Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 11. Sept. 2018 - 9 A 117/17
Gericht
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.04.2017 über die Erhebung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017.
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Als eine kreisangehörige Stadt des Beklagten ist die Klägerin von insgesamt 21 kreisangehörigen Städten und Gemeinden (Umlageschuldner) zur Zahlung einer Kreisumlage verpflichtet. 10 der 21 Umlageschuldner sind dabei zudem Mitglieder von Verbandsgemeinden, welche zusätzlich zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage verpflichtet sind.
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Für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 setzte der Beklagte in seinen jeweiligen Haushaltssatzungen einen Kreisumlagesatz in Höhe von 47,060 % fest. Die Erhebung einer Kreisumlage rechtfertigte er mit der in seinem Haushalt bestehenden Bedarfssituation. So wies der Ergebnisplan für das Haushaltsjahr 2016 ein Defizit von 4.806.500,00 EUR aus, der Finanzplan ein solches von 2.254.000,00 EUR. Für das Haushaltsjahr 2017 betrug das Defizit im Ergebnisplan 7.431.800,00 EUR und im Finanzplan von 2.818.300,00 EUR. Der Höchstbetrag der Kredite zur rechtzeitigen Leistung der Auszahlung (Liquiditätskredite) wurde jeweils auf 120.000.000,00 EUR festgesetzt.
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Die Höhe des Kreisumlagesatzes für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 beruht ausweislich des Vorbringens des Beklagten und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs auf folgenden Feststellungen:
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Dem Beschlussauszug vom 08.10.2015 aus der Niederschrift über die 9. Sitzung des Kreistages des Beklagten vom 07.10.2015 war zu entnehmen, dass der Kreistag beabsichtigte, die Erhöhung des Umlagesatzes für die Kreisumlage der Haushaltsjahre 2016/2017 von 45,851 % auf 47,060 % zu beschließen.
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Mit Schreiben vom 13.11.2015 informierte der Beklagte die Gemeinden über die geplante Erhöhung der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016 und 2017. Darin wurde ausgeführt, dass beabsichtigt sei, dem Kreistag in seiner Sitzung am 09.12.2015 einen Umlagesatz in Höhe von 47,060 % vorzuschlagen. Im Hinblick auf die Kommunen hieß es insoweit:
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„Bei der laufenden Haushaltsplanung sollten Sie von einem Umlagesatz von 47,060 % ausgehen. Über das weitere Verfahren zur Festsetzung bzw. über die Beschlussfassung des Kreistages werde ich Sie unverzüglich informieren.“
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Im Beschlussauszug vom 10.12.2015 aus der Niederschrift über die 11. Sitzung des Kreistages des Beklagten am 09.12.2015 wurde die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2016 (B/0300/2015) und das Haushaltskonsolidierungskonzept des Beklagten für den Zeitraum 2016/2017 bis 2025 (B/0326/2015) behandelt und mehrheitlich beschlossen. Bestandteil des Beschlusses B/0326/2015 war dabei auch die Anlage zur Beschlussvorlage bezüglich der Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes des Salzlandkreises für den Zeitraum 2016/2017 bis 2025, welche unter Punkt 7. 1. a.) unter Bezugnahme auf die Beschlussvorlagen B/0300/2015 und B/0300/2015/1 Ausführungen über die Erhöhung der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016/2017 enthielt (vgl. Bl. 49 f. des Verwaltungsvorgangs).
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Danach rechtfertigte der Beklagte die Erhöhung des Umlagesatzes von 45,851 % auf 47,060% damit, dass sich bei einem gleichen Umlagesatz die (absoluten) Erträge in den Haushaltsjahren 2016 und 2017 jeweils um ca. 1,8 Mio. EUR verringert hätten. Daher sei eine Anhebung des Umlagesatzes auf 47,060 % notwendig, um die absolute Höhe der Kreisumlage entsprechend dem beschlossenen Haushaltsplan 2014 (71.789.600,00 EUR) beizubehalten. Weiterhin wurde festgestellt, dass eine darüber hinausgehende weitere Erhöhung des Umlagesatzes jedoch den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Gemeinden auf unzulässige Weise einengen und damit das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2013 (Az. 8 C 1/12) verletzen würde. Hervorgehoben wurde diesbezüglich, dass bei der Erhebung der Kreisumlage die hierdurch entstehende finanzielle Belastung der kreisangehörigen Gemeinden genau zu prüfen sei und eine entsprechende Prüfung (auch) erfolgt sei. Grundlagen dieser Prüfung bildeten dabei Daten zur Haushaltssituation der jeweiligen Umlageschuldner (ohne Verbandsgemeinden) des Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 (Stand: 06.11.2015). Aus diesen ging unter anderem hervor, dass sich 18 der 21 Umlageschuldner in Haushaltskonsolidierung befinden und 13 der 21 Umlageschuldner einen Haushalt erreicht haben, wobei die Klägerin selbst im Jahre 2015 keinen Haushalt beschlossen hat. Davon konnten lediglich 3 Umlageschuldner einen ausgeglichenen Haushalt (strukturell und kumulativ) und 2 Umlageschuldner einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen. 8 Umlageschuldner legten einen unausgeglichenen Haushalt vor. Weiterhin haben 13 der 21 Umlageschuldner einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt, darunter auch die Klägerin. Zuletzt haben im Jahr 2015 13 Umlageschuldner einen Antrag auf Stundung der Kreisumlage gestellt. Vor diesem Hintergrund stellt der Beklagte fest, dass eine weitere Erhöhung der Kreisumlage dazu führen würde, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in einem noch geringeren Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre und eine solche daher nicht mehr als vertretbar angesehen werde.
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Mit Schreiben vom Dezember 2015 informierte der Beklagte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt im Überblick über die Haushaltssituation der Umlageschuldner im Haushaltsjahr 2015 und stellte auch in diesem Schreiben fest, dass eine (weitere) Erhöhung der Kreisumlage die Haushaltskonsolidierung der Kommunen beeinträchtigen würde. Der Beklagte führte dabei aus, dass die landesdurchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung bei ca. 1.441 EUR/Einwohner liegen würde und sich die Städte Aschersleben und Calbe oberhalb des Landesdurchschnitts befänden. Abschließend stellte der Beklagte fest, dass die Umlagenfestsetzung zwar im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen erheblich sei, aber noch als vertretbar angesehen werden könne, da der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur in 4 Fällen unter 2 % fielen, wobei zwei dieser Kommunen einen unausgeglichenen Haushalt vorweisen würden.
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Mit Bescheid vom 05.02.2016 genehmigte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt unter anderem den in der Haushaltssatzung 2016 festgesetzten Kreisumlagesatz von jeweils 47,060 % der Umlagegrundlagen. So hieß es im Bescheid, dass der Beklagte grundsätzlich berechtigt sei, zur Deckung seines Bedarfs eine Kreisumlage zu erheben. Der Bedarf erstrecke sich „bei der hier vorliegenden Überschuldungssituation zudem auch auf die Verpflichtung zum Abbau der Überschuldung“. Allerdings lasse bereits die nicht ausgeglichene Ergebnisplanung erkennen, dass der veranschlagte Kreisumlageertrag unter der vom Gesetz ermöglichten Festsetzung liege. Abschließend wird festgehalten, dass die von der Beklagten beschlossene Erhöhung des Kreisumlagehebesatzes mit der Finanzhoheit der kreisangehörigen Gemeinden vereinbar sei und die garantierte kommunale Selbstverwaltung nicht beeinträchtige. Dies wird auch maßgeblich darauf gestützt, dass nach derzeitigem Kenntnisstand noch mehrheitlich Ertragspotenziale sowie Einsparmöglichkeiten bei den kreisangehörigen Kommunen bestünden.
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Im Amtsblatt des Beklagten vom 07.03.2016 wurde sodann die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2016 bekannt gemacht, wonach in § 5 der Haushaltssatzung ein Umlagesatz der Kreisumlage in Höhe von 47,060 % festgesetzt worden ist.
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Mit Schreiben vom 09.03.2016 informierte der Beklagte die kreisangehörigen Kommunen über eine geplante weitere Erhöhung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2016 im Bereich eines Nachtragshaushalts. Hierbei wurde ausgeführt, dass dem Kreistag in seiner Sitzung am 20.04.2016 die Nachtragshaushaltssatzung und der Nachtragsplan des Beklagten vorgelegt und hierbei ein Umlagesatz in Höhe von 49,264 % vorgeschlagen werde.
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In der Beschlussvorlage zur 1. Nachtragshaushaltssatzung und zum 1. Nachtragshaushaltsplan des Beklagten für das Haushaltsjahr 2016 (B/0379/2016) wurde die geplante weitere Erhöhung der Kreisumlage darauf gestützt, dass die sonstigen Erträge nicht ausreichen würden, um den erforderlichen Bedarf zu decken. Die Anlage zur Beschlussvorlage B/0379/2016 sah dabei Übersichten zur Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen des Salzlandkreises für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 (Stand: 01.03.2016) vor (vgl. Bl. 96 ff. der Gerichtsakte). Enthalten waren dabei unter anderem statistischen Angaben zur Haushaltssituation (auch nach Doppik), Übersichten zu Verbindlichkeiten, Rücklagen und der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben bzw. zu den bestehenden Liquiditätskriterien. Diesen Übersichten lässt sich dabei entnehmen, dass sich 17 Umlageschuldner in Haushaltskonsolidierung befanden, 10 der 21 Umlageschuldner einen unausgeglichenen Haushalt hatten und nur 7 Kommunen über einen ausgeglichenen Haushalt verfügten. In Bezug auf die Klägerin selbst sind den Übersichten keine Daten zu entnehmen, da diese im Jahre 2015 keinen Haushalt beschlossen hat. Daten für das Haushaltsjahr 2016 sind nicht vorhanden. In der Beschlussvorlage B/0379/2016 wurde abschließend festgehalten, dass sich aufgrund der geplanten Erhöhung der Kreisumlage in 2016 für alle 21 Umlageschuldner Mehrauszahlungen errechnen lassen würden. Auch hierbei wurde festgehalten, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen als vertretbar anzusehen sei, da der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % falle, wobei 4 dieser Kommunen Liquiditätsempfänger seien und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befänden.
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Mit Schreiben vom 22.04.2016 informierte der Beklagte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt über die Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen im Haushaltsjahr 2016. Er führte aus, dass eine weitergehende Erhöhung des Umlagesatzes der Kreisumlage von 47,060 % auf 49,264 % den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Kommunen zwar in „erheblicher Weise“ einenge, dennoch die angedachte Erhöhung unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung „(noch)“ als vertretbar angesehen werde. Der Beklagte stellt insoweit fest, dass der Anteil der Kreisumlage bei 20 Kommunen „deutlich“ über 100 % an den zur Verfügung stehenden Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen und Auftragskostenpauschale) liege. So „können Kommunen die Kreisumlage mit den Zuweisungen nicht mehr abdecken, wobei die Kreisumlage in manchen Fällen die Zulagen sogar um mehr als das Doppelte übersteige“. Abschließend heißt es, dass die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt lediglich durch 2 Kommunen überschritten werde und der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % falle, wobei 4 dieser Kommunen Liquiditätsempfänger seien und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befänden. Der Beklagte sei vor diesem Hintergrund jedoch der Auffassung, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen zwar erheblich sei, aber noch als vertretbar angesehen werden könne.
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In der Kreistagssitzung des Beklagten wurde die vorstehend erläuterte Beschlussvorlage (B 0379/2016) eingebracht, welche jedoch mehrheitlich abgelehnt wurde.
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Für das hier maßgebliche Haushaltsjahr 2017 sah die Beschlussvorlage vom 03.11.2016 (B/0481/2016) hinsichtlich der Haushaltssatzung und des Haushaltsplanes des Beklagten in § 5 der Haushaltssatzung weiterhin einen Umlagesatz in Höhe von 47,06 % der maßgeblichen Umlagegrundlagen vor. Diese enthielt dabei unter anderem eine Übersicht zur Einwohnerzahl der Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden, sowie eine Aufstellung der Einnahmen aus der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 (Bl. 105 ff. d. Verwaltungsvorgangs).
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Der Kreisumlagesatz für das Haushaltsjahr 2017 selbst war unter anderem Gegenstand der 18. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 21.11.2016. Dabei wurde zunächst ein Gesamtüberblick in Bezug auf den Haushalt des Beklagten gegeben. Es wurde festgestellt, dass zwar der Kreisumlagesatz in Höhe von 47,06 % unverändert blieb, dennoch die veränderten Umlagegrundlagen zu Mehreinnahmen in Höhe von 3,8 Mio. EUR führen würden. Ein Ausschussmitglied regte dabei an, darüber nachzudenken, die Kreisumlage minimal abzusenken, um die Kommunen finanziell zu entlasten. Dem wurde jedoch entgegnet, dass intern darüber nachgedacht wurde, die Kreisumlage zu verändern. Oberste Priorität habe jedoch die Abarbeitung der Fehlbeträge und Schulden. Auch sei das Ansinnen der Ausschussmitglieder zur Senkung der Kreisumlage zu Gunsten der Kommunen durchaus zu verstehen, es wurde jedoch gleichzeitig vor einer negativen Finanzplanung gewarnt.
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In der 15. Sitzung des Schul-, Kultur- und Sportausschusses am 24.11.2016 wurde im Hinblick auf eine etwaige Absenkung des Kreisumlagesatzes festgehalten, dass dem Beklagten dann mehr als 3 Mio. EUR fehlen würden, sich der C. wieder in der Konsolidierung befände und ein Konsolidierungskonzept erstellen müsse. Die Belange der Kommunen würden im Rahmen der Finanzausgleichssituation berücksichtigt werden. Sie würden mehr Schlüsselzuweisungen und ein besseres Steueraufkommen erhalten. Ein weiteres Ausschussmitglied gab insoweit zu verstehen, dass, wenn es Vorschläge zur Kreisumlagensenkung gibt, auch Vorschläge unterbreitet werden müssten, wie ein derartiger Fehlbetrag ausgeglichen werden sollte.
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Der Kreistag des Beklagten beschloss sodann in der 16. öffentlichen Sitzung am 07.12.2016 die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 (nach der Beschlussvorlage B/0481/2016/1/6). In der Kreistagssitzung wurde dabei unter anderem festgestellt, dass sich die Einnahmen des Beklagten auch durch höhere Schlüsselzuweisungen verbessert hätten. Da sich auch die Finanzausstattung der kreisangehörigen Kommunen verbessert habe, hätten sich zudem die Berechnungsgrundlagen für die Kreisumlage verändert. So erhalte der Landkreis trotz unverändertem Hebesatz von 47,06 % ca. 3,8 Mio. EUR Mehreinnahmen.
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Mit Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 12.01.2017 bezüglich der Haushaltssatzung des Beklagten für das Haushaltsjahr 2017 sah dieses unter anderem von einer Beanstandung des Beschlusses über die Haushaltssatzung 2017 ab. Es führte jedoch aus, dass das Vorgehen des Beklagten bei der Information der Vertretung zur Vorbereitung des vorliegenden Kreistagsbeschlusses als problematisch angesehen werde.
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Im Amtsblatt des Beklagten vom 18.01.2017 wurde sodann die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 bekannt gemacht, wonach in § 5 der Haushaltssatzung ein Umlagesatz der Kreisumlage in Höhe von 47,060 % festgesetzt wurde.
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Mit hier streitigem Bescheid vom 07.04.2017 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017 in Höhe von 2.377.062,00 EUR auf der Grundlage des Kreisumlagesatzes von 47,060 % von den maßgeblichen Umlagegrundlagen in Höhe von insgesamt 5.051.131,00 EUR fest.
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Hiergegen hat die Klägerin am 08.05.2017 Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass der streitige Festsetzungsbescheid vom 07.04.2017 bereits formell, jedoch jedenfalls materiell rechtswidrig sei.
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Die formelle Rechtswidrigkeit ergebe sich aus der mangelnden Anhörung vor Erlass des streitigen Bescheides.
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In materieller Hinsicht verletze der Bescheid die Klägerin in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG, 87 Verf LSA. So habe der Beklagte entgegen der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, die Kreisumlage allein nach seinen Bedürfnissen festgesetzt und die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen beim Beschluss über die Haushaltssatzung missachtet. Die den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zukommenden Beteiligungsrechte im Rahmen der Kreisumlagenerhebung, insbesondere deren Wesen, habe der Beklagte verkannt. So sei die Kreisumlage kein Instrument einseitig hoheitlichen Handelns, sondern Ausdruck einer Gestaltungsbefugnis, bei der der Beklagte stets auch Rücksicht auf die Umlageschuldner zu nehmen habe.
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Die materielle Rechtswidrigkeit ergäbe sich aus der Verkennung der sich auch §§ 19 FAG, 99 Abs. 3 KVG LSA ergebenden Pflichten, im vorliegenden Fall das stetig zu beachtende Abwägungsgebot. Den rechtlichen Ausgangspunkt für das den Beklagten verpflichtende Bestehen eines Abwägungsgebotes bilde dabei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Urteil vom 31.01.2013 (Az.: 8 C 1.12). Die grundlegende Bedeutung dieser Rechtsprechung liege in der Betonung der inhaltlichen wie verfahrensbezogenen Pflichten, welche den Landkreis bei der Festsetzung der Kreisumlage träfen. Es sei dabei wesentlich hervorzuheben, dass sich die finanziellen Interessen des Landkreises und der Gemeinden gleichrangig gegenüberstehen. Daraus folge die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abwägung, welche von dem Beklagten verlange, bei der Finanzplanung kollidierende Interessen - also auch die Interessen derjenigen Umlageschuldner - in die eigene Entscheidung einzustellen.
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Bestandteil einer solchen ordnungsgemäßen Abwägung müsse jedoch auch ein Bewusstsein des zur Abwägung verpflichteten Entscheidungsträgers sein, überhaupt eine Abwägungsentscheidung treffen zu können. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der Beklagte sich des rechtlichen Rahmens und damit seines eigenen Gestaltungsspielraumes bei der Kreisumlagenfestsetzung nicht bewusst gewesen sei. So sei seine „oberste Priorität“, die Abarbeitung der Fehlbeträge und Schulden gewesen. Mit der Betonung der „obersten Priorität“ gehe jedoch gleichzeitig das Eingeständnis einher, dass von einem Gestaltungsspielraum jedenfalls nicht ausgegangen worden sei.
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Nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts sei zwar eine „minutiöse Abwägung“ nicht geschuldet, jedoch müssten die Berücksichtigung des gemeindlichen Finanzbedarfs und die Abwägung des Landkreises im Aufstellungsverfahren zur Haushaltssatzung „erkennbar“ sein. Im hiesigen Verfahren sei schon nicht ersichtlich, dass der Beklagte dies beachtet habe. Denn, dass die Auswirkungen der Kreisumlagenerhebung auf die finanzielle Situation der umlageverpflichteten Körperschaften gesehen worden wäre, lasse sich nicht feststellen. Vielmehr habe die Rechtsposition der Gemeinde sowie die Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen für den Beklagten keine Rolle gespielt. Weder dem Vorbericht zum Haushaltsplan noch den Verwaltungsvorgängen oder der Klageerwiderung lasse sich entnehmen, dass der Beklagte auch nur annähernd auf die finanzielle Situation der kreisangehörigen Kommunen eingegangen wäre. Die kreisangehörigen Kommunen seien zu keinem Zeitpunkt beteiligt worden. Auch hätten sie im Verfahren zur Aufstellung des Haushalts keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Vielmehr habe der Beklagte die Klägerin ausschließlich über den Haushaltssatz informiert, ohne den kreisangehörigen Städten und Gemeinden überhaupt eine Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
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Auch fehle es bereits an einer planvollen und organisierten Einbeziehung der Finanzlagen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in den Entscheidungsprozess bei der Erstellung des Entwurfes, jedenfalls aber bei dessen Vorlage. So sei der Beklagte auch gehalten gewesen, das Ergebnis der Beteiligung, also die Stellungnahmen der kreisangehörigen Kommunen auch dem Kreistag zur Entscheidung vorzulegen. Demnach gehöre es zu einer ordnungsgemäßen Abwägung, dass derjenige, der die Abwägung vorzunehmen habe - im konkreten Fall also der Kreistag - das Abwägungsmaterial kenne. Im konkreten Fall habe es eine derartige Unterrichtung des Kreistages nicht gegeben. So habe selbst das Landesverwaltungsamt Anlass gesehen, auf eine möglicherweise unzureichende Information der Kreistagsmitglieder zu verweisen. Dies bedeute für das vorliegende Verfahren: Hätten die Mitglieder des Kreistages im konkreten Fall die notwendigen Informationen gehabt, weil die kreisangehörigen Kommunen bei der Erstellung des Haushaltsplanes im Vorhinein beteiligt worden wären, wäre im Falle der Klägerin nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Abwägungsentscheidung des Kreistages durchaus anders ausgefallen wäre.
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Zudem würden mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen auch prozedurale Anforderungen korrespondieren, welche in der Rechtsprechung näher ausgeformt seien. Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht ersichtlich, dass die sich aus der Verfassung abzuleitenden Verfahrensrechte Beachtung gefunden hätten. Dem Beklagten habe demnach eine Datenermittlungspflicht bezüglich der Haushaltssituation der kreisangehörigen Gemeinden oblegen, welche sich vor und nach Erstellung des Haushaltsentwurfs bestehe. Es sei vorliegend bereits nicht ersichtlich, dass überhaupt die Umlagegrundlagen der kreisangehörigen Kommunen ermittelt worden seien. Ein bloßer Rückgriff auf statistische Daten genüge den Anforderungen an das Abwägungsgebot gerade nicht.
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Zuletzt sei davon auszugehen, dass allein die hier vorliegenden Verfahrensverstöße ausreichen würden, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Denn entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg reiche der bloße Verfahrensfehler für den Klageerfolg aus, erst recht, wenn Informationspflichten gegenüber den Mitgliedern des Kreistages verletzt worden seien. Bereits die Verletzung entsprechender Anhörungs- und Ermittlungspflichten seien geeignet, die Rechtswidrigkeit eines Umlagebescheides zu begründen, da diesen neben vermeintlich reinen verfahrensbezogenen Pflichten auch ein materieller Gehalts innewohne. So lasse sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts feststellen, dass die Ermittlung des Finanzbedarfes keine bloße „Förmelei“ darstelle, sondern, dass mithilfe dieser Ermittlung eine Beachtung des geforderten Ausgleichs zwischen gemeindlichen und kreislichen Interessen gewährleistet werde. Die Betonung der verfahrensbezogenen Pflichten erweise sich als kommunalrechtliche Ausprägung des „Grundrechtsschutzes durch das Verfahren“. Schutzgut der postulierten Verfahrenspflichten sei die kommunale Selbstverwaltung, nicht die ausreichende Information des Kreistagsmitglieds. Mit den Informationspflichten und Beteiligungsrechten gehe es um den Schutz der Kommune, nicht einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung des Mandatsträgers.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 07.04.2017 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt den streitbefangenen Bescheid und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Kreisumlage in erster Linie eine Finanzierungsfunktion der Landkreise habe. Sie stelle das alleinige Deckungsmittel zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs sowie das einzige nennenswerte eigene gestaltbare Einnahmeinstrument dar. Daher bestehe das fiskalische Ziel der Kreisumlage letztendlich in der Alimentation der Landkreise.
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Vor diesem Hintergrund habe er die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes berücksichtigt. So sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Verstoß gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden im Rahmen der Erhebung der Kreisumlage nur gegeben, wenn die gemeindliche Verwaltungsebene allein dadurch oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert sei. Der Kernbereich der Garantie sei demnach erst dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande sei, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Die Klägerin selbst habe ihre finanzielle Situation bereits nicht substantiiert dargelegt, insbesondere inwieweit sie durch den Kreisumlagesatz von 47,060 % im Kernbereich ihrer verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie verletzt worden wäre. Eine vollumfängliche Abschöpfung der Umlagegrundlagen durch die Kreisumlage erfolge jedenfalls nicht. So seien weitergehende Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten erkennbar. Auch erhalte die Klägerin höhere allgemeine Zuweisungen und erziele auch höhere Steuereinnahmen. Gleichzeitig verfüge die Klägerin noch über Konsolidierungspotential, welche ihre finanzielle Situation verbessern würde. Die Klägerin habe zudem die Möglichkeit, Liquiditätshilfen bzw. Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock zu beantragen. Folglich bestünden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt weder eine Verletzung im Kernbereich ihrer verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie noch eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung durch die Kreisumlagenerhebung. Auch sei die Erhebung der Kreisumlage in der streitgegenständlichen Höhe nicht ursächlich für die prekäre finanzielle Situation der Klägerin.
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Der Kreisumlagebescheid sei auch nicht aus formellen Gründen rechtswidrig. Der Beklagte sei sich bewusst gewesen, dass er im Zusammenhang mit der Festsetzung des Hebesatzes der Kreisumlage auch die Interessen der kreisangehörigen Gemeinden zu berücksichtigen und insoweit eine Abwägung zu treffen habe. Dieser Verpflichtung sei er entgegen der Auffassung der Klägerin auch nachgekommen. So sei dem Beklagten die finanzielle Leistungsfähigkeit der Klägerin hinreichend bekannt und diese wurde auch bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes berücksichtigt (vgl. u.a.: Beschlussauszug: B/0300/2015). Die insoweit einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes habe er beachtet. Danach habe er im Rahmen der Festlegung des Kreisumlagesatzes auch die Erhöhung der Finanzausgleichsmasse, die laut Steuerschätzung zunehmenden Einnahmen der Städte und Gemeinden und die finanzielle Entlastung der Klägerin durch die im Bundestag beschlossene 5 Mrd. EUR Kommunalentlastung, welche ab 2018 zu Gunsten der Kommunen gehe, berücksichtigt.
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Zudem sei bei der Auslegung der nach dem Bundesverwaltungsgericht erforderlichen „Ermittlungspflichten“, der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zu folgen. So dürfe die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass das absolute Minimum der Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten werde. Dies sei bei der Klägerin, wie bereits beschrieben, jedoch nicht der Fall. So habe diese weiterhin finanzielle Mittel für freiwillige und pflichtige Aufgaben zur Verfügung. Daher sei auch eine etwaige unzureichende Information der Kreistagsmitglieder, welche bestritten werde, bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit des Kreisumlagebescheides unerheblich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
I.
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der Bescheid des Beklagten vom 07.04.2017, gegen welchen ein Widerspruchsverfahren gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO, § 8 a Abs. 1 S. 1 AG VwGO i. V. m. § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 VwGO, §§ 1, 5, 99 KVG LSA nicht durchzuführen war, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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Insoweit kann offenbleiben, ob der Bescheid nach Auffassung der Klägerin mangels Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfG LSA) bereits formell rechtswidrig ist, wobei einem solchen Einwand bereits die Möglichkeit der Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehen dürfte. Denn der Bescheid ist materiell rechtswidrig, da die mit ihm erfolgte Festsetzung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2017 nach §§ 99 Abs. 3 KVG LSA, 19 FAG i. V. m. § 5 der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 (HS 2017) auf einer unwirksamen Rechtsgrundlage beruht. Die konkrete Festsetzung des Kreisumlagesatzes in § 5 HS 2017 in Höhe von 47,060 % verstößt gegen höherrangiges Recht und ist damit nichtig.
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1. Die zulässige und unbestrittene Berechtigung des Beklagten im Haushaltsjahr 2017 eine Kreisumlage zu erheben, findet ihre rechtliche Grundlage in § 99 Abs. 3 KVG LSA i. V. m. § 19 FAG. § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA berechtigt den Landkreis, soweit seine sonstigen Erträge nicht ausreichen, von den kreisangehörigen Gemeinden nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Umlage (Kreisumlage) zu erheben, um seinen erforderlichen Bedarf zu decken. Nach § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA sind die Umlagesätze in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen. Die Berechnung der Kreisumlage bestimmt sich dabei nach § 19 Abs. 1 und 2 FAG. Danach wird die Kreisumlage gemäß § 99 Abs. 3 KVG LSA in der Haushaltssatzung in Vomhundertsätzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesätze) bemessen. Bei unterschiedlichen Umlagesätzen soll der höchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel übersteigen. Umlagegrundlagen sind nach Absatz 2 die Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Gemeinden nach § 12 FAG des jeweiligen vergangenen Haushaltsjahres und die Steuerkraftzahlen nach § 14 FAG.
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Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der grundsätzlichen Erhebungsberechtigung des Beklagten nach § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA in Verbindung mit § 19 Abs. 1 und 2 FAG bestehen nach Auffassung des Gerichts dabei auch vor dem Hintergrund der beim Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen- Anhalt anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az. LVG 1/18) gegen § 19 Abs. 2 FAG (Umlagegrundlagen) nicht. Denn insoweit dürfte nicht die Ermächtigungsgrundlage an sich im Mittelpunkt der dort vorzunehmenden rechtlichen Überprüfung stehen, sondern die konkrete Berechnungsgrundlage bzw. die Umlagegrundlagen der Kreisumlage, welche im hiesigen Verfahren jedoch nicht im Streit stehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der rechtlich zulässigen und gebotenen Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA, § 19 Abs. 1 und 2 FAG. Denn es obliegt dem Haushaltssatzungsgeber, eine mit der hier maßgeblichen kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (hier: Recht der aufgabenadäquaten Finanzausstattung) der Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA im Einklang stehende Satzungsbestimmung und damit einen hinreichenden Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Kreises und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu schaffen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013 - 8 C 1/12 -, juris Rn. 25).
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2. Der Beklagte hat vorliegend den Kreisumlagesatz nach § 5 der HS 2017 nicht in einer verfassungskonformen Weise festgesetzt. Denn er hat die ihm hierbei gemäß Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA obliegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen in Form von Ermittlungs- und Beteiligungspflichten einerseits und Abwägungspflichten andererseits nicht beachtet (a.). Dem Gericht ist es dabei wegen § 114 S. 1 VwGO nicht gestattet, den so festgesetzten Kreisumlagesatz allein auf seine Ergebnisrichtigkeit zu prüfen (b.). Der festgestellte Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Kreisumlagenfestsetzung war vorliegend für die Klägerin auch beachtlich (c.).
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a.) Grundsätzlich gilt, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 99 Abs. 3 KVG LSA i. V. m. § 19 FAG selbst keine ausdrücklich gesetzlich normierten Verfahrensvorschriften zur Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung vorsehen. So legt § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA nur fest, dass die Umlagesätze in der Haushaltssatzung für jedes Haushaltsjahr festzusetzen sind. Die konkrete Ausgestaltung bleibt dabei dem Haushaltsgesetzgeber überlassen. Diesem steht die alleinige Festsetzungskompetenz zu, in welchem Umfang er (abhängig vom erforderlichen Bedarf und seinen sonstigen Einnahmen) eine Kreisumlage von den Umlageschuldnern erhebt (vgl. § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA). Ausweislich des Gesetzeswortlautes beruht die Höhe des Umlagesatzes dabei ausschließlich auf der alleinigen Willensbildung des Landkreises. Dies ist jedoch insofern zu problematisieren, als dass die Kreisumlage selbst einen erheblichen finanziell belastenden Faktor im Rahmen der Finanzausstattung der Umlageschuldner darstellt. Denn wo die Kreisumlage beim Landkreis eine (zulässige) Einnahmequelle ist, entzieht sie auf der anderen Seite den Umlageschuldnern Finanzmittel des eigenen Haushalts. Die Erlangung und der Entzug von Finanzmitteln stehen sich demnach wechselseitig gegenüber mit der Folge, dass bei der Kreisumlagenfestsetzung kollidierende Haushaltsinteressen aufeinandertreffen. Ausweislich des Gesetzeswortlautes des § 99 Abs. 3 KVG LSA wird jedoch die Kreisumlage selbst nicht zwischen den Beteiligten „ausgehandelt“, sodass eine Gefahr der unangemessenen einseitigen Belastung der Umlageschuldner vor dem Hintergrund der alleinigen Festsetzungskompetenz des umlageberechtigten Landkreises besteht. Die verfassungskonforme Festsetzung der Kreisumlagesatzes im Lichte der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Verf LSA erfordert es jedoch gerade, dass die kollidierenden Interessen einen Ausgleich erfahren müssen. Denn diese gewährleistet in gleichem Maße sowohl dem umlageberechtigten Kreis als auch den Umlageschuldnern das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung im Rahmen der Gewährleistung der finanziellen Mindestausstattung. Daraus folgt, dass sich auch die jeweiligen Haushaltsinteressen in gleichem Maße, somit gleichberechtigt gegenüberstehen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14); eine einseitige Bevorzugung der kreislichen Interessen allein wegen der dem Kreis obliegenden Festsetzungskompetenz besteht mithin nicht.
- 49
Das Bundesverwaltungsgericht führte hierzu in seiner Leitentscheidung im Hinblick auf die Begrenzung der Kreisumlageerhebung durch die Gewährleistung des Rechts auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 12 ff.), wie folgt, aus:
- 50
„Die Finanzausstattung der Gemeinden ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise. Sie entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt (a); und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (b).
- 51
a) Dem Gesetz- und sonstigen Normgeber kommt bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreisen und Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zu. Aus dem Grundgesetz lassen sich insofern keine Vorrangpositionen herleiten; vielmehr hat der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Weder kommt dem Land für seinen eigenen Finanzbedarf ein Vorrang gegenüber dem kommunalen Bereich zu, noch lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG umgekehrt ein Vorrang des kommunalen Finanzbedarfs gegenüber demjenigen des Staates herleiten. Auch innerhalb des kreiskommunalen Raumes lässt sich weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. (…) Art. 28 Abs. 2 GG regelt eine Kompetenzverteilung und gewährleistet gleichsam akzessorisch eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, trifft jedoch keine von der Aufgabenverteilung losgelöste, zusätzliche und eigenständige Regelung zur Verteilung öffentlicher Mittel.
- 52
Mit Blick auf die Kreisumlage kommt dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs zunächst und vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des umlageberechtigten Kreises zu den umlageverpflichteten kreisangehörigen Gemeinden zu. Mit der Kreisumlage werden bestimmte Finanzmittel im kreisangehörigen Raum zwischen dem Kreis und den Gemeinden verteilt. Das muss gleichmäßig geschehen (zum Gebot interkommunaler Gleichbehandlung: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris Rn. 80). Dabei ist von Bedeutung, dass der Kreis nicht nur die Befugnis zur einseitigen Erhebung der Kreisumlage hat, sondern dass er in bestimmter Hinsicht auch über das Ausmaß seiner Kreistätigkeit disponiert und damit seinen eigenen Finanzbedarf enger oder weiter stecken kann. Das darf er nicht beliebig; vielmehr muss er die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen darf. Es ist allenfalls dahin zu ergänzen, dass der Kreis auch verpflichtet ist, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen.
- 53
Die Erhebung der Kreisumlage muss den allgemeinen Gleichheitssatz auch in horizontaler Dimension im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <393>; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 a.a.O. <287>). (…)..
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Schließlich darf die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit entwertet wird. Das meint zunächst die Ertragshoheit. Soweit das Grundgesetz den Gemeinden selbst Steuerkraft zuerkennt, darf der Landesgesetzgeber - oder der Kreis auf landesgesetzlicher Grundlage - ihnen diese nicht wieder zur Gänze entziehen (…).
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b) Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürfen weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Insofern zieht Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze.“
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Stehen sich demnach die Haushaltsinteressen des Landkreises und der Umlageschuldner gleichberechtigt gegenüber, muss gerade wegen der bestehenden alleinigen Festsetzungskompetenz und der daraus resultierenden Gefahr des Vorzuges seiner finanziellen Belange in einer rechtlich überprüfbaren Weise sichergestellt werden, dass der vom Bundesverwaltungsgericht auch im Urteil vom 16.06.2015 (Az.: 10 C 13/14) betonte Grundsatz des finanziellen Gleichrangs beachtet wird. Aus diesem Grunde sind an die Festsetzung der Kreisumlage verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen, die ungeachtet von der bestehenden Haushaltssituation der Umlageschuldner Geltung beanspruchen. Diese bestehen einerseits in einer Pflicht zur Ermittlung der kollidierenden Finanzbedarfe, welche zwingend eine Beteiligung der betroffenen Umlageschuldner erfordert. Andererseits hat der Landkreis die kollidierenden (Haushalts-)Interessen im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägungsentscheidung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen (aa.). Diese generellen verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung hat der Beklagte jedoch im vorliegenden Fall sowohl im Hinblick auf die Ermittlungs- und Beteiligungspflicht als auch auf die Abwägungspflicht missachtet (bb.).
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aa.) Die Geltung der aus den Garantien der Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA hergeleiteten Verfahrenspflichten im Rahmen der Festsetzung der Kreisumlage bezweckt dabei ausschließlich die (auch gerichtlich) überprüfbare Gewährleistung des Grundsatzes des finanziellen Gleichrangs im Rahmen der verfassungsrechtlich verbürgten Garantie der finanziellen Mindestausstattung, welche die absolute Grenze für die Kreisumlagenerhebung zieht (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 18). Vor diesem Hintergrund hat sich ein umlageberechtigter Kreis die finanziellen Belange der Umlageschuldner vor Augen zu führen, um ausschließen zu können, dass diese verfassungsrechtliche Garantie tangiert werden. Vor diesem Hintergrund können die so bestehenden Verfahrenspflichten jedoch eine unterschiedliche inhaltliche Ausgestaltung erfahren. Denn bildet Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA den rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Geltung der verfahrensbezogenen Pflichten, strahlen diese auch auf die inhaltliche Bestimmung der dem Landkreis obliegenden Pflichten aus. Dies bedeutet, dass die vorhandene finanzielle Leistungskraft der Umlageschuldner im Rahmen ihrer vorhandenen Haushaltssituation einen entscheidenden Faktor bei der Festlegung der Reichweite der bestehenden verfassungsrechtlichen Ermittlungs-, Beteiligungs-, und Abwägungspflichten bildet. So schwächen sich die inhaltlichen Anforderungen an die Verfahrenspflichten - nicht zuletzt wegen der von § 99 Abs. 3 S. 1 KVG LSA determinierten Begrenzung - je mehr ab, desto leistungsstärker sich die finanzielle Situation der Umlageschuldner darstellt. Auf der anderen Seite erstarken sie zu einem umfangreichen Pflichtenkanon, je defizitärer die finanzielle Leistungsfähigkeit der Umlageschuldner ist, folglich für den umlageberechtigten Kreis greifbare Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG bestehen. Dies bedeutet insbesondere für die generell bestehenden Beteiligungsrechte der Umlageschuldner, dass diese von einem stetig zu beachtenden Anhörungsrecht zu einer aktiven umfassenden Beteiligung erstarken können. Dabei genügt bereits die Gefahr der Verletzung der finanziellen Mindestausstattung für das Erstarken der Verfahrenspflichten, da bereits hierbei für den umlageberechtigten Kreis erkennbar ist, dass die finanziellen Belange der Umlageschuldner erheblich tangiert sind bzw. sein können.
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Nach Auffassung des Gerichts gilt dies maßgeblich vor dem Hintergrund, dass die durch die Verfassung determinierten Verfahrenspflichten ausschließlich dazu dienen, eine aufgabenadäquate Finanzausstattung in Form der finanziellen Mindestausstattung zu wahren. Die Durchführung dieses verfassungsrechtlich gebotenen Verfahrens dient daher keinem Selbstzweck mit der Folge, dass wenn dem umlageberechtigten Kreis im Rahmen seiner Kenntnis der Haushaltslage der Gemeinden keinerlei Anzeichen für eine etwaige Haushaltsgefährdung bewusst werden bzw. keinerlei Anhaltspunkte für eine solche ersichtlich sind, auch keine umfangreiche Ermittlung und Abwägung der kollidierenden finanziellen Belange, sowie eine umfassende aktive Beteiligung der Umlageschuldner, zu erfolgen hat. Festzuhalten bleibt jedoch, dass generell die Pflicht zur Durchführung eines Verfahrens besteht, die inhaltliche Ausgestaltung jedoch einzelfallabhängig von der jeweils zu prüfenden Haushaltssituation der Umlageschuldner abhängt.
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Unabhängig von der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung lässt sich festhalten, dass einem umlageberechtigten Kreis in einem Stufenverhältnis zwei Kernpflichten obliegen. Diese Kernpflichten haben in der Rechtsprechung der jeweiligen Gerichte ihre konkrete Ausgestaltung gefunden (vgl. u.a.: Thür OVG, U. v. 07.10.2016 - 3 KO 94/12 -; VG Bayreuth, U. v. 10.10.2017 - B 5 K 15.701 -; VG Schwerin, U. v. 20.07.2016 - 1 A 387/14 -; VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018 - 3 K 1916/15 -; alle juris). Auf der 1. Stufe hat der Kreis die Finanzbedarfe der Umlageschuldner zu ermitteln. Dabei hat er die Umlageschuldner im Rahmen der diesen zustehenden Beteiligungsrechte zumindest anzuhören (Ermittlungs- und Anhörungspflicht). Auf der 2. Stufe hat der Kreis das „gewonnene Wissen“ in seine Haushaltsplanung und folglich der Kreisumlagenfestsetzung im Rahmen einer erkennbaren Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen und sich mit dieser auseinanderzusetzen (Abwägungspflicht). Legt ein umlageberechtigter Kreis dabei einen einheitlichen Umlagesatz für alle Umlageschuldner fest, hat er im Rahmen der ihm obliegenden Verfahrenspflichten die finanzielle Situation aller Umlageschuldner in den Blick zu nehmen und sich regelmäßig an der finanziell leistungsschwächsten Gemeinde zu orientieren, um insgesamt das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung zu wahren.
- 60
Vor diesem Hintergrund lassen sich nach Auffassung des Gerichts folgende Mindestanforderungen an die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Kreisumlagenfestsetzung vor dem Hintergrund des Erstarkens und Abschwächens der inhaltlichen Anforderungen statuieren:
- 61
Ein Landkreis hat zunächst die finanziellen Belange aller Umlageschuldner zu ermitteln. Dies umfasst eine inhaltliche und eine zeitliche Ebene. Unabhängig davon, welche konkreten Daten er im Rahmen der inhaltlichen Komponente zu erheben hat, um seiner Ermittlungspflicht nachzukommen (vgl. hierzu u.a.: VG Schwerin, U. v. 20.07.2016, a.a.O.; VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O.), ist er jedoch in jedem Falle verpflichtet, die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte zu wahren und zu beachten. Diese kann er nur durch eine Pflicht zur Anhörung der Umlageschuldner Rechnung tragen, wobei auch zunächst eine Ermittlung der Finanzbedarfe durch den Landkreis selbst erfolgen kann. Sofern die Ermittlungspflichten bei finanzschwachen Umlageschuldnern erstarken, hat der Landkreis diesen aktiv zeitlich ausreichend Gelegenheit zu geben, ihre Bedarfssituation selbst darzustellen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der umlageberechtigte Kreis durch die Kreisumlage den Haushalt der Umlageschuldner durch den Entzug von Finanzmitteln erheblich nachteilig belastet. Die zeitliche Komponente der Ermittlungspflicht erfasst dabei auch die Aktualität der erhobenen Daten. Da die Kreisumlage für das jeweilige Haushaltsjahr festgesetzt wird (vgl. § 99 Abs. 3 S. 2 KVG LSA), bedarf es auch einer in Bezug zur jeweiligen Kreisumlage zeitnahen Erfassung der maßgeblichen Daten.
- 62
Im zweiten Schritt hat der Landkreis die ermittelnden kollidierenden finanziellen Belange im Rahmen einer Abwägungsentscheidung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Eine ordnungsgemäße Abwägung setzt dabei einen Abwägungswillen und eine Abwägungsbereitschaft voraus, wobei der umlageberechtigte Landkreis das abwägungsrelevante Material zu erkennen und zu bewerten hat. Zudem hat er seine Entscheidung dabei offenzulegen (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14). Der Abwägungsvorgang muss demnach mindestens erkennbar sein. Hierbei wird im Einklang mit der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts keine „minutiöse“ Abwägung (vgl. U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 55) verlangt, jedoch zumindest eine erkennbare und folglich verschriftlichte Auseinandersetzung unter Berücksichtigung des ermittelten abwägungsrelevanten Tatsachenmaterial, insbesondere die Verschriftlichung des Ergebnisweges. Hierbei muss jedenfalls eine erkennbare Gewichtung der sich gegenüberstehenden finanziellen Belange der Umlageschuldner und des Umlagegläubigers erfolgen, welche in die Festsetzung eines konkreten Umlagesatzes mündet. Dabei ist mindestens zu fordern, dass die schriftlichen Darlegungen der Abwägungsentscheidung Bestandteil der Beschlussvorlage für den Kreistag werden und folglich Bestandteil seiner Erwägungen. Auch hierbei ist erneut festzuhalten, dass die Abwägungspflicht und die Anforderungen an die Offenlegung der Entscheidung erstarken (ausweiten), je leistungsschwächer sich die finanzielle Haushaltssituation der Umlageschuldner darstellt.
- 63
bb.) Der Beklagte hat vorliegend die ihm bei der hier maßgeblichen Kreisumlagenfestsetzung zukommenden erstarkten Verfahrenspflichten zur Ermittlung der finanziellen Belange und Beteiligung der Umlageschuldner (aaa.) einerseits und der Pflicht zur Abwägung der kollidierenden finanziellen Belange (bbb.) andererseits nicht hinreichend beachtet.
- 64
Im hiesigen Verfahren der Kreisumlagenfestsetzung in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 hatte der Beklagte zunächst die erstarkten verfahrensrechtlichen Anforderungen zu beachten. Denn ausweislich der vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Übersichten zur Haushaltssituation der kreisangehörigen Kommunen des Salzlandkreises als Anlage zur Beschlussvorlage B/0379/2016 zur 1. Nachtragshaushaltssatzung und zum 1. Nachtragshaushaltsplan des Beklagten für das Haushaltsjahr 2016 (vgl. Bl. 96 ff. der Gerichtsakte) war eine erhebliche Gefährdung der finanziellen Leistungsfähigkeit der in den Blick zu nehmenden 21 Umlageschuldner nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn nicht sogar offenkundig. Dabei lässt sich unter anderem feststellen, dass sich 17 von 21 Umlageschuldnern in Haushaltskonsolidierung befanden, wobei nur 10 der 21 Umlageschuldner einen unausgeglichenen Haushalt hatten; 8 Umlageschuldner hatten dabei einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt.
- 65
Folglich bestanden für den Beklagten unstreitig greifbare Anhaltpunkte, dass dieser durch die Kreisumlagenerhebung erheblich belastend in den Haushalt der Umlageschuldner eingreift. Dass sich der Beklagte der schwierigen finanziellen Lage der Umlagenpflichtigen selbst bewusst war, zeigen auch die Ausführungen in den Beschlussvorlagen zur Erhöhung der Kreisumlage, wonach „eine weitere Erhöhung dazu führen würde, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in noch geringerem Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre“ (vgl. B/0326/2015, Bl. 50 des Verwaltungsvorgangs). Auch dass sich 18 von 21 Kommunen laut dieser Beschlussvorlage in Haushaltskonsolidierung befanden, zeigt deutlich, dass die Umlageschuldner erhebliche Belastungen in ihrem Haushalt meistern mussten. Zudem begründet die Feststellung des Beklagten mit Schreiben vom 22.04.2016 an das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, dass „der Anteil der Auszahlungen für die freiwilligen Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % fällt“, offenkundig die Annahme einer Verletzung des Rechts auf finanzielle Mindestausstattung, da diese Kommunen nicht mehr über die „freien Spitzen“ verfügen könnten, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen (vgl. VG Schwerin, U. v. 20.07.2016, a.a.O., juris Rn. 63). Zuletzt begründet der Umstand, dass 13 der 21 Kommunen im Jahr 2015 einen Antrag auf Stundung der Kreisumlage gestellt haben, ein Indiz für die Haushaltsnotlagen dieser Umlageschuldner. Vorliegend musste dem Beklagten mithin angesichts der auch selbst erkannten erheblichen finanziellen Probleme der Umlagepflichtigen bewusst gewesen sein, dass die Gefahr einer nicht mehr angemessenen aufgabenadäquaten Finanzausstattung bzw. einer Entwertung der von Gesetzes wegen verliehenen Steuerkraft drohen kann. Letzteres gilt in besonderem Maße für diejenigen Umlageschuldner, die als Mitglieder von Verbandsgemeinden zusätzlich zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage verpflichtet sind (vgl. § 23 FAG). Es wird deutlich, dass die bestehenden haushaltsrechtlichen Probleme auch durch die Kreisumlagenfestsetzung des Beklagten bestehen. Vor diesem Hintergrund sah sich der Beklagten bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung einem erstarkten verfahrensrechtlichen Pflichtenkanon gegenüber.
- 66
aaa.) Der Beklagte ist den dadurch erhöhten Anforderungen im Rahmen seiner Ermittlungspflicht der bestehenden finanziellen Belange nicht nachgekommen. Denn diese setzt in jedem Fall eine Beteiligung der Umlageschuldner voraus (vgl. u. a.: Thür OVG, U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 52 ff.; VG Bayreuth, U. v. 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 38). Der Beklagte hat die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte zu wahren und zu beachten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in Rede stehenden erheblichen Gefährdung der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinde. Den Beteiligungsrechten wird neben der Pflicht zur Anhörung der Umlageschuldner dadurch Rechnung getragen, dass diesen zeitlich ausreichend Gelegenheit gegeben wird, ihre Bedarfssituation aktiv darzustellen.
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Der Beklagte hat jedoch im vorliegenden Fall die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte grundsätzlich verkannt, denn er hat sie selbst ausweislich des Verwaltungsvorgangs und der eigenen Angaben im Klageverfahren auf keinerlei Weise an der Kreisumlagenfestsetzung aktiv beteiligt, sondern diese ausschließlich über den Stand der Beschlussfassung im Kreistag informiert, wobei der Beklagte selbst von einem nicht verhandelbaren Kreisumlagesatz ausging. Dies zeigt eindeutig die Formulierung im Schreiben vom 13.11.2015: „Bei der laufenden Haushaltsplanung sollten Sie von einem Umlagesatz von 47,060 % ausgehen. Über das weitere Verfahren zur Festsetzung bzw. über die Beschlussfassung des Kreistages werde ich Sie unverzüglich informieren.“ Den Umlageschuldnern wurde weder Gelegenheit gegeben, ihre Bedarfssituation selbst darzustellen noch im Rahmen einer etwaigen nachgängigen Anhörung die Möglichkeit gegeben, auf die seitens des Beklagten unstreitig erhobenen Daten einzuwirken bzw. diese klarstellend zu untersetzen, zumal es allein die Umlagepflichtigen vermögen, ein umfassendes Bild ihres Haushalts und der damit einhergehenden Finanzsituation zu zeichnen. Es ist nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Beklagte die den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte nicht beachtet hat. Bringt er insoweit vor, dass er eine umfangreiche Kenntnis aus der Stellung als umlageberechtigter Kreis habe und die Umlagepflichtigen ihre Haushalte, diesem vorzulegen hätten, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn der verfassungsrechtliche Grundsatz des finanziellen Gleichrangs gebietet es gerade die Umlageschuldner am Festsetzungsprozess der Kreisumlage zu beteiligen. Dies gilt im hiesigen Verfahren wegen der bestehenden Gefährdungslage umso mehr.
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bbb.) Neben der Nichtbeachtung der den Umlageschuldnern zukommenden Beteiligungsrechte hat der Beklagte zudem entgegen den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG seiner endgültigen Kreisumlagenfestsetzung keine offengelegte Abwägungsentscheidung zugrunde gelegt. Zwar verlangt ein verfassungskonformer qualifizierter Abwägungsvorgang im Einklang mit der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts keine „minutiöse“ Abwägung (vgl. U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 55). Ein solcher muss jedoch wenigstens erkennbar sein, woran es jedoch im vorliegenden Fall bereits mangelt. Dies gilt umso mehr, da dem Beklagten eine erstarkte Abwägungspflicht der kollidierenden finanziellen Belange obliegt. Denn liegt eine Gefährdung der finanziellen Mindestausstattung vor, hat der Beklagte einen qualifizierteren Abwägungsvorgang offenzulegen, als das bei einer leistungsstarken finanziellen Situation der Umlageschuldner der Fall wäre.
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Der Beklagte hat keine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung getroffen. Welche Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung der Abwägungsentscheidung zu stellen sind (vgl. u.a.: VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da weder dem vorliegenden Verwaltungsvorgang noch den Ausführungen des Beklagten im Klageverfahren ein ordnungsgemäßer Abwägungsvorgang zu entnehmen ist. Dies folgt einerseits bereits aus dem Umstand, dass keine ordnungsgemäße Ermittlung des abwägungsrelevanten Materials erfolgt ist und es daher bereits nicht ausgeschlossen werden kann, dass er erhebliche abwägungsrelevante Elemente übersehen hat. Andererseits hat der Beklagten verkannt, dass bei der Abwägungsentscheidung der Kreisumlagesatz an sich einer Prüfung zu unterziehen ist und nicht ausschließlich die Möglichkeit einer Erhöhung. Zuletzt mangelt es im vorliegenden Fall jedoch an einer offengelegten und folglich verschriftlichten Auseinandersetzung mit dem ermittelten abwägungsrelevantem Material, insbesondere der Verschriftlichung des Ergebnisweges.
- 70
Eine substantielle Abwägung mit den widerstreitenden finanziellen Interessen der Umlageschuldner und des umlageberechtigten Landkreises ist nicht erkennbar. Vielmehr stellt der Beklagte ausschließlich das Ergebnis fest, ohne eine hierauf stützende Grundlage zu benennen. So heißt es in der Beschlussvorlage B/0300/2015 unter Zitierung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine entsprechende Prüfung erfolgt sei und eine weitere Erhöhung des Umlagesatzes nicht mehr als vertretbar angesehen werde. Diesen Ausführungen ist kein materiell-rechtlich gewichtiger Abwägungsvorgang, aus welchem sich schlüssig und nachvollziehbar die Festsetzungserwägungen entnehmen lassen, zu erkennen. Welche Prüfung der Beklagte vorgenommen hat und wie er zu diesem festgehaltenen Ergebnis gelangt ist, ist den Ausführungen nicht zu entnehmen. Der Beklagte stellt vielmehr die Haushaltssituation der 21 Umlageschuldner im Überblick und sehr verkürzt zusammen, ohne aus dieser eine etwaige qualifizierte Erkenntnis für seine Abwägungsentscheidung herzuleiten. Allein die ausschließliche Darstellung auch eines etwaigen Abwägungsergebnisses genügt jedoch nicht, um den Anforderungen an ein „Offenlegen der Entscheidung“ zu erfüllen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, welche kollidierenden Interessen miteinander abgewogen worden sein sollen bzw. mit welcher Begründung den eigenen Interessen (auch berechtigter Weise) der Vorzug eingeräumt worden ist. Festzuhalten ist demnach jedenfalls, dass auch derjenige falsch abwägt, der nur das Ergebnis aufführt ohne die grundsätzlichen Elemente, welche Kern der Abwägungsentscheidung waren aufzuzeigen. Dies hat zur Folge, dass dem Gericht eine Überprüfung der getroffenen Festsetzungsentscheidung nicht möglich ist. Denn der Kreis hat eine komplexe und einzelfallabhängige Abwägungsentscheidung vorzunehmen, bei der das Gericht nur zu prüfen hat, ob der Kreis seine eigenen Interessen einseitig und rücksichtslos gegenüber den berechtigten Interessen der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden durchsetzt (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 14). Insoweit ist dem Kreis ein weiter Abwägungsspielraum zuzugestehen.
- 71
Vorliegend bestehen zudem gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine eigenen finanziellen Belange über die der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden gestellt hat. Dies verdeutlicht insbesondere, dass er auf der Grundlage dergleichen zeitlichen Übersicht zur der umlagepflichtigen Gemeinden und Städte Haushaltssituation (letzter Stand: 01.03.2016) zunächst abschließend bezüglich der Erhöhung der Kreisumlage von 45,851 % auf 47,060 %, wie folgt, ausführt (vgl. Bl. 50 des Verwaltungsvorgangs):
- 72
„Vor diesem Hintergrund würde eine weitere Erhöhung der Kreisumlage dazu führen, dass eine Konsolidierung der gemeindlichen Haushalte in noch geringerem Umfang bzw. gar nicht mehr möglich wäre.
- 73
Eine weitere Erhöhung des Umlagesatzes wird somit als nicht mehr vertretbar angesehen.“
- 74
Bereits in der Beschlussvorlage zum Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2016 (B/0379/2016) heißt es jedoch, dass „es erforderlich sei den Umlagesatz der Kreisumlage von 47,060 % auf 49,264 % zu erhöhen, da die sonstigen Erträge nicht ausreichen, um den erforderlichen Bedarf zu decken“. Der Beklagte begründete die Erhöhung des Umlagesatzes mit Schreiben an das Landesverwaltungsamt Halle vom 22.04.2016, wie folgt:
- 75
„Eine weitergehende Erhöhung des Umlagesatzes der Kreisumlage von 47,06 % auf 49,264 % engt den finanziellen Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Kommunen zwar in erheblicher Weise ein, dennoch wird aus diesseitiger Sicht unter Zugrundelegung der insoweit einschlägigen Rechtsprechung die angedachte Erhöhung (noch) als vertretbar angesehen.“
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Nach Darstellung der Rechtsprechung sowie einer verkürzten Zusammenfassung der Haushaltssituation der Umlageschuldner heißt es weiter:
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„In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Anteil der Kreisumlage bei 20 Kommunen auch deutlich über 100 % an den zur Verfügung stehenden Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen und Auftragskostenpauschale) liegt.
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Die Kommunen können die Kreisumlage mit den Zuweisungen nicht mehr abdecken, wobei die Kreisumlage in manchen Fällen die Zulagen sogar um mehr als das Doppelte übersteigt.
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Da die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt lediglich durch 2 Kommunen überschritten wird und der Anteil der Auszahlungen für freiwillige Leistungen an den Auszahlungen laufender Verwaltungstätigkeit nur bei 9 Kommunen unter 2 % fällt, wobei vier dieser Kommunen Liquiditätsempfänger sind und sich insgesamt 8 Kommunen in der Haushaltskonsolidierung befinden, ist der C. der Auffassung, dass die Umlagenfestsetzung im Hinblick auf die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen zwar erheblich ist, aber (noch) als vertretbar angesehen werden kann.“
- 80
Bereits die schriftlich dargestellte Auffassung des Beklagten zeigt unzweideutig, dass er seinem Finanzbedarf ein größeres Gewicht beimisst, als dem der Umlageschuldner. Es ist nicht nachvollziehbar, dass er auf der Grundlage dergleichen Datenerfassung zunächst eine weitere Erhöhung über 47,060 % nicht mehr als vertretbar ansieht und im zweiten Schritt mit derselben Begründung eine Erhöhung auf 49,264 % rechtfertigt. Es erfolgt in keiner Weise eine Befassung mit den konkreten Auswirkungen dieser Erhöhung auf die Umlageschuldner bzw. auf welche Art und Weise sie diese belastet (insbesondere auch vor dem Hintergrund einer bestehenden Pflicht zur Zahlung einer Verbandsgemeindeumlage). Dies lässt nach Auffassung des Gerichts nur den Schluss zu, dass er den verfassungsrechtlich gebotenen Abwägungsvorgang nur anhand seiner Interessen ausrichtet, um eine größtmögliche Umlagenzahlung zu erreichen. So liegt keine qualifizierte verschriftlichte Abwägungsentscheidung vor, welche eine derartige Auffassung entkräftet.
- 81
Diese Einschätzung wird zudem noch untersetzt durch die Befassung mit dem Kreisumlagesatz in den Ausschüssen. So heißt es unter anderem in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses vom 21.11.2016 (vgl. Bl. 361 ff. des Verwaltungsvorgangs):
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"Herr Dr. P (…) bittet die Verwaltung darum, darüber nachzudenken, die Kreisumlage minimal abzusenken, um die Kommunen finanziell zu entlasten. (…). Frau S schildert, dass hausintern darüber nachgedacht wurde, die Kreisumlage zu verändern. Oberste Priorität hat jedoch die Abarbeitung der Fehlbeträge (was übrig bleibt, wenn Einnahmen ausgeschöpft sind) und Schulden. Frau H kann das Ansinnen der Ausschussmitglieder zur Senkung der Kreisumlage zu Gunsten der Kommunen durchaus verstehen, warnt aber gleichzeitig aufgrund der negativen Finanzplanung davor. (…)."
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Dies verdeutlicht auch, dass in den Ausschüssen keine qualifizierte Diskussion erfolgte, sondern diese ausschließlich mit dem Argument, dass der Beklagte sich eine Minderung finanziell nicht erlauben könne, beendet worden ist. Folglich konnte auch kein qualifizierter Abwägungsvorgang stattfinden, da anhand der eigenen gewichtigen Interessen des Beklagten, kein Raum für „vermeintliche“ Zweifel seitens der Umlageschuldner bestehen kann. Zusammenfassend lässt sich daher dem Verwaltungsvorgang entnehmen, dass der Beklagte seinen eigenen finanziellen Bedarf über den der Umlageschuldner stellt. Mag dies auch auf einer durchaus bestehenden tatsächlichen finanziellen schlechten Haushaltslage bestehen, rechtfertigt dies unter keinem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt eine Abweichung von dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs der Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA. Von der Beachtung gleichrangiger Interessen kann nach Auffassung des Gerichts unter keinem Blickwinkel ausweislich der vorgelegten Unterlagen ausgegangen werden.
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b.) Hat der Beklagte die verfahrensrechtlichen Anforderungen bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung nicht beachtet, führt allein dies zur Unwirksamkeit der nach § 5 der HS 2017 erfolgten Festsetzung des Kreisumlagesatzes der Höhe nach. Denn das Gericht ist wegen der von dem Beklagten bei der Festsetzung des konkreten Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung zu fordernden umfangreichen, vielschichtigen und komplexen Prognoseentscheidung nicht berechtigt bzw. verpflichtet, den festgesetzten Kreisumlagesatz allein auf seine Ergebnisrichtigkeit zu prüfen und folglich die vorhandene defizitäre Abwägungsentscheidung durch eine ordnungsgemäße Wertung zu ersetzen (vgl. hierzu insbesondere: VG des Saarlandes, U. v. 23.03.2018, a.a.O., juris Rn. 68 ff.). So besteht gemäß § 114 S. 1 VwGO nur ein eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum, da es sich um eine wertende Entscheidung handelt, bei dem (wie hier maßgeblich) zu prüfen ist, ob der Beklagte von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, insbesondere alle wesentlichen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt bzw. umgekehrt nicht einschlägige Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hat, sowie im zweiten Schritt er die abstrakt zu ermittelnden Wertungsmaßstäbe beachtet und ausreichend eingehalten hat, sich nicht von sachfremden, willkürlichen oder sonst unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen und die getroffene wertende Beurteilung substantiell, in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und den Erfordernissen rationaler Abwägung nicht widerspricht (vgl. Schenke, in Kopp/Schenke: VwGO Kommentar, 23. Aufl. 2017, § 114 Rn. 28). Die Ausübung des bestehenden Beurteilungsspielraums, soweit das Gericht dies kontrollieren kann (§ 114 S. 1 VwGO), ist jedoch zu beanstanden. Denn der Beklagte ging, wie beschrieben, von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt aus und missachtete bei der Festsetzung die geforderten Bewertungsmaßstäbe bzw. die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung.
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c. Der demnach festgestellte Verstoß gegen die verfassungsrechtlich determinierten Verfahrensanforderungen im Rahmen der Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017 ist im vorliegenden Fall auch für die Klägerin beachtlich. Maßstab der Prüfung der Beachtlichkeit eines Verfahrensverstoßes ist vor dem Hintergrund der Einordnung der Verfahrensrechte als primäre Gewährleistungsrechte des Art. 28 Abs. 2 GG, dass eine diesbezügliche Rechtsverletzung nicht offenkundig ausgeschlossen sein darf. Insofern hat sich das Gericht dabei von folgenden Gedanken leiten lassen:
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Im Rahmen der Prüfung der verfassungskonformen Festsetzung des Kreisumlagesatzes vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Rechts auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung nach Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA, kann die Verletzung der Verfahrensvorschriften für sich allein genommen nicht genügen, um eine Rechtsverletzung des Umlageschulders selbst zu begründen. Denn stellen die Verfahrensanforderungen, wie bereits beschrieben (vgl. S. 16 f.), keinen Selbstzweck dar, sondern haben ausschließlich einen (ihrem aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Recht) dienenden Charakter, kann eine Rechtsverletzung eines Umlageschuldners nicht angenommen werden, bei dem unter ausschließlicher Berücksichtigung seiner Haushaltssituation eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung offenkundig und von vornherein ausgeschlossen ist. Nach Auffassung des Gerichts führt das vollständige Fehlen offenkundiger Anhaltspunkte für eine etwaige Verletzung der finanziellen Mindestausstattung dazu, dass ein auch fehlerhaft festgesetzter Umlagesatz in der Haushaltssatzung eine Rechtsverletzung des Umlageschuldners nicht begründen kann, da seine Haushaltsinteressen vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG in keinster Weise tangiert werden, mit der Folge, dass sich auch ein fehlerhaftes Verfahren nicht belastend auf diesen Umlageschuldner auswirken kann (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 24.04.2017 - 12 N 58.16 -, juris Rn. 8). Eine andere Auffassung würde dazu führen, dass die Verfahrensanforderungen zu einem reinen Selbstzweck verkommen und das Festsetzungsverfahren nur um seiner selbst Willen durchgeführt wird. Vor diesem Hintergrund ist es rechtsstaatlich auch nicht bedenklich, dass einem finanziell leistungsstarken Umlageschuldner die sanktionslose Hinnahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsaktes zugemutet werden kann (vgl. zur einfach-gesetzlichen Ebene § 46 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfG LSA). Eine solche Auslegung berücksichtigt zudem die verfassungsrechtliche Herleitung der Verfahrensanforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA, zumal eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung nur bei deren Unterschreiten angenommen werden kann. Oberhalb dieses Rahmens kann auch ein Umlageschuldner eine Verletzung regelmäßig nicht rügen. Art. 28 Abs. 2 GG schützt demnach ausschließlich den "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und folglich das verfassungsrechtliche Minimum (vgl. BVerwG, U. v. 31.01.2013, a.a.O., juris Rn. 18 ff.). Ist die Unterschreitung der äußersten Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren jedoch offensichtlich und von vornherein ausgeschlossen, gewährleistet Art. 28 Abs. 2 GG den Umlageschuldner „quasi über die Hintertür“ keinen weitergehenden Schutz. Ist der Landkreis gesetzlich legitimiert, eine Kreisumlage im Rahmen seines kreiskommunalen Bedarfs zu erheben, hat sich die festgesetzte Höhe selbst nur an diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen messen zu lassen (vgl. u. a. ThürOVG, U. v. 07.10.2016, a.a.O., juris Rn. 71 ff.).
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Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist klarstellend jedoch zu ergänzen, dass neben dem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab des Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 87 Abs. 1 und 2 Verf LSA - bei dem die vorstehend erörterte Beachtlichkeitsprüfung vorzunehmen ist - die Rechtmäßigkeit der Kreisumlagenfestsetzung darüber hinaus anhand § 99 Abs. 3 KVG LSA, § 19 FAG erfolgt; die Einhaltung dieser Voraussetzungen kann jede Gemeinde unabhängig von Vorstehendem geltend machen. Denn hierbei steht primär nicht das verfassungsrechtlich determinierte Festsetzungsverfahren im Mittelpunkt der Überprüfung, sondern die Festsetzung selbst unter Beachtung des Satzungserfordernisses anhand des „erforderlichen Bedarfs“, insbesondere der Nichtausschöpfung kreislichen Einnahmepotentials.
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Im vorliegenden Fall ist eine Beachtlichkeit des Verfahrensverstoßes unzweifelhaft gegeben. Denn in Bezug auf die Haushaltslage der Klägerin ist anhand der seitens des Beklagten selbst vorgelegten Unterlagen (vgl. Anlage 2 zur Beschlussvorlage B/0379/2016, Bl. 96 d. GA) nicht offenkundig und von vornherein ausgeschlossen, dass ihr Recht auf eine verfassungsrechtlich gebotene Mindestausstattung durch den festgesetzten Umlagesatz verletzt ist. So vermochte es die Klägerin in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 keinen Haushalt zu beschließen und hat bereits im Jahre 2014 einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt. Aus dem Umstand dass die Klägerin in den Jahren 2015 und 2016 keinen Haushalts aufstellen konnte, folgt ausweislich der Übersicht, dass dem Beklagte selbst keine Daten bezüglich der Haushalte nach Doppik, der bestehenden Verbindlichkeiten und Rücklagen und der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben sowie der Beantragung von Liquiditätskrediten vorliegen. Dies zeigt bereits deutlich, dass die Klägerin sich erheblichen haushaltsrechtlichen Problemen gegenübersah und diese zusätzlich durch die Kreisumlagenfestsetzung verschärft werden. Genügt es demnach, dass eine strukturelle Unterfinanzierung der Klägerin nicht ausgeschlossen ist, hat das Gericht auch keine Detailprüfung ihrer Haushaltslage vorzunehmen. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte mit seinem Vorhalt eines etwaigen Verstoßes der Klägerin gegen die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nach § 98 KVG LSA nicht gehört werden kann, weshalb es ist rechtlich unerheblich ist, ob die Klägerin weitere Einsparmöglichkeiten, Konsolidierungspotenzial oder die Möglichkeit der Kreditaufnahme hat. Wegen der von Verfassungswegen verbürgten Rechtsposition der Klägerin genügt es vielmehr, dass „Anzeichen“ für eine Verletzung der Gewährleistung der finanziellen Mindestausstattung vorliegen, was hier der Fall ist.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 S. 1 GKG.
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Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124 a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die maßgeblichen Rechtsfragen obergerichtlich für das Land Sachsen-Anhalt noch nicht geklärt sind.
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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt
- 1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird, - 2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, - 3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.
Volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, wird den Gemeinden, Städten und Landkreisen kostenlos übertragen. Ausgenommen sind Wohnheime öffentlicher Bildungseinrichtungen.
(1) Über kommunales Vermögen kann im Rahmen der Gesetze uneingeschränkt verfügt werden. Die Nutzung des kommunalen Vermögens hat grundsätzlich so zu erfolgen, daß seine rentable Verwertung, ein wirksamer kommunaler Einfluß und die Finanzkontrolle durch die Kommunen gesichert sowie der öffentliche Zweck beachtet werden. In den Gemeinden, Städten und Kreisen sind Konzeptionen zu erarbeiten, wie übernommene Betriebe, die nicht in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen geführt werden können oder die Leistungsfähigkeit der Kommunen überschreiten, unter Sicherung des Vermögens der Kommunen privatisiert werden.
(2) Kommunale Betriebe und Einrichtungen können auf der Grundlage der §§ 57 bis 62 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR als Eigengesellschaften oder Eigenbetriebe geführt werden. Gemeinden, Städte und Kreise können kommunale Betriebe in Form rechtlich selbständiger Unternehmen auch als Beteiligungs- oder Gemeinnützige Gesellschaften organisieren. Kommunales Eigentum kann in kommunale Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände oder Kreisverbände eingebracht werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden
- 1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, - 2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.
(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.
Das Bundesministerium der Finanzen stellt nach Ablauf des Ausgleichsjahres die endgültige Höhe der Länderanteile an der Umsatzsteuer durch Rechtsverordnung fest, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Der Zahlungsverkehr wird während des Ausgleichsjahres in der Weise abgewickelt, dass die Ablieferung des Bundesanteils an der durch Landesfinanzbehörden verwalteten Umsatzsteuer um die Beträge erhöht oder ermäßigt wird, die nach der vorläufigen Bemessung der nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen der Länder verteilten Länderanteile an der Umsatzsteuer nach § 2 Satz 1 sowie der vorläufig erhobenen Abschläge und der vorläufig gewährten Zuschläge nach § 10 zu verrechnen sind. Soweit der Anspruch eines Landes aus diesen Verrechnungen durch den Bundesanteil an der Umsatzsteuer nicht voll gedeckt wird, überweist das Bundesministerium der Finanzen diesem Land den nicht gedeckten Teil des vorläufigen Ausgleichsanspruchs in monatlichen Teilbeträgen. Soweit die Verpflichtung eines Landes aus diesen Verrechnungen über dem Aufkommen der von Landesfinanzbehörden verwalteten Umsatzsteuer liegt, ist der darüber liegende Teil von dem Land dem Bundesministerium der Finanzen in monatlichen Teilbeträgen zu überweisen. Die für die Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens auf Bund, Länder und Gemeinden in § 1 Absatz 2 genannten Beträge werden gesondert im Rahmen des Zahlungsverkehrs der Einfuhrumsatzsteuer nach Absatz 2 berücksichtigt; Entsprechendes gilt für unterjährige Gesetzesänderungen mit Auswirkungen auf die Umsatzsteueranteile nach § 1 Absatz 1 im laufenden Ausgleichsjahr.
(2) Der Länderanteil an der durch Bundesfinanzbehörden verwalteten Einfuhrumsatzsteuer wird auf die Länder nach der Einwohnerzahl verteilt und in monatlichen Teilbeträgen überwiesen.
(3) Die Differenzen der vorläufigen Umsatzsteueranteile, Zuschläge und Abschläge nach § 13 zu den auf der Grundlage der tatsächlichen Entwicklung der Bemessungsgrundlagen bestimmten Umsatzsteueranteilen, Zuschlägen und Abschlägen des Ausgleichsjahres werden vierteljährlich vorläufig abgerechnet.
(4) Das Nähere bestimmt das Bundesministerium der Finanzen jährlich in einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird vorbehaltlich des gemäß § 4 durchzuführenden Finanzkraftausgleichs nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt. Hierbei sind die Einwohnerzahlen zugrunde zu legen, die das Statistische Bundesamt zum 30. Juni des Kalenderjahres, für das der Ausgleich durchgeführt wird (Ausgleichsjahr), festgestellt hat.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden
- 1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, - 2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.
(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Für den Vollzug und die Abrechnung der Umsatzsteuerverteilung, des Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen für die vor dem 1. Januar 2020 liegenden Ausgleichsjahre findet das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955, 3956) in der am 31. Dezember des jeweiligen Ausgleichsjahres geltenden Fassung weiterhin Anwendung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.