht gegen eine insoweitige besondere Berücksichtigungsfähigkeit, dass sie nicht alleinige Grabnutzungsberechtigte ist (s. o.), so dass dieses Recht gar nicht zu ihrer ausschließlichen Disposition steht.

24

Die Beigeladene übt die ihr als Totenfürsorgeberechtigte zukommende Erklärungsmacht hinsichtlich ihres Einverständnisses mit einer Umbettung auch nicht rechtmissbräuchlich aus. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. U. v. 14.04.1978 - 4 C 6.76 -; B. v. 05.03.1998 -; B. v. 17.08.2011 - 3 B 36.11 - und U. v. 20.03.2014 - 4 C 11.13 -, alle juris) beschränkt zwar die für die Beklagte rechtliche Beachtlichkeit der der Beigeladenen zustehenden Erklärungsmacht. Anders gewendet: Für die Behörde ist die mangelnde Zustimmung nur dann rechtlich beachtlich, wenn sie nicht Ausdruck eines rechtsmissbräuchlichen Umgangs mit dieser Erklärungsmacht ist. Dies wäre u. a. dann der Fall, wenn die Totenfürsorgeberechtigte damit gegen den mutmaßlichen Willen der Bestatteten handelt. Dies ist vorliegend jedoch nicht festzustellen. Dieser Wille ist im Rahmen der Interessenabwägung auch nicht etwa deshalb irrelevant, weil er auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet war. Denn Herr C., der Mann der Beigeladenen, ist jedenfalls mitberechtigt an der Grabstätte, weshalb bei einem Einverständnis aller Berechtigten und der Beklagten die Beisetzung rechtlich auch in dieser Grabstelle möglich war. Dass ihre Beisetzung schlussendlich in rechtswidriger Weise erfolgte, spricht jedenfalls nicht gegen einen auf den Bestattungsort gerichteten und abwägungsrelevanten Bestattungswillen von Frau G.. Zudem ist die Rechtswidrigkeit bereits Voraussetzung für den Folgenbeseitigungsanspruch, weshalb diesem Aspekt im Rahmen der Interessenabwägung nur eine geringe Bedeutung beizumessen ist. Die Beigeladene hat vorliegend ihre Erklärungsmacht auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich ausgeübt, da sie aufgrund der langjährigen Grabpflege im Zusammenhang mit der Bestattung eher "im guten Glauben" handelte und auch ihr diesbezügliches Verhalten gegenüber der Beklagten nicht von solchen Aspekten (Arglist, Täuschung etc.) geprägt war, die die nunmehr verweigerte Zustimmung zur Umbettung als treuewidrig erscheinen lassen müssten.

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Auch sind hinsichtlich des aus dem Totenfürsorgerecht folgenden angemessenen Totengedenken und dem Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts der Eltern keine besonderen Gründe ersichtlich, die die Aufrechterhaltung des Zustandes für die Klägerin als nicht zumutbar erscheinen lassen. Insoweit kämen aus der Sicht des Gerichts allenfalls solche Umstände von besonderem Gewicht in Betracht, wie sie etwa von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Freistellung von der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht angenommen werden. Dies wäre allenfalls bei einem besonders groben Fehlverhalten des fehlerhaft Bestatteten gegenüber den Bestatteten bzw. deren Totenfürsorgeberechtigten der Fall (z. B. Begehung einer Straftat etc.; vgl. VG Magdeburg, U. v. 26.08.2014 - 9 A 317/13 MD -, juris). Diesen Grad erreichen die hier von der Klägerin geltend gemachten "familiären Disharmonien" in keiner Weise.

II.

26

Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt die Klägerin als Unterlegene die Kosten des Verfahrens. Mangels eigener Antragstellung konnten der Beigeladenen Kosten nicht auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Ihre außergerichtlichen Kosten waren nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären. Denn stellt ein Beigeladener im Verfahren keinen Antrag und setzt sich deshalb keinem Kostenrisiko aus, so ist es regelmäßig unbillig, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

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Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr.11 ZPO.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, welche (wirtschaftliche) Bedeutung der Rechtsstreit für die Klägerin hat.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Sept. 2017 - 9 A 589/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Sept. 2017 - 9 A 589/16

Referenzen - Gesetze

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Sept. 2017 - 9 A 589/16 zitiert 14 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Umbettung der auf dem ... Friedhof der Beigeladenen in der Grabstelle 1-7-20/21 beigesetzten Urne des Herrn M. B. .

2

Die Grabstelle wurde anlässlich der Bestattung des Herrn R. D. im Jahre 1932 von einer nicht mehr feststellbaren Person erworben. Im Jahre 1966 fand darin die Erdbestattung von Herrn W. K. und am 16.06.1989 die von seiner Ehefrau E. K., der Tochter von Herrn R. D., statt. Zudem wurden darin noch die Urnen von Herrn G. D. im Jahre 1976 und seiner Ehefrau A. D. im Jahre 1973 beigesetzt.

3

Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. sind die Kinder von W. und E. K. . Die näheren Umstände der Bestattung von Frau E. K. sind zwischen den Beteiligten ebenso im Streit, wie das Nutzungsrecht an der Grabstelle wurde nicht neu verliehen. Nach dem Tod von Frau E. K. kam es zwischen ihnen zum Streit um die Grabpflege(kosten). Die Grabpflege wurde im Wesentlichen von der Beigeladenen zu 1. wahrgenommen.

4

Am 21.05.2011 wurde auf einen in der 19. KW gestellten Antrag der Beigeladenen zu 1. in der Grabstelle die Urne des am 08.05.2011 verstorbenen M. B., dem Lebensgefährten der Beigeladenen zu 2., mit Erlaubnis der Beklagten beigesetzt. Die Beklagte stellte der Beigeladenen zu 1. nach Zahlung der Friedhofsgebühren in Höhe von 252,00 Euro unter dem 09.06.2011 eine „Urkunde über die Verlängerung des Nutzungsrechts“ an der Grabstätte bis zum 21.12.2026 aus.

5

Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 27.05.2011 an die Beklagte im Wesentlichen mit dem Ansinnen, eine Umbettung der Urne vorzunehmen. Die Klägerin machte als Grabnutzungsberechtigte geltend, sie sei mit der Beisetzung eines Nicht-Familienangehörigen auf der Grabstelle nicht einverstanden. Auch sei sie an dem auf die Bestattung gerichteten Verfahren in keiner Weise beteiligt worden.

6

Nach wechselseitigem Schriftverkehr lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2012 das Umbettungsbegehren der Klägerin ab. Sie führte zur Begründung aus, eine Umbettung könne nur aus wichtigem Grund zugestimmt werden; liege ein solcher nicht vor, sei der Totenruhe stets Vorrang einzuräumen. Zu Recht habe sie die Beigeladene zu 1. als Grabnutzungsberechtigte behandelt, da sie die Familiengrabstätte in den letzten Jahren gepflegt habe. Auch handele es sich bei dem Verstorbenen um einen Familienangehörigen, da er mit ihrer Tochter, der Beigeladenen zu 2., ein Kind habe und im August 2011 die Eheschließung beabsichtigt gewesen sei; einer besonderen Genehmigung habe es deshalb gar nicht bedurft. Frau C. habe zudem jedenfalls mit Anscheinsvollmacht gehandelt. Ungeachtet dessen komme jedoch eine Umbettung auch dann nicht in Betracht, wenn die Bestattung zu Unrecht erfolgt sein sollte. Denn selbst ein Grabnutzungsrecht der Klägerin unterstellt, lägen keine Gründe für eine Umbettung vor.

7

Den daraufhin von der Klägerin eingelegten Widerspruch vom 20.12.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2013 als unbegründet zurück.

8

Am 07.04.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr vorprozessuales Vorbringen. Sie hält daran fest, dass die Beisetzung des Herrn M. B. nicht hätte von der Beklagten zugelassen werden dürfen. Es handele sich nicht um einen Familienangehörigen, weshalb seine Beisetzung jedenfalls ohne ihr Einverständnis, was sie nicht erteilt habe, auf dem Familiengrab ausscheide. Sie werde durch die Beisetzung jedenfalls in dem auch ihr zustehenden Grabnutzungsrecht verletzt. Darüber hinaus sei infolge der Beisetzung auch die Totenruhe der bereits beigesetzten Personen gestört und in unangemessener Weise das ihr für diese Personen zustehende Totenfürsorgerecht, welches auch ein eigenverantwortliches Trauerrecht umfasse, beeinträchtigt.

9

Der Klägerin beantragt,

10

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2013 zu verpflichten, die auf dem ... Friedhof in der Grabstelle 1-7-20/21 beigesetzte Urne des Herrn M. B. zu entfernen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie verteidigt die streitigen Bescheide. Die Grabnutzungsverhältnisse seien jedenfalls für die Zeit nach dem Tod von Frau E. K. nicht mehr konkret nachvollziehbar. Eine ausdrückliche Neuverleihung des Nutzungsrechts sei weder erforderlich gewesen noch erfolgt. Aufgrund der Grabpflege durch die Beigeladene zu 1. sei sie jedoch davon ausgegangen, dass jedenfalls auch sie Grabnutzungsberechtigte sei. Bei der von ihr erfolgten Anzeige der Bestattung des Herrn M. B. mit Anscheinsvollmacht auch für die Klägerin handelnd, sei deshalb zu Recht die Bestattung auch eines nicht Familienangehörigen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles zugelassen worden. Aber auch ungeachtet dessen, liege kein wichtiger Grund für eine Umbettung vor.

14

Die Beigeladene zu 1. und 2. beantragen,

15

die Klage abzuweisen.

16

Insbesondere die Beigeladene zu 1. führt aus, allein sie habe die Grabpflege seit 1989 wahrgenommen. Die Klägerin habe sich daran bis vor wenigen Jahren lediglich geringfügig beteiligt. Der Verstorbene sei ein langjähriger Freund der Familie gewesen und habe schon im Haus ihrer Eltern verkehrt. Seit 1996 sei er der Lebensgefährte ihrer Tochter gewesen. Es sei sein Wunsch gewesen, auf der Grabstelle beerdigt zu werden.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

18

Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage ist unbegründet.

19

a) Das von der Klägerin im wesentlichen auf ihr Grabnutzungsrecht gestützte Begehren, nämlich die Umbettung der auf der Grabstelle beigesetzten Urne des Herrn B., kann sie im Wege der Folgenbeseitigung verfolgen (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 07.09.1993, 11 UE 1118/92; OVG Münster, B. v. 10.11.1998, 19 A 1320/98, beide JURIS). In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass der Inhaber eines subjektiven öffentlichen Rechts, namentlich eines Grundrechts, von dem Träger öffentlicher Gewalt, dessen Handeln ihn in seinen Rechten verletzt, nicht nur das künftige Unterlassen dieses rechtswidrigen Verwaltungshandelns verlangen kann, sondern auch, dass dieser die tatsächlichen Folgen seines rechtswidrigen Handelns beseitigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. 08.1993, 4 C 24/91 und v. 06.09.1988, 4 C 26.88, beide JURIS). Normative Grundlage dieses öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist das beeinträchtigte subjektive Recht in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist nach insoweit unumstrittenem Stand der Rechtsprechung jedenfalls unter folgenden Voraussetzungen grundsätzlich gegeben: Es muss ein hoheitlicher Eingriff vorliegen, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der andauert. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung entfällt allerdings, wenn der verpflichtete Rechtsträger nicht mehr die Rechtsmacht besitzt, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der erstrebte Zustand nach der derzeitigen Rechtsordnung unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.1993, a.a.O.), bzw. das Begehren sich als unzulässige Rechtsausübung darstellt.

20

Die Klägerin hat ihr Umbettungsverlangen auch zu Recht gegen die Beklagte gerichtet, da sie mit der Zulassung der Bestattung des Verstorbenen M. B. in der Grabstätte die Ursache für das Begehren gesetzt hat und auch nur sie als Einrichtungsträgerin (vgl. §§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 2 Satz 3 BestattG LSA) in der Lage ist, diesen Zustand wieder rückgängig zu machen. Allein die Totenfürsorgeberechtigte Beigeladene zu 2. wäre dagegen nicht berechtigt, dieses Begehren aus eigenem Recht zu erfüllen. Denn aus dem Einrichtungsrecht der Beklagten folgt, dass nur sie selbst Handlungen vornehmen bzw. diese von Dritten (Grabnutzungsberechtigte, Totenfürsorgeberechtigte und -verpflichtete) - ggf. durch Verwaltungsakt - fordern kann (vgl. Gaedke, Friedhofs- und Bestattungsrecht, 9. Aufl., S. 196). Die insoweit notwendigen Rechtsbindungen für die ebenfalls Grabnutzungsberechtigte als auch für die Totenfürsorgeberechtigte werden im gerichtlichen Verfahren durch die Beiladungen bewirkt (vgl. insoweit OVG Münster, Urt. v 12.12.2012, 19 A 2207/11, R. 109, JURIS).

21

Das Umbettungsrecht steht auch im Lichte von § 24 Abs. 1 Satz 1 BestattG LSA, 12 Abs. 3 der Friedhofssatzung vom 12.12.2001 i. d. F. vom 12.12.2007 [FS] nicht nur einem Angehörigen zur Seite. Denn Regelungsinhalt von § 24 Abs. 1 Satz 1 BestattG LSA ist keine diesbezügliche Beschränkung auf die Angehörigen; vielmehr soll die Umbettung ausweislich der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz allein unter Erlaubnisvorbehalt des Friedhofsträgers gestellt werden. Da das Grabnutzungsrecht unter dem Schutz von Artikel 14 Abs. 1 GG steht (s. u.), ist die Beklagte auch nicht befugt, ein Umbettungsverlangen im Rahmen ihrer Satzung insoweit einzuschränken.

22

b) Eine im Wege der Folgenbeseitigung zu bewirkende Umbettung setzt voraus, dass die Bestattung rechtswidrig war und der die Umbettung Begehrende dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Es kann hier dahinstehen, ob die Bestattung rechtswidrig war (aa). Denn selbst diese unterstellt, werden Rechte der Klägerin deshalb nicht verletzt, weil sie weder Inhaberin des Nutzungsrechts an der Grabstätte, auf der die Bestattung erfolgte (bb), noch Totenfürsorgeberechtigte des Verstorbenen (cc) ist.

23

aa) Für die Rechtswidrigkeit der Beisetzung von Herrn B. könnte sprechen, dass in einer - wie hier - Familiengrabstätte i. S. v. §§ 13 Abs. 2 lit. b), 19 FS (vgl. auch Ziffern 20.2. und 27. Friedhofsordnung kommunaler Friedhof B-Stadt 1975 [FO]) regelmäßig nur Angehörige des Nutzungsberechtigten beigesetzt werden dürfen. Bei B. handelte es sich jedoch nicht um einen Angehörigen im Sinne der Legaldefinition von § 19 Abs. 3 Satz 3 FS.

24

Auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 Satz 2 FS dürften hier - bei einem unterstellten Grabnutzungsrecht auch für die Klägerin - nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist zwar auch die Beisetzung anderer Personen mit besonderer Genehmigung der Beklagten zulässig. Diese verlangt jedoch nach einem besonderen Antrag a l l e r Nutzungsberechtigten (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 FS). Denn bei einem gemeinschaftlichen Nutzungsrecht - auf ein alleiniges Nutzungsrecht an der Grabstelle beruft sich nicht einmal die Klägerin - bilden die Inhaber eine Gemeinschaft nach §§ 744 ff. BGB. Unstreitig hat die Klägerin einen solchen Antrag nicht gestellt.

25

Sofern sich die Beklagte in diesem Zusammenhang für die Rechtmäßigkeit ihres Handelns darauf beruft, sie habe jedenfalls vom Bestehen einer Anscheinsvollmacht der Klägerin ausgehen dürfen, so dürfte dies ebenfalls nicht tragen. Zwar wäre eine eigene Antragstellung durch die Klägerin - ihr Grabnutzungsrecht unterstellt - dann entbehrlich, wenn die Klägerin nach Rechtsscheingrundsätzen bevollmächtigt war. Denn als Bevollmächtigter ist auch derjenige, der ohne Nachweis seiner Vollmacht gegenüber der Behörde wie ein Bevollmächtigter auftritt, anzusehen, wenn der von ihm durch sein Auftreten erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung dem Vertretenen zurechenbar ist. Dabei wird von einer Anscheinsvollmacht gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters zwar nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters. Eine Duldungsvollmacht, deren dogmatische Einordnung im Einzelnen umstritten ist, liegt dagegen vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. BFH, B. v. 03.03.2003, IX B 206/02 m. w. N., JURIS). Diese Voraussetzungen dürfen hier in Bezug auf das Handeln der Beigeladenen zu 1. im Zusammenhang mit der Beisetzung des B. nicht vorliegen. Insoweit ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1. gegenüber der Beklagten überhaupt den Rechtsschein eines Handelns für die Klägerin gesetzt hat, zumal sie davon ausgeht, aufgrund ihrer stetigen Grabpflege alleinige Inhaberin des Grabnutzungsrechts zu sein. Allein dass es, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausführt, bei ihr „Gang und Gebe“ sei, dass bei einer Mehrzahl von Nutzungsberechtigten einer zugleich für die anderen Nutzungsberechtigten tätig werde, genügt keineswegs, um im Einzelfall eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht annehmen zu dürfen. Auch der Umstand, dass der Beklagten die Nutzungsverhältnisse an der Grabstätte nach ihren eigenen Einlassung im Verfahren nicht hinreichend bekannt waren, steht es entgegen, nach Treu und Glauben vom Bestehen einer Vollmacht auszugehen.

26

bb) Dem - eine rechtswidrige Grabbelegung unterstellt - Umbettungsverlangen der Klägerin steht jedoch entgegen, dass ihr zum Zeitpunkt der Bestattung des B. am 21.05.2011 ein (Nutzungs-)Recht an der Grabstätte nicht zustand. Denn weder hat die Klägerin greifbare Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch sind solche ersichtlich, dass auf ihre Person das im Jahre 1932 von R. D. verliehene Nutzungsrecht an der Grabstätte im Jahre 2011 überging (aaa) bzw. sie ein solches vor der Beisetzung im Jahre 2011 erworben hat (bbb).

27

aaa) Anknüpfungspunkt für den Übergang des Nutzungsrechts könnte aufgrund des Charakters der Grabstätte und ihrer Belegung allein ein bis zu ihrem Tod im Jahre 1989 bestehendes Nutzungsrecht für Frau E. K. sein, und zwar resultierend aus der im Jahre 1966 erfolgten Beisetzung ihres Ehemannes W. K. . Aber selbst dieses unterstellt, führt dies nicht zum Übergang des Nutzungsrechts auf die Klägerin.

28

Jedenfalls ist es nicht im Wege der Erbfolge auf die Erben nach Frau E. K. übergegangen. Denn das Nutzungsrecht an einer Grabstätte unterfiel nicht dem zum Todeszeitpunkt von Frau E. K. geltenden Erbrecht nach § 362 Abs. 2 Satz 1 ZGB-DDR. Insoweit fiel die Erbschaft gar nicht an (§ 363 Abs. 1 ZGB-DDR), weil Gegenstand des Erbrechts allein das persönliche Eigentum des Bürgers im Sinne von § 23 ZGB-DDR war. Zum persönlichen Eigentum gehörten zwar auch „die dem Wesen des persönlichen Eigentums entsprechenden Rechte“ (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 ZGB-DDR). Allein Gegenstand des Erbrechts war es jedoch, die Rechtsnachfolge an Gegenständen bei Tod des Eigentümers sowie die Fortsetzung bestimmter bestehender zivilrechtlicher Rechte und Pflichten zu regeln (vgl. Zivilrecht der DDR, Lehrbuch-Teil 2, Staatsverlag der DDR, 1981, S. 238 ff.).

29

Andere Rechtsgründe für den Übergang des Nutzungsrechts sind weder ersichtlich noch vorgetragen, zumal auch die hier einschlägigen Vorschriften außerhalb des Erbrechts (vgl. Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. April 1980 [GBl. DDR I Nr. 18, S. 159] sowie Friedhofsordnung kommunaler Friedhof B-Stadt 1975) eine Rechtsnachfolge hinsichtlich der Inhaberschaft eines Grabnutzungsrechts nicht vorsahen (vgl. zur Rechtsnachfolge VG Magdeburg, Urt. v. 18.10.2013, 9 A 155/12 MD, JURIS).

30

bbb) Es liegen jedoch auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin nach dem Tod von Frau E. K. allein bzw. gemeinschaftlich mit der Beigeladenen zu 1. das Nutzungsrecht an der Grabstelle nach anderen Rechtsgründen erworben hat. Bei einem solchen Recht handelt es sich um ein als subjektiv-öffentliches Sonderrecht ausgestaltetes Nutzungsrecht, welches mit dem Tod des bisherigen Rechtsinhabers untergeht, weshalb der Erwerb eines erloschenen Nutzungsrechts eine (erneute) Einzelverleihung voraussetzt. Wem das Nutzungsrecht in diesen Fällen verliehen wurde, ist im Einzelfall anhand der geltenden Vorschriften zu ermitteln (vgl. VG Magdeburg, Urt. v.17.09.2003, 9 A 534/02 MD sowie OVG LSA, B. v. 20.01.2005, 4/2 L 639/03, beide n. v.).

31

Weder hat dies die Klägerin vorgetragen noch hat das Gericht greifbare Anhaltspunkte dafür, dass sie unter der Geltung der Friedhofssatzung der Beklagten aus dem Jahre 2001 das Nutzungsrecht an der Grabstelle erworben hat, so dass es dahinstehen kann, unter welchen konkreten Voraussetzungen danach Nutzungsrechte an den in der Satzung vorgesehenen Grabstätten i. S. v. § 13 überhaupt begründet werden konnten. Aber auch nach den vor dem Inkrafttreten der Friedhofssatzung geltenden Vorschriften (hier: FO) hat die Klägerin das Nutzungsrecht an der hier relevanten Grabstelle nicht erworben. Dies ist ungeachtet des Umstandes beachtlich, dass die Friedhofssatzung der Beklagten keine Regelungen zur Fortgeltung der zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits bestehender Nutzungsrechte trifft. Denn das Gericht geht in solchen Fällen - den Grundsätzen des intertemporalen Rechts folgend - davon aus, dass neu in Kraft tretendes (Satzungs-)Recht solche Umstände, die in der Vergangenheit ihren Abschluss gefunden haben, unberührt lässt und ausschließlich für in der Zukunft entstehende Rechtstatsachen Geltung beansprucht. So dürften sich Anforderungen an die Errichtung/ Gestaltung von Grabstätten und daran bestehende Nutzungsrechte regelmäßig nach den Vorschriften richten, unter deren Geltung sie begründet wurden. Anderes dürfte für solche Regelungen gelten, die z. B. die Ordnung auf dem Friedhof betreffen.

32

Die zum Zeitpunkt des Todes von Frau E. K. und bis zum Inkrafttreten der Friedhofssatzung im Jahre 2001 geltende Friedhofsordnung stellt (ebenfalls) keine konkreten Vorschriften an die Überlassung von Grabstellen. Dies auch nicht deshalb, weil die Ziffern I.2.3. sowie IV.21.1. FO bestimmen, dass die Überlassung von Grabstellen nur nach den Bedingungen der Friedhofsordnung erfolgt. Damit wird jedoch nicht die Art und Weise der Überlassung geregelt, sondern nur, dass im Falle der Überlassung die Regelungen der Friedhofsordnung - im Sinne von allgemeinen Geschäftsbedingungen - gelten. Anders gewendet: Die Überlassung wird von dieser Vorschrift vorausgesetzt. Für diese Auslegung spricht insbesondere, dass die Art und Weise der Überlassung in der Friedhofsordnung nachfolgend gar nicht geregelt ist.

33

Bestehen danach für die Überlassung von Grabstellen keine ausdrücklichen rechtlichen oder tatsächlichen Anforderungen, so ist die Frage nach der Inhaberschaft anhand der Ortsüblichkeit zu beurteilen, wenn diese auf sachgerechten Kriterien beruht. Die Ortsüblichkeit ist deshalb maßgeblich, weil eine Kommune wegen Artikel 28 Abs. 2 GG innerhalb des ihr überlassen Wirkungskreises einen eigenen Gestaltungsspielraum hat, sofern rechtliche Regelungen - wie hier - nichts anderes vorsehen. Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in den Fällen, in denen ein ausdrücklicher Überlassungsakt nicht erfolgt ist, denjenigen als Inhaber einer Grabstätte ansieht, der mit ihm u. a. anlässlich einer Beerdigung Kontakt aufgenommen hat und nachfolgend die Grabstelle pflegt; in seiner Person besteht dann - wie bei ausdrücklichen rechtmäßigen Überlassungsakten - auch mit Rechtsbindung für das Gericht die Inhaberschaft an einer Grabstätte. Denn der Inhalt des zwischen dem Friedhofsträger und dem Grabnutzungsberechtigten begründeten Grabnutzungsverhältnisses besteht allein in der Überlassung einer Grabstelle an eine konkrete Person und hat keinen Bezug zur Ausübung des Totenfürsorgerechts im eigentlichen Sinne. Deshalb ist es nicht sachfremd, wenn der Friedhofsträger an solche tatsächlichen Aspekte anknüpft. Dies übervorteilt auch nicht die Personen, denen dieses tatsächliche Verhalten nicht zuzurechnen ist, jedoch das auch ihnen zustehende Totenfürsorgerecht mit dem Grabnutzungsrecht gleichsetzen. Diese Personen können nicht darauf vertrauen, dass der Friedhofsträger, ohne dass sie jemals ihm gegenüber in Erscheinung treten, sie als Inhaber einer Grabstätte in rechtlich beachtlicher Weise behandelt. Denn nicht nur die Fortsetzung eines Grabnutzungsrechts im Wege der Rechtsnachfolge verlangt nach einer hinreichend bestimmten Erklärung gegenüber dem Friedhofsträger (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 18.10.2013, a. a. O.), sondern auch die (erstmalige) Begründung eines solchen. Dies gilt auch bei einer Mehrheit von Totenfürsorgeberechtigten. Handelt dabei z. B. ein Totenfürsorgeberechtigter entgegen des ausdrücklichen Willens des anderen, sei es bei der Grabgestaltung oder dass er gegenüber dem Friedhofsträger dessen Willen zur [sofern dies in der Satzung überhaupt vorgesehen ist bzw. der Ortsüblichkeit entspricht] gemeinsamen Grabnutzung verschweigt, so ist dies ausschließlich zwischen den Totenfürsorgeberechtigten vor den ordentlichen Gerichten zu klären (vgl. AG Brandenburg, Urt. v. 05.03.2009, 31 C 223/08, m. w. N., JURIS). Davon streng zu trennen ist jedoch die Frage, wem das Grabnutzungsrecht zusteht.

34

Vor diesem Hintergrund ist das Gericht davon überzeugt, dass jedenfalls nicht die Klägerin Nutzungsberechtigte an der Grabstelle ist und deshalb weder die Bestattung von B. noch die ausweislich der Urkunde vom 09.06.2011 erfolgte Verlängerung des Nutzungsrechts geeignet ist, sie in eigenen Rechten zu verletzen. Sie ist bislang gegenüber dem Friedhofsträger nicht (persönlich) in Erscheinung getreten. Er hatte deshalb auch ungeachtet der der Klägerin unstreitig obliegenden Bestattungspflicht von Frau E. K. keine Veranlassung, das Grabnutzungsrecht mit ihrer Person zu verknüpfen. Allein die Beigeladene zu 1. ist - unwidersprochen - insoweit gegenüber dem Friedhofsträger in Erscheinung getreten. Sofern sich die Beigeladene zu 1., sei es im Zusammenhang mit der Beisetzung von Frau E. K. oder in der Folgezeit, absprachewidrig verhalten haben sollte, ist dies, wie oben dargelegt, für die Beurteilung der Inhaberschaft an der Grabstelle rechtlich unbeachtlich. Das Nutzungsrecht der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte während des Verwaltungs- und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ihr Handeln im Zusammenhang mit der Beisetzung des B. auch damit gerechtfertigt hat, sie habe von einer bestehenden Anscheinsvollmacht der Beigeladenen zu 1., was nur bei einem in der Person der Klägerin bestehenden Grabnutzungsrecht beachtlich wäre, ausgehen dürfen. Dies diente ersichtlich allein der nachträglichen Rechtfertigung ihres diesbezüglichen Handelns. Nicht die nachträgliche Beurteilung, sondern allein die für die Überlassung einer Grabstelle rechtserheblichen Aspekte sind jedoch der Maßstab für die Frage, wem die Inhaberschaft daran zusteht.

35

cc) Das Umbettungsverlangen kann die Klägerin auch nicht aus dem Totenfürsorgerecht verlangen; denn dieses steht ihr in Bezug auf B. unstreitig nicht zur Seite. Die sich aus familienrechtlichen Bindungen ergebende Totenfürsorge beinhaltet das Recht und die Pflicht, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte einschließlich einer Umbettung zu entscheiden (vgl. AG Brandenburg, Urt. v. 05.03.2009, a. a. O.). Das Recht und die Pflicht zur Totenfürsorge betrifft in erster Linie die nahen Angehörigen, wobei die Nähe der familienrechtlichen Beziehungen zu beachten ist; der Erblasser kann jedoch auch diesbezügliche Bestimmungen treffen (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2011, IV ZR 132/11/ JURIS). Zwar tritt die familienrechtliche Totenfürsorge neben der allein aus Gründen der Gefahrenabwehr resultierenden öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht; mangels einer zivilrechtlichen Festlegung der Reihenfolge gibt jedoch die in §§ 14, 10 Abs. 2 BestattG LSA enthaltene Aufzählung der bestattungspflichtigen Angehörigen einen Anhaltspunkt hinsichtlich der bei der Ausübung des Totenfürsorgerechts maßgeblichen Reihenfolge (vgl. VG München, Urt. v. 26.04.2012, M 12 K 12.725, JURIS).

36

c) Aber auch für den Fall, dass vom Bestehen eines (gemeinsamen) Grabnutzungsrechts für die Klägerin und die Beigeladene zu 1. auszugehen wäre, vermag die Klägerin mit ihrem Umbettungsbegehren nicht durchzudringen.

37

Zwar fällt das Grabstättennutzungsrecht zumindest in seinem Kernbereich unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. dazu OVG Münster, B. v. 10.11.1998, 19 A 1320/98, JURIS; Gaedke, a.a.O. S. 161) und die Klägerin hat schon wegen der Verletzung ihres Grabstättennutzungsrechts ein Interesse an der Umbettung (vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 07.09.1993, a.a.O.). Allerdings reicht dies nicht aus, um im Rahmen des bei der Kollision zweier durch Grundrechte geschützter Rechtsgüter vorzunehmenden verhältnismäßigen Ausgleichs nach den Kriterien der Zumutbarkeit ein Überwiegen der Interessen der Klägerin anzunehmen. Art. 1 Abs. 1 GG, der den Schutz der Totenruhe gewährleistet, hat auf Grund des durch Art. 79 Abs. 3 GG geschaffenen Wertsystems, wodurch Art. 1 GG zu den "tragenden Konstitutionsprinzipien" gehört, einen besonderen, unantastbaren Rang. In der Regel darf daher der Friedhofsträger gegen den Willen des Totenfürsorgeberechtigten, der Beigeladenen zu 2., der Umbettung nicht zustimmen oder diese bewirken. Die Wahrung der Totenruhe, mit der zudem auch allgemeine öffentliche Interessen an der Beibehaltung des Begräbnisplatzes verbunden sind (vgl. dazu VG Hamburg, Urt. v. 12.02.2001, 7 VG 3779/2000, JURIS), geht dann grundsätzlich allen anderen Gesichtspunkten vor; nur ausnahmsweise darf auch gegen den Willen des Totenfürsorgeberechtigten eine Umbettung vorgenommen werden, wenn der angestrebte Erfolg anders nicht zu erreichen ist und wirklich zwingende Gründe die Maßnahme bedingen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.11.1998, a.a.O.). Diese sind hier nicht ersichtlich, zumal die Beigeladenen zu 2. mit ihrer verweigerten Zustimmung zur Umbettung den ausdrücklichen Willen des Verstorbenen vollzieht (vgl. zusammenfassend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.12.2012, 19 A 2207/11, JURIS). Ein Anspruch auf Umbettung ergibt sich auch nicht deshalb, weil infolge der Beisetzung des B. das Totenfürsorgerecht der Klägerin gegenüber den in der Grabstelle beigesetzten Familienangehörigen, was auch das Recht auf ein eigenbestimmtes Gedenken der Toten umfasst, beeinträchtigt ist. Denn einerseits ist ihr dieses infolge der Beerdigung des M. B. nicht genommen. Andererseits besteht auch das Totenfürsorgerecht allein im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, weshalb sie daraus keinen Anspruch auf Beeinträchtigung verfassungsmäßig geschützter Rechte anderer - wie hier der Totenruhe des Verstorbenen M. B. - herleiten kann (so auch OVG Münster, B. v. 10.11.1998, a. a. O.). Es sind in Ansehung der zuvor erörterten Rechtsgüter auch keine besonderen Gründe ersichtlich (z. B. ein strafrechtlich relevantes Verhalten eines Verstorbenen gegenüber den bereits zuvor in der Grabstätte beigesetzten Personen etc.), die ihr ein eigenbestimmtes Totengedenken als nicht zumutbar erscheinen lassen.

II.

38

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin als Unterlegene (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. waren aus Billigkeitsgründen (§ 162 Abs. 3 VwGO) für erstattungsfähig zu erklären, da sie sich infolge ihrer Antragstellung auch einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO) und sie auf der Seite der obsiegenden Beklagten gestritten haben.

39

Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr.11 ZPO.

40

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, welche (wirtschaftliche) Bedeutung der Rechtsstreit für die Klägerin hat.


Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen.

(2) Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

(3) Eine wesentliche Veränderung des Gegenstands kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte 913 (nachfolgend Grabstätte) auf dem Friedhof des Beklagten, das der Kläger geltend macht.

2

Unter dem 26.05.1975 wurde Herrn Emil A., dem Vater des Klägers, im Zusammenhang mit dem Tod seiner Ehefrau das Nutzungsrecht an der strittigen Wahlgrabstätte für die Dauer von 40 Jahren vom Beklagten verliehen. Herr Emil A. verstarb im Jahre 2003 und hinterließ neben dem im Jahre 1965 geborenen Kläger auch noch seinen Sohn Horst A., der im Jahre 1963 geboren wurde. Die näheren Einzelheiten im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung seiner Bestattung sind zwischen den Beteiligten streitig. Die Urne des Herrn Emil A. wurde auf der Wahlgrabstätte beigesetzt.

3

Für die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Grabstätte vom 24. Mai 2015 bis 30.11.2023 setzte der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen unter dem 17.11.2003 Friedhofsgebühren in Höhe von 391,95 Euro fest. Zudem befindet sich bei dem Verwaltungsvorgang ein an den Kläger gerichteter Friedhofsgebührenbescheid vom 17.11.2003, in dem neben den vorstehend bezeichneten Gebühren für die Verlängerung des Grabnutzungsrechts weitere Friedhofsgebühren (Bestattungsgebühren, Gebühren für die Benutzung der Friedhofskapelle, Friedhofsunterhaltungsgebühr) in Höhe von insgesamt 505,00 Euro aufgeführt sind. In diesem Bescheid ist vermerkt, dass das Sozialamt nur einen Betrag in Höhe von 505,00 Euro und nicht die Kosten für die Verlängerung der Wahlgrabstätte übernehme, weshalb eine „weitere Rechnung an Herrn E.“ in Höhe von 391,95 Euro ergeht. Mit Datum vom 18. Januar 2010 wurde dem Beigeladenen durch den Beklagten im Zusammenhang mit der Bestattung von dessen Sohn, Herrn Peter E., eine Urkunde über die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Grabstätte für die Zeit von 2023 bis 2030 ausgestellt. Darüber hinaus verlängerte der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen aufgrund der Beisetzung von Frau Elisabeth Q. unter dem 27.10.2011 das Nutzungsrecht an der Grabstätte bis zum 31.12.2031.

4

Mit Schreiben vom 13. September 2011 wandte sich die Arbeitnehmerkammer Bremen im Auftrag des Klägers an den Beklagten mit der Bitte um Klärung des Nutzungsrechts an der Grabstätte. Dieses stünde nach dortiger Auffassung dem Kläger zu. Mit Schreiben vom 21. September 2011 erklärte der Beklagte, dem Kläger sei eine Verleihungsurkunde über das Nutzungsrecht nicht ausgehändigt worden. Auch sei er in der Friedhofsdatenbank nicht als Nutzungsberechtigter erfasst. Er habe es als Rechtsnachfolger verabsäumt, das Nutzungsrecht sofort auf sich umschreiben zu lassen. Zudem habe er nie die Unterhaltung der Grabstätte vorgenommen oder veranlasst. Zwischen den Beteiligten folgte weiterer Schriftverkehr.

5

Mit Bescheid vom 24.05.2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte 913 ab. Zur Begründung führte er aus, der Kläger könne das Nutzungsrecht an der Grabstätte nicht nachweisen. Aus den dortigen Unterlagen gehe hervor, dass das Nutzungsrecht im Jahre 2003 an Herrn E. übertragen worden sei. Bei ihm lägen nunmehr alle Rechte und Pflichten. Den dagegen vom Kläger unter dem 04.06.2012 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2012 als unbegründet zurück.

6

Am 19. Juli 2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, das Nutzungsrecht an der Grabstätte sei 1975 vom Beklagten für die Dauer von 40 Jahren, mithin bis in das Jahr 2015 verliehen worden. Die für diese Beisetzung angefallenen Friedhofsgebühren habe das Sozialamt D-Stadt seinerzeit nur teilweise übernommen, weshalb der Rest vom Beigeladenen gezahlt worden sei. Zu Unrecht habe der Beklagte dies zum Anlass genommen, dem Beigeladenen das Nutzungsrecht an der Grabstätte zu übertragen. Von der Übertragung des Nutzungsrechts habe der Kläger erst anlässlich weiterer Bestattungen auf der Grabstätte erfahren. Der Beklagte habe ihn von der Übertragung des Nutzungsrechts zu keiner Zeit in Kenntnis gesetzt. Er habe sich mit dem Beigeladenen auf die Übertragung des Nutzungsrechts auch nicht geeinigt, wie dies der Beklagte vortrage; mit den vom Beigeladenen nachfolgend vorgenommenen Bestattungen auf der Grabstelle sei er nicht einverstanden gewesen. Im Übrigen werde der vom Beigeladenen geschilderte Hergang im Zusammenhang mit der Bestattung seines Vaters im Jahre 2003 ausdrücklich bestritten. Ungeachtet der tatsächlichen Durchführung der Bestattung, sollte der Beigeladene das Nutzungsrecht an der Grabstätte nicht erhalten. Vielmehr sei der Kläger stets davon ausgegangen, dass ihm das Nutzungsrecht zustehe, weshalb er im Jahre 2009 auch 120,00 Euro für die tatsächlich vorgenommene Grabpflege an die Ehefrau des Beigeladenen überwiesen habe.

7

Der Kläger beantragt,

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festzustellen, dass das Nutzungsrecht an der Grabstätte 913 auf dem Friedhof des Beklagten auf ihn übergegangen ist und der Beklagte verpflichtet ist, ihm darüber entsprechend seiner Friedhofssatzung einen Nachweis auszustellen.

9

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Das Nutzungsrecht an der Grabstelle 913 stehe dem Kläger nicht zu. Er habe die von ihm mit Gebührenbescheid vom 17.11.2003 eingeforderten Friedhofsgebühren nicht gezahlt. Darüber hinaus sei er sich mit dem Beigeladenen darüber einig gewesen, dass dieser das Nutzungsrecht übernehme. Aus diesem Grunde sei es dem Beigeladenen auch möglich gewesen, seinen Sohn im Januar 2010 auf der Grabstätte beizusetzen. Anlässlich dieser Beisetzung sei deshalb dem Beigeladenen auch eine Urkunde über die Verlängerung des Nutzungsrechts auszustellen gewesen; Gleiches erfolgte im Nachgang für die Beisetzung von Frau Elisabeth Q.. Jedenfalls sei das Nutzungsrecht an der Grabstätte nicht auf den Kläger übergegangen. Er hatte weder die Grabstätte noch die laufenden Kosten für die hier streitgegenständliche Grabstätte geleistet.

12

Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er erklärt, er und seine Frau hätten die Grabstätte seit der Bestattung im Jahre 2003 ständig gepflegt und teilweise auch neu angelegt. Bereits im Jahre 2003 habe er einen Teil der Friedhofsgebühren gezahlt. Der Kläger sei für die Bestattung seines Vaters kaum erreichbar gewesen und habe sich um die Grabstelle nicht gekümmert. Der Kläger sei auch mit den nachfolgend vorgenommenen Bestattungen einverstanden gewesen. Deshalb stehe nicht dem Kläger, sondern ihm das Nutzungsrecht an der Grabstätte zu.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

14

Über die Klage konnte das Gericht im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

I.

15

Die Klage ist als Feststellungs- und Leistungsklage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Auf den Kläger ist das Nutzungsrecht an der Grabstätte 913 auf dem Friedhof des Beklagten nicht übergegangen, weshalb er auch keinen Anspruch auf Aushändigung einer entsprechenden Urkunde hat.

16

1. Dem Erfolg des klägerischen Begehrens steht vorliegend nicht entgegen, dass der Beklagte eine kirchliche Einrichtung ist. Zwar unterliegen aufgrund der Regelung in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV innerkirchliche Maßnahmen der Kirchen und ihrer rechtlich verselbständigten Teile nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 13. Aufl., § 40 Rn. 91). Der vorliegende Streit um die Benutzung des Friedhofs der Beklagten stellte jedoch keine solche innerkirchliche Angelegenheit dar. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Begräbniswesens, einer Materie, die von Staat und Kirche gleichermaßen in Anspruch genommen wird und die vom Staat unter Einbeziehung der kirchlichen Friedhöfe durch staatliche Vorschriften geregelt worden ist (vgl. z. B. §§ 19 ff. Bestattungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt – BestG LSA). Bei einem Streit über die Nutzungsverhältnisse an einem kirchlichen Friedhof können daher die Verwaltungsgerichte angerufen werden (BVerwGE 25, 364 ff.; Eyermann/Rennert, a. a. O., Rn. 94).

17

Die nachfolgend gebotene rechtliche Befassung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte in den Jahren 2010 und 2011 Urkunden über die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Grabstätte 913 an den Beigeladenen ausgehändigt hat. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der urkundlichen Bestätigung des Überganges um einen - feststellenden - Verwaltungsakt oder lediglich um ein schlicht-hoheitliches Tätigwerden des Beklagten im Interesse der Rechtsklarheit (Nachweisbarkeit) für den Nutzungsrechtsinhaber handelt, stünde selbst die Annahme eines Verwaltungsaktes i. S. v. § 35 VwVfG - wofür aus der Sicht des Gerichts Gewichtiges sprechen dürfte (vgl. VG Würzburg, Urt. v. 07.05.2003, W 2 K 02.796, juris) - sowie die nunmehr bestehende Kenntnis des Klägers von den dem Beigeladenen ausgehändigten Urkunden seinem Anspruch nicht entgegen. Denn eine Frist zur Anfechtung (§ 70 VwGO) der ihm von dem Beklagten nicht bekanntgegebenen Regelungen hat mit der Folge noch gar nicht zu laufen begonnen (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl., § 70 Rn. 6g m. w. N.), dass diese dem Kläger nicht rechtsvernichtend entgegen gehalten werden können. Diese können - auch ohne ausdrückliche Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 ff. VwGO (dazu Kopp/ Schenke, a. a. O., § 68 Rn. 22 ff.) - mithin noch im Wege einer sog. offensiven Konkurrentenklage (Kopp/ Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 45 ff.) Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen sein.

18

2. Ob auf den Kläger das von ihm geltend gemachte Nutzungsrecht an der (Wahl-)Grabstätte 913 auf dem Friedhof des Beklagten übergegangen ist, ergibt sich nicht bereits aus den staatlichen Rechtsvorschriften, dem BestG LSA. Denn das BestG LSA regelt in §§ 19 ff. lediglich die Frage nach der Anlegung und Unterhaltung von Friedhöfen durch Gemeinden (§ 19 Abs. 2) und kirchliche Friedhofsträger (§ 19 Abs. 3). Fragen des Nutzungsrechts sowie des Anspruchs auf Bestattung in einer bestimmten, bereits vorhandenen Grabstätte eines Friedhofs besteht, regeln die staatlichen Vorschriften jedoch nicht. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat es dem Ermessen des jeweiligen Friedhofsträgers überlassen (§ 25 BestG LSA), u. a. diese Fragen durch örtliche Vorschriften zu regeln. Davon hat der Beklagte mit der hier einschlägigen Friedhofsordnung vom 27.06.2002 (FO) Gebrauch gemacht, die in § 24 Regelungen zum Nutzungsrecht und dessen Rechtsnachfolge enthält.

19

a) Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dem Verstorbenen Emil A. anlässlich der Beisetzung seiner Ehefrau im Mai 1975 für die Erbbegräbnisstätte 913 auf dem Friedhof des Beklagten in C-Stadt ein Nutzungsrecht für die Dauer von 40 Jahren verliehen wurde. Diese Verleihung gilt auch über den 02.10.1990 hinaus fort (vgl. Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag). Von einem Untergang dieses Rechts geht auch der Beklagte nicht aus.

20

Galt dieses Recht auch noch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Friedhofsordnung vom 27.06.2002 fort, werden durch diesen Rechtsakte auch die Rechte an dieser Grabstätte geregelt (so auch OVG Lüneburg, B. v. 14.11.2002, 8 LA 135/02, juris); § 30 FO unterwirft allein die Nutzungszeit und die Gestaltung dem zum Zeitpunkt der Verleihung geltenden Recht.

21

Da es sich bei dem verliehenen und fortgeltenden Grabnutzungsrecht um ein subjektiv-öffentliches Sonderrecht handelt, besteht es, da es nicht den Regelungen des bürgerlichen Erbrechts (§§ 1922 BGB ff.) unterworfen ist (vgl. Weidlich in: Palandt, BGB, Kommentar, 70. Aufl., § 1922 Rn. 8), allein in der Person des Rechtsinhabers. Verstirbt dieser vor dem Ablauf der Nutzungszeit, richtet sich die Rechtsnachfolge ausschließlich nach den vom Friedhofsträger im Rahmen seiner Satzungsautonomie getroffenen Regelungen. Dem Beklagten steht es dabei frei, welchen sachgerechten „Anknüpfungspunkten“ für die Rechtsnachfolge er den Vorrang einräumt (vgl. VG Bayreuth, Urt. v. 04.11.2004, B 2 K 03.1884, juris). Vom Übergang des Rechts auf einen Nachfolger zu trennen ist das „Schicksal der Grabstätte“ als solche, durch die jedenfalls die Mindestruhezeit (vgl. § 22 Abs. 2 BestattG LSA) zu gewährleisten ist; wird das Nutzungsrecht nach dem Tod seines Inhabers von einem Dritten nicht übernommen, verbleibt dem Friedhofsträger nur die Möglichkeit an das sittliche Empfinden der Erben oder Totenfürsorgeberechtigten zu appellieren. Wird die Grabpflege nicht durchgeführt, kann die Grabstätte nach den Regelungen der Friedhofssatzung durch den Friedhofsträger ggf. eingeebnet und begrünt werden.

22

In § 24 Abs. 4 FO hat der Beklagte Regelungen für die Wahlgrabstätten nach § 19 Abs. 7 lit. b) FO getroffen. Erfolgt danach bis zum Ableben (des Nutzungsberechtigten) keine besondere Bestimmung in der Nachfolge an dem Nutzungsrecht, so geht das Nutzungsrecht auf die Angehörigen des verstorbenen Nutzungsberechtigten in der dort näher bestimmten Reihenfolge über. Der Beklagte hat vorliegend mithin der - ohne Zweifel sachgerechten - familienrechtlichen Regelung (dazu Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 161) den Vorzug gegeben. Bei Personenmehrheit innerhalb der Gruppe bestimmt die Satzung den Ältesten zum Nutzungsberechtigten.

23

Sowohl diesbezüglich als auch hinsichtlich der Gruppenberechtigten ist die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass das Vorhandensein eines vorrangig Berechtigten einen nachrangig Berechtigten nur dann ausschließt, wenn der vorrangig Berechtigte das Nutzungsrecht übernimmt (i. d. S. auch VG München, Urt. v. 20.03.2008, M 12 K 07.5955, juris). Dem steht weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen, zumal ein Nutzungsrecht nur dann wirksam übergehen kann, wenn der Berechtigte dieses annimmt und sich damit den Regelungen der Friedhofsordnung unterwirft (VG München, Urt. v. 20.03.2008, a. a. O.; so auch Gaedke, a. a. O. m. w. N.). Eine solche Auslegung widerspricht auch nicht deshalb dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers, weil sie verwaltungsunpraktikabel wäre. Von Letzterem ist nicht auszugehen, da der Friedhofsträger aufgrund der durch die Satzung vorgesehenen Reihenfolge stets einen konkreten Berechtigten hat und durch den Eintritt eines nachrangig Berechtigten im Falle des Verzichts des vorrangig Berechtigten auch eine sachgerechte Lösungen nicht zuletzt im Sinne des/ der Bestatteten erzielt werden kann. Insbesondere wäre es nicht nachvollziehbar, warum z. B. allein durch den Verzicht eines überlebenden Ehegatten an einer Wahlgrabstätte, in denen Angehörige des Verstorbenen z. B. aus einer vorangegangenen Ehe bestattet sind, noch lebende Familienmitglieder das Nutzungsrecht nicht zu übernehmen berechtigt sein sollen. Dem ist der Vorrang vor einer Einebnung für die noch fortdauernde Ruhezeit zu geben. Berechtigte Interessen des Friedhofsträgers werden dadurch ebenfalls nicht beeinträchtigt, da er sich kraft Satzung generell für eine Rechtsnachfolge im Nutzungsrecht entschieden hat.

24

b) Dies zugrunde gelegt, endete das Herrn Emil A. im Mai 1975 verliehene Nutzungsrecht mit seinem Tod im Jahre 2003. Da der Verstorbene keine anderweitigen Regelungen zum Grabnutzungsrecht getroffen hatte, gehörte auch der Kläger als Kind des Verstorbenen grundsätzlich zum berechtigten Personenkreis bezüglich des Nutzungsrechts (vgl. § 24 Abs. 4 lit. b) FO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht das älteste Kind des Herrn Emil A. war. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der im Jahre 1963 geborene und damit ältere Bruder des Klägers das Nutzungsrecht übernommen hätte, zumal er nach seinem Tod im Jahre 2011 auf dem Friedhof des Beklagten von seiner Ehefrau in einer anderen Grabstätte beigesetzt wurde.

25

Das Nutzungsrecht ist gleichwohl nicht auf den Kläger übergegangen. Denn er hat die Übernahme des Nutzungsrechts gegenüber dem Beklagen nicht mit der notwendigen Bestimmtheit erklärt. Diese Erforderlichkeit ergibt sich aus Gründen der Rechtssicherheit und –klarheit und hat einfachgesetzlich in § 24 Abs. 5 und 6 FO seine Normierung gefunden. Danach hat der Nachfolger das Nutzungsrecht (unverzüglich) auf sich umschreiben zu lassen; der Friedhofsträger hat dem neuen Nutzungsberechtigten die Übertragung des Nutzungsrechts schriftlich zu bestätigen (§ 24 Abs. 5 und 6 FO). Diese Vorschriften sind Ausdruck dessen, dass die Rechtsnachfolge wegen des oben erörterten Zustimmungserfordernisses nicht kraft Gesetzes (hier: Satzung) eintritt, sondern sowohl eine hinreichend bestimmte Erklärung einer nach § 24 Abs. 4 FO berechtigten Person sowie eine bewusste Entscheidung des Friedhofsträgers (vgl. dazu VG Ansbach, Urt. v. 28.07.2009, AN 4 K 08.0172, juris) voraussetzen, wobei das Gericht der (formellen) Umschreibung keine konstitutive Bedeutung in Bezug auf die Rechtsnachfolge beimisst. Damit wird in der Satzung lediglich das Eingebundensein im Sinne einer Entscheidungsmacht durch den Friedhofsträger umschrieben; die getroffene Entscheidung kann sich dann in der tatsächlich erfolgten Umschreibung - für jedermann nachweislich - dokumentieren.

26

Das Gericht vermag nicht festzustellen, dass sich der Kläger (unverzüglich) nach dem Tod seines Vaters an den Beklagten zur Übernahme des Grabnutzungsrechts gewandt, geschweige denn dazu erklärt hätte, so dass dieser sich weder veranlasst hätte sehen müssen, eine Entscheidung darüber zu treffen noch eine solche getroffen hat.

27

Dabei ist für die Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung - wie die zur Übernahme des Nutzungsrechts - nach den auch im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB maßgebend, wie diese vom Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden musste (BVerwG, B. v. 22.09.2011, 6 B 19/11, juris).

28

Deshalb ist es rechtlich zunächst unbeachtlich, dass sich der Kläger bis in das Jahr 2011 hinein nicht ausdrücklich - was von ihm auch nicht geltend gemacht wird - zur Übernahme des Nutzungsrechts gegenüber dem Beklagten erklärt hat.

29

Der Beklagte hat jedoch auch die Umstände im Zusammenhang mit der Beisetzung des Vaters des Klägers im Jahre 2003 nicht als eine Erklärung im vorstehenden Sinne ansehen müssen. So ist der Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt mit dem Beklagten in Kontakt getreten, was trotz der örtlichen Entfernung jederzeit möglich gewesen wäre. Vielmehr hat er sich insbesondere in Bezug auf die Organisation der Beerdigung einschließlich der Absprachen mit dem Beklagten des Beigeladenen bedient, mit dem er jedoch bezüglich des Nutzungsrechts keinerlei Absprachen in Bezug auf das Nutzungsrecht getroffen hatte, sei dies auch seinem Rechtsirrtum wegen der Dauer und des Fortbestandes des seinem Vater im Jahre 1975 verliehenen Nutzungsrechts geschuldet. Selbst wenn sich der Kläger seinerzeit gegenüber dem Beigeladenen bezüglich der Übernahme des Nutzungsrechts erklärt haben sollte, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies dem Beklagten gegenüber bekannt geworden ist bzw. er dies hätte kennen müssen, zumal er sich diese Erklärungen deshalb nicht zurechnen lassen muss, weil der Beigeladene nicht dem Rechtskreis des Beklagten zuzuordnen ist (vgl. VG Saarlouis, GB vom 23.04.2010, 11 k 664/09, juris). Deshalb können aus dem Umstand, dass der Kläger im Jahre 2009 an die Ehefrau des Beigeladenen 120,00 Euro überwiesen haben will, was der Beigeladene bestreitet, allenfalls Schlussfolgerungen für die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen gezogen werden.

30

Auch dass der Kläger im Übrigen nach dem Tod seines Vaters in einer für den Beklagten erkennbaren Weise z. B. Einfluss auf die Grabpflege bzw. die Grabgestaltung genommen hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass sich der Beklagte nunmehr nicht entgegen halten lassen müsste, er habe den Kläger über einen sehr langen Zeitraum wie einen Rechtsnachfolger in Bezug auf das Nutzungsrecht behandelt. Allein dass der Kläger bei der Beisetzung seines Vaters zugegen war, hätte der Beklagte nicht zum Anlass nehmen müssen, daraus die Übernahme des Nutzungsrechts zu folgern. Eine diesbezüglich für den Beklagten bestehende Pflicht, sich bei dem Kläger darüber zu vergewissern, ob er das Nutzungsrecht übernehme, besteht nicht.

31

Deshalb kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage, inwieweit der Kläger überhaupt erreichbar war, unentschieden bleiben. Gleiches gilt in Bezug auf die vom Beklagten vorgetragene und vom Kläger bestrittene Einigung zwischen ihm und dem Beigeladenen, aus der - rechtlich gesehen - allenfalls ein klägerischer Verzicht an der Grabstätte, jedoch nichts für seine - weil gegenüber dem Beklagten zu bekundende - Übernahmebereitschaft zu entnehmen wäre.

32

Als gewichtiges Indiz dafür, dass sich der Kläger (sogar) aus der Sicht des Beklagten hinreichend deutlich als Rechtsnachfolger geriert hat, kann vorliegend auch nicht der bei den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen befindliche und an den Kläger adressierte Bescheid vom 17.11.2003 über 505,00 € (Bestattungsgebühren, Gebühren für die Benutzung der Friedhofskapelle, Friedhofsunterhaltungsgebühr 2003 bis 2008) angesehen werden, wobei dahinstehen kann, ob ihm dieser jemals bekanntgegeben wurde, wofür in Ansehung des dem Bescheid zu entnehmenden Zusatzes zudem wenig spricht. Ungeachtet dessen, dass die Voraussetzungen für den Erlass von Friedhofsgebührenbescheiden und den Übergang des Grabnutzungsrechts völlig verschieden sind, ist dem Bescheidzusatz „Das Sozialamt übernimmt nicht die Kosten für die Verlängerung der Wahlstelle. Es bezahlt nur den Betrag von 505,- €. Deshalb ergeht eine weitere Rechnung an Herrn E. über den Restbetrag in Höhe von 391,95 €“ jedenfalls nicht zwingend zu entnehmen, dass der Beklagte den Kläger als (neuen) Nutzungsberechtigten angesehen hat. Denn der Betrag von 391,95 € betraf gerade die „Gebühr für die Verleihung von Nutzungsrechten an Grabstellen“.

33

Dass der Kläger nunmehr im Jahre 2011 ausdrücklich gegenüber dem Beklagten die Übernahme des Nutzungsrechts beantragt hat, vermittelt ihm den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht. Denn insoweit hat er jedenfalls nicht „unverzüglich“ im Sinne von § 24 Abs. 5 FO gehandelt (vgl. dazu VG München, Urt. vom 20.03.2008, M 12 K 07.5955, juris), was aus der Sicht des Gerichts keiner weitergehenden Erörterung bedarf.

34

Ist das Nutzungsrecht an der Grabstätte 913 nach den Feststellungen des Gerichts nicht auf den Kläger übergegangen, so kann es dahinstehen, ob der Beklagte berechtigt war, gegenüber dem Beigeladenen - allenfalls in Ansehung von § 24 Abs. 4 Ziffer h) FO - die Verlängerung des Nutzungsrechts zu gewähren. Aber selbst für den Fall, dass dies rechtswidrig gewesen sein sollte, kann der Kläger daraus einen eigenen Anspruch nicht herleiten.

II.

35

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger als Unterlegener (§ 154 Abs. 1 VwGO): der Beigeladene war an den Kosten des Verfahrens nicht zu beteiligten. Dies können ihm nach § 154 Abs. 3 VwGO grundsätzlich nur dann auferlegt werden, wenn er einen Antrag gestellt hat, was hier nicht der Fall ist. Auch liegen keine Gründe vor, ihm in Ansehung von § 155 Abs. 4 VwGO mit Verfahrenskosten zu beschweren. Hat ein Beigeladener keinen Antrag gestellt und sich damit auch nicht der Gefahr eigener Kostentragung ausgesetzt, hält es das Gericht für unbillig, seine außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

36

Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in    §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

37

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.