Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 23. Mai 2017 - 8 B 223/17
Gründe
- 1
Der nach eigenen Angaben aus Somalia stammende Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.04.2017, mit welchem der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt und die Abschiebung in den Herkunftsstaat oder einem anderen aufnahmebereiten oder aufnahmepflichtigen Staat angedroht wurde. Denn der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er aus Somalia stamme.
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Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus. Denn der vorläufige Rechtsschutzantrag ist bereits wegen Verfristung unzulässig.
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Ausweislich des Eingangsstempels und des Nachweises im elektronischen Verwaltungsvorgang ist der streitbefangene Bescheid den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 13.04.2017 zugestellt worden. Die einwöchige Klage- und Antragsfrist lief somit bis zum 20.04.2017. Am 25.04.2017 erhob der Kläger selbst durch Fax beim erkennenden Gericht Klage (8 A 214/17 MD). Der Prozessbevollmächtigte erhob durch Fax am 02.05.2017 erneut Klage (8 A 222/17 MD) und stellte den hier zu entscheidenden Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (8 B 223/17 MD). Wegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid, nämlich soweit es heißt, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ müsse, laufe die Jahresfrist.
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Dazu ist bereits anzuführen, dass sich der betreffende Hinweis nach Wortlaut und Aufbau in der Rechtsbehelfsbelehrung eindeutig nur auf den Rechtsbehelf der Klage bezieht; hinsichtlich des hier zu entscheidenden Eiantrages nach § 80 Abs. 5 VwGO wird ohne diesen Zusatz nur auf das genannte Verwaltungsgericht und die Wochenfrist verwiesen, in dem es heißt:
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„Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO kann innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides bei dem oben genannten Verwaltungsgericht gestellt werden.“
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Demnach kann der bezüglich der Klage benutzte Hinweis nicht als Rechtfertigung für eine Irrtumserregung beim Adressaten hinsichtlich des Eilantrages herangezogen werden. Denn die diesbezügliche zitierte Belehrung ist zweifellos zutreffend und rechtlich beanstandungsfrei. Beide Belehrungen sind auch selbständig nebeneinander in einer Rechtsbehelfsbelehrung zulässig und eindeutig unterscheidbar. Auch ist diesem Teil der Belehrung die Abfassung des genannten „Antrages“ - und eben nicht der Klage - in „deutscher Sprache“ hineinzulesen, wäre abwegig. Insofern wird der Unterschied zwischen „Klage“ und „Antrag“ nach Wortlaut und Aufbau der Rechtsbehelfsbelehrung eindeutig erkennbar. So bereits das erkennende Gericht im Beschluss v. 28.02.2017 (8 B 84/17 MD; juris). Dies übersieht die vom VG Gelsenkirchen (Beschluss v. 30.01.2017, 15a L 3029/16.A; juris), vom VG Augsburg (Beschluss v. 03.12.2014, Au 7 S 14.50321; juris) und vom VG B-Stadt (Beschluss v. 15.09.2016, 3 B 4870/16; juris) vertretene Rechtsansicht.
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Der Eilantrag ist damit verfristet. Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
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Im Übrigen und mit Verweis auf das anhängige Klageverfahren (8 A 214/17 MD) weist das Gericht darauf hin, dass es nicht der vom Antragsteller mit Berufung auf das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18.04.2017 (A 9 S 333/17; juris) vertretenen Rechtsansicht folgt, wonach eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis, dass die Klage "in deutscher Sprache abgefasst sein" muss, unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO sei. Diese Formulierung ist nicht geeignet, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (zu diesen Voraussetzungen: BVerwG, Urteil v. 21.03.2002, 4 C 2.01; Beschluss v. 03.03.2016, 3 PKH 5.15; juris).
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Die Auslegung dieser vom Bundesamt bundesweit benutzten Formulierung ist zurzeit in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Nach einem Teil der Rechtsprechung ist die Rechtsbehelfsbelehrung geeignet, bei dem Betroffenen den - im Widerspruch zum Gesetz stehenden - Eindruck zu erwecken, dass die Klage gegen den Bundesamtsbescheid bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden muss und dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hat (für Unrichtigkeit: VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 18.04.2017, A 9 S 333/17; VG Augsburg, Beschluss vom 03.12.2014 - Au 7 S 14.50321; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.06.2016 - 3a K 4187/15.A -; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A; VG B-Stadt, Beschluss vom 15.09.2016 - 3 B 4870/16; juris; VG Meiningen, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 E 21517/16 Me; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15a L 3029/16.A ; gegen Unrichtigkeit: VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.11.2016 - 14a L 2496/16.A - VG Berlin, Beschlüsse vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A und vom 16.11.2016 - 6 L 1249.16A; VG Saarland, Urteil vom 19.12.2016 - 3 K 2501/16; VG Hamburg, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 AE 94/17; alle juris).
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Der Hinweis auf die Abfassung der Klage in „deutscher Sprache“ ist nicht geeignet, bei dem Betreffenden einen Irrtum dahingehend hervorzurufen, dass die Klage nur schriftlich einzureichen ist und er von einer mündlichen Klageeinreichung durch Niederschrift vor Gericht abgehalten wird. Sinn und Zweck dieses Hinweises ist allein der, den Ausländer von der – nach § 55 VwGO, § 184 Satz 1 GVG - unzulässigen Einreichung einer in seiner Heimatsprache verfassten Klage abzuhalten. Aus diesem Service zu lesen, der Adressat und potenzielle Rechtssuchende müsse selbst für die „Schriftform“ sorgen, erscheint dem Gericht nicht nachvollziehbar. Denn eine solche Auslegung würde auch die Möglichkeit des Gedankens aufkommen lassen, dass sich der Adressat keiner fremden, wie bevollmächtigten Hilfe bedienen dürfte. Die Entstehung eines solchen - dem Rechtsverkehr völlig abwegigen – Irrtums, vermag das Gericht nicht zu glauben; jedenfalls wäre das Berufen auf einen solchen Irrtum nicht schutzwürdig, weil vermeidbar.
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Zu Recht weist der VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil v. 18.04.2017 (A 9 S 333/17; juris) darauf hin, dass entscheidend sei, „welche Vorstellungen die Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheides auslösen kann.“ (Unterstreichung vom erkennenden Gericht). Von einer lebensnahen Betrachtungsweise kann aber dann nicht ausgegangen werden, wenn die den Irrtum bejahende Rechtsprechung (VGH Baden-Württemberg, a. a. O., m. w. Nachw.) unter Heranziehung grammatikalischer Regelungen und der Syntax der deutschen Sprache ausführt, dass die „passivische Verwendung des Verbs [„abgefasst “] in der Form des Partizips Perfekts bzw. Partizips 2 in Verbindung mit dem Hilfsverb „müssen“ („… muss ... abgefasst sein.") jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lässt, wer es ist, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen hat“ und der "passivische Gebrauch des Verbs "abfassen" formal logisch die Möglichkeit einer Klagerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, reicht für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aus" (VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Richtig führt der VGH Baden-Württemberg (a. a. O.) aus, dass sich "die Rechtsbehelfsbelehrung ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richtet" (Unterstreichung vom erkennenden Gericht); indem es dann aber darauf abstellt, dass es genüge, "wenn der unrichtige Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung generell geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren" (Unterstreichung vom erkennenden Gericht), besteht zumindest ein gewisser Widerspruch. Denn zur Überzeugung des erkennenden Gerichts wird der Asylbewerber der deutschen Sprache nicht mächtig sein und sich derartigen grammatikalischen und der Satzlehre entsprechenden Überlegungen nicht hingeben, sondern im Zweifelsfall bei dem ordnungsgemäß bezeichneten Gericht nachfragen.
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Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 23. Mai 2017 - 8 B 223/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand:
2Der am 11. Mai 1985 in W. /Mazedonien geborene Kläger zu 1., die am 2. Februar 1988 ebenda geborene Klägerin zu 2., der am 14. Februar 2010 ebenda geborene Kläger zu 3. und die am 28. Oktober 2012 ebenda geborene Klägerin zu 4. sind mazedonische Staatsangehörige. Sie gehören der Volksgruppe der Bosniaken an. Nach eigenen Angaben reisten die Kläger am 8. Juni 2015 mit einem Kombi in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 22. Juni 2015 stellten die Kläger unter dem Aktenzeichen 6021541-144 Asylerstanträge.
3In der am 24. Juni 2015 beim Bundesamt durchgeführten persönlichen Anhörung gab der Kläger zu 1. an, er habe als Bäcker gearbeitet. Die letzten zwei Jahre habe er in einer Bäckerei für 400 bis 450 € monatlich gearbeitet. In Mazedonien sei er aufgefordert worden, nach Syrien zu fahren und dort für radikale Islamisten zu kämpfen. Als er dies abgelehnt habe, habe ihm ein Mann gesagt, dies könne sich negativ auf die Familie auswirken. Die Klägerin zu 2. bekundete, sie sei nicht erwerbstätig, sondern habe mit den Kindern von den Einkünften Ihres Ehemannes gelebt. Sie gab ebenfalls an, der Kläger zu 1. habe berichtet, dass er für islamistische Kämpfer in Syrien rekrutiert werden solle.
4Mit Bescheid vom 30. Juni 2015, zugestellt am 19. August 2015, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab. Den subsidiären Schutzstatus erkannte es nicht zu. Das Bundesamt stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Unter der Androhung der Abschiebung nach Mazedonien forderte das Bundesamt die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen.
5Mit am 31. August 2015 erhobener Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Der Kläger zu 1. legt ein Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Dr. (. . . ) . . . . , vom 3. September 2015 vor. Danach sei der Kläger zu 1. von Landsleuten gezwungen worden, nach Syrien zu gehen und für die IS-Truppen zu kämpfen. Sie seien auch zweimal zu ihm nachhause gekommen und hätten seiner Familie und ihm gedroht, sie zu töten, wenn er dies nicht mache. Es liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor (ICD-10: F 43.1). Es bestehe zurzeit Reiseunfähigkeit. Im Falle eines weiteren psychischen Drucks könne dies die Selbstmordgedanken provozieren und den Kläger zu 1. direkt zu einem Suizidversuch führen. Sein Heimatland sei gegenwärtig kontraindiziert. Die Kläger beantragen sinngemäß,
6- 7
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2015, Geschäftszeichen 6021541 ‑144, zu verpflichten, sie als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG anzuerkennen;
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2. ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 4 AsylG zuzuerkennen;
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3. die Beklagte zu verpflichten, Ihnen subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylG zuzuerkennen;
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4. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte nimmt zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid Bezug.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 und 2) Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Entscheidung ergeht nach § 76 Abs. 1 des als Asylgesetz fortgeltenden Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert jeweils durch Art. 1 (BGBl. I, S. 390) und Art. 2 (BGBl. I, S. 394) der Gesetze vom 11. März 2016 – AsylG – durch den Einzelrichter, da diesem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 20. Mai 2016 zur Entscheidung übertragen worden ist.
17Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden sind, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung- VwGO -).
18Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb der gemäß § 58 Abs. 2 VwGO anwendbaren Jahresfrist erhoben worden. § 58 Abs. 2 VwGO ist anwendbar, weil die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist. Die Unrichtigkeit folgt aus der Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung,
19Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von einer Woche nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen …erhoben werden…. Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein,
20die mit der Formulierung „abgefasst“ im Ergebnis unrichtig nahelegt, die Klage müsse schriftlich erhoben werden. Äußert sich die Rechtsbehelfsbelehrung über die notwendigen Angaben gemäß § 58 Abs. 1 VwGO hinaus auch über die Form des Rechtsbehelfs, so sind alle Möglichkeiten der Erhebung des Rechtsbehelfs, insbesondere die Möglichkeit, Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, zu benennen. Dies ist indes unterblieben mit der Folge, dass ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen.
21Vgl. zu dieser Konstellation VG Augsburg, Beschluss vom 03. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 – juris in zutreffender Fortführung von BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77/78 –, BVerwGE 57, 188-191, Rn. 23, juris.
22Die Klage ist jedoch offensichtlich unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist offensichtlich rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23Die Kläger haben nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) offensichtlich weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG noch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (1.). Auch die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG und die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor (2.). Die angefochtene Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig (3.).
24Die Kläger besitzen die Staatsangehörigkeit Mazedoniens, das nach der Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylVfG (nunmehr AsylG) in der seit dem 6. November 2014 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1649) zu den sicheren Herkunftsstaaten gehört. Der Vortrag der Kläger gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass ihm abweichend von der durch den Gesetzgeber vorgenommen Beurteilung der allgemeinen Lage in Mazedonien Verfolgung im Sinne des Tatbestands des § 3 Abs. 1 AsylG droht. Individuelle Gründe, die auf eine Verfolgung durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets von Mazedonien beherrschen, schließen lassen würden, sind nicht dargelegt worden. Soweit die Kläger vortragen, sie seien von Dritten für den Fall, dass der Kläger zu 1. nicht in Syrien für die IS-Truppen kämpfe, bedroht worden, so haben sich die Kläger primär an die mazedonischen Sicherheitsbehörden zu wenden, für die davon auszugehen ist, dass sie grundsätzlich willens und in der Lage sind, die mazedonischen Bürgern zu schützen.
252. Die Kläger haben auch offensichtlich weder Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG noch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere hat der Kläger zu 1. keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes aus gesundheitlichen Gründen. Das vorgelegte Attest substantiiert nicht die Grundlage des Befundes der posttraumatischen Belastungsstörung. Hiervon unabhängig ist das bescheinigte Krankheitsbild in Mazedonien behandelbar.
26Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Teil-Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Ehemaligen jugoslawischen Republik (EJR) Mazedonien v.a. bzgl. der Situation der Roma sowie zur medizinischen Versorgung (Stand: Januar 2011), S. 8; zuletzt eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016 – B. 6 S 916/15 – juris.
273. Die in Ziffer 5. des angefochtenen Bescheides enthaltene Abschiebungsandrohung beruht auf §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
28Die Unbegründetheit der Klage ist im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 AsylG offensichtlich. Ihre Abweisung drängt sich angesichts der Einordnung der EhemaligenJugoslawischen Republik Mazedonien als sicherer Herkunftsstaat und des evidenten Fehlens asylrechtlich relevanter Aufenthaltsgründe geradezu auf.
29Zur Vermeidung von Wiederholungen verzichtet das Gericht auf die weitere Darstellung der Entscheidungsgründe, da es im Übrigen der Begründung des angefochtenen Bescheides folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 S. 1 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylG.
Tenor
Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 201527. März 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stellte am 27. Februar 201527. Februar 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG beschränkten Asylantrag. Am 2. März 20152. März 2015 erhielt das Bundesamt eine Meldung aus dem Eurodac-Datenbestand, aus der hervorgeht, dass der Kläger bereits in BulgarienBulgarien anhand seiner Fingerabdrücke im Eurodac-Datenbestand erfasst wurde. Am 4. März 20154. März 2015 ersuchte das Bundesamt Bulgarien mit Hinweis darauf, dass der Kläger laut Eurodac-Datenbestand am 6. August 2014 dort einen Asylantrag gestellt habe, um Wiederaufnahme des Klägers. Bulgarien lehnte das Gesuch mit beim Bundesamt am 20. März 201520. März 2015 eingegangenem Schreiben unter Hinweis darauf ab, dass eine Übernahme des Klägers nach den Bestimmungen der Dublin-VO ausscheide, da dem Kläger dort bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei („refugee status“). Ein Übernahmeersuchen könne daher allein nach Maßgabe der internationalen Rückübernahmeabkommen bei der hierfür zuständigen bulgarischen Behörde (Generaldirektorat der Grenzpolizei, Innenministerium) gestellt werden.
3Mit Bescheid vom 27. März 2015 lehnte das Bundesamt in Ziffer 1 des Bescheides den Asylantrag als unzulässig ab. In Ziffer 2 des Bescheides drohte das Bundesamt dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an, falls er das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens verlasse; der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei; der Kläger dürfe nicht nach Syrien abgeschoben werden. Ziffer 1 des Bescheides begründet das Bundesamt unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 ‑ 10 C 7/13 – damit, dass der Kläger aufgrund der Schutzgewährung in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG keine weitere Schutzgewährung verlangen könne und daher ein erneutes Anerkennungsverfahren unzulässig sei. Zu Ziffer 2 des Bescheides wird in der Begründung ausgeführt: Die Unzulässigkeit des Asylantrages ergebe sich aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG). Da der Kläger dorthin abgeschoben werden solle, ordne das Bundesamt nach § 34a AsylVfG grundsätzlich die Abschiebung an. Eine Abschiebungsandrohung sei allerdings als milderes Mittel gegenüber der Anordnung ebenfalls zulässig. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 AsylVfG.
4Dem Bescheid war eine Rechtbehelfsbelehrung beigefügt, die folgende Textpassage enthält:
5„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht (…) erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.
6Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. (…)“
7(Hervorhebung im Original)
8Ferner war dem Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache beigefügt, verbunden mit dem Hinweis, die maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung sei ausschließlich diejenige in der Amtssprache Deutsch.
9Der Bescheid wurde dem Kläger am 4. Mai 20154. Mai 2015 im Wege der Aushändigung durch einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
10Der Kläger hat am 3. Juni 20153. Juni 2015 anwaltlich vertreten Klage erhoben und für den Fall der Versäumung der Klägerfrist Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs macht er im Wesentlichen geltend: Ihm sei bei der Übergabe des Bescheides dessen Inhalt nicht erklärt worden. Er spreche nur arabisch und kurdisch. Er habe daher keine Kenntnis vom Inhalt des Bescheides erlangt. Am 3. Juni 2015 habe ihn ein syrischer Staatsbürger nach dem Stand seines Asylverfahrens gefragt. Nachdem er diesem den Bescheid gezeigt habe, habe dieser sofort den Kontakt zu der von ihm nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwältin hergestellt. Noch am gleichen Tage habe diese Klage erhoben.
11Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
12den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2015 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
16Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 28. April 2016 der Vorsitzenden als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
17Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.
20Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unzulässig.
21Die Klage ist unzulässig, soweit sie Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides zum Gegenstand hat.
22Zwar dürfte die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage statthaft sein. Dem Kläger fehlt es jedoch an der erforderlichen Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO. Dies gilt selbst dann, wenn der Ausspruch, der Asylantrag werde als unzulässig abgelehnt, objektiv rechtswidrig ist, etwa weil es an einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage für diesen Ausspruch fehlt. Die für Entscheidungen des Bundesamtes über einen Asylantrag einschlägigen Vorschriften der §§ 29 ff, 71, 71a AsylG sehen einen Ausspruch des Inhalts, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird, nicht vor. Das Bundesamt hat in seiner Begründung zu Ziffer 1 des Bescheides auch keine Rechtsgrundlage genannt, sondern auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 – verwiesen. Auch dieser Entscheidung ist indes nicht zu entnehmen, dass das Bundesamt zu einer Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig ermächtigt ist. Denn ein solcher Ausspruch war nicht Gegenstand des vom BVerwG entschiedenen Rechtsstreits. Vielmehr hatte das Bundesamt im dort entschiedenen Fall das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: §§ 32, 33 Abs. 1 AsylG) wegen der Fiktion einer Antragsrücknahme eingestellt. Dieser Ausspruch ist vom BVerwG bestätigt worden, wobei es ausdrücklich offen ließ, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden könne,
23Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 24.
24In dem vom BVerwG entschiedenen Fall hatte das Bundesamt zudem über den vom dortigen Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (jetzt: § 4 AsylG),
25der von der Einstellung des Asylverfahrens wegen fingierter Rücknahme des Asylantrages aufgrund alten Rechts nicht erfasst war, vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28,
26eine (negative) Sachentscheidung getroffen, nämlich in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen. Diese Sachentscheidung bestätigte das BVerwG im Ergebnis, indem es darauf verwies, dass die Geltendmachung eines Anspruches auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig sei, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden sei.
27vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 28 - 31.
28In dem betreffenden Fall hatte das Bundesamt im Übrigen auch eine (negative) Sachentscheidung über die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes getroffen, die das BVerwG ebenfalls bestätigte,
29vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 32 f.
30Es bedarf aber auch vorliegend keiner Entscheidung, ob die hier streitgegenständliche Ablehnung des Asylantrages des Klägers als unzulässig (eventuell nach dem Ergebnis einer Auslegung oder Umdeutung) vom Gesetz gedeckt ist, also der objektiven Rechtsordnung entspricht. Denn dem Kläger fehlt für eine hiergegen gerichtete Klage die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, das heißt eine Rechtsposition, aufgrund derer er eine für ihn günstigere Entscheidung über seinen Asylantrag beanspruchen kann.
31Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann.
32BVerwG, stRspr, vgl. etwa Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6/13 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
33So liegt es hier. Dem Kläger steht eine Rechtsposition, die durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides geschmälert wird, nicht zu. Denn er hat unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Sachentscheidung über sein Begehren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, weil sein hierauf gerichteter Asylantrag nach geltendem Recht unzulässig ist,
34vgl. Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, BVerwGE 150, 29 ff und juris, Rdn. 31.
35Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, Rdn. 29 f verwiesen, denen das Gericht sich anschließt:
36„Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 ‑ BVerwG 10 B 28.10 ‑ Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).
37Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16).“
38Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft („refugee status“) zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
39Eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO steht dem Kläger bezüglich der Regelung in Ziffer 1 des Bescheides auch nicht mit Blick auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Bestimmtheitsgebot zu, das in § 37 Abs. 1 VwVfG seinen Niederschlag gefunden hat.
40Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird. Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts.
41BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 – 9 C 7/11 –, Rdn. 15 m.w.N., juris.
42Auch mit Blick auf diese rechtlichen Vorgaben wird die Rechtsposition des Klägers durch den Ausspruch in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise geschmälert. Denn die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig, die ausweislich der Begründung im Bescheid darauf gestützt ist, dass der Kläger bereits in Bulgarien als Flüchtling anerkannt ist, genügt offensichtlich diesen Anforderungen. Sie lässt hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei erkennen, dass das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes (ohne Sachprüfung) ablehnt. Zwar lässt sich diesem Ausspruch ‑ anders als bei einer Bescheidung des Asylantrages nach einer der von §§ 29 ff, 71, 71a AsylG vorgesehenen Alternativen ‑ nicht ohne Weiteres entnehmen, welche Abschiebungsregelung (Abschiebungsanordnung oder -androhung) hieran in zulässiger Weise geknüpft werden kann. Dies begründet indes keine Unbestimmtheit der in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides getroffenen Regelung nach dem Maßstab des § 37 VwVfG,
43a.A. VG Berlin, Urteil vom 22. Februar 2016 – 23 K 183.15 A, Rdn. 13 ff, juris; so tendenziell ferner: VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 5 L 1659/14.TR –, Rdn. 11, juris.
44Denn die Abschiebungsregelung ist nicht Teil des Ausspruches über den Asylantrag, sondern stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der selbständig anfechtbar ist. Es ist dem Betroffenen möglich und zumutbar, die Frage, ob und gegebenenfalls welche Abschiebungsregelung auf die in seinem Fall ergangene Entscheidung über den Asylantrag gestützt werden kann, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Abschiebungsregelung zu klären.
45Die Klage ist indes in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und begründet.
46Die insoweit gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft. Denn die Abschiebungsandrohung stellt eine den Kläger belastende Regelung dar.
47Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben. Zwar erfolgte die Klageerhebung nicht innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 AsylVfG in der maßgeblichen zum Zeitpunkt der Klageerhebung gültigen Fassung (zwei Wochen nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides). Dies führt aber nicht zur Verfristung der Klageerhebung. Denn die zweiwöchige Klagefrist wurde nicht in Gang gesetzt. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid angefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
48Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie (generell) geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen,
49BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 ‑ 6 C 77.78 ‑, BVerwGE 57, 188, 190; Beschluss vom 14. Februar 2000 ‑ 7 B 200.99 -, Rdn. 3, m.w.N., juris; Urteil vom 21. März 2002 ‑ 4 C 2/01 -, Rdn. 12, juris; Beschluss vom 31. August 2015 ‑ 2 B 61/14 ‑, juris.
50Die dem hier streitgegenständlichen Bescheid beigefügte Rechtbehelfsbelehrung war in diesem Sinne geeignet, bei dem Betroffenen einen solchen Irrtum hervorzurufen. Denn sie ist geeignet, bei einem Betroffenen den falschen Eindruck zu erwecken, dass eine Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ausschließlich schriftlich und in deutscher Sprache beim Verwaltungsgericht eingereicht werden kann.
51Zwar gibt der erste Teil des betreffenden Satzes
52‑ „Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen“ ‑
53nur den Wortlaut des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO wieder und kann daher für die Ordnungsgemäßheit der Rechtsbehelfsbelehrung unschädlich sein,
54vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 10. April 1991 ‑ 5 UE 3750/89 ‑, Rdn. 26, juris.
55Der zweite Satzteil
56‑ „und in deutscher Sprache abgefasst sein.“ ‑
57geht jedoch darüber hinaus. Dieser kann sinnvoll nur so verstanden werden, dass er formale Anforderungen an die sprachliche Äußerung formuliert, mit der wirksam Klage erhoben werden kann. Dem in diesem Satzteil verwendeten Verb „abfassen“ kommt ganz überwiegend die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zu. Es ist gleichbedeutend mit anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen, niederlegen,
58vgl. Duden, Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl., zum Stichwort „abfassen“, Ziff 1.
59Der Hinweis auf die Erforderlichkeit der Verschriftlichung der Prozesshandlung der Klageerhebung ist irreführend. Er erweckt den falschen Eindruck, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen hat.
60So auch VG Augsburg, Beschluss vom 3. Dezember 2014 – Au 7 S 14.50321 –, Rdn. 26, juris, mit zusätzlichem Verweis auf den Wortlaut einer dem dort streitgegenständlichen Bescheid beigefügten englischsprachigen Rechtsbehelfsbelehrung.
61Dies steht in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach dieser Norm kann beim Verwaltungsgericht die Klage auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. Der fehlerhafte Hinweis auf die Schriftform erschwert dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77.78 – BVerwGE 57, 188, 190 (zu den gleichartigen Formerfordernissen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
63Zudem erweckt der Hinweis auf die erforderliche Verwendung der deutschen Sprache bei der Klageerhebung den irreführenden Eindruck, dass eine Klageerhebung unter Verwendung einer anderen Sprache nicht (fristwahrend) möglich sei. Zwar können nach verbreiteter Auffassung mit Blick auf § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG, wonach die Gerichtssprache deutsch ist, Eingaben an das Gericht in anderer Sprache grundsätzlich keine fristwahrende Wirkung entfalten,
64vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5 ff m.w.N., auch zum Meinungsbild und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz.
65Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die Eingabe einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthält, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt; hier kommt es auf die Wahrung der vorgeschriebenen Form an,
66Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., 2015, § 184 Rdn. 5.
67Wird die Klage gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben, genügt es, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber noch verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen. Dies kann sich auch aus dem Verhalten des Vorsprechenden mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke ergeben. Zudem kann der die Niederschrift aufnehmende Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 190 GVG auch den Dienst eines Dolmetschers wahrnehmen, so dass es einer deutschsprachigen Äußerung des Rechtsschutzsuchenden nicht notwendig bedarf.
68Der mit dieser Rechtslage nicht in Einklang stehende Hinweis, die Klageerhebung müsse in deutscher Sprache formuliert sein, ist ebenfalls geeignet, einen Betroffenen ‑ insbesondere einen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Ausländer als typischen Adressaten eines Bescheides des Bundesamtes ‑ von der (rechtzeitigen) Klageerhebung abzuhalten.
69Unerheblich ist, dass die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im vorliegenden Fall für die Verspätung der Klageerhebung nicht kausal gewesen sein dürfte, weil der Kläger nach eigenen Angaben die Rechtsbehelfsbelehrung nicht verstanden hat. Denn § 58 VwGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 ‑ 3 C 23.08 ‑, BVerwGE 134, 41, Rdn. 17 und juris, m.w.N.
71Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, welchen Inhalt die dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache hat. Das Bundesamt verbindet die in arabischer Sprache abgefasste Rechtsbehelfsbelehrung selbst mit dem Hinweis, dass ausschließlich die in der Amtssprache Deutsch verfasste Rechtsbehelfsbelehrung maßgeblich sei. Abgesehen davon fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die arabische Übersetzung der deutschen Rechtsbehelfsbelehrung deren Fehlerhaftigkeit nicht teilt.
72Die Klageerhebung erfolgte innerhalb der nach alledem gemäß § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzten Jahresfrist.
73Die Klage ist insoweit auch begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 27. März 2015 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
74Die Abschiebungsandrohung lässt sich entgegen der im Bescheid dargelegten Begründung nicht auf §§ 26a, 34a AsylG stützen. Es kann dahinstehen, ob überhaupt der Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet ist, wenn ‑ wie hier ‑ der Asylantrag nicht mit einem Ausspruch nach §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG beschieden wird, sondern als unzulässig abgelehnt wird. Denn jedenfalls ermächtigt § 34a AsylG das Bundesamt lediglich zum Erlass einer Abschiebungsanordnung, nicht jedoch zum Erlass einer Abschiebungsandrohung,
75vgl. im Einzelnen: BayVGH, Beschluss vom 23. November 2015 ‑ 21 ZB 15.30237 ‑, Rdn. 4 ff, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2015 ‑ 13 K 2288/15.A ‑, Rdn. 69, juris; VG Münster, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 8 K 436/15.A –, Rdn. 14 ff, juris; VG Berlin, Urteile vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A –, Rdn. 34 ff und vom 20. November 2015 ‑ 23 K 864.14 A ‑, Rdn. 32, beide bei juris; VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 – AN 3 K 16.50013 –, Rdn. 43 ff, juris.
76Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage aber auch nicht in §§ 34 Abs. 1 Satz 1, 38 AsylG. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine nachträgliche Auswechslung der Ermächtigungsgrundlage überhaupt zulässig ist. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, ob bzw. inwieweit § 34a AsylG als Spezialregelung die Anwendung der §§ 34 Abs. 1, 38 AsylG ausschließt.
77Denn es liegen schon die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht vor. Nach dieser Norm erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
781. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,2a. dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
793. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und
804. der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
81Es fehlt hier an der Voraussetzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG. Denn das Bundesamt hat bislang nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG im Falle des Klägers in Bezug auf Bulgarien als den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung nicht vorliegen.
82Der streitgegenständliche Bescheid enthält diesbezüglich keine Entscheidung. Der Tenor enthält keinen Ausspruch zu der Frage, ob ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt. Auch den Gründen des streitgegenständlichen Bescheides kann eine Entscheidung des Bundesamtes hierüber nicht entnommen werden. Die Tatsache, dass ohne eine (Mit-)Prüfung solcher Abschiebungsverbote das Bundesamt die Abschiebungsandrohung nicht hätte erlassen dürfen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass das Bundesamt tatsächlich hierzu eine Entscheidung treffen wollte und getroffen hat,
83a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 38, juris.
84Auch der Begründung des Bescheides lassen sich keine Überlegungen entnehmen, die hinreichend erkennen ließen, dass das Bundesamt nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint hat. Zwar enthält die Begründung Ausführungen zu der Situation für Flüchtlinge in Bulgarien. Diesen fehlt aber jeglicher rechtlicher Anknüpfungspunkt. Es lässt sich nicht ansatzweise erkennen, nach welchem Maßstab das Bundesamt zu der zusammenfassenden Feststellung kommt, es gebe "keine generellen Sachverhalte (...), die gegen die Abschiebung nach Bulgarien" sprächen. Die dieser Feststellung vorausgehend im Bescheid dargelegten erheblichen Lücken bei der Gesundheitsversorgung von anerkannten Flüchtlingen und weiteren Probleme bei der Grundversorgung (z.B. Zugang zu angemessenen und bezahlbaren Unterkünften) werden in keiner Weise rechtlich gewürdigt.
85Eine solche Prüfung war auch nicht mit Blick auf Art. 16a Abs. 2 GG, §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG und das diesen Normen zu Grunde liegende „Konzept der normativen Vergewisserung“ entbehrlich. Zum einen stützte das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrages gerade nicht auf diese Normen, sondern lehnte den Asylantrag als unzulässig ab. Abgesehen davon schließen es die genannten Normen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar grundsätzlich aus, sich bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat auf Gefährdungen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berufen,
86vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 186 f., juris.
87Dem kann der Schutzsuchende jedoch damit entgegentreten, dass sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist,
88BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, Rdn. 189 f, juris.
89Die Prüfung, ob ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall vorliegt, weil der Drittstaat (hier: Bulgarien) anerkannte Flüchtlinge unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterwirft, erfordert eine aktuelle Gesamtwürdigung der zu dieser Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen,
90vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR 273/16 –, Rdn. 11, juris; vgl. ferner VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 – 2a K 2466/15.A –, Rdn. 46, juris.
91Dies hat das Bundesamt unterlassen.
92Ohne eine entsprechende (negative) Feststellung des Bundesamtes erweist sich die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Insbesondere kann der fehlende Ausspruch seitens des Bundesamtes nicht durch eine inzidente Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates (hier: Bulgarien) im Rahmen der Überprüfung der Abschiebungsandrohung seitens des Gerichts ersetzt werden. Anders als der Erlass einer Abschiebungsanordnung setzt derjenige einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG stets voraus, dass das Bundesamt eine (ausdrückliche) Feststellung dazu getroffen hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen,
93vgl. VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 5 L 1659/14.Tr -, Rdn. 18, juris; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906.14 A ‑, Rdn. 41, juris; BeckOK AuslR/Pietzsch, AsylG § 34 Rdn. 23.1, beck-online; Funke/Kaiser, in: GK-AsylVfG (Stand: Dezember 2015) § 34 Rdn. 43; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, § 31 AsylG Rdn. 3; vgl. ferner bei Ablehnung eines Asylantrages nach § 71a AsylVfG: VGH Kassel, Beschluss vom 11. August 2014 ‑ 10 A 2348/13.Z.A. ‑, Rdn. 5, juris; vgl. speziell zur Erforderlichkeit der Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse: VG Ansbach, Urteil vom 11. April 2016 ‑ AN 3 K 16.50013 ‑, Rdn. 50 f, juris.
94Wenn das Bundesamt ‑ wie hier ‑ nicht nach dem gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG modifizierten Prüfprogramm entschieden hat, muss es gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über das Asylbegehren befinden. Dies ist schon deswegen unvermeidlich, weil sich in einem solchen Fall nur die Alternative stellt, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben.
95OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. September 1996 - 25 A 790/96.A -, Rdn. 9 ff m.w.N., juris.
96Die Entscheidung darüber lässt sich aber, wenn ‑ wie hier ‑ die Zuerkennung internationalen Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Schutzgewährung in einem anderen Staat rechtlich ausgeschlossen ist, ohne Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht treffen,
97VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, Rdn. 42, juris.
98Stellt das Bundesamt im Einzelfall fest, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, so vermag dies unter den in § 25 Abs. 3 AufenthG genannten Voraussetzungen einen Anspruch des Betroffenen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu begründen. Auf die aus diesem Grund bestehende Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesamtes über nationale Abschiebungsverbote weist auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 34 AufenthG mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) ausdrücklich hin. Dort heißt es: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann eine Abschiebung nunmehr nur noch androhen, wenn neben der Asylberechtigung, der Flüchtlingseigenschaft und einem Aufenthaltstitel auch Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist. Mit der Änderung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 2 bis 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wird.“
99BT-Drucks. 17/5470, S. 31, zu Art. 4 Nr. 3.
100Mangels einer entsprechenden Feststellung des Bundesamtes in Bezug auf den vorgesehenen Zielstaat der Abschiebung (hier: Bulgarien) ist die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
101Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG.
102Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 S. 3, 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten desgerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Der Antrag wird abgelehnt.
2Der Antragsteller trägt die Kosten desgerichtskostenfreien Verfahrens.
3Gründe:
4Der sinngemäß gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -,
5unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Klagefist die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 20. Oktober 2016 - 14a K 2496/16.A - gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. September 2016 anzuordnen,
6hat keinen Erfolg.
7Der Antrag ist unzulässig, da der Antragsteller die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) versäumt und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht glaubhaft gemacht hat. Es fehlt damit an einem zulässigen Rechtsbehelf in der Hauptsache, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte.
8Zwar gilt für den hier zu entscheidenden Antrag keine Antragsfrist, denn anders als in §§ 34a Abs. 2 Satz 1 und § 36 Abs. 3 Satz 1 ist für Anträge gegen die Abschiebungsandrohung im Fall einer Einstellung des Asylverfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylG keine Frist für die Stellung des Antrags vorgegeben.
9Vgl. VG Minden, Beschluss vom 26.07.2016 - 10 L 1078/16.A -, Juris.
10Es fehlt allerdings am Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag.
11Der Klage des Antragstellers käme zwar grundsätzlich gemäß §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 75 Abs. 1, 38 Abs. 2 AsylG keine aufschiebende Wirkung zu, weil das Bundesamt das Asylverfahren des Antragstellers gestützt auf § 32 Satz 1 und § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2. Fall AsylG eingestellt hat.
12Allein die Möglichkeit, dass der Antragsteller einen Antrag nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG stellen kann, weil das Verfahren nach § 33 Abs. 1 AsylG eingestellt wurde, lässt das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen.
13Ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses kann dem Vorgehen gegen einen den Adressaten belastenden Verwaltungsakt nur unter besonderen Umständen entgegengehalten werden. Das Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz kann in der hier interessierenden Fallkonstellation erst dann entfallen, wenn das mit dem Rechtsschutzbegehren verfolgte Ziel durch ein gleich geeignetes, keine anderweitigen rechtlichen Nachteile mit sich bringendes behördliches Verfahren ebenso erreicht werden kann wie in dem angestrebten gerichtlichen Verfahren. Hingegen reicht es nicht, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag an die zuständige Behörde zu stellen, der andere Rechtsfolgen als eine gerichtliche Aufhebung des belastenden Verwaltungsakts zeitigt. Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgegangen werden, wenn, wie es der Wortlaut des § 33 Abs. 5 Satz 6 Nr. 2 AsylG zumindest nahe legt, die erste Wiederaufnahmeentscheidung nach § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG ein späteres erneutes Wiederaufnahmebegehren selbst dann sperrt, wenn die erste Verfahrenseinstellung nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG rechtswidrig gewesen ist. In einer solchen Fallgestaltung verstößt es gegen das in Art. 19 Abs. 4 GG normierte Gebot des effektiven Rechtsschutzes, das Rechtsbedürfnis für eine Anfechtungsklage und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu verneinen.
14Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Nichtannahmebeschluss vom 20.07.2016 - 2 BvR 1385/16 -, Juris.
15Das Rechtsschutzbedürfnis ist jedoch entfallen, weil der streitgegenständliche Bescheid vom 22. September 2016 bestandskräftig geworden ist.
16Die Klagefrist war zum Zeitpunkt des Klageeingangs bereits abgelaufen.
17Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 AsylG sind Entscheidungen des Bundesamtes zuzustellen. Die Zustellung erfolgt, soweit sich aus der Sondervorschrift des § 10 AsylVfG nichts anderes ergibt, nach den allgemeinen Zustellungsvorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (VwZG).
18Vgl.: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 24. März 2015 - 1 B 6/15 -, Juris.
19Der an den Antragsteller unter der letzten dem Bundesamt bekannten Anschrift H. G. °° in ° . adressierte Bescheid wurde am 27. September 2016 als Einschreiben zur Post gegeben. Der Antragsteller wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten, so dass die Entscheidungsformel des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 31 Abs. 3 AsylG auch in Somali, die Landessprache des Antragstellers, übersetzt und dem Bescheid beigefügt wurden (Bl. 57ff der Beiakte Heft 1).
20Das Schreiben kam am 6. Oktober 2016 an das Bundesamt zurück, weil der Antragsteller an der Anschrift H1. G. 5 in F. . nicht zu ermitteln war.
21Da der Antragsteller nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten wurde, muss er gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AsylG Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die dem Bundesamt auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen. Über diese Bestimmungen wurde er bereits bei der Asylantragstellung hinreichend und auch in seiner Heimatsprache Somali belehrt (Bl. 19ff der Beiakte Heft 1).
22Für den Zeitpunkt der Zustellung gilt vorliegend nicht die Zustellungsfiktion des § 4 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz (Bund), sondern weil der Bescheid nicht zugestellt wurde gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG die Zustellung als mit der Aufgabe zur Post bewirkt. Der seitgegenständliche Bescheid vom 18. Juni 2015 gilt somit als dem Kläger am Dienstag, dem 27. September 2016 zugestellt und die Klagefrist begann gemäß §§ 57, 58 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, BGB am 28. September 2016 zu laufen.
23Der Fristbeginn nach § 58 Abs. 1 VwGO wird vorliegend nicht durch § 58 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen, weil die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben wäre oder unrichtig erfolgte, mit der Folge, dass die Klage innerhalb eines Jahres seit Zustellung erhoben werden könnte. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht fehlerhaft. Insbesondere ist sie nicht irreführend, weil sie den Hinweis enthält „Die Klage muss […] in deutscher Sprache abgefasst sein.“ Dieser Hinweis ist zwar kein notwendiger Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung, darf aber dennoch weder unrichtig noch irreführend sein
24Vgl. Czybulka in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, § 58 Rdnr. 61, 64 und 66
25Der Zusatz ist inhaltlich richtig, denn er entspricht § 184 Satz 1 GVG, in dem bestimmt wird, dass die Gerichtssprache Deutsch ist. Die Ausnahme des § 184 Satz 2 GVG ist bei dem hier betroffenen Adressatenkreis offensichtlich ohne Belang, so dass der diesbezüglich unterbliebene Hinweis die Rechtbehelfsbelehrung nicht unrichtig macht. Der Hinweis ist auch nicht irreführend, denn aufgrund der vorgenannten Bestimmung ist eine Klage in deutscher Sprache abzufassen. Dies gilt auch für den Fall, dass der Asylantragsteller sich der Hilfe der Rechtsantragstelle des Gerichts bedient. Der Zusatz ist letztlich mit Blick auf die Formulierung „abzufassen“ auch nicht dazu geeignet den Eindruck zu erwecken, eine Klage müsse schriftlich erhoben werden. Die Definition des Begriffs „abfassen“ im Duden lautet: „einem vorgegebenen, nicht allzu umfangreichen Stoff die entsprechende sprachliche Form geben“.
26http://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen#Bedeutung1; Stand 15.11.2016
27Dass eine solche Formgebung nur schriftlich erfolgen könnte, ist daher der Semantik des Begriffs nicht zu entnehmen.
28Die hier gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylG, § 58 VwGO einschlägige Klagefrist von zwei Wochen endete daher am 11. Oktober 2016 (§§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 ZPO, 188Abs. 2BGB). Die Klage 14a K 7125/16.A ging jedoch erst am 20. Oktober 2016 bei Gericht ein.
29Dem Antragsteller ist hinsichtlich der versäumten Klagefrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO zu gewähren.
30Danach ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Antragsteller ohne Verschulden daran gehindert war, eine gesetzliche Frist - hier die Klagefrist - einzuhalten. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.
31Vorliegend beruft sich der Antragsteller darauf, dass er bei der Asylantragstellung gerade erst 18 Jahre alt war und er die Bedeutung der Antragstellung und die Belehrungen nicht verstanden habe. In der Menge der Informationen habe er nicht erfasst, dass es wichtig sei, seine Anschrift bei einer Änderung mitzuteilen. Er habe niemanden finden können, der ihm das Verfahren noch einmal erklärt habe, ihm sei lediglich gesagt worden, man müsse warten. In der Einrichtung H2. °° habe er regelmäßig danach gefragt, ob er Post erhalten habe.
32Dieser Vortrag ist nicht dazu geeignet, Wiedereinsetzungsgründe im oben dargestellten Sinne glaubhaft zu machen. An den Antragsteller als Asylbewerber werden erhöhte Sorgfaltsanforderungen gestellt. Einem Asylbewerber ist der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nur solange gestattet, bis über seinen Asylantrag entschieden wird. Er weiß, dass der Sinn seiner Aufenthaltsgestattung allein in der Klärung seiner Asylberechtigung liegt. Ist hiernach der gesamte Aufenthalt eines Asylbewerbers auf den Asylbescheid hin orientiert, ist es ihm zuzumuten, dass er sich unabhängig davon, ob er aufgrund seines Alters oder wegen Sprachunkenntnis und/oder Leseunkenntnis Schwierigkeiten hat, die ihm bei der Antragstellung in seine Landessprache übersetzten Hinweise und Belehrungen nachzuvollziehen, gegebenenfalls fremder Hilfe bedient.
33Vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. Februar 2011- 20 ZB 11.30034 -, Juris
34Eine unverschuldete Fristversäumnis im Sinne von § 60 Absatz 1 VwGO liegt schon deshalb nicht vor, weil der Antragsteller seiner gesteigerten Mitwirkungspflicht nach § 10 Absatz 1 AsylG, wonach dem Bundesamt jeder Wohnungswechsel unverzüglich mitzuteilen ist, nicht nachgekommen ist. Unstreitig wurde der Antragsteller über diese Mitwirkungspflicht informiert. Allein sein Alter bei der Asylantragstellung lässt das Verschulden des Antragstellers nicht entfallen. Wie sich bei der vorliegenden Antragstellung und Klageerhebung zeigt, hat der Antragsteller die Bedeutung des Postzugangs offenbar gesehen, denn er trägt selbst vor, sich regelmäßig nach Post erkundigt zu haben. Er ist - wie sich aus der Klageschrift ergibt - auch grundsätzlich in der Lage, die Beratung von entsprechenden Organisationen in Anspruch zu nehmen.
35Weder dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes noch der von der Ausländerbehörde F. . vorgelegten Ausländerakte des Antragstellers ist eine Nachricht über die Änderung seiner aktuellen Anschrift zu entnehmen. Hätte der Antragsteller seinen Wohnortwechsel rechtzeitig gegenüber dem Bundesamt angezeigt, hätte der Bescheid auch an ihn zugestellt werden können.
36Da der vorliegende Antrag unzulässig ist, weil kein zulässiger Rechtsbehelf eingelegt wurde, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte, kann offen gelassen werden, ob die Einstellung des Verfahrens rechtmäßig erfolgte.
37Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 22. September 2016 könnten allein daher rühren, dass der Antragsteller nicht in seiner Heimatsprache Somali über die Einstellungs-möglichkeit des § 33 AsylG belehrt wurde.
38Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 2. Fall AsylG für eine Einstellung des Verfahrens liegen zweifellos vor.
39Der Antragsteller ist zu der auf den 16. September 2016 angesetzten persönlichen Anhörung nach § 25 AsylG nicht erschienen.
40Zu dieser Anhörung wurde er mit Schreiben vom 5. September 2016, welches an den Antragsteller unter der Anschrift H1. G. ° gerichtet war, geladen. Die Zustellung dieser Ladung muss sich der Antragsteller aus den oben bereits dargelegten Gründen nach § 10 Abs. 2 AsylG zurechnen lassen.
41Mit der Ladung verbunden war die in § 33 Abs. 4 AsylG vorgeschriebene Belehrung über die Rechtsfolgen. Jedenfalls für die Fälle einer Einstellung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist eine mit der Ladung zur Anhörung verbundene nachträgliche Belehrung zulässig.
42Vgl. Funke -Kaiser in Fritz/Vormeier, Gemeinschaftskommentar zum AsylG, Stand Juli 2016, AsylG § 33 Rdnr. 77.
43Diese der Ladung beigefügte Belehrung entspricht in ihrem Inhalt den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Soll der nach § 33 Abs. 4 AsylG vorgeschriebene Hinweis seiner Aufgabe gerecht werden, gerade mit Blick auf den Ausnahmecharakter der Norm für Rechtsklarheit zu sorgen, muss er den Besonderheiten des Adressatenkreises Rechnung tragen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Asylbewerber sich in einer ihm fremden Umgebung befindet, mit dem Ablauf des deutschen Asylverfahrens nicht vertraut und in aller Regel der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Es ist demnach erforderlich, dass dem Asylbewerber durch eine erläuternde Belehrung mit der gebotenen Deutlichkeit vor Augen geführt wird, welche Obliegenheiten ihn im einzelnen treffen und welche Folgen bei deren Nichtbeachtung entstehen können.
44Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. März 1994- 2 BvR 2371/93 -, Juris
45Die Belehrung, wurde allerdings nicht in die Heimatsprache des Antragstellers übersetzt. Eine solche Übersetzung ist - anders als in § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylG - im Gesetz auch nicht vorgesehen. Insoweit gleicht die Bestimmung der Belehrungspflicht in § 10 Abs. 7 AsylG.
46Nach den allgemeinen Grundsätzen (Vgl. § 23 Abs. 1 VwVfG und § 184 GVG) ist die Verfahrenssprache sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren Deutsch. Art 12 Abs. 1 a) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie)
47Amtsblatt der Europäischen Union vom 29. Juni 2013, L 180/60 [DE], http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:180:0060:0095:DE:PDF
48sieht allerdings vor, dass Antragsteller in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über den Verlauf des Verfahrens und über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens sowie darüber informiert werden, welche Folgen es haben kann, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen und nicht mit den Behörden zusammenarbeiten. Sie sind nach dieser Bestimmung auch über die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags zu belehren.
49Diese Regelung wurde jedoch insoweit nur in § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylG in das deutsche Recht übernommen.
50Es stellt sich auch angesichts der oben dargestellten Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Notwendigkeiten der Belehrung die Frage, ob die Bestimmung des § 33 Abs. 4 AsylG europarechtsfreundlich so auszulegen ist, dass dem Antragsteller die Belehrung auch in einer Übersetzung zu erteilen ist.
51Vgl. Funke -Kaiser in Fritz/Vormeier, Gemeinschaftskommentar zum AsylG, Stand Juli 2016, AsylG § 33 Rdnr. 77. und § 31 Rdnr. 8; Bergmann / Dienelt, Ausländerrecht 11. Auflage 2016, § 10 Rdnr. 27
52Für eine solche europarechtsfreundliche Auslegung spricht auch die langjährige Praxis des Bundesamtes, über die Bestimmung des § 10 AsylG und die sich daraus ergebenden Folgen in einer Sprache zu belehren, von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass der Antragsteller sie versteht.
53Darüber, ob eine - wie hier - unterbliebene Übersetzung der Belehrung nach § 33 Abs. 4 AsylG zur Rechtswidrigkeit der Verfahrenseinstellung nach §§ 33 Abs. 1; 32 AsylG führt, braucht vorliegend aufgrund der eingetretenen Bestandskraft der Einstellung indes nicht entscheiden zu werden.
54Der Antragsteller ist daher auf die Möglichkeit des § 33 5 Satz 2 AsylG zu verweisen.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
56Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
Tenor
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 3. Januar 2017 (4 A 93/17) gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. November 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten trägt der Antragsteller.
Gründe
I.
- 1
Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 71a Abs. 4, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG statthafte Antrag ist unzulässig.
- 2
Die Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2016 und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurden am 3. Januar 2017 und damit nach Ablauf der Wochenfrist des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG bzw. § 74 Abs. 1, 2. Hs. AsylG erhoben (dazu 1.). Es ist keine Wiedereinsetzung in die Klage- bzw. Antragsfrist zu gewähren (dazu 2.).
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1. Die Erhebung der Klage und des Antrags gem. § 80 Abs. 5 VwGO erfolgte nach Ablauf der einwöchigen Klage- bzw. Antragsfrist. Der Bescheid vom 29. November 2016 wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 119 f der Asylakte) am 7. Dezember 2016 in der Niederlegungsstelle … unter schriftlicher Mitteilung bei der Wohnunterkunft des Antragstellers niedergelegt und gilt damit gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Bescheid wurde damit mit Ablauf des 14. Dezember 2016 bestandskräftig.
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Der Bescheid war auch mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen, welche die Klagefrist gem. § 58 VwGO in Gang setzte. Die Rechtsbehelfsbelehrung lautete (Hervorhebungen im Original):
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„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von einer Woche nach Zustellung Klage bei dem
Verwaltungsgericht Hamburg
Lübeckertordamm 4
20099 Hamburg
erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.
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Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. Sie ist gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, dieses vertreten durch den Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in 90343 Nürnberg, zu richten. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten.
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Die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel sind binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Bescheids anzugeben. Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist (§ 87 b Abs. 3 VwGO).
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Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO kann innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides bei dem oben genannten Verwaltungsgericht gestellt werden.“
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Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist allerdings nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie (generell) geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1978, 6 C 77/78, juris-Rn. 22ff; Beschl. v. 14.2.2000, 7 B 200/99, juris-Rn. 3, m.w.N.; Urt. v. 21.3.2002, 4 C 2/01, juris-Rn. 12; Beschl. v. 31.8.2015, 2 B 61/14, juris-Rn. 8).
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Die dem hier streitgegenständlichen Bescheid beigefügte Rechtbehelfsbelehrung war jedoch nicht in diesem Sinne geeignet, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des Rechtsbehelfs hervorzurufen. Soweit einige Gerichte dem Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung, die Klage müsse „in deutscher Sprache abgefasst“ werden, den Sinngehalt zuweisen, die Klage müsse durch den Kläger in Schriftform erhoben werden, sodass es an einem Hinweis auf die Möglichkeit der Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle fehle (so VG Hannover, Beschl. v. 15.9.2016, 3 B 4870/16, juris-Rn. 12; VG Düsseldorf, GB v. 28.6.2016, 22 K 4119/15.A, juris-Rn. 48 ff.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 24.6.2016, 3a K 4187/15.A, juris-Rn. 17), so hat diesem das Verwaltungsgericht Berlin zutreffend wie folgt entgegengehalten (Beschl. v. 16.11.2016, 6 L 1249.16 A, juris-Rn. 15-17; s.a. VG Berlin, Beschl. v. 15.12.2016, 28 L 409.16 A, juris-Rn. 6ff; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 15.11.2016, 14a L 2496/16.A, juris Rn. 20; VG Oldenburg, 15 B 5090/16, Beschl. v. 20.10.2016, juris-Rn. 10ff):
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„Legte man dieses Verständnis der Rechtsbehelfsbelehrung zugrunde, wäre sie unrichtig, denn eine Beschränkung auf die schriftliche Klageerhebung stünde in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach Klagen beim Verwaltungsgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden können. Der von dem Antragsteller geltend gemachten Lesart der Rechtsbehelfsbelehrung ist jedoch entgegenzutreten.
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Die in dem angefochtenen Bescheid verwendete Rechtsbehelfsbelehrung enthält keinen Hinweis auf die Erforderlichkeit der schriftlichen Klageerhebung und schließt die mündliche Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht aus. Es ist schon zweifelhaft, ob dem Verb „abfassen“ zwangsläufig die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zukommt. So verwenden verschiedene deutsche Gesetze Formen des Verbes „abfassen“ mit der Ergänzung „schriftlich“, die überflüssig wäre, wenn dem Abfassen die Schriftform bereits immanent wäre (vgl. „schriftlich abzufassen“ in § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 41a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung – StPO – und § 84 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes – ArbGG –, „schriftlich abgefasst“ in § 129 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – und § 311 Abs. 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung – ZPO –). Selbst wenn die Bedeutung des Abfassens einer schriftlichen Niederlegung entspräche, ließe sich der verwendeten Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls nicht entnehmen, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen hat. Denn auch eine mündlich zur Niederschrift erhobene Klage wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (in deutscher Sprache) schriftlich abgefasst (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Oktober 2016, a.a.O., Rn. 10). Daraus ergibt sich, dass der Passus zur Abfassung in deutscher Sprache nicht auf die Schriftlichkeit oder Mündlichkeit der Klageerhebung abzielt, sondern lediglich verdeutlicht, dass die Klageerhebung in deutscher Sprache zu erfolgen hat.
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Dieser Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache ist richtig. Gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG – ist die Gerichtssprache Deutsch. Eingaben in anderer Sprache können danach keine fristwahrende Wirkung entfalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 – 9 B 506.89 –, juris Rn. 2; Kissel/Mayer, GVG, 8. Auflage 2015, § 184 Rn. 5 m.w.N.; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016, a.a.O., Rn. 60). Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache wird auch nicht dadurch unrichtig, dass Eingaben in anderer Sprache ausnahmsweise dann fristwahrende Wirkung entfalteten können, wenn sie einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthalten, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt (vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016, a.a.O., Rn. 62-63). Denn für die Wirksamkeit der Klageerhebung kommt es im Einklang mit der Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung auch in dieser Konstellation darauf an, ob einer deutschen Formulierung die Einlegung des Rechtsbehelfs zu entnehmen ist. Darüber hinaus trifft auch der Einwand nicht zu, der die Niederschrift aufnehmende Urkundsbeamte der Geschäftsstelle könne gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 190 GVG den Dienst eines Dolmetschers wahrnehmen, sodass es einer deutschsprachigen Äußerung des Rechtsschutzsuchenden nicht bedürfe (vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016, a.a.O., Rn. 64). Ein Anspruch auf einen Dolmetscher zum Zweck der mündlichen Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in einer Fremdsprache besteht nicht. Die Regelung nach § 190 GVG betrifft gerade nicht die Situation, in der der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle das mündliche Vorbringen einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Person nicht versteht und deswegen einen Dritten als Dolmetscher hinzuzieht, sondern stellt lediglich klar, dass ein in einer mündlichen Verhandlung als Urkundsbeamter tätiger Bediensteter als Dolmetscher fungieren kann (vgl. KK-StPO-Diemer, 7. Auflage 2013, § 190 GVG Rn. 1).“
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Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an.
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2. Dem Antragsteller ist auch nicht Wiedereinsetzung in die Klage- bzw. Antragsfrist zu gewähren. Gem. § 60 Abs. 1 und 2 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen.
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Der Antragsteller hat – belegt durch eidesstattliche Versicherung – ausgeführt, dass er den Bescheid vom 29. November 2016 tatsächlich erst am 29. Dezember 2016 erhalten habe, nachdem ihm von der Antragsgegnerin am 27. Dezember 2016 die Zustellungsurkunde ausgehändigt worden sei und er sich zu der Poststelle … begeben habe. Die Anschrift auf dem Paket sei richtig gewesen. Vor Aushändigung des Pakets habe er kein Schreiben erhalten. Das Camp sei neu und es gebe Probleme mit Postzustellungen, da sich beim Camp eine Baustelle befinde.
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Dieser Vortrag ist nicht dazu geeignet, erhebliche Wiedereinsetzungsgründe im oben dargestellten Sinne glaubhaft zu machen. Aus dem Vortrag ergibt sich nicht, warum der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Klage- bzw. Antragsfrist einzuhalten. Dem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass der Bescheid nicht bei der Wohnanschrift des Antragstellers durch Niederlegung zugestellt worden wäre; vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers gerade, dass der Bescheid unter der richtigen Anschrift zu übergeben versucht und sodann bei der Postannahmestelle hinterlegt wurde, wo der Antragsteller ihn, wenn auch verspätet, entgegennahm. Weiterhin sind dem Vorbringen keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden von der Niederlegung keine Kenntnis erhalten hatte. So ist schon nicht vorgetragen, dass der Antragsteller sich zwischen dem 7. und dem 27. Dezember 2016 überhaupt zu der Poststelle seiner Wohnunterkunft begeben hätte, wo er die Niederlegungsmitteilung hätte erhalten sollen. Auch ist der Hinweis auf eine Baustelle vor dem Camp nicht geeignet, Zweifel an der ausweislich der Postzustellungsurkunde vorgenommenen Übermittlung der Niederlegungsmitteilung an die Wohnunterkunft des Antragstellers zu nähren.
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.
Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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