Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Jan. 2015 - 7 K 1818/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin wurde am 0.00.0000 in Iwanowka, Gebiet Saporoshe (Ukraine), in der ehemaligen UdSSR geboren. Sie ist tadschikische Staatsangehörige und lebt seit 2000 in Deutschland. Nachdem ihr zunächst Duldungen erteilt worden waren, ist sie seit 2007 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.
3Mit Datum vom 20.01.1994 beantragte sie erstmalig beim Bundesverwaltungsamt (BVA) die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Für ihren 1969 geborenen Sohn wurde ein Antragsverfahren aus eigenem Recht geführt.
4Mit Bescheid vom 02.01.1995 lehnte das BVA den Aufnahmeantrag der Klägerin mit der Begründung ab, diese sei nicht deutsche Volkszugehörige im Rechtssinne, da in ihrem ersten Inlandspass die ukrainische Volkszugehörigkeit vermerkt gewesen sei. Der Wechsel zur Eintragung der deutschen Volkszugehörigkeit sei erst anlässlich einer Neuausstelllung 1993 erfolgt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das BVA mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.1997 zurück. Die darauf erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Köln mit rechtskräftigem Urteil vom 03.05.2000 - 9 K 5543/97 - ab. In den Entscheidungsgründen verwies das Gericht auf den Umstand, dass die Klägerin sich inzwischen in Deutschland befinde und in der mündlichen Verhandlung die Absicht mitgeteilt habe, auch nach Ablauf ihres 3-monatigen Touristenvisums nicht mehr in das Herkunftsgebiet (Tadschikistan) zurückzukehren. Ein Härtefall liege nicht vor. Die Angaben zum eigenen Gesundheitszustand, zu dem ihres in Deutschland lebenden Sohnes und zur Pflegbedürftigkeit der ebenfalls in Deutschland lebenden Mutter seien unsubstantiiert geblieben. Ob die Behauptung, sie sei in Tadschikistan aus ihrer Wohnung vertrieben worden, der Wahrheit entspreche, könne dahinstehen, da die Klägerin zumindest bei ihrem Bruder in Perm wohnen könne. Auch ein Anspruch auf Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter bestehe nicht.
5Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.08.2013 beantragte die Klägerin das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG i.V.m. § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG in der durch den Bundestag am 12.06.2013 beschlossenen Fassung sowie die Anerkennung als Spätaussiedlerin. Zur Begründung verwies sie auf ihr besonderes Vertriebenenschicksal. Die Mutter sei noch 1945 in das Deutsche Reich eingebürgert worden. Hinsichtlich des Vaters habe es jedoch einen Zurückstellungsbescheid gegeben, so dass sie – die Klägerin – nicht deutsche Staatsangehörige geworden sei. Sie sei in der Obhut der Großmutter aufgewachsen, die die russische Sprache überhaupt nicht beherrscht habe. Die Angabe der Klägerin beim Sprachtest, sie habe als Kind kein Deutsch erlernt, sei erkennbar falsch gewesen, zumal bei ihr ein Wolgadeutscher Dialekt festgestellt worden sei. Auch verwies die Klägerin auf die Spätaussiedlereigenschaft ihrer Kinder.
6Die Klägerin hat am 26.03.2014 die vorliegende Klage zunächst als Untätigkeitsklage erhoben. Auch das für das BVA überraschende Inkrafttreten der Neuregelungen durch das 10. Änderungsgesetz zum BVFG rechtfertige keine Verfahrensdauer, die den zeitlichen Rahmen des § 75 VwGO um mehr als das Doppelte übersteige.
7Mit Bescheid vom 16.04.2014 lehnte das BVA die Anträge der Klägerin ab. Die durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene Gesetz eingetretenen Änderungen beträfen die Klägerin nicht. Das Verwaltungsgericht Köln habe die Klage gerade wegen des nicht erfüllten Wohnsitzerfordernis und des Umstandes abgewiesen, dass eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG nicht vorläge. § 27 Abs. 2 BVFG sei aber von der Neuregelung unberührt geblieben. Die Rechtslage habe sich daher nicht zugunsten der Klägerin nachträglich geändert. Auch eine Aufhebung des Ablehnungsbescheides im Rahmen des § 51 Abs. 5 VwVfG komme nicht in Betracht, da das öffentliche Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit Vorrang genieße.
8Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. In diesem Zusammenhang legte sie zur Darstellung ihres Vertreibungsschicksals einen Lebenslauf aus dem Jahre 2000 vor. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die bei der Gerichtsakte (Bl. 29-32) befindliche Kopie des Schriftstücks verwiesen.
9Die Beklagte hat mitgeteilt, dass mit Rücksicht auf das anhängige gerichtliche Verfahren keine förmliche Widerspruchsentscheidung mehr ergehen werde.
10Die Klägerin vertritt zur Begründung ihrer Klage ergänzend die Auffassung, dass bei einem Dauerverwaltungsakt die Entscheidung nach der Änderung der Rechtslage erneut zu überprüfen sei. In Deutschland erhalte sie keine Rente. Wäre sie aber im Herkunftsgebiet geblieben und würde nunmehr einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens stellen, erhielte sie den Aufnahmebescheid und die Rente. Es sei den Betroffenen nicht zu vermitteln, das sie bei gleichen Voraussetzungen trotz zwanzig- oder dreißigjähriger Arbeits- und Beitragsleistung eine geringere Altersversorgung erhielten, als diejenigen, die im Zweifelsfall keinen einzigen Tag gearbeitet und keine Versicherungsbeiträge gezahlt hätten.
11Die Klägerin beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 16.04.2014 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen und ihr eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des BVA Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage ist nicht begründet.
19Der Bescheid des BVA vom 16.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Erteilung eines Aufnahmebescheides unter Wiederaufgreifen des durch das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 03.05.2000 - 9 K 5543/97 - abgeschlossenen Verfahrens nach § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Denn es fehlt an einer nachträglich zugunsten der Klägerin eingetreten Änderung der Sach- oder Rechtslage:
20Eine Änderung der Rechtslage zugunsten der Klägerin ist durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) nicht eingetreten. Die gesetzliche Neuregelung gebietet keine erneute Entscheidung über den Aufnahmeantrag der Klägerin. Zwar ist ein Antrag auf Wiederaufahme eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG n.F. nicht an eine Frist gebunden. Mit dieser Bestimmung soll jedoch nur eine verfahrensrechtliche Besserstellung derjenigen Aufnahmebewerber bewirkt werden, die materiell-rechtlich von den Neuerungen des 10. Änderungsgesetzes profitieren, namentlich derjenigen Personen, die auf die Neuregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG verweisen können. Nicht mit ihr verbunden ist hingegen ein allgemeiner Anspruch auf Wiederholung rechtkräftig abgeschlossener Aufnahmeverfahren. § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG n.F. lässt nämlich die materiellen Voraussetzungen der Wiederaufnahme nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz unberührt und suspendiert nur vom Fristerfordernis des § 51 Abs. 3 VwVfG. Im Übrigen verbleibt es bei den allgemeinen Anforderungen des Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 VwVfG.
21Vgl. zu den Anforderungen an ein Wiederaufgreifen nach den Änderungen durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950): OVG NRW, Beschluss vom 02.04.2014 - 11 A 2103/12 -.
22Diese sind nicht gegeben, weil die für das Urteil vom 03.05.2000 maßgeblichen rechtlichen Umstände unverändert geblieben sein. Das Urteil fußt ausschließlich auf dem Umstand, dass die Klägerin seinerzeit den Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten bereits aufgegeben hatte und die Voraussetzungen einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG a.F. nicht vorgelegen hätten, da die Angaben zum eigenen Gesundheitszustand, zu dem ihres in Deutschland lebenden Sohnes und zur Pflegbedürftigkeit der seinerzeit schon in Deutschland lebenden Mutter unsubstantiiert geblieben seien. Das Gericht ließ dabei die Behauptung, die Klägerin sei in Tadschikistan aus ihrer Wohnung vertrieben worden, unaufgeklärt, da die Klägerin zumindest bei ihrem Bruder in Perm wohnen könne. Die Gründe für die Ablehnung betrafen damit nur Umstände, die durch das 10. Änderungsgesetz unberührt geblieben sind. Sowohl am grundsätzlichen Wohnsitzerfordernis als auf am Ausnahmetatbestand der besonderen Härte hat der Gesetzgeber festgehalten (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BVFG). Dieser hat mit dem 10. Änderungsgesetz lediglich die im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Aufnahmebewerber in den Blick genommen und nur sie von der Bindung an die Frist zur Wiederaufnahme befreien wollen,
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.03.2014 - 11 A 1966/13 - unter Hinweis auf BT-Drs. 17/13937, S. 13.
24Hiermit ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine Verletzung der Grundrechte – insbesondere des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG – derjenigen Aufnahmebewerber verbunden, die sich bereits dauerhaft in Deutschland aufhalten. Denn es ist dem Gesetzgeber unbenommen, bei der Steuerung der Einreise von Spätaussiedlern anhand sachgerechter Kriterien zu differenzieren. Insbesondere das Wohnsitzkriterium ist ein solches sachgerechte Kriterium, das seine Rechtfertigung auch nicht dadurch verliert, dass – wie die Klägerin vorträgt – die Aufnahmequote in den letzten 10 Jahren nicht mehr erreicht wurde. Vielmehr ist das Bedürfnis nach einer verfahrenstechnischen Steuerung auch in diesem Falle nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intension stellt es auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass die Klägerin als – wie es ihr Prozessbevollmächtigter formuliert – „Zu-Früh-Aussiedlerin“ keinen Rentenanspruch hat, während Personen, die das Aufnahmeverfahren im Herkunftsgebiet abwarten und mit einem Aufnahmebescheid einreisen, als Spätaussiedler rentenberechtigt sind. Die weiter in der Klagebegründung aufgeworfene Frage, ob die bestehende Regelung integrationsfördernd ist, unterliegt nicht richterlicher Bewertung. Es handelt sich um eine politische Frage.
25Eine Änderung der Rechtslage ist folglich – bezogen auf die Klägerin – nicht eingetreten.
26Auch an einer der zugunsten der Klägerin eingetretenen Änderung der Sachlage fehlt es. Hierbei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob für die Bewertung der Voraussetzungen der Aufnahme als Spätaussiedlerin der Zeitpunkt der Übersiedlung oder derjenige der vorliegenden Entscheidung maßgebend ist.
27Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 12.05.2014 - 11 A 802/13 -; ferner: Urteil der Kammer vom 22.01.2015 - 7 K 4031/14 – mit Hinweisen zu den beim BVerwG anhängigen Revisionsverfahren.
28Ebenso wenig muss der von der Klägerin aufgeworfenen Frage nachgegangen werden, ob die ablehnende Entscheidung über die Erteilung eines Aufnahmebescheides einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, der nach einer rechtlichen Änderung von der zuständigen Behörde stets zu überprüfen wäre. Denn auch die Sachlage ist gegenüber dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Jahre 2000 unverändert. Dies gilt auch für die zum Gesichtspunkt der besonderen Härte vorgetragenen Umstände, mit denen sich bereits das Urteil vom 03.05.2000 auseinandersetzte und denen im vorliegenden Verfahren nichts Wesentliches hinzugefügt worden ist.
29Die Beklagte hat auch die nachträgliche Aufhebung des ablehnenden Bescheides nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG ermessensfehlerfrei abgelehnt. Sie hat hierbei zutreffend auf die Abwägung der grundsätzlich gleichwertigen Belange des Schutzes der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung und damit der Belange von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit auf der einen und auf das Interesse der Klägerin an der Einzelfallgerechtigkeit auf der anderen Seite abgehoben. Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie im Ergebnis dem öffentlichen Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Hierbei ist von Bedeutung, dass die ablehnende Entscheidung hier durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2009 - 1 C 15.08 - und vom 13.12.2001 - 5 C 9.11 -, hierzu Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG-Großkommentar, 1. Auflage 2014, § 51 Rn. 10 .
31In einem solchen Fall dürften regelmäßig weitere Ermessenserwägungen nicht erforderlich sein. Dessen ungeachtet hat die Beklagte zutreffend hervorgehoben, dass die Klägerin selbst keine Umstände vorgebracht hat, die gegen die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides streiten. Denn solche Umstände müssten ein erhebliches Gewicht haben. Sie liegen vor, wenn die Aufrechterhaltung der getroffenen Entscheidung schlechthin unerträglich wäre oder gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben verstieße. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der sicher nicht leichten persönlichen Situation der Klägerin, die in Deutschland seit Jahren unter den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes ohne Fremdrentenanspruch lebt, während nahe Verwandte als Spätaussiedler anerkannt sind. Diese Situation ist Folge der gesetzgeberischen Ausgestaltung der Voraussetzungen des Spätaussiedlerstatus. Eine Korrektur kann hier nicht im Wege einer allgemeinen Billigkeitsentscheidung erfolgen. Deshalb kann auch dahinstehen, ob die Klägerin die übrigen Voraussetzungen als Spätaussiedlerin erfüllt.
32Ein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG besteht schon deshalb nicht, weil die Erteilung eines Aufnahmebescheides rechtskräftig abgelehnt worden ist, § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 VwGO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Jan. 2015 - 7 K 1818/14
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Jan. 2015 - 7 K 1818/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 ‑ 7 AV 1.02 ‑, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1.
5a) Der Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides scheitert daran, dass ein Antrag des Klägers auf Erteilung eines Aufnahmebescheides bereits mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 19. Januar 1995 bestandskräftig abgelehnt worden ist. Der in der Zulassungsbegründung vertretenen Auffassung, die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides stehe der erneuten Antragstellung nicht entgegen, weil sich zum 1. Januar 2005 die Rechtslage geändert habe, folgt der Senat nicht. Die durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) eingeführte Änderung in § 27 BVFG, dass die Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid nicht mehr von der einzubeziehenden Person, sondern nur noch von der Bezugsperson beantragt werden kann, ändert nichts daran, dass der Antrag des Klägers auf Erteilung eines (originären) Aufnahmebescheides bestandskräftig abgelehnt worden ist. § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG sieht einen Aufnahmebescheid für Personen vor, die die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Diese Vorschrift ist durch das Zuwanderungsgesetz nicht geändert worden. Die in der Zulassungsbegründung zur „zeitlichen Wirkung der Bestandskraft“ vertretene Auffassung, „dass die Ablehnung von Aufnahmebescheiden nicht der Rechtslage ab 01.01.2005 unterworfen werden darf“, geht davon aus, dass zwischen einem vor 2005 und nach 2004 beantragten Aufnahmebescheid zu unterscheiden sei; dies ist im Bundesvertriebenengesetz an keiner Stelle angelegt.
6Es gibt insbesondere in den §§ 100 ff. BVFG auch keine Übergangsvorschrift, der zu entnehmen sein könnte, dass für vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufnahmebescheide die vor dem 1. Januar 2005 bestehende Rechtslage maßgebend bleibt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Verpflichtungsbegehren auf Erteilung eines Aufnahmebescheides, da gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2007
8- 5 B 83.06 -, juris, Rdnr. 4.
9Die vom Kläger dagegen angeführte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu dem ‑ mittlerweile aufgehobenen ‑ § 100b Abs. 2 BVFG (GMBl. 2010, 637 (655) ist als verwaltungsinternes Innenrecht von vornherein nicht geeignet, den Anwendungsbereich gesetzlicher Vorschriften auch für die Gerichte bindend zu bestimmen. Im Übrigen ergibt sich aus der Regelung, dass „Aufnahmebescheide einschließlich der Einbeziehung in diese Aufnahmebescheide, die bestandskräftig sind,… unbeschadet des Inkrafttretens des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 Grundlage für die Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland“ bleiben, nicht, dass auch das Bundesvertriebenengesetz in der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung Anwendung findet. Der Inhalt dieser Verwaltungsvorschrift erschöpft sich vielmehr darin, dass vor dem 1. Januar 2005 bestandskräftig gewordene Bescheide nicht widerrufen werden, sondern gültig bleiben. Das vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte Urteil des OVG NRW vom 20. Januar 2011 ‑ 12 A 2924/09 ‑ belegt die von ihm vertretene Auffassung gerade nicht. Der dortige Kläger hatte einen Aufnahmebescheid beantragt, der vom Bundesverwaltungsamt abgelehnt worden war; die hiergegen erhobene Klage war jedoch noch anhängig. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides war demnach ‑ anders als im vorliegenden Fall ‑ nicht bestandskräftig abgelehnt.
10b) Im Hinblick auf den in erster Instanz hilfsweise geltend gemachten und im angefochtenen Urteil verneinten Anspruch auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 19. Januar 1995 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens hat der Kläger Zulassungsgründe nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Schriftsatz vom 2. Juli 2013 ist lange nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangen.
11c) Auf die ebenfalls beantragte Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG geht die Zulassungsbegründung nicht ausdrücklich ein. Die gegen die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG erhobenen Einwände greifen nicht durch. Nach dieser Vorschrift kann eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Das ist hier der Fall, weil der vom Kläger gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 19. Januar 1995 bestandskräftig abgelehnt worden ist.
12Die in der Zulassungsbegründung - im Zusammenhang mit der Wirkung der Bestandskraft des Bescheides vom 19. Januar 1995 - vertretene Auffassung, § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG gelte nur für ab dem 1. Januar 2005 gestellte Aufnahmeanträge, ist unzutreffend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch das Begehren, die Beklagte zur Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu verpflichten, nach der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage zu beurteilen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 – 5 C 38.06 -, BVerwGE 129, 265 (266).
14§ 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG war in seiner am 1. Januar 2005 Gesetz gewordenen Fassung bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) – BR-Drs. 22/03 vom 16. Januar 2003 – enthalten. In der Gesetzesbegründung (S. 290) heißt es hierzu: „Ferner wird durch die Neufassung bewirkt, dass Bescheinigungen nach Absatz 2 nur dann ausgestellt werden dürfen, wenn der (eigene) Antrag des Betroffenen auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gestellt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt wurde. Sofern ein solcher Antrag gestellt und bestands- oder rechtskräftig abgelehnt wurde, steht fest, dass der Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht besteht. In diesen Fällen oder dann, wenn ein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht gestellt wurde, haben die Betroffenen die Aussiedlungsgebiete nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens gemäß § 4 Abs. 1 verlassen und können dementsprechend nicht als Spätaussiedler anerkannt werden. Letzteres trifft nicht zu, sofern über den (eigenen) Aufnahmebescheid noch nicht abschließend entschieden und das Aussiedlungsgebieten zum Zwecke der beschleunigten gemeinsamen Aussiedlung mit Hilfe des Instituts der Einbeziehung verlassen wurde.“ Daraus ergibt sich kein Hinweis, dass sich § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG „nur auf die Bezugsperson, die selbst eine Einbeziehung beantragt, also nicht auf den Kläger, der selbst die Einbeziehung bekam“, bezieht oder dass „die alte Rechtslage in die neue hineingetragen wurde“.
15Dass bereits erteilte Aufnahmebescheide „unangetastet“ bleiben, bedeutet nicht, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf sie keine Anwendung findet. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG greift dadurch nicht „in die Frage der Rechtmäßigkeit von Bescheiden vor dem 01.01.2005“ ein. Daher blieb der dem Kläger erteilte Einbeziehungsbescheid Grundlage für die ihm ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG.
16Durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entfallen ist (nur) die sog. Höherstufung, d. h. die Möglichkeit, nach Aufnahme (nur) mit einem Einbeziehungsbescheid eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG als Spätaussiedler zu beantragen. Insoweit hatte der Kläger allerdings vor dem 1. Januar 2005 keine Rechtsposition erworben, die ihm durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entzogen werden konnte. Der Status als Spätaussiedler entsteht bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG mit der Aufnahme in das Bundesgebiet.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 ‑, BVerwGE 116, 119 (121), und vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (271).
18Der Kläger ist am 27. April 2005, also nach Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG am 1. Januar 2005, im Bundesgebiet aufgenommen worden. Eine Höherstufung zum Spätaussiedler setzt denknotwendig voraus, dass die Spätaussiedlereigenschaft entstanden ist. Dies wäre beim Kläger – bei Erfüllung der Voraussetzungen des §§ 4, 6 BVFG – am 27. April 2005 der Fall gewesen. Im Hinblick auf eine Höherstufung hatte der Kläger mithin am 1. Januar 2005 noch keine Rechtsposition erworben, die durch das Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG hätte entzogen werden können. Der ihm erteilte Einbeziehungbescheid hatte insoweit einen hypothetischen, in der Zukunft liegenden Statuserwerb zum Gegenstand. Im Vertriebenenrecht besteht generell kein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechtsstatus nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht für die Zukunft modifiziert.
19Vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 – 9 C 391.94 -, BVerwGE 99, 133 (138).
20Die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG ist auch nicht durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz „gegenstandslos“ geworden. Der Spätaussiedlerstatus entsteht - wie soeben dargelegt - mit der Aufnahme in das Bundesgebiet. Daran hat sich durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz nichts geändert. § 4 Abs. 1 BVFG bestimmt die Entstehung des Status auch in zeitlicher Hinsicht. Die Frage, ob eine Person mit ihrer Einreise nach Deutschland Spätaussiedler wird, hängt von der Rechtslage im Zeitpunkt der Einreise ab.
21So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (271).
22Das bedeutet, dass eine nach der Aufnahme in Kraft tretende Änderung der materiellen Voraussetzungen für die Spätaussiedlereigenschaft auf die Entstehung der Spätaussiedlereigenschaft zum Zeitpunkt der Einreise keine Auswirkungen mehr haben kann. Daher kann bei dem am 27. April 2005 nach Deutschland eingereisten Kläger der Spätaussiedlerstatus nicht erst mit Inkrafttreten des Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes am 14. September 2013 entstanden sein.
23d) Da der Kläger bereits wegen der Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG hat, kommt es auf die weitere Frage, ob er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG erfüllt, nicht mehr an. Da er auch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG hat, kommt eine Einbeziehung seiner Ehefrau und seines Sohnes gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG schon deshalb nicht in Betracht.
242. Es liegt auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel. Denn dieser ist mit Blick auf das vom Verwaltungsgericht zu Recht bejahte Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG für das Ergebnis des Zulassungsverfahrens und auch einer etwaigen Berufungsentscheidung bedeutungslos.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 13. September 1956 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin ist die Tochter des am 18. Oktober 1930 ebenfalls in der ehemaligen Sowjetunion geborenen K. M. . Ihr Vater war laut Einbürgerungsurkunde des Deutschen Reichs vom 28. Dezember 1944 eingebürgert worden. Nach dem vom Bundesverwaltungsamt ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 ist die Klägerin deutsche Staatsangehörige. Nach ihren Angaben reiste sie im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Laut Meldebescheinigungen der Gemeinde C. meldete sie sich am 27. April 2004 unter der Adresse ihres Bruders M1. M. an und zog am 15. Mai 2004 in eine andere Wohnung in C. um. In der Zeit vom 17. Mai 2004 bis zum 16. November 2004 nahm sie am Sprachkurs „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ teil und legte die Sprachprüfung „GRUNDBAUSTEIN“ mit Erfolg ab. Im gleichen Zeitraum bestand sie im Rahmen eines Sprachkurses „DEUTSCH FÜR AUSSIEDLER“ die Sprachprüfung „ZERTIFIKAT DEUTSCH“ mit 207 von 300 möglichen Punkten.
3Den Geschwistern der Klägerin T. N. , M1. M. und H. M. waren in den Jahren 1993 und 1994 vor deren Ausreise und der Schwester M2. T1. im Jahr 1992 nach deren Einreise in das Bundesgebiet Aufnahmebescheide erteilt worden.
4Am 20. Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Aufnahmebescheids. Zur Begründung gab sie an: Wegen einer Schilddrüsenkrebserkrankung sei sie nicht mehr in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Auf ihren Antrag auf Erwerbsminderungsrente sei ihr eine Rente von 56,97 € zugesprochen worden. Sämtliche Jahre, die sie im Ausland gearbeitet habe, seien nicht angerechnet worden, weil sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland gekommen sei. Im Antragsformular kreuzte sie an, von der Kindheit an deutsch und russisch gesprochen zu haben, auf Deutsch fast alles zu verstehen, ihr Deutsch reiche für ein einfaches Gespräch aus. Sie habe ihren Aufnahmeantrag nicht vom Ausland aus gestellt, weil ihr damaliger Ehemann, der die Pflege seiner kranken Mutter übernommen gehabt habe, nicht mit nach Deutschland habe kommen können. Im Februar 2001 sei er verstorben. Sie habe ihre Schwiegermutter bis zu deren Tod im Jahr 2002 gepflegt. Anschließend habe sie, weil sie in Odessa allein zurück geblieben sei, so schnell wie möglich zu ihren Geschwistern nach Deutschland kommen wollen. Ihr Bruder H. M. habe sämtliche Dokumente mit nach Deutschland genommen und den Antrag auf Ausstellung einesStaatsangehörigkeitsausweises gestellt.
5Das Bundesverwaltungsamt lehnte die Erteilung eines Aufnahmebescheids durch Bescheid vom 24. Januar 2011 im Wesentlichen mit der Begründung ab: Besondere Härtegründe hätten nicht vorgelegen. Sie habe sich entschieden, aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit nach Deutschland einzureisen. Wer seinen Wohnsitz im Herkunftsgebiet ohne die Absicht aufgebe, als Spätaussiedler Aufnahme finden zu wollen, könne sich im Nachhinein nicht darauf berufen, dass es ihm nicht zuzumuten gewesen sei, das Aufnahmeverfahrens vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben. Des Weiteren erfülle sie die Voraussetzungen des § 6 BVFG nicht. Sie habe weder ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum nachgewiesen noch die innerfamiliäre Vermittlung der deutschen Sprache glaubhaft gemacht.
6Den gegen diesen Ablehnungsbescheid erhobenen Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 zurück und führte ergänzend aus: Nach dem Ableben ihrer Schwiegermutter im Jahr 2002 habe sie sich zielgerichtet für das Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren entschieden, um schneller nach Deutschland kommen zu können. Sie habe offensichtlich darauf verzichtet, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, um eventuellen zeitlichen Verzögerungen beim Wohnsitzwechsel aus dem Weg zu gehen. Zudem habe sie nicht glaubhaft gemacht, sich nur zum deutschen Volkstum bekannt zu haben.
7Am 14. Oktober 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt: Sie habe, als sie eingereist sei, nicht gewusst, dass sie einen Antrag auf Aufnahme als Deutsche habe stellen müssen oder können. Ihre Geschwister hätten ihr das nicht mitgeteilt. Sie habe gedacht, dass sie aufgrund der Erteilung des deutschen Passes als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Wenn sie gewusst hätte, dass sie ohne Status eines Spätaussiedlers nach Deutschland einreise, hätte sie so lange gewartet, bis sie das Verfahren in der Ukraine durchlaufen hätte.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16. Juli 2013 abgewiesen und unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 - ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob die Klägerin in ihrer Person alle Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft erfülle. Denn die Erteilung eines Aufnahmebescheids sei schon deshalb ausgeschlossen, weil seine Beantragung in Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Einreise erfolgen müsse. Eine Antragstellung mehr als sechs Jahre nach Einreise genüge diesem Erfordernis nicht.
13Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin wie folgt: Für eine Verwirkung des Härtefallantrags innerhalb eines Jahres fehle jegliche gesetzliche Regelung. Ob im Übrigen die zeitliche Voraussetzung der Verwirkung ihres Härtefallantrags gegeben sei, könne nur unter Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei komme es nicht nur auf das Zeitmoment, sondern auch auf ein Umstandsmoment an. Als ihr die Erwerbsunfähigkeitsrente zugesprochen worden sei, habe sie erstmals erkannt, dass ihr fast vollständiges Arbeitsleben nicht anerkannt worden sei, weil sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt sei. Sie habe vor der Erteilung des Rentenbescheids nicht gewusst, dass sie sämtliche Arbeitsjahre verliere, wenn sie nicht als Spätaussiedlerin anerkannt werde und sie deshalb schon vor der Einreise ins Bundesgebiet habe einen Antrag stellen können bzw. müssen. Auf dieses Umstandsmoment sei besonderes Gewicht zu legen, das in ihrem Einzelfall erlaube, das Zeitmoment hinten anstehen zu lassen.
14Die Klägerin beantragt,
15das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst beigezogenen Verwaltungsvorgängen Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 24. Januar 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung eines Aufnahmebescheids.
21Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz ‑ BVFG) in der Fassung des am 14. September 2013 in Kraft getretenen Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann abweichend von Satz 1 Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
22Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat den Härtefallantrag nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt.
231. Die Klägerin kann sich auf eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG berufen. Sie hat die Aussiedlungsgebiete verlassen, ohne die Erteilung eines Aufnahmebescheids dort abzuwarten; sie ist als deutsche Staatsangehörige in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zwar unterliegen auch deutsche Staatsangehörige dem Aufnahmeerfordernis nach §§ 26 ff. BVFG und es können damit nur Personen einen Aufnahmebescheid erhalten, die nach dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete die Voraussetzung als Spätaussiedler erfüllen. Auch kann ihnen ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents nach § 27 Abs. 4 BVFG erteilt werden. Aber das Aufnahmeverfahren berechtigt nicht, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken. Der Schutzzweck des Aufnahmeverfahrens, mit Rücksicht auf die mit der Aufnahme verbundenen innerstaatlichen Belastungen - aber auch im Interesse der Betroffenen - grundsätzlich nur eine Aufnahme vom Herkunftsgebiet aus zuzulassen, greift für erwiesen deutsche Staatsangehörige nicht. Denn sie sind unabhängig von der Erweislichkeit deutscher Volkszugehörigkeit bereits aufgrund ihrer erwiesenen deutschen Staatsangehörigkeit berechtigt (Art. 11 Abs. 1 GG), in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich darin aufzuhalten. Mit dem Erfordernis, das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben, soll verhindert werden, dass Antragsteller nach Deutschland einreisen, die nach vorläufiger Prüfung der Voraussetzungen zur Erlangung der Spätaussiedlereigenschaft diese nicht erlangen können. Dadurch sollen zum einen die Schwierigkeiten und Lasten einer Rücksiedlung und zum anderen für die Zeit des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Lasten für die Allgemeinheit vermieden werden. Dieser Schutzzweck rechtfertigt Einschränkungen bei erwiesen deutschen Staatsangehörigen nicht. Denn auch wenn ihnen mangels deutscher Volkszugehörigkeit kein Aufnahmebescheid erteilt werden kann, haben sie ein grundrechtlich geschütztes Aufenthaltsrecht in Deutschland und bei Bedarf Anspruch auf Sozialleistungen.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 15.
25Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war nach vorgängiger Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt und mit einem von diesem ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis vom 14. Oktober 2003 im April 2004 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. War damit die deutsche Staatsangehörigkeit der Klägerin bereits bei ihrer Übersiedlung nach Deutschland aufgrund amtlicher Prüfung durch den Staatsangehörigkeitsausweis nachgewiesen, entbehrt ihre nochmalige vorgängige Prüfung durch das Bundesverwaltungsamt zum Zwecke der Verhinderung einer Aufenthaltnahme nicht berechtigter Personen eines hinreichenden Sinnes. Vielmehr widerstreitet ein Verlassen des Aussiedlungsgebiets und eine Übersiedlung nach Deutschland ohne Aufnahmebescheid unter den hier gegebenen besonderen Umständen dem Gesetzeszweck nicht, sondern führt die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheids nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG zu einem Ergebnis, „das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist“.
26Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (98 f.) = juris, Rn. 16, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1966 - 5 C 88.64 ‑, BVerwGE 23, 149 (158).
272. Der Aufnahmeantrag der Klägerin bleibt aber ohne Erfolg, weil sie diesen Antrag erst mehr als sechs Jahre nach ihrer Einreise gestellt hat. Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden.
28Vgl. zu der gleichlautenden Fassung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris.
29§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Die Auslegung der Vorschrift ergibt aber, dass der Aufnahmeantrag nach der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet nicht zeitlich unbegrenzt gestellt werden kann.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (249 f.) = juris, Rn. 7 und 9.
31Die vom Bundesverwaltungsgericht in dem vorstehend zitierten Urteil vertretene Auffassung, der Härtefallantrag sei in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung zu stellen, greift regelmäßig im Fall eines ohne Aufnahmebescheid auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Aufnahmebewerbers, aber auch im Fall der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Klägerin, die als erwiesen deutsche Staatsangehörige ausgesiedelt und ins Bundesgebiet eingereist ist; auch sie hätte den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung stellen müssen.
32Die vom Bundesverwaltungsgericht unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsmethoden vorgenommene Auslegung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG betrifft zwar den Fall einer auf ausländerrechtlicher Grundlage eingereisten Person, die knapp fünf Jahre nach ihrer Übersiedlung einen Härtefallantrag gestellt hat. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ist aber auf den Fall der Klägerin entsprechend dieser Auslegung anzuwenden.
33a. Zwar ergibt sich dies nicht schon aus der durch das Bundesverwaltungsgericht zunächst vorgenommenen Wortlautinterpretation der Vorschrift, insbesondere der dort in Bezug genommenen Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“. Denn mit Blick darauf ist festzustellen, dass die Klägerin nicht zum Kreis der - so die ausdrückliche Wortlautauslegung des Bundesverwaltungsgerichts - „Personen“ gehört, die „staatlicherseits in ein Land ‚aufgenommen‘“ werden müssen und sich hier „mit behördlicher Erlaubnis“ niederlassen. Denn die erwiesen deutsche Staatsangehörige musste weder als Person in der Bundesrepublik Deutschland „staatlicherseits aufgenommen“ werden noch war es für sie erforderlich, sich hier etwa mit ausländerrechtlicher, „behördlicher Erlaubnis“ aufzuhalten.
34Zur Wortlautauslegung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250), = juris, Rn. 9.
35Die bereits zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung im ganzen Bundesgebiet Freizügigkeit genießende Klägerin war vielmehr berechtigt, ohne das Aufnahmeverfahren durchzuführen, und damit ohne „Aufnahme“ und ohne die Erteilung eines „Aufnahmebescheid(s)“ abzuwarten, in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich hier niederzulassen.
36Vgl. hierzu die oben bereits zitierten Entscheidungen: BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 (96) = juris, Rn. 14 ff.
37b. Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (250 f.) = juris, Rn. 9 ff., im Rahmen der historischen Auslegung ausführt, die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. bzw. § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG deute in die gleiche Richtung wie die von ihm vorgenommene Wortlautauslegung, erfasst auch diese Interpretation den Fall der Klägerin nicht unmittelbar.
38Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in dem vorstehend zitierten Urteil folgende Begründung angeführt:
39„Die Vorschrift geht auf das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz - AAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1247) zurück. Dieses Gesetz war eine Reaktion darauf, dass bedingt durch den Fall des Eisernen Vorhangs Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock bessere Reisemöglichkeiten hatten und in steigender Anzahl im Bundesgebiet ankamen. Im Jahr 1987 waren es noch 80 000, im Jahr 1988 bereits 200 000 und im Jahr 1989 schon 380 000 (BT-Drucks. 11/6937 S. 5). Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, den Zuzug von Aussiedlern zu begrenzen. Da sich die Verhältnisse in den ehemaligen Ostblockstaaten für die verbliebenen Deutschen erheblich verbessert hatten, sollten ausreisewillige Aussiedler auf ein Vorprüfungsverfahren in den Herkunftsgebieten verwiesen werden, um auf diese Weise den Zuzug zu regulieren (vgl. Urteil vom 19. April 1994 - BVerwG 9 C 343.93 - DVBl 1994, 938 = juris Rn. 21).
40Dementsprechend sollte nach § 27 Abs. 1 BVFG das Aufnahmeverfahren im Regelfall von den Herkunftsstaaten aus betrieben werden und nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Bundesgebiet. Der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (BT-Drucks. 11/6937 S. 6) lässt sich zwar nicht entnehmen, in welchem Zeitraum ein Härtefallantrag gestellt werden sollte. Der Gesetzgeber ging aber von der Situation aus, dass die Aufnahmebewerber ‚fast ausnahmslos ... mit einem Besuchs- oder Touristenvisum‘ einreisten (BT-Drucks. 11/6937 S. 5) und daher zur Erlangung eines dauerhaften Bleiberechts nach Ablauf des im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz stellen mussten. Insofern liegt die Annahme der Beklagten nahe, dass der Gesetzgeber von einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise ausging.“
41Aus dieser unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte begründeten Deutung der Vorschrift durch das Bundesverwaltungsgericht ist zu entnehmen, dass Grund für die Entstehung des Rechtsinstituts des Aufnahmeverfahrens die Zuzugsbegrenzung und damit einhergehend eine der Ausreise vorangehende Zuzugskontrolle von Aussiedlern gewesen ist und der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Rechtsinstituts hinsichtlich der ohne Aufnahmebescheid eingereisten Aufnahmebewerber „fast ausnahmslos“ mit einem Visum eingereiste Ausländer vor Augen hatte, die er dieser Begrenzung bzw. Kontrolle gleichfalls unterwerfen wollte. Diese vom Gesetzgeber „fast ausnahmslos“ in den Blick genommenen Aufnahmebewerber mussten und müssen nach Ablauf der in der Regel dreimonatigen Geltungsdauer ihres jeweils auf ausländerrechtlicher Grundlage erteilten Visums schon notwendigerweise eine Klärung über ihren weiteren Verbleib im Bundesgebiet herbeiführen und allein deshalb ihren Härtefallantrag zeitnah zur Ausreise stellen, andernfalls liefen sie Gefahr, nach Ablauf der Geltungsdauer ihres Visums in ihren Herkunftsstaat abgeschoben zu werden. Die Klägerin unterlag, als sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland einreiste, weder der Zuzugskontrolle, ihr Zuzug aus den Aussiedlungsgebieten hätte wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit schon nicht verweigert werden können, noch war sie darauf verwiesen, mit einem zeitlich begrenzten „Besuchs- oder Touristenvisum“ einzureisen.
42c. Aus der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen systematischen Auslegung folgt jedoch, dass auch bei der Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auf den Fall der Klägerin, die als deutsche Staatsangehörige in das Bundesgebiet eingereist ist, eine gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Frist für die Stellung ihres Härtefallantrags gilt.
43aa. Die Klägerin erfüllt eine zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids nicht. Sie hat den vom Bundesverwaltungsgericht aus der Systematik des Gesetzes, insbesondere des § 26 BVFG, hergeleiteten Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Aussiedlung durch eine Härtefallantragstellung nach außen betätigt.
44(1) Die Klägerin mag zwar einen Spätaussiedlerwillen gehabt haben, als sie übersiedelte.
45Zum Spätaussiedlerwillen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (251 f.) = juris, Rn. 13, ausgeführt:
46„Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 26 BVFG nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand September 2012, B 2 § 26 BVFG n. F. Anm. 3. S. 9). Hierfür genügt die Absicht, zeitweise im Bundesgebiet zu leben, nicht. Vielmehr muss der Wille bestehen, auf Dauer als Deutscher unter Deutschen zu leben und sich mit Spätaussiedlerstatus im Bundesgebiet endgültig niederzulassen. Es reicht nicht, wenn sich ein deutscher Volkszugehöriger auf einen Vertriebenen-, Aussiedler- oder Umsiedlerstatus nach altem Recht oder auch nur auf seine deutsche Staatsangehörigkeit beruft. Vielmehr muss er gerade den Willen haben, nach endgültiger Wohnsitznahme den Spätaussiedlerstatus gemäß § 4 i. V. m. § 6 BVFG zu erwerben (Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 5 B 17.99 - juris Rn: 3 und vom 17. August 2004 - BVerwG 5 B 72.04 - juris Rn 7 m. w. N.).“
47(a) Die Klägerin hatte, als sie übersiedelte, anders als die Klägerin in dem dem vorstehend zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fall,
48die dortige Klägerin war mit einem Besuchsvisum eingereist, hatte gut drei Jahre nach der Einreise zunächst eine Niederlassungserlaubnis und erst weitere knapp zwei Jahre später einen Härtefallantrag gestellt,
49nicht den Willen sich hier aus anderen Gründen, als als Deutsche unter Deutschen zu leben, niederzulassen.
50Vgl. hierzu auch die vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252) = juris, Rn. 13, zitierten Entscheidungen vom 17. August 2004 - 5 B 72.04 -, juris, Rn. 7, und vom 2. November 1999 - 5 B 17.99 -, juris, Rn. 3, wonach im Aufnahmeverfahren das Bestehen anderer Gründe für einen dauernden Aufenthalt des Aufnahmebewerbers nicht Prüfungsgegenstand ist.
51Sie war als deutsche Staatsangehörige eingereist, hatte sich schon einen Monat nach ihrem Eintreffen eine eigene Wohnung gesucht, und sich nicht weiter (etwa nur besuchs- bzw. zeitweise) bei ihrem Bruder M1. M. aufgehalten; ferner hat sie kurz nach ihrem Eintreffen Sprachkurse für Aussiedler aufgenommen.
52(b) Die Klägerin hat sich auch nicht etwa nur auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit berufen,
53vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 6.99 -, NVwZ-RR 2000, 468 f. = juris, Rn. 17, wonach die bloße Behauptung, deutscher Staatsangehöriger zu sein, nicht zu einer besonderen Härte im Sinne der Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. führt,
54vielmehr lag zum Zeitpunkt der Übersiedlung schon ein vom Bundesverwaltungsamt ausgestellter Nachweis ihrer deutschen Staatsangehörigkeit vor.
55Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316 f.) = juris, Rn. 13 ff., und vom 18. November 1999 ‑ 5 C 8.99 -, BVerwGE 110, 92 = juris, Rn. 16, wonach eine besondere Härte nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. zu bejahen ist, wenn der Aufnahmebewerber erwiesen deutscher Staatsangehöriger ist.
56(2) Die Klägerin hat aber den Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Übersiedlung durch Stellung eines Härtefallantrags nach außen hin betätigt.
57Zu der Frage der Betätigung des Spätaussiedlerwillens hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (252 f.) = juris, Rn. 14 f., ausgeführt:
58„Dieser Wille kann aber nur durch einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler nach außen hin betätigt werden. Die Auffassung, dass der Spätaussiedlerwille gleichsam ‚nur im Herzen getragen‘ werden müsse, vor der Aufnahmebehörde aber über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg geheim gehalten werden dürfe, verkennt die systematische Stellung des § 26 BVFG in den das behördliche Aufnahmeverfahren regelnden Vorschriften. Das Willenserfordernis ist Teil des Vierten Abschnitts ‚Aufnahme‘ im Bundesvertriebenengesetz, in dem das vom Bundesverwaltungsamt zu führende Verfahren für den Zuzug von Spätaussiedlern geregelt ist. Damit ist der Spätaussiedlerwille keine mit dem Vertreibungsdruck nahezu wesensgleiche materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für den Erhalt des Aufnahmebescheids. Der Spätaussiedlerwille muss dementsprechend auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck gebracht werden.
59… Im Normalfall des § 27 Abs. 1 BVFG wird dieser Wille bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes durch einen Aufnahmeantrag zum Ausdruck gebracht. Liegen Härtefallgründe vor, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, befreit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Erfordernis der Antragstellung im Herkunftsstaat. Die Vorschrift entbindet aber nicht von den ‚sonstigen Voraussetzungen‘ des Aufnahmeverfahrens, so dass der Spätaussiedlerwille in gleicher Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden muss. Ist ein solcher Zusammenhang nicht gegeben, stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise dar.“
60So liegt es bei der Klägerin. Sie hat ihren Spätaussiedlerwillen mehr als sechs Jahre „nur im Herzen getragen“ und nicht nach außen hin betätigt. Dieser Umstand spricht schon gegen das für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus erforderliche Vorliegen ihres Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise. Das Bundesverwaltungsgericht stellt zwar unter Hinweis auf die systematische Stellung des § 26 BVFG darauf ab, der nach außen betätigte Spätaussiedlerwillen sei keine materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern vielmehr ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für das zur Regelung des Zuzugs von Spätaussiedlern durchzuführende Aufnahmeverfahren. Für die Klägerin gilt dieses verfahrensrechtliche Erfordernis aber gleichermaßen, auch wenn der Zuzug der Klägerin aus den Aussiedlungsgebieten, weil sie im Bundesgebiet Freizügigkeit genießt, nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens geregelt werden musste. Denn sie begehrt hier die Aufnahme als Spätaussiedlerin und nicht als deutsche Staatsangehörige.
61bb. Ob die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (253 f.) = juris, Rn. 17, im Rahmen seiner systematischen Auslegung benannte Vorschrift des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG für den Fall der Klägerin ein Argument dafür liefert, sie habe den Härtefallantrag zeitnah zur Übersiedlung zu stellen gehabt, kann dahinstehen. Auch deutschen Staatsangehörigen kann ein Aufnahmebescheid nur im Rahmen des Kontingents des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG erteilt werden. Das Aufnahmeverfahren und damit auch die Kontingentierung berechtigen aber nicht dazu, die Freizügigkeit eines erwiesen deutschen Staatsangehörigen einzuschränken.
62Vgl. zu der gleichlautenden Vorschrift des § 27 Abs. 3 BFVG a. F. die bereits oben zitierte Entscheidung: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (316) = juris, Rn.14.
63Kann danach erwiesen deutschen Staatsangehörigen die Kontingentierung von Spätaussiedlern vor der Ausreise aus den Aussiedlungsgebieten nicht entgegengehalten werden, dürfte Gleiches auch nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und ihrer dauerhaften Aufenthaltnahme im Bundesgebiet gelten, weil sie andernfalls nur die vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich für diese Personengruppe verneinte Alternative (gehabt) hätten, „entweder das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben oder sich gestützt auf die Staatsangehörigkeit in Deutschland aufzuhalten, dafür aber nicht den Spätaussiedlerstatus erwerben zu können“.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 5 C 1.03 -, BVerwGE 122, 313 (317) = juris, Rn. 17.
65cc. Das vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner systematischen Interpretation des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angeführte Argument, auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung spreche für eine zeitnahe Stellung des Härtefallantrags, unterstreicht die Annahme, in einem Fall wie dem der Klägerin könne der Aufnahmeantrag ebenfalls nicht unbegrenzt gestellt werden.
66Zum Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (254 f.) = juris, Rn. 19 f., ausgeführt:
67„… Zur Überprüfung dieses Bestätigungsmerkmals ist im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers von der zuständigen Behörde ein Gespräch mit dem Aufnahmebewerber zu führen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG. In diesem Gespräch muss der entsprechende Nachweis der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache erbracht werden. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG entbindet nicht von dem Erfordernis, dass ein entsprechendes Gespräch im Aufnahmeverfahren zu führen ist. Vielmehr verschiebt § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt. Während im Regelfall die Sprachprüfung vor der Aussiedlung im Herkunftsgebiet durchgeführt wird, ist im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die Sprachbeherrschung im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu prüfen.
68Diese vom Gesetz vorgesehene behördliche Überprüfung der Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der ständigen Wohnsitznahme kann aber nur erfolgen, wenn der Betroffene in zeitlichem Zusammenhang zur Begründung des ständigen Aufenthalts einen Aufnahmeantrag stellt. Wenn der Aufnahmeantrag erst - wie hier - mehrere Jahre nach Einreise gestellt wird, ist eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme vielfach nicht mehr möglich. Außerdem würde den Aufnahmebewerbern für einen unbegrenzten Zeitraum die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache im Inland eröffnet. Dies entspräche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.“
69Eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme ist, nachdem sich die Klägerin seit Wohnsitznahme und bevor sie den Härtefallantrag gestellt hat, mehr als sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hatte, nur noch schwerlich möglich. Insbesondere hatte sie mehr als sechs Jahre die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache. Gerade dieser Umstand spricht dafür, dass auch im Fall der Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Stellung eines Härtefallantrags nicht von der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG gedeckt ist.
70dd. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat gegen eine zeitliche Befristung der Härtefallantragstellung vorgetragene Argument der Klägerin, der Gesetzgeber habe in § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG ausdrücklich geregelt, der Antrag auf Wiederaufgreifen sei nicht an eine Frist gebunden, führt zu keinem anderen Ergebnis. (Unanfechtbar abgeschlossene) Härtefallanträge bleiben von dieser Regelung unberührt. Die mit dem Neunten BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011, BGBl. I. S. 2426, eingefügte, zunächst nur für die Einbeziehung geltende Regelung (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG a. F.), die der Gesetzgeber mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz auch auf den Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbaren Aufnahmeverfahrens erweitert hat, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur für die in den Aussiedlungsgebieten verbliebenen Aufnahmebewerber und deren Familienangehörigen Geltung haben. Der Gesetzgeber hatte bei der Einfügung dieser Regelung durch das Neunte BVFG-Änderungsgesetz zunächst nur die im Aussiedlungsgebiet noch verbliebenen Familienangehörigen vor Augen. Die Regelung sollte nämlich nach der Gesetzesbegründung „die betroffenen Personen von der Verpflichtung“ befreien, „zeitnah nach Kenntnis von der Rechtsänderung darüber zu entscheiden, ob sie ausreisen“.
71Vgl. BT-Drucks. 17/5515, S. 7 f.
72Bei der mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz vorgenommenen Erweiterung der Regelung auch auf Anträge auf Wiederaufgreifen unanfechtbar abgeschlossener (eigener) Aufnahmeverfahren hat der Gesetzgeber wiederum lediglich die im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Aufnahmebewerber in den Blick genommen und (nur) diese von der Bindung an Fristen befreien wollen. Denn nach der Gesetzesbegründung „geht“ diese Vorschrift „zurück auf den bisherigen § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG“,
73vgl. BT-Drucks. 17/13937, S. 13,
74der nur die Familienangehörigen in Bezug genommen hatte, die noch eine Entscheidung über eine Ausreise zu treffen hatten, also noch in den Aussiedlungsgebieten lebten.
75d. Auch mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11. -, BVerwGE 145, 248 (255 f.), = juris, Rn. 22, vorgenommene teleologischen Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG lässt sich für den Fall der Klägerin folgern, sie habe ihren Härtefallantrag zu spät gestellt.
76aa. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vorstehend zitierten Urteil zum Gesetzeszweck angeführt:
77„Wie bereits ausgeführt dient das Aufnahmeverfahren der Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs (Urteil vom 19. April 1994 aaO, BT-Drucks. 11/6937 S. 5 f.). Soweit in der Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Härtefällen von dem Erfordernis der Auslandsantragstellung befreit wird, wird damit nicht die Konzeption des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren aufgegeben. Insbesondere muss aus Gründen der Zuzugskontrolle zeitnah geprüft werden, ob überhaupt besondere Härtefallgründe vorliegen, die eine Antragstellung im Bundesgebiet rechtfertigen. Nimmt der Aufnahmebewerber dies irrtümlich an, dann muss er nach der Ablehnung des Härtefallantrags - wie § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG zeigt - in das Aussiedlungsgebiet zurückreisen, um einen Folgeantrag erfolgreich stellen zu können. Auch diese im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht würde unterlaufen, wenn ein dauerhafter Zuzug auf ausländerrechtlicher Grundlage unschädlich wäre und wenn der Betroffene im Bundesgebiet das Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten oder fehlende deutsche Sprachkenntnisse über mehrere Jahre ungeprüft nacherwerben könnte. Denn § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfasst nicht Fallgestaltungen, die der Antragsteller oder andere Personen durch ein ihm oder ihnen zuzurechnendes Verhalten mit der Absicht herbeigeführt haben, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 BVFG zu umgehen (Urteil vom 18. November 1999 aaO [S. 104]). Ließe man aber eine Antragstellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zu einem beliebig späten Zeitpunkt nach der dauerhaften Wohnsitznahme zu, könnte dies eine Anreizwirkung für eine Umgehung der Regelerfordernisse haben.“
78Die Konzeption „des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren“ wird im Fall der Klägerin nicht umgangen. Dessen Schutzzweck greift - wie bereits ausgeführt - nicht für sie als erwiesen deutsche Staatsangehörige. Sie war wegen des ihr zustehenden grundrechtlich durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten Aufenthaltsrechts ohne die Durchführung des Aufnahmeverfahrens berechtigt, in den Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes einzureisen und sich hier niederzulassen. Hinsichtlich ihrer Person war auch keine zeitnahe Überprüfung erforderlich, ob überhaupt Härtegründe vorliegen. Sie war laut dem vom Bundesverwaltungsamt vor ihrer Übersiedlung ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis schon zum Zeitpunkt ihrer Einreise deutsche Staatsangehörige. Für sie bestand auch nicht die „im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht“ aus § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG a. F. bzw. aus § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG in der geltenden Fassung. Ihr dauerhafter Zuzug war nicht auf ausländerrechtlicher Basis erfolgt. Sie hat nicht das „Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten“ können oder müssen.
79Allerdings liefe das Fehlen einer zur Aussiedlung zeitnahen Prüfung der Sprachkenntnisse und die Möglichkeit des Nacherwerbs der Sprache, ließe man die Antragstellung in einem Fall wie dem der Klägerin zu einem beliebig späteren Zeitpunkt nach der Aussiedlung zu, dem Zweck des Bundesvertriebenengesetzes zuwider. Denn dies führte zu einer Umgehung des Regelerfordernisses der behördlichen Sprachprüfung im Zusammenhang mit der Aussiedlung.
80bb. Zudem spricht auch der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 (256 f.) = juris, Rn. 23, im Rahmen seiner Auslegung benannte Integrationszweck des Bundesvertriebenengesetzes für die Notwendigkeit einer zeitnahen Antragstellung auch in einem solchen Fall wie dem der Klägerin. Denn der Integrationszweck greift für aus den Aussiedlungsgebeiten stammende deutsche Staatsangehörige gleichermaßen wie für andere Aufnahmebewerber, auch wenn die vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug genommenen Regelungen in den §§ 9, 10, 11 und 14 BVFG im Einzelfall der Klägerin nicht (mehr) von Relevanz sein dürften. So hat die Klägerin kurz nach ihrem Eintreffen in der Bundesrepublik Deutschland bereits Integrationskurse im Sinne von § 9 Abs. 1 BVFG (auf Kosten des Bruders) besucht. Überbrückungsgeld nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BVFG dürfte sie - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
81Vgl. hierzu von Schenkendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand Dezember 2013, B 2 § 9 BVFG n. F., Anm. II.1., S. 5.
82Die Einstiegshilfen ins Berufsleben wird sie aufgrund der persönlichen Umstände auch nach Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht beanspruchen können.
833. Vor dem Hintergrund der Erfolglosigkeit ihres erst sechs Jahre nach Aussiedlung gestellten Härtefallantrags kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin die ‑ von der Beklagten teilweise zugestandenden - sonstigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfüllt.
84III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
85IV. Der Senat lässt die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der Frage zu, ob § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG grundsätzlich entsprechend der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248 = juris, vorgenommenen Auslegung auch auf solche ohne Aufnahmebescheid eingereiste Aufnahmebewerber anzuwenden ist, deren deutsche Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Übersiedlung bereits durch behördliche Vorprüfung festgestellt bzw. erwiesen ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist kasachische Staatsangehörige. Sie beantragte am 12.10.1998 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz bei dem Bundesverwaltungsamt (BVA). Ihr Ehemann, der die russische Nationalität führt, und die Kinder B. und B1. sollten in den Bescheid einbezogen werden. Ausweislich der vorgelegten Geburtsurkunde vom 30.05.1966 sind die Eltern der Klägerin die deutschen Volkszugehörigen K. und B1. Skolnik. Über die Großeltern ist nach den Antragsangaben nichts bekannt. Im 1986 ausgestellten Inlandspass ist die Klägerin mit deutscher Nationalität eingetragen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen gab die Klägerin an, sie habe ab dem 2. Lebensjahr mit ihren Eltern und anderen Verwandten Deutsch gesprochen. Ab dem 6. Lebensjahr habe sie auch russisch gesprochen. Jetzt spreche sie in ihrer Familie selten deutsch, könne aber fast alles verstehen und ein einfaches Gespräch führen.
3Am 16.08.2001 wurde die Klägerin in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Karaganda zu ihren Sprachkenntnissen angehört. Sie erklärte, sie habe als Kind die deutsche Sprache erlernt, und zwar außerhalb des Elternhauses in der Schule und in einem Sprachkurs. In der Familie sei ausschließlich Russisch gesprochen worden. Der Sprachtester stellte fest, dass eine Verständigung in deutscher Sprache zwar möglich, ein Gespräch im Sinne eines Dialoges aber nicht zustande gekommen sei. Die Antragstellerin verstehe die meisten Fragen sofort. Sie reagiere meist auf einzelne Begriffe in der Frage. Eine Verständigung sei unter gelegentlicher Einschaltung einer Dolmetscherin möglich gewesen. Die Antragstellerin spreche keinen deutschen Dialekt, sondern mit dem typischen russischen Akzent.
4Mit Bescheid vom 22.12.2003 wurde der Aufnahmeantrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, nach dem Ergebnis des Sprachtests sei die Klägerin nicht in der Lage, ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache zu führen. Von einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache im Elternhaus könne damit nicht ausgegangen werden. Unter dem 22.12.2003 erging außerdem ein Bescheid des BVA, durch den der Ehemann der Klägerin und die Kinder B. und B1. in den Aufnahmebescheid der Mutter des Ehemannes, B1. H. , einbezogen wurden. In dem Einbeziehungsbescheid war die Klägerin als mit einreisende Familienangehörige nach § 8 Abs. 2 BVFG eingetragen. In einem beigefügten Vermerk wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin dem Ausländerrecht unterliege und keine Leistungen als Spätaussiedlerin oder als Ehegattin eines Spätaussiedlers nach dem Bundesvertriebenengesetz erhalten könne.
5Der Ablehnungsbescheid wurde der Bevollmächtigten der Klägerin mit Einwurf-Einschreiben übersandt. Als Absendedatum ist der 30.12.2003 vermerkt. Nach ihrer Einreise nach Deutschland legte die Klägerin mit Schreiben vom 28.07.2004, das am 11.08.2004 beim BVA einging, Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. In der Begründung machte sie geltend, sie habe bei dem Sprachtest alle Fragen verstanden und gut beantworten können. Ihre Eltern seien Deutsche gewesen. Sie habe sich in der Familie auf Deutsch unterhalten. Da die Mutter sehr früh gestorben sei, sei diese Möglichkeit weggefallen. Daher sei ihre Aussprache heute nicht mehr akzentfrei.
6Durch Widerspruchsbescheid vom 19.08.2004 wurde der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Die Klägerin habe die Monatsfrist des § 70 VwGO nicht eingehalten. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 27.08.2004 zugestellt. Klage wurde nicht erhoben.
7Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2010 stellt die Klägerin den Antrag, das Verfahren auf Aufnahme nach dem BVFG wieder aufzunehmen und ihr einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin zu erteilen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe bei ihrer Anhörung in Karaganda am 16.08.2001 sehr wohl ein einfaches Gespräch nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts führen können. Sie habe alle Fragen beantwortet. Eine fehlerhafte Bewertung des Sprachtests sei offensichtlich. Die Beurteilung des Sprachtesters sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Dieser habe falsche Kriterien zugrundegelegt. Insbesondere sei die Beherrschung eines deutschen Dialektes nicht erforderlich, ein russischer Akzent sei nicht schädlich.
8Außerdem habe das BVA gegen § 28 VwVfG und § 39 VwVfG verstoßen. Der Ablehnungsbescheid sei ohne vorherige Anhörung und ohne die erforderliche Begründung ergangen. Daher überwiege im vorliegenden Verfahren der Grundsatz der rechtmäßigen Verwaltung gegenüber dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Es liege eine Ermessensreduzierung auf null zugunsten einer Rücknahme des rechtswidrigen Ablehnungsbescheides vor.
9Nachdem der beauftragte Rechtsanwalt das Mandat niedergelegt hatte, wurde der Antrag von der Klägerin persönlich ergänzend begründet. In einem vorgelegten Lebenslauf machte die Klägerin geltend, sie sei nach der Einreise am 29.04.2004 von den deutschen Behörden falsch beraten worden. Man habe ihr im ersten Aufnahmelager in Friedland gesagt, sie könne einen Widerspruch gegen die Ablehnung erst im zweiten Aufnahmelager einlegen, wo man ihr aber mitgeteilt habe, sie müsse sich an das für das Übergangswohnheim zuständige Rathaus wenden. Dort habe man sie ausgelacht, weil die Frist für den Widerspruch längst abgelaufen gewesen sei. Mehrere Behördenmitarbeiter hätten geäußert, dass bei der Ablehnung ein Fehler unterlaufen sei, da sie gut deutsch spreche. Die Anmeldung zu einem deutschen Sprachkurs sei abgelehnt worden, weil sie überqualifiziert gewesen sei. Hierzu legte sie eine Bescheinigung des Landratsamtes Heilbronn vom 07.07.2010 vor.
10Mit Bescheid vom 15.03.2011 wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG liege nicht vor. Weder hätte sich die Sach- oder Rechtslage geändert, noch seien neue Beweismittel vorgelegt worden. Auch eine Wiederaufnahme nach § 51 Abs. 1 iVm § 48 VwVfG komme nicht in Betracht. Die Ablehnung sei nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern anhand des Sprachtestprotokolls nachvollziehbar. Die von der Klägerin geltend gemachte fehlerhafte Beratung durch Behördenvertreter nach der Einreise habe nicht dazu geführt, dass sie ihre Rechte nicht habe durchsetzen können. Denn zu diesem Zeitpunkt sei die Widerspruchsfrist längst abgelaufen gewesen. Die Klägerin habe aber nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Widerspruchsfrist nicht habe einhalten können. Sie habe auch auf eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid verzichtet. Ein Festhalten an der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides verstoße daher nicht gegen Treu und Glauben.
11Hiergegen legte die Klägerin am 13.04.2011 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 11.05.2012 stellte sie beim BVA und beim Landratsamt Heilbronn einen Antrag auf Anerkennung als Spätaussiedlerin nach § 4 BVFG nach eigenem Recht. Durch Widerspruchsbescheid vom 06.06.2012 wurde der Widerspruch gegen die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Aufnahmeverfahrens zurückgewiesen und der Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedlerin abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, die Klägerin sei nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern als Ausländerin eingereist. Spätaussiedler könne nach § 4 BVFG aber nur derjenige sein, der das Aussiedlungsgebiet im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen habe.
12Gegen den Widerspruchsbescheid im Verfahren auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens wurde keine Klage erhoben.
13Gegen die Ablehnung der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung legte die Klägerin am 03.07.2012 Widerspruch ein. Dieser wurde im Auftrag der Klägerin mit Schreiben vom 02.09.2012 begründet. Im Wesentlichen heißt es dort, die Klägerin sei deutsche Volkszugehörige. Beide Eltern hätten der deutschen Nationalität angehört. Die Klägerin habe sich in ihrem Inlandspass zur deutschen Nationalität bekannt. Ihr sei die deutsche Sprache genauso wie den beiden Schwestern U. und B1. in der Familie vermittelt worden. Beide Schwestern seien als deutsche Volkszugehörige anerkannt, die Schwester B1. T. , geb. am 00.00.1964, als Spätaussiedlerin und die Schwester U. L. , geb. am 00.00.1959, als Vertriebene. Die Klägerin habe, angefangen mit der Beantragung des Visums in der Deutschen Botschaft, alle Verfahren bei deutschen Behörden ohne Probleme selbst durchgeführt. Die Anmeldung bei einem Sprachkurs sei wegen ihrer guten Sprachkenntnisse abgelehnt worden.
14In einer persönlichen Äußerung zum Widerspruchsverfahren erklärte die Klägerin, das Gutachten über den Sprachtest sei falsch; möglicherweise sei das richtige Gutachten verloren gegangen oder verlegt worden. Sie habe alle Fragen in vollen Sätzen beantwortet und darüber hinaus viel in deutscher Sprache über das Familienleben erzählt. Dies alles sei nicht richtig protokolliert worden.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 wurde der Widerspruch gegen die Ablehnung der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist, sondern als ausländische Staatsangehörige. Da die Aufnahme bestandskräftig abgelehnt worden sei und auch das Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens bestandskräftig abgelehnt worden sei, könne dieser Mangel auch nicht mehr beseitigt werden.
16Am 09.04.2013 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG weiterverfolgt. Diese Klage ist Gegenstand des Verfahrens 7 K 2370/13.
17Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf nachträgliche Aufnahme als Spätaussiedlerin in einem Härtefall, weil sich die Rechtslage durch die Neuregelung im 10. Änderungsgesetz zum BVFG geändert habe. Die dort vorgesehenen Voraussetzungen für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit, insbesondere die sprachlichen Anforderungen, seien erfüllt.
18Durch Bescheid des BVA vom 04.03.2014 wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG abgelehnt. In der Begründung wurde mitgeteilt, durch das Inkrafttreten des 10. Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 habe sich zwar eine Änderung der Rechtslage ergeben. Diese wirke sich aber nicht zugunsten der Klägerin aus.
19Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei bei der Beurteilung des Statuserwerbs nach § 4 BVFG auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Einreise des Aufnahmebewerbers abzustellen. Für die Klägerin sei daher die Rechtslage bei ihrer Einreise 2004 maßgebend. Mit dem 10. Änderungsgesetz sollten die Personen begünstigt werden, die bislang noch nicht hätten aussiedeln können, weil sie die Voraussetzungen nach dem bisherigen Recht nicht erfüllten. Demgegenüber sei es nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen, die neue Rechtslage rückwirkend für alle bereits in Deutschland aufgenommenen Personen einzuführen und ihnen damit nachträglich Fremdrentenansprüche einzuräumen.
20Selbst wenn aber das 10. Änderungsgesetz für die Feststellung des Status der Klägerin Anwendung fände, sei nicht erkennbar, dass sich dieses zu ihren Gunsten auswirke. Auch nach der Änderung sei der Nachweis von deutschen Sprachkenntnissen auf dem Niveau eines einfachen Gesprächs erforderlich, § 6 Abs. 2 BVFG n.F.. Diese müssten spätestens bei der Begründung des Aufenthaltes in der Bundesrepublik vorgelegen haben. Dies könne aber nach dem Ergebnis des Sprachtests im Jahr 2001 nicht festgestellt werden.
21Ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 iVm § 48 Abs. 1 VwVfG komme ebenfalls nicht in Betracht. Ein Festhalten an der bestandskräftigen Ablehnung führe nicht zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen. Dagegen spreche schon, dass die Klägerin die Ablehnung über Jahre hinweg hingenommen habe. Diese sei auch nicht offensichtlich rechtswidrig. Nach dem Sprachtestprotokoll vom 16.08.2001 sei die Klägerin zu einem einfachen Gespräch auf Deutsch nicht in der Lage gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anhörung nicht korrekt durchgeführt oder protokolliert worden sei.
22Aber selbst bei einem Wiederaufgreifen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Aufnahme nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, da ein Härtefall nicht vorliege. Denn die Klägerin halte sich bereits seit 10 Jahren mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland auf. Außerdem fehle es an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise und der Betätigung des Spätaussiedlerwillens. Dieser habe schon bei der ersten Beantragung des Wiederaufgreifens des Verfahrens im Februar 2010, also mehr als 5 Jahre nach der Einreise, nicht mehr bestanden.
23Gegen den Ablehnungsbescheid vom 04.03.2014 legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.03.2014 am 11.03.2014 Widerspruch ein, der wie folgt begründet wurde: Maßgeblich sei nach der aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die im Entscheidungszeitpunkt geltende Rechtslage und damit das BVFG in der Fassung des 10. Änderungsgesetzes. Es lasse sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass eine Höherstufung von bereits in Deutschland aufgenommenen Personen nach dem 10. Änderungsgesetz ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei ein Härtefall gegeben, wenn sich die Klägerin zwischen der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann und der Aussicht auf eine für sie günstige Änderung des BVFG entscheiden müsse. Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Aussiedlung und Antragstellung könne hier keine Rolle spielen, da die Klägerin nicht auf beliebige Weise nach Deutschland übergesiedelt sei, sondern als Teil eines Familienverbandes von Spätaussiedlern. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.03.2014 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2014 zurückgewiesen.
24Gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.06.2014 hat die Klägerin am 25.07.2014 Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides in einem Härtefall nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG weiterverfolgt. Diese Klage ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens 7 K 4031/14.
25Im Klageverfahren 7 K 2370/13 hat die Klägerin eine persönliche Erklärung zum Erwerb ihrer Sprachkenntnisse und zum Ablauf des Sprachtests in Karaganda abgegeben. Danach sei zu Hause immer Deutsch gesprochen worden, weil die Eltern kein Russisch konnten. Großeltern habe sie nie gesehen. Im 14. Lebensjahr sei jedoch die Mutter gestorben. Danach sei sie aus dem Elternhaus weggegangen, um die Ausbildung als Erzieherin zu machen. Sie habe dann viele Jahre keinen deutschen Menschen gesehen. 1986 habe sie geheiratet. Der Vater des Ehemannes sei Russe gewesen. Deswegen sei auch seine Mutter gezwungen gewesen, Russisch zu sprechen. Sie habe trotzdem die Muttersprache nie vergessen. In der Schule sei sie im Fach Deutsch immer die Beste gewesen.
26Der Sprachtest sei freundlich verlaufen. Sie habe alle Fragen verstanden und den Dolmetscher nicht gebraucht. Nur ein paar Wörter hätten erklärt werden müssen. Sie habe vieles über ihre Familie und die Eltern erzählt. Am Ende habe die Sprachtesterin gesagt: „Gut, recht gut.“ Nach dem Sprachtest habe ihre Nichte aus Karlsruhe beim BVA angerufen und dieser sei mitgeteilt worden, dass sie selbst und ihre Schwiegermutter den Sprachtest bestanden hätten. Deshalb sei sie über die Ablehnung schockiert gewesen. In dem Sprachtestprotokoll, das sie 2010 im ersten Wiederaufnahmeverfahren gesehen habe, sei die Hälfte der gestellten Fragen nicht enthalten gewesen. Auch die Erzählungen über die Familie seien nicht aufgenommen worden. Auf den Seiten 47, 49, 50, 51 und 52 fehle ihre Unterschrift. Sie nehme daher an, dass die Unterlagen bei der Bearbeitung in eine fremde Akte geraten seien. Sie habe sich schon bei der Beantragung des Ausreisevisums bei der Deutschen Botschaft gegen die Einstufung nach § 8 BVFG gewehrt, sei aber immer vertröstet worden. Bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes Heilbronn sei festgestellt worden, dass sie keinen Sprachkurs brauche, weil sie gute Deutschkenntnisse habe. Es könne nicht sein, dass ihre Schwestern als deutsche Volkszugehörige anerkannt seien, sie dagegen nicht.
27Im vorliegenden Klageverfahren 7 K 4031/14 wiederholt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zunächst die Ausführungen zur Anwendbarkeit des 10. Änderungsgesetzes zum BVFG. Im Übrigen sei die Klägerin bei Ablegung des Sprachtests am 16.08.2001 sehr wohl in der Lage gewesen, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen. In der Bewertung heiße es, die Klägerin habe die meisten Fragen sofort verstanden. Außerdem zeige das Protokoll, dass die Klägerin größtenteils in ganzen Sätzen, und nicht in einzelnen Wörtern habe sprechen können. Die Klägerin sei nur aufgrund einer Notsituation mit der Schwiegermutter nach Deutschland übergesiedelt: dem Sohn habe die Einziehung gedroht, es habe ein kriminelles Umfeld im Wohngebiet bestanden. Die Sprachkenntnisse der Klägerin im Zeitpunkt der Übersiedlung könnten von zahlreichen Zeugen bestätigt werden. Dies ergebe sich auch aus der Bescheinigung des Landratsamts Heilbronn vom 07.07.2010, wonach die Klägerin am Anfängerdeutschkurs nicht habe teilnehmen können, weil sie überqualifiziert gewesen sei.
28Die Klägerin beantragt,
29die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2014 zu verpflichten, das Verfahren wiederaufzugreifen und der Klägerin einen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG zu erteilen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen ihres Aufnahmeverfahrens und nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härteweg. Insoweit werde auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
33Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren 7 K 2370/13 und 7 K 4031/14 und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
35Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen ihres bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG oder auf Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 22.12.2003 nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG und Erteilung eines Aufnahmebescheides im Wege der Härtefallentscheidung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
36Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG ist nicht gegeben. Die Klägerin hat einen Wiederaufnahmegrund im Sinne dieser Vorschriften nicht schlüssig vorgetragen. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG muss die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf eine Änderung der Rechtslage zu ihren Gunsten durch das 10. Änderungsgesetz zum BVFG vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) berufen.
37Es kann dahinstehen, ob das 10. Änderungsgesetz für die Beurteilung eines nachträglichen Aufnahmeanspruchs der Klägerin, die nach ihren Angaben bereits am 29.04.2004 in das Bundesgebiet eingereist ist, Anwendung findet oder ob insoweit die zum Zeitpunkt der Einreise geltende Rechtslage maßgeblich ist. Zur Klärung dieser Frage hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Verfahren die Revision gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen, über die noch nicht entschieden ist,
38vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27.10.2014 – 1 B 15.14 (1 C 30.14) und 1 B 14.14 (1 C 29.14) - .
39Im vorliegenden Verfahren kommt es darauf nicht an, weil die Anforderungen, die § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG in der aktuellen Fassung des 10. Änderungsgesetzes an die Sprachkenntnisse eines Spätaussiedlers zum Zweck der Bestätigung des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum stellt, bereits seit dem am 07.09.2001 in Kraft getretenen Spätaussiedlerstatusgesetz und damit schon im Zeitpunkt des Ablehnungsbescheides und der Einreise der Klägerin bestanden. Es gilt unverändert, dass das Bekenntnis zum deutschen Volkstum durch den Nachweis der Fähigkeit bestätigt werden muss, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Abs. 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können,
40vgl. VG Köln, Urteil vom 09.04.2014 – 4 K 3448/13 - , bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 17.11.2014 – 11 A 1127/14 - .
41Zwar hat sich die Rechtslage durch das 10. Änderungsgesetz insoweit zugunsten von potentiellen Antragstellern geändert, als diese Sprachkenntnisse nicht mehr auf familiärer Vermittlung beruhen müssen, es sei denn, sie sind für die Begründung eines Bekenntnisses auf andere Weise erforderlich. Darüber hinaus wurden die Ausnahmen von dem Erfordernis der Sprachkenntnisse, die bereits für Fälle einer behinderungsbedingten Unmöglichkeit des Spracherwerbs bestanden, auf Fälle einer krankheitsbedingten Unmöglichkeit erweitert. Diese Verbesserungen der Rechtslage wirken sich jedoch – entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - auf die vorliegende Fallgestaltung nicht aus, weil die Ablehnung des Aufnahmeantrages nicht auf diesen geänderten Tatbestandsmerkmalen, insbesondere nicht auf einer fehlenden Vermittlung der deutschen Sprache in der Kindheit der Klägerin, beruhte.
42Vielmehr war für die Ablehnung entscheidungserheblich, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung kein einfaches Gespräch in deutscher Sprache führen konnte. Dies führte nach der früheren Gesetzesfassung des § 6 Abs. 2 BVFG dazu, dass das Bestätigungsmerkmal der „familiären Vermittlung der deutschen Sprache“ nicht festgestellt werden konnte, weil diese Feststellung kumulativ vom Nachweis der Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung und ergänzend von der fortwirkenden Sprachvermittlung durch die Familie in der Kindheit - abhängig war.
43Nach der neuen Gesetzesfassung ist die familiäre Sprachvermittlung als Bestätigungsmerkmal entfallen. Vielmehr ist Bestätigungsmerkmal nunmehr unmittelbar der Nachweis der Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs. Da die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit nach § 6 Abs. 2 BVFG bereits an diesem, nach wie vor erforderlichen Nachweis gescheitert ist und nicht an dem fehlenden Vorgang der Weitergabe der deutschen Sprache in der Kindheit der Klägerin, wirkt sich der Verzicht des Gesetzgebers auf die familiäre Sprachvermittlung nicht zugunsten der Klägerin aus. Demnach liegt hier eine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage nicht vor.
44Auch der Wiederaufnahmegrund des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist nicht erfüllt. Danach muss das Verfahren wiederaufgegriffen werden, wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Die nunmehr benannten Zeugen bzw. die - nach der mündlichen Verhandlung - vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen zu den deutschen Sprachkenntnissen der Klägerin sind keine „neuen“ Beweismittel. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Zeugen nicht schon im Widerspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid bzw. in einem anschließenden Klageverfahren verfügbar gewesen wären. Dasselbe gilt für die Bescheinigung des Landratsamtes Heilbronn vom 07.07.2010, wonach die Klägerin nicht zu einem Anfängerdeutschkurs des Landratsamtes Heilbronn angemeldet werden konnte, weil sie überqualifiziert gewesen sei. Diese ist ebenfalls nicht „neu“, weil sie sich auf Vorgänge zu Beginn des Aufenthaltes der Klägerin in Deutschland bezieht, also auf die Zeit ab April 2004, die daher auch schon in einem früheren Verfahren hätte ausgestellt und beigebracht werden können.
45Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG i.V.ml. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im Wege einer Ermessensreduzierung auf null.
46Nach § 51 Abs. 5 VwVfG ist eine Verwaltungsbehörde ermächtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein bestandskräftig abgeschlossenes Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung.
47Im Rahmen der Ermessensausübung handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie dem privaten Interesse an einer erneuten Entscheidung und dem Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit keinen höheren Stellenwert als dem Gebot der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, die für den Bestand des Verwaltungsakts streiten, beimisst. Beide Grundsätze sind – auch im Vertriebenenrecht – gleichrangig. Potentielle Spätaussiedler genießen mit Blick auf Art. 116 GG keinen größeren Schutz als sonstige Rechtsinhaber,
48vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 - ; OVG NRW, Beschluss vom 08.06.2010 - 12 A 3328/08 - , Beschluss vom 13.08.2008 - 12 A 417/07 - .
49Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde erst dann zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt „schlechthin unerträglich“ wäre, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt.
50Die Berufung auf die Bestandskraft der Entscheidung ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt. Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der bestandskräftige Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 - , Urteil vom 22.10.2009 - 1 C 15/08 - ; OVG NRW, Beschluss vom 27.06.2011 - 12 A 2096 /10 - .
52Einfache Zweifel an der Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vermögen jedoch einen Wiederaufnahmeanspruch in der Regel nicht zu begründen.
53Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung des Aufnahmeantrags durch Bescheid vom 22.12.2003 offensichtlich rechtswidrig war. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich bereits aus dem Akteninhalt ohne weitere Aufklärung ergibt, dass die Beklagte die Voraussetzungen für die Anerkennung der Spätaussiedlereigenschaft nach § 4 Abs. 1 BVFG i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG a. F. seinerzeit eindeutig und klar erkennbar zu Unrecht verneint hat. Dies ist indessen nicht der Fall. Insbesondere ist die Bewertung des Bundesverwaltungsamtes, dass die Klägerin in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung über den Aufnahmeantrag im Dezember 2003 kein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte, nicht offensichtlich unzutreffend.
54Die Fähigkeit zum Führen eines einfachen Gesprächs setzt voraus, dass sich der Aufnahmebewerber über einfache Lebenssachverhalte aus dem familiären Bereich, über alltägliche Situationen und Bedürfnisse oder über die Ausübung eines Berufs oder einer Beschäftigung grundsätzlich in ganzen Sätzen und in einem einigermaßen flüssigen Austausch von Rede und Gegenrede unterhalten kann. Hierbei ist ein langsameres Verstehen und Sprechen sowie Fehler in Satzbau, Wortwahl und Aussprache nicht schädlich, wenn diese nach Art und Zahl einem richtigen Verstehen nicht entgegenstehen,
55vgl. BVerwG, Urteile vom 04.09.2003 – 5 C 11.03 – juris, Rn. 18 ff., und – 5 C 33.02 – juris, Rn. 17 ff..
56Diese Anforderungen hat die Klägerin bei der Anhörung am 16.08.2001 in Karaganda nicht erfüllt. Ein Gespräch im Sinne eines Austausches von Rede und Gegenrede kam nicht zustande. Zutreffend ist zwar, dass die Klägerin auf die ersten Fragen in ganzen Sätzen geantwortet hat. Jedoch hat sie überwiegend nicht auf die konkrete gestellte Frage reagiert, sondern hat zu einem in der Frage enthaltenen Stichwort wie Familie, Arbeit oder Geburtstag eine Aussage gemacht, die jedoch nicht zum Inhalt der Frage passte. So erwiderte sie beispielsweise auf die Bitte, vom Ort ihrer Kindheit zu erzählen, „Ich habe geboren in Semipalatinsk. Dorf Usunbulak, dort hab ich in die Schule gehen.“ Diese Antwort enthält keine Beschreibung des Ortes, in dem sie aufgewachsen ist. Auf die Aufforderung zu erzählen, wie sie ihren letzten Geburtstag gefeiert habe, erklärte sie, „Meine letzte Geburtstag ist am 20. Mai in diesem Jahr.“ Eine Aussage zur Geburtstagsfeier ist in dieser Antwort nicht enthalten. Die Bitte zu erzählen, wie sie ihren Mann kennengelernt habe, wurde wie folgt beantwortet: „Meine Schwester hat in Semipalatinsk gewohnt, wir haben kennengelernt zusammen.“ Daraus lässt sich nicht entnehmen, wie die erste Begegnung mit dem Ehemann abgelaufen ist.
57Die Klägerin hat also den Inhalt dieser Fragen nicht verstanden. Vielmehr ist die Annahme naheliegend, dass die Antworten der Klägerin für bestimmte erwartete Fragen vorbereitet und einstudiert worden sind. Jedoch war die Klägerin zu einer freien Formulierung ihrer Gedanken in einfachen Sätzen nicht in der Lage, wie sich insbesondere bei den Fragen zeigte, die auf das Erzählen eines längeren Geschehensablaufes gerichtet waren, wie beispielsweise die Deutschlandreise, die Zubereitung von Tee, die Feier des Weihnachtsfestes. Auf diese Fragen hat die Klägerin gar nicht oder nur bruchstückhaft geantwortet. Ein Dialog mit der Klägerin kam daher nicht zustande.
58Die Bewertung des Sprachtesters, die Klägerin habe die meisten Fragen sofort beantwortet, eine Verständigung sei unter gelegentlicher Einschaltung der Dolmetscherin möglich gewesen, die Antragstellerin reagiere meistens auf einzelne Wörter/Begriffe in der Frage, ist bei dem oben geschilderten Ablauf des Sprachtests nachvollziehbar. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis des Sprachtests noch hätte verbessert werden können, wenn Fragen wiederholt, umformuliert oder ergänzt worden wären. Es lässt sich aber nicht mit Sicherheit feststellen, dass auch bei einer vermehrten Hilfestellung ein einfaches Gespräch zustande gekommen wäre. Damit erweist sich die Bewertung des Sprachtesters nicht als offensichtlich unzutreffend.
59Es kann auch nicht beanstandet werden, dass der Sprachtester im Anhörungsprotokoll vermerkt hat, dass die Klägerin keinen Dialekt, sondern mit dem typischen russischen Akzent gesprochen hat. Denn seinerzeit kam es auch auf die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache an, sodass beispielsweise die Beherrschung eines deutschen Dialekts als positives Indiz für eine familiäre Sprachvermittlung herangezogen werden konnte. Die negative Bewertung des Sprachtests im Ablehnungsbescheid vom 22.12.2003 ist aber nicht auf das Fehlen eines Dialekts oder den russischen Akzent der Klägerin in ihrer Aussprache gestützt, sondern allein auf „unzureichende Sprachkenntnisse ..., die für ein einfaches Gespräch keineswegs ausreichen“. Demnach kann nicht festgestellt werden, dass sich die Anmerkungen des Sprachtesters zur Aussprache auf die Bewertung der Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs ausgewirkt haben.
60Es gibt keinerlei Anhaltspunkte in der Akte für die Vermutung der Klägerin, dass der Sprachtest nicht richtig protokolliert worden wäre. Insbesondere kann ausgeschlossen werden, dass die Anlage zum Anhörungsprotokoll (Bl. 51, 52 des Verwaltungsvorgangs) verloren gegangen oder ausgetauscht worden ist. Die Anlage enthält oben das zutreffende Aktenzeichen. Die Angaben der Klägerin stimmen mit ihrem Lebenslauf überein. Das Fehlen der Unterschrift ist unerheblich, da auf der Anlage zum Protokoll keine Unterschrift vorgesehen ist, nur unter der Ziff. 1.4 auf Bl. 48 des Verwaltungsvorgangs. Dort ist die Unterschrift auch vorhanden.
61Die Rüge der Klägerin, dass Fragen und Antworten unvollständig protokolliert worden seien, lässt sich nicht nachvollziehen. Insbesondere bezieht sich eine Reihe von Fragen, die die Klägerin im Protokoll vermisst, auf die familiäre Sprachvermittlung unter den Ziff. 1.2 und 1.3.. Diese Fragen und Antworten tauchen nicht in der Anlage zum Protokoll auf, weil sie in russischer Frage vor Beginn des eigentlichen Sprachtests gestellt worden sind, vgl. Vermerk unter Ziff. 4.1. Im Übrigen erscheint die Behauptung der Klägerin nicht plausibel, dass sie ganz viel zu ihrer Familie erzählt habe. Hierfür reichten die Sprachkompetenz, insbesondere der in den Antworten erkennbare begrenzte Wortschatz und die Fähigkeit zur Satzbildung offensichtlich nicht aus.
62Es ist schließlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Erlass des Ablehnungsbescheides, der mehr als zwei Jahre nach Ablegung des Sprachtests erfolgte, die dort gezeigten Sprachkenntnisse zugrundegelegt hat. Es lässt sich nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass diese Annahme unrichtig war und die Klägerin im Dezember 2003 ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache führen konnte. Dass sich die Sprachkenntnisse der Klägerin in dem Zeitraum bis zum Erlass des Ablehnungsbescheides deutlich verbessert hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
63Ein Sprachtest nach der Einreise im April 2004 wurde offenbar nicht durchgeführt, da die Klägerin gemäß § 8 Abs. 2 BVFG als Ausländerin eingereist war und daher keine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 oder § 15 Abs. 2 BVFG beantragt hat. Eine entsprechende Anfrage der Beklagten im vorherigen Wiederaufnahmeverfahren hat die Klägerin nicht beantwortet. Eine mündliche Aussage von Behördenmitarbeitern, dass die Klägerin gut deutsch spreche, wie die Klägerin mehrfach vorträgt, lässt keine Rückschlüsse auf die Sprachkenntnisse im Dezember 2003 zu. Sie ist weder dokumentiert noch im Hinblick auf den Zeitpunkt und den Umfang der Sprachkenntnisse hinreichend konkretisiert.
64Auch die Bescheinigung des Landratsamts Heilbronn vom 07.07.2010, dass die Klägerin am Anfängerdeutschkurs nicht teilnehmen konnte, weil sie überqualifiziert gewesen sei, hat keine ausreichende Aussagekraft. Sie ist 6 Jahre nach der Einreise ausgestellt und damit kein Beleg für die Sprachkenntnisse im Jahr 2004. Darüber hinaus ist unklar, welche Sprachkompetenz die Klägerin hatte. Der Umstand, dass sie „überqualifiziert“ für einen Anfängersprachkurs war, zeigt nur, dass sie bereits irgendwelche Sprachkenntnisse hatte, also keine Anfängerin ohne Sprachkenntnisse war. Zur Fähigkeit, ein einfaches Gespräch zu führen, macht diese Bescheinigung keine hinreichend klare Aussage.
65Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre Schwestern als deutsche Volkszugehörige anerkannt worden sind. Zwar ist der am 00.00.1959 geborenen Schwester U. L. am 07.03.1990 ein Vertriebenenausweis B ausgestellt worden. Die am 00.00.1964 geborene Schwester B1. T. , hat am 27.08.2009 einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin erhalten. Daraus können jedoch keine zwingenden Schlussfolgerungen für die Sprachkenntnisse der Klägerin im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung gezogen werden.
66Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Sprachkenntnisse für jedes Geschwisterkind selbständig zu prüfen und zu bewerten sind, da sich die Lebensumstände für jedes Familienmitglied und damit der Sprachgebrauch unterschiedlich entwickeln können. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass in einer Familie aufgewachsene Geschwister im Erwachsenenalter die gleiche Sprachkompetenz haben, ist nicht bekannt. Im vorliegenden Verfahren sind beide Schwestern älter als die Klägerin (2 bzw. 7 Jahre). Dies könnte bereits eine Ursache dafür sein, dass diese möglicherweise bessere deutsche Sprachfähigkeiten entwickeln konnten, da sie länger mit der schon 1981 verstorbenen deutsch sprechenden Mutter zusammengelebt haben. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin erst 15 Jahre alt.
67Darüber hinaus hat die Klägerin über viele Jahre nach ihrem eigenen, in der mündlichen Verhandlung bestätigten Vortrag, kaum Gelegenheit gehabt, die deutsche Sprache zu sprechen und somit die in der Kindheit erworbenen Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Denn sie hat ihren Geburtsort im Gebiet Semipalatinsk (Nordost-Kasachstan) bereits 1983, also im Alter von 17 Jahren, verlassen und mehrere tausend Kilometer entfernt in Wladiwostok an der Ostküste Sibiriens ihre Ausbildung als Erzieherin gemacht. Nach ihrer Eheschließung ist sie mit ihrem Ehemann in die Stadt Schewtschenko (= Aktau/ Aqtau) gezogen, die am Ostufer des Kaspischen Meeres im Südwesten Kasachstans und damit ebenfalls weit entfernt (ca. 3.400 km) von ihrem Geburtsort liegt.
68In der dort lebenden Familie der Schwiegereltern wurde nach Angaben der Klägerin in ihrer im Klageverfahren vorgelegten Erklärung vom 17.03.2014 überwiegend Russisch gesprochen, weil der Schwiegervater Russe war und daher auch die deutschsprachige Schwiegermutter gezwungen war, Russisch zu sprechen. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrem Aufnahmeantrag auch angegeben, in ihrer Familie werde derzeit selten Deutsch und häufig Russisch gesprochen. Zu den Sprachfähigkeiten des Ehemannes ist nichts vorgetragen. Wenn die Klägerin nunmehr in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe auch mit dem Ehemann vor der Ausreise deutsch gesprochen, ist dies vor dem Hintergrund der russischen Umgangssprache in der Familie der Schwiegereltern und ihren Angaben im Aufnahmeantrag nicht glaubhaft.
69Auch die über viele Jahre fehlende Gelegenheit, die deutsche Sprache aktiv zu sprechen, kann daher Unterschiede in den Sprachfähigkeiten der Schwestern vor ihrer Einreise nach Deutschland ohne weiteres begründen. Damit kann auch aus der Aufnahme der Schwestern als Spätaussiedlerin bzw. Vertriebene nicht geschlossen werden, dass die Bewertung der Sprachkenntnisse der Klägerin bei dem Sprachtest im Jahr 2001 bzw. im Zeitpunkt der Ablehnung im Dezember 2003 offensichtlich unzutreffend war.
70Die Frage, ob die Klägerin in diesem Zeitpunkt tatsächlich zu einem einfachen Gespräch in deutscher Sprache in der Lage war oder nicht, ist somit nach den obigen Ausführungen nicht entscheidungserheblich. Vielmehr ist im Rahmen des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur maßgebend, ob die Entscheidung der Verwaltungsbehörde wegen einer unzutreffenden Bewertung der Sprachkenntnisse offensichtlich rechtswidrig ist. Da dies nach der Aktenlage im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren nicht der Fall ist, ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung mit dem Ziel der Feststellung der Sprachkenntnisse nicht erforderlich,
71vgl. auch insoweit schon VG Köln, Urteil vom 21.08.2012 – 7 K 3634/10 - .
72Die in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung durch die Vernehmung der anwesenden Schwestern der Klägerin zur Fähigkeit der Klägerin, im Zeitraum 2003/2004 ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen, war daher zurückzuweisen.
73Die Wiederaufnahme der mündlichen Verhandlung und eine weitere Beweiserhebung durch die Vernehmung von Zeugen sind auch nicht wegen der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen geboten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn diese Aussagen die Annahme des Gerichts, dass die Bewertung der Sprachkenntnisse der Klägerin durch die Beklagte nicht offensichtlich unzutreffend war, erschüttern könnten. Dies ist indessen nicht der Fall. Die Zeugenaussagen beziehen sich sämtlich auf die Benutzung der deutschen Sprache im Elternhaus der Klägerin bis zum Jahr 1983 und können daher nur für die Frage der familiären Sprachvermittlung eine Bedeutung haben, aber nicht für die im Jahr 2001 bzw. 2003 noch vorhandenen Sprachkenntnisse.
74Andere Umstände, die zu einer Ermessensreduzierung auf null führen können, weil sich das Festhalten an der Bestandskraft als „schlechthin unerträglich“ erweist, sind nicht erkennbar.
75Auch die Verletzung einer behördlichen Hinweispflicht verpflichtet die Behörde hier nicht nach Treu und Glauben, das Verfahren wiederaufzunehmen. Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt, dass sie bei der Beantragung des Einreisevisums und später von den zuständigen Aufnahmebehörden unrichtig beraten und dadurch die Einlegung des Widerspruchs hinausgezögert worden sei, würde auch derartiges Fehlverhalten von Behörden die Beklagte nicht zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens zwingen. Denn es ist nicht erkennbar, dass dieses Verhalten zu der Versäumung der Widerspruchsfrist gegen den Ablehnungsbescheid geführt hat. In der beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist auf die Widerspruchsfrist von einem Monat nach der Bekanntgabe des Widerspruchs hingewiesen worden. Die Klägerin hätte daher – ungeachtet eines späteren Beratungsfehlers – die Widerspruchsfrist einhalten können.
76Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie habe nach der Ablehnung des Aufnahmebescheides nicht mehr länger mit der Ausreise warten können, weil ihrem Sohn die Einziehung zum Wehrdienst gedroht habe und überdies eine gefährliche Situation im Wohnumfeld bestanden habe, kann dies nicht erklären, warum sie nicht innerhalb der Frist Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt hat. Dies hätte von der bevollmächtigten Schwester, die ebenfalls auf den Lauf der Widerspruchsfrist hingewiesen worden ist, ohne großen Aufwand übernommen werden können.
77Schließlich ist auch die der Beklagten obliegende Ermessensentscheidung im Rahmen des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG über die Rücknahme des Ablehnungsbescheides nicht ermessensfehlerhaft. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessen überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 Satz 1 VwGO.
78Die Begründung des Bescheides vom 04.03.2014 zeigt, dass sich die Beklagte des ihr zustehenden Ermessensspielraums hinreichend bewusst war und das Ermessen ausgeübt hat. Im Hinblick auf die grundsätzliche Gleichwertigkeit der gegenläufigen Interessen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Einzelfallgerechtigkeit gegenüber dem Eintritt von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Damit hat sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten.
79Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Behörde bei der Ausübung des Ermessens Fehler unterlaufen sind. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Behörde grundsätzlich nicht fehlerhaft handelt, wenn sie das Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung ablehnt und dass in diesen Fällen regelmäßig keine weiteren Ermessenserwägungen erforderlich sind,
80vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2009 – 1 C 15/08 – und vom 13.12.2001 – 5 C 9/11 – juris.
81Ob dies auch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden gilt, in der die Verwaltungsentscheidung wegen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels bestandskräftig geworden ist, somit eine rechtskräftige Bestätigung nicht vorliegt, kann dahinstehen.
82Weitere Ermessenserwägungen, die über die grundsätzliche Abwägung zwischen Rechtssicherheit und neuer Sachentscheidung im Interesse des Betroffenen hinausgehen, können nur dann erforderlich sein, wenn sie sich nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen oder von dem Antragsteller geltend gemacht werden,
83vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 48 Rn. 82.
84Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte derartige Umstände nicht berücksichtigt oder falsch gewichtet hat. Soweit sie die Aufrechterhaltung des Bescheides auch darauf gestützt hat, dass die Klägerin die Ablehnung ihres Aufnahmeantrages über Jahre hinaus hingenommen und damit akzeptiert habe, ist diese Ermessenserwägung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat durch die verzögerte oder unterlassene Einlegung von Rechtsmitteln mehrfach auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichtet: sie hat gegen den Ablehnungsbescheid vom 22.12.2003 verspätet Widerspruch eingelegt, sie hat keine Klage gegen den abweisenden Widerspruchsbescheid vom 19.08.2004 erhoben und sie hat letztlich auch im ersten, 2010 eingeleiteten Wiederaufgreifensverfahren gegen den Bescheid vom 15.03.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 06.06.2012 keine Klage erhoben. Für dieses Verhalten hat die Klägerin bisher weder eine Begründung vorgetragen noch ist eine solche ersichtlich. Damit hat die Klägerin aber das Gewicht ihres Interesses an einer Durchbrechung der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides selbst geschmälert. Zudem hat sie dadurch wegen des langen Zeitablaufs die Möglichkeit einer realistischen Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts im Jahr 2003 erheblich erschwert. Die Beklagte hat daher eine Rücknahme des Ablehnungsbescheides nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und die Einleitung eines neuen Verfahrens zur Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ermessensfehlerfrei abgelehnt. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides schon wegen einer fehlenden Härte und wegen eines fehlenden zeitlichen Zusammenhangs mit der Einreise nicht vorliegen, kommt es deshalb nicht an.
85Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.