Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 07. Mai 2015 - 1 B 120/15
Gericht
Gründe
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Der Antrag ist gemäß § 88 VwGO dahingehend sachdienlich auszulegen, dass der Antragsteller gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Aussetzung der im Bescheid der Antragsgegnerin enthaltenen angedrohten Abschiebung begehrt.
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Der so verstandene Antrag hat Erfolg.
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Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antrag nicht innerhalb der gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Woche betragenden Frist erhoben worden ist. Der Eilantrag ist am 15.04.2015 bei Gericht eingegangen. Dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers zufolge ist ihm der Änderungsbescheid vom 18.03.2015 am 08.04.2015 zugestellt worden.
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Der Antrag ist auch begründet.
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Es bestehen gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18.03.2015. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Entscheidend ist dabei das Gewicht an Fakten, die Anlass zu Zweifeln geben.
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Der Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2015, mit dem der Überstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 28.04.2014 umgedeutet wird, kann einer rechtlichen Prüfung nicht stand halten. Er kann auch nicht wegen Unzulässigkeit der Asylanträge bei Vorliegen ausländischer Anerkennungsentscheidungen oder aufgrund parallel laufender Asylverfahren oder im Wege der Umdeutung des Überstellungsbescheides der Antragsgegnerin vom 28.04.2014 nach § 47 VwVfG als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden.
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Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens, die ursprünglich gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b und c der Dublin II-VO bei der Republik Italien lag, ist gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil die Überstellung des Antragstellers nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wurde. Nach der o. a. Bestimmung erfolgt die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrages auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (Art. 20 Abs. 1 Buchst. d) Dublin II-VO).
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Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Klägers gemäß Art. 49 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO) Anwendung, weil sowohl der Asylantrag, als auch das Wiederaufnahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind.
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Die Überstellungsfrist begann im vorliegenden Fall am 28.05.2014 zu laufen, weil an diesem Tag das Verwaltungsgericht ablehnend über den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entschieden hat.
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Für den Fristbeginn ist zwar grundsätzlich die Annahme des Wiederaufnahmeersuchens maßgeblich und nicht die Entscheidung über den Rechtsbehelf. Das gilt indes nur, wenn dieser keine aufschiebende Wirkung hat. Der in der Dublin-II-VO verwendete Begriff der aufschiebenden Wirkung ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO, sondern ist in einem weiteren Sinn als nach dem deutschen Verwaltungsprozessrecht zu verstehen. Dem Rechtsbehelf ist in Anknüpfung an die Rechtsprechung des EuGH auch dann aufschiebende Wirkung im Sinne der Dublin-II-VO beizumessen, wenn dieser zu einer Aussetzung des Vollzuges führt und insoweit ein Vollstreckungshindernis darstellt (VG Regensburg, B. v. 13.12.2013 - RO 9 S 13.30618 -, juris, Rdnr. 19 m. w. N.).
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Der Eilantrag des Antragstellers vom 14.05.2014 hatte „aufschiebende Wirkung“ in diesem weiteren Sinne. Seit der am 06.09.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist die Abschiebung eines von einer Überstellungsentscheidung betroffenen Asylbewerbers - bei rechtzeitiger Antragstellung - vor der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht zulässig. Der Antragsteller konnte aufgrund dieses gesetzlichen Vollstreckungshindernisses seit dem 14.05.2014 nicht nach Italien überstellt werden. Der Antragsgegnerin und den beteiligten Ausländerbehörden stand nach der Stellung des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr die volle Frist von 6 Monaten für die Organisation und Durchführung der Überstellung des Antragstellers zur Verfügung. Mithin stellt die Aussetzungswirkung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG einen Fall der aufschiebenden Wirkung im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin-II-VO dar mit der Folge, dass die Frist von 6 Monaten für die Überstellung des Antragstellers mit dem Wirksamwerden der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erneut in Lauf gesetzt worden ist (vgl. VG Regensburg, B. v. 13.12.2013 – a. a. O., Rdnr. 20, VG Oldenburg, B. v. 20.06.2014 - 12 B 1903/14 -, juris, Rdnr.7 ff. m. w. N.; VG Magdeburg, B. v. 18.08.2014 – 1 B 914/14 -, B. v. 21.11.2014 – 1 B 1184/14 -).
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Die Frist von sechs Monaten ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung somit abgelaufen. Anhaltspunkte für eine Verlängerung dieser Frist gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO liegen nicht vor.
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Die auf Grundlage der §§ 34a Abs. 1, 27a AsylVfG ausgesprochene Unzulässigkeit des Asylantrages des Antragstellers und damit auch die angeordnete Überstellung nach Italien sind aus den vorgenannten Gründen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig. Dies verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Er kann sich auf den Zuständigkeitsübergang infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist zur Begründung seines Begehrens berufen (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 12.01.2015 – 11 K 1640/14.A -, juris; VG Augsburg, GB. v. 12.11.2014 - Au 7 K 14.50047 -, juris ; VG Oldenburg, U. v. 07.07. 2014 – 3 A 416/14 -, juris; VG Göttingen, B. v. 30.06.2014 - 2 B 86/14 -, juris; VGH Baden-Württemberg, B. v. 19.01.2015 – A 11 S 2508/14 - juris; VG Magdeburg, U. v. 05.11.2014 – 1 A 304/14 MD - ; VG Regensburg, U. v. 14.11.2014 - RN 5 K 14.30304 -, juris; VG Münster, U. v. 19.11.2014 - 1 K 1136/14.A -, juris; VG Karlsruhe, B. v. 30.11.2014 - A 5 K 2026/14 -, juris; a. A.: OVG Lüneburg, B. v. 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - ; Hess. VGH, B. v. 25.08.2014 - 2 A 975/14.A -, juris).
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Grundsätzlich vermittelt die Dublin II-VO dem Ausländer kein subjektives Recht darauf, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird. Vielmehr garantieren die Dublin-Verordnungen nur, dass jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens des Drittstaatsangehörigen gewährleistet sein muss.
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Der Ablauf der Überstellungsfrist führt aber nach Artikels 20 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO zu einer Beendigung der Verpflichtung des ersuchten Mitgliedstaates zur Aufnahme oder Wiederaufnahme des Klägers zwecks Durchführung des Asylverfahrens und zu einem Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte. Dass Italien ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme des Antragstellers bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. An einer entsprechenden Erklärung der italienischen Behörden fehlt es und es ist nicht zu erwarten, dass eine solche Erklärung abgegeben werden würde. Der Asylbewerber kann sich jedenfalls dann mit Erfolg auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen, wenn durch den Übergang der Zuständigkeit auf den prüfenden bzw. ersuchenden Mitgliedstaates infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist und nunmehr fehlender Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaates die Gefahr besteht, dass der Asylantrag des Asylbewerbers in keinem Staat inhaltlich geprüft wird (VG Oldenburg, U. v. 11.03.2015 – 1 A 156/15 -, juris, Rdnr. 30).
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Mit der Berufung auf Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO macht der Asylbewerber daher keinen - durch die Dublin-Verordnungen nicht geschützten - Anspruch auf Prüfung seines Asylantrags in einem von ihm bevorzugten anderen als nach den Zuständigkeitskriterien des Kapitels III an sich zuständigen Mitgliedstaat geltend, sondern vielmehr die Prüfung seines Asylbegehrens in dem einzigen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der Dublin II-Verordnung gewährleisteten zuständigen Mitgliedstaat.
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Die Voraussetzungen des § 47 VwVfG für eine Umdeutung des Überstellungsbescheides in eine (ablehnende) Entscheidung nach § 71a AsylVfG liegen nicht vor.
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Die Regelung in Ziffer 1 des Überstellungsbescheids kann auch nicht gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG in die rechtmäßige Ablehnung eines Zweitantrags (§ 71a AsylVfG) umgedeutet werden.
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§ 47 Abs. 1 VwVfG bestimmt, dass ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden kann, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Dies gilt gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.
- 20
Eine Umdeutung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sie der in Ziffer 1 des Überstellungsbescheids zum Ausdruck gekommenen Absicht des Bundesamts widerspricht, nicht in eine sachliche Prüfung des Asylantrags des Antragstellers einzutreten. Um den Asylantrag des Klägers überhaupt sachlich prüfen zu können muss zunächst der Überstellungsbescheid aufgehoben werden.
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Die Voraussetzungen für eine Umdeutung liegen auch deshalb nicht vor, weil die Ablehnung der Prüfung eines Zweitantrags nicht auf dasselbe Ziel gerichtet ist und für den Betroffenen mit ungünstigeren Rechtsfolgen verbunden ist wie bzw. als die vom Bundesamt getroffene Regelung. Die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrensgesetzes zuständigen Mitgliedstaats ist der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und betrifft nicht das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Asylanspruchs, zu denen auch die Voraussetzungen gehören, unter denen nach §§ 71a Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ein in einem anderen Staat abgeschlossenes Asylverfahren wiederaufzugreifen ist. Vielmehr kommt es für die Entscheidung nach § 27a AsylVfG allein darauf an, ob die Beklagte nach den Vorschriften der Dublin-Verordnungen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder nicht (VG Minden, U. v. 19.03.2015 – 10 K 2658/14.A -, juris, Rdnr. 136).
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Auch eine Umdeutung der Ziffer 2 des Überstellungsbescheides (Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat) in eine Anordnung der Abschiebung in das Herkunftsland scheidet angesichts der Tatbestandsvoraussetzungen des § 34a AsylVfG aus. Eine Umdeutung in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland nach § 34 AsylVfG würde dazu führen, dass der umgedeutete Verwaltungsakt nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre. Darüber hinaus würde eine solche Umdeutung für den Betroffenen entgegen § 47 Abs. 2 VwVfG eine ungünstigere Rechtsfolge herbeiführen, da er nach erfolgter Abschiebung in den Herkunftsstaat – anders als bei der Abschiebung nach Italien – keine Möglichkeit mehr hätte, weiterhin um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen (VG München, U. v. 12.03.2015 – M 12 K 14.50277 -, juris, Rdnr. 27).
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Aus diesen Gründen kann offen bleiben, ob die Antragsgegnerin zur Prüfung der Fragen, ob überhaupt ein Zweitantrag i. S. v. § 71a AsylVfG vorliegt und ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen, die Akten aus dem Erstverfahren beizuziehen oder weitere Informationen hinsichtlich des Erstverfahrens einzuholen hat, zumal wenn der Antragsteller vorträgt, er habe von einem Asylverfahren in Italien keine Kenntnis (vgl. BayVGH, B. v. 14.04.2015 – 11 ZB 14.30430 -, juris, Rdnr. 18).
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
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Annotations
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.