Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 306/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 in der ehemaligen UdSSR geborene Klägerin erhielt unter dem 15.05.2000 einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin. Am 29.10.2000 reiste sie in das Bundesgebiet ein. Am 23.02.2001 wurde ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG erteilt.
3Mit Schreiben vom 28.11.2011 beantragte sie die nachträgliche Einbeziehung ihres Enkels O. H. , geboren am 00.00.0000 in der Kasachischen SSR, in ihren Aufnahmebescheid.
4Am 20.08.2012 reichte ihr Prozessbevollmächtigter eine Erklärung der Klägerin zu den Härtegründen für die Einbeziehung ein. Darin heißt es, die Klägerin sei sehr alt und krank und benötige die Hilfe des Enkels bei den täglichen Verrichtungen und im Haushalt. Der Enkel habe im Jahr 2000 nicht mit ausreisen können, weil er seine Partnerin und seine Arbeitsstelle nicht habe verlieren wollen. Inzwischen sei es schwer, in Kasachstan zu leben, weil andere Nationalitäten diskriminiert würden. Der Enkel lebe nun dort allein, ohne Familie. Die Mutter und seine Geschwister wohnten inzwischen mit ihren Familien alle in Deutschland.
5Aus später eingereichten Unterlagen ergab sich, dass der einzubeziehende O. H. am 05.08.2011 in Dänemark die deutsche T. J. N. geheiratet hatte und danach mit seiner Ehefrau in Deutschland Wohnsitz genommen hatte. Am 12.11.2012 wurde die Ehe geschieden.
6Mit Bescheid vom 15.01.2013 wurde der Antrag auf nachträgliche Einbeziehung abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG lägen nicht vor. Der Enkel der Klägerin gehöre nicht zum berechtigten Personenkreis, weil er nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei. Er habe bereits im August 2011 und damit vor der Antragstellung einen Wohnsitz im Bundesgebiet begründet. Im Übrigen seien Härtegründe nicht ersichtlich.
7Am 29.01.2013 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2013. Darin wurde ausgeführt, der Aufenthalt von O. H. im Bundesgebiet stehe einer nachträglichen Einbeziehung nicht entgegen. Der Aufenthalt sei rechtlich nicht gesichert, da die Ehe wieder geschieden sei. Herrn H. erhalte voraussichtlich in Kürze eine Duldung, da er nicht reisefähig sei. Insbesondere für den Enkel der Klägerin würde eine Versagung der Einbeziehung eine Härte bedeuten, da er sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinde.
8Dem Schreiben war ein Arztbericht der T1. . C. -Klinik in I. vom 09.11.2012 beigefügt. Danach wurden bei dem Enkel der Klägerin die folgenden Krankheiten festgestellt: offene Lungentuberkulose, Zustand nach Lungenentzündung mit schwerem septischen Verlauf, septische Enzephalopathie, akutes Nierenversagen, HIV-Infektion.
9Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2013 wurde ergänzend mitgeteilt, dass der Enkel der Klägerin sich auf die Ausnahme des § 27 Abs. 2 Satz 4 BVFG berufe. Er sei wegen seiner Erkrankung nicht in der Lage, eine Sprachprüfung abzulegen. Es sei eine Schwerbehinderung mit einem Grad von 100 % anerkannt. Ausweislich einer vorgelegten Bescheinigung des praktischen Arztes H1. L. vom 21.11.2014 könne Herr H. wegen einer 100%igen Gehörsstörung keine andere Sprache erlernen.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014, zugestellt am 18.12.2014, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In der Begründung wurde daran festgehalten, dass der Enkel der Klägerin kein im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling sei, weil er sich seit 2011 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalte und hier einen Wohnsitz begründet habe. Nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG könne eine nachträgliche Einbeziehung nur bei einer Person erfolgen, die sich seit der Ausreise der Bezugsperson ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet aufgehalten habe.
11Hiergegen hat die Klägerin am Montag, den 19.01.2015 Klage erhoben, mit der sie weiter die nachträgliche Einbeziehung ihres Enkel O. H. in ihren Aufnahmebescheid begehrt.
12Sie wiederholt ihren Vortrag, der Aufenthalt des Enkels im Bundesgebiet stehe der Einbeziehung nicht entgegen, weil dieser nicht gesichert sei. Herr H. sei mit einem Besuchsvisum eingereist und werde derzeit nur geduldet.
13Außerdem lasse die Vorschrift des § 27 Abs. 3 BVFG auch die Auslegung zu, dass es genüge, wenn die einbeziehende Person im Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson im Aussiedlungsgebiet verblieben sei. Es könne aber nicht aus dem Gesetz entnommen werden, dass sich die einzubeziehende Person nach der Ausreise der Bezugsperson dauerhaft und ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet aufhalten müsse.
14Im Übrigen spreche auch der Gesetzeszweck dafür, keinen fortbestehenden Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet für die Einbeziehung zu fordern. Denn in der Gesetzesbegründung (Drs. 17/13937) sei zu lesen, dass die Familienmitglieder des Spätaussiedlers, die die Möglichkeit einer gemeinsamen Ausreise nicht genutzt hätten, für die Zukunft keine Nachteile mehr fürchten müssten. Das müsse auch für diejenigen gelten, die ihren Wohnsitz später ins Ausland verlegt hätten. Es sei unzumutbar, von diesen zu verlangen, dass sie in Erwartung einer Gesetzesänderung in den Aussiedlungsgebieten verblieben ohne Rücksicht auf ihre familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse.
15Jedenfalls könne eine Einbeziehung des Enkels nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfolgen. Danach könne die Einbeziehung nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorlägen. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Ausreise und der Stellung des Härtefallantrages sei gegeben. Der Enkel der Klägerin sei im August 2011 eingereist. Der Antrag sei schon am 28.11.2011 erfolgt. Eine besondere Härte sei gegeben, weil Herr H. sich in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befinde. Nach einer Rückkehr ins Aussiedlungsgebiet könne er wahrscheinlich nicht mehr zurück in das Bundesgebiet kommen. Ein Nachweis über Grundkenntnisse der deutschen Sprache sei nach § 27 Abs. 2 Satz 5 BVFG nicht erforderlich, weil der Enkel wegen einer 100 %-igen Gehörsstörung die deutsche Sprache nicht lernen könne.
16Am 22.01.2016 ist eine von der Klägerin unterschriebene Erklärung eingereicht worden. In dieser wird mitgeteilt, dass ihr Enkel aufgrund einer akuten Erkrankung im November 2012 ein Jahr später das Gehör verloren habe. Er könne deshalb den Sprachtest nicht bestehen. Jedoch beherrsche er perfekt die deutsche Sprache, was durch eine Befragung festgestellt werden könne. Wegen seiner Erkrankungen könne er nicht nach Kasachstan zurückkehren; dort sei er dem sicheren Tod ausgesetzt. Dem Brief waren weitere ärztliche Unterlagen beigefügt.
17Die Klägerin beantragt,
18die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 zu verpflichten, den Abkömmling der Klägerin, Herrn O. H. , in den Aufnahmebescheid der Klägerin nachträglich einzubeziehen,
19hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass der Enkel der Klägerin kein im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling sei, und verweist auf die gleichlautende Rechtsprechung des OVG NRW, Beschluss vom 19.09.2014 - 11 A 622/14 - zur Auslegung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
23Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Nachholung der Eintragung ihres Enkels in ihren Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BVFG, da die sonstigen Voraussetzungen nicht vorlägen. Denn die Klägerin habe vor ihrer Ausreise keinen ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung ihres Enkels gestellt. Dieser Antrag sei erstmalig im November 2011 erfolgt.
24Ferner hat die Beklagte ein Schreiben der Arbeiterwohlfahrt in I. vom 08.10.2014 vorgelegt, in dem berichtet wird, dass Herr H. im Dezember 2013 einen Hörsturz erlitten habe und seither (nur mit Hörgeräten) schwer hören könne. Deshalb habe er trotz mehrmaliger Versuche den Sprachtest nicht bestanden. Er könne aber einfache Informationen erfragen und weitergeben. Wegen der deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Herrn H. könne dieser in Kasachstan ohne Unterstützung seiner Familie nicht überleben und es liege daher eine besondere Härte vor.
25Dem Schreiben lag u.a. ein erneutes Attest des praktischen Arztes Dr. H1. L. vom 30.09.2015 bei, wonach das Verhalten von Herrn H. aufgrund einer starken Schwerhörigkeit stark gestört sei. Der Patient sei auf fremde Hilfe angewiesen.
26Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
28Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung ihres Enkels O. H. in ihren Aufnahmebescheid vom 15.05.2000. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 15.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Daher hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine erneute Bescheidung ihres Einbeziehungsantrages.
29Die Voraussetzungen für die begehrte nachträgliche Einbeziehung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in der hier maßgeblichen, durch das 10. Änderungsgesetz vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) geänderten Fassung des BVFG liegen nicht vor. Hiernach kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
30Der Enkel der Klägerin, Herr O. H. , ist nicht im „Aussiedlungsgebiet“ verblieben. Er hat bereits im August 2011 seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten endgültig aufgegeben. Dies ergibt sich daraus, dass er die deutsche T. J. N. geheiratet hat und sodann mit seiner Ehefrau in Deutschland Wohnsitz gewonnen hat, um hier dauerhaft zu leben.
31Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Merkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht so zu verstehen, dass der Angehörige des Spätaussiedlers nur im Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson, also der Klägerin, im Aussiedlungsgebiet zurückgeblieben sein muss.
32Das OVG NRW hat hierzu im Beschluss vom 19.09.2014 – 11 A 622/14 – das Folgende ausgeführt:
33„Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbeziehungsantrag vorliegen. Wer sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland aufhält, ist nicht (mehr) im Aussiedlungsgebiet verblieben. Die vom Kläger vertretene Auslegung ist daher bereits im Wortlaut nicht angelegt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausdrücklich hervorgehoben, dass „Trennungen der Familien ... beseitigt werden“ sollen, vgl. BT-Drs. 17/13937, S. 12. Eine derartige Trennung liegt hier nicht vor, weil der Enkel des Klägers sich seit über 15 Jahren in Deutschland aufhält. Inwieweit sein Aufenthalt rechtlich abgesichert ist, ist im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ohne Bedeutung. Eine fehlende rechtliche Absicherung des Aufenthalts des Enkels in Deutschland bedeutet nicht, dass er „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist.“
34Diese Ausführungen gelten auch im vorliegenden Streitverfahren. Zwar hält sich der Enkel der Klägerin „erst“ seit ca. 4 Jahren im Bundesgebiet auf. Es ist jedoch nicht zweifelhaft, dass dieser Aufenthalt auf Dauer angelegt und auch von einem entsprechenden Niederlassungswillen getragen ist. Dass der Aufenthalt von Herrn H. ausländerrechtlich nur geduldet ist, ändert nichts daran, dass er seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten aufgegeben und im Bundesgebiet begründet hat. Der Enkel der Klägerin hat nochmals in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er nicht in das Aussiedlungsgebiet zurückkehren könne.
35Von der Verpflichtung für die einzubeziehende Person, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, kann auch nicht ausnahmsweise wegen des schlechten Gesundheitszustands des Enkels der Klägerin abgesehen werden. Die Berücksichtigung einer besonderen Härte sieht das Gesetz in den Fällen der nachträglichen Einbeziehung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht vor. Auch eine analoge Anwendung der Härtefallregelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, die nur für den Fall der beabsichtigen gemeinsamen Ausreise vorgesehen ist, kommt nicht in Betracht. Eine unbeabsichtigte Regelungslücke ist nicht erkennbar. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ein Verzicht auf das Merkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ausdrücklich abgelehnt,
36vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.09.2014 - 11 A 622/14 - und Beschluss vom 11.11.2014 - 11 A 1195/14 - ; VG Köln, Urteil vom 15.12.2015 - 7 K 2878/15 - und Urteil vom 05.02.2014 - 10 K 5417/12 - .
37Der geltend gemachte Einbeziehungsanspruch lässt sich auch nicht auf § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG stützen.
38Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung von Abkömmlingen sind in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG geregelt. Nach dieser Bestimmung wird der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen.
39Diese Voraussetzungen erfüllt der Enkel der Klägerin nicht, weil die Klägerin vor ihrer Ausreise keinen Antrag auf seine Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung stellte.
40In der Rechtsprechung ist für die nachträgliche Härtefall-Einbeziehung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugspersonvor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten, ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige“ Voraussetzung unabhängig von einer möglicherweise bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht,
41vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.07.2005 - 5 B 134.04 - und vom 30.10.2006 - 5 B 55/06 - ; OVG NRW, Beschluss vom 13.02.2008 -12 A 4479/06 -, jeweils m.w.N., juris.
42An dem Erfordernis eines Einbeziehungsantrages des Spätaussiedlers vor seiner Ausreise ist weiterhin festzuhalten. Zwar hat der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der Einbeziehung für im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen, die ohne Härtegründe nach der Aussiedlung der Bezugsperson nachträglich in deren Aufnahmebescheid einbezogen werden können. Die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung ist damit nicht überflüssig geworden. Neben ihr ist nur eine zusätzliche Möglichkeit der nachträglichen Einbeziehung geschaffen worden,
43so ausdrücklich die Begründung des Innenausschusses zu seiner im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Beschlussempfehlung vom 12.06.2013, BT-Drs. 17/13937,
44die die Familienzusammenführung in den Fällen erleichtern soll, in denen der Ehegatte oder Abkömmlinge des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind,
45vgl. VG Köln, Urteil vom 05.02.2014 - 10 K 6881/12 -; bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 28.08.2014 - 11 A 496/14 - .
46Einen ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung des Enkels O. in ihren Aufnahmebescheid hat die Klägerin vor ihrer Ausreise nicht gestellt. In ihrem Aufnahmeantrag vom 28.10.1996 hat die Klägerin nur ihre Tochter S. und das Enkelkind F. als Personen erwähnt, die gleichzeitig einen Aufnahmeantrag gestellt haben. Demnach sollten diese Angehörigen gemeinsam mit der Klägerin aussiedeln. In der Rubrik „Abkömmlinge, für die die Aufnahme beantragt wird“ ist nichts eingetragen. Auch im weiteren Aufnahme- und Bescheinigungsverfahren der Klägerin befinden sich keine Hinweise auf den Enkel O. bzw. eine beabsichtigte gemeinsame Ausreise.
47Vielmehr hat die Klägerin im Schreiben vom 20.08.2012 selbst angegeben, der Enkel habe eine Partnerin und eine gute Arbeitsstelle gehabt und daher nicht ausreisen wollen. Deshalb habe man sich entschieden, dass er später nachkommen solle. Damit ist aber gerade dokumentiert, dass kein gemeinsamer Ausreisewille bestand.
48Ob darüber hinaus ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ausreise des Spätaussiedlers und der Stellung des Antrags auf nachträgliche Einbeziehung eines Abkömmlings oder Ehegatten bestehen muss, wie das OVG NRW annimmt,
49vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.09.2014 – 11 A 622/14 –
50kann offen bleiben. Ein derartiger Zusammenhang wäre allerdings bei einem Zeitraum von 11 Jahren zwischen der Ausreise der Klägerin im Jahr 2000 und der Stellung des Einbeziehungsantrags im Jahr 2011 nicht gegeben.
51Schließlich hat der Enkel der Klägerin auch bisher den Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache nicht erbracht. Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Ausnahmebestimmung in § 27 Abs. 2 Satz 5 BVFG berufen. Danach kann ein volljähriger Abkömmling auch ohne den Nachweis von deutschen Sprachkenntnissen einbezogen werden, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann.
52Dies ist bisher nicht nachgewiesen. Zwar hat der praktische Arzt H1. L. eine starke Schwerhörigkeit attestiert, die auch durch die vorgelegten Unterlagen über seine Sprachkurse belegt werden. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass diese Probleme so schwerwiegend sind, dass ein Spracherwerb nicht möglich ist. Das von der Beklagten angeforderte fachärztliche Attest wurde nicht vorgelegt. Im Übrigen hat Herr H. sich in der mündlichen Verhandlung trotz erkennbarer erheblicher Hörminderung in deutscher Sprache verständigen können. Es ist daher nicht erkennbar, dass er den geforderten Nachweis von Grundkenntnissen krankheitsbedingt nicht erbringen kann.
53Liegen damit die „sonstigen Voraussetzungen“ im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht vollständig vor, kommt es nicht darauf an, ob die Versagung des Einbeziehungsbescheids eine besondere Härte bedeuten würde. Insbesondere genügt die schwere Erkrankung des Klägers allein nicht für eine nachträgliche Einbeziehung.
54Dessen ungeachtet ist nicht erkennbar, dass es dem Enkel der Klägerin unzumutbar gewesen wäre, die Entscheidung über den Einbeziehungsantrag im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, zumal es sich hierbei um einen Zeitraum von nur einigen Monaten gehandelt hätte. Auch hätte der Antrag im Hinblick auf die Eheschließung in Dänemark im August 2011 bereits früher gestellt werden können. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt, zu der die Ausreise offenbar schon beschlossen war, sich der Gesundheitszustand des Herrn H. bereits so verschlechtert hatte, dass ein weiteres Abwarten nicht möglich war.
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 306/15
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 306/15
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 7 K 306/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels W. L. (im Folgenden: Enkel) in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG oder § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat. Ernstliche Zweifel daran zeigt die Antragsbegründung nicht auf.
6Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Einbeziehung seines Enkels in seinen Aufnahmebescheid ist nach der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. speziell zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt für den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11; ferner ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2014 ‑ 11 A 802/13 ‑, juris.
8Prüfungsmaßstab ist damit § 27 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554).
9a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung des Enkels des Klägers in seinen Aufnahmebescheid gemäߠ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht möglich ist. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG ‑ insbesondere ohne Vorliegen eines Härtefalles ‑ der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes hat, nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
10Die vorliegende Fallgestaltung wird von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht erfasst, weil der Enkel des Klägers nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist, sondern seit März 1999 in Deutschland lebt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht so zu verstehen, dass die einzubeziehende Person nur im Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson im Aussiedlungsgebiet verblieben sein muss. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbeziehungsantrag vorliegen. Wer sich zu diesem Zeitpunkt (bereits) in Deutschland aufhält, ist nicht (mehr) „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Die vom Kläger vertretene Auslegung ist daher bereits im Wortlaut nicht angelegt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausdrücklich hervorgehoben, dass „Trennungen der Familien … beseitigt werden“ sollen.
11Vgl. BT-Drs. 17/13937, S. 12.
12Eine derartige Trennung liegt hier nicht vor, weil der Enkel des Klägers sich seit über 15 Jahren in Deutschland aufhält. Inwieweit sein Aufenthalt rechtlich abgesichert ist, ist im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ohne Bedeutung. Eine fehlende rechtliche Absicherung des Aufenthalts des Enkels in Deutschland bedeutet nicht, dass er „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und seines auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillens hat er seinen Wohnsitz in Deutschland, obwohl sein Aufenthalt hier derzeit nicht auf Dauer rechtlich gesichert ist.
13Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 30. April 2012 ‑ 11 A 2558/11 ‑, juris.
14Für die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe die Familie nicht nur als „physische Einheit“, sondern auch als „rechtliche Einheit“ zusammenführen wollen, ergibt sich aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt.
15Die vom Senat im
16Beschluss vom 17. April 2013 ‑ 11 E 37/13 ‑, juris,
17angestellte Überlegung, im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes sei insbesondere wegen der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 77/5515, S. 7) möglicherweise eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes zu berücksichtigen, ist durch die Neufassung und Änderung der bisher in § 27 Abs. 3 BVFG enthaltenen Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz überholt.
18b) Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG scheitert daran, dass sich der Enkel seit 1999 im Bundesgebiet aufhält und der Antrag des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung erst 13 Jahre später, nämlich am 22. März 2012, gestellt worden ist.
19Zwar enthält § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (ebenso wenig wie § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (jetzt wortgleich § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) gefolgert, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland und der Stellung eines Härtefallantrags bestehen muss.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248.
21Nach § 26 BVFG könne nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheides.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
23Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betreffend den Härtefallantrag eines Spätaussiedlers beansprucht für einen Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge entsprechende Geltung. Dem Spätaussiedler können hinsichtlich seines Antrags auf Einbeziehung seiner Familienangehörigen nicht weiter reichende Rechte zustehen als hinsichtlich seines Antrags auf eigene Aufnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Systematik des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass Personen, die aus den Aussiedlungsgebieten ausreisen, ohne zuvor ein Aufnahmeverfahren durchgeführt zu haben, nur dann einen Aufnahmebescheid erhalten können, wenn sie bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen und diesen Willen zeitnah zur Übersiedlung nach außen hin betätigt haben.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
25Ist aber der Spätaussiedlerwille im Falle des Härtefallantrags auf Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids zwingende Tatbestandsvoraussetzung, kann für den Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge in einen Aufnahmebescheid nichts anderes gelten.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 ‑ 11 A 926/14 ‑, juris.
27Denn die Einbeziehung soll ein potenzielles Aussiedlungshindernis für den Spätaussiedler zu dessen Gunsten ausräumen; die einzubeziehenden Personen haben insoweit keinen eigenen Anspruch.
28So die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 291.
29Der Kläger kann diese zwingende Tatbestandsvoraussetzung in Bezug auf die Einbeziehung seines Enkels nicht mehr erfüllen. Denn sein (heutiger) Spätaussiedlerwille kann sich nicht mehr darauf beziehen, dass sein Enkel die Aussiedlungsgebiete als Einzubeziehender verlässt und zum Zwecke der Herstellung der Einheit der Familie ins Bundesgebiet einreist, weil er sich bereits seit März 1999 in Deutschland aufhält.
30c) Ein in der Zulassungsbegründung erstmals behaupteter bis heute unbeschiedener Einbeziehungsantrag seines Enkels aus dem vor der Übersiedlung des Klägers geführten Aufnahmeverfahren ist nicht Gegenstand des vorliegenden (nur) vom Kläger geführten Verfahrens. Nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage konnten Einbeziehungsanträge nicht von der Bezugsperson, sondern nur von der einzubeziehenden Person gestellt werden.
31Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1999 ‑ 2 A 5680/98 ‑, juris, Rdnr. 22.
32Unabhängig davon legt der Kläger nicht hinreichend dar, dass ein solcher Antrag noch anhängig ist. Hierfür reicht der Hinweis auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Mai 2007 ‑ 5 K 1888/06 ‑ nicht aus. Aus diesem Tatbestand ergibt sich nicht, dass der Enkel bereits vor 1996 selbst einen Einbeziehungsantrag gestellt und gerade diesen Antrag weiterverfolgt hat, nachdem er in den Aufnahmebescheid des Klägers vom 10. September 1996 nicht einbezogen worden war. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht Minden im genannten Urteil zu Beginn der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Klage des Enkels sei unzulässig, soweit er seine nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Großvaters ‑ des Klägers ‑ begehre.
332. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
343. Die Sache hat auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Kläger formulierte Frage,
35„ob sich das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ tatsächlich darauf bezieht, dass der einzubeziehende Familienangehörige durchgängig im Herkunftsgebiet verblieben sein muss und ob der Wohnsitz tatsächlich noch im Zeitpunkt der Antragstellung der nachträglichen Einbeziehung bestanden haben muss oder ob sich das „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht auf den Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson bezieht,“
36lässt sich jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung, in der sich der einzubeziehende Familienangehörige bereits seit über 15 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhält ‑ wie unter 1. dargelegt ‑ ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
37Die weitere Frage,
38„ob der Gesetzgeber die „Einheit der Familie“ nur als physische Einheit bzw. Zusammenführung gemeint hat oder auch als rechtliche Einheit“,
39ist nach den Ausführungen unter 1. ohne Weiteres zu verneinen. Die vom Kläger hier angestellten Vermutungen zu Überlegungen des Gesetzgebers sind im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in keiner Weise angelegt.
40Soweit der Kläger auch im Zusammenhang mit einer seinen Enkel betreffenden „Härtefallsituation“ aufgrund gesundheitlicher Beschwerden auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verweist, formuliert er keine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels W. L. (im Folgenden: Enkel) in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG oder § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat. Ernstliche Zweifel daran zeigt die Antragsbegründung nicht auf.
6Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Einbeziehung seines Enkels in seinen Aufnahmebescheid ist nach der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. speziell zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt für den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11; ferner ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2014 ‑ 11 A 802/13 ‑, juris.
8Prüfungsmaßstab ist damit § 27 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554).
9a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung des Enkels des Klägers in seinen Aufnahmebescheid gemäߠ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht möglich ist. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG ‑ insbesondere ohne Vorliegen eines Härtefalles ‑ der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes hat, nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
10Die vorliegende Fallgestaltung wird von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht erfasst, weil der Enkel des Klägers nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist, sondern seit März 1999 in Deutschland lebt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht so zu verstehen, dass die einzubeziehende Person nur im Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson im Aussiedlungsgebiet verblieben sein muss. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbeziehungsantrag vorliegen. Wer sich zu diesem Zeitpunkt (bereits) in Deutschland aufhält, ist nicht (mehr) „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Die vom Kläger vertretene Auslegung ist daher bereits im Wortlaut nicht angelegt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausdrücklich hervorgehoben, dass „Trennungen der Familien … beseitigt werden“ sollen.
11Vgl. BT-Drs. 17/13937, S. 12.
12Eine derartige Trennung liegt hier nicht vor, weil der Enkel des Klägers sich seit über 15 Jahren in Deutschland aufhält. Inwieweit sein Aufenthalt rechtlich abgesichert ist, ist im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ohne Bedeutung. Eine fehlende rechtliche Absicherung des Aufenthalts des Enkels in Deutschland bedeutet nicht, dass er „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und seines auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillens hat er seinen Wohnsitz in Deutschland, obwohl sein Aufenthalt hier derzeit nicht auf Dauer rechtlich gesichert ist.
13Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 30. April 2012 ‑ 11 A 2558/11 ‑, juris.
14Für die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe die Familie nicht nur als „physische Einheit“, sondern auch als „rechtliche Einheit“ zusammenführen wollen, ergibt sich aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt.
15Die vom Senat im
16Beschluss vom 17. April 2013 ‑ 11 E 37/13 ‑, juris,
17angestellte Überlegung, im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes sei insbesondere wegen der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 77/5515, S. 7) möglicherweise eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes zu berücksichtigen, ist durch die Neufassung und Änderung der bisher in § 27 Abs. 3 BVFG enthaltenen Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz überholt.
18b) Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG scheitert daran, dass sich der Enkel seit 1999 im Bundesgebiet aufhält und der Antrag des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung erst 13 Jahre später, nämlich am 22. März 2012, gestellt worden ist.
19Zwar enthält § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (ebenso wenig wie § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (jetzt wortgleich § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) gefolgert, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland und der Stellung eines Härtefallantrags bestehen muss.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248.
21Nach § 26 BVFG könne nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheides.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
23Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betreffend den Härtefallantrag eines Spätaussiedlers beansprucht für einen Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge entsprechende Geltung. Dem Spätaussiedler können hinsichtlich seines Antrags auf Einbeziehung seiner Familienangehörigen nicht weiter reichende Rechte zustehen als hinsichtlich seines Antrags auf eigene Aufnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Systematik des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass Personen, die aus den Aussiedlungsgebieten ausreisen, ohne zuvor ein Aufnahmeverfahren durchgeführt zu haben, nur dann einen Aufnahmebescheid erhalten können, wenn sie bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen und diesen Willen zeitnah zur Übersiedlung nach außen hin betätigt haben.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
25Ist aber der Spätaussiedlerwille im Falle des Härtefallantrags auf Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids zwingende Tatbestandsvoraussetzung, kann für den Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge in einen Aufnahmebescheid nichts anderes gelten.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 ‑ 11 A 926/14 ‑, juris.
27Denn die Einbeziehung soll ein potenzielles Aussiedlungshindernis für den Spätaussiedler zu dessen Gunsten ausräumen; die einzubeziehenden Personen haben insoweit keinen eigenen Anspruch.
28So die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 291.
29Der Kläger kann diese zwingende Tatbestandsvoraussetzung in Bezug auf die Einbeziehung seines Enkels nicht mehr erfüllen. Denn sein (heutiger) Spätaussiedlerwille kann sich nicht mehr darauf beziehen, dass sein Enkel die Aussiedlungsgebiete als Einzubeziehender verlässt und zum Zwecke der Herstellung der Einheit der Familie ins Bundesgebiet einreist, weil er sich bereits seit März 1999 in Deutschland aufhält.
30c) Ein in der Zulassungsbegründung erstmals behaupteter bis heute unbeschiedener Einbeziehungsantrag seines Enkels aus dem vor der Übersiedlung des Klägers geführten Aufnahmeverfahren ist nicht Gegenstand des vorliegenden (nur) vom Kläger geführten Verfahrens. Nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage konnten Einbeziehungsanträge nicht von der Bezugsperson, sondern nur von der einzubeziehenden Person gestellt werden.
31Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1999 ‑ 2 A 5680/98 ‑, juris, Rdnr. 22.
32Unabhängig davon legt der Kläger nicht hinreichend dar, dass ein solcher Antrag noch anhängig ist. Hierfür reicht der Hinweis auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Mai 2007 ‑ 5 K 1888/06 ‑ nicht aus. Aus diesem Tatbestand ergibt sich nicht, dass der Enkel bereits vor 1996 selbst einen Einbeziehungsantrag gestellt und gerade diesen Antrag weiterverfolgt hat, nachdem er in den Aufnahmebescheid des Klägers vom 10. September 1996 nicht einbezogen worden war. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht Minden im genannten Urteil zu Beginn der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Klage des Enkels sei unzulässig, soweit er seine nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Großvaters ‑ des Klägers ‑ begehre.
332. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
343. Die Sache hat auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Kläger formulierte Frage,
35„ob sich das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ tatsächlich darauf bezieht, dass der einzubeziehende Familienangehörige durchgängig im Herkunftsgebiet verblieben sein muss und ob der Wohnsitz tatsächlich noch im Zeitpunkt der Antragstellung der nachträglichen Einbeziehung bestanden haben muss oder ob sich das „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht auf den Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson bezieht,“
36lässt sich jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung, in der sich der einzubeziehende Familienangehörige bereits seit über 15 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhält ‑ wie unter 1. dargelegt ‑ ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
37Die weitere Frage,
38„ob der Gesetzgeber die „Einheit der Familie“ nur als physische Einheit bzw. Zusammenführung gemeint hat oder auch als rechtliche Einheit“,
39ist nach den Ausführungen unter 1. ohne Weiteres zu verneinen. Die vom Kläger hier angestellten Vermutungen zu Überlegungen des Gesetzgebers sind im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in keiner Weise angelegt.
40Soweit der Kläger auch im Zusammenhang mit einer seinen Enkel betreffenden „Härtefallsituation“ aufgrund gesundheitlicher Beschwerden auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verweist, formuliert er keine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels W. L. (im Folgenden: Enkel) in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG oder § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat. Ernstliche Zweifel daran zeigt die Antragsbegründung nicht auf.
6Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Einbeziehung seines Enkels in seinen Aufnahmebescheid ist nach der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. speziell zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt für den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11; ferner ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2014 ‑ 11 A 802/13 ‑, juris.
8Prüfungsmaßstab ist damit § 27 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554).
9a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung des Enkels des Klägers in seinen Aufnahmebescheid gemäߠ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht möglich ist. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG ‑ insbesondere ohne Vorliegen eines Härtefalles ‑ der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes hat, nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
10Die vorliegende Fallgestaltung wird von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht erfasst, weil der Enkel des Klägers nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist, sondern seit März 1999 in Deutschland lebt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht so zu verstehen, dass die einzubeziehende Person nur im Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson im Aussiedlungsgebiet verblieben sein muss. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbeziehungsantrag vorliegen. Wer sich zu diesem Zeitpunkt (bereits) in Deutschland aufhält, ist nicht (mehr) „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Die vom Kläger vertretene Auslegung ist daher bereits im Wortlaut nicht angelegt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausdrücklich hervorgehoben, dass „Trennungen der Familien … beseitigt werden“ sollen.
11Vgl. BT-Drs. 17/13937, S. 12.
12Eine derartige Trennung liegt hier nicht vor, weil der Enkel des Klägers sich seit über 15 Jahren in Deutschland aufhält. Inwieweit sein Aufenthalt rechtlich abgesichert ist, ist im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ohne Bedeutung. Eine fehlende rechtliche Absicherung des Aufenthalts des Enkels in Deutschland bedeutet nicht, dass er „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und seines auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillens hat er seinen Wohnsitz in Deutschland, obwohl sein Aufenthalt hier derzeit nicht auf Dauer rechtlich gesichert ist.
13Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 30. April 2012 ‑ 11 A 2558/11 ‑, juris.
14Für die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe die Familie nicht nur als „physische Einheit“, sondern auch als „rechtliche Einheit“ zusammenführen wollen, ergibt sich aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt.
15Die vom Senat im
16Beschluss vom 17. April 2013 ‑ 11 E 37/13 ‑, juris,
17angestellte Überlegung, im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes sei insbesondere wegen der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 77/5515, S. 7) möglicherweise eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes zu berücksichtigen, ist durch die Neufassung und Änderung der bisher in § 27 Abs. 3 BVFG enthaltenen Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz überholt.
18b) Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG scheitert daran, dass sich der Enkel seit 1999 im Bundesgebiet aufhält und der Antrag des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung erst 13 Jahre später, nämlich am 22. März 2012, gestellt worden ist.
19Zwar enthält § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (ebenso wenig wie § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (jetzt wortgleich § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) gefolgert, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland und der Stellung eines Härtefallantrags bestehen muss.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248.
21Nach § 26 BVFG könne nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheides.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
23Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betreffend den Härtefallantrag eines Spätaussiedlers beansprucht für einen Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge entsprechende Geltung. Dem Spätaussiedler können hinsichtlich seines Antrags auf Einbeziehung seiner Familienangehörigen nicht weiter reichende Rechte zustehen als hinsichtlich seines Antrags auf eigene Aufnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Systematik des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass Personen, die aus den Aussiedlungsgebieten ausreisen, ohne zuvor ein Aufnahmeverfahren durchgeführt zu haben, nur dann einen Aufnahmebescheid erhalten können, wenn sie bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen und diesen Willen zeitnah zur Übersiedlung nach außen hin betätigt haben.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
25Ist aber der Spätaussiedlerwille im Falle des Härtefallantrags auf Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids zwingende Tatbestandsvoraussetzung, kann für den Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge in einen Aufnahmebescheid nichts anderes gelten.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 ‑ 11 A 926/14 ‑, juris.
27Denn die Einbeziehung soll ein potenzielles Aussiedlungshindernis für den Spätaussiedler zu dessen Gunsten ausräumen; die einzubeziehenden Personen haben insoweit keinen eigenen Anspruch.
28So die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 291.
29Der Kläger kann diese zwingende Tatbestandsvoraussetzung in Bezug auf die Einbeziehung seines Enkels nicht mehr erfüllen. Denn sein (heutiger) Spätaussiedlerwille kann sich nicht mehr darauf beziehen, dass sein Enkel die Aussiedlungsgebiete als Einzubeziehender verlässt und zum Zwecke der Herstellung der Einheit der Familie ins Bundesgebiet einreist, weil er sich bereits seit März 1999 in Deutschland aufhält.
30c) Ein in der Zulassungsbegründung erstmals behaupteter bis heute unbeschiedener Einbeziehungsantrag seines Enkels aus dem vor der Übersiedlung des Klägers geführten Aufnahmeverfahren ist nicht Gegenstand des vorliegenden (nur) vom Kläger geführten Verfahrens. Nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage konnten Einbeziehungsanträge nicht von der Bezugsperson, sondern nur von der einzubeziehenden Person gestellt werden.
31Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1999 ‑ 2 A 5680/98 ‑, juris, Rdnr. 22.
32Unabhängig davon legt der Kläger nicht hinreichend dar, dass ein solcher Antrag noch anhängig ist. Hierfür reicht der Hinweis auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Mai 2007 ‑ 5 K 1888/06 ‑ nicht aus. Aus diesem Tatbestand ergibt sich nicht, dass der Enkel bereits vor 1996 selbst einen Einbeziehungsantrag gestellt und gerade diesen Antrag weiterverfolgt hat, nachdem er in den Aufnahmebescheid des Klägers vom 10. September 1996 nicht einbezogen worden war. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht Minden im genannten Urteil zu Beginn der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Klage des Enkels sei unzulässig, soweit er seine nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Großvaters ‑ des Klägers ‑ begehre.
332. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
343. Die Sache hat auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Kläger formulierte Frage,
35„ob sich das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ tatsächlich darauf bezieht, dass der einzubeziehende Familienangehörige durchgängig im Herkunftsgebiet verblieben sein muss und ob der Wohnsitz tatsächlich noch im Zeitpunkt der Antragstellung der nachträglichen Einbeziehung bestanden haben muss oder ob sich das „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht auf den Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson bezieht,“
36lässt sich jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung, in der sich der einzubeziehende Familienangehörige bereits seit über 15 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhält ‑ wie unter 1. dargelegt ‑ ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
37Die weitere Frage,
38„ob der Gesetzgeber die „Einheit der Familie“ nur als physische Einheit bzw. Zusammenführung gemeint hat oder auch als rechtliche Einheit“,
39ist nach den Ausführungen unter 1. ohne Weiteres zu verneinen. Die vom Kläger hier angestellten Vermutungen zu Überlegungen des Gesetzgebers sind im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in keiner Weise angelegt.
40Soweit der Kläger auch im Zusammenhang mit einer seinen Enkel betreffenden „Härtefallsituation“ aufgrund gesundheitlicher Beschwerden auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verweist, formuliert er keine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrt die nachträgliche Einbeziehung seines Enkels, des am 00.00.0000 geborenen Herrn W. L. (nunmehr: L.), in seinen Aufnahmebescheid.
3Die Beklagte erteilte dem aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Kläger unter dem 10. September 1996 einen Aufnahmebescheid. Sie bezog mit Einbeziehungsbescheid vom selben Tage die Tochter des Klägers (Mutter des Herrn L.) und sieben Enkel des Klägers (Kinder der Tochter, Geschwister des Herrn L.) in den Aufnahmebescheid ein. In dem Einbeziehungsbegehren war ursprünglich auch Herr L. aufgeführt. Für ihn wurden jedoch trotz Erinnerung keine Personenstandsurkunden vorgelegt, so dass der Einbeziehungsbescheid ausdrücklich nicht unter seiner Einbeziehung erging. Der Kläger und seine Familie reisten Ende 1996 in die Bundesrepublik ein.
4Herr L. reiste im März 1999 mit einem Besuchsvisum nach. Er stellte am 6. April 2000 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 4. Februar 2002 bestandskräftig ablehnte.
5Mit Schreiben vom 23. August 2000, der Beklagten erst im Jahre 2002 zugegangen, stellte Herr L. einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers. Zur Begründung führte er an: Er habe 1996 nicht mit seiner Familie ausreisen können, da er seinerzeit nicht über Papiere verfügt habe. Der fehlende Besitz der Papiere sei darauf zurückzuführen, dass er im Dezember 1991 aufgrund von schweren Misshandlungen von der sowjetischen Armee desertiert sei. Diese habe sein Armeebuch und seinen Inlandspass einbehalten. Er habe die Dokumente erst im Jahre 1998 gegen Zahlung eines Betrages von 800 DM durch seine Großmutter zurückbekommen. Nachdem er seinen Reisepass erhalten habe, habe ihm die Mafia aufgelauert, ihn zusammengeschlagen, ihm seine Papiere abgenommen, ihn auf einen Friedhof verschleppt und gedroht, ihn zu töten, falls er an sie nicht einen Betrag von 2.000 DM entrichte. Seine Mutter habe ihm das Geld von Deutschland aus geschickt, woraufhin er es der Mafia gezahlt habe. Er habe sodann erneut einen Reisepass beantragt und erhalten und sei im März 1999 mit einem Besuchsvisum nach Deutschland gereist. Er habe einen Asylantrag gestellt, um die Bundesrepublik nicht verlassen zu müssen. Seine gesamte Familie lebe hier und besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe während seines Aufenthalts starke Herzprobleme und psychische Probleme bekommen, so dass er sich in psychiatrischer Behandlung befinde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Beiakte 2, Blatt 17 ff. verwiesen.
6Unter dem 20. Januar 2003 stellte Herr L. bei der Beklagten einen Antrag auf Aufnahme nach dem BVFG. Im Rahmen der Antragstellung gab er u. a. an, Deutschunterricht in der Schule erhalten zu haben, fast alles in deutscher Sprache zu verstehen, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen und Deutsch schreiben zu können.
7Die Beklagte lehnte den Aufnahmeantrag des Herrn L. mit Bescheid vom 20. Januar 2006 ab. Zur Begründung führte sie an, Herr L. habe sich nicht bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt.
8Mit Schreiben vom selben Tage teilte die Beklagte Herrn L. zugleich mit, eine Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers sei nicht möglich, da nach der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage ein wirksamer Einbeziehungsantrag nicht vorliege. Der Antrag auf Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers hätte aber auch nach der alten Rechtslage abgelehnt werden müssen, da der Kläger bereits im November 1996 Aufnahme im Bundesgebiet gefunden habe. Herr L. möge mitteilen, wenn er im Hinblick auf seinen Einbeziehungsantrag einen rechtsmittelfähigen Bescheid wünsche.
9Herr L. legte gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Aufnahmebescheides am 7. März 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2006 zurückwies. Zur Begründung führte sie ergänzend an, die Versagung des Aufnahmebescheides stelle keine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) dar.
10Herr L. erhob dagegen vor dem Verwaltungsgericht Minden am 22. Mai 2006 Klage (Az.: 5 K 1888/06), die das Gericht mit Urteil vom 25. Mai 2007 rechtskräftig abwies. In den Entscheidungsgründen heißt es u. a.: Die Klage sei unzulässig, soweit Herr L. die nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers begehre. Herrn L. fehle insoweit die Klagebefugnis, da ein Anspruch auf Einbeziehung seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 nur noch von der Bezugsperson, nicht hingegen von dem Einzubeziehenden geltend gemacht werden könne. Herr L. habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides. Eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) liege nicht vor. Unabhängig davon habe Herr L. sich auch nicht durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Beiakte 2, Blatt 156 ff. verwiesen.
11Der Kläger beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2012 die nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (nunmehr: BVFG a. F.). Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen das Vorbringen des Herrn L. aus dem von ihm betriebenen Aufnahmeverfahren. Er reichte eine ärztliche Bescheinigung über gesundheitliche Einschränkungen seiner Tochter, der Mutter des Herrn L., ein, in der es u. a. heißt, „die Ausweisung eines Kindes wäre sicherlich eine starke emotionale Belastung für die Patientin.“ Wegen der Einzelheiten der Bescheinigung wird auf Beiakte 1, Blatt 12 verwiesen.
12Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juli 2012 ab. Zur Begründung führte sie an: Herr L. sei kein gemäß § 27 Abs. 3 BVFG a. F. im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling. Er sei bereits im März 1999 in die Bundesrepublik eingereist. Seit dieser Zeit halte er sich ununterbrochen in Deutschland auf und werde von der Ausländerbehörde der Stadt Rostock geduldet. Auch eine Härte im Sinne der Vorschrift sei nicht gegeben. Da Herr L. bereits im Bundesgebiet lebe, sei eine Einbeziehung zur Aufhebung der räumlichen Trennung nicht erforderlich.
13Der Kläger erhob dagegen am 26. Juli 2012 Widerspruch und begründete diesen wie folgt: Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ beziehe sich auf den Zeitpunkt der Aussiedlung. Zu diesem Zeitpunkt habe Herr L. seinen Wohnsitz noch im Aussiedlungsgebiet gehabt. Eine Härte sei gegeben. Herr L. sei unmittelbar von Abschiebung bedroht. Da er das Aussiedlungsgebiet als Deserteur verlassen habe, sei eine Wiederbegründung des Wohnsitzes nicht möglich bzw. zumutbar.
14Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2012 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend an: „Im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sei nur eine Person, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ohne Unterbrechung im Aussiedlungsgebiet habe. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen seien daher Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder einem Drittstaat begründet hätten. Unschädlich seien nur Aufenthalte im Bundesgebiet oder einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie Urlaub, Verwandtenbesuche, Erledigung von Geschäftsangelegenheiten, Heilbehandlungen, zeitlich feststehende Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- bzw. Montageaufenthalte. Da Herr L. bereits seit 1999 im Bundesgebiet lebe und einen Wohnsitz in Deutschland habe, sei er nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“.
15Der Kläger hat dagegen am 18. September 2012 Klage erhoben.
16Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor:
17§ 27 Abs. 3 BVFG a. F. sei dahingehend auszulegen, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abgesehen werden könne, wenn diese Verpflichtung ihrerseits zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Eine solche Härte sei hier gegeben. Es bestehe seit der Einreise des Herrn L. nach Deutschland im Jahre 1999 eine Beistandsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Familienangehörigen, die mit Blick auf Art. 6 GG nicht auseinandergerissen werden dürfe. Die Situation stelle für ihn, den Kläger, und die gesamte Familie eine starke emotionale Belastung dar. Bleibe es bei der Ablehnung des Antrags auf Einbeziehung, sei Herr L. das einzige Familienmitglied, das – unter Bedrohung von Leben und Gesundheit – isoliert im Herkunftsgebiet sein Dasein fristen müsste.
18Unabhängig davon sei Herr L. durchaus gemäß § 27 Abs. 3 BVFG a. F. im Aussiedlungsgebiet verblieben. Er halte sich im Bundesgebiet nur geduldet auf. Die rechtliche Möglichkeit, einen Wohnsitz tatsächlich zu begründen, werde ihm verwehrt.
19Der Kläger reicht ein Zertifikat der Kreisvolkshochschule Vorpommern-Rügen vom 21. Januar 2014 ein, wonach Herr L. die Prüfung „Deutsch A1“ am 14. Januar 2014 mit „gut“ bestanden hat. Wegen der Einzelheiten des Zertifikats wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
20Der Kläger rügt, die Beklagte habe über Einbeziehungsanträge des Herrn L. aus den Jahren 1996 und 2000 noch nicht abschließend entschieden. Er erklärt, der Einbeziehungsantrag im vorliegenden Verfahren solle auch unter dem Gesichtspunkt des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n. F.) geprüft werden.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 zu verpflichten, seinen Enkel, Herrn W. L. , nachträglich in seinen Aufnahmebescheid einzubeziehen,
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Herr L. sei nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben. Der Begründung des Wohnsitzes in Deutschland stehe nach der Rechtsprechung des OVG NRW (zitiert wird das Urteil vom 30. August 2012 – 11 A 2558/11) nicht der Umstand entgegen, dass die Verwirklichung des Willens zum dauernden Aufenthalt von ausländerrechtlichen Genehmigungen abhänge. Würden diese nicht erteilt oder verlängert, führe dies zwar notwendig zur Aufgabe der Niederlassung und damit zum Wegfall der Voraussetzungen eines Wohnsitzes. Die insoweit in der Regel bestehenbleibende rechtliche Ungewissheit schließe aber, solange die mit der Verlegung des räumlichen Lebensmittelpunktes verbundene Niederlassung tatsächlich bestehe, den auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillen und damit die Begründung des Wohnsitzes nicht aus. Neben der tatsächlichen Aufgabe der Niederlassung verlange die Aufhebung des Wohnsitzes einen Willensakt, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse nicht am bisherigen Wohnsitz zu belassen. Dieser Aufgabewille sei anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und könne häufig aus der Tatsache hergeleitet werden, dass die bisherige Niederlassung für lange Dauer verlassen und ein neuer Wohnsitz begründet worden sei. Gemessen daran habe Herr L. das Aussiedlungsgebiet unter Aufgabe seines Wohnsitzes im März 1999 endgültig verlassen. Dafür spreche insbesondere, dass er im Herkunftsgebiet keine familiären Bindungen mehr besitze und in seinem Einbeziehungsantrag vom 23. August 2000 angegeben habe, die Bundesrepublik nicht wieder verlassen zu wollen.
26Im Übrigen fehle es an der für die Einbeziehung erforderlichen (besonderen) Härte. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, bis Anfang 1999 im Herkunftsgebiet zu verbleiben und abzuwarten, bis Herr L. die für die Einbeziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen zusammengestellt habe.
27Die 2. Kammer hat den von dem Kläger gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 abgelehnt. Das OVG NRW hat diesen Beschluss auf die Beschwerde des Klägers geändert und dem Kläger mit Beschluss vom 17. April 2013 (Az.: 11 E 37/13 – juris) Prozesskostenhilfe bewilligt. Es hat die Frage als klärungsbedürftig angesehen, ob und inwieweit das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. zu prüfen ist. Wegen der Einzelheiten der PKH-Beschlüsse wird auf Blatt 30-32 und Blatt 65-66 der Gerichtsakte verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage ist unbegründet.
30Die Ablehnung des Antrags auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in den Aufnahmebescheid des Klägers ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
31Der Kläger hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.).
32Danach kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene [Hervorhebung nur hier] Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
33Herr L. ist nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Er hält sich seit März 1999 ununterbrochen in Deutschland auf, will hier bleiben und hat nach eigenen Angaben im Aussiedlungsgebiet keine familiären Beziehungen.
34Soweit der Kläger demgegenüber geltend macht, Herr L. sei durchaus im Aussiedlungsgebiet verblieben, da er sich hier nur geduldet aufhalte und ihm die Möglichkeit, einen Wohnsitz zu begründen, verwehrt werde, teilt das Gericht diese Einschätzung nicht. Der Begründung eines Wohnsitzes steht nicht der Umstand entgegen, dass die Verwirklichung des Willens zum dauernden Aufenthalt von ausländerrechtlichen Genehmigungen abhängig ist. Werden sie nicht erteilt oder verlängert, so führt dies zwar notwendig zur Aufgabe der Niederlassung und damit zum Wegfall der Voraussetzungen eines Wohnsitzes. Die insoweit in der Regel bestehenbleibende rechtliche Ungewissheit schließt aber, solange die mit der Verlegung des räumlichen Lebensmittelpunktes verbundene Niederlassung tatsächlich besteht, den auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillen nicht aus.
35Vgl. OVG NRW, Urt. vom 30. August 2012 – 11 A 2558/11 – juris Rdnr. 46 m. w. N.; Beschl. vom 16. Juli 2013 – 11 A 2624/12 – nicht veröffentlicht.
36Auch das OVG NRW ist in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 davon ausgegangen, dass Herr L. nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben ist.
37Der Kläger dringt mit seinem Einwand nicht durch, § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.) sei dahingehend auszulegen, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abgesehen werden könne, wenn diese Verpflichtung ihrerseits zu einer unzumutbaren Härte führen würde.
38Die vom OVG NRW in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 aufgeworfene Frage, ob und inwieweit das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. (nunmehr: § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. (nunmehr: § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG) zu prüfen ist, ist nach Ansicht der Kammer zu verneinen.
39Die vom OVG NRW erwogene Prüfung ist im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht angelegt. Dort ist nicht – etwa in Gestalt eines zweiten Halbsatzes – davon die Rede, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abzusehen ist oder abgesehen werden kann, wenn diese Verpflichtung eine besondere Härte bedeuten würde.
40Die systematische Auslegung der Norm spricht ebenfalls dagegen, eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auch im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG zu berücksichtigen. Das Gesetz differenziert ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung – bei vor der Ausreise gestelltem Aufnahmeantrag – (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG) und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG). Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung bezogene „besondere Härte“ – systemwidrig – in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG hineingelesen würde. Soweit das OVG NRW in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 ausgeführt hat, ein – indirekter – Hinweis auf die Berücksichtigung einer besonderen Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F. finde sich in § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG a. F., der ausdrücklich (auch) unanfechtbar abgeschlossene Einbeziehungsverfahren nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. benenne, ist dieser Überlegung durch das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG die Grundlage entzogen. Denn seit der Gesetzesänderung ist das Wiederaufgreifensverfahren in Hinsicht auf sämtliche Aufnahme- bzw. Einbeziehungstatbestände separat in § 27 Abs. 3 BVFG geregelt.
41Die entstehungsgeschichtliche bzw. teleologische Auslegung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG führt zu keinem von dem zuvor Gesagten abweichenden Ergebnis. Sie bestätigt eher die vorherige Auslegung.
42Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Die gesetzliche Regelung ging zurück auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. April 2011 (BT-Drs. 17/5515). In dem Gesetzentwurf heißt es auf Seite 9:
43„Die Einbeziehung nach Absatz 1 soll die gemeinsame Aussiedlung der Familie ermöglichen und damit ein mögliches Ausreisehindernis für den Spätaussiedler beseitigen. Im Gegensatz hierzu erfolgt die nachträgliche Einbeziehung nach Absatz 3 ausnahmsweise nach der Aussiedlung des Spätaussiedlers. Hierdurch soll in Härtefällen eine dauerhafte Familientrennung vermieden und so auch die Integration des Spätaussiedlers in Deutschland weiter gefördert werden. Die Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, besteht weiterhin. Von der Verpflichtung, die Erteilung des Aufnahmebescheides bzw. die Einbeziehung im Herkunftsgebiet abzuwarten, macht nur Absatz 2 im Fall einer besonderen Härte eine Ausnahme. Hierbei handelt es sich um den in der Praxis seltenen Fall, dass die Beachtung der Regelungen des Aufnahmeverfahrens zu einem in hohem Maße unbilligen Ergebnis führen würde.“
44Aus den beiden zuletzt zitierten Sätzen lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit Schluss ziehen, die in § 27 Abs. 2 BVFG a. F. genannte „besondere Härte“ habe nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. Berücksichtigung finden sollen. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in der Gesetzesbegründung bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Die Gesetzesbegründung befasst sich in der Folge lediglich relativ ausführlich mit den „sonstigen Voraussetzungen“ und der „(einfachen) Härte“ im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F.
45Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung eine Möglichkeit schaffen wollen, auch diejenigen Familienmitglieder von der nachträglichen Einbeziehung zu erfassen, die – wie Herr L. – ohne einen Einbeziehungsbescheid das Herkunftsland verlassen haben und hier weder vertriebenenrechtlich Aufnahme gefunden noch ausländerrechtlich einen gesicherten Aufenthalt erlangt haben, spricht, dass er im Gesetzgebungsverfahren dem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion nicht entsprochen hat.
46Vgl. zu dem Antrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4 f.; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
47Mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ist von der Gesetzesänderung indes nicht betroffen gewesen. Den Gesetzesmaterialien,
48vgl. insbesondere den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 22. August 2012, Drs. 17/10511, und die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. Juni 2013, Drs. 17/13937,
49lässt sich nichts Substantielles dafür entnehmen, dass die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angesprochene besondere Härte im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG Berücksichtigung finden soll.
50Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.)
51Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
52Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einer besonderen Härte. Der Kläger trägt, was die Beklagte zutreffend rügt, nichts dazu vor, dass es ihm nicht möglich war, bis Anfang 1999 im Aussiedlungsgebiet zu verbleiben und abzuwarten, bis Herr. L. die für die Einbeziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen zusammengestellt hatte. Soweit der Kläger geltend macht, es bestehe seit der Einreise des Herrn L. nach Deutschland eine Beistandsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Familienangehörigen, die mit Blick auf Art. 6 GG nicht auseinandergerissen werden dürfe, stellt dies keine besondere Härte im vertriebenenrechtlichen Sinne dar. Diesem Umstand mag allenfalls ausländerrechtlich durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung Rechnung getragen werden.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Dem 1943 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger, der 1944 durch die Einwandererzentralstelle (EWZ) in den deutschen Staatsverband eingebürgert worden war, erhielt unter dem 07.01.1957 zusammen mit seiner Mutter und seinen Schwestern eine vertriebenenrechtliche Übernahmegenehmigung im sog. D 1 -Verfahren. Mit Schreiben vom 25.03.1999 teilte das Bundesverwaltungsamt auf Anfrage einer der in Deutschland lebenden Schwestern des Klägers mit: Die seinerzeit erteilte Übernahmegenehmigung habe weiter Bestand. Sie berechtige jedoch lediglich zur einmaligen Einreise nach Deutschland, um hier ein Verfahren zur Anerkennung als Spätaussiedler zu betreiben. Die Übernahmegenehmigung könne nicht nach § 100 Abs. 4 BVFG einem Aufnahmebescheid gleichgesetzt werden. Mit Schreiben vom 06.07.2001 teilte die deutsche Botschaft in Moskau dem Bundesverwaltungsamt mit: Der Kläger habe ein Visum beantragt. Es werde davon ausgegangen, dass seine Ehefrau erst später im Rahmen der Familienzusammenführung einreisen könne. Es werde um Genehmigung des beantragten Visums gebeten.
3Mit Antwortschreiben vom 17.07.2001 teilte das Bundesverwaltungsamt der Deutschen Botschaft mit: Die dem Kläger 1957 erteilte Übernahmegenehmigung sei nach wie vor gültig. Umstände, die der Erteilung eines Visums entgegen stünden, seien nicht bekannt. Über die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen nach dem BVFG entschieden nach Einreise ausschließlich die örtlich zuständigen Behörden.
4Der Kläger reiste am 12.09.2001 nach Deutschland ein und erhielt am 14.09.2001 einen Registrierschein. Die Stadt Oelde erteilte ihm unter dem 06.02.2002 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. In einem Vermerk der Stadt Oelde vom 06.02.2002 (Bl. 48 der Beiakte 2) heißt es dazu: Der Kläger stamme laut der vorliegenden Übernahmegenehmigung von einer deutschen Mutter ab. In vorgelegten sowjetischen Dokumenten sei die deutsche Nationalität eingetragen. Die deutsche Sprache werde beherrscht; mit dem Kläger hätten seit seinem Zuzug nach Oelde die Gespräche in deutscher Sprache ohne Übersetzer geführt werden können.
5Die Ehefrau des Klägers reiste nach seinen Angaben 2003 nach Deutschland ein und hält sich seitdem hier auf.
6Mit Schreiben vom 28.09.2012 beantragte der Kläger bei dem Bundesverwaltungsamt die Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Der Kläger gab an: Die Ehe bestehe seit 1964. Als sie die Ausreise nach Deutschland geplant hätten, hätten die Eheleute bei der Deutschen Auslandsvertretung in Moskau nachgefragt, ob die Ehefrau nicht einbezogen werden könne, weil er, der Kläger, eine Übernahmegenehmigung habe. Ihnen sei erklärt worden, der Ehemann solle zunächst nach Deutschland kommen, dann solle er für seine Ehefrau eine Nachzugsgenehmigung beantragen. Sie seien nicht darüber aufgeklärt worden, dass ihm, dem Kläger, ein Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau hätte erteilt werden müssen. Falsch sei insbesondere die seinerzeit schriftlich geäußerte Auffassung des Bundesverwaltungsamtes, dass die Übernahme in die Genehmigung nicht einem Aufnahmebescheid nach § 100 Abs. 4 BVFG gleichgesetzt werden können. Er, der Kläger, habe deshalb einen Anspruch darauf, dass ihm jedenfalls nunmehr ein Aufnahmebescheid unter Einbeziehung seiner Ehefrau erteilt werde. Dies sei noch ein Fall des § 27 Abs. 2 BVFG (a.F.).
7Das Bundesverwaltungsamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26.10.2012 formlos mit, eine nachträgliche Einbeziehung der im Bundesgebiet lebenden Ehefrau nach § 27 Abs. 2 BVFG komme nicht in Betracht.
8Der Kläger hat am 04.12.2012 Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und macht ergänzend geltend: Nur durch ein grobes Verschulden des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau sei er daran gehindert worden, vor seiner Ausreise für seine Ehefrau einen förmlichen Einbeziehungsantrag zu stellen. Wenn sich die Beklagte nunmehr auf den fehlenden Einbeziehungsantrag vor der Ausreise berufe, so handele sie rechtsmissbräuchlich. Eine besondere Härte habe im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG schon wegen der seit 1964 bestehenden Ehe vorgelegen, im Übrigen aber auch deshalb, weil er, der Kläger, zum Zeitpunkt der Ausreise deutscher Staatsangehöriger gewesen sei. Abgesehen davon komme es nach Inkrafttreten des 10. BVFG-Änderungsgesetzes auf einen Härtefall nicht mehr an. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass eine nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Beschränkung möglich sei. Die nachträgliche Einbeziehung werde zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung trete. Dabei spiele es keine Rolle, dass seine Ehefrau sich zum Zeitpunkt des Einbeziehungsantrags schon als Ausländerin in Deutschland aufgehalten habe.
9Der Kläger hat ferner eine unter dem 09.01.2006 für seine Ehefrau ausgestellte „Teilnahmebestätigung und Beurteilung Start Deutsch 1“ vorgelegt. Er macht geltend, nach der vorliegend anzuwendenden ausländerrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Nachzug des Ehegatten im Übrigen auch ohne deutsche Sprachkenntnisse möglich.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau, B. L. , zu erteilen,
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält an ihrer im Verwaltungsverfahren ohne förmliche Bescheiderteilung geäußerten Auffassung fest, die Voraussetzungen für eine Härtefalleinbeziehung lägen nicht vor. Die Beklagte macht ferner geltend, eine nachträgliche Einbeziehung ohne Härtegründe nach der durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz neu eingeführten Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG komme nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei und damit bereits nicht unter den Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. falle.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist nach § 75 VwGO zulässig mit der Maßgabe, dass ein Rechtsschutzinteresse nur im Hinblick auf die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau des Klägers besteht; seine eigene Rechtsposition als Spätaussiedler kann der Kläger, dem bereits eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt worden ist, durch einen nachträglichen Aufnahmebescheid nicht mehr verbessern.
17Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Soweit der Rechtskreis eines Spätaussiedlers auch die – insoweit von Art. 6 GG geschützte – Berechtigung umfasst, den Ehegatten in den eigenen Aufnahmebescheid einbeziehen zu lassen, kann dies hier nicht greifen, weil eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers aus den im Folgenden näher dargestellten Gründen nicht möglich ist. Die fehlende Einbeziehungsmöglichkeit hat zur Folge, dass bereits der Aufnahmebescheid („zum Zwecke der Einbeziehung“) - der die persönliche Stellung des bereits als Spätaussiedler anerkannten Klägers nicht verbessern würde - nicht beansprucht werden kann,
18vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 26.05.2009 – 12 A 3340/07 -, juris, Rn. 5.
19Die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau ist zunächst nicht als Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der mit Wirkung vom 14.09.2013 in Kraft getretenen Fassung des 10. BVFG-Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I 3554) möglich. Die Vorschrift hat denselben Wortlaut wie § 27 Abs. 2 BVFG a.F. und ermöglicht ein Absehen vom Wohnsitzerfordernis des § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG alter wie neuer Fassung, „wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen“. Die sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen sind in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. geregelt, dort heißt es – insoweit bis auf das nunmehr auf volljährige Abkömmlinge beschränkte Spracherfordernis gleichlautend mit § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der bis zum 13.09.2013 geltenden Fassung -:
20„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe mindestens drei Jahre besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen.“
21Diese Voraussetzungen sind in der Person der Ehefrau des Klägers nicht erfüllt. In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten, ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige“ Voraussetzung unabhängig von einer ggf. im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht,
22vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28.07.2005 – 5 B 134.04 -, juris; Beschluss vom 30.10.2006 – 5 B 55/06 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2005 – 2 A 2383/05 -; Beschluss vom 21.02.2006 – 2 A 4798/05 -, juris; Beschluss vom 08.08.2006 - 12 A 4189/05 -, juris, Beschluss vom 13.02.2008 – 12 A 4479/06 -, juris, jeweils mit weiterem Nachweis.
23An einem solchen Antrag fehlt es hier. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F., was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. ist, ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags auf Härtefallanträge weiter anwendbar.
24Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der nachträglichen Einbeziehung – dies allerdings ausdrücklich nur für „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht etwa obsolet geworden; vielmehr besteht nunmehr eine „weitere Option“,
25so ausdrücklich die Begründung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu seiner im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Beschlussempfehlung vom 12.06.2013, Bundestags-Drucksache 17/13937,
26die dem Ziel dient, die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung ist es, der Trennung von Familien entgegenzuwirken. Weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Materialien ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Status der bereits seit Jahren in Deutschland lebenden Ehegatten und Abkömmlingen von Spätaussiedlern verbessern wollte, die auf ausländerrechtlicher Grundlage und nicht als in den Aufnahmebescheid einbezogene Angehörige ihren Wohnsitz in Deutschland begründet haben.
27Ob die Stellung eines Aufnahme- und Einbeziehungsantrags vor der Ausreise hier aufgrund einer schuldhaft falsch erteilten Rechtsauskunft des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau - die u.a. von nicht ausreichenden Deutschkenntnissen des Klägers ausging - unterblieben ist und darin eine „besondere Härte“ liegt, kann dahinstehen, da dies allenfalls einen Amtshaftungsanspruch begründen, nicht aber die unterbliebene Antragstellung als notwendige „sonstige Voraussetzung“ ersetzen könnte.
28Unabhängig von dem Vorstehenden scheitert eine Härtefalleinbeziehung der Ehefrau des Klägers auch daran, dass die Übersiedlung der Ehefrau in das Bundesgebiet seit Jahren abgeschlossen ist. Das Bundesvertriebenengesetz enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags; aus dem Gesetzeszweck, die Einreise und Integration von Spätaussiedlern und ihrer Ehegatten und Abkömmlinge nach näher bestimmten Maßgaben zu regulieren, folgt aber, dass Anträge im Aufnahmeverfahren für Personen, die sich bereits im Bundesgebiet aufhalten, auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. (§ 27 Abs. 2 BVFG a.F.) erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung des Betreffenden - sei es des Spätaussiedlers selbst, sei es des Ehegatten oder Abkömmlings - gestellt werden müssen.
29Dies hat das Bundesverwaltungsgericht, dessen Rechtsprechung die Kammer folgt, für den originären Aufnahmeantrag des Spätaussiedlers bereits entschieden,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 5 C 23.11 -, juris.
31Die in dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angestellten Überlegungen gelten sinngemäß auch für den Fall, dass die Bezugsperson selbst mit einem Aufnahmebescheid oder - wie hier - mit einer Übernahmegenehmigung eingereist ist und die Einbeziehung des auf ausländerrechtlicher Grundlage mit eingereisten oder - wie hier - nachgereisten Ehegatten in den vorhandenen bzw. im Fall einer Übernahmegenehmigung zum Zeck der Einbeziehung ggfls. noch zu erteilenden Aufnahmebescheid beantragt. Jedenfalls mit Blick auf den einzubeziehenden Ehegatten oder Abkömmling würde der Gesetzeszweck verfehlt, wenn ein entsprechender Antrag - wie hier - erst mehrere Jahre nach der Einreise des Ehegatten oder Abkömmlings und damit zu einem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Übersiedlungsvorgang längst abgeschlossen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der o.a. Entscheidung das Erfordernis der Antragstellung im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise aus einer Reihe von Erwägungen hergeleitet und u.a. darauf abgestellt,
32- bereits der Gesetzeswortlaut, nämlich die Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“, lasse auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012, - 5 C 23.11., juris Rn. 9),
33- in diese Richtung deute auch die Entstehungsgeschichte mit der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vermehrt einsetzende Zuwanderung von Aussiedlern bzw. Spätaussiedlern aus Osteuropa zu regulieren und zu begrenzen (juris Rn. 10 f.),
34- auch die systematische Auslegung lege ein solches Verständnis nahe (juris, Rn. 12 ff., siehe hier insbesondere Rn. 16 mit der Erörterung des § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG betreffend die Einbeziehung von nach der Ausreise geborenen Abkömmlingen),
35- schließlich spreche auch der Zweck des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes – die Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs – dafür, dass der Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung geltend gemacht werde (juris, Rn. 21 f.),
36- ferner spreche auch die durch das Bundesvertriebenengesetz intendierte Integration der Betreffenden im Bundesgebiet, etwa durch Integrationskurse gemäß § 9 Abs. 1 BVFG, für eine solche Auslegung (juris, Rn. 23).
37Alle diese Erwägungen gelten nicht nur für den Spätaussiedler selbst, sondern auch für ebenfalls übersiedelnde Ehegatten oder Abkömmlinge. Durch die ausschließlich „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – und nicht etwa bereits im Bundesgebiet lebende - Ehegatten und Abkömmlinge betreffende Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. sind diese Überlegungen auch keineswegs gegenstandlos geworden, sondern für Härtefallanträge weiterhin relevant.
38Eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers in einen diesem noch zu erteilenden Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. ist bereits nach dessen Wortlaut ausgeschlossen, weil die Ehefrau nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht einer Anwendung auf die Ehefrau des Klägers entgegen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Danach ist für eine nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehene Härtefalleinbeziehung im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.,
39erwogen und offengelassen in OVG NRW, Beschluss vom 17.04.2013 - 11 E 37/13 -, juris, Rn. 7, für die Vorgängervorschrift des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes vom 04.12.2011 (BGBl. I 2426),
40kein Raum, weil das Gesetz ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F.) - bei vor der Ausreise gestelltem Einbeziehungsantrag - und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.) differenziert. Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Ausreise bezogene „besondere Härte“ - systemwidrig - in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. hineingelesen würde.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die Rechtsverfolgung des Klägers aus den Gründen zu II. nicht die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
3II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
41. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
6Der mit einer Übernahmegenehmigung vom 7. November 1957 am 12. September 2001 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Kläger erhielt in Anwendung der Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 4 BVFG am 6. Februar 2002 von der Stadt P. eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG als Spätaussiedler. Unter dem 28. September 2012 hat er einen Aufnahmebescheid beantragt, damit seine im Jahr 2003 nach Deutschland übergesiedelte Ehefrau B. L. in diesen Aufnahmebescheid einbezogen werden kann. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass ein solcher Anspruch nicht besteht. Ernstliche Zweifel hiergegen legt der Kläger mit dem Zulassungsantrag nicht dar.
7Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Erteilung eines Aufnahmebescheides ‑ und damit auch die Einbeziehung seiner Ehefrau in diesen Aufnahmebescheid ‑ ist nach der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Rechtslage zu beurteilen.
8Vgl. speziell zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt für den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11; ferner ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2014 ‑ 11 A 802/13 ‑, juris.
9Prüfungsmaßstab ist damit § 27 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554). Zwar kann der Kläger seine eigene Rechtsposition ‑ er ist bereits Spätaussiedler ‑ nicht mehr verbessern. Sein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich aber daraus, dass er sein Begehren auf Einbeziehung seiner Ehefrau anders nicht erreichen kann.
10Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 ‑ 5 C 32.00 ‑, NVwZ-RR 2002, 388 (389).
11Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nebst Einbeziehung seiner Ehefrau als Härtefall nicht mehr beanspruchen kann, weil die „sonstigen Voraussetzungen“ für eine Nachholung der Eintragung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht vorliegen. Es fehlt an einem vom Kläger als Bezugsperson vor seiner Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet ausdrücklich gestellten Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“. Ein Antrag „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ setzt begrifflich voraus, dass er vor der Ausreise der Bezugsperson gestellt wird, weil das Tatbestandsmerkmal „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ nach Ausreise der Bezugsperson nicht mehr erfüllt werden kann.
12Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2005 ‑ 5 B 134.04 ‑, juris; ferner etwa OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2005 ‑ 2 A 2383/05 ‑, juris, Rdnr. 30; OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2008 ‑ 12 A 4479/06 ‑, juris, m. w. N. zu dem insoweit gleichlautenden § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.
13Einen solchen Antrag hat der Kläger nicht gestellt.
14Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auch daran scheitert, dass die Übersiedlung seiner Ehefrau in das Bundesgebiet seit Jahren abgeschlossen ist.
15Zwar enthält § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (ebenso wenig wie § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrages. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (jetzt wortgleich § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) gefolgert, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland und der Stellung eines Härtefallantrags bestehen muss.
16Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248.
17Nach § 26 BVFG können nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids.
18Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
19Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betreffend den Härtefallantrag eines Spätaussiedlers für einen Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten (oder der Abkömmlinge) entsprechende Geltung beansprucht. Dem Spätaussiedler können hinsichtlich seines Antrags auf Einbeziehung seiner Familienangehörigen nicht weiter reichende Rechte zustehen als hinsichtlich seines Antrags auf eigene Aufnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Systematik des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass Personen, die aus den Aussiedlungsgebieten ausreisen, ohne zuvor ein Aufnahmeverfahren durchgeführt zu haben, nur dann einen Aufnahmebescheid erhalten können, wenn sie bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen und diesen Willen zeitnah zur Übersiedlung nach außen hin betätigt haben.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
21Ist aber der Spätaussiedlerwille im Falle des Härtefallantrags auf Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids zwingende Tatbestandsvoraussetzung, kann für den Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge in einen Aufnahmebescheid nichts anderes gelten.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 ‑ 11 A 926/14 ‑, juris.
23Denn die Einbeziehung soll ein potenzielles Aussiedlungshindernis für den Spätaussiedler zu dessen Gunsten ausräumen; die einzubeziehenden Personen haben insoweit keinen eigenen Anspruch.
24So die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 291.
25Der Kläger kann diese zwingende Tatbestandsvoraussetzung in Bezug auf die Einbeziehung seiner Ehefrau nicht mehr erfüllen. Denn sein (heutiger) Spätaussiedlerwille kann sich nicht mehr darauf beziehen, dass seine Ehefrau die Aussiedlungsgebiete als Einzubeziehende verlässt und zum Zwecke der Herstellung der Einheit der Familie ins Bundesgebiet einreist. Vielmehr ist ihre Aussiedlung bereits seit dem Jahr 2003 abgeschlossen. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger sich vor seiner Ausreise im Jahr 2001 zusammen mit seiner Ehefrau nach den Möglichkeiten einer Übersiedlung erkundigt hat, dass und warum er vor seiner Ausreise keinen Aufnahmebescheid beantragt hat, und dass seine Ehefrau ursprünglich mit ihm zusammen ausreisen wollte. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Spätaussiedlerwille nur durch einen Aufnahmeantrag nach außen hin betätigt werden.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (252).
27Einen Aufnahmeantrag bzw. Antrag auf Einbeziehung seiner Ehefrau hat der Kläger zeitnah weder zu seiner Übersiedlung im Jahr 2001 noch zu ihrer Übersiedlung im Jahr 2003 gestellt. Das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz hat nichts daran geändert, dass der Spätaussiedlerwille zeitnah zur Übersiedlung betätigt werden muss. Der Hinweis des Klägers auf die Wohnsitzfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG führt daher hier nicht weiter.
28Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers in einen ihm zu erteilenden Aufnahmebescheid auch gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht möglich ist. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG ‑ insbesondere ohne Vorliegen eines Härtefalles ‑ der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes hat, nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die vorliegende Fallgestaltung wird von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht erfasst, weil die Ehefrau des Klägers nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist, sondern seit 2003 in Deutschland lebt.
292. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
303. Die Sache hat auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Kläger formulierte Frage,
31„ob § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n. F. auch den Fall erfasst, dass eine Person, die sich ohne Aufnahmebescheid in Deutschland aufhält, auch dann eine Einbeziehung verlangen kann, wenn der Partner selbst in Deutschland lebt“,
32lässt sich ‑ wie unter 1. dargelegt ‑ aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
334. Der schließlich noch geltend gemachte Verfahrensfehler nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wird mit dem Vortrag „das Gericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, weil es nämlich eine Antragstellung vor der Ausreise verneint“, bereits nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
35Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
37Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels W. L. (im Folgenden: Enkel) in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG oder § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat. Ernstliche Zweifel daran zeigt die Antragsbegründung nicht auf.
6Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Einbeziehung seines Enkels in seinen Aufnahmebescheid ist nach der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. speziell zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt für den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11; ferner ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2014 ‑ 11 A 802/13 ‑, juris.
8Prüfungsmaßstab ist damit § 27 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554).
9a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass eine Einbeziehung des Enkels des Klägers in seinen Aufnahmebescheid gemäߠ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht möglich ist. Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG ‑ insbesondere ohne Vorliegen eines Härtefalles ‑ der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes hat, nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
10Die vorliegende Fallgestaltung wird von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht erfasst, weil der Enkel des Klägers nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist, sondern seit März 1999 in Deutschland lebt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht so zu verstehen, dass die einzubeziehende Person nur im Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson im Aussiedlungsgebiet verblieben sein muss. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbeziehungsantrag vorliegen. Wer sich zu diesem Zeitpunkt (bereits) in Deutschland aufhält, ist nicht (mehr) „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Die vom Kläger vertretene Auslegung ist daher bereits im Wortlaut nicht angelegt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausdrücklich hervorgehoben, dass „Trennungen der Familien … beseitigt werden“ sollen.
11Vgl. BT-Drs. 17/13937, S. 12.
12Eine derartige Trennung liegt hier nicht vor, weil der Enkel des Klägers sich seit über 15 Jahren in Deutschland aufhält. Inwieweit sein Aufenthalt rechtlich abgesichert ist, ist im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ohne Bedeutung. Eine fehlende rechtliche Absicherung des Aufenthalts des Enkels in Deutschland bedeutet nicht, dass er „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und seines auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillens hat er seinen Wohnsitz in Deutschland, obwohl sein Aufenthalt hier derzeit nicht auf Dauer rechtlich gesichert ist.
13Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 30. April 2012 ‑ 11 A 2558/11 ‑, juris.
14Für die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe die Familie nicht nur als „physische Einheit“, sondern auch als „rechtliche Einheit“ zusammenführen wollen, ergibt sich aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt.
15Die vom Senat im
16Beschluss vom 17. April 2013 ‑ 11 E 37/13 ‑, juris,
17angestellte Überlegung, im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes sei insbesondere wegen der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 77/5515, S. 7) möglicherweise eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG in der Fassung des Neunten BVFG-Änderungsgesetzes zu berücksichtigen, ist durch die Neufassung und Änderung der bisher in § 27 Abs. 3 BVFG enthaltenen Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz überholt.
18b) Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung seines Enkels gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG scheitert daran, dass sich der Enkel seit 1999 im Bundesgebiet aufhält und der Antrag des Klägers auf nachträgliche Einbeziehung erst 13 Jahre später, nämlich am 22. März 2012, gestellt worden ist.
19Zwar enthält § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (ebenso wenig wie § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (jetzt wortgleich § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) gefolgert, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland und der Stellung eines Härtefallantrags bestehen muss.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248.
21Nach § 26 BVFG könne nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheides.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
23Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betreffend den Härtefallantrag eines Spätaussiedlers beansprucht für einen Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge entsprechende Geltung. Dem Spätaussiedler können hinsichtlich seines Antrags auf Einbeziehung seiner Familienangehörigen nicht weiter reichende Rechte zustehen als hinsichtlich seines Antrags auf eigene Aufnahme. Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Systematik des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass Personen, die aus den Aussiedlungsgebieten ausreisen, ohne zuvor ein Aufnahmeverfahren durchgeführt zu haben, nur dann einen Aufnahmebescheid erhalten können, wenn sie bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen und diesen Willen zeitnah zur Übersiedlung nach außen hin betätigt haben.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (251 f.).
25Ist aber der Spätaussiedlerwille im Falle des Härtefallantrags auf Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids zwingende Tatbestandsvoraussetzung, kann für den Härtefallantrag auf Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge in einen Aufnahmebescheid nichts anderes gelten.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 ‑ 11 A 926/14 ‑, juris.
27Denn die Einbeziehung soll ein potenzielles Aussiedlungshindernis für den Spätaussiedler zu dessen Gunsten ausräumen; die einzubeziehenden Personen haben insoweit keinen eigenen Anspruch.
28So die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 291.
29Der Kläger kann diese zwingende Tatbestandsvoraussetzung in Bezug auf die Einbeziehung seines Enkels nicht mehr erfüllen. Denn sein (heutiger) Spätaussiedlerwille kann sich nicht mehr darauf beziehen, dass sein Enkel die Aussiedlungsgebiete als Einzubeziehender verlässt und zum Zwecke der Herstellung der Einheit der Familie ins Bundesgebiet einreist, weil er sich bereits seit März 1999 in Deutschland aufhält.
30c) Ein in der Zulassungsbegründung erstmals behaupteter bis heute unbeschiedener Einbeziehungsantrag seines Enkels aus dem vor der Übersiedlung des Klägers geführten Aufnahmeverfahren ist nicht Gegenstand des vorliegenden (nur) vom Kläger geführten Verfahrens. Nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage konnten Einbeziehungsanträge nicht von der Bezugsperson, sondern nur von der einzubeziehenden Person gestellt werden.
31Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 1999 ‑ 2 A 5680/98 ‑, juris, Rdnr. 22.
32Unabhängig davon legt der Kläger nicht hinreichend dar, dass ein solcher Antrag noch anhängig ist. Hierfür reicht der Hinweis auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Mai 2007 ‑ 5 K 1888/06 ‑ nicht aus. Aus diesem Tatbestand ergibt sich nicht, dass der Enkel bereits vor 1996 selbst einen Einbeziehungsantrag gestellt und gerade diesen Antrag weiterverfolgt hat, nachdem er in den Aufnahmebescheid des Klägers vom 10. September 1996 nicht einbezogen worden war. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht Minden im genannten Urteil zu Beginn der Entscheidungsgründe ausgeführt, die Klage des Enkels sei unzulässig, soweit er seine nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Großvaters ‑ des Klägers ‑ begehre.
332. Daraus folgt gleichzeitig, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.
343. Die Sache hat auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Kläger formulierte Frage,
35„ob sich das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ tatsächlich darauf bezieht, dass der einzubeziehende Familienangehörige durchgängig im Herkunftsgebiet verblieben sein muss und ob der Wohnsitz tatsächlich noch im Zeitpunkt der Antragstellung der nachträglichen Einbeziehung bestanden haben muss oder ob sich das „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ nicht auf den Zeitpunkt der Aussiedlung der Bezugsperson bezieht,“
36lässt sich jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung, in der sich der einzubeziehende Familienangehörige bereits seit über 15 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufhält ‑ wie unter 1. dargelegt ‑ ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
37Die weitere Frage,
38„ob der Gesetzgeber die „Einheit der Familie“ nur als physische Einheit bzw. Zusammenführung gemeint hat oder auch als rechtliche Einheit“,
39ist nach den Ausführungen unter 1. ohne Weiteres zu verneinen. Die vom Kläger hier angestellten Vermutungen zu Überlegungen des Gesetzgebers sind im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in keiner Weise angelegt.
40Soweit der Kläger auch im Zusammenhang mit einer seinen Enkel betreffenden „Härtefallsituation“ aufgrund gesundheitlicher Beschwerden auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verweist, formuliert er keine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
44Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.