Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. März 2015 - 5 A 209/14

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:0310.5A209.14.0A
bei uns veröffentlicht am10.03.2015

Tatbestand

1

Der Kläger ist Polizeibeamter im Range eines Polizeiobermeisters und wendet sich gegen die Abänderung seiner für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 erstellten Anlassbeurteilung durch den Zweitbeurteiler. Der Anlassbeurteilung ging eine Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 30.09.2011 voraus, in der die Leistung im Gesamturteil mit „C“ und die Befähigung mit „B“ bewertet wurde. Zehn Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung lauteten auf die Note „C“, 5 Merkmale auf die Note „D“.

2

In der dem Kläger am 11.10.2013 eröffneten Anlassbeurteilung beurteilte die Beklagte die Leistung in der Gesamtbewertung ebenfalls mit der Notenstufe „C“ und in der Befähigung mit „B“. Bis auf die drei Einzelmerkmale „Eigenständigkeit“, „Initiative“ und „Bereitschaft zur Teamarbeit“, die mit der Notenstufe „B“ bewertet wurden, erhielten die übrigen Merkmale der Leistungsbeurteilung die Notenstufe „C“. Die vom Erstbeurteiler zuvor mit der Note „B“ bewerteten Einzelmerkmale „Fachliches Wissen und Können“, „Gründlichkeit“, „Rechtmäßigkeit des Handelns“, „Zweckmäßigkeit des Handelns“ und „Organisation des Arbeitsbereichs“ sowie die mit der Notenstufe „B“ benotete Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung wurden vom Zweitbeurteiler auf die Notenstufe „C“ herabgesetzt. Der Anlassbeurteilung liegt ein Beurteilungsbeitrag des ehemaligen Vorgesetzten des Klägers, EPHK B., für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 14.10.2012 sowie ein Beurteilungsbeitrag des Leiters des Verkehrsermittlungsdienstes PHK F. für die Zeit vom 15.10.2012 bis zum 30.06.2013 zugrunde. Dabei entspricht die von EPHK Busse vorgenommene Bewertung der Leistungsmerkmale der Einschätzung des Erstbeurteilers bis auf die Merkmale, „Arbeitsumfang“ und „Termingerechtes Arbeiten“, die von EPHK B. mit der Note „B“ eine bessere Bewertung als die „C“-Benotung des Erstbeurteilers erfuhren. PHK F. bewertete in seinem Beurteilungsbeitrag die Merkmale „Fachliches Wissen und Können“ und „Gründlichkeit“ im Gegensatz zum Erstbeurteiler mit „C“ anstatt mit „B“, dagegen benotete er das Merkmal „Belastbarkeit“ im Vergleich zum Erstbeurteiler mit der Note „B“ besser als letzterer mit der Notenstufe „C“. Die Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung versah PHK F. mit der Note „C“. Im Hinblick auf die Gesamteinschätzung der Befähigung erhielt der Kläger sowohl vom Erstbeurteiler als auch von den Verfassern der Beurteilungsbeiträge die Note „B“.

3

Mit dem gegen die Anlassbeurteilung erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Zweitbeurteiler habe die Änderungen der Bewertungen des Erstbeurteilers nicht schlüssig begründet. Der Zweitbeurteiler habe willkürlich in die Bewertungen durch den Erstbeurteiler und die Beitragsersteller eingegriffen. EPHK B. habe seine Leistungen aus eigener Anschauung bewerten können und dabei im Vergleich zum vorherigen Beurteilungszeitraum eine deutliche Leistungssteigerung feststellen können. Der Erstbeurteiler habe die Beurteilungsbeiträge angemessen gewürdigt und in seiner Begründung zum Ausdruck gebracht, dass er aus eigener Wahrnehmung ebenfalls eine Leistungssteigerung beobachtet habe. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Zweitbeurteiler einige der mit „B“ benoteten Einzelmerkmale auf die Note „C“ herabgestuft und andere – wie die Merkmale „Eigenständigkeit“, „Initiative“ und „Bereitschaft zur Teamarbeit“ – nicht verändert habe. Zudem überspanne der Zweitbeurteiler die Anforderungen an die Begründung der vom Erstbeurteiler und den Beitragserstellern festgestellten Leistungssteigerungen. Insbesondere der Beurteilungsbeitrag des EPHK B. enthalte eine konkrete und nachvollziehbare Schilderung der Verbesserung der Leistungen, die der Erstbeurteiler gewürdigt und der er sich angeschlossen habe. Mit dieser Leistungssteigerung habe sich der Zweitbeurteiler im Einzelnen nicht auseinandergesetzt, sondern die Herabstufungen lediglich floskelhaft begründet, um eine Gesamtleistungsbewertung mit der Note „C“ rechtfertigen zu können.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Leistungen des Klägers seien in der vorangehenden Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 30.09.2011 vom damaligen Erstbeurteiler EPHK B. in der Gesamteinschätzung noch mit der Note „C“ beurteilt worden. Zu Recht habe der Zweitbeurteiler darauf hingewiesen, dass die von EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag vorgenommene Anhebung der Noten in 15 Einzelmerkmalen sowie der Gesamtbewertung nicht hinreichend begründet worden sei. Aus dem Beurteilungsbeitrag ergebe sich nicht, woran derartige Leistungssprünge festgemacht werden. Nicht nachvollziehbar seien auch die im Vergleich zu früheren Leistungseinschätzungen deutlich besseren Bewertungen durch den Erstbeurteiler (13 Verbesserungen in den Einzelmerkmalen und in der Gesamtbewertung) und PHK F. (10 Verbesserungen in den Einzelmerkmalen) in dessen Beurteilungsbeitrag. Die Begründung der Leistungssteigerung durch den Erstbeurteiler sei mit der pauschalen Behauptung einer deutlichen Leistungssteigerung floskelhaft und nicht aussagekräftig. Die Verbesserungen seien insbesondere vor dem Hintergrund des Fortentwicklungsgebots, das eine nachvollziehbare Begründung von im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung beobachteten Leistungssteigerungen oder Leistungsabfällen gebiete, nicht plausibel. Der Zweitbeurteiler habe daher im Sinne der Maßstabsgerechtigkeit und einer nachvollziehbaren Begründungspraxis die Bewertungen des Erstbeurteilers herabgestuft, zumal EPHK B. die erbetene Überarbeitung seines Beurteilungsbeitrages zur Plausibilisierung der Leistungssteigerungen abgelehnt habe. Trotz der Abweichungen durch den Zweitbeurteiler weise die Anlassbeurteilung im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung Verbesserungen in acht Einzelmerkmalen auf.

5

Mit seiner am 26.03.2014 eingereichten Klage macht der Kläger geltend, entgegen der Darstellung der Beklagten habe der Beitragsersteller EPHK B. keinen Anlass für eine „Korrektur“ seiner Begründung gesehen, da diese seiner Ansicht nach ausreichend sei und die erfolgte Beurteilung seinem tatsächlichen Leistungsniveau entspreche. Dass die Herabstufungen durch den Zweitbeurteiler willkürlich seien, zeige sich auch daran, dass nicht erkennbar sei, weshalb er die vom Erstbeurteiler vorgesehenen Hebungen in anderen Leistungsmerkmalen (1.5., 1.6., 2.3., 2.4. und 3.5) unverändert gelassen habe. Ferner zeige auch das Ergebnis der nachfolgenden Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.2011 bis 30.04.2014, dass die Bewertungen der Leistungen durch den Erstbeurteiler zutreffend gewesen seien.

6

Der Kläger beantragt,

7

die dem Kläger am 11.10.2013 eröffnete Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014, zugestellt am 10.03.2014, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen,

8

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Anlassbeurteilung sei im Einklang mit Ziff. 10.3 der BRL-PVD erstellt worden, da die Abweichung vom Beurteilungsergebnis durch den Zweitbeurteiler mit dem Erstbeurteiler und den Vorgesetzten erörtert und schlüssig begründet worden sei. Der Zweitbeurteiler habe ausweislich seines Vermerks vom 21.08.2013 und einiger E-Mails vom 20.08.2013 den Beurteilungsentwurf intensiv mit dem Erstbeurteiler und dem unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers erörtert. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch die Abänderung lediglich eines Teils der Einzelmerkmale zulässig. Die enorme Leistungsverbesserung sei im Beurteilungsentwurf vom Erstbeurteiler nicht konkret und nachvollziehbar begründet worden. Entgegen der Ansicht des Klägers könne sich der Erstbeurteiler nicht lediglich der Begründung eines Beurteilungsbeitragsverfassers anschließen, sondern müsse eine eigene Begründung anfertigen, zumal diese Darstellung – und somit nicht die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Einschätzungen – den maßgeblichen Bezugspunkt für die Bestätigung durch den Zweitbeurteiler darstelle.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.

13

Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechts-auffassung des Gerichts (analog § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), weil die dem Kläger am 11.10.2013 eröffnete Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 30.06.2013 in der Fassung der Widerspruchsentscheidung vom 06.03.2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

14

Rechtliche Grundlage für die Beurteilung ist § 21 Abs. 1 Satz 2 LBG. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten regelmäßig zu beurteilen. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 LBG LSA können die Beamten beurteilt werden, wenn ein besonderer Anlass dies erfordert. Das Nähere bestimmt gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 LBG die oberste Dienstbehörde für die Beamten ihres Geschäftsbereichs durch allgemeine Anordnung. Maßgebend sind vorliegend die vom Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt erlassenen „Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Sachsen-Anhalt“ (BRL-PVD) in der Fassung vom 22.09.2011, gültig ab dem 01.10.2011. Denn zugrunde zu legen sind die Beurteilungsrichtlinien, die zum Beurteilungsstichtag der streitgegenständlichen Anlassbeurteilung am 30.06.2013 gegolten haben (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 17.10.2013 – 5 A 173/12 MD, Rn. 21, juris).

15

Die dienstliche Beurteilung von Beamten ist nur in einem eingeschränkten Umfang überprüfbar. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat und diese auch praktiziert, hat das Gericht des Weiteren zu prüfen, ob im konkreten Fall die Richtlinien eingehalten worden sind oder ob diese mit den Regelungen der Laufbahnvorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01; Urteil vom 26.08.1993 - 2 C 37.91; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.05.1995 - 5 L 3777/94 - juris).

16

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die angefochtene dienstliche Beurteilung des Klägers vom 17.09./30.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2014 rechtmäßig. Die vom Zweitbeurteiler gegenüber den Bewertungen durch den Erstbeurteiler vorgenommenen Herabstufungen in den Bewertungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

17

Gem. Ziff. 10.2 BRL-PVD ist der Zweitbeurteiler insbesondere für die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte verantwortlich. Er kann nach Ziff. 10.3 BRL-PVD von dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers abweichen, wenn er dies zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte oder aufgrund eigener Erkenntnisse zum Leistungs- oder Befähigungspotential für angezeigt hält. Nach dem Bewertungssystem der BRL-PVD beurteilt der letztverantwortliche Beurteiler im Verhältnis zum Erstbeurteiler die Leistung und Befähigung abschließend. Er ist für die einheitliche Anwendung des Beurteilungsmaßstabs verantwortlich. Wenn der Richtliniengeber eine Zweitbeurteilung im Interesse der einheitlichen Anwendung des Beurteilungsmaßstabes vorsieht, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden, da der Erstbeurteiler als unmittelbarer Vorgesetzter zumeist nur eine eingeschränktere Vergleichsmöglichkeit unter den zur Beurteilung anstehenden Beamten einer Vergleichsgruppe hat als der nächsthöhere Dienstvorgesetzte. Der Zweitbeurteiler kann daher einen Beurteilungsentwurf kraft eigener Kompetenz ohne weiteres auch zu Lasten des zu Beurteilenden ändern (OVG Lüneburg v. 24.02.2010, Az. 5 ME 16/10 - juris, Rn. 22; BVerwG v. 04.11.2010, Az. 2 C 16.09 - juris, Rn. 49). Der Zweitbeurteiler kann demnach maßstabswahrend eine Beurteilung auch dann „nach unten“ korrigieren, wenn nicht ausreichend plausibilisierte Leistungssprünge für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilung oder ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis sprechen.

18

Grundsätzlich müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Zeitraum zwischen Regel- und nachfolgender Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen – sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall – ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 – 2 VR 5/12 –, juris, Rn. 30). Demnach besteht in einem Fall wie dem vorliegendem, in dem im Verhältnis zur vorangehenden Regelbeurteilung eine deutliche Leistungssteigerung in der Gesamtnote (von „C“ auf „B“) und in 11 Teilnoten beschrieben wird, ein erhöhtes Begründungserfordernis im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung. Diesem erhöhten Begründungserfordernis ist der Erstbeurteiler vorliegend nicht gerecht geworden. Zwar verhält sich der Beurteilungsentwurf durch den Erstbeurteiler zu dem Leistungssprung, indem in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung auf die durch den Beurteilungsbeitragsverfasser EPHK B. beobachtete Leistungssteigerung hingewiesen wird (vgl. dort den letzten Absatz). Allerdings hat EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag die im Vergleich zur vorangehenden, von ihm als Erstbeurteiler erstellten Regelbeurteilung signifikanten Verbesserungen der Bewertungen in allen Einzelmerkmalen sowie der Gesamtbewertung nicht schlüssig dargelegt.

19

Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Erstbeurteiler Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einholt, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, wenn er - wie hier - die Leistungsbewertung nicht in ausreichender Weise auf seine eigene Anschauung stützen kann. Der Beurteiler ist an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 - juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2013 – 1 K 2614/12 –, juris, Rn. 23). Vorliegend hat der Erstbeurteiler den Beurteilungsbeitrag des EPHK Busse ausweislich des konkreten Bezuges auf den Beitrag in seiner Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung tatsächlich in seine Einschätzung einbezogen. Dabei plausibilisiert EPHK B. in seinem Beurteilungsbeitrag die Heraufstufung der Bewertungen aller Einzelmerkmale und der Gesamtnote der Leistungsbeurteilung im Vergleich zu der vorangehenden Regelbeurteilung des Klägers, an der er als Erstbeurteiler mitgewirkt hat, nur in ungenügendem Maße. So weist EPHK B. in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung seines Beurteilungsbeitrages zwar darauf hin, dass „eine weitere Steigerung in den Leistungsmerkmalen deutlich erkennbar“ sei. Als Anhaltspunkte für diese Leistungssteigerung des Klägers führt er insbesondere die Durchführung von Verkehrskontrollen im Rahmen des Verkehrsermittlungsdienstes sowie die dem Ausfall von Kollegen geschuldete Übernahme zusätzlicher Aufgaben an, bspw. die Führung der Mitarbeiter des Einsatzdienstes und die Bearbeitung von Ermittlungsvorgängen. Die Übernahme von Aufgaben anderer Mitarbeiter wurde von EPHK B. jedoch bereits in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung der früheren Regelbeurteilung gewürdigt und diese mit einem „C“ benotet. Auch die eigenständige Organisation und Durchführung von Verkehrskontrollen wurde in der vorangehenden Regelbeurteilung von EPHK B. bereits in der Begründung der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung berücksichtigt. Darüber hinausgehende, konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich die Steigerung der Leistungen des Klägers in allen Einzelmerkmalen im Vergleich zur vorangehenden Regelbeurteilung nachvollziehbar ergeben, werden in dem Beurteilungsbeitrag nicht dargelegt. Eine Plausibilisierung durch EPHK Busse erfolgte auch nicht im Nachgang auf Anfrage des Zweitbeurteilers (vgl. E-Mailverkehr vom 20.08.2013).

20

Der Verweis des Erstbeurteilers auf die vom Beurteilungsbeitragsverfasser EPHK B. beobachtete deutliche Leistungssteigerung entbehrt somit einer nachvollziehbaren und plausiblen Grundlage, die die Gründe für die durchgängige Heraufstufung aller Bewertungen im Einzelnen erkennen lässt. Der Erstbeurteiler hat diese Leistungssteigerung entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht selbstständig beobachten können, sondern bezieht sich ausweislich der textlichen Fassung in der Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung auf die Beobachtungen des Beurteilungsbeitragsverfassers EPHK B.. Damit wird der vom Erstbeurteiler erstellte Beurteilungsentwurf den aus dem Fortentwicklungsgebot abzuleitenden rechtlichen Anforderungen an die Plausibilität der in einer Anlassbeurteilung zum Ausdruck kommenden Leistungsbewertung nicht gerecht.

21

Aufgrund der fehlenden Plausibilisierung der Leistungsverbesserung konnte der Zweitbeurteiler vorliegend von dem nicht schlüssig begründeten Votum des Erstbeurteilers entsprechend der Ziff. 10.3. Satz 2 BRL-PVD abweichen. Eine zu den Einzelbewertungen der Leistungsmerkmale, zur Gesamtbewertung der Leistungen und zur Bewertung der Fähigkeiten abweichende Beurteilung ist gem. Ziff. 10.3. Satz 3 BRL-PVD schlüssig und nachvollziehbar zu begründen. Die durch den Zweitbeurteiler erfolgten Absenkungen in den Einzelmerkmalen und der Gesamtbewertung sind nachvollziehbar und leiden nicht an Begründungsmängeln. Sinn und Zweck des vorgenannten Begründungserfordernisses ist es, den betroffenen Beamten in die Lage zu versetzen nachzuvollziehen, aus welchem Grund der Zweitbeurteiler von einem besseren Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers abweicht. Ferner dient die Begründung auch zur Überprüfung der Beurteilung im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Diese Begründungspflicht ist somit die Kehrseite der Befugnis des Zweitbeurteilers, von einem Beurteilungsentwurf des Erstbeurteilers abzuweichen. Da der Zweitbeurteiler die Beurteilung abschließend verantwortet, ist es seine Aufgabe, eine plausible und nachvollziehbare Begründung zu bieten, wenn er dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers nicht folgt. Vorliegend hat der Zweitbeurteiler unter Bezugnahme auf die fehlende Plausibilisierung der Heraufstufungen durch den Erstbeurteiler den Grund für die Änderung des Beurteilungsentwurfes schlüssig und nachvollziehbar begründet i. S. d. Ziff. 10.3. Satz 3 BRL-PVD.

22

Die Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung müssen hinsichtlich ihrer textlichen Ausführungen hinreichend begründet und nachvollziehbar sein. Dies gilt auch für die Abänderungen durch den Zweitbeurteiler (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009 – 1 M 52/09 –; VG Magdeburg, Urt. v. 18.07.2006 – 5 A 66/06 MD –). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Zweitbeurteiler den zu beurteilenden Beamten regelmäßig nicht aus persönlicher Anschauung kennt, so dass – würde verlangt werden, dass der Zweitbeurteiler seine vom Votum des Erstbeurteilers abweichende Bewertung in gleichem Maße mit tatsächlichen Vorkommnissen und eigenen Erkenntnissen begründen müsse – seine Abänderungsbefugnis leer liefe (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 15.09.2014 – 2 B 10647/14 – Rdnr. 13, juris). Durch die Verwendung rein formelhafter Wendungen wird der Beurteiler seiner Begründungsnotwendigkeit dennoch nicht gerecht. Vielmehr müssen im Einzelfall die Gründe und Argumente und damit der logische Gedankengang, der zu der Benotung geführt hat, zumindest in Grundzügen erkennbar sein (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 10.05.2010 – 5 B 390/09 –, Rdnr. 10, juris). Will der Zweitbeurteiler das Votum des Erstbeurteilers nicht vollständig ersetzen, sondern lediglich verändern, muss er diese Veränderungen im Einzelnen nachvollziehbar begründen. Er muss dafür Sorge tragen, das die Zweitbeurteilung und die Reste der Erstbeurteilung zusammen passen (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 10.05.2010 – 5 B 390/09 –, Rdnr. 11, juris. Diesen Anforderungen genügt die Zweitbeurteilung.

23

Der Zweitbeurteiler hat zu den Abänderungen in den Einzelmerkmalen festgestellt, dass der vom Erstbeurteiler vorgelegte Anlassbeurteilungsentwurf im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung in der Leistungsbeurteilung bei 15 Einzelmerkmalen 13 Hebungen auf der Grundlage von Beurteilungsbeiträgen, die ihrerseits 11 bzw. 15 Hebungen enthielten, vorgesehen hat. Er hat ferner nach dem o. g. zutreffend festgestellt, dass weder der Erstbeurteiler noch die Beurteilungsbeitragsersteller eine schlüssige und hinreichend konkrete Begründung der Leistungssteigerungen gegeben haben. Aus diesem Grund hat er von der ihm als Zweitbeurteiler zur Wahrung der einheitlichen Anwendung des Beurteilungsmaßstabes eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Bewertungen in den Einzelmerkmalen 1.1. (Fachliches Wissen und Können), 1.2. (Gründlichkeit), 1.3. (Rechtmäßigkeit des Handelns), 1.4. (Zweckmäßigkeit des Handelns) und 3.1. (Organisation des Arbeitsbereiches) in den Bewertungen von "B" auf "C" zu ändern. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es sei nicht nachvollziehbar und vom Zweitbeurteiler auch nicht dargelegt, weshalb der Zweitbeurteiler in diesen Merkmalen Herabstufungen im Vergleich zur Erstbeurteilung vorsehe, während er andere vom Erstbeurteiler im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung vorgesehen Hebungen von der Notenstufe "D" zur Notenstufe "C" in den Merkmalen 1.5. (Schriftlicher Ausdruck), 1.6. (Mündlicher Ausdruck), 2.3. (Belastbarkeit), 2.4. (Körperliche Leistung) und 3.5. (Umgang mit Bürgern) unbeanstandet gelassen habe. Denn der Zweitbeurteiler ist zu einer besonderen Begründung seiner Bewertungen nur verpflichtet, soweit er von den Bewertungen des Erstbeurteilers abweicht. Lässt er hingegen Bewertungen des Erstbeurteilers unverändert, so bedarf es einer Begründung dafür nicht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Kläger nach der Kostengrundentscheidung die Kosten selbst zu tragen hat, erübrigt sich der beantragte Ausspruch zum Erstattungsumfang hinsichtlich der Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach Maßgabe des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. März 2015 - 5 A 209/14

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 10. März 2015 - 5 A 209/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Entschädigung wird in Geld festgesetzt, soweit nicht nach den §§ 22 und 23 eine Entschädigung in Land oder nach § 25 als Naturalwertrente gewährt wird.

Tenor

Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35 802 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15).

2

Der Antragsteller ist seit dem 1. April 2010 und der Beigeladene seit dem 10. August 2010 auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzt. Die Anzahl dieser Dienstposten übersteigt die Zahl der entsprechenden Planstellen erheblich. Die Antragsgegnerin nimmt deshalb Beförderungen auf der Basis einer Rangliste der "beförderungsreifen" Beamten vor, in der sie diejenigen Beamten einreiht, die einen nach A 15 bewerteten Dienstposten wahrnehmen und die Erprobungszeit erfolgreich absolviert haben.

3

Die Antragsgegnerin erstellte im April 2011 eine Beförderungsrangliste, die die Reihenfolge nach der Gesamtpunktzahl der für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2010 erstellten letzten Regelbeurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung des nach A 15 bewerteten Dienstpostens festlegte. Danach war der Beigeladene - als letzter der mit der Spitzenpunktzahl von 9 Punkten bewerteten Beamten - auf Platzziffer 5 eingeordnet und der mit der zweithöchsten Punktzahl von 8 Punkten bewertete Antragsteller auf Platzziffer 13 der insgesamt 31 Personen erfassenden Liste.

4

In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin in Absprache mit dem Personalrat fest, dass Hauptkriterium für eine Beförderung zukünftig die letzte Regelbeurteilung sein solle; bei notengleichen Gesamturteilen werde auf das Hilfskriterium der "Dauer der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeiten" zurückgegriffen. Allerdings mache die geänderte Verfahrenspraxis grundsätzlich Anlassbeurteilungen erforderlich; die vorliegenden Beurteilungen seien nicht durchweg miteinander vergleichbar, da Regel- und Anlassbeurteilungen vorlägen. Um eine einheitliche Vergleichsbasis zu schaffen, sollten zeitnah Anlassbeurteilungen erstellt werden.

5

Daraufhin wurden Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 1. Dezember 2011 für alle auf der Liste erfassten Beamten der Besoldungsgruppe A 14 gefertigt. Dabei wurden die beiden höchsten Punktzahlen der Beurteilungsskala erheblich häufiger vergeben als bei den davor erstellten Regelbeurteilungen (eine Gesamtbeurteilung mit der Spitzennote von 9 Punkten wurde vierzehnmal erreicht gegenüber fünfmal bei der Regelbeurteilung, bei der Note von 8 Punkten gab es eine Steigerung der Anzahl von zehn auf 16.)

6

Antragsteller und Beigeladener erreichten erneut das Gesamturteil von 8 bzw. 9 Punkten. In der neuen Rangliste vom Februar 2012 erhielten der Beigeladene als zweitletzter der mit 9 Punkten bewerteten Beamten die Platzziffer 13 und der Antragsteller die Platzziffer 28.

7

Nach der Mitteilung, dass die Beförderung von vier Beamten, darunter der Beigeladene, beabsichtigt sei, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis dieses Antrages die drei in der Beförderungsrangliste vor dem Beigeladenen platzierten Beamten befördert. Antragsteller und Antragsgegnerin haben das Eilverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung u.a. deshalb für rechtswidrig, weil kein hinreichender Grund für Anlassbeurteilungen bestanden habe; vielmehr hätten die Regelbeurteilungen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Zumindest hätten bei den Anlassbeurteilungen wie bei den Regelbeurteilungen die Richtwerte für Spitzenbeurteilungen beachtet werden müssen.

9

Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß, den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Sie ist der Ansicht, dass Anlassbeurteilungen der beförderungsreifen Beamten deshalb erforderlich gewesen seien, weil vier der Beamten erst nach der letzten Regelbeurteilungen auf einen nach A 15 bewerteten Dienstposten gelangt seien. Eine Beachtung der Richtwerte für die beiden höchsten Beurteilungsstufen sei für Anlassbeurteilungen bei richtigem Verständnis der Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich.

12

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte BVerwG 2 VR 4.12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

14

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des Beigeladenen zuständig.

15

1. Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist nach  nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

16

Die Antragsgegnerin hat die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, soweit sie drei der vier Mitbewerber des Antragstellers, die sie für die Beförderung in das Amt des Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) ausgewählt hat, nach Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Aushändigung der Ernennungsurkunden zu Regierungsdirektoren ernannt hat (). Damit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der darauf gerichtet gewesen war, die Ernennungen auch dieser ausgewählten Mitbewerber bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Anordnungsverfahrens nach  zu verhindern, gegenstandslos geworden.

17

Dieses Vorgehen entspricht nicht den Anforderungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG. Die Antragsgegnerin hat durch die Ernennungen verhindert, dass der Antragsteller effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs in Anspruch nehmen konnte. Eine solche Verhinderung effektiven Rechtsschutzes durch den Dienstherrn hat zur Folge, dass die grundrechtswidrig vorgenommenen Ernennungen nicht nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers geht durch die Ernennungen nicht unter, sondern kann im Wege der Anfechtungsklage mit dem Rechtsschutzziel ihrer Aufhebung durch das Verwaltungsgericht weiter verfolgt werden. Dies hat der Senat in einem zur selben Beförderungsrunde der Antragsgegnerin ergangenen Beschluss (vom 3. Juli 2012 - BVerwG 2 VR 3.12 Rn. 3 - juris) bereits ausgeführt (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 36 f).

18

Eine Rechtsschutzverhinderung ist nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die einzige Planstelle oder - bei mehreren vorgesehenen Beförderungen - alle Planstellen durch Ernennung besetzt werden, sondern auch dann, wenn - wie hier - der Dienstherr noch eine Planstelle unbesetzt lässt, der Antragsteller aber die vorläufige Untersagung weiterer Beförderungen begehrt (vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 1 B 1585/10 - ZBR 2011, 275 und vom 1. Oktober 2012 - 1 B 691/12 - juris; OVG Weimar, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 2 EO 961/11 - IÖD 2012, 241; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 - NVwZ-RR 2012, 692; VGH Kassel, Beschlüsse vom 18. Februar 1991 - 1 TG 85/91 - NVwZ-RR 1992, 34 und vom 23. April 2012 - 1 B 2284/11 - RiA 2012, 167; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 - NVwZ-RR 2008, 552).

19

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, z.B. wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen "abgearbeitet" wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Der Antrag des Beamten bestimmt bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift.

20

Der Dienstherr ist deshalb aus Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf den sich der Rechtsschutzantrag des unberücksichtigt gebliebenen Beamten erstreckt. Anderes kann gelten, wenn der auf vorläufige Unterlassung der Beförderung einer Mehrzahl - ggfs. sogar einer Vielzahl - von Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Beförderung der Mitbewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, und der Angriff auf eine größere Zahl von beabsichtigten Ernennungen von Mitbewerbern ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs dient, sondern Druck auf den Dienstherrn ausüben soll. Soweit dem Beschluss des Senats vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301/93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 etwas von den vorstehenden Darlegungen Abweichendes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran nicht fest.

21

2. Der Antrag hat, soweit er noch anhängig ist, Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus  durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können.  garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -  <122 f.> m.w.N.; stRspr). Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. Urteil vom 21. August 2003 -  - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus  durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 -  - a.a.O., Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).

23

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 jeweils Rn. 14 m.w.N.).

24

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 15 ).

25

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - a.a.O. S. 2 f. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 16). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - a.a.O. S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O.). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 a.a.O.).

26

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 56, vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 17).

27

Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; Urteil vom 24. November 2005 -  -  = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 m.w.N.).

28

Regelbeurteilungen bilden grundsätzlich (vgl. § 48 Bundeslaufbahnverordnung - BLV) und auch nach den Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn. Sie gewährleisten mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit.

29

Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin hier für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Dies war gerechtfertigt, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene (vgl. § 34 BLV) Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten. Für diese Beamten waren die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 <88 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 ff. Nr. 49, jeweils Rn. 22 ff.). Die Antragsgegnerin durfte diese Beamten in die Auswahlentscheidung über die Beförderungen einbeziehen. Im Hinblick auf die aus Gründen der Chancengleichheit anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15, vom 27. Februar 2003 -  - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 20; Beschluss vom 31. Januar 1994 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16 S. 1) war es sachgerecht, auch für die übrigen beförderungsreifen Beamten, für die "an sich" eine weitere dienstliche Beurteilung nicht erforderlich war, eine Anlassbeurteilung zu erstellen, um die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen. Dementsprechend sehen die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen u.a. zum Zweck einer anstehenden Personalentscheidung vor (vgl. Nr. 3.5 der Beurteilungsbestimmungen-BND vom 1. Juli 2009 i.d.F. vom 27. Dezember 2011).

30

Allerdings müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden (hier 20 Monate statt drei Jahre), aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

31

Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. In diesem Sinne werden sich bei der Erstellung von Regelbeurteilungen ggf. zu beachtende Richtwerte für die Vergabe von Spitzenbeurteilungen auch bei den Anlassbeurteilungen niederschlagen, selbst wenn für diese entsprechende Richtwerte nicht gelten sollten. Weicht das Notengefüge der Anlassbeurteilungen demgegenüber deutlich von demjenigen der Regelbeurteilungen ab, ist das ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen und ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis.

32

Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

33

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer gerichtsbekannten bisherigen Praxis - den Kreis der in die Beförderungsrangliste aufgenommenen Beförderungsbewerber zutreffend ermittelt hat, indem sie die nach A 15 bewerteten Dienstposten in ihrem Bereich jeweils erst nach der Durchführung eines leistungsbezogenen Auswahlverfahrens vergeben hat. Vor der Dienstpostenvergabe muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Auswahlverfahren stattfinden; ist das nicht der Fall, kann bei einer anschließenden Beförderungsentscheidung der Kreis der Bewerber nicht auf den Kreis der Dienstposteninhaber bezogen werden (vgl. nur Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>). Entsprechendes gilt, wenn es Beamte gibt, die sich auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten bewährt haben, aber aktuell auf einem nach A 14 bewerteten Dienstposten eingesetzt werden; auch sie müssen in eine Auswahlentscheidung zur Beförderung auf Statusämter nach A 15 einbezogen werden. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hierzu ist aber entbehrlich, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig hiervon Erfolg hat.

34

Der Leistungsvergleich für die Beförderungsreihenfolge ist auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilungsgrundlage erfolgt. Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen, sondern aus diesen entwickelt werden müssen. Die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilungen bewirkt die Fehlerhaftigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beförderungsrangliste.

35

Die von der Antragsgegnerin erstellten Anlassbeurteilungen für die laufende Beförderungsrunde genügen nicht den dargestellten Anforderungen. Dem Text der Anlassbeurteilungen in den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilungen Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre. Dieser Fortentwicklungscharakter verlangte auch, die nach Nr. 11.7.1 der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin geltenden Richtwerte für die Vergabe der Notenstufen 9 und 8 in den Blick zu nehmen; dies gilt unabhängig davon, dass die Beurteilungsrichtlinien den Geltungsbereich der Richtwerte weder ausdrücklich auf Regelbeurteilungen beschränken noch auf Anlassbeurteilungen erstrecken. Der signifikant höhere Anteil an Spitzenbewertungen bei den beförderungsreifen Beamten (vierzehnmal statt vorher fünfmal Gesamtergebnis 9 Punkte, sechzehnmal statt vorher zehnmal Gesamtergebnis 8 Punkte) ist ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen.

36

Die Auswahlentscheidung ist außerdem deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht bei gleichem Gesamturteil vor dem Rückgriff auf Hilfskriterien zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen hat (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Um praktischen Erfordernissen in einer großen Behörde wie der Antragsgegnerin Rechnung zu tragen, ist es beispielsweise möglich, zu Beginn des Auswahlverfahrens einzelne als besonders bedeutsam erachtete Leistungsmerkmale zu definieren, dies zu dokumentieren und die insoweit erzielten Bewertungen bei der Reihung besonders zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hingegen hat die Reihung allein nach der Gesamtpunktzahl der aktuellen dienstlichen Beurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens vorgenommen. Das wird dem Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung nicht gerecht.

37

Die in der Beförderungsrangliste abgebildete Auswahlentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BLV erstellt worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BLV sind frühere Beurteilungen zusätzlich zu den aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Frühere dienstliche Beurteilungen können Aufschluss über die Leistungsentwicklung und ggfs. über das Vorhandensein von in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht abgebildeten Eignungsmerkmalen geben (vgl. Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <377> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 12). Die Antragsgegnerin hat den Leistungsvergleich allein auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt und sodann bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung als Hilfskriterium auf die Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens abgestellt. Frühere dienstliche Beurteilungen - insbesondere die Regelbeurteilungen aus dem Jahr 2010 - hat sie hingegen nicht einbezogen.

38

Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. für dieses gerichtliche Eilverfahren die Platzierung des Antragsteller bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren vor dem Beigeladenen, erscheint auch möglich (zu diesem Maßstab Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat der Beigeladene gegenüber dem Antragsteller bei den beiden letzten dienstlichen Beurteilungen jeweils einen Punkt Vorsprung in der Gesamtbeurteilung (9 statt 8 Punkte). Aber es ist offen, wie die Beachtung der Erfordernisse der Entwicklung der Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung, der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung sowie der Berücksichtigung der vorherigen dienstlichen Beurteilung vorrangig vor Hilfskriterien sich auf die Anlassbeurteilungen und die Reihenfolge der Beförderungsrangliste ausgewirkt hätten.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch von vornherein keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

40

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG), jedoch ohne dass sich die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen streitwerterhöhend auswirkt.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Regierungsamtsrat (BesGr A 12) im Dienst der Beklagten und wird beim Bundesnachrichtendienst verwendet. Seine Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 hob der Senat durch Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - (Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2) auf und verpflichtete die Beklagte, den Kläger erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen. In den Urteilsgründen wurde festgestellt, dass Nr. 11.6.1 der BND-Beurteilungsbestimmungen vom 1. Juli 2006 den Vorgaben aus § 41a der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten (- BLV -) in der Fassung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459, ber. S. 2671) nicht entspricht, weil die Quote für die zweit- und dritthöchste Note in einer Stufe zusammengefasst war. Außerdem fehlte es der Zweitbeurteilung an einer nachvollziehbaren Begründung zu der Abweichung des Votums des Erstbeurteilers.

2

In der neu erstellten Beurteilung vom 17. Juni 2009 erhielt der Kläger erneut die Gesamtnote sechs Punkte auf der von eins bis neun gestuften Skala. Der Zweitbeurteiler wich dabei von der im Beurteilungsbeitrag des Erstbeurteilers in der Neufassung vom 14. Mai 2009 vorgeschlagenen Bewertung sowohl in der Gesamtnote als auch in der Einstufung einzelner Leistungsmerkmale ab. Zur Begründung verwies der Zweitbeurteiler auf seine persönliche Kenntnis des Klägers aus der gemeinsamen Arbeit in einer von ihm - dem Zweitbeurteiler - geleiteten Führungsstelle. Im Vergleich zu anderen Mitarbeitern der damaligen Unterabteilung hätten die Leistungen des Klägers den Anforderungen in jeder Hinsicht entsprochen. Die höhere Einstufung des Erstbeurteilers beruhe darauf, dass in dessen Sachgebiet nur ein Mitarbeiter der Besoldungsgruppe A 12 gearbeitet und ihm daher mangels Vergleichbarkeit der zutreffende Maßstab gefehlt habe. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger seine gute Auffassungsgabe und Fähigkeit zum übergreifenden Denken noch besser hätte zur Geltung bringen können, "wenn er auch ohne eines Anstoßes aktiv Neues aufgegriffen hätte", seien in der Gesamtschau eher andere Mitarbeiter als Leistungsträger zu sehen. Gegen diese Beurteilung richtet sich die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage.

3

Der Kläger rügt insbesondere, der im Urteil vom 11. Dezember 2008 festgestellte Verstoß gegen § 41a BLV bestehe weiterhin, weil die Beklagte das Quotensystem nicht geändert habe. Überdies habe der Zweitbeurteiler die Beurteilungsbeiträge für die Zeiträume vom 1. Oktober 2001 bis 28. Februar 2005 nicht berücksichtigt. Gerade hinsichtlich der für den Zweitbeurteiler ersichtlich tragenden Erwägung, der Kläger habe nicht ohne Anstoß aktiv Neues aufgegriffen, ergebe sich aus den Vorbeurteilungen ein gänzlich anderes Bild. Schließlich sei der Beurteilung des Zweitbeurteilers keine hinreichende Begründung für die Abweichung hinsichtlich der jeweiligen Leistungsmerkmale zu entnehmen.

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Der Kläger beantragt,

die dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 in der Neufassung vom 17. Juni 2009 und den Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 12. März 2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 30. Juni 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie macht im Wesentlichen geltend, auf die Fehler im Quotierungssystem könne es vorliegend nicht ankommen, weil die für den Kläger vergebene Gesamtnote nicht im quotierten Bereich liege. Auch die vom Zweitbeurteiler vorgenommene Herabstufung des Vorschlags des Erstbeurteilers begegne keinen Bedenken. Es stehe dem Zweitbeurteiler vielmehr frei, welches Gewicht er Beurteilungsbeiträgen zumesse. Zudem habe der Zweitbeurteiler hier selbst als Vorgesetzter des Klägers unmittelbare Kenntnis von dessen Arbeitsleistung erlangt.

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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten (§ 101 Abs. 2 VwGO) ohne mündliche Verhandlung von dem gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO zur Entscheidung berufenen Bundesverwaltungsgericht entschieden werden kann, ist begründet. Die angegriffene Neubeurteilung beruht nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und hat die vorhandenen Erkenntnisquellen nicht hinreichend beachtet. Darüber hinaus hat der Zweitbeurteiler die in einzelnen Leistungsmerkmalen vorgenommene Abweichung von den Bewertungsvorschlägen des Erstbeurteilers nicht hinreichend begründet.

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1. Die dienstliche Beurteilung dient der Verwirklichung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes, Beamte nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einzustellen und zu befördern (Art. 33 Abs. 2 GG). Ihr Ziel ist es, die den Umständen nach optimale Verwendung des Beamten zu gewährleisten und so die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch Beamte (Art. 33 Abs. 4 GG) bestmöglich zu sichern. Zugleich dient die dienstliche Beurteilung dem berechtigten Anliegen des Beamten, in seiner Laufbahn entsprechend seiner Eignung, Befähigung und Leistung voranzukommen. Die dienstliche Beurteilung soll den Vergleich mehrerer Beamter miteinander ermöglichen. Ihre wesentliche Aussagekraft erhält eine dienstliche Beurteilung erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in den dienstlichen Beurteilungen anderer Beamter. Daraus folgt, dass die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden müssen.

10

Höchstmögliche Vergleichbarkeit von Regelbeurteilungen wird grundsätzlich durch den gemeinsamen Stichtag und den gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 C 41.00 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 22; vgl. hierzu auch Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 37.91 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15, S. 12<14 f.>; stRspr). Die Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraums soll gewährleisten, dass die Beurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten Verwendungsentscheidung erfasst (vgl. Urteil vom 7. Juni 1984 - BVerwG 2 C 54.82 - Buchholz 238.5 § 26 DRiG Nr. 2, S. 9<13>). Eine Regelbeurteilung hat deshalb die Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums zu umfassen (vgl. Urteil vom 18. Juli 2001 a.a.O. Rn. 15).

11

Einschränkungen dieses Grundsatzes sind nur hinzunehmen, soweit sie auf zwingenden Gründen beruhen. Einen solchen zwingenden Grund stellt es nicht dar, wenn der Beurteiler die Tätigkeit des Beamten nur für einen Teil des Beurteilungszeitraums aus eigener Anschauung kennt. Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den vollständigen Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Der Beurteiler darf von der Heranziehung dieser Erkenntnisquellen nicht deshalb absehen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Beamten zutreffend einzuschätzen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 47).

12

Zwar ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 ). Auch Werturteile müssen auf nachvollziehbaren Feststellungen gegründet sein, die relevante Sachverhaltskomplexe oder Zeiträume nicht einfach ausblenden dürfen (Beschluss vom 26. Februar 2004 - BVerwG 2 B 41.03 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 24, Rn. 3).

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2. Gemessen hieran erweist sich die angegriffene Beurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 in der Fassung vom 17. Juni 2009 schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil der Zweitbeurteiler die Beurteilungsbeiträge vom 16. April 2003 (für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2001 bis 22. April 2003), vom 14. Januar 2004 (für den Beurteilungszeitraum 23. April 2003 bis 5. Oktober 2003) und vom 10. Februar 2005 (für den Beurteilungszeitraum 6. Oktober 2003 bis 28. Februar 2005) nicht berücksichtigt hat.

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a) Dies gilt zunächst für die vom Zweitbeurteiler vorgenommene Maßstabsänderung. Hierzu hatte der Zweitbeurteiler dargelegt, dem Erstbeurteiler habe - mangels weiterer ihm unterstellter Mitarbeiter der in Rede stehenden Besoldungsgruppe A 12 - der Vergleich und damit der zutreffende Maßstab gefehlt. Diese Überlegung trifft indes nur für den der Regelbeurteilung unmittelbar vorangegangen Erstbeurteiler zu. Für die vorangegangenen, aber noch den Beurteilungszeitraum betreffenden Beurteilungsbeiträge, die von anderen Vorgesetzten verfasst worden sind, finden sich dagegen keine entsprechenden Darlegungen. Anhaltspunkte dafür, dass auch den Verfassern dieser Beurteilungsbeiträge der zutreffende Vergleichsmaßstab gefehlt haben könnte, sind nicht ersichtlich.

15

Auch wenn die in diesem Beurteilungsbeiträgen vergebene Notenstufe 2+ in der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Notenskala der BND-Beurteilungsbestimmungen vom 1. Juli 2006 nicht mehr enthalten ist, ergibt sich aus den Textbeiträgen doch eindeutig, dass der Kläger in diesen Beurteilungsbeiträgen nicht in der mittleren Notenstufe eingruppiert worden ist. So heißt es im Beurteilungsbeitrag vom 14. Januar 2004 abschließend: "Seine Arbeitsweise liegt nur knapp unterhalb der absoluten Spitzenleistung". Auch im Beurteilungsbeitrag vom 10. Februar 2005 wird festgehalten: "Seine Leistungen liegen weit über der Normalleistung". Dementsprechend war der Kläger auch vom Erstbeurteiler als "Leistungsträger" mit "stets weit über dem Durchschnitt liegenden Leistungen" bewertet worden.

16

Zwar ist der Zweitbeurteiler an die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile nicht dergestalt gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. Es ist jedoch nicht in sein Ermessen gestellt, ob er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt (Beschluss vom 26. Februar 2004 - BVerwG 2 B 41.03 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 24, Rn. 2 m.w.N.). Die Feststellungen und Bewertungen der für den maßgeblichen Zeitraum erstellten Beurteilungsbeiträge müssen bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Zweitbeurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Dass der Zweitbeurteiler hier die Einschätzung der benannten Vorbeurteilungen überhaupt zur Kenntnis genommen hat, ist schon nicht erkennbar; jedenfalls finden sich hierzu und zum Grund für die davon abweichende Einschätzung keinerlei Begründungserwägungen.

17

b) Insbesondere aber ist die vom Zweitbeurteiler vorgenommene Bewertung ausschließlich auf die ab dem 15. September 2005 gewonnene eigene Anschauung gestützt und damit "defizitär" (Beschluss vom 26. Februar 2004 - BVerwG 2 B 41.03 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 24, Rn. 3).

18

Tragender Gesichtspunkt der vom Zweitbeurteiler vorgenommenen Abweichung zu der im Beurteilungsbeitrag vom 16. Oktober 2006 vorgeschlagenen Einstufung auf 7 Punkte, an der der Erstbeurteiler auch in der Neufassung vom 14. Mai 2009 festgehalten hat, ist die Erwägung: "Seine gute Auffassungsgabe und Fähigkeit zum übergreifenden Denken hätte er noch besser zur Geltung bringen können, wenn er auch ohne eines Anstoßes aktiv Neues aufgegriffen hätte". Die Maßgeblichkeit dieser Einschränkung ist im Widerspruchsbescheid vom 12. März 2010 mit den Worten ausdrücklich festgehalten worden: "Alleine die Übernahme anspruchsvoller Aufgaben führt noch nicht zur Erbringung häufig herausragenden Leistungen. Diese hätten Sie dann erzielen können, wenn Sie von sich aus aktiv Neues entwickelt und sich dadurch ebenfalls zu einem Leistungsträger entwickelt hätten."

19

Diese Feststellung stellt eine auf Tatsachen gestützte Wertung dar: Das Werturteil knüpft an die inzident getroffene tatsächliche Aussage an, der Kläger habe nicht aktiv und ohne Anstoß Neues aufgegriffen. Dies steht inhaltlich nicht nur in Widerspruch zu der vom Zweitbeurteiler in den Blick genommenen Erstbeurteilung. Vielmehr wird dem Kläger auch von den anderen, für den Beurteilungszeitraum maßgeblichen Beurteilungsbeiträgen durchgängig eigenständiges und initiatives Handeln bescheinigt. So ist im Beurteilungsbeitrag vom 16. April 2003 ausgeführt, dass der Kläger "Problemlagen eigeninitiativ erfasst und Aufträge selbständig" löst. Auch im Beurteilungsbeitrag vom 14. Januar 2004 ist festgehalten: "Herr M. zeichnet sich durch weit über das zu erwartende Maß hinausgehendes eigenständiges, initiatives und zuverlässiges Handeln aus".

20

Mit diesen Feststellungen setzt sich die abweichende Einschätzung des Zweitbeurteilers nicht auseinander. Festgestellt wird vielmehr lediglich, dass der Kläger seit dem 15. September 2005 in der vom Zweitbeurteiler geleiteten Führungsstelle eingesetzt gewesen sei und daher eigene Kenntnis des Zweitbeurteilers bestehe. Diese bezieht sich indes nur auf 9,5 Monate des Gesamtbeurteilungszeitraums von 57 Monaten. Der vorangegangene Zeitraum wird vollständig ausgeblendet, ohne dass hierfür auf eine eigenständige Erkenntnisquelle des Zweitbeurteilers zurückgegriffen werden könnte. Insoweit fehlt auch jede Auseinandersetzung mit den bei den Akten befindlichen Feststellungen der jeweiligen Beurteilungsbeiträge für diesen Zeitraum.

21

3. Fehlerhaft ist die Neubeurteilung auch in Bezug auf die vom Zweitbeurteiler vorgenommene Abweichung des Bewertungsvorschlags einzelner Leistungsmerkmale.

22

Da der Zweitbeurteiler Abweichungen von den Beurteilungsbeiträgen nachvollziehbar begründen muss, bedeutet dies grundsätzlich, dass er sich nicht nur mit dem Gesamturteil, sondern auch mit dem diesem Gesamturteil zugrunde liegenden Bewertungen der einzelnen Merkmale auseinandersetzen muss. Dementsprechend sieht Nr. 11.3 der BND-Beurteilungsbestimmungen vom 1. Juli 2006 vor, dass die dienstliche Beurteilung anhand eines jeden Leistungsmerkmals zu prüfen hat, inwieweit der zu Beurteilende unter Berücksichtigung der in der Aufgabenbeschreibung aufgeführten Aufgaben den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht geworden ist. Weicht der Zweitbeurteiler von einem oder mehreren Bewertungsvorschlägen des Erstbeurteilers ab, so hat er dies im Einzelnen zu begründen (vgl. Nr. 11.3 Abs. 2 Satz 1 der BND-Beurteilungsbestimmungen). Diesen Anforderungen wird die angegriffene Zweitbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2006 in der Fassung vom 17. Juni 2009 nicht gerecht.

23

Dies gilt zunächst für die Herabstufung im Leistungsmerkmal "Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit". Hierzu findet sich in der Begründung des Zweitbeurteilers nur der Hinweis: "Er entwickelte gute operative Ansätze, bei denen er seine Vorgesetzten auch im Detail einbezog und dies auch dokumentierte. Die von ihm bearbeiteten Fälle prüfte er sorgfältig und umfänglich auf Risiken und Chancen". Warum sich hieraus eine Herabstufung gegenüber der vom Erstbeurteiler vorgeschlagenen Note ergeben sollte, ist nicht ersichtlich. Die Formulierung mag Kritik an der Eigenständigkeit und Verantwortungsbereitschaft tragen, sie enthält aber keine nachvollziehbaren Gründe für die Herabsetzung der Einzelnote für das Leistungsmerkmal "Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit".

24

Entsprechendes gilt für die Notenvergabe im Leistungsmerkmal "Kreativität und Innovation". Hierzu findet sich in der Begründung des Zweitbeurteilers zunächst die Aussage: "Er entwickelte gute operative Ansätze" und später ähnlich: "Im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben entwickelte er gute Ideen". Diese Formulierungen widersprechen aber der vergebenen Notenstufe 5, die nicht gute, sondern durchschnittliche Leistungen charakterisiert. Die Wortbegründung steht mit der Notenzuordnung daher nicht in Übereinstimmung. Die nachfolgenden Erwägungen zum fehlenden eigenen Anstoß sind insoweit zwar geeignet, die Herabstufung in den Leistungsmerkmalen "Eigeninitiative" und "Eigenständigkeit" zu tragen und hierauf im Gesamtzusammenhang auch bezogen. Sie geben aber nichts dafür her, dass die - nach einem Anstoß - entwickelten und als "gut" bescheinigten Ansätze und Ideen auf eine durchschnittliche Leistung im Leistungsmerkmal "Kreativität und Innovation" reduziert werden müssten. Im Übrigen findet auch eine Auseinandersetzung mit der entgegenstehenden Einschätzung des Erstbeurteilers, der Kläger habe sich sehr engagiert und eigenständig eingearbeitet und dabei neue Ansätze entwickelt, nicht statt.

25

4. Entgegen der vom Kläger vorgetragenen Auffassung beruht die Beurteilung aber nicht mehr auf den fehlerhaften Richtwertvorgaben aus Nr. 11.6.1 der BND-Beurteilungsbestimmungen vom 1. Juli 2006.

26

Die durch Senatsurteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. beanstandete Quotenbestimmung ist zum 1. Juli 2009 außer Kraft getreten; Nr. 11.7.1 der Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichtendienst vom 1. Juli 2009 sieht Richtwerte nunmehr nur noch für die Noten 9 und 8 vor. Das fehlerhafte Quotensystem ist auch bei der Neubeurteilung des Klägers in der Fassung vom 17. Juni 2009 nicht mehr zur Anwendung gebracht worden. Ausweislich der Stellungnahme des Zweitbeurteilers vom 4. November 2009 hat sich dieser bei seiner Neubeurteilung nicht an die Beschränkung der Richtwerte gebunden gesehen. Damit ist sichergestellt, dass dem Kläger die höhere Note nicht wegen der angestrebten Einhaltung von Richtwerten versagt worden ist (vgl. zum Beruhenserfordernis der Fehlerhaftigkeit der BND-Beurteilungsbestimmungen bereits Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - a.a.O.).

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladene zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,. EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die Beigeladene zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers vom 09.02.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist, ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung der Beigeladenen zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach dem Antrag des Antragstellers die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem Beförderungsverfahren, das mit Blick auf den altersbedingten Eintritt in den Ruhestand des Vorsitzenden des 4. Strafsenates des Bundesgerichtshofs mit Ablauf des 30.06.2012 eingeleitet worden ist. Es handelt sich hierbei um ein neues selbständiges Auswahlverfahren mit eigenem Bewerberkreis und nicht um die Fortsetzung des Auswahlverfahrens für die Ernennung eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, das aus Anlass der Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenates eingeleitet worden ist und in dem der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Wiederholung der Auswahlentscheidung erstritten hat (vgl. dazu den Gerichtsbeschluss vom 24.10.2011 - 4 K 2146/11 -). In diesem von der Antragsgegnerin nicht vorrangig betriebenen, aber gleichwohl fortdauernden und mit den Maßgaben des Beschlusses vom 24.10.2011 behafteten Auswahlverfahren ist eine neue Auswahlentscheidung trotz der erneuten dienstlichen Beurteilung des Antragstellers unter dem 10.01.2012, die Gegenstand des Gerichtsverfahrens 1 K 1101/12 ist, nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nicht ergangen (vgl. zu den Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Abbruch eines Auswahlverfahrens: BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7/09 -, BVerwGE 141, 361). Auch wenn der Antragsteller für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann, hat er einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 19, 20, zum einstweiligen Rechtsschutz bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen). Dies gilt auch dann, wenn über eine weitere Beförderung entschieden werden soll, ohne dass ein früheres Auswahlverfahren, in dem der Antragsteller ebenfalls Bewerber ist, endgültig abgeschlossen worden ist.
Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat dem Antragsteller und den anderen im vorliegenden Auswahlverfahren unterlegenen Mitbewerbern am 30.07.2012 mitgeteilt, dass die Bundesministerin der Justiz beabsichtigt, dem für die Ernennung zuständigen Bundespräsidenten (Art. 60 Abs. 1 GG) die Ernennung der Beigeladenen zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof vorzuschlagen. Diese Mitteilung kündigt die Ernennung der Beigeladenen, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102), für den Fall an, dass der Bundespräsident nach Verstreichen einer Wartefrist die ihm von der obersten Bundesbehörde vorgeschlagene Auswahl des nach ihrer Ansicht am besten geeigneten Bewerbers in seinen Willen aufnimmt und damit die der Auswahl zugrunde liegenden Erwägungen der obersten Bundesbehörde zum Inhalt der von ihm zu treffenden statusrechtlichen Entscheidung macht (vgl. ausführlich zum Ernennungsverfahren in diesen Fällen und zu dem Prüfungsrecht des Bundespräsidenten: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -. ESVGH 47, 6). Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern. Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2011 - 2 B 106/11 -, juris Rn 13). Er muss ferner diesen Anspruch durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 22).
2. Hierbei sind nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung im wesentlichen folgende Grundsätze zu beachten (vgl. unter Zusammenfassung ihrer bisherigen Rechtsprechung etwa: BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 22 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.06.2012 - 4 S 472/12 -, VBlBW 2012, 423):
2.1 Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist - wie im Hauptsacheverfahren - auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 2 VR 3.03 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 -, NVwZ-RR 2005, 585, vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -, vom 04.07.2008 - 4 S 2834/07 -, und vom 20.01.2011 - 4 S 2660/10 -, VBlBW 2011, 306).
2.2 Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerwG, Urteile vom 28.10.2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147, vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237, vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99, vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, und vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102).
2.3 Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch), wobei der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus festlegt (BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, vom 04.11.2010, a.a.O., und vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O. Rn 17; Beschluss vom 25.10.2011 - 2 VR 4.11 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).
2.4 Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes (BVerwG, Urteil vom 04.11.2010, a.a.O.).
2.5 Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist regelmäßig anhand aktueller und aussagekräftiger, d.h. hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die mit ihren auf das jeweils innegehabte Amt bezogenen Bewertungen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens oder für die Verleihung eines Beförderungsamts in Betracht kommenden Richtern oder Beamten dienen (BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370, und vom 26.01.2012, a.a.O.; Beschluss vom 22.11.2012, a.a.O., auch zu Bedeutung und Reichweite von Anlassbeurteilungen; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.01.2010 - 4 S 2455/09 -, jeweils m.w.N.). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Ergibt sich danach kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied von Bewerbern, ist der Dienstherr verpflichtet, die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. der Frage nachzugehen, ob sich aus den jeweiligen Einzelfeststellungen Anhaltspunkte für einen Qualifikationsvorsprung bzw. für eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt gewinnen lassen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 4 S 1075/11 -, NVwZ-RR 2012, 73; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2012 - 1 B 214/12 -, Juris). Soweit auch danach nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Wesentlichen ein Qualifikationsgleichstand vorliegen sollte, sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Erkenntnisquellen zunächst frühere dienstliche Beurteilungen in den Blick zu nehmen. Auch hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig sind (BVerwG, Urteil vom 21.08.2003, a.a.O.). Frühere dienstliche Beurteilungen sind zwar nicht im Hinblick auf die (überholte) Feststellung eines in der Vergangenheit gegebenen Leistungsstands von Bedeutung; sie ermöglichen es aber, mit Blick auf den aktuellen Leistungsvergleich etwa die Leistungsentwicklung zu betrachten und die Kontinuität des Leistungsbilds der Bewerber einzuschätzen oder Rückschlüsse auf den aktuellen Leistungsstand und dessen künftige Entwicklung zu ziehen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten (BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398, vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397 und Beschlüsse vom 25.03.2010 - 1 WB 27.09 -, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 55, und vom 18.10.2007 - 1 WB 6.07 -, Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 9 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2011 - 4 S 353/11 -, Juris, und Beschluss vom 21.06.2011, a.a.O.). Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber im Wesentlichen gleich einzustufen sind, können Hilfskriterien wie die bisher ausgeübte Dienstaufgabe sowie das Dienst- und Lebensalter herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.05.2003 - 4 S 2224/01 -, IÖD 2003, 172, und Beschluss vom 21.06.2011, a.a.O.).
10 
2.6 Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, welche Bedeutung er den einzelnen (leistungsbezogenen) Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, kann als Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs gerichtlich nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt hat, ob er einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 05.09.2007 - 2 BvR 1855/07 -, NVwZ-RR 2008, 433, und vom 11.05.2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191; BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 und vom 04.11.2010, jeweils a.a.O.; Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83).
11 
3. Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin nicht gerecht. Fehler im Verfahrensablauf zum Nachteil des Antragstellers sind zwar weder vorgetragen noch ersichtlich (3.1). Inhaltlich hält die Auswahlentscheidung aber nach der auch im vorliegenden Eilverfahren gebotenen vertiefenden Überprüfung einer Nachprüfung nicht stand, da sie auf Grundlage einer rechtsfehlerhaften dienstlichen Beurteilung erfolgt ist (3.2) und sich die Entscheidung auch nicht aus den anderen, von der Antragsgegnerin hilfsweise angeführten Gründen als rechtmäßig erweist (3.3).
12 
3.1 Zuständig für die Ernennung eines Richters zum Vorsitzenden Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes ist nach Art. 60 Abs. 1 GG, § 46 DRiG, § 10 Abs. 1 BBG (entsprechend) der Bundespräsident, der diese Befugnis nach seiner Anordnung über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 23.06.2004 (BGBl. I S. 1286) auch nicht anderen Stellen insgesamt übertragen hat. Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Anordnung sind dem Bundespräsidenten in solchen Fällen Vorschläge von den zuständigen obersten Bundesbehörden einzureichen. Einzelheiten hierüber sind in den Durchführungsbestimmungen des Bundesministers des Innern zur Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 25.09.1969 (GMBl. S. 434, m.sp.Änd.) enthalten. Nach § 4 Abs. 1 dieser Durchführungsbestimmungen legen die obersten Bundesbehörden ihre Vorschläge dem Bundespräsidenten nach den Mustern der Anlage 2 ohne weiteres Anschreiben vor; die Personalakten sind auf Anfordern nachzureichen. Die erforderlichen Urkunden werden von den obersten Bundesbehörden bis auf das Datum vorbereitet. Sie sind durch den zuständigen Bundesminister, im Falle seiner Verhinderung durch den ihn vertretenden Bundesminister, mit dem Namen ohne weitere Zusätze gegenzuzeichnen. Dies ist erfolgt. Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs hat eine Stellungnahme i.S.d. § 57 DRiG abgegeben. Eine Beteiligung des Richterwahlausschusses nach Art. 95 Abs. 2 GG, § 125 Abs. 1 GVG in Verb. mit den Bestimmungen des Richterwahlgesetzes vom 25.08.1950 (BGBl. I. S. 368) war ebenso wie wohl die erfolgte, aber unschädliche Herbeiführung eines dem Vorschlag der Bundesjustizministerin zustimmenden Kabinettsbeschlusses nicht erforderlich (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -, a.a.O.). Ob die (lediglich interne) Ausschreibung des Amtes mit dem Schreiben des Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2012 - etwa auch mit ihrer Wendung nur an Richter und Richterinnen, die das 62. Lebensjahr noch nicht überschritten haben - den hieran zu stellenden Anforderungen entspricht, kann dahinstehen, da der Antragsteller am Auswahlverfahren beteiligt worden ist.
13 
3.2. Ausweislich des sich in den Besetzungsakten befindlichen Auswahlvermerks des Bundesministeriums der Justiz vom 19.07.2012 (zur Dokumentationspflicht für die wesentlichen Auswahlerwägungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178) werden nach der vorbereitenden Besetzungspraxis des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen des Anforderungsprofils für den Dienstposten eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin berücksichtigt:
14 
- Juristische Fachqualifikation,
- Breite der juristischen Kenntnisse in fachlich damit zusammenhängenden Gebieten einschließlich der Fähigkeit auch zur wissenschaftlichen Durchdringung von Rechtsproblemen,
- Zusammenarbeit im Senat und innerhalb des Gerichts unter besonderer Berücksichtigung von Führungsqualifikationen und Akzeptanz,
- Qualität der richterlichen Arbeit,
- Belastbarkeit, einschließlich Arbeitsmenge.
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Bei den obersten Bundesgerichten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und dem Bundespatentgericht bestehe jedoch aufgrund der teilweise sehr hohen Spezialisierung der einzelnen Senate die langjährige Praxis, eine Person für einen bestimmten Spruchkörper vorzuschlagen und dementsprechend ein „spezielles Anforderungsprofil“ für diese Vorsitzendenstelle zugrunde zu legen. Dies sei rechtlich dann möglich, wenn konkret absehbar sei, dass das Präsidium keine Umsetzung vornehmen, sondern die zu benennende Person tatsächlich diesem Spruchkörper zuweisen werde. Die Gerichtspräsident(inn)en teilten demgemäß in ihrem Besetzungsbericht immer mit, welche Entscheidung das – von ihnen vorher konsultierte - Präsidium treffen werde. In diesem Zusammenhang habe der Präsident des Bundesgerichtshofs mitgeteilt, dass der/dem neu zu ernennenden Vorsitzenden voraussichtlich wiederum der Vorsitz im 4. Strafsenat übertragen werde. Eine Besetzung aus dem Kreis der Vorsitzenden anderer Senate sei nicht in Aussicht genommen. Bei der Besetzungsentscheidung sei zunächst auf die allgemeine Qualifikation für das Amt eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin abzustellen. Ob die Bewerber/innen daneben auch das spezielle Anforderungsprofil für einen bestimmten zu besetzenden Senat erfüllten, spiele nach der Entscheidungspraxis des Bundesministeriums der Justiz dann eine Rolle, wenn Bewerber/innen aufgrund der dienstlichen Beurteilungen gleich bewertet seien oder gegebenenfalls auch, wenn einem Bewerber/einer Bewerberin spezifisch erforderliche Fachkenntnisse fehlten.
16 
Ausgehend hiervon beruht die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen auf zwei tragenden Erwägungssäulen. Zum einen wird darauf abgestellt, dass ausweislich der aktuell eingeholten dienstlichen Beurteilungen die Beigeladene mit der für ihre persönliche und fachliche Eignung für das Amt einer Vorsitzenden Richterin erhaltenen Bewertungsstufe „besonders geeignet“ im Vergleich zu dem Antragsteller und den anderen Bewerbern die allgemein an eine Vorsitzende Richterin/einen Vorsitzenden Richter zu stellenden Anforderungen am besten erfülle. Zum anderen würde selbst ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren des Antragstellers gegen seine dienstliche Beurteilung mit der Folge der Anhebung der Bewertungsstufe auf „besonders geeignet“ an dieser Einschätzung nichts ändern. Auch in diesem Fall wäre der Beigeladenen aus fachlichen Gründen der Vorzug vor dem Antragsteller zu geben. Sie sei fast sieben Jahre lang Mitglied im 4. Strafsenat gewesen, sodass ihr die Spezialmaterien des Senats, namentlich Revisionen in Verkehrsstrafsachen sowie Entscheidungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen noch geläufig seien. Dieser Umstand lasse eine nahtlose Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats erwarten. Außerdem wäre die Beigeladene wegen der Unterrepräsentanz von Frauen unter den Vorsitzenden beim BGH nach § 8 BGleiG bevorzugt zu berücksichtigen. Diese Erwägungen tragen eine fehlerfreie Auswahlentscheidung nicht.
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3.2.1 Die dem vorliegenden Auswahlverfahren zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012, die an die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 maßgeblich anknüpft und die deshalb nicht losgelöst von dieser betrachtet werden kann, bildet keine taugliche Auswahlgrundlage, da sie nach derzeitigem Sach- und Streitstand an rechtserheblichen Fehlern leidet.
18 
Im vorliegenden Besetzungsverfahren bezieht die Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 die Zeit nach dem 25.02.2011 in ihren Beurteilungszeitraum ein und knüpft im Übrigen an die Erwägungen der dienstlichen (Anlass-)Beurteilung vom 10.01.2012 an, die sie in ihre Begründung aufnimmt. Zwar geht die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012, wie im Widerspruchsbescheid vom 04.05.2012 ausdrücklich hervorgehoben wird, von einem Beurteilungszeitraum nur bis zum 25.02.2011 aus, was schon für sich genommen für die Zwecke des dortigen Besetzungsverfahrens fehlerhaft, weil zu verkürzt gewesen sein dürfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16/09 -, a.a.O.). Gleichwohl schafft die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012 im vorliegenden Besetzungsverfahren zusammen mit den übernommenen Erwägungen der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 einen nahtlosen Übergang zu der davor liegenden Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 16.03.2010.
19 
Sie bleibt aber in der Aussage zum getroffenen Gesamturteil,
20 
„Insgesamt halte ich …. für das Amt eines Vorsitzenden am Bundesgerichtshof aber nach wie vor für (noch) sehr gut geeignet.“,
21 
zu unbestimmt und letztlich widersprüchlich. Entsprechend ihrer Zweckbestimmung, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein, müssen dienstliche Beurteilungen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten oder Richters hinreichend bestimmt bewerten. Der beurteilte Beamte oder Richter muss nachvollziehen können, welchen Stellenwert der Dienstherr seiner beruflichen Leistung im Vergleich zu den Leistungen anderer vergleichbarer und beurteilter Beamter zumisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 A 7/07 -, Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2). Dies erfordert im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung eine exakte Beschreibung des gewonnenen Ergebnisses. Hierzu hat sich als Praxis für die Beurteilung der Richter des Bundesgerichtshofs aus Anlass der Bewerbung um ein Beförderungsamt die mögliche Vergabe von vier Bewertungsstufen, u.a. der zweithöchsten Bewertungsstufe „sehr gut geeignet“ und der höchsten Bewertungsstufe „besonders geeignet“ herausgebildet. Dies schließt nicht aus, und es ist für eine bessere Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen sogar sinnvoll, dass in der dienstlichen Beurteilung wertend, aber auch insoweit hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, in welchem Bereich der Bewertungsstufe sich das Gesamturteil bewegt, also etwa in dem Sinne, ob die Bewertungsstufe nur knapp erreicht wurde oder ob ihr Überschreiten demnächst zu erwarten ist. Diese sich daraus ergebenden Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit sind nicht erfüllt. Im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012, wie es in Form des Widerspruchsbescheids vom 04.05.2012 beschrieben ist, wurde dem Antragsteller unter Abweichung nach unten von dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 16.03.2010 („besonders geeignet“) ein uneingeschränktes „sehr gut geeignet“ bescheinigt. An dieses Gesamturteil will die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012 einerseits zwar anknüpfen („nach wie vor“), andererseits bleibt der nunmehr gewählte Zusatz „(noch)“ in mehrfacher Hinsicht unklar. Soll er zum Ausdruck bringen, dass bereits das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 sich im untersten Bereich von „sehr gut geeignet“ bewegte, so wäre dies nach Vorstehendem nicht nachvollziehbar. Soll er hingegen zum Ausdruck bringen, dass das neue Gesamturteil nunmehr dort angesiedelt werde, also inhaltlich eine weitere Herabstufung erfolgen solle, so stünde dies im unauflösbaren Widerspruch zur voran stehenden Formulierung „nach wie vor“. Bereits dieser Mangel dürfte zu einem Erfolg der Klage des Antragstellers im Verfahren 1 K 2228/12 führen.
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Abgesehen davon dürften beide (Anlass-)Beurteilungen trotz der gerichtlichen Hinweise im Beschluss vom 24.10.2011 (Az.: 4 K 2146/11) an erheblichen Defiziten in der Sachverhaltsermittlung und -darlegung sowie daraus folgend auch ihrer Nachvollziehbarkeit leiden.
23 
Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, dürfen die grundsätzlich für eine Bewerberauswahl maßgebenden Regelbeurteilungen (§ 46 DRiG in Verb. mit § 21 Satz 1 BBG, §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 48 BLV entsprechend) lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 30). Diese Grundsätze dürften entsprechend auch für das Verhältnis von Anlassbeurteilungen untereinander Anwendung finden, wenn - wie hier - eine regelmäßige Beurteilung nicht stattfindet.
24 
Kann - wie hier - der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den vollständigen Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Der Beurteiler darf von der Heranziehung dieser Erkenntnisquellen nicht deshalb absehen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Beamten zutreffend einzuschätzen. Zwar ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Auch Werturteile müssen auf nachvollziehbaren Feststellungen gegründet sein, die relevante Sachverhaltskomplexe oder Zeiträume nicht einfach ausblenden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 -, IÖD 2013, 2, mit weiteren Nachweisen aus seiner Rechtsprechung).
25 
Ausschlaggebender Grund, das Gesamturteil der Anlassbeurteilung vom 10.01.2012 und dem folgend der hier maßgebenden Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 von „besonders geeignet“ wie noch in den vorangegangenen Anlassbeurteilungen vom 16.03.2010 und vom 15.02.2008 auf „sehr gut geeignet“ herabzustufen bzw. das herabgestufte Gesamturteil beizubehalten, war ausweislich der hierfür in der Beurteilung vom 10.01.2012 gegebenen Begründung des beurteilenden Präsidenten des Bundesgerichtshofs allein seine geänderte Einschätzung der für eine erfolgreiche Wahrnehmung des Vorsitzendenamtes erforderlichen persönlichen Eigenschaften des Antragstellers, insbesondere mit Blick auf dessen soziale Kompetenz für einen Senatsvorsitz. So ist neben anderem etwa zusammenfassend ausgeführt: „Der Antragsteller, mit dem über Rechtsfragen zu diskutieren - auch streitig zu diskutieren - wegen seiner profunden Kenntnisse des Rechts und seiner intellektuellen Brillanz bereichernd sein kann, versteht es bedauerlicher Weise nicht in dem für die erfolgreiche Wahrnehmung des Vorsitzendenamtes erforderlichen Maße, dem Gegenüber klar zu machen, dass er ihn mit seiner abweichenden Sicht wirklich ernst nimmt. Er neigt dazu, andere seine intellektuelle Überlegenheit spüren zu lassen - etwa durch überheblich herablassende Äußerungen, durch eine unangebrachte Schärfe im Ton, durch unnötige spitze Anmerkungen, in Einzelfällen aber auch dadurch, dass er dem Gegenüber schlicht die Kompetenz abspricht. Kann er sich mit seiner Auffassung nicht durchsetzen, gelingt es ihm weniger als anderen, dies zu akzeptieren.“ Dies ergebe sich zu seiner Überzeugung aus der inzwischen mitgeteilten Sichtweise von Senatskollegen des Antragstellers und werde nach außen auch schon dadurch sichtbar und belegt, dass sich drei der früheren Mitglieder des Senats, wie sich ihm die Dinge seit dem Senatswechsel der dritten Kollegin darstellten, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller - zumal als Vorsitzendem - nicht vorstellen hätten können und vom Präsidium auf ihren – maßgeblich oder jedenfalls auch hierauf beruhenden – Wunsch anderen Senaten zugewiesen worden seien. Diese Umstände seien ihm bei der Abfassung der dienstlichen Beurteilungen vom 15.02.2008 und 16.03.2010 nicht bekannt gewesen. Außer vagen Gerüchten hätten ihm - anders als heute - damals keine belastbaren eigenen Erkenntnisse vorgelegen, die ihm durchgreifende Zweifel an den Beurteilungsbeiträgen der Senatsvorsitzenden hätten begründen können. Der positiven Einschätzung der Senatsvorsitzenden in ihren Beurteilungsbeiträgen aus den Jahren 2008-2010, die das Verhalten des Antragstellers und sein Ansehen im Senat nicht zutreffend wiedergeben würden, könne er sich deshalb aus heutiger Sicht nicht mehr anschließen. Diese in der Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 unverändert übernommene und gegenüber früheren Bewertungen erheblich geänderte Einschätzung persönlicher Charaktereigenschaften des Antragstellers ist auch durch die nunmehr hierfür gegebenen Begründungen nicht ausreichend nachvollziehbar gemacht.
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Bis zum 16.03.2010 wurde dem Antragsteller, der unstreitig alle übrigen Merkmale des nach der Besetzungspraxis insoweit lediglich beschreibenden Anforderungsprofils (vgl. zur Abgrenzung des konstitutiven vom beschreibenden Anforderungsprofil: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom Beschluss vom 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, VBlBW 2011, 193) in hervorragendem Maße erfüllt, in seinem Berufsleben durchgängig eine ausgeprägte und außergewöhnlich hohe soziale Kompetenz im kollegialen Umgang bescheinigt. So ist etwa schon in der dienstlichen Beurteilung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 20.10.1998 beispielhaft ausgeführt: „Professor Dr. F. ist eine selbstbewusste Persönlichkeit mit natürlicher Autorität. Neben seiner fachlichen Überlegenheit besticht er durch Bescheidenheit und Menschlichkeit. Dadurch gestaltet sich auch das Verhältnis zu weniger herausragenden Kollegen problemlos und freundlich. Aus seiner inneren Festigkeit heraus ist es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sich ergebnisoffen jeder sachlichen Diskussion zu stellen, Gegenargumente aufzunehmen und mit großer geistiger Beweglichkeit zutreffend zu gewichten. Erforderlichenfalls ist er ohne Empfindlichkeit bereit, den eigenen Standpunkt zu korrigieren.“ Übereinstimmendes findet sich während der Tätigkeit des Antragstellers als Richter am Bundesgerichtshof durchgängig in den von den jeweiligen Beurteilern ohne jeden Vorbehalt in dienstliche Beurteilungen aus Anlass von Bewerbungen des Antragstellers um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, zuletzt in die Anlassbeurteilung vom 16.03.2010, übernommenen Beurteilungsbeiträgen der damaligen Vorsitzenden des 2. Strafsenats. Diese hatte etwa in ihrem Beurteilungsbeitrag vom 04.01.2008, auf den sie in ihren Beurteilungsbeiträgen vom 12.02.2010 und vom 11.11.2010 vollinhaltlich verwiesen hat, ausgeführt: „Er genießt im Senat hohe Wertschätzung, und zwar nicht nur wegen seiner überragenden fachlichen Kompetenz, sondern auch wegen seiner Hilfsbereitschaft und seiner menschlichen Art im kollegialen Miteinander. In den Beratungen überzeugt er nicht nur durch wortgewandte und im höchsten Maße sachkundige Diskussionsbeiträge, sondern auch durch seine ausgeprägte Fähigkeit, zuhören zu können und auf die Argumente seines Gegenübers einzugehen.“ Diese Einschätzung hat sie in ihrem Schreiben an den Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 14.12.2010 nochmals ausdrücklich bestätigt. Zu all diesen in den wesentlichen Aussagen übereinstimmenden wertenden Beschreibungen steht die jetzige Bewertung dieser Eigenschaften des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 in geradezu diametralem Gegensatz. Die für eine solche - zudem unter Abweichung von dem Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden vom 11.10.2010 angenommene - Verschlechterung gegenüber den dienstlichen Beurteilungen vom 16.03.2010 und auch vom 15.02.2008 erforderliche eingehende und nachvollziehbare Begründung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, a.a.O. und Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 -, a.a.O.) bleiben die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 und ihr folgend vom 31.05.2012 nach jetziger Erkenntnislage jedoch schuldig.
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Nicht ausgeschlossen ist, dass derartige herausragende Befähigungen auch wieder in den Hintergrund treten oder ganz verloren gehen können, etwa dann, wenn durch dauernden persönlichen Erfolg und hohe fachliche Wertschätzung der eigenen Leistung die Neigung, sei es bewusst oder unbewusst, zunimmt, das Gewicht der eigenen Person zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Dies mag insbesondere auch der Fall sein können, wenn im kollegialen Umgang besondere persönliche Spannungen mit Kolleginnen und Kollegen bestehen, die diese naturgemäß anders wahrnehmen als hier der Antragsteller selbst oder auch seine Senatsvorsitzende, die mit der Zusammenarbeit des Antragstellers höchst zufrieden war. Um eine solche negative Entwicklung - und im vorliegenden Fall quasi aus heiterem Himmel - in einer dienstlichen Beurteilung entgegen früheren Einschätzungen annehmen zu können, bedarf es aber einer eingehenden Begründung unter Darlegung belastbarer Tatsachen. Der beurteilende Präsident des Bundesgerichtshofs gründet seine geänderte und in Abweichung von dem Beurteilungsbeitrag der damaligen Senatsvorsitzenden vorgenommene Einschätzung der Sozialkompetenz des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 im wesentlichen auf die unbestreitbare Tatsache, dass eine Senatskollegin und zwei Senatskollegen des Antragstellers den Senat verlassen haben, und im Übrigen - neben den Stellungnahmen des Antragstellers im Beurteilungsverfahren - auf neue Erkenntnisse, die er anlässlich eines Gesprächs mit der Senatskollegin im April/Mai 2010 zu ihrem Wechselwunsch sowie aus weiteren Sachverhaltsermittlungen, die er auf den Gerichtsbeschluss vom 24.10.2011 hin veranlasst habe, gewonnen habe. Die abweichende Einschätzung der damaligen Senatsvorsitzenden in ihren Beurteilungsbeiträgen und die gegenläufigen aktuellen Erklärungen anderer Kollegen habe er bei der Gesamtabwägung berücksichtigt. Die Ermittlungen seien durch weitere (vertrauliche) Gespräche und die Einholung von zum Teil schriftlichen Auskünften bei den aus dem Senat ausgeschiedenen und den beiden älteren im Senat verbliebenen Mitgliedern sowie weiteren namentlich nicht benannten Kolleginnen und Kollegen des Antragstellers erfolgt. Der genaue Inhalt der erhaltenen mündlichen oder schriftlichen Auskünfte und ihr jeweiliger Urheber, also der weiteren Beurteilungsbeiträge, ist trotz der Aufbewahrung der Unterlagen aber weder in der dienstlichen Beurteilung noch als sonstiger Bestandteil der Personalakte offen gelegt. Zur Unterstützung werden lediglich wenige, zum Teil viele Jahre zurückliegende konkrete Vorfälle genannt. Dies dürfte aber nach Vorstehendem ohne Offenlegung der erhaltenen Informationen, jedenfalls was ihre Tatsachengrundlagen und ihre Urheber betrifft, nicht ausreichend sein, um entgegen dem Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden vom 11.11.2010 einen gegenüber der dienstlichen Beurteilung vom 16.03.2010 derart erheblichen Befähigungsabfall in nachvollziehbarer Weise zu begründen, zumal der eine ausgeschiedene Senatskollege im Wettbewerb um den stellvertretenden Senatsvorsitz dem Antragsteller im Jahr 2008 unterlegen war und der andere als potentieller Konkurrent des Antragstellers um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, wie gerade das jetzige Besetzungsverfahren zeigt, anzusehen war. Dies schließt zwar ihre Beteiligung am Beurteilungsverfahren des Antragstellers nicht von vorneherein aus, erfordert aber eine besonders kritische Würdigung der von ihnen erhaltenen Informationen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 2 C 7/06 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27). Solche Erwägungen sind in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 und im Widerspruchsbescheid vom 04.05.2012 nicht angestellt. Ohne Kenntnis der konkret erhaltenen Informationen lässt sich seitens des Gerichts ebenso wenig feststellen, ob dies ausnahmsweise entbehrlich war, wie Umstände dazu, ob die insgesamt erhaltenen Informationen eine Abweichung von dem nach ständiger Beurteilungspraxis vorrangig einzuholenden und in erster Linie maßgebenden Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden im Rahmen der Beurteilungsermächtigung des Beurteilers rechtfertigen können.
28 
Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Verfahren maßgeblich darauf ankommt, wie sich die soziale Kompetenz des Antragstellers im beschriebenen Sinne aufgrund neuerer Erkenntnisse während des aktuellen Beurteilungszeitraums darstellt. Hierzu verhält sich die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012, die die Einschätzungen der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 insoweit unbesehen übernimmt, nicht in ausreichendem Maße. So geht sie insbesondere nicht näher darauf ein, dass auch der inzwischen ebenfalls in den Ruhestand getretene neue Senatsvorsitzende dem Antragsteller in seinem Beurteilungsbeitrag vom 10.05.2012 - den sich der Beurteiler „zu eigen“ machte - u.a. attestiert hatte, er verfüge über ein profundes Wissen und ein ausgezeichnetes Argumentationsgeschick, verschließe sich aber in den Beratungen auch Gegenargumenten nicht, ohne dass von einem „überheblichen“ oder gar „aggressiven“ Verhalten des Antragstellers auch nur ansatzweise die Rede ist. Dies hätte vor Erstellung der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 unter Heranziehung oder ggf. Verschaffung weiterer Erkenntnisse zumindest eine kritische Hinterfragung der in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 insoweit gewonnenen Einschätzung nahelegen müssen, insbesondere zumindest auch dazu, ob mit Blick auf unterschiedlich wahrgenommene Verhaltensweisen des Antragstellers eine Herabstufung um eine Bewertungsstufe gerechtfertigt gewesen ist und nicht vielmehr eine gewisse Differenzierung innerhalb der Bewertungsstufe „besonders geeignet“ ausreichend wäre. Dies ist nicht geschehen. So sind etwa die nach dem 25.02.2011, dem ausdrücklich erklärten Beginn des Beurteilungszeitraums der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012, im Verfahren 4 K 2146/11 vorgelegten und in eine ähnliche Richtung gehenden Versicherungen an Eides Statt mehrerer Senatskolleginnen und -kollegen des Antragstellers von August/September 2011 zu der Zusammenarbeit mit ihm auch und gerade in Zeiten, in der er den Senatsvorsitz vertretungsweise wahrnahm (01.02.2011 bis 31.12.2011), in der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 ebenso wie in dem Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 nicht einmal mehr erwähnt, geschweige denn zusammen mit dem Beurteilungsbeitrag des Senatsvorsitzenden vom 10.05.2012 wertend berücksichtigt.
29 
3.2.2 Die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012 erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als offensichtlich rechtmäßig. Zwar werden dem Antragsteller darin weitere Umstände vorgehalten, durch die der beurteilende Präsident des Bundesgerichtshofs „seine Zweifel an der besonderen persönlichen Eignung des Antragstellers“ für das Amt eines Vorsitzenden „bestätigt“ sieht. Es ist jedoch ungeachtet der Richtigkeit und Berechtigung dieser Vorhaltungen offen, ob alleine sie zur Herabstufung einer im Übrigen nach wie vor als bestehend erachteten besonderen Eignung des Antragstellers für das angestrebte Amt führen würden. Daher bedarf es im vorliegenden Verfahren auch keiner Entscheidung, ob mit Blick auf die erheblichen Defizite schon in der Sachverhaltsermittlung vor Erstellung der durch die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 ersetzten dienstlichen Beurteilung vom 08.12.2010 (vgl. dazu den Beschluss vom 24.10.2011 - 4 K 2146/11 -) und die Aufnahme umfangreicher, aber überflüssiger, weil ausdrücklich nicht berücksichtigter Erwägungen zu Lasten des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 Anhaltspunkte für eine tatsächliche Voreingenommenheit des beurteilenden Präsidenten des Bundesgerichtshofs bestehen (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 23.04.1998 - 2 C 16/97 -, BVerwGE 106, 318 = IÖD 1999, 2; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.06.2012 - 4 S 472/12 -, a.a.O.).
30 
3.3 Spricht danach nach derzeitigem Erkenntnisstand vieles dafür, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012 im Verfahren 1 K 2228/12 keinen Bestand haben und eine Neubeurteilung erforderlich werden wird, ist auch der Ausgang des vorliegenden Besetzungsverfahrens als offen anzusehen. Zwar hat die Antragsgegnerin bei ihren Auswahlerwägungen in Rechnung gestellt, dass der (erstmals) im Gesamturteil ihrer dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 ebenfalls mit „besonders geeignet“ beurteilten Beigeladenen auch dann der Vorzug zu geben sei, wenn der Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren letztlich ein Gesamturteil „besonders geeignet“, mithin einen Beurteilungsgleichstand erstreiten könnte. Sie hat hierbei auf – nicht vom allgemeinen Anforderungsprofil umfasste – umfangreichere Erfahrungen der Beigeladenen im Verkehrsstrafrecht sowie bei Entscheidungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen wegen ihrer langjährigen Tätigkeit im 4. Strafsenat und die Kriterien des § 8 BGleiG verwiesen. Sie hat dabei jedoch übersehen, dass vor einem Rückgriff auf solche Hilfskriterien erst frühere Beurteilungen zusätzlich zu der aktuellen dienstlichen Beurteilung heranzuziehen sind, die dann eine länger andauernde positive Leistungsentwicklung des Antragstellers nahe legen könnten. Darauf, ob die Beigeladene das so genannte „spezielle Anforderungsprofil“, das allenfalls im Sinne eines Hilfskriteriums bei Beurteilungsgleichstand in jeder Beziehung verstanden werden kann, besser erfüllt als der Antragsteller, kommt es danach nicht mehr an, abgesehen davon, dass das für eine Senatszuweisung allein zuständige und zum Zeitpunkt der Entscheidung aktuelle Präsidium des Bundesgerichtshofs dem im vorliegenden Besetzungsverfahren erfolgreichen Bewerber auch den Vorsitz des 2. Strafsenats übertragen könnte.
31 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 2. Juli 2014 wird der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.195,62 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

2

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf die in der Zentralstelle für Polizeitechnik in Mainz zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 ausgeschriebene Stelle der Besoldungsgruppe A 11 Landesbesoldungsordnung - LBesO - sichern will, kann nicht stattgegeben werden. Denn er hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

3

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Stellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt.

4

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG haben Bewerber um eine Beförderungsstelle einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 V 1.13 -, BVerwGE 147, 20; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13.OVG -, IÖD 2014, 42; m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht die mit dem Eilverfahren vom Antragsteller angefochtene Bewerberauswahl.

5

Ausweislich des Besetzungsvorgangs (dort Bl. 40) ist der Antragsgegner den Vorgaben der ständigen verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nachgekommen, weil er die ausgeschriebene Beförderungsstelle auf der Grundlage der Ergebnisse der letzten jeweils heranziehbaren dienstlichen Beurteilungen der Beamten vergeben hat. Danach ist die Beförderungsentscheidung zugunsten des Beigeladenen erfolgt, weil dieser in seiner letzten dienstlichen Beurteilung bei gleichem Leistungs-Gesamtergebnis („B“ = Übertrifft die Anforderungen) in einem Leistungshauptmerkmal und mehreren sog. Leistungssubmerkmalen die Höchstnote („A“ = Übertrifft die Anforderungen erheblich) erzielt hat. Demgegenüber kann der Antragsteller seine Beförderung mit seiner dienstlichen Beurteilung, die in allen Leistungs- und Leistungssubmerkmalen lediglich die zweithöchste Note erhielt, nicht beanspruchen. Die danach erfolgte Auswahl des erfolgreichen Bewerbers, die unter Zugrundlegung einer arithmetischen Umrechnung beim Beigeladenen auf 1,852 und beim Antragsteller auf 1,9182 endete, steht mit dem Leistungsgrundsatz in Einklang.

6

Der danach bestehende Vorrang des Beigeladenen wird durch die vom Antragsteller geltend gemachten Einwendungen gegen seine letzte dienstliche Beurteilung nicht in Frage gestellt.

7

Gegenstand des vorliegenden Konkurrentenstreitverfahrens ist die vorläufige Verhinderung der Beförderung der Beigeladenen, nicht dagegen die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers. Diese wird lediglich inzident, das heißt innerhalb der rechtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung (mit)geprüft. Wie bereits die Vorinstanz zutreffend hervorgehoben hat, entspricht es insofern der ständigen Rechtsprechung des Senats, in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren nur solche Beurteilungsfehler als durchgreifend anzusehen, die – erstens – offensichtlich sind und die – zweitens – erkennbar Auswirkungen auf die in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren zu überprüfende Bewerberauswahl haben (vgl. Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). An beiden Voraussetzungen mangelt es hier.

8

Der Zweitbeurteiler hat seine gegenüber dem Votum des Erstbeurteilers sowohl in der Gesamtbewertung als auch in Einzelmerkmalen abweichende Einschätzung der dienstlichen Leistungen des Antragstellers in Einklang mit den zu beachtenden Vorgaben getroffen und sie insbesondere hinreichend nachvollziehbar begründet.

9

Nach Nr. 5.2.3 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsvorschrift über die Beurteilung im Bereich der Polizei vom 15. Oktober 2005 (MinBl. S. 314 – im Folgenden: BeurteilungsVV) ist der Zweitbeurteiler verpflichtet, vor Erstellung der Beurteilungen gemeinsam mit den Erstbeurteilern allgemeine Beurteilungsfragen zu erörtern. Ziel dieses Gespräches ist es, den Erstbeurteilern den für die Beurteilungen vorgegebenen Maßstab zu verdeutlichen und auf eine einheitliche Anwendung hinzuwirken (vgl. Nr. 5.2.3 Abs. 1 Satz 2 BeurteilungsVV). Gemäß Nr. 5.2.3 Abs. 3 Satz 2 BeurteilungsVV ist der Zweitbeurteiler zudem berechtigt (und verpflichtet) vom Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers abzuweichen, wenn er dies etwa zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte oder aufgrund eigener Erkenntnisse zum Leistungs- und Befähigungspotenzial des zu Beurteilenden für angezeigt hält. Zuvor sind die beabsichtigten Abweichungen mit dem Erstbeurteiler nach Nr. 5.2.3 Abs. 3 Satz 3 BeurteilungsVV zu erörtern. Im Übrigen verlangt Nr. 5.2.3 Abs. 3 Satz 4 BeurteilungsVV vom Zweitbeurteiler, Abweichungen von den Bewertungen des Erstbeurteilers zu begründen. Schließlich gehen die Bewertungen des Zweitbeurteilers gemäß Nr. 5.2.3 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BeurteilungsVV denen des Erstbeurteilers vor. Den vorgenannten Anforderungen der BeurteilungsVV wird die über den Antragsteller erstellte Zweitbeurteilung gerecht. Insbesondere hat der Zweitbeurteiler seine gegenüber dem Votum des Erstbeurteilers sowohl in der Gesamtbewertung als auch in Einzelmerkmalen abweichende Einschätzung der dienstlichen Leistungen des Antragstellers hinreichend plausibel begründet.

10

Die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung der Zweitbeurteilung orientieren sich an der sich aus Nr. 5.2.3 Abs. 3 Satz 1 BeurteilungsVV ergebenden Verantwortlichkeit des Zweitbeurteilers für die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe. Demnach muss die Begründung deutlich machen, dass die Zweitbeurteilung inhaltlich folgerichtig ist, ein gerechter Quervergleich stattgefunden hat und die Abweichungen von der Erstbeurteilung hierauf beruhen.

11

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ist die Begründung der Zweitbeurteilung des Antragstellers nicht zu beanstanden. Danach hat sich der Zweitbeurteiler bei seiner Bewertung auf eigene Erkenntnisse zum Leistungs- und Befähigungspotential sowie zur „Schwierigkeit“ des vom Antragsteller wahrgenommenen Dienstpostens gestützt. Auf dieser Grundlage hat er einen einheitlichen Maßstab auf die zur Beurteilung anstehenden Bewerber für die Beförderungsstelle in der Zentralstelle für Polizeitechnik angewandt. Damit kann der Antragsteller die Begründung des Zweitbeurteilers hinreichend nachvollziehen, zumal der Antragsgegner bei einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung der Beurteilung auf inhaltliche Einwände des Antragstellers mit ergänzenden Erläuterungen reagieren kann. In einem solchen Beurteilungsrechtsstreit kann dann ggf. der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfang die verbalen Erläuterungen des Erstbeurteilers, die dieser zur Begründung seiner „Spitzennoten“ für einzelne Leistungs- und Befähigungsmerkmale („A“ bzw. „I“) gegeben hat, aus Sicht des Zweitbeurteilers Bestand haben können. Offensichtlich fehlerhaft im Sinne der oben dargestellten Grundsätze ist die – wie dargelegt im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nur inzident zu überprüfende – dienstliche Beurteilung deswegen nicht.

12

Herabsetzungen erfolgten durch den Zweitbeurteiler in den Leistungssubmerkmalen 1.2 („Initiative und Selbständigkeit“), 1.3 („Ausdauer und Belastbarkeit“), 2.2 („Leistungsumfang“), 3.1 („Kooperation und Teamarbeit“) und 3.2 (Verhalten gegenüber Vorgesetzten). Aufgrund der Abänderungen in den vorgenannten Leistungssubmerkmalen setzte der Zweitbeurteiler – folgerichtig – das Leistungshauptmerkmal „Leitbildorientiertes Sozialverhalten von „A“ auf „B“ und sodann – wiederum folgerichtig – auch die Gesamtbewertung der Leistungen des Antragstellers von „A“ auf „B“ herab. In den Befähigungsmerkmalen 1. 2 („Auffassungsgabe; Denk- und Urteilsvermögen“) und 1.10 („Kooperation und Teamarbeit“) erfolgten Änderungen jeweils von der höchsten auf die zweithöchste Bewertungsstufe.

13

Die zu diesen Änderungen vom Zweitbeurteiler in der ursprünglichen Beurteilung vom 19. März 2014 gegebene Begründung, dies geschehe „zur Einhaltung eines einheitlichen Maßstabs“, ist bereits für sich gesehen tragfähig. Sie genügt den Plausibilisierungserfordernissen, die bei der Herabsetzung von Einzelnoten vom Zweitbeurteiler überhaupt nur verlangt werden können. Hierbei ist zu beachten, dass der Zweitbeurteiler in aller Regel die Leistungen der zu beurteilenden Beamten über einen längeren Zeitraum während des Beurteilungszeitraums nicht aus eigener Anschauung kennt. Eine derartige persönliche Kenntnis kann allenfalls im Einzelfall und nur dann gegeben sein, wenn der zu beurteilende Beamte zufälligerweise in der Organisationseinheit des Zweitbeurteilers (etwa im Leitungsbereich einer Polizeidirektion) tätig ist. Die Regel ist das jedoch nicht. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle verrichten Polizeibeamte ihren Dienst vielmehr in nachgeordneten Organisationseinheiten (vornehmlich in Polizei- und Kriminalinspektionen). Da die Ebene des Zweitbeurteilers aber auf der Direktionsebene angesiedelt ist (vgl. Nr. 4.3 BeurteilungsVV), ist es regelmäßig nicht gewährleistet, dass der dortige höhere Dienstvorgesetzte die Leistung eines in einer Dienstgruppe innerhalb einer Polizeiinspektion eingesetzten Beamten aus persönlicher Anschauung in einem tragfähigen Umfang kennt. Würde der Zweitbeurteiler seine vom Votum des Erstbeurteilers abweichenden Bewertungen in gleichem Maße mit tatsächlichen Vorkommnissen und eigenen Erkenntnissen begründen müssen, liefe seine Abänderungsbefugnis im Ergebnis leer.

14

Unabhängig von diesen grundsätzlichen Erwägungen hat der Zweitbeurteiler jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Herabsenkungen der Einzelmerkmale in der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung des Antragstellers im Einzelnen aufgeführt und für den Senat plausibel gemacht. Den detailliert begründeten Änderungen ist der Antragsteller nicht mit der gebotenen Deutlichkeit und der erforderlichen inhaltlichen Substanz entgegen getreten. Deshalb legt sie auch der Senat als plausible Erklärungen für die Herabsetzungen der Noten zugrunde.

15

So hat der Zweitbeurteiler das Leistungssubmerkmal 1.2 („Initiative und Selbständigkeit“) von der höchstmöglichen Bewertungsstufe „A“ auf die Bewertungsstufe „B“ korrigiert, da der Antragsteller, so der Zweitbeurteiler, mit unkonventionellen Mitteln zwar gute Erfolge erzielt, diese jedoch in einzelnen Fällen nicht mit der fachlich zuständigen Abteilung abstimmt habe. Auch eine nur in Einzelfällen fehlende Abstimmung verhindere eine Einstufung in die höchste Leistungsstufe. Diese Einstufung entspreche damit im Übrigen (mit einer Ausnahme) den Einstufungen der Vergleichsgruppe in der Zentralstelle für Polizeitechnik.

16

Zu der Bewertungsziffer 1.3 („Ausdauer und Belastbarkeit“) hat der Zweitbeurteiler das Merkmal von „A“ nach „B“ korrigiert, weil der Antragsteller zwar Mehrbelastungen unter Zurückstellung auch persönlicher Interessen gut bewältige, jedoch bei starker Belastung und emotionaler Betroffenheit nicht immer gelassen agiere. Damit rufe er auch Widerspruch hervor. Der Zweitbeurteiler wertet dies abweichend von der Einschätzung des Erstbeurteilers als Kennzeichen einer stressbedingten Reaktion, was einer Einstufung in die höchste Bewertungsstufe entgegenstehe. Innerhalb der Vergleichsgruppe seien hier keine signifikanten Unterschiede festzustellen.

17

In der Leistungsziffer 2.2 („Leistungsumfang“) korrigiert der Zweitbeurteiler das Merkmal von „A“ nach „B“, weil der Antragsteller zwar durchaus schwierige Aufgaben auch bei kurzfristigen Terminen gut bewältige, jedoch nicht immer die über die konkrete Problemstellung hinausgehenden Details berücksichtige. Dies habe in Einzelfällen zu Nachfragen und Kritik von anderen Stellen geführt. Die Einstufung bewege sich damit wiederum auf dem Niveau der Vergleichsgruppe. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufgabenpakete in den jeweiligen Dezernaten und damit auch den unterschiedlichen Merkmalen für einen großen Leistungsumfang sei die Gewichtung des Erstbeurteilers auf ein gleiches Niveau zu korrigieren.

18

Zu der Leistungsziffer 3.1 („Kooperation und Teamarbeit“) wird das Merkmal von „A“ nach „B“ korrigiert, weil der Antragsteller aufgrund seines großen fachlichen Wissens und seiner umfassenden Erfahrung zwar geschätzt werde, in dem Kontakt mit den IT-Fachdezernaten es jedoch von Zeit zu Zeit zu Spannungen komme, die auch schon zu Beschwerden des zuständigen Abteilungsleiters beim Zweitbeurteiler geführt hätten. Aufgrund der Bedeutung der Kooperation und der Teamarbeit innerhalb des komplexen und dynamischen technischen Umfeldes in der Zentralstelle für Polizeitechnik sei die Einschätzung des Erstbeurteilers deshalb zu korrigieren. Innerhalb der Vergleichsgruppe stelle die Bewertung „B“ den höchsten vergebenen Beurteilungswert aller Beamten, die vom Zweitbeurteiler beurteilt worden sind, dar.

19

Zu der Leistungsziffer 3.2 („Verhalten gegenüber Vorgesetzten“) korrigiert der Zweitbeurteiler das Merkmal von der höchsten auf die zweithöchste Stufe, weil der Antragsteller im Rahmen des kooperativen Führungssystems zwar eine konstruktive und positive Mitarbeit zeige, in schwierigen Situationen jedoch zu emotionalen Reaktionen neige. Dies lasse eine Einstufung in das höchste Leistungsmerkmal nicht zu. Abweichend von der Bewertung dieses Merkmals durch den Erstbeurteiler korrigiert der Zweitbeurteiler deshalb die Bewertung auf das Niveau der Vergleichsgruppe.

20

Zu der Ziffer 3 der Leistungsbeurteilung („Leitbildorientiertes Sozialverhaltens“) hat der Zweitbeurteiler aufgrund der in mehreren Submerkmalen vorgenommenen Korrekturen der Leistungsnoten von der höchsten auf die zweithöchste Bewertungsstufe auch das entsprechende Leistungshauptmerkmal von der höchsten auf die zweithöchste Beurteilungsnote geändert. Hieraus ergibt sich nach der Auffassung des Zweitbeurteilers, dass auch die Gesamtbewertung der Leistungen nunmehr geändert werden müsse. Auf der Basis der durch den Zweitbeurteiler vorgenommenen Anpassung der Bewertung der Beurteilungsmerkmale ergebe sich nunmehr eine Gesamtbewertung in Form der zweithöchsten Bewertungsstufe „B“. In der Gesamtschau wird damit eine an einheitlichen Maßstäben ausgerichtete und über die verschiedenen Aufgabenbereiche realistische Bewertung aller Bewerber sichergestellt.

21

In der Befähigungsbeurteilung korrigiert der Zweitbeurteiler die Ziffer 1.2 („Auffassungsgabe; Denk- und Urteilsvermögen“) gleichfalls auf die zweithöchste Bewertungsstufe, weil der Antragsteller zwar über eine gute Fähigkeit zur Erfassung und Analyse auch von komplexen technischen Problemstellungen verfüge, innerhalb des Aufgabengebietes „System- und Anwenderbetreuung“ die Erfassung und Bewertung von komplexen Fehlerbildern jedoch die Kernaufgabe beinhalte. Abweichend von der Einschätzung des Erstbeurteilers bewertet der Zweitbeurteiler diese Fähigkeit in Bezug auf das wahrgenommene Aufgabengebiet lediglich als „stark“. Dies lasse aber nur eine Einordnung in den Ausprägungsgrad „II“ zu. Im Kontext der Vergleichsgruppe und der jeweils dort wahrgenommenen Aufgaben werde die Befähigung anderer Bewerber vom Zweitbeurteiler höher eingeschätzt.

22

Schließlich korrigiert der Zweitbeurteiler die Bewertung zu Ziffer 1.10 („Kooperation und Teamarbeit“) gleichfalls von der höchsten auf die zweithöchste Bewertungsstufe, weil er auf der Basis der Erfahrungen und Rückmeldungen zur Kooperation mit anderen Abteilungen ein besonderes Augenmerk auf die Kooperation mit anderen Verantwortungsbereichen lege. Hiervon ausgehend sei im Kontext der Vergleichsgruppe die Ausprägung des Antragstellers als „stark“ anzusehen. Dieser liege mit dieser Ausprägung im mittleren Bereich der Vergleichsgruppe.

23

Mit diesen detaillierten Ausführungen hat der Zweitbeurteiler seine eigenen Bewertungen derart plausibel und nachvollziehbar gemacht, dass die Abweichung von dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers rechtlich tragfähig ist. Seine Ausführungen entsprechen den eingangs genannten Begründungserfordernissen vollauf. Sie machen deutlich, dass er einen gerechten Quervergleich vorgenommen hat und die Abweichungen hierauf beruhen. Zudem lassen sie die Absenkung der Beurteilung als inhaltlich folgerichtig erscheinen. Einen Widerspruch zwischen der Begründung in der dienstlichen Beurteilung und der ergänzenden Stellungnahme des Zweitbeurteilers vermag der Senat nicht zu erkennen.

24

Der Zweitbeurteiler war auch nicht gehindert, diese Ausführungen noch im Beschwerdeverfahren vorzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass die Wahrung des Beurteilungsmaßstabs – mit welchem der Zweitbeurteiler die von ihm vorgenommene Absenkung in der dienstlichen Beurteilung begründet hat – keine eigenständige Beurteilungskategorie bildet. Die Begründung einer dienstlichen Beurteilung muss vielmehr stets einzelfallbezogen sein, auch wenn sie ihre abschließende Fassung – wie hier – zur Wahrung einheitlicher Maßstäbe erhalten hat. Auch in diesem Fall geht es allein um die Leistung, Eignung und Befähigung des betroffenen Beamten, die an dem einheitlichen Beurteilungsmaßstab zu messen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 - 2 B 44.04 -, juris).

25

Die einzelfallbezogenen Erläuterungen in der Stellungnahme vom 22. Juli 2014 stellen sich danach als folgerichtige Erläuterung des allgemein gebliebenen, auf den Beurteilungsmaßstab abstellenden Werturteils des Zweitbeurteilers in der ursprünglichen Beurteilung dar. Der Zweitbeurteiler geht in der Stellungnahme vom 22. Juli 2014 im Einzelnen auf die Leistungen des Antragstellers ein und legt näher dar, warum diese – im Hinblick auf den anzuwendenden Beurteilungsmaßstab – nicht als die Anforderungen „erheblich“ übertreffend bzw. als „stark ausgeprägt“ zu bewerten sind.

26

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Ausführungen des Zweitbeurteilers aus der Stellungnahme vom 22. Juli 2014 im vorliegenden Zusammenhang – also bei der Prüfung, ob die Absenkung der Beurteilung ausreichend begründet ist – auch zu berücksichtigen. Eine Beurteilung erhält ihre endgültige, der gerichtlichen Kontrolle unterliegende Fassung regelmäßig erst durch den Widerspruchsbescheid. Ihre Begründung kann daher sowohl im Abänderungs- als auch im Widerspruchsverfahren nachgeholt, abgeändert oder ergänzt werden (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 2. November 2009 - 2 B 10863/09.OVG - und vom 7. September 2010 - 2 B 10817/10.OVG -, beide veröffentlicht in ESOVGRP). Auch im gerichtlichen Verfahren können Begründungserwägungen noch nachgeschoben werden, dort allerdings nur innerhalb der Grenzen des § 114 Satz 2 VwGO. Die Stellungnahme des Zweitbeurteilers war daher im Rahmen der vorliegenden Prüfung zu berücksichtigen.

27

Auch die Auswahlentscheidung des Antragsgegners hat die Sach- und Rechtslage nicht in dem Sinne „fixiert“, dass eine Berücksichtigung der zusätzlichen Erwägungen des Zweitbeurteilers aus der Stellungnahme vom 22. Juli 2014 im vorliegenden Eilverfahren ausgeschlossen wäre. Nach Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG müssen zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nur die wesentlichen Auswahlerwägungen bereits schriftlich niedergelegt sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Mai 2008 - 2 B 10335/08.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Zu diesen wesentlichen Auswahlerwägungen zählen hier allenfalls die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen über die Bewerber und die sich hieraus ergebende Beförderungsreihung, nicht aber die weiteren Erläuterungen des Zweitbeurteilers zur Beurteilung des Antragstellers.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht nicht der Billigkeit, weil dieser im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich somit selbst im Fall des Unterliegens keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

29

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser neuen kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13 -, IÖD 2014, 42).

Gründe

1

Der vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin, mit welchem sie, wie erkannt, beantragt hat, die beabsichtigte Ernennung und Beförderung der Beigeladenen gerichtlich zu untersagen, ist zulässig und begründet.

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung eines bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

3

Bei einem so genannten Konkurrentenstreitverfahren der vorliegenden Art ist die notwendige Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) für den Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund der bevorstehenden und nicht rückgängig zu machenden Ernennung eines Konkurrenten stets gegeben. Der erforderliche Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf erneute Entscheidung über die Bewerbung ist zumindest dann gegeben, wenn die Erfolgsaussichten des abgelehnten Bewerbers bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. nur: BVerfG, Beschl. v. 13.01.2010, 2 BvR 811/09, Beschl. v. 24.09.2002, 2 BvR 857/02; BVerwG, Beschl. v. 20.01.2004, 2 VR 3.03; OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009, 1 M 52/09; alle juris).

4

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur: Urt. v. 21.08.2003, 2 C 14.02; juris) entspricht es dem bei der Beförderung nach Art. 33 Abs. 2 GG zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dementsprechend hat der Dienstherr auf ein regelmäßiges und aktuelles Beurteilungswesen zu achten. Soweit die Beurteilungen von verschiedenen Beurteilern oder aus verschiedenen Behörden oder Dienststellen stammen, ist stets zu prüfen, ob das den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im Übrigen einem Vergleich unterzogen werden können (vgl. nur: OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009, 1 M 52/09; juris). Der Bewerber ist dementsprechend in seinem Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen beruht (vgl. nur OVG LSA, Beschl. v. 28.11.2006, 1 M 216/06; juris). Der unterliegende Bewerber kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen. Der Fehler kann daher sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des Beamten als auch in derjenigen des erfolgreichen Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen (vgl. nur: BVerfG, Beschl. v. 02.10.2007, 2 BvR 2457/04; juris). Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden (so ausdrücklich: BVerwG, Beschl. v. 20.01.2004, 2 VR 3.03; OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009, 1 M 52/09; beide juris).

5

Da die Auswahlentscheidung bei der Beförderung den Grundsatz der Bestenauslese zu beachten hat und zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist, dürfen der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen, also solche, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein wesentlicher Vorsprung von Bewerbern ergibt (BVerwG, Urt. v. 17.08.2005, 2 C 36.; OVG LSA, Beschl. v. 07.12.2009, 1 M 84/09; juris).

6

Ob ein deutlicher oder aber nur ein geringfügiger Leistungsunterschied im Vergleich der Bewerber vorliegt und damit sonstige Auswahlkriterien zum Zuge kommen können, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind zum einen die jeweiligen dienstlichen Beurteilungen und der sonstige Personalakteninhalt in dem Blick zu nehmen. Zum anderen sind - soweit definiert - ein Anforderungsprofil für die zu besetzenden Stelle und auch weitere Kriterien wie insbesondere Fachkenntnisse oder eine bereits erworbene Funktionserfahrung für das angestrebte Amt zu berücksichtigen (OVG LSA, ständige Rechtsprechung; zuletzt Beschl. v. 07.12.2009, 1 M 84/09; juris).

7

Insbesondere bei gleichlautenden Gesamturteilen der Bewerber muss der Dienstherr eine sogenannte „Binnendifferenzierung“ oder „Ausschärfung“ der Beurteilung vornehmen, um dem Leistungsprinzip gerecht zu werden. Denn der Vergleich der letzten aktuellen dienstlichen Beurteilung zwischen den Bewerbern erschließt sich nicht lediglich in der Gesamtbewertung. Sie ist zugleich auch durch ihren Inhalt, namentlich durch Art und Umfang ihrer eignungs- und leistungsrelevanten Aussagen gekennzeichnet (OVG LSA, Beschl. v. 07.12.2009, 1 M 84/09; juris).

8

Gemessen daran ist die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen zumindest verfahrensfehlerhaft und damit rechtswidrig erfolgt. Denn die der Antragstellerin unter dem 28.09./23.11.2009 erstellte und der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 01.07.2006 bis 30.06.2009 leidet an auf das Auswahlverfahren durchschlagenden Verfahrensfehlern. Die umfassende Abänderung der von der Erstbeurteilerin, MR´in … vorgenommenen Bewertung durch den Zweitbeurteiler, MR …, ist verfahrensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Denn die durch den Zweitbeurteiler erfolgten Absenkungen in ausgewählten Einzelmerkmalen und damit auch hinsichtlich der Gesamtbewertung der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung sind – zumindest teilweise – nicht nachvollziehbar und leiden an Begründungsmängeln.

9

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gerichts und der Oberverwaltungsgerichts des Landes, dass Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung hinsichtlich ihrer textlichen Ausführungen hinreichend begründet und nachvollziehbar sein müssen und dies auch und insbesondere bei der Abänderung durch den Zweitbeurteiler gilt (vgl. nur: OVG LSA, Beschl. v. 26.08.2009, 1 M 52/09; VG Magdeburg, Urteil vom 18.07.2006, 5 A 66/06 MD; Urteil vom 23.10.2007, 5 A 62/07 MD; Urteil vom 02.07.2009, 5 A 267/08 MD, Beschl. v. 03.12.2008, 5 B 318/08 MD, Beschl. v. 08.04.2009, 5 B 358/08 MD; jeweils m. w. N.; alle juris). Dies bereits deswegen, um dem Beamten und dem zur Überprüfung der Beurteilung berufenen Gericht diese Überprüfung und Nachvollziehbarkeit der dienstlichen Beurteilung zu ermöglichen.

10

Der Begründungsnotwendigkeit wird der Beurteiler durch die Verwendung rein formelhafter Wendungen nicht gerecht. Vielmehr müssen je nach Beurteilung im Einzelfall, die Gründe und Argumente und damit der logische Gedankengang, der zu der Benotung geführt hat, erkennbar sein. Denn entscheidend ist nicht nur die Vergabe des „Kreuzchen“, sondern auch die dazu gegebene textliche Begründung. Beides bildet eine Einheit. Nur so wird dem durch den Beurteilungsspielraum bereits eingeschränkten Anspruch des Beamten auf effektiven Rechtsschutz genüge getan. Demnach muss auch das Gesamtergebnis die Bewertung der Einzelmerkmale tragen und hierzu je nach Einzelfall nähere Ausführungen machen. Dazu muss der Beurteiler auf bestimmte Vorkommnisse, Arbeitsergebnisse und sonstige Erkenntnisquellen zurückgreifen, um dadurch seinen Erkenntniswert schlüssig darzulegen (vgl. zusammenfassend: VG Magdeburg, Beschl. v. 08.04.2009, 5 B 358/08 MD m. w. N.; juris). Der Zwang zur Begründung doll den Beurteiler gerade auffordern, die von ihm gebildeten Werturteile zum Leistungsbild des Beamten hinreichend nachvollziehbar für den Beamten aber auch für Dritte und die zur Überprüfung der Beurteilung berufenen Gerichte nachvollziehbar darstellen. Letztendlich dienst der Begründungszwang auch dazu, dass der Beurteiler selbst seine subjektive Beurteilungseindrücke prüft und in Worte kleiden – eben begründen – kann.

11

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 11.12.2008 (2 A 7.07; juris) auch für den Zweitbeurteiler die Notwendigkeit der eigenen tragfähigen und konkreten verbalen Beurteilungsbegründung herausgestellt. Danach macht es die bestehende Möglichkeit des Zweitbeurteilers, das Votum des Erstbeurteilers durch die Zweitbeurteilung vollständig oder teilweise zu ersetzten, um sie einem strengen Maßstab anzupassen, besonders erforderlich, an die Zweitbeurteilung dieselben Maßstäbe anzulegen wie an die Erstbeurteilung. Will der Zweitbeurteiler das Votum des Erstbeurteilers nicht vollständig ersetzten, sondern lediglich verändern, muss er diese Veränderungen im Einzelnen nachvollziehbar begründen. Er muss dafür Sorge tragen, das die Zweitbeurteilung und die Reste der Erstbeurteilung zusammen passen. Dem entspricht die streitige Beurteilung nicht.

12

Vorliegend fällt der Mangel der hinreichenden Begründung ganz augenscheinlich zu dem Einzelmerkmal 3.4 (Bereitschaft zur Teamarbeit) auf. Dort hat die Erstbeurteilerin die Antragstellerin mit der Note „B“ (übertrifft die Leistungsanforderungen erheblich) bewertet und dies schriftlich mit den Ausführungen begründet:

13

„Frau A. hat sich in vorbildlicher Weise in das Team des Referates integriert. Ihr Verhalten sowohl gegenüber der BSB als auch gegenüber ihrer Vorgesetzen ist tadellos und geprägt von Kooperativität und Verantwortungsbewusstsein. Gleiches gilt uneingeschränkt im Übrigen auch innerhalb und außerhalb des MLV.“

14

Der Zweitbeurteiler hat die Bewertung dieses Einzelmerkmals um zwei Stufen auf die durchschnittliche Bewertung „D“ (entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht) abgesenkt und dazu ausgeführt:

15

„Frau A. ist in persönlicher Hinsicht sehr sachlich, ausgeglichen und aufgeschlossen. Die Bewertung mit „D“ erfolgt unter Heranziehung des Beurteilungsbeitrages.“

16

Der unter dem 20.07.2009 abgegebene Beurteilungsbeitrag des vom 01.07.2006 bis 18.01.2009 zuständigen Erstbeurteilers, MR J., enthält zu diesem Einzelmerkmal 3.4 keine Begründung und bewertet die Leistungen der Antragstellerin ohne Kommentar mit „D“, entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht.

17

Gleiches gilt auch zu den Einzelmerkmalen 4.1 – 4.3.

18

Hinsichtlich des Führungsverhaltens benotet die Erstbeurteilerin die Antragstellerin in den Einzelmerkmalen 4.1 (Wahrnehmung der Führungsverantwortung), 4.2 (Motivierung und Förderung der Mitarbeiterin) und 4.3 (Vereinbarung und Kontrolle der Arbeitsergebnisse) durchgängig mit „C“ (übertrifft die Leistungsanforderungen). Die Erstbeurteilerin führt zum Einzelmerkmal 4.1 aus:

19

„Frau A. verhält sich in der Referatsgemeinschaft bezüglich ihres Führungsverhaltens einwandfrei und legt dabei ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein an den Tag.“

20

Zum Merkmal 4.2 führt sie aus:

21

„Sie fördert optimal die Leistungsbereitschaft und die Eigenständigkeit der Mitarbeiterin. Zielsetzungen und Lösungsmöglichkeiten werden mit der Vorgesetzten und Mitarbeiterin erörtert.“

22

Zum Merkmal 4.3 heißt es:

23

„Die Arbeitsergebnisse werden stets auf Richtigkeit und Effizienz untersucht und mit den Bearbeitern/innen ausgewertet.“

24

Der Zweitbeurteiler ändert diese Einzelmerkmale des Führungsverhaltens durchgängig in die schlechtere Benotung „D“ (entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht) ab und führt dazu aus:

25

„Der Beurteilungsbeitrag ist in zeitlicher und sachlicher Hinsicht prägend, da im jetzigen Referat Führungsaufgaben nur in einem sehr geringen Maße wahrgenommen werden. In Kenntnis und Bewertung des Beurteilungsbeitrages erfolgt die Bewertung in allen Einzelmerkmalen mit „D“.“

26

Der Beurteilungsbeitrag des MR J. enthält lediglich die Bewertung „D“ ohne textliche Begründung.

27

Diese textlichen Begründungen des Zweitbeurteilers genügen nicht den strengen Anforderungen der Rechtsprechung an die Notwendigkeit einer hinreichenden und nachvollziehbaren Begründung für die Absenkung der zu beurteilenden Leistungen durch den Zweitbeurteiler. Dabei mag der Zweitbeurteiler vielleicht dem Irrtum verfallen sein, dass die Benotung der als durchschnittlich angesehenen Leistungen hinsichtlich der Stufen „D“ und „E“ nach dem Vordruck und der Beurteilungsrichtlinien MLV (RdErl. des MLV v. 30.06.2009 – 12.2-03002) keine Begründung vorsieht und diese nur für die überdurchschnittlichen Leistungen der Noten „A“, „B“, „C“ und der unterdurchschnittlichen Leistungen der Notenstufen „F“ und „G“ notwendig ist (Nr. 7.2 BRL-MLV). Dies kann natürlich im Fall der Absenkung der Leistungen durch den Zweitbeurteiler nicht gelten. Denn in diesem Fall geht es nicht um die erstmalige primäre Bewertung, sondern um die dem Zweitbeurteiler zustehenden Absenkungsbefugnisse bzw. Korrekturmöglichkeit der Beurteilung durch den Erstbeurteiler aufgrund der Herstellung des einheitlichen Beurteilungsmaßstabes (vgl. 9.1; 9.2; 12.2 BRL-MLV). Gerade die Herstellung dieses einheitlichen Beurteilungsmaßstabes macht die nachvollziehbare Begründung notwendig.

28

Richtig ist, dass Korrekturen der Erstbeurteilung durch den Zweitbeurteiler eine zulässige Maßnahme darstellen, um eine einheitliche Anwendung des Beurteilungsmaßstabes sicherzustellen. Dabei sollte der Zweitbeurteiler über einen größeren Überblick verfügen, da er für eine größere Anzahl von Bediensteten zuständig ist und zudem unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe und Bewertungsergebnisse verschiedener Erstbeurteiler vergleichen kann. Der Zweitbeurteiler ist zur Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe verpflichtet. Stellt der Zweitbeurteiler dementsprechende Abweichungen zwischen den Erstbeurteilern fest, ist er im Interesse einer ordnungsgemäßen Personalauswahl und im Interesse der betroffenen Bediensteten sogar verpflichtet, auf eine Einheitlichkeit der Beurteilung hinzuwirken (VG Magdeburg, Urteil vom 02.07.2009, 5 A 267/08; juris).

29

Auf die Notwendigkeit einer Begründung der Änderungen des Zweitbeurteilers weist auch der Beurteilungsvordruck selbst unter „E“: Stellungnahme der Zweibeurteilerin oder des Zweitbeurteilers“ mit der dortigen Spalte „Begründung“ hin. Die abgegebene Begründung des Zweitbeurteilers zur Absenkung der genannten Einzelmerkmale lässt nicht hinreichend erkennen, weshalb dies aufgrund der einheitlichen Anwendung des Beurteilungsmaßstabes (vgl. dazu Punkt 12 BRL-MLV) geschehen musste.

30

Diesen Anforderungen wird die abgesengte Beurteilung durch den Zweitbeurteiler nicht gerecht. Insbesondere hinsichtlich der Einzelmerkmale zu Punkt 4 (Führungsverhalten) findet keine hinreichende Begründung statt. Der Zweitbeurteiler beschränkt sich im Wesentlichen darauf, auf den Beurteilungsbeitrag des langjährigen Erstbeurteilers Ministerialrat J. vom 20.07.2009 zu verweisen. Jedoch enthält auch dieser Beurteilungsbeitrag keine Begründungen. Hinzu kommt, dass die Beurteilung durch die Erstbeurteilerin und den Zweitbeurteiler bzw. die aus dem Beurteilungsbeitrag hervorgehende Beurteilung der Beamtin zu diesen Einzelmerkmalen erheblich differieren. So bescheinigt die zuständige Erstbeurteilerin der Antragstellerin ein „einwandfreies Führungsverhalten“ und ein „hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein“ (vgl. 4.1). Die Antragstellerin fördere optimal die Leistungsbereitschaft und Eigenständigkeit der Mitarbeiterrinnen (vgl. 4.2). Dagegen geht der Zweitbeurteiler davon aus, dass von der Antragstellerin Führungsaufgaben „nur in einem sehr geringen Maße wahrgenommen werden“. Der nähere Sinn dieser Bemerkung erschließt sich nicht. Denn zu einen kann dies bedeuten, dass bei der Tätigkeit der Antragstellerin Führungsaufgaben tatsächlich nicht bzw. weniger anfallen oder eben die notwendigen Führungsaufgaben von ihr vernachlässigt und damit nicht wahrgenommen werden.

31

Dabei drängt sich dem Gericht der Verdacht auf, dass tatsächlich die letzte Interpretationsmöglichkeit gemeint ist. Denn aus der Begründung des Zweitbeurteilers zur Absenkung der „Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung“ von der Note „B“ nach „C“ ergibt sich, dass der Antragstellerin Probleme im Umgang mit einer ihr unterstellten Mitarbeiterin vorgehalten werden. Es heißt dort:

32

„… Ihre gute Urteilskraft und ihr Gerechtigkeitssinn bewirkten trotz der oft schwierigen Problemsituationen eine erfreuliche Zusammenarbeit mit Vorgesetzten. Als Führungskraft fiel es ihr leider schwer mit Kolleginnen und Kollegen in einem angenehmen Arbeitsklima Aufgaben in Kooperation zu lösen oder die Stimmung von Kolleginnen und Kollegen positiv zu beeinflussen und diese zu motivieren. Im Zeitraum der Verwendung im Haushaltsreferat führte dies leider gelegentlich zu einem angespannten Arbeitsklima.

33

Als Führungskraft übertrifft Frau A. dennoch die Leistungserwartungen.

34

In Kenntnis und in Bewertung des Beurteilungsbeitrages und des für die Gesamteinschätzung prägenden Zeitraum ihrer Verwendung im Haushaltsreferat wird die Befähigungsbeurteilung der Bewertung „C“ – übertrifft die Leistungserwartungen – festgesetzt.“

35

Im vom Ministerialrat J. erstellten Beurteilungsbeitrag heißt es innerhalb der „Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung“:

36

… Ihr Fleiß und ihre Einsatzbereitschaft sind vorbildlich; das Führungsverhalten hingegen noch steigerungsfähig …“

37

Ebenso sind bei der Herabsetzung der Einzelmerkmale innerhalb der Befähigungsbeurteilung durch den Zweitbeurteiler Begründungsmängel bzw. Widersprüche festzustellen. So änderte der Zweitbeurteiler innerhalb der Befähigungsbeurteilung die Einzelmerkmale 3. (Befähigung zur Kommunikation und Zusammenarbeit) und 4. (Führungsfähigkeit) von „B“ nach „C“, was auch zur Änderung der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung von der Note „B“ (stark befähigt) nach „C“ (befähigt) führte.

38

Dabei weist die Erstbeurteilerin in ihrer textlichen Begründung zum Einzelmerkmal Nr. 3. in der Befähigungsbeurteilung daraufhin:

39

„Ihr Fleiß, Verantwortungsbewusstsein und ihre Einsatzbereitschaft sind vorbildlich und anspornend für die mit ihr zusammenarbeitenden Mitarbeiter.

40

Sie fördert bei Mitarbeitern die Eigenständigkeit dienstlichen Handelns und setzt sich mit Meinungen und Kritik anderer konstruktiv auseinander. Aufgrund ihrer Fähigkeiten werden das vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenwirken gefördert. Sie ist hilfsbereit und unterstützt Kollegen und Mitarbeiter innerhalb und außerhalb des Referates im dienstlichen Zusammenwirken.“

41

Der Zweitbeurteiler begründet seine Abänderung zu 3. mit den Ausführungen:

42

„Ihr bestimmtes, aber höfliches Auftreten sowie Frau ... Sachlichkeit sind Eigenschaften, die zu einer reibungslosen Aufgabenerledigung führen.

43

Bei ihren Vorgesetzten erwarb sie sich insoweit besondere Anerkennung.

44

Im Kollegenkreis ist [muss richtig heißen: „sie“] wegen ihrer Sachlichkeit und Ergebnisorientierung geschätzt. Unter Heranziehung des für den Beurteilungszeitraum prägenden Beurteilungszeitraum wird die Bewertung mir „C“ festgesetzt.“

45

Dabei erschließt sich dem Gericht der letzte Satz nicht und muss wahrscheinlich in dem Sinne verstanden werden, dass auf die Bewertung des den Beurteilungszeitraum prägenden Beurteilungsbeitrag abzustellen sei.

46

Schließlich bemerkt die Erstbeurteilerin zu Merkmal 4.:

47

„Die Zusammenarbeit mit der Vorgesetzten ist tadellos, vorbildlich und von Loyalität, Verantwortungsbewusstsein und konstruktiver Kritikfähigkeit geprägt.“

48

Die Führungsfähigkeit zu 4. beschreibt der Zweitbeurteiler mit den Ausführungen:

49

„Frau A. verstand es im Zeitraum ihrer Verwendung im Haushaltsreferat das ihr unterstellte Personal zu führen. Sie sorgte für eine den Leistungserwartungen gerecht werdende leistungsorientierte Zusammenarbeit ihrer Mitarbeiter. Da derzeit Vorgesetztenaufgaben nur einem sehr geringen Umfang wahrgenommen wird die Bewertung mit „C“ in Kenntnis und Bewertung des Beurteilungszeitraumes festgesetzt.“

50

Schließlich führt der Zweitbeurteiler zur „Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung“ nach Abänderung der Note „B“ nach „C“ aus:

51

„Frau A. wurde, da sie fachlich überdurchschnittlich qualifiziert ist, von ihren Kolleginnen und Kollegen voll anerkannt. Sie verfügt über ein sicheres Auftreten und genießt durch ihre stets sachliche und überzeugende Argumentation ein hohes Ansehen. ….“

52

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass die Begründungen der Beurteiler widersprüchlich sind und von den Feststellungen der Beurteiler erheblich von einander abweichen. Dabei mag es sein, dass die Bewertungen der Erstbeurteilerin aufgrund der dienstlichen Unterstellung erst seit dem 19.01.2009 – mithin ein halbes Jahr – noch nicht auf einer hinreichenden Erkenntnismittelgrundlage beruht. Jedenfalls überzeugen die Begründungen des Zweitbeurteilers nicht und lassen - weil unausgesprochen – zu dem die tatsächlichen Gründe für die Absenkungen nicht erkennen. Denn es scheint so – das Gericht hat schon oben darauf hingewiesen –, dass insbesondere bei der Beurteilung des „Führungsverhaltens“ der Antragstellerin, gewisse Vorkommnisse mit der ihr unterstellten Mitarbeiterin Frau H. Ausschlag gefunden haben. Dies erschießt sich dem Gericht insbesondere unter Heranziehung des ebenfalls in der Kammer anhängigen Klageverfahrens der Klägerin gegen ihre Anlassbeurteilung vom 30.09/01.10.2008 für den Beurteilungszeitraum 01.07.2006 bis 31.07.2008 (5 A 109/09 MD). Diese Anlassbeurteilung ist von dem Ministerialrat J. unter Verschlechterung der der Antragstellerin zuvor erteilten Regelbeurteilung vom 15.11.2006/27.07.2007 für den Zeitraum 01.07.2003 bis 30.06.2006 erstellt worden. So bescheinigte die Regelbeurteilung zum Stichtag 30.06.2006 der Antragstellerin hinsichtlich ihres „Führungsverhaltens“ noch durchgängig die Benotung „B“ was zu einer „Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung“ ebenfalls mit der Note „B“ führte. Die Anlassbeurteilung zum Stichtag 31.07.2008 bescheinigte der Antragstellerin innerhalb der Benotung ihres „Führungsverhaltens“ hingegen durchgängig die Benotung „E“ (entspricht den Leistungsanforderungen in Wesentlichen).

53

Dabei decken sich die Ausführungen des Erstbeurteilers J. in der Beurteilung vom 30.09./01.10.2008 hinsichtlich der „Begründung der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung“ weitgehend mit der seines unter dem 20.07.2009 erstellten Beurteilungsbeitrages für die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Regelbeurteilung zum Stichtag 30.06.2009. Besonders augenscheinlich wird dies in der Begründung zur „Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung“, wo Ministerialrat J. ausführt:

54

„… In den vielfältigen Verhandlungen mit den Ressorts in der Funktion als Referenten im MLV sind ihre überzeugende Argumentation sowie ihre zielorientierte und verbindliche Gesprächsführung aufgefallen; Fähigkeiten, die im Rahmen der Führung einer analogen Nivellierung bedürfen.“

55

Dabei erschließt sich dem Gericht nicht der nähere Sinn des letzten Halbsatzes.

56

Der Antragsgegner versucht in der Antragserwiderung vom 20.01.2010 und vom 18.03.2010 insoweit klarzustellen, dass die Antragstellerin im jetzigen – der Beurteilung zu Grunde liegenden – Referat mit lediglich einer Bürosachbearbeiterin Führungsaufgaben nur in sehr geringem Umfang wahrnehme. Im ehemaligen Referat habe die Führungsverantwortung jedoch gegenüber mehreren Mitarbeitern und über einen längeren Zeitraum bestanden. Gleiches gelte für die Beurteilung der Teamarbeit. All dies mag nunmehr unter Heranziehung weiterer Unterlagen in gewisser Weise die Beurteilung stützen, macht sie aber damit – wegen der fehlenden konkreten Bezugnahme auf diese Vorkommnisse - nicht nachvollziehbar i. S. d. Begründungsanforderungen.

57

Aus der Heranziehung des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2009 zur Anlassbeurteilung (Stichtag 31.07.2008) wird ersichtlich, dass der Antragstellerin Probleme bei der Wahrnehmung der Führungsaufgaben insbesondere in Bezug auf die ihr unterstellte Sachbearbeiterin H. vorgehalten werden. So sei das Ergebnis der Bemühungen der Antragstellerin hinsichtlich der Konfliktbewältigung inakzeptabel. Bei erheblichen Problemen innerhalb der Zusammenarbeit werde von einer Beamtin der Laufbahn des höheren Verwaltungsdienstes erwartet, die Probleme nicht nur zu erkennen, sondern auch zu lösen, d. h. mit ihrer Mitarbeiterin zu sprechen und Lösungswege aufzuzeigen. Nur so könne eine Leistungsbereitschaft und Eigenständigkeit des dienstlichen Handelns der Mitarbeiterin gefördert werden. Einen kooperativen oder anderen geeigneten Führungsstil habe die Antragstellerin während des Beurteilungszeitraumes vermissen lassen. Insoweit sei sie den Grundsätzen des Führungsverhaltens nicht gerecht geworden. Die Antragstellerin sei in mehreren Gesprächen auf ihre problematische Handhabung der Führungsverantwortung hingewiesen worden. Gleichwohl habe sich das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der ihr unterstellen Mitarbeiterin verhärtet. Nachdem Frau H. umgesetzt worden sei, sei sie als „eine allseits von Vorgesetzten die Kollegin geschätzte Beamtin“ beurteilt worden.

58

Aus diesem Vortrag im Klageverfahren 5 A 109/09 MD ist ersichtlich, dass die der Antragstellerin vorgehaltenen Defizite im kollegialen Umgang mit der ihr unterstellten Sachbearbeiterin eindeutig zur Verschlechterung der Bewertung ihrer Leistungen hinsichtlich des „Führungsverhaltens“ innerhalb der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung geführt haben. Jedoch gehen diese erst im Widerspruchsbescheid zur Anlassbeurteilung genannten Vorkommnisse weder aus der Anlassbeurteilung zum Stichtag 31.07.2008 noch aus der hier zu überprüfenden Regelbeurteilung zum Stichtag 30.06.2009 hervor. Beide Beurteilungen – und dies ganz besonders im Fall der hier streitbefangenen Regelbeurteilung zum 30.06.2009 – verhalten sich mehr oder weniger unsubstantiiert zu der Verschlechterung der Einzelleistungen der Antragstellerin innerhalb ihres „Führungsverhaltens“. Damit wird jedoch Sinn und Zweck des Beurteilungswesens verkannt. Denn die Beurteilung muss selbstverständlich aus sich selbst heraus verständlich und begründet sein. Dies gebieten im Übrigen bereits der faire Umgang und das beamtenrechtliche Fürsorgegebot dem zu Beurteilenden gegenüber. Denn ohne konkrete Benennung der den Beurteilern aufgefallenen und zugrunde gelegten Erkenntnisse über das Leistungsbild des Beamten vermag dieser die Beurteilung auch nicht nachzuvollziehen bzw. sich dagegen wehren zu können.

59

Die notwendige Transparenz ist dementsprechend nicht gegeben. Dies hätte im Übrigen auch dem Zweitbeurteiler auffallen müssen. Gleichwohl bestehen seine textlichen Begründungen zur Abänderung und Herabstufung der dienstlichen Leistungen und der Gesamtergebnisse der Beurteilung überwiegend aus einem Verweis auf den vom langjährigen Erstbeurteiler J. überreichten Beurteilungsbeitrag. Zu Recht bemängelt daher die Antragstellerin auch dieses Vorgehen. Dabei mag es hinnehmbar sein, dass der Beurteilungsbeitrag nicht in „freier Beschreibung“ erstellt worden ist, sondern sich maßgeblich an dem Beurteilungsbogen selbst orientiert. Insoweit sieht die BRL-MLV unter Punkt 10.4 Satz 2 auch nur vor, dass der Beurteilungsbeitrag „möglichst in freier Beschreibung getrennt nach Leistung und Befähigung zu erstellen“ ist. Der Sinn und Zweck des Beurteilungsbeitrages ist mit der Stellungnahme des Ministerialrats J. vom 20.07.2009 zweifellos erreicht. Hingegen hätte sich im vorliegenden Fall der Zweibeurteiler näher mit dem Hintergrund der ganz offensichtlichen Absenkung hinsichtlich der Leistungen des „Führungsverhaltens“ der Antragstellerin auseinandersetzen und dies in die Begründung seiner Beurteilung einstellen müssen.

60

So hätte sich im vorliegenden Fall auch angeboten – wenn von einer Verschlechterung insbesondere des Führungsverhaltens ausgegangen wird – dies in der Beurteilung im Vergleich zu der vorangegangenen und nur zwei Jahre zurückliegenden Regelbeurteilung darzustellen. Zwar bewirken die Bewertungen in früheren dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für die in der Folgezeit zu erstellenden dienstlichen Beurteilungen. Denn die Leistungen und Befähigung eines Beamten sind für jeden Beurteilungszeitraum unabhängig von früheren Beurteilungen zu erstellen und zu begründen (vgl.: OVG LSA, Urt. v. 07.05.2003, 3 L 84/00; juris). Jeder Beurteiler hat sich – zumal für den jeweiligen maßgeblichen Beurteilungszeitraum – ein eigenes Bild vom Leistungsstand des zu Beurteilenden zu machen. Die grundsätzliche fehlende Bindungswirkung früherer Beurteilungen ändert jedoch nichts daran, dass bei wesentlichen Abweichungen von früheren Bewertungen diese Veränderungen im Leistungsbild des Beamten zur Nachvollziehbarkeit zu begründen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1999, 2 A 6.99; juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um denselben Beurteiler handelt, so dass anzunehmen ist, dass gerade er die unmittelbare Vergleichbarkeit hat. Unter diesen Gesichtpunkten ist eine ausführliche und nachvollziehbare Begründung der Einzelmerkmale und der Gesamtbewertung zwingend erforderlich. Dies gilt etwa auch dann, wenn die Beurteilungsunterschiede etwa aufgrund neuerlicher Beurteilungsrichtlinien oder einer veränderten Beurteilungspraxis resultieren (ausführlich: VG Magdeburg, Beschl. v. 08.04.2009, 5 B 358/08 MD; juris). All dies ist vorliegend nicht geschehen. So wäre es zumindest in dem vom langjährigen Vorgesetzten J. erstellten Beurteilungsbeitrag notwendig gewesen, dort die hier anscheinend relevanten Probleme mit der Sachbearbeiterin zur Begründung darzustellen. All diese Informationen hat das Gericht jedoch auch nur aufgrund der Heranziehung des Aktenmaterials aus dem Klageverfahren 5 A 109/09 MD.

61

Darüber hinaus ist es auch nicht völlig unbedenklich, dass im vorliegenden Verfahren der Beurteilungsbeitrag von dem Ehemann einer der konkurrierenden Bewerber und damit der Beigeladenen J. erstellt wurde. Die Ausführungen des Antragsgegners dazu, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Beurteilungsbeitrages am 20.07.2009 noch nicht von den Beförderungsmöglichkeiten ausgegangen werden konnte, vermag insoweit nicht vollständig zu überzeugen. Denn in diesem Zusammenhang muss auch wiederum der Vortrag in dem Klageverfahren 5 A 109/09 MD zu der Anlassbeurteilung (01.07.2006 bis 31.07.2008) ins Auge gefasst werden. Dort erschließt sich bereits der Sinn und Zweck dieser Anlassbeurteilung nicht vollständig. In dem Klageverfahren wird vorgetragen, dass die Anlassbeurteilung erstellt worden sei, weil konkrete Beförderungen möglich gewesen seien. Dem Gericht ist jedoch nicht bekannt, ob diese sodann unter Bewerbung und Zurückweisung der Antragstellerin stattgefunden haben. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass es sich bei den bereits damals angedachten Beförderungen um die jetzt streitbefangenen Beförderungen handelt. Dementsprechend war auch bei Erstellung der Regelbeurteilung zum Stichtag 30.06.2009 bekannt, dass diese auf das – wohl immer noch anstehende und nicht abgeschlossene – Auswahlverfahren von Bedeutung sein wird und eher dem Sinn und Zweck einer Bedarfsbeurteilung zukommt.

62

Gerade im Beurteilungswesen und im Stellenauswahlverfahren muss wegen der besonderen Bedeutung für den Beamten und im Lichte von Art. 33 Abs. 2 GG eine besondere transparente Umgangsform und ein faires Verhalten praktiziert werden. In diesem Zusammenhang ist es zumindest für das Gericht nicht offensichtlich und daher erklärungsbedürftig, warum anscheinend bezüglich der Abforderung der Anlassbeurteilung zum Stichtag 31.07.2008 wohl ohne konkrete Bewerbungen der Beamten Beförderungen durchgeführt werden sollten.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 5 Nr. 2 GKG. Der 6,5-fache Betrag des Endgrundgehaltes der begehrten Besoldungsgruppe A 15 BBesO ist daher nochmals zu halbieren.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.