Verwaltungsgericht Köln Urteil, 09. Apr. 2014 - 4 K 1743/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Dem Kläger und seiner 1976 geborenen Tochter O. S. wurde unter dem 25. Juli 1996 ein Aufnahmebescheid erteilt, in den die Ehefrau des Klägers sowie seine 1982 und 1987 geborenen Söhne als Ehegatte bzw. Abkömmlinge einbezogen worden waren. Die Familie reiste gemeinsam am 29. November 1996 nach Deutschland ein. Die zwischenzeitlich am 17. August 1996 geborene Enkelin des Klägers U. S. , die ebenfalls mit einreiste, wurde mit Bescheid vom 20. Januar 1997 im Härtewege in den Aufnahmebescheid ihrer Mutter O. S. einbezogen. Am gleichen Tage wurde O. S. ein Registrierschein erteilt. Sie meldete sich daraufhin nach Verlassen der Aufnahmeeinrichtung mit Wirkung vom 22. Januar 1997 mit ihrer Tochter U. in der Gemeinde Marpingen im Saarland an, in der der Kläger mit der restlichen Familie bereits Wohnsitz genommen hatte.
3Dem Kläger wurde unter dem 2. Juni 1997 vom Landkreis St. Wendel antragsgemäß eine Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes (BVFG) erteilt. Seiner Tochter O. S. wurde eine auf ihren Antrag hin unter dem 7. Juli 1997 ausgestellte Bescheinigung als Spätaussiedlerin nach § 15 Abs. 1 BVFG am 24. September 1997 ausgehändigt.
4Am 2. Dezember 1997 meldete sich O. S. mit ihrer Tochter U. mit Wirkung zum 6. Dezember 1997 in der Gemeinde Marpingen ab und gab als neue Wohnung eine Anschrift in ihrer Geburtsstadt Batamschinsk in Kasachstan an. Mit Schreiben vom 20. Mai 1998 teilte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Almaty/Kasachstan der Gemeinde Marpingen – Passbehörde – mit, dass ihr vom Außenministerium der Republik Kasachstan die deutschen Ausweisdokumente (Reisepass und Kinderausweis) von O. und U. S. zugesandt worden seien. Das Außenministerium habe hierzu mitgeteilt, dass O. und U. S. zum ständigen Wohnsitz nach Kasachstan zurückgekehrt und die deutschen Dokumente anlässlich ihrer dortigen Anmeldung den kasachischen Behörden übergeben worden seien. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass O. und U. S. ihre mit der Aufnahme in Deutschland erworbene Rechtsstellung von Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (sog. Statusdeutscheneigenschaft) durch freiwillige Rückkehr und dauernde Aufenthaltnahme im Vertreibungsgebiet wieder verloren hätten. Es sei daher beabsichtigt, die deutschen Ausweisdokumente nach Ablauf einer Frist von 6 Monaten zu vernichten.
5Am 6. November 1998 sprach O. S. in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Almaty vor und beantragte die Ausstellung eines Visums zur ständigen Wohnsitznahme in Deutschland sowie eines Reisepasses oder Reiseausweises zur Rückkehr nach Deutschland. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Almaty lehnte die Anträge mit Bescheid vom 9. November 1998 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Erteilung eines zweiten Visums auf der Grundlage des Aufnahmebescheides vom 25. Juli 1996 scheide aus, da die Ausreise im Wege des Aufnahmeverfahrens nur einmal möglich sei. Mit der Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland verliere der Aufnahmebescheid hinsichtlich der Visumserteilung seine Wirkung. Die Ausstellung eines deutschen Passes komme nicht in Betracht, da O. S. mangels Einbürgerung nicht deutsche Staatsangehörige (geworden) sei und die mit der Registrierung und Verteilung erworbene Rechtsstellung einer Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit dem freiwilligen Verlassen Deutschlands und der dauernden Aufenthaltnahme im Herkunftsgebiet wieder verloren habe.
6Mit Schreiben vom 29. Februar 2012 wandte sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Bundesverwaltungsamt mit dem Anliegen, der Tochter des Klägers eine Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen. Sie trugen vor: Der – inzwischen geschiedene – Ehemann von O. S. sei bei der Ausreise der Familie des Klägers im Dezember 1996 zunächst in Kasachstan geblieben. Im August 1997 sei er besuchsweise nach Deutschland gekommen, habe sich danach jedoch nicht vorstellen können, hier zu wohnen. Aufgrund ihrer zwischenzeitlich eingetretenen zweiten Schwangerschaft sei O. S. mit ihrer Tochter U. im Dezember 1997 zu ihrem Ehemann nach Kasachstan zurückgekehrt. Im Mai 1998 sei ihre zweite Tochter F. geboren worden. Im Jahr 2008 sei ihre Ehe geschieden worden. Nachdem im Juli 2009 auch ihre Großmutter verstorben sei, bestehe für O. S. kein Grund mehr, in Kasachstan zu bleiben. Sie legten ferner ein Zertifikat des Goethe-Instituts vom 26. August 2009 vor, wonach O. S. den Sprachtest Start Deutsch 1 mit Erfolg abgelegt habe.
7Das Bundesverwaltungsamt teilte hierauf mit Schreiben vom 12. März 2012 mit, dass eine erneute Einreise mit dem Aufnahmebescheid von 1996 nicht möglich sei, da die dort enthaltene einmalige Einreiseerlaubnis verbraucht sei. Ob O. S. während ihres Aufenthalts in Deutschland ihre Einbürgerung beantragt habe, sei nicht erkennbar. Sofern es zu einer Einbürgerung gekommen sein sollte, könne sie als deutsche Staatsangehörige nach Deutschland einreisen. Deutsche Reisepapiere könnten bei der deutschen Auslandsvertretung beantragt werden.
8Am 25. April 2012 stellte der Kläger beim Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung seiner Tochter O. S. sowie seiner Enkelinnen U. D. und F. D. in seinen Aufnahmebescheid vom 25. Juli 1996 gemäß § 27 Abs. 3 BVFG. Er trug vor: Eine weitere Trennung von seiner Tochter und seinen Enkelinnen sei weder für ihn noch für seine Ehefrau hinnehmbar. Seine Ehefrau leide aufgrund der Trennung unter Depressionen. Seine Tochter wäre niemals nach Kasachstan zurückgekehrt, wenn sie seinerzeit nicht verheiratet und mit dem zweiten Kind schwanger gewesen wäre.
9Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. August 2012 ab. Zur Begründung führte es aus: Eine nachträgliche Einbeziehung von O. S. und U. D. in den Aufnahmebescheid des Klägers komme nicht in Betracht, da diese bereits 1997 im Wege des Aufnahmeverfahrens Aufnahme in Deutschland gefunden hätten. Für eine nachträgliche Einbeziehung von F. D. fehle die Rechtsgrundlage, weil sie erst nach der Aufnahme des Klägers als Spätaussiedler geboren worden sei.
10Der Kläger legte hiergegen rechtzeitig Widerspruch ein, mit dem er ergänzend geltend machte: Seine Tochter O. S. habe sich seinerzeit in einer Zwangslage befunden, in der sie sich letztlich für eine Rückkehr zu ihrem Ehemann nach Kasachstan entschieden habe. Ihre Situation sei die gleiche wie in den Fällen, in denen Familienangehörige von vornherein zur Erhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Aussiedlungsgebiet blieben und nunmehr wegen eines eingetretenen Härtefalles Anspruch auf nachträgliche Aufnahme bzw. Einbeziehung hätten. Sie dürfe gegenüber diesen Personen nicht schlechter gestellt werden.
11Das Bundesverwaltungsamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2013 – zugestellt am 7. Februar 2013 – zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt: Die Angehörigen des Klägers, O. S. und U. D. , seien nicht im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG im Aussiedlungsgebiet verblieben. Sie seien vielmehr Ende 1996 im Rahmen des Aufnahmeverfahrens gemeinsam mit dem Kläger nach Deutschland gekommen und hier registriert worden. Dass sie im Dezember 1997 wieder nach Kasachstan zurückgekehrt seien, sei unerheblich. Die hierdurch entstandene Situation, die nunmehr im Wege der Härtefalleinbeziehung abgewendet werden solle, sei durch die Entscheidung von O. S. selbst herbeigeführt worden.
12Der Kläger hat am 5. März 2013 Klage erhoben, mit der er die nachträgliche Einbeziehung von F. D. allerdings nicht mehr weiter verfolgt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 BVFG komme eine nachträgliche Einbeziehung zwar nur in den Fällen in Betracht, in denen der Angehörige von Anfang an im Aussiedlungsgebiet geblieben sei. Die Interessen- und Sachlage seiner Tochter sei jedoch mit den vom Gesetz vorgesehenen Fällen vergleichbar. Mit der Regelung sollten familiäre Trennungen vermieden werden, die ohne Verschulden der Beteiligten zu einem Härtefall geführt hätten. O. S. hätte das Aussiedlungsgebiet erst gar nicht verlassen, wenn ihr Ehemann nicht beabsichtigt hätte, ihr nach Deutschland zu folgen. Sie habe sich in Kasachstan auch nicht abgemeldet. § 27 Abs. 3 BVFG müsse daher zumindest in analoger Anwendung zum Tragen kommen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Fälle wie den vorliegenden vom Anwendungsbereich des § 27 Abs. 3 BVFG habe ausschließen wollen, bestünden nicht.
13Der Kläger beantragt,
14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 8. August 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2013 zu verpflichten, seine Tochter O. S. , geboren am 00.00.1976 , und seine Enkelin U. D. , geboren am 00.00.1996 , nachträglich in seinen Aufnahmebescheid vom 25. Juli 1996 einzubeziehen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide. Ergänzend trägt sie vor: Die Tochter und die Enkelin des Klägers gehörten nicht zu dem nach § 27 Abs. 3 BVFG begünstigten Personenkreis, da sie nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ seien. „Im Aussiedlungsgebiet verblieben“ seien nur Personen, die seit der Ausreise des antragstellenden Spätaussiedlers ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet gehabt hätten. Unschädlich seien allenfalls Aufenthalte im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie z.B. bei einem Urlaub, einem Verwandten- oder Geschäftsbesuch zwecks Erledigung von dienstlichen Angelegenheiten, einer Heilbehandlung, aber auch einer zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeit oder einem Studien- bzw. Montageaufenthalt, es sei denn, die räumlichen und persönlichen Beziehungen zum bisherigen Ort des ständigen Aufenthalts würden weitgehend gelöst oder völlig abgebrochen. Von einem befristet angelegten Aufenthalt im Bundesgebiet könne im Fall der Tochter und Enkelin des Klägers indessen nicht ausgegangen werden. Sie seien auf der Grundlage eines Aufnahme- bzw. Einbeziehungsbescheides zum Zweck der dauernden Wohnsitznahme gemeinsam mit dem Kläger nach Deutschland eingereist. Der Gesetzgeber der Härtefallvorschrift des § 27 Abs. 3 BVFG sei demgegenüber davon ausgegangen, dass es infolge der Ausreise des Spätaussiedlers ohne seine Angehörigen zu einer Trennung der Familie komme. Für eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 3 BVFG sei kein Raum, da keine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 8. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung seiner Tochter O. S. und seine Enkelin U. D. in seinen Aufnahmebescheid vom 25. Juli 1996 nicht zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
21Als Anspruchsgrundlage kommt nur die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in der am 14. September 2013 in Kraft getretenen Fassung des 10. Änderungsgesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I 3554) in Betracht, die in Ermangelung einer Übergangsvorschrift auch auf noch nicht abgeschlossene Aufnahme- und Einbeziehungsverfahren Anwendung findet. Danach kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Vorschrift ersetzt damit – unter Verzicht auf das Erfordernis des Vorliegens eines Härtefalles – den bisherigen § 27 Abs. 3 BVFG.
221. Nach ihrem Wortlaut findet die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nur auf solche Abkömmlinge (und Ehegatten) Anwendung, die „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sind.
23a) Zum grammatikalischen Verständnis dieser Formulierung hat die 10. Kammer des Gerichts mit Urteil vom 5. Februar 2014 – 10 K 3385/12 –, juris, Rn. 31 f., ausgeführt:
24„‘Verbleiben‘ legt nach allgemeinem Sprachgebrauch am ehesten ein Verständnis im Sinne von „zurückbleiben“, „da bleiben“, „übrig bleiben“ oder „ausharren“ nahe. Nach seinem Wortlaut umfasst das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ daher nur solche Personen, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet haben. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen sind demnach Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet haben. Eine solche Wohnsitznahme liegt nicht vor bei Aufenthalten im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt ist, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibt.
25Dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG kommt besonderes Gewicht zu, weil es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen wäre, die Norm so zu fassen, dass sie auch Rückkehrer ins Aussiedlungsgebiet umfasste. Er hätte etwa formulieren können: „Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene oder der aus der Bundesrepublik oder einem Drittstaat ins Aussiedlungsgebiet zurückgekehrte Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Alternativ hätte er – wie in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG – lediglich auf den aktuellen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet abstellen und z. B. formulieren können: „Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) auch nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Von entsprechenden Formulierungen hat er aber abgesehen.“
26Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an.
27b) Das grammatikalische Verständnis des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG wird durch die systematische Auslegung des Gesetzes bestätigt. Zur Begründung schließt sich die erkennende Kammer wiederum den Ausführungen der 10. Kammer des Gerichts im Urteil vom 5. Februar 2014 – 10 K 3385/12 –, juris, Rn. 34, an:
28„Bei der Betrachtung der Systematik des Gesetzes zeigt der Vergleich mit § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG, dass der Gesetzgeber es im Gesetzestext ausdrücklich kenntlich macht, wenn er über die Aufgabe des Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet hinwegsehen bzw. den Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet fingieren will. Nach dieser Bestimmung gilt der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.“
29c) Auch die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG bzw. der Vorgängervorschrift des früheren § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG belegt das vorstehende Normverständnis. Insoweit verweist die erkennende Kammer erneut auf die Ausführungen der 10. Kammer im Urteil vom 5. Februar 2014 – 10 K 3385/12 –, juris, Rn. 40 ff.:
30„Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Er ging dabei seinerzeit offenbar davon aus, dass die nachträgliche Einbeziehung nur solchen Personen ermöglicht werden sollte, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz fortdauernd im Aussiedlungsgebiet hatten. Für ein solches Verständnis des Gesetzgebers spricht folgende Formulierung in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5515, Seite 1; vgl. auch BT-Drs. 17/7178, Seite 1):
31‚Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden und mit ihm gemeinsam ins Bundesgebiet aussiedeln. Jedoch führt die Aussiedlung nach Deutschland zu einer Trennung von Familienangehörigen, wenn diese sich zunächst entscheiden, im Aussiedlungsgebiet zu bleiben [Hervorhebung nur hier] oder nicht die vertriebenenrechtlichen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Im Bundesvertriebenenrecht fehlt bislang eine Regelung, die es dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ermöglicht, bei Vorliegen eines Härtefalls nachträglich ins Bundesgebiet auszusiedeln.‘
32Einem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion hat der Gesetzgeber damals nicht entsprochen.
33Vgl. zu dem Änderungsantrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
34Mit dem 10. Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, verstärkt Familienzusammenführungen von Spätaussiedlern zu ermöglichen.
35Vgl. BT-Drs. 17/13937, Seite 6.
36Zu § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/13937, Seite 6 f.):
37‚Die Vorschrift entspricht zu weiten Teilen dem § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG, wie er durch das 9. BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011 eingeführt wurde, verzichtet aber auf das Tatbestandsmerkmal der Härte. Denn an der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Regelungsidee (die Aussiedlung hat grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen, d. h. nur im Falle einer Härte ist eine nachträgliche Einbeziehung ausnahmsweise möglich) soll nicht weiter festgehalten werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die hierdurch in wesentlichem Umfang verursachten Trennungen der Familien der Spätaussiedler nicht ausreichend beseitigt werden können. Selbst die neue Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes hat bislang nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik und die Verbände in sie gesetzt hatten. Eine praktikable Regelung, die es ermöglicht, die Einheit von Spätaussiedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wiederherzustellen, muss daher die grundsätzlich jederzeitige Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben. Dementsprechend lässt § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG fortan die nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Einschränkungen zu. Die nachträgliche Einbeziehung wird so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG tritt; wer letztere aus welchen Gründen auch immer nicht nutzt, muss daher für die Zukunft keine Nachteile mehr befürchten.‘
38Diesem Absatz lässt sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers unter das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ auch solche Personen fallen sollen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz aus dem Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben. Wäre ein solches Verständnis gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in den Gesetzesmaterialien bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ wird dort im Gegenteil überhaupt nicht näher behandelt. Einen neuerlichen Vorstoß im Gesetzgebungsverfahren, das Tatbestandsmerkmal zu streichen, hat es nicht gegeben.“
392. Dies zugrundegelegt kommt eine nachträgliche Einbeziehung der Tochter des Klägers, O. S. , sowie seiner Enkelin U. D. in seinen Aufnahmebescheid vom 25. Juli 1996 nicht in Betracht, da sie nicht im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sind. Seine Tochter ist gemeinsam mit dem Kläger am 29. November 1996 auf der Grundlage eines eigenen, ihr erteilten Aufnahmebescheides in das Bundesgebiet eingereist. Seine Enkelin, die ebenfalls mit eingereist war, wurde im Härtewege unter dem 20. Januar 1997 in den Aufnahmebescheid seiner Tochter einbezogen. Dass der Aufenthalt seiner Tochter und seiner Enkelin in Deutschland von vornherein durch einen feststehenden Endzeitpunkt eindeutig begrenzt gewesen wäre, ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Vielmehr dient der Aufnahme- bzw. Einbeziehungsbescheid gerade der Einreise nach Deutschland zum Zwecke der ständigen Aufenthaltnahme (vgl. § 26 BVFG). Er wird gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, dienach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft ist der Tochter des Klägers unter dem 7. Juli 1997 ein Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG ausgestellt worden; seine Enkelin hat eine Bescheinigung als Abkömmling eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG erhalten. Ob die Tochter des Klägers bei ihrer Einreise nach Deutschland innere Vorbehalte gegen eine ständige Wohnsitznahme hatte und ob sie sich vor ihrer Ausreise in Kasachstan ordnungsgemäß abgemeldet hatte, ist mit Blick auf den objektiven Regelungsgehalt von Aufnahmebescheid und Spätaussiedlerbescheinigung unerheblich.
40Dass die Tochter und die Enkelin des Klägers nach einem Jahr im Dezember 1997 wieder in das Aussiedlungsgebiet nach Kasachstan zurückgekehrt sind, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Dabei kann offen bleiben, ob Fallgestaltungen denkbar sind, in denen nach Sinn und Zweck des Gesetzes von dem Erfordernis eines (durchgängigen) Verbleibens im Aussiedlungsgebiet abgesehen werden kann. Denn jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Abkömmlinge zunächst gemeinsam mit dem Spätaussiedler im Wege des Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet eingereist sind, kommt eine erneute Einreise der Abkömmlinge im Wege des Aufnahmeverfahrens auf der Grundlage eines nachträglichen Einbeziehungsbescheides nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG auch nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung nicht in Betracht. Dass eine Person mehrfach im Wege des Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet einreisen kann, ist dem Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz nach seiner gesamten Regelungssystematik fremd.
41Aus diesem Grund kommt auch eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG auf den Fall des Klägers und seiner Tochter und Enkelin mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 09. Apr. 2014 - 4 K 1743/13
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 09. Apr. 2014 - 4 K 1743/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren einge-stellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin begehrt die Einbeziehung ihres am 00.00.0000 geborenen Sohnes S. N. (nunmehr N.) in ihren Aufnahmebescheid.
3Die Klägerin ist seit dem 19. April 1995 im Besitz eines Aufnahmebescheides. Sie reiste im November 1995 in die Bundesrepublik ein und wurde am 5. August 1996 in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
4Herr N1. erhielt ebenfalls am 19. April 1995 einen Aufnahmebescheid. Er reiste am 10. Dezember 2007 mit seiner Ehefrau P. und den gemeinsamen Kindern L. (geboren am 00.00.1999 ) und L1. (geboren am 00.00.2001 ) mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik ein. Gegenüber der Beklagten machte er am 12. Dezember 2007 folgende Angaben: Er sei mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, weil er in Kasachstan nicht länger leben wolle. Die Familie habe dort seit etwa einem Jahr keine Wohnung. Sie habe bei Bekannten gelebt. Er und seine Familienangehörigen würden in der kasachischen Gesellschaft unterdrückt. Nachdem er in Deutschland angekommen sei, habe er den endgültigen Entschluss gefasst, nicht nach Kasachstan zurückzureisen und stattdessen hier bei seiner Mutter, der Klägerin, und seinen Geschwistern zu bleiben. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Herrn N. wird auf Beiakte 2, Blatt 155 verwiesen. Die Klägerin legte gegenüber der Beklagen mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 und 17. Dezember 2007 die Gründe für die – zum damaligen Zeitpunkt erfolgte – Einreise des Herrn N. und seiner Familie dar. Wegen der Einzelheiten ihrer Schreiben wird auf Beiakte 2, Blatt 150 ff., 216 f. verwiesen.
5Nachdem die Beklagte Herrn N1. am 1. November 2007 in Almaty/ Kasachstan und am 14. Dezember 2007 in Friedland zu seiner Sprachkompetenz angehört hatte, nahm sie mit Bescheid vom 18. Februar 2008 seinen Aufnahmebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung führte sie u. a. an, Herr N. erfülle die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) nicht, weil er ein einfaches Gespräch auf Deutsch nicht führen könne. Nach Abwägung aller Umstände sei das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Aufnahmebescheides höherrangig anzusehen als das Interesse des Herrn N. an dem Bestand des Aufnahmebescheides. Herr N. habe im Aufnahmeantrag falsche Angaben zu seiner Sprachkompetenz gemacht [Anmerkung des Gerichts: Herr N. hatte angegeben, Deutsch sei seine Muttersprache und die aktuelle Umgangssprache in der Familie, vgl. Beiakte 2, Blatt 14]. Diese seien für die Erteilung des Aufnahmebescheides von maßgeblicher Bedeutung gewesen. Aufgrund der Angaben zur Sprachkompetenz sei nicht geprüft worden, ob Herr N. in den Aufnahmebescheid der Klägerin hätte einbezogen werden können. Sie, die Beklagte, habe Herrn N. im Anschluss an die Anhörung zur Sprachkompetenz in Almaty ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie hinsichtlich seines Aufnahmebescheides ein förmliches Rücknahmeverfahren einleiten werde und dass er seine Ausreisevorbereitungen zurückstellen möge. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung an. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 224 ff. verwiesen. Herr N. erhob gegen die Rücknahme seines Aufnahmebescheides am 28. Februar 2008 Widerspruch, den er u. a. wie folgt begründete: Er sei vor seiner Ausreise nach Deutschland Pastor bei der christlichen Gemeinde „Neues Leben“ in Almaty gewesen. Seine Ehefrau sei an der Wohltätigkeit der Gemeinde ebenfalls aktiv beteiligt gewesen. Die Familie sei deshalb verfolgt und ständig bedroht worden. Zuletzt habe man ihm und seiner Ehefrau sogar mit der Entführung der beiden Töchter gedroht. Sie seien deshalb gezwungen gewesen, Kasachstan sofort zu verlassen. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf Beiakte 2, Blatt 287 ff. verwiesen. Die Beklagte wies den Widerspruch des Herrn N1. mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurück. Herr N. erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3078/08), die das Gericht mit Urteil vom 4. August 2010 abwies. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Beiakte 2, Blatt 418 ff. verwiesen. Herr N. stellte gegen dieses Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung, den das OVG NRW mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 (Az.: 12 A 1960/10) verwarf.
6Die Klägerin beantragte erstmals am 31. Januar 2008 „rein vorsorglich“ die Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 BVFG in der damals geltenden Fassung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2008 ab. Zur Begründung führte sie an, es könne offen bleiben, ob eine besondere Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift vorliege. Denn es fehle jedenfalls an den sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung. Diese setze nicht nur einen ausdrücklichen Antrag der Bezugsperson voraus. Der Antrag müsse vielmehr auch vor der Ausreise der Bezugsperson „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ gestellt worden sein. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe den Antrag nicht zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung, sondern erst zwölf Jahre später gestellt. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 254 f. verwiesen. Die Klägerin erhob dagegen am 26. Februar 2008 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurückwies. Die Klägerin erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3077/08) und stellte einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 2. Mai 2009 abgelehnt und das OVG NRW die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 7. September 2009 (Az.: 2 E 804/09) zurückgewiesen hatte, nahm die Klägerin die Klage am 8. März 2010 zurück.
7Mit Schreiben vom 5. März 2012 stellte die Klägerin gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (nunmehr: BVFG a. F.) bei der Beklagten einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid. Im Rahmen der Antragstellung machte sie folgende Angaben: Sollten ihr Sohn und seine Familie ausgewiesen werden, würde dies für sie, die Klägerin, eine erhebliche Belastung bedeuten. Sie leide seit längerer Zeit an einer Vielzahl von Erkrankungen. Ihr Sohn und seine Familie seien ihr im Alltag behilflich. Sie hätten keinen Bezug mehr zu Kasachstan. Sollten sie dorthin zurück müssen, drohten ihnen erhebliche Gefahren.
8Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. März 2012 ab. Zur Begründung führte sie an, die Familienangehörigen seien nicht im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Sie lebten im Bundesgebiet.
9Die Klägerin erhob dagegen am 18. April 2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 zurückwies.
10Die Klägerin hat dagegen am 24. Mai 2012 Klage erhoben.
11Nachdem die Klägerin die Beklagte bereits mit Schreiben vom 13. April 2012, 11. Mai 2012 und 2. Juli 2012 um eine Bescheidung ihres Einbeziehungsantrags auch am Maßstab des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. gebeten hatte, stellte sie mit Schreiben vom 10. Juli 2012 ausdrücklich einen Wiederaufgreifensantrag nach § 27 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
12Herr N., seine Ehefrau und die beiden Kinder reisten am 10. August 2012 nach Almaty aus, nachdem die Städteregion Aachen ihren Aufenthalt nicht länger geduldet hatte.
13Die Beklagte lehnte den Wiederaufgreifensantrag mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 ab. Zur Begründung führte sie u. a. an, Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen nicht vor. Die Versagung der Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei rechtmäßig gewesen, da die „sonstigen Voraussetzungen“ des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. nicht vorgelegen hätten. Hieran habe sich nach Inkrafttreten des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG nichts geändert.
14Die Klägerin erhob dagegen fristgerecht Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2012 zurückwies.
15Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013 in ihre Klage einbezogen.
16Sie macht zur Begründung der Klage geltend: Durch die Ausreise des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder habe sich die Sach- und Rechtslage zu ihren Gunsten geändert. Die Beklagte könne die Ablehnung des Einbeziehungsantrags nun nicht mehr auf den Aufenthalt ihrer Familienangehörigen im Bundesgebiet stützen. Dass die Rückkehr ihrer Familienangehörigen ins Aussiedlungsgebiet nach der gesetzlichen Konzeption des § 27 BVFG keinen Ablehnungsgrund darstellen könne, ergebe sich aus dessen Absatz 1 Satz 6 a. F. Danach gelte der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Absatz 2 a. F. abgelehnt worden sei und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet habe. Die Regelung sei auch auf Einbeziehungsanträge für Ehegatten und Abkömmlinge anwendbar. Eine andere Betrachtungsweise würde bedeuten, dass eine Einbeziehung nicht mehr möglich wäre, wenn die Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. abgelehnt worden sei. Sinn und Zweck des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. sei es nicht, solche Menschen von seinem Anwendungsbereich auszuschließen, die bereits einmal vergeblich versucht hätten, die die Härte begründende Trennung auf die eine oder andere Weise aufzuheben. Ziel des Gesetzgebers sei es vielmehr, durch das Tatbestandsmerkmal des Verbleibens solche Fälle tragischer Familientrennungen aus dem Anwendungsbereich auszunehmen, in denen sämtliche Familienangehörige bereits aus anderen Gründen in Deutschland lebten. Eine solche Situation liege hier aber gerade nicht vor. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sei nach dem zuvor Gesagten auch dann noch zu bejahen, wenn die Einzubeziehenden sich zwischenzeitlich fünf Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hätten.
17Eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei unabhängig davon möglich, ob die Einzubeziehenden im Aussiedlungs- oder im Bundesgebiet lebten.
18Die Klägerin hat die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., beschränkt und hinsichtlich ihrer Schwiegertochter und der beiden Enkelkinder zurückgenommen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen,
21hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Rechtslage habe sich weder durch die Ausreise des Herrn N. noch durch das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG zu Gunsten der Klägerin geändert. Denn „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F./ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n. F. sei nur eine Person, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet habe. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen seien daher Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet hätten. Unschädlich seien allenfalls Aufenthalte im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibe.
25Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Das Gericht hat das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
28Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
29Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Klageansprüche nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30Dies gilt zunächst für den von ihr mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
31Nach dieser Bestimmung kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene [Hervorhebung nur hier] Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
32Herr N., der nach seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik vom 10. Dezember 2007 bis zum 10. August 2012 in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt ist, ist nicht im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“.
33Dagegen, ihn als „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ anzusehen, spricht der Wortlaut der Formulierung. „Verbleiben“ legt nach allgemeinem Sprachgebrauch am ehesten ein Verständnis im Sinne von „zurückbleiben“, „da bleiben“, „übrig bleiben“ oder „ausharren“ nahe. Nach seinem Wortlaut umfasst das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ daher nur solche Personen, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet haben. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen sind demnach Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet haben. Eine solche Wohnsitznahme liegt nicht vor bei Aufenthalten im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt ist, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibt.
34Dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG kommt besonderes Gewicht zu, weil es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen wäre, die Norm so zu fassen, dass sie auch Rückkehrer ins Aussiedlungsgebiet umfasste. Er hätte etwa formulieren können: „Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene oder der aus der Bundesrepublik oder einem Drittstaat ins Aussiedlungsgebiet zurückgekehrte Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Alternativ hätte er – wie in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG – lediglich auf den aktuellen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet abstellen und z. B. formulieren können: Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) auch nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Von entsprechenden Formulierungen hat er aber abgesehen.
35Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass Herr N. unter Aufgabe seines Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich einen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Dafür sprechen sein langer Aufenthalt in Deutschland (vier Jahre und acht Monate) und die von ihm zwei Tage nach seiner Einreise getätigte Äußerung gegenüber der Beklagten, er wolle in Kasachstan nicht länger leben und stattdessen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bei seiner Familie in Deutschland bleiben.
36Die Wortlautauslegung wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Bei der Betrachtung der Systematik des Gesetzes zeigt der Vergleich mit § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG, dass der Gesetzgeber es im Gesetzestext ausdrücklich kenntlich macht, wenn er über die Aufgabe des Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet hinwegsehen bzw. den Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet fingieren will. Nach dieser Bestimmung gilt der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
37Herr N. kann sich auf die Ausnahmevorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG nicht berufen.
38Sie betrifft lediglich Aufnahmebewerber. Dies folgt aus dem Verweis auf Satz 1, der ausschließlich das Aufnahmeverfahren betrifft. Außerdem spricht § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG vom „Antragsteller“. Einzubeziehende können aber keine Antragsteller sein. Der Antrag auf Einbeziehung kann vielmehr nur von der Bezugsperson geltend gemacht werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG). Eine analoge bzw. entsprechende Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG auch auf einzubeziehende Personen scheidet aus. Hinweise auf eine planungswidrige Regelungslücke sind nicht ersichtlich. Soweit das OVG NRW in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 30. Mai 2001 (Az.: 2 A 1356/99) auf der Basis der damaligen Rechtslage eine entsprechende Anwendung der Fiktionsvorschrift (damals: § 27 Abs. 1 Satz 4 BVFG) befürwortet hat, bezog sich dies auf eine Konstellation, in der die Bezugsperson knapp drei Wochen nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt war, um die Einbeziehung ihrer Abkömmlinge in ihren Aufnahmebescheid zu ermöglichen. Hier ist aber nicht die Bezugsperson in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt, sondern haben die einzubeziehenden Personen sich dort wieder niedergelassen.
39Aber selbst wenn die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG entgegen dem zuvor Gesagten auf einzubeziehende Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern analog bzw. entsprechend anwendbar wäre, griffe sie im vorliegenden Fall nicht zu Gunsten des Herrn N. ein. Denn er hat nicht nach Ablehnung des Einbeziehungsantrags der Klägerin gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) für den Folgeantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.) erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet. Er hat vielmehr zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin den Antrag auf nachträgliche Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG gestellt hat (5. März 2012), seinen Wohnsitz noch immer in der Bundesrepublik gehabt und ist erst im Laufe des Klageverfahrens am 10. August 2012 nach Kasachstan ausgereist. Die Privilegierung der Fiktion des fortbestehenden Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet greift jedoch nur dann ein, wenn der Aufnahmebewerber (jedenfalls) nach Beendigung seines erfolglos betriebenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege unverzüglich in das Aussiedlungsgebiet zurückkehrt und dort vor Stellung eines (erneuten) Aufnahmeantrags wieder seinen Wohnsitz nimmt.
40Vgl. OVG NRW, Beschl. vom 23. September 2008 – 2 A 1746/07 – nicht veröffentlicht; vgl. zu dem Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG allgemein BVerwG, Beschl. vom 26. August 2005 – 5 B 72/05 – juris Rdnr. 3.
41Die entstehungsgeschichtliche bzw. teleologische Auslegung führt zu keinem von dem zuvor Gesagten abweichenden Ergebnis. Sie bestätigt eher die vorherige Auslegung.
42Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Er ging dabei seinerzeit offenbar davon aus, dass die nachträgliche Einbeziehung nur solchen Personen ermöglicht werden sollte, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz fortdauernd im Aussiedlungsgebiet hatten. Für ein solches Verständnis des Gesetzgebers spricht folgende Formulierung in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5515, Seite 1; vgl. auch BT-Drs. 17/7178, Seite 1):
43„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden und mit ihm gemeinsam ins Bundesgebiet aussiedeln. Jedoch führt die Aussiedlung nach Deutschland zu einer Trennung von Familienangehörigen, wenn diese sich zunächst entscheiden, im Aussiedlungsgebiet zu bleiben [Hervorhebung nur hier] oder nicht die vertriebenenrechtlichen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Im Bundesvertriebenenrecht fehlt bislang eine Regelung, die es dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ermöglicht, bei Vorliegen eines Härtefalls nachträglich ins Bundesgebiet auszusiedeln.“
44Einem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion hat der Gesetzgeber damals nicht entsprochen.
45Vgl. zu dem Änderungsantrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
46Mit dem 10. Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, verstärkt Familienzusammenführungen von Spätaussiedlern zu ermöglichen.
47Vgl. BT-Drs. 17/13937, Seite 6.
48Zu § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/13937, Seite 6 f.):
49„Die Vorschrift entspricht zu weiten Teilen dem § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG, wie er durch das 9. BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011 eingeführt wurde, verzichtet aber auf das Tatbestandsmerkmal der Härte. Denn an der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Regelungsidee (die Aussiedlung hat grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen, d. h. nur im Falle einer Härte ist eine nachträgliche Einbeziehung ausnahmsweise möglich) soll nicht weiter festgehalten werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die hierdurch in wesentlichem Umfang verursachten Trennungen der Familien der Spätaussiedler nicht ausreichend beseitigt werden können. Selbst die neue Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes hat bislang nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik und die Verbände in sie gesetzt hatten. Eine praktikable Regelung, die es ermöglicht, die Einheit von Spätaussiedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wiederherzustellen, muss daher die grundsätzlich jederzeitige Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben. Dem-entsprechend lässt § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG fortan die nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Einschränkungen zu. Die nachträgliche Einbeziehung wird so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG tritt; wer letztere aus welchen Gründen auch immer nicht nutzt, muss daher für die Zukunft keine Nachteile mehr befürchten.“
50Diesem Absatz lässt sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers unter das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ auch solche Personen fallen sollen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz aus dem Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben. Wäre ein solches Verständnis gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in den Gesetzesmaterialien bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ wird dort im Gegenteil überhaupt nicht näher behandelt. Einen neuerlichen Vorstoß im Gesetzgebungsverfahren, das Tatbestandsmerkmal zu streichen, hat es nicht gegeben.
51Der Klägerin steht auch der von ihr mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Einbeziehung des Herrn N. in ihren Aufnahmebescheid im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht zu. Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen [Hervorhebung nur hier] vorliegen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BVFG werden der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmlingzum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung [Hervorhebung nur hier] in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 BVFG vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt.
52Diese Voraussetzungen sind für Herrn N. nicht gegeben.
53In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige Voraussetzung“ unabhängig von einer gegebenenfalls im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht.
54Vgl. etwa BVerwG, Beschl. vom 28. Juli 2005 – 5 B 134/04 – juris Rdnr. 4; Beschl. vom 30. Oktober 2006 – 5 B 55/06 – juris Rdnr. 2; OVG NRW, Beschl. vom 26. Oktober 2005 – 2 A 2383/05 – juris Rdnr. 30; Beschl. vom 21. Februar 2006 – 2 A 4798/05 – juris Rdnr. 7; Beschl. vom 8. August 2006 – 12 A 4189/05 – juris Rdnr. 3; Beschl. vom 13. Februar 2008 – 12 A 4479/06 – juris Rdnr. 3 ff. m. w. N.
55Wie die Beklagte bereits in ihren Bescheiden bzw. Widerspruchsbescheiden vom 18. Februar 2008, 25. September 2008, 26. Oktober 2012 und 27. Dezember 2012 ausgeführt hat und das Verwaltungsgericht Minden und das OVG NRW in ihren PKH-Beschlüssen vom 2. Mai 2009 (Az.: 8 K 3077/08 Minden) und 7. September 2009 (2 E 804/09 OVG NRW) bestätigt haben, fehlt es hier an einem solchen Antrag.
56Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch ist mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F., ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags weiterhin anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der Einbeziehung fürim Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht obsolet geworden. Vielmehr besteht nur eine „weitere Option“,
57so ausdrücklich BT-Drs. 17/13937, Seite 7,
58die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Kammer hat die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob Personen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben und sodann in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt sind, im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sind oder sein können.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren einge-stellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin begehrt die Einbeziehung ihres am 00.00.0000 geborenen Sohnes S. N. (nunmehr N.) in ihren Aufnahmebescheid.
3Die Klägerin ist seit dem 19. April 1995 im Besitz eines Aufnahmebescheides. Sie reiste im November 1995 in die Bundesrepublik ein und wurde am 5. August 1996 in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
4Herr N1. erhielt ebenfalls am 19. April 1995 einen Aufnahmebescheid. Er reiste am 10. Dezember 2007 mit seiner Ehefrau P. und den gemeinsamen Kindern L. (geboren am 00.00.1999 ) und L1. (geboren am 00.00.2001 ) mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik ein. Gegenüber der Beklagten machte er am 12. Dezember 2007 folgende Angaben: Er sei mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, weil er in Kasachstan nicht länger leben wolle. Die Familie habe dort seit etwa einem Jahr keine Wohnung. Sie habe bei Bekannten gelebt. Er und seine Familienangehörigen würden in der kasachischen Gesellschaft unterdrückt. Nachdem er in Deutschland angekommen sei, habe er den endgültigen Entschluss gefasst, nicht nach Kasachstan zurückzureisen und stattdessen hier bei seiner Mutter, der Klägerin, und seinen Geschwistern zu bleiben. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Herrn N. wird auf Beiakte 2, Blatt 155 verwiesen. Die Klägerin legte gegenüber der Beklagen mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 und 17. Dezember 2007 die Gründe für die – zum damaligen Zeitpunkt erfolgte – Einreise des Herrn N. und seiner Familie dar. Wegen der Einzelheiten ihrer Schreiben wird auf Beiakte 2, Blatt 150 ff., 216 f. verwiesen.
5Nachdem die Beklagte Herrn N1. am 1. November 2007 in Almaty/ Kasachstan und am 14. Dezember 2007 in Friedland zu seiner Sprachkompetenz angehört hatte, nahm sie mit Bescheid vom 18. Februar 2008 seinen Aufnahmebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung führte sie u. a. an, Herr N. erfülle die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) nicht, weil er ein einfaches Gespräch auf Deutsch nicht führen könne. Nach Abwägung aller Umstände sei das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Aufnahmebescheides höherrangig anzusehen als das Interesse des Herrn N. an dem Bestand des Aufnahmebescheides. Herr N. habe im Aufnahmeantrag falsche Angaben zu seiner Sprachkompetenz gemacht [Anmerkung des Gerichts: Herr N. hatte angegeben, Deutsch sei seine Muttersprache und die aktuelle Umgangssprache in der Familie, vgl. Beiakte 2, Blatt 14]. Diese seien für die Erteilung des Aufnahmebescheides von maßgeblicher Bedeutung gewesen. Aufgrund der Angaben zur Sprachkompetenz sei nicht geprüft worden, ob Herr N. in den Aufnahmebescheid der Klägerin hätte einbezogen werden können. Sie, die Beklagte, habe Herrn N. im Anschluss an die Anhörung zur Sprachkompetenz in Almaty ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie hinsichtlich seines Aufnahmebescheides ein förmliches Rücknahmeverfahren einleiten werde und dass er seine Ausreisevorbereitungen zurückstellen möge. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung an. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 224 ff. verwiesen. Herr N. erhob gegen die Rücknahme seines Aufnahmebescheides am 28. Februar 2008 Widerspruch, den er u. a. wie folgt begründete: Er sei vor seiner Ausreise nach Deutschland Pastor bei der christlichen Gemeinde „Neues Leben“ in Almaty gewesen. Seine Ehefrau sei an der Wohltätigkeit der Gemeinde ebenfalls aktiv beteiligt gewesen. Die Familie sei deshalb verfolgt und ständig bedroht worden. Zuletzt habe man ihm und seiner Ehefrau sogar mit der Entführung der beiden Töchter gedroht. Sie seien deshalb gezwungen gewesen, Kasachstan sofort zu verlassen. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf Beiakte 2, Blatt 287 ff. verwiesen. Die Beklagte wies den Widerspruch des Herrn N1. mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurück. Herr N. erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3078/08), die das Gericht mit Urteil vom 4. August 2010 abwies. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Beiakte 2, Blatt 418 ff. verwiesen. Herr N. stellte gegen dieses Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung, den das OVG NRW mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 (Az.: 12 A 1960/10) verwarf.
6Die Klägerin beantragte erstmals am 31. Januar 2008 „rein vorsorglich“ die Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 BVFG in der damals geltenden Fassung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2008 ab. Zur Begründung führte sie an, es könne offen bleiben, ob eine besondere Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift vorliege. Denn es fehle jedenfalls an den sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung. Diese setze nicht nur einen ausdrücklichen Antrag der Bezugsperson voraus. Der Antrag müsse vielmehr auch vor der Ausreise der Bezugsperson „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ gestellt worden sein. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe den Antrag nicht zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung, sondern erst zwölf Jahre später gestellt. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 254 f. verwiesen. Die Klägerin erhob dagegen am 26. Februar 2008 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurückwies. Die Klägerin erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3077/08) und stellte einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 2. Mai 2009 abgelehnt und das OVG NRW die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 7. September 2009 (Az.: 2 E 804/09) zurückgewiesen hatte, nahm die Klägerin die Klage am 8. März 2010 zurück.
7Mit Schreiben vom 5. März 2012 stellte die Klägerin gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (nunmehr: BVFG a. F.) bei der Beklagten einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid. Im Rahmen der Antragstellung machte sie folgende Angaben: Sollten ihr Sohn und seine Familie ausgewiesen werden, würde dies für sie, die Klägerin, eine erhebliche Belastung bedeuten. Sie leide seit längerer Zeit an einer Vielzahl von Erkrankungen. Ihr Sohn und seine Familie seien ihr im Alltag behilflich. Sie hätten keinen Bezug mehr zu Kasachstan. Sollten sie dorthin zurück müssen, drohten ihnen erhebliche Gefahren.
8Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. März 2012 ab. Zur Begründung führte sie an, die Familienangehörigen seien nicht im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Sie lebten im Bundesgebiet.
9Die Klägerin erhob dagegen am 18. April 2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 zurückwies.
10Die Klägerin hat dagegen am 24. Mai 2012 Klage erhoben.
11Nachdem die Klägerin die Beklagte bereits mit Schreiben vom 13. April 2012, 11. Mai 2012 und 2. Juli 2012 um eine Bescheidung ihres Einbeziehungsantrags auch am Maßstab des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. gebeten hatte, stellte sie mit Schreiben vom 10. Juli 2012 ausdrücklich einen Wiederaufgreifensantrag nach § 27 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
12Herr N., seine Ehefrau und die beiden Kinder reisten am 10. August 2012 nach Almaty aus, nachdem die Städteregion Aachen ihren Aufenthalt nicht länger geduldet hatte.
13Die Beklagte lehnte den Wiederaufgreifensantrag mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 ab. Zur Begründung führte sie u. a. an, Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen nicht vor. Die Versagung der Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei rechtmäßig gewesen, da die „sonstigen Voraussetzungen“ des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. nicht vorgelegen hätten. Hieran habe sich nach Inkrafttreten des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG nichts geändert.
14Die Klägerin erhob dagegen fristgerecht Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2012 zurückwies.
15Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013 in ihre Klage einbezogen.
16Sie macht zur Begründung der Klage geltend: Durch die Ausreise des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder habe sich die Sach- und Rechtslage zu ihren Gunsten geändert. Die Beklagte könne die Ablehnung des Einbeziehungsantrags nun nicht mehr auf den Aufenthalt ihrer Familienangehörigen im Bundesgebiet stützen. Dass die Rückkehr ihrer Familienangehörigen ins Aussiedlungsgebiet nach der gesetzlichen Konzeption des § 27 BVFG keinen Ablehnungsgrund darstellen könne, ergebe sich aus dessen Absatz 1 Satz 6 a. F. Danach gelte der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Absatz 2 a. F. abgelehnt worden sei und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet habe. Die Regelung sei auch auf Einbeziehungsanträge für Ehegatten und Abkömmlinge anwendbar. Eine andere Betrachtungsweise würde bedeuten, dass eine Einbeziehung nicht mehr möglich wäre, wenn die Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. abgelehnt worden sei. Sinn und Zweck des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. sei es nicht, solche Menschen von seinem Anwendungsbereich auszuschließen, die bereits einmal vergeblich versucht hätten, die die Härte begründende Trennung auf die eine oder andere Weise aufzuheben. Ziel des Gesetzgebers sei es vielmehr, durch das Tatbestandsmerkmal des Verbleibens solche Fälle tragischer Familientrennungen aus dem Anwendungsbereich auszunehmen, in denen sämtliche Familienangehörige bereits aus anderen Gründen in Deutschland lebten. Eine solche Situation liege hier aber gerade nicht vor. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sei nach dem zuvor Gesagten auch dann noch zu bejahen, wenn die Einzubeziehenden sich zwischenzeitlich fünf Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hätten.
17Eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei unabhängig davon möglich, ob die Einzubeziehenden im Aussiedlungs- oder im Bundesgebiet lebten.
18Die Klägerin hat die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., beschränkt und hinsichtlich ihrer Schwiegertochter und der beiden Enkelkinder zurückgenommen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen,
21hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Rechtslage habe sich weder durch die Ausreise des Herrn N. noch durch das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG zu Gunsten der Klägerin geändert. Denn „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F./ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n. F. sei nur eine Person, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet habe. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen seien daher Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet hätten. Unschädlich seien allenfalls Aufenthalte im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibe.
25Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Das Gericht hat das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
28Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
29Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Klageansprüche nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30Dies gilt zunächst für den von ihr mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
31Nach dieser Bestimmung kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene [Hervorhebung nur hier] Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
32Herr N., der nach seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik vom 10. Dezember 2007 bis zum 10. August 2012 in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt ist, ist nicht im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“.
33Dagegen, ihn als „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ anzusehen, spricht der Wortlaut der Formulierung. „Verbleiben“ legt nach allgemeinem Sprachgebrauch am ehesten ein Verständnis im Sinne von „zurückbleiben“, „da bleiben“, „übrig bleiben“ oder „ausharren“ nahe. Nach seinem Wortlaut umfasst das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ daher nur solche Personen, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet haben. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen sind demnach Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet haben. Eine solche Wohnsitznahme liegt nicht vor bei Aufenthalten im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt ist, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibt.
34Dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG kommt besonderes Gewicht zu, weil es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen wäre, die Norm so zu fassen, dass sie auch Rückkehrer ins Aussiedlungsgebiet umfasste. Er hätte etwa formulieren können: „Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene oder der aus der Bundesrepublik oder einem Drittstaat ins Aussiedlungsgebiet zurückgekehrte Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Alternativ hätte er – wie in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG – lediglich auf den aktuellen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet abstellen und z. B. formulieren können: Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) auch nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Von entsprechenden Formulierungen hat er aber abgesehen.
35Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass Herr N. unter Aufgabe seines Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich einen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Dafür sprechen sein langer Aufenthalt in Deutschland (vier Jahre und acht Monate) und die von ihm zwei Tage nach seiner Einreise getätigte Äußerung gegenüber der Beklagten, er wolle in Kasachstan nicht länger leben und stattdessen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bei seiner Familie in Deutschland bleiben.
36Die Wortlautauslegung wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Bei der Betrachtung der Systematik des Gesetzes zeigt der Vergleich mit § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG, dass der Gesetzgeber es im Gesetzestext ausdrücklich kenntlich macht, wenn er über die Aufgabe des Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet hinwegsehen bzw. den Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet fingieren will. Nach dieser Bestimmung gilt der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
37Herr N. kann sich auf die Ausnahmevorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG nicht berufen.
38Sie betrifft lediglich Aufnahmebewerber. Dies folgt aus dem Verweis auf Satz 1, der ausschließlich das Aufnahmeverfahren betrifft. Außerdem spricht § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG vom „Antragsteller“. Einzubeziehende können aber keine Antragsteller sein. Der Antrag auf Einbeziehung kann vielmehr nur von der Bezugsperson geltend gemacht werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG). Eine analoge bzw. entsprechende Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG auch auf einzubeziehende Personen scheidet aus. Hinweise auf eine planungswidrige Regelungslücke sind nicht ersichtlich. Soweit das OVG NRW in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 30. Mai 2001 (Az.: 2 A 1356/99) auf der Basis der damaligen Rechtslage eine entsprechende Anwendung der Fiktionsvorschrift (damals: § 27 Abs. 1 Satz 4 BVFG) befürwortet hat, bezog sich dies auf eine Konstellation, in der die Bezugsperson knapp drei Wochen nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt war, um die Einbeziehung ihrer Abkömmlinge in ihren Aufnahmebescheid zu ermöglichen. Hier ist aber nicht die Bezugsperson in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt, sondern haben die einzubeziehenden Personen sich dort wieder niedergelassen.
39Aber selbst wenn die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG entgegen dem zuvor Gesagten auf einzubeziehende Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern analog bzw. entsprechend anwendbar wäre, griffe sie im vorliegenden Fall nicht zu Gunsten des Herrn N. ein. Denn er hat nicht nach Ablehnung des Einbeziehungsantrags der Klägerin gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) für den Folgeantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.) erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet. Er hat vielmehr zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin den Antrag auf nachträgliche Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG gestellt hat (5. März 2012), seinen Wohnsitz noch immer in der Bundesrepublik gehabt und ist erst im Laufe des Klageverfahrens am 10. August 2012 nach Kasachstan ausgereist. Die Privilegierung der Fiktion des fortbestehenden Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet greift jedoch nur dann ein, wenn der Aufnahmebewerber (jedenfalls) nach Beendigung seines erfolglos betriebenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege unverzüglich in das Aussiedlungsgebiet zurückkehrt und dort vor Stellung eines (erneuten) Aufnahmeantrags wieder seinen Wohnsitz nimmt.
40Vgl. OVG NRW, Beschl. vom 23. September 2008 – 2 A 1746/07 – nicht veröffentlicht; vgl. zu dem Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG allgemein BVerwG, Beschl. vom 26. August 2005 – 5 B 72/05 – juris Rdnr. 3.
41Die entstehungsgeschichtliche bzw. teleologische Auslegung führt zu keinem von dem zuvor Gesagten abweichenden Ergebnis. Sie bestätigt eher die vorherige Auslegung.
42Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Er ging dabei seinerzeit offenbar davon aus, dass die nachträgliche Einbeziehung nur solchen Personen ermöglicht werden sollte, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz fortdauernd im Aussiedlungsgebiet hatten. Für ein solches Verständnis des Gesetzgebers spricht folgende Formulierung in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5515, Seite 1; vgl. auch BT-Drs. 17/7178, Seite 1):
43„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden und mit ihm gemeinsam ins Bundesgebiet aussiedeln. Jedoch führt die Aussiedlung nach Deutschland zu einer Trennung von Familienangehörigen, wenn diese sich zunächst entscheiden, im Aussiedlungsgebiet zu bleiben [Hervorhebung nur hier] oder nicht die vertriebenenrechtlichen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Im Bundesvertriebenenrecht fehlt bislang eine Regelung, die es dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ermöglicht, bei Vorliegen eines Härtefalls nachträglich ins Bundesgebiet auszusiedeln.“
44Einem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion hat der Gesetzgeber damals nicht entsprochen.
45Vgl. zu dem Änderungsantrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
46Mit dem 10. Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, verstärkt Familienzusammenführungen von Spätaussiedlern zu ermöglichen.
47Vgl. BT-Drs. 17/13937, Seite 6.
48Zu § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/13937, Seite 6 f.):
49„Die Vorschrift entspricht zu weiten Teilen dem § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG, wie er durch das 9. BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011 eingeführt wurde, verzichtet aber auf das Tatbestandsmerkmal der Härte. Denn an der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Regelungsidee (die Aussiedlung hat grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen, d. h. nur im Falle einer Härte ist eine nachträgliche Einbeziehung ausnahmsweise möglich) soll nicht weiter festgehalten werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die hierdurch in wesentlichem Umfang verursachten Trennungen der Familien der Spätaussiedler nicht ausreichend beseitigt werden können. Selbst die neue Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes hat bislang nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik und die Verbände in sie gesetzt hatten. Eine praktikable Regelung, die es ermöglicht, die Einheit von Spätaussiedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wiederherzustellen, muss daher die grundsätzlich jederzeitige Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben. Dem-entsprechend lässt § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG fortan die nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Einschränkungen zu. Die nachträgliche Einbeziehung wird so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG tritt; wer letztere aus welchen Gründen auch immer nicht nutzt, muss daher für die Zukunft keine Nachteile mehr befürchten.“
50Diesem Absatz lässt sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers unter das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ auch solche Personen fallen sollen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz aus dem Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben. Wäre ein solches Verständnis gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in den Gesetzesmaterialien bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ wird dort im Gegenteil überhaupt nicht näher behandelt. Einen neuerlichen Vorstoß im Gesetzgebungsverfahren, das Tatbestandsmerkmal zu streichen, hat es nicht gegeben.
51Der Klägerin steht auch der von ihr mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Einbeziehung des Herrn N. in ihren Aufnahmebescheid im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht zu. Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen [Hervorhebung nur hier] vorliegen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BVFG werden der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmlingzum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung [Hervorhebung nur hier] in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 BVFG vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt.
52Diese Voraussetzungen sind für Herrn N. nicht gegeben.
53In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige Voraussetzung“ unabhängig von einer gegebenenfalls im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht.
54Vgl. etwa BVerwG, Beschl. vom 28. Juli 2005 – 5 B 134/04 – juris Rdnr. 4; Beschl. vom 30. Oktober 2006 – 5 B 55/06 – juris Rdnr. 2; OVG NRW, Beschl. vom 26. Oktober 2005 – 2 A 2383/05 – juris Rdnr. 30; Beschl. vom 21. Februar 2006 – 2 A 4798/05 – juris Rdnr. 7; Beschl. vom 8. August 2006 – 12 A 4189/05 – juris Rdnr. 3; Beschl. vom 13. Februar 2008 – 12 A 4479/06 – juris Rdnr. 3 ff. m. w. N.
55Wie die Beklagte bereits in ihren Bescheiden bzw. Widerspruchsbescheiden vom 18. Februar 2008, 25. September 2008, 26. Oktober 2012 und 27. Dezember 2012 ausgeführt hat und das Verwaltungsgericht Minden und das OVG NRW in ihren PKH-Beschlüssen vom 2. Mai 2009 (Az.: 8 K 3077/08 Minden) und 7. September 2009 (2 E 804/09 OVG NRW) bestätigt haben, fehlt es hier an einem solchen Antrag.
56Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch ist mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F., ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags weiterhin anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der Einbeziehung fürim Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht obsolet geworden. Vielmehr besteht nur eine „weitere Option“,
57so ausdrücklich BT-Drs. 17/13937, Seite 7,
58die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Kammer hat die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob Personen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben und sodann in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt sind, im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sind oder sein können.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren einge-stellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin begehrt die Einbeziehung ihres am 00.00.0000 geborenen Sohnes S. N. (nunmehr N.) in ihren Aufnahmebescheid.
3Die Klägerin ist seit dem 19. April 1995 im Besitz eines Aufnahmebescheides. Sie reiste im November 1995 in die Bundesrepublik ein und wurde am 5. August 1996 in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
4Herr N1. erhielt ebenfalls am 19. April 1995 einen Aufnahmebescheid. Er reiste am 10. Dezember 2007 mit seiner Ehefrau P. und den gemeinsamen Kindern L. (geboren am 00.00.1999 ) und L1. (geboren am 00.00.2001 ) mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik ein. Gegenüber der Beklagten machte er am 12. Dezember 2007 folgende Angaben: Er sei mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, weil er in Kasachstan nicht länger leben wolle. Die Familie habe dort seit etwa einem Jahr keine Wohnung. Sie habe bei Bekannten gelebt. Er und seine Familienangehörigen würden in der kasachischen Gesellschaft unterdrückt. Nachdem er in Deutschland angekommen sei, habe er den endgültigen Entschluss gefasst, nicht nach Kasachstan zurückzureisen und stattdessen hier bei seiner Mutter, der Klägerin, und seinen Geschwistern zu bleiben. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Herrn N. wird auf Beiakte 2, Blatt 155 verwiesen. Die Klägerin legte gegenüber der Beklagen mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 und 17. Dezember 2007 die Gründe für die – zum damaligen Zeitpunkt erfolgte – Einreise des Herrn N. und seiner Familie dar. Wegen der Einzelheiten ihrer Schreiben wird auf Beiakte 2, Blatt 150 ff., 216 f. verwiesen.
5Nachdem die Beklagte Herrn N1. am 1. November 2007 in Almaty/ Kasachstan und am 14. Dezember 2007 in Friedland zu seiner Sprachkompetenz angehört hatte, nahm sie mit Bescheid vom 18. Februar 2008 seinen Aufnahmebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung führte sie u. a. an, Herr N. erfülle die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) nicht, weil er ein einfaches Gespräch auf Deutsch nicht führen könne. Nach Abwägung aller Umstände sei das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Aufnahmebescheides höherrangig anzusehen als das Interesse des Herrn N. an dem Bestand des Aufnahmebescheides. Herr N. habe im Aufnahmeantrag falsche Angaben zu seiner Sprachkompetenz gemacht [Anmerkung des Gerichts: Herr N. hatte angegeben, Deutsch sei seine Muttersprache und die aktuelle Umgangssprache in der Familie, vgl. Beiakte 2, Blatt 14]. Diese seien für die Erteilung des Aufnahmebescheides von maßgeblicher Bedeutung gewesen. Aufgrund der Angaben zur Sprachkompetenz sei nicht geprüft worden, ob Herr N. in den Aufnahmebescheid der Klägerin hätte einbezogen werden können. Sie, die Beklagte, habe Herrn N. im Anschluss an die Anhörung zur Sprachkompetenz in Almaty ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie hinsichtlich seines Aufnahmebescheides ein förmliches Rücknahmeverfahren einleiten werde und dass er seine Ausreisevorbereitungen zurückstellen möge. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung an. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 224 ff. verwiesen. Herr N. erhob gegen die Rücknahme seines Aufnahmebescheides am 28. Februar 2008 Widerspruch, den er u. a. wie folgt begründete: Er sei vor seiner Ausreise nach Deutschland Pastor bei der christlichen Gemeinde „Neues Leben“ in Almaty gewesen. Seine Ehefrau sei an der Wohltätigkeit der Gemeinde ebenfalls aktiv beteiligt gewesen. Die Familie sei deshalb verfolgt und ständig bedroht worden. Zuletzt habe man ihm und seiner Ehefrau sogar mit der Entführung der beiden Töchter gedroht. Sie seien deshalb gezwungen gewesen, Kasachstan sofort zu verlassen. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf Beiakte 2, Blatt 287 ff. verwiesen. Die Beklagte wies den Widerspruch des Herrn N1. mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurück. Herr N. erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3078/08), die das Gericht mit Urteil vom 4. August 2010 abwies. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Beiakte 2, Blatt 418 ff. verwiesen. Herr N. stellte gegen dieses Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung, den das OVG NRW mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 (Az.: 12 A 1960/10) verwarf.
6Die Klägerin beantragte erstmals am 31. Januar 2008 „rein vorsorglich“ die Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 BVFG in der damals geltenden Fassung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2008 ab. Zur Begründung führte sie an, es könne offen bleiben, ob eine besondere Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift vorliege. Denn es fehle jedenfalls an den sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung. Diese setze nicht nur einen ausdrücklichen Antrag der Bezugsperson voraus. Der Antrag müsse vielmehr auch vor der Ausreise der Bezugsperson „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ gestellt worden sein. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe den Antrag nicht zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung, sondern erst zwölf Jahre später gestellt. Wegen der Einzelheiten des Bescheides der Beklagten wird auf Beiakte 2, Blatt 254 f. verwiesen. Die Klägerin erhob dagegen am 26. Februar 2008 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008 zurückwies. Die Klägerin erhob dagegen beim Verwaltungsgericht Minden am 21. Oktober 2008 Klage (Az.: 8 K 3077/08) und stellte einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 2. Mai 2009 abgelehnt und das OVG NRW die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 7. September 2009 (Az.: 2 E 804/09) zurückgewiesen hatte, nahm die Klägerin die Klage am 8. März 2010 zurück.
7Mit Schreiben vom 5. März 2012 stellte die Klägerin gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (nunmehr: BVFG a. F.) bei der Beklagten einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn N., seiner Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder in ihren Aufnahmebescheid. Im Rahmen der Antragstellung machte sie folgende Angaben: Sollten ihr Sohn und seine Familie ausgewiesen werden, würde dies für sie, die Klägerin, eine erhebliche Belastung bedeuten. Sie leide seit längerer Zeit an einer Vielzahl von Erkrankungen. Ihr Sohn und seine Familie seien ihr im Alltag behilflich. Sie hätten keinen Bezug mehr zu Kasachstan. Sollten sie dorthin zurück müssen, drohten ihnen erhebliche Gefahren.
8Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. März 2012 ab. Zur Begründung führte sie an, die Familienangehörigen seien nicht im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Sie lebten im Bundesgebiet.
9Die Klägerin erhob dagegen am 18. April 2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 zurückwies.
10Die Klägerin hat dagegen am 24. Mai 2012 Klage erhoben.
11Nachdem die Klägerin die Beklagte bereits mit Schreiben vom 13. April 2012, 11. Mai 2012 und 2. Juli 2012 um eine Bescheidung ihres Einbeziehungsantrags auch am Maßstab des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. gebeten hatte, stellte sie mit Schreiben vom 10. Juli 2012 ausdrücklich einen Wiederaufgreifensantrag nach § 27 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
12Herr N., seine Ehefrau und die beiden Kinder reisten am 10. August 2012 nach Almaty aus, nachdem die Städteregion Aachen ihren Aufenthalt nicht länger geduldet hatte.
13Die Beklagte lehnte den Wiederaufgreifensantrag mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 ab. Zur Begründung führte sie u. a. an, Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen nicht vor. Die Versagung der Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei rechtmäßig gewesen, da die „sonstigen Voraussetzungen“ des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. nicht vorgelegen hätten. Hieran habe sich nach Inkrafttreten des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG nichts geändert.
14Die Klägerin erhob dagegen fristgerecht Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2012 zurückwies.
15Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013 in ihre Klage einbezogen.
16Sie macht zur Begründung der Klage geltend: Durch die Ausreise des Herrn N., seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder habe sich die Sach- und Rechtslage zu ihren Gunsten geändert. Die Beklagte könne die Ablehnung des Einbeziehungsantrags nun nicht mehr auf den Aufenthalt ihrer Familienangehörigen im Bundesgebiet stützen. Dass die Rückkehr ihrer Familienangehörigen ins Aussiedlungsgebiet nach der gesetzlichen Konzeption des § 27 BVFG keinen Ablehnungsgrund darstellen könne, ergebe sich aus dessen Absatz 1 Satz 6 a. F. Danach gelte der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Absatz 2 a. F. abgelehnt worden sei und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet habe. Die Regelung sei auch auf Einbeziehungsanträge für Ehegatten und Abkömmlinge anwendbar. Eine andere Betrachtungsweise würde bedeuten, dass eine Einbeziehung nicht mehr möglich wäre, wenn die Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. abgelehnt worden sei. Sinn und Zweck des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. sei es nicht, solche Menschen von seinem Anwendungsbereich auszuschließen, die bereits einmal vergeblich versucht hätten, die die Härte begründende Trennung auf die eine oder andere Weise aufzuheben. Ziel des Gesetzgebers sei es vielmehr, durch das Tatbestandsmerkmal des Verbleibens solche Fälle tragischer Familientrennungen aus dem Anwendungsbereich auszunehmen, in denen sämtliche Familienangehörige bereits aus anderen Gründen in Deutschland lebten. Eine solche Situation liege hier aber gerade nicht vor. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sei nach dem zuvor Gesagten auch dann noch zu bejahen, wenn die Einzubeziehenden sich zwischenzeitlich fünf Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hätten.
17Eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. sei unabhängig davon möglich, ob die Einzubeziehenden im Aussiedlungs- oder im Bundesgebiet lebten.
18Die Klägerin hat die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., beschränkt und hinsichtlich ihrer Schwiegertochter und der beiden Enkelkinder zurückgenommen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. nachträglich nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen,
21hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2012 zu verpflichten, Herrn S. N. im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in ihren Aufnahmebescheid einzubeziehen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Rechtslage habe sich weder durch die Ausreise des Herrn N. noch durch das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG zu Gunsten der Klägerin geändert. Denn „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F./ § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n. F. sei nur eine Person, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet habe. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen seien daher Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet hätten. Unschädlich seien allenfalls Aufenthalte im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibe.
25Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Das Gericht hat das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
28Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
29Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Klageansprüche nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30Dies gilt zunächst für den von ihr mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung ihres Sohnes, Herrn N., in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
31Nach dieser Bestimmung kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene [Hervorhebung nur hier] Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
32Herr N., der nach seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik vom 10. Dezember 2007 bis zum 10. August 2012 in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt ist, ist nicht im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“.
33Dagegen, ihn als „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ anzusehen, spricht der Wortlaut der Formulierung. „Verbleiben“ legt nach allgemeinem Sprachgebrauch am ehesten ein Verständnis im Sinne von „zurückbleiben“, „da bleiben“, „übrig bleiben“ oder „ausharren“ nahe. Nach seinem Wortlaut umfasst das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ daher nur solche Personen, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet haben. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen sind demnach Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in einem Drittstaat begründet haben. Eine solche Wohnsitznahme liegt nicht vor bei Aufenthalten im Bundesgebiet oder in einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt ist, wie z. B. im Falle von Urlaub, Verwandten- oder Geschäftsbesuchen, Heilbehandlungen, zeitlich feststehenden Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- oder Montageaufenthalten, sofern der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet bestehen bleibt.
34Dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG kommt besonderes Gewicht zu, weil es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen wäre, die Norm so zu fassen, dass sie auch Rückkehrer ins Aussiedlungsgebiet umfasste. Er hätte etwa formulieren können: „Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene oder der aus der Bundesrepublik oder einem Drittstaat ins Aussiedlungsgebiet zurückgekehrte Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Alternativ hätte er – wie in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG – lediglich auf den aktuellen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet abstellen und z. B. formulieren können: Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (...) auch nachträglich in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.“ Von entsprechenden Formulierungen hat er aber abgesehen.
35Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass Herr N. unter Aufgabe seines Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich einen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Dafür sprechen sein langer Aufenthalt in Deutschland (vier Jahre und acht Monate) und die von ihm zwei Tage nach seiner Einreise getätigte Äußerung gegenüber der Beklagten, er wolle in Kasachstan nicht länger leben und stattdessen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bei seiner Familie in Deutschland bleiben.
36Die Wortlautauslegung wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Bei der Betrachtung der Systematik des Gesetzes zeigt der Vergleich mit § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG, dass der Gesetzgeber es im Gesetzestext ausdrücklich kenntlich macht, wenn er über die Aufgabe des Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet hinwegsehen bzw. den Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet fingieren will. Nach dieser Bestimmung gilt der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
37Herr N. kann sich auf die Ausnahmevorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG nicht berufen.
38Sie betrifft lediglich Aufnahmebewerber. Dies folgt aus dem Verweis auf Satz 1, der ausschließlich das Aufnahmeverfahren betrifft. Außerdem spricht § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG vom „Antragsteller“. Einzubeziehende können aber keine Antragsteller sein. Der Antrag auf Einbeziehung kann vielmehr nur von der Bezugsperson geltend gemacht werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG). Eine analoge bzw. entsprechende Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG auch auf einzubeziehende Personen scheidet aus. Hinweise auf eine planungswidrige Regelungslücke sind nicht ersichtlich. Soweit das OVG NRW in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 30. Mai 2001 (Az.: 2 A 1356/99) auf der Basis der damaligen Rechtslage eine entsprechende Anwendung der Fiktionsvorschrift (damals: § 27 Abs. 1 Satz 4 BVFG) befürwortet hat, bezog sich dies auf eine Konstellation, in der die Bezugsperson knapp drei Wochen nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt war, um die Einbeziehung ihrer Abkömmlinge in ihren Aufnahmebescheid zu ermöglichen. Hier ist aber nicht die Bezugsperson in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt, sondern haben die einzubeziehenden Personen sich dort wieder niedergelassen.
39Aber selbst wenn die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG entgegen dem zuvor Gesagten auf einzubeziehende Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern analog bzw. entsprechend anwendbar wäre, griffe sie im vorliegenden Fall nicht zu Gunsten des Herrn N. ein. Denn er hat nicht nach Ablehnung des Einbeziehungsantrags der Klägerin gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.) für den Folgeantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.) erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet. Er hat vielmehr zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin den Antrag auf nachträgliche Einbeziehung nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG gestellt hat (5. März 2012), seinen Wohnsitz noch immer in der Bundesrepublik gehabt und ist erst im Laufe des Klageverfahrens am 10. August 2012 nach Kasachstan ausgereist. Die Privilegierung der Fiktion des fortbestehenden Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet greift jedoch nur dann ein, wenn der Aufnahmebewerber (jedenfalls) nach Beendigung seines erfolglos betriebenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege unverzüglich in das Aussiedlungsgebiet zurückkehrt und dort vor Stellung eines (erneuten) Aufnahmeantrags wieder seinen Wohnsitz nimmt.
40Vgl. OVG NRW, Beschl. vom 23. September 2008 – 2 A 1746/07 – nicht veröffentlicht; vgl. zu dem Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG allgemein BVerwG, Beschl. vom 26. August 2005 – 5 B 72/05 – juris Rdnr. 3.
41Die entstehungsgeschichtliche bzw. teleologische Auslegung führt zu keinem von dem zuvor Gesagten abweichenden Ergebnis. Sie bestätigt eher die vorherige Auslegung.
42Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Er ging dabei seinerzeit offenbar davon aus, dass die nachträgliche Einbeziehung nur solchen Personen ermöglicht werden sollte, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz fortdauernd im Aussiedlungsgebiet hatten. Für ein solches Verständnis des Gesetzgebers spricht folgende Formulierung in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5515, Seite 1; vgl. auch BT-Drs. 17/7178, Seite 1):
43„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden und mit ihm gemeinsam ins Bundesgebiet aussiedeln. Jedoch führt die Aussiedlung nach Deutschland zu einer Trennung von Familienangehörigen, wenn diese sich zunächst entscheiden, im Aussiedlungsgebiet zu bleiben [Hervorhebung nur hier] oder nicht die vertriebenenrechtlichen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Im Bundesvertriebenenrecht fehlt bislang eine Regelung, die es dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ermöglicht, bei Vorliegen eines Härtefalls nachträglich ins Bundesgebiet auszusiedeln.“
44Einem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion hat der Gesetzgeber damals nicht entsprochen.
45Vgl. zu dem Änderungsantrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
46Mit dem 10. Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, verstärkt Familienzusammenführungen von Spätaussiedlern zu ermöglichen.
47Vgl. BT-Drs. 17/13937, Seite 6.
48Zu § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG heißt es in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/13937, Seite 6 f.):
49„Die Vorschrift entspricht zu weiten Teilen dem § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG, wie er durch das 9. BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011 eingeführt wurde, verzichtet aber auf das Tatbestandsmerkmal der Härte. Denn an der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Regelungsidee (die Aussiedlung hat grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen, d. h. nur im Falle einer Härte ist eine nachträgliche Einbeziehung ausnahmsweise möglich) soll nicht weiter festgehalten werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die hierdurch in wesentlichem Umfang verursachten Trennungen der Familien der Spätaussiedler nicht ausreichend beseitigt werden können. Selbst die neue Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes hat bislang nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik und die Verbände in sie gesetzt hatten. Eine praktikable Regelung, die es ermöglicht, die Einheit von Spätaussiedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wiederherzustellen, muss daher die grundsätzlich jederzeitige Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben. Dem-entsprechend lässt § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG fortan die nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Einschränkungen zu. Die nachträgliche Einbeziehung wird so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG tritt; wer letztere aus welchen Gründen auch immer nicht nutzt, muss daher für die Zukunft keine Nachteile mehr befürchten.“
50Diesem Absatz lässt sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers unter das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ auch solche Personen fallen sollen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz aus dem Aussiedlungsgebiet zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben. Wäre ein solches Verständnis gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in den Gesetzesmaterialien bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ wird dort im Gegenteil überhaupt nicht näher behandelt. Einen neuerlichen Vorstoß im Gesetzgebungsverfahren, das Tatbestandsmerkmal zu streichen, hat es nicht gegeben.
51Der Klägerin steht auch der von ihr mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Einbeziehung des Herrn N. in ihren Aufnahmebescheid im Wiederaufgreifenswege nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG nicht zu. Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen [Hervorhebung nur hier] vorliegen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BVFG werden der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmlingzum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung [Hervorhebung nur hier] in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 BVFG vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt.
52Diese Voraussetzungen sind für Herrn N. nicht gegeben.
53In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige Voraussetzung“ unabhängig von einer gegebenenfalls im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht.
54Vgl. etwa BVerwG, Beschl. vom 28. Juli 2005 – 5 B 134/04 – juris Rdnr. 4; Beschl. vom 30. Oktober 2006 – 5 B 55/06 – juris Rdnr. 2; OVG NRW, Beschl. vom 26. Oktober 2005 – 2 A 2383/05 – juris Rdnr. 30; Beschl. vom 21. Februar 2006 – 2 A 4798/05 – juris Rdnr. 7; Beschl. vom 8. August 2006 – 12 A 4189/05 – juris Rdnr. 3; Beschl. vom 13. Februar 2008 – 12 A 4479/06 – juris Rdnr. 3 ff. m. w. N.
55Wie die Beklagte bereits in ihren Bescheiden bzw. Widerspruchsbescheiden vom 18. Februar 2008, 25. September 2008, 26. Oktober 2012 und 27. Dezember 2012 ausgeführt hat und das Verwaltungsgericht Minden und das OVG NRW in ihren PKH-Beschlüssen vom 2. Mai 2009 (Az.: 8 K 3077/08 Minden) und 7. September 2009 (2 E 804/09 OVG NRW) bestätigt haben, fehlt es hier an einem solchen Antrag.
56Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch ist mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a. F., ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags weiterhin anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der Einbeziehung fürim Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht obsolet geworden. Vielmehr besteht nur eine „weitere Option“,
57so ausdrücklich BT-Drs. 17/13937, Seite 7,
58die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Kammer hat die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob Personen, die nach der Aussiedlung der Bezugsperson ihren Wohnsitz zwischenzeitlich in die Bundesrepublik oder einen Drittstaat verlegt haben und sodann in das Aussiedlungsgebiet zurückgekehrt sind, im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sind oder sein können.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Personen, die die Aussiedlungsgebiete als Spätaussiedler verlassen wollen, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren ständigen Aufenthalt zu nehmen, wird nach Maßgabe der folgenden Vorschriften ein Aufnahmebescheid erteilt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.