Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 16. Apr. 2014 - 12 L 873/13
Gericht
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Haberkern, Essen, wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
1
Gründe
21. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Haberkern ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den Gründen zu nachstehender Ziff. 2) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz ZPO).
32. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 12 K 3596/13 des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 31.05.2013 ist zulässig, aber unbegründet.
4Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Bezug auf die in Ziffer 1 seiner Ordnungsverfügung verfügte Ausweisung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise mit der Notwendigkeit begründet, aus dringenden Gründen der öffentlichen Sicherheit den Antragsteller schon vor Abschluss des Klageverfahrens auf der Grundlage von § 54 a AufenthG zu überwachen.
5In der Sache orientiert sich die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO an der Interessenlage der Beteiligten. Das Gericht hat unter Abwägung aller Umstände unter Berücksichtigung der Vollzugs- und Suspensivfolgen zu prüfen, ob dem privaten Interesse am Suspensiveffekt oder dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Vorrang gebührt. Bei der Bewertung der jeweiligen Interessen kommt der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zu. Ein öffentliches Interesse an der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht nicht. Umgekehrt verdient in der Regel das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsakts Vorrang vor dem privaten Interesse am Suspensiveffekt, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Lässt sich im Rahmen des Eilverfahrens insoweit kein eindeutiges Ergebnis gewinnen, sind die Interessen unabhängig von den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu gewichten und gegen-einander abzuwägen.
6Diese Interessenabwägung geht vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Zwar lassen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach dem bisherigen Streitstand nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit verneinen oder bejahen. Angesichts der vorliegenden Anhaltspunkte für Aktivitäten des Antragstellers im hochgradig sicherheitsrelevanten Bereich des internationalen Terrorismus tritt jedoch sein Interesse, bis zur Entscheidung über die Hauptsacheklage vom Vollzug der Ausweisungsverfügung verschont zu werden zurück. Im Einzelnen gilt Folgendes:
7Rechtsgrundlage für die Ausweisung des Antragstellers ist § 54 Nr. 5, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 55 Abs. 1 AufenthG.
8Das Aufenthaltsgesetz ist anwendbar. Es wird nicht durch das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) verdrängt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG), da dieses Gesetz auf den Antragsteller keine Anwendung findet. Nach § 1 FreizügG/EU regelt dieses Gesetz nur die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie unter bestimmten Voraussetzungen ihrer Familienangehörigen.
9Die Ausweisung des Antragstellers ist nicht am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zu messen, da der Antragsteller eine assoziationsrechtliche Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 mangels hinreichender Beschäftigung nie erworben hat.
10Es kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG gegeben sind. Nach dieser Vorschrift liegt ein Ausweisungsgrund vor, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Dabei gilt sowohl für das Tatbestandsmerkmal "Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt" als auch für das Vorliegen von Indiztatsachen, die den Schluss auf eine Zugehörigkeit des Ausländers zu der Vereinigung oder ihre Unterstützung rechtfertigen, der normale Beweismaßstab der vollen gerichtlichen Überzeugung. Der reduzierte Beweismaßstab, wonach diese Tatsachen eine entsprechende Schlussfolgerung lediglich rechtfertigen, nicht aber zur vollen gerichtlichen Überzeugung beweisen müssen, bezieht sich nur auf die Frage, ob der betroffene Ausländer der Vereinigung tatsächlich angehört oder sie individuell unterstützt (hat),
11vgl. BVerwG, Urteile vom 15.03.2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114
Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus in diesem Sinne, wenn sie sich selbst terroristisch betätigt oder wenn sie die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet. Die Schwelle der Strafbarkeit muss dabei nicht überschritten sein, da § 54 Nr. 5 AufenthG der präventiven Gefahrenabwehr dient und die Eingriffsmöglichkeiten des Aufenthaltsrechts auch die Vorfeldunterstützung durch sogenannte Sympathiewerbung erfasst,
13vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 a.a.O. Rn. 20 f.).
14Bei der DHKP-C handelt es sich um eine Vereinigung, die nach den oben aufgezeigten Kriterien den Terrorismus unterstützt. Formal gilt, dass die DHKP-C in der gemäß dem Gemeinsamem Standpunkt des Rates vom 27.12.2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27.12.2001 (ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 93) zu führenden und ständig aktualisierten Liste seit 2002 nach wie vor aufgeführt ist,
vgl. Beschluss 2002/334/EG des Rates vom 02.05.2002 zur Durchführung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Beschlusses 2001/927/EG (ABl. L 116 vom 03.05.2002, S. 33) sowie Durchführungsverordnung (EU) Nr. 125/2014 des Rates vom 10.02.2014 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) NR. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 714/2013 (ABl. L 40/9 vom 11.02.2014),
15und zwar in der Anlage unter Ziffer 23: "Devrimci Halk Kurtuluş Partisi-Cephesi" -"DHKP/C" (alias "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke"), alias "Dev Sol") (Revolutionäre Volksbefreiungsarmee/-front/-partei"). Das Bundesministerium des Innern (BMI) stellte mit Verfügung vom 06.08.1998 fest, dass die DHKP-C Ersatzorganisation der ihrerseits verbotenen Vereinigung "Devrimci Sol" (Dev Sol) ist und dass die Tätigkeit der DHKP-C Strafgesetzen zuwiderläuft sowie die innere Sicherheit, öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Die DHKP-C wurde verboten. Das Verbot wurde vom Bundesverwaltungsgericht für rechtmäßig erachtet,
16vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 28.10.1999 ‑ 1 A 4.98 ‑, juris, sowie nachfolgend Urteil vom 01.02.2000 ‑ 1 A 4.98 ‑, juris.
17Die Strafgerichte stufen die DHKP-C ebenfalls als terroristische Organisation ein. Grundlegend hat insoweit das OLG Stuttgart mit Urteil vom 07.08.2009 – 6-2 StE 8/07- b – (die dagegen eingelegte Revision verwarf der BGH mit Beschluss vom 28.09.2010 – 3 StR 214/10-) ausgeführt:
18„II. Entwicklung der „DHKP-C“
191. Gründung
20Die „DHKP-C“ ist eine Nachfolgerin der im Jahre 1978 entstandenen „Devrimci Sol“ („Revolutionäre Linke“, Kurzbezeichnung: „Dev Sol“). Anknüpfend an die Ideologie der – von Mahir Cayan im Jahre 1970 ins Leben gerufenen - „Türkischen Volksbefreiungspartei – Front“ („THKP-C“), die sich Anfang der siebziger Jahre im kommunistisch orientierten Parteienspektrum der sogenannten „Neuen Linken“ in der Türkei etabliert hatte, verfolgte die aus einer Aufsplitterung der Organisation „Devrimci Yol“ („Revolutionärer Weg“) hervorgegangene „Devrimci Sol“ das Ziel, in der Türkei einen Umsturz der dortigen politischen Verhältnisse herbeizuführen und eine Gesellschaftsordnung nach marxistisch-leninistischem Muster zu errichten. Neben der Kaderorganisation verfügte die „Devrimci Sol“ auch über einen bewaffneten Arm, die sogenannten „Bewaffneten Revolutionären Einheiten“ („Silahli Devrimci Birlikler“, kurz „SDB“). Sie bekannte offen ihren Willen zu revolutionärer Gewalt, bei der auch Mord als legitimes Mittel angesehen wurde und war bestrebt, das Regierungssystem in der Türkei durch eine „revolutionäre Volksmacht aller Volkskräfte“ zu ersetzen. Im September 1980 wurde die seit ihrer Gründung mit terroristischen Mitteln agierende „Dev Sol“ als linksextremistische Terror-Organisation in der Türkei verboten. Neben zahlreichen Überfällen und (Bomben-) Anschlägen gegen staatliche und militärische Einrichtungen sowie einer Flugzeugentführung verübte diese Vereinigung Attentate, denen zahlreiche Menschen zum Opfer fielen.
21Schon frühzeitig hatte die „Dev Sol“ ihre - auf die Anwendung revolutionärer Gewalt ausgerichteten - Aktivitäten auch auf Europa mit dem Schwerpunkt Deutschland erstreckt und hier unter der Bezeichnung „Devrimci Sol im Ausland“ eigene Strukturen mit einer in Köln ansässigen „Zentrale“ aufgebaut, die zugleich als „Schaltstelle“ zu anderen europäischen und außereuropäischen Teilorganisationen dieser Vereinigung eingesetzt wurde. Sie verstand ihre Tätigkeit im Bundesgebiet als im Ausland geführten „Kampf bis zur Befreiung“ gegen die türkische Regierung. Nachdem im Jahr 1982 im Bundesgebiet schwerwiegende Straftaten, zu denen unter anderem eine Geiselnahme im Türkischen Generalkonsulat Köln sowie die Besetzung von Kirchen und Geschäftsräumen in mehreren deutschen Städten gehörten, und massive, äußerst gewalttätige Ausschreitungen durch Mitglieder der „Dev Sol“ festgestellt worden waren, wurde diese Organisation nebst ihrer zugehörigen, der Tarnung dienenden Teilorganisationen „HALK DER“ („Volksvereine“) durch Verfügung des Bundesministers des Innern vom 27. Januar 1983 in Deutschland bestandskräftig verboten. Dessen ungeachtet setzte die „Dev Sol“ in der Folgezeit ihre Aktivitäten in Deutschland in konspirativer Form und in der Absicht fort, den Widerstand der in der Türkei agierenden Organisationsangehörigen und deren bewaffneten Kampf gegen das dortige „Regime“ zu fördern.
22Ab 1992 kam es zu innerorganisatorischen Meinungsverschiedenheiten und persönlichen Auseinandersetzungen, die schließlich zur Spaltung der „Devrimci Sol“ in zwei konkurrierende Flügel führten. Diese bezeichneten sich nach ihren damaligen Führungsfunktionären, Dursun Karatas und Bedri Yagan als „Karatas“- bzw. „Yagan“-Flügel. Die miteinander verfeindeten Gruppierungen verstanden sich jeweils als alleiniger Sachwalter der wahren „Dev Sol“ und kämpften bis Anfang 1998 rücksichtslos und häufig unter Schusswaffeneinsatz um die Führung der Bewegung. Die damit einhergehenden, rigoros und mit äußerster Gewalt ausgetragenen Konflikte führten schließlich zur formellen Spaltung der Organisation. In dem Bestreben, die „revolutionäre Bewegung“ der „Dev Sol“ im Zuge einer Neuformierung zu einer „revolutionären Partei“ weiterzuentwickeln, konstituierten sich die Anhänger der „Karatas-Fraktion“ auf einem vom 30. März 1994 bis 09. Mai 1994 abgehaltenen Parteigründungskongress in Damaskus (Syrien) zur „DHKP-C“ als Zusammenschluss der „Revolutionären Volksbefreiungspartei“ („Devrimci Halk Kurtulus Partisi“, kurz: „DHKP“) bzw. der „Revolutionären Volksbefreiungsfront“ („Devrimci Halk Kurtulus Cephesi“, kurz: „DHKC“) und beschlossen, ihren revolutionären Kampf fortan unter dieser Bezeichnung fortzusetzen. Die Delegierten des Kongresses verabschiedeten ein Parteiprogramm und Satzungen für die „DHKP“ bzw. „DHKC“ sowie zahlreiche Grundsatzbeschlüsse, in denen die Leitlinien der „DHKP-C“ festgelegt wurden. Die darin enthaltene Programmatik der Organisation gilt unverändert bis heute. Als Gründungstag wurde der 30. März 1994, das Datum der (Partei-) Kongresseröffnung, festgelegt.
23Die Anhänger der „Yagan-Fraktion“, die zur Abgrenzung ab Mitte 1994 unter der Bezeichnung „THKP-C“ bzw. dem früheren Namen „Devrimci Sol“ agierten, wurden von der „DHKP-C“ fortan als „ Putschisten “ bzw. „ Verräter “ bezeichnet.
242. Ziele
25Die „DHKP-C“ versteht sich als „wahre“ Vertreterin der Traditionen der radikalen türkischen Linken. Sie sieht sich als Repräsentantin der „Dev Sol“, an deren Ideologie festgehalten wird. Dementsprechend verfolgt die „DHKP-C“ seit ihrer Gründung konsequent das Ziel, das verfassungsmäßige Regierungssystem in der Türkei im Wege eines revolutionären Umsturzes zu beseitigen und durch ein kommunistisches Regime marxistisch-leninistischer Prägung zu ersetzen. Nach der erstrebten Auflösung sämtlicher staatlicher Strukturen wird als Endziel eine „ klassenlose Ordnung und eine Welt ohne Ausbeutung “ propagiert. Als „ grundlegende Aufgabe der Volksbefreiungsfront der Türkei “ wird die Zerschlagung der „Feindesfront der Imperialisten und deren Verbündeter“ proklamiert.
26Zur Realisierung dieser Vorhaben wird - unter dem Leitspruch „ Wir sind im Recht, wir werden siegen “ („Hakliyiz Kazanacagiz“) - der bewaffnete (Volks-) Kampf bzw. „ Befreiungskrieg “ in einer „ Revolutionären Volksherrschaft “ als unabdingbares Instrument angesehen.
27Angriffsziele sind neben Repräsentanten und Einrichtungen des türkischen Staates auch so genannte „Feinde des Volkes“ , zu denen insbesondere der „westliche Imperialismus“ , allen voran die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sowie das Nordatlantische Verteidigungsbündnis (NATO) gerechnet werden. Die Zerschlagung dieser „Feindesfront … und deren Verbündeter“ wird als grundlegende Aufgabe der Volksbefreiungsfront der Türkei bezeichnet.
28Die in der Türkei verbotene „DHKP-C“ tritt dort unter ihrem Namen auf, nutzte aber auch - soweit nach außen der Eindruck legaler Aktivitäten vermittelt werden soll - Tarnbezeichnungen / -organisationen wie etwa „Temel Haklar Birligi“ („Vereinigung für grundlegende Rechte“). Ihre propagandistischen und militanten Aktivitäten sind auf größere, in der Westtürkei gelegene Städte und Ballungsräume wie Istanbul und Ankara konzentriert.
293. Aufbau
30In organisatorischer Hinsicht besteht die zentralistisch und hierarchisch aufgebaute „DHKP-C“ aus einem politischen Bereich, der „DHKP“, und einem militärischen Arm, der „DHKC“.
31a. „DHKP“
32Die „DHKP“ bestimmt die politischen Leitlinien der Organisation und überwacht bzw. koordiniert die Durchführung der (Partei-) Beschlüsse. Das höchste (Partei-) Organ bildet der (Partei-) Kongress, der als Leitungsgremium den Generalsekretär sowie die Mitglieder des Zentral- und Generalkomitees bestimmt.
33Der an der Spitze des Zentralkomitees stehende Generalsekretär ist faktisch nicht absetzbar und mit umfassenden Vollmachten ausgestattet. Er repräsentiert die „DHKP-C“ auf nationaler und internationaler Ebene. Ihm obliegt die Kontrolle sämtlicher Organe der „DHKP“ und „DHKC“. Auf dem Parteigründungskongress im Jahre 1994 wurde Dursun Karatas zum Generalsekretär der „DHKP-C“ gewählt, der schon ab dem Jahre 1978 bei der „Dev Sol“ als Gründungsmitglied Führungsverantwortung innehatte. Karatas, der sich zuletzt in den Niederlanden aufhielt, übte dieses Amt in der Folge ununterbrochen bis zu seinem Tod am 11. August 2008 aus. Über seine Nachfolge ist derzeit nichts bekannt.
34Das Zentralkomitee, dem formal die Leitung der Partei obliegt, kann vom Generalsekretär in seinen Befugnissen beschränkt werden. Als „ Befehlshaber des Krieges “ hat es über „ politische Vorgehensweisen und Taktiken “ zu beschließen. Neben Dursun Karatas wurden auf dem Parteigründungskongress Faruk Ereren und Arslan Tayfun Özkök in das dreiköpfige Zentralkomitee der „DHKP“ berufen. Ereren wurde am 08. April 2007 zusammen mit dem Angeklagten Ziff. 2 in Hagen festgenommen. Özkök, der sein Führungsamt innerhalb der „DHKP-C“ einer organisationsinternen Verlautbarung zufolge im September 2007 verloren hatte, wurde im August 2008 auf Zypern verhaftet. Welche Parteikader derzeit dem Zentralkomitee angehören, ist nicht bekannt. Trotz des Todes des Dursun Karatas bzw. der Verhaftung von Ereren und Özkök besteht die Organisation weiterhin fort.
35Zur Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern des Zentralkomitees ist das sogenannte Generalkomitee berufen. Bei Vorliegen außerordentlicher (Krisen-) Situationen kann dieses Gremium – auch anstelle des Parteikongresses - vorläufige Anordnungen treffen. Zur personellen Besetzung des Generalkomitees liegen keine Erkenntnisse vor.
36Darüber hinaus ist die Partei in Form von Komitees und Zellen organisiert, die sowohl nach geographischen Gesichtspunkten wie auch nach Sach- bzw. Arbeitsbereichen gegliedert sind.
37Als Mitglied der Partei kann nur aufgenommen werden, wer auch Mitglied der Front ist. Erforderlich ist weiter das Vorliegen einer Empfehlung zweier Parteimitglieder, ein positives Votum des Zentralkomitees sowie die Bereitschaft, jedwede Aufgabe nach Anweisung der Partei bedingungslos zu erfüllen. Personen, die als Mitglieder aufgenommen werden, leisten einen Eid auf die Partei.
38b. „DHKC“
39Die „DHKC“ ist als „ Kriegskraft “ die kämpfende (Front-) Organisation der „DHKP-C“, welche die in den Gremien der „DHKP“ getroffenen Entscheidungen auszuführen hat. Hierarchisch ist die Front der Partei nachgeordnet. Die Leitungsorgane der „DHKP“ sind damit auch höchste Organe der „DHKC“. Diese besteht im Wesentlichen aus bewaffneten, von Parteimitgliedern kommandierten (Propaganda-) Einheiten und Milizverbänden. Diese Kampftruppen sollen im Rahmen eines Guerillakrieges den „ feindlichen Kräften wirksame Schläge versetzen “. Gleichzeitig haben sie den Auftrag, Propaganda zu betreiben und „ Schritte für die Offensive der Partei und der Front “ einzuleiten. Nach den Vorgaben und auf Weisung der Parteiorgane wird insbesondere auch der bewaffnete Kampf in der Türkei durch Mitglieder der Front geführt. Die Mitgliedschaft in der „DHKC“ steht sämtlichen Personen offen, die sich „die Regeln und Prinzipien der Front zu eigen machen und die kämpfen wollen“. Sie müssen von zwei Frontmitgliedern vorgeschlagen werden und benötigen die Zustimmung des örtlich zuständigen Parteikomitees. Personen, die aus Sicht des Zentralkomitees der „DHKP“ nicht geeignet sind, können nicht in die „DHKC“ aufgenommen werden.
40Die militärischen Kampfverbände der Frontorganisation setzen sich aus den in Großstädten agierenden „Bewaffneten Propagandaeinheiten“ („Silahli Propaganda Birlikleri“, kurz: „SPB“) und den in ländlichen Gebieten bzw. Vororten größerer Städte eingesetzten (Guerilla-) Milizen zusammen. Sämtliche dieser Einheiten sind unmittelbar der Parteiführung unterstellt, welche die Aufträge für die Durchführung von Anschlägen erteilt.
41Dem absoluten Herrschaftsanspruch einer marxistisch-leninistischen Kaderpartei gemäß sind die Mitglieder der „DHKP-C“ eng in die Organisationsstrukturen eingebunden. Sie sind zu bedingungslosem Gehorsam verpflichtet und haben sich (letztendlich) ohne weiter zu diskutieren an die Parteidisziplin zu halten. Sie unterliegen einer organisationsinternen Strafordnung. Diese sieht bei Fehlverhalten und „schweren Verbrechen“, zu denen unter anderem die Initiierung eines „Putschs“, der Verrat, die Kapitulation vor dem „Feind“ sowie die Nichterfüllung von Befehlen und Anweisungen der Partei gerechnet werden, Sanktionsmaßnahmen vor, die vom Entzug der Parteimitgliedschaft bzw. Ausschluss aus der Front bis hin zur Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe reichen.
42c. Bewaffneter Kampf
43Die führenden Funktionäre der „DHKP-C“ haben sich zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, die den „revolutionären Kampf “ unter anderem durch Mord und Totschlag voranzutreiben versucht.
44Ihre Zielsetzung, das „blutige Ausbeuterregime in der Türkei“ gewaltsam zu beseitigen und durch eine „revolutionäre Volksmacht aller Volkskräfte“ zu ersetzen, verfolgt die „DHKP-C“ seit ihrer Gründung dadurch, dass sie Repräsentanten und Einrichtungen des türkischen Staates wie auch Führer von Wirtschaftsunternehmen sowie „Treffpunkte und Vergnügungsorte des Kleinbürgertums“ unter Einsatz von Waffen und Sprengstoffen angreift. Als bewaffnete Propagandamaßnahmen soll durch dieses Vorgehen die Sympathie des Volkes - von dem die angestrebte Revolution ausgehen soll - geweckt und Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für die Zielsetzungen der Organisation erlangt werden. Seit dem Jahr 1994 wurden in der Türkei durch „Bewaffnete Propaganda-Einheiten“ der „DHKP-C“ eine Vielzahl von Tötungsdelikten sowie Brand- und Sprengstoffanschlägen begangen, die ab dem Jahr 2001 auch durch Selbstmordattentäter, in der organisationsinternen Sprachregelung als „Aufopferungskämpfer“ bezeichnet, ausgeführt werden. Exemplarisch hervorzuheben ist die Ermordung des ehemaligen Justizministers der Türkei, ... ..., im Jahre 1994, der - im Jahre 1996 erfolgte - Angriff auf das „Sabanci-Center“, in dessen Verlauf die Unternehmer ... ... und ... ... sowie eine Sekretärin ermordet wurden sowie der Selbstmordanschlag auf eine Polizeistation in Istanbul durch das Frontmitglied ... ... im September 2001.
45An dieser terroristischen Zielsetzung hält die „DHKP-C“ bis heute fest.
46Die mit der Durchführung von Anschlägen beauftragten Attentäter rekrutieren sich aus speziellen Kampfeinheiten, denen in Ausbildungscamps profunde Kenntnisse für den Guerillakampf vermittelt werden. Zu diesem Zweck werden die entsprechenden Kommandos mit Finanzmitteln und Gegenständen wie Waffen, Sprengstoffen und Zeitzündern ausgestattet. Bei Bombenanschlägen kommen in der Regel unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (kurz: USBV) zum Einsatz, die aus militärisch-gewerblichen Sprengstoffen oder Selbstlaboraten zusammengesetzt sind. Die Zündung der Sprengsätze erfolgt in der Regel durch Zeitzündung mittels Uhren bzw. Fernzündung per Mobiltelefon. Zur Vorbereitung eines Anschlags haben die hiermit beauftragen Aktivisten auf Anweisung der Organisationsführung zunächst ein - zumeist mit einem Deck-/Codenamen bezeichnetes - Angriffsziel auszuspähen. Hierbei sind die geplante Annäherung an den möglichen Tatort, dessen Beschaffenheit, die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Anschlagsausführung sowie Fluchtmöglichkeiten in den Blick zu nehmen. Über die hierzu gewonnenen Erkenntnisse ist - ebenso wie über den Aufbau des für den Einsatz vorgesehenen Sprengsatzes, des Zünders sowie etwaige Funktionsüberprüfungen - an die Organisationsführung zu berichten. Diese entscheidet darüber, ob und in welcher Form ein Anschlag verübt wird. Nach Begehung der Anschläge werden von der „DHKC“ regelmäßig - mit „Revolutionäre Volksbefreiungsfront“ unterzeichnete Bekennerschreiben veröffentlicht. Diese - jeweils mit Begründungen versehenen – Selbstbekennungen werden im Internet oder in den Organisationszeitschriften verbreitet. Darüber hinaus wurden von Organisationsmitgliedern Videoaufzeichnungen hergestellt, die zu späteren Propagandazwecken die Vorbereitung von Selbstmordattentaten dokumentieren.
47Auch nach Inkrafttreten des § 129b StGB kam es zu einer Vielzahl von Anschlägen der „DHKP-C“ in der Türkei, durch die zahlreiche Menschen getötet oder schwer verletzt wurden. Auch bei Anschlägen, bei denen - z. B. durch rechtzeitige Evakuierung von Gebäuden - lediglich Sachschäden entstanden, waren die Taten aufgrund der eingesetzten Mittel (Sprengsätze) jeweils geeignet, die Tötung von Personen herbeizuführen. Dies nahmen die Täter billigend in Kauf. Infolge dieser Angriffe entstand eine hohe Verunsicherung in der türkischen Bevölkerung. Im Einzelnen gehören hierzu folgende - exemplarisch genannte - Vorgänge:
48- am 15. April 2003 explodierte in Istanbul im Gebäude der „Stiftung zur Stärkung der Rechtsorgane“, einer Sozialeinrichtung für Richter, eine im Bereich der dortigen Cafeteria deponierte - mit einer Zeitschaltvorrichtung versehene - Splitterbombe mit Druckwirkung. Es entstand erheblicher Sachschaden;
49- zwei weitere, ebenfalls am 15. April 2003 vor Filialen der Schnellimbisskette McDonald´s in Istanbul deponierte Sprengsätze konnten rechtzeitig vor ihrer Detonation von der Polizei entdeckt und durch kontrollierte Explosionen unschädlich gemacht werden. Es entstanden ebenfalls Sachschäden;
50- am 20. Mai 2003 explodierte in einem Café in Ankara-Cankaya eine Bombe, welche die „DHKP-C“-Kämpferin ... ... bei der Vorbereitung einer „Aufopferungsaktion“ in einem Gürtel an ihrem Körper befestigt hatte, um einen Anschlag auf das türkische Justizministerium durchzuführen. Bevor die Selbstmordattentäterin ihr Ziel erreicht hatte, kam es zur vorzeitigen Detonation der Sprengvorrichtung. Die 26-jährige ... wurde dabei getötet. Außerdem entstand erheblicher Sachschaden;
51- am 03. Juni 2003 verübte eine „Aufopferungseinheit“ der „DHKP-C“ mittels einer ferngezündeten (Splitter-) Bombe in Istanbul einen Anschlag auf einen (Service-) Bus der türkischen Justizbehörden, in dem sich Richter und Staatsanwälte des Staatssicherheitsgerichts befanden. Durch die Explosion mit Schrapnell- und Druckwirkung wurden insgesamt sieben Fahrzeuginsassen leicht verletzt. Außerdem entstand erheblicher Sachschaden an mehreren Kraftfahrzeugen. Der Explosionsort befand sich an einer stark frequentierten Küstenstraße, auf der zum Tatzeitpunkt sehr dichter Verkehr herrschte;
52- am 15./16. Juli 2003 wurde in einem Parkgelände des Vergnügungszentrums „Laila“ in Istanbul-Besiktas ein Sprengsatz deponiert. Zu der geplanten Detonation der ferngesteuerten Bombe kam es in der Folge nicht. Die Sprengvorrichtung konnte von türkischen Sicherheitskräften aufgefunden und entschärft werden;
53- am 06. August 2003 war ein (Shuttle-) Bus des türkischen Militärs, in dem an diesem Tag mindestens 30 Angehörige eines Pionierbatallions befördert wurden, Ziel eines Bombenanschlags. Die - durch Fernsteuerung gezündete - Sprengvorrichtung, der zur Verstärkung der Explosionswirkung Eisenteile beigefügt waren, wurde hierzu in Istanbul im Bereich einer Lichtzeichenanlage am Straßenrand abgelegt. Es entstand lediglich Sachschaden am Transportbus und an einem weiteren Fahrzeug;
54- am 22. April 2004 detonierte unter einem Dienstwagen des türkischen Militärs sowie zwei weiteren Kraftfahrzeugen, die in Istanbul eine Verbindungsstraße zum Flughafen befuhren, eine (Splitter-) Bombe. Es entstand Sachschaden an den drei Fahrzeugen;
55- am 24. Juni 2004 explodierte in Istanbul in einem Linienbus der städtischen Verkehrsbetriebe ein Sprengkörper. Infolge der Explosion wurden außer der Attentäterin, der „DHKP-C“-Kämpferin ... ..., drei Fahrgäste getötet. 21 weitere Personen erlitten Verletzungen;
56- am 01. Juli 2005 kam es zu einem versuchten Selbstmordanschlag auf das türkische Justizministerium in Ankara. Der Attentäter, das „DHKP-C“-Mitglied ... ..., wurde von türkischen Sicherheitskräften aufgegriffen und erlitt bei dem Versuch, sich seiner Festnahme durch die Polizei zu entziehen, tödliche Verletzungen;
57- am 26. Dezember 2005 schossen Mitglieder einer „Bewaffneten Propagandaeinheit“ in Istanbul in Tötungsabsicht auf die Insassen eines Streifenwagens der örtlichen Sicherheitspolizei. Ein Polizeibeamter wurde hierbei verletzt;
58- im Februar 2006 töteten Kämpfer der „DHKP-C“ im Rahmen sogenannter „Bestrafungsaktionen“ die beiden türkischen Staatsangehörigen ... ... und ... ...;
59- am 13. Februar 2006 wurde in Istanbul der türkische Polizeibeamte ... ... ... in Tötungsabsicht beschossen. Dieser wurde bezichtigt, ein „Folterpolizist“ zu sein und zwei unbewaffnete Revolutionäre getötet zu haben. ... ... erlitt mehrere (Schuss-) Verletzungen;
60- am 19. Juni 2006 wurde in Istanbul aus einem Hinterhalt heraus ein Mannschaftstransportfahrzeug der Polizei mit Handfeuerwaffen unter Beschuss genommen, um die darin befindlichen Personen zu töten. Der Fahrer des Kraftfahrzeugs wurde getroffen und erlag in der Folge seinen Schussverletzungen;
61- am 18. August 2006 kam es in Istanbul zu einem Schusswaffenattentat auf ein Polizeifahrzeug, um die darin befindlichen Polizeibeamten zu töten. Ein Polizeibeamter wurde durch einen Schuss in die Brust lebensgefährlich verletzt. Ein weiterer Beamter erlitt einen Streifschuss im Gesicht.
62Trotz erheblichen polizeilichen Fahndungsdrucks und eines nur geringen Rückhalts in der türkischen Bevölkerung halten die Terroraktivitäten der „DHKP-C“ bis heute an. Nach ihrem Selbstverständnis hält sich diese Organisation nach wie vor für die schlagkräftigste Gruppierung innerhalb der linksextremistischen Vereinigungen in der Türkei. Auch nach der Festnahme der Angeklagten kam es zu weiteren Anschlägen:
63- im Juni/Juli 2007 kam es zu mehreren - teilweise unter Einsatz von Bomben durchgeführten - Angriffen auf Wahlbüros verschiedener Parteien und anderer Gebäude in Istanbul. Es entstanden jeweils Sachschäden;
64- am 29. April 2009 wurde in Ankara ein versuchter Selbstmordanschlag auf den ehemaligen türkischen Justizminister ... ... ... in der Rechtsfakultät der Bilkent Universität in Ankara verübt. ... blieb unverletzt, da es der 25-jährigen Attentäterin, ... ..., die vier Kilogramm TNT sowie eine Pistole nebst Munition mit sich führte, nicht gelang, den Sprengsatz zur Explosion zu bringen bzw. von ihrer Schusswaffe Gebrauch zu machen.
65III. Die „Rückfront“ der „DHKP-C“
661. Begriff
67Entsprechend ihrer Zielsetzung, die Herbeiführung einer Weltrevolution erreichen und das System des Imperialismus stürzen zu wollen, haben nach der Parteiprogrammatik Aktivitäten und bewaffneter Kampf nicht nur in der – organisationsintern mit dem Synonym „Heimat“ bzw. „Land“ bezeichneten - Türkei, sondern auch in anderen Staaten zu erfolgen. Von dem Bestehen einer (Kampf-) Front wird überall dort ausgegangen, wo sich „Kämpfer“ aufhalten.
68Vor diesem ideologischen Hintergrund hat sich die „DHKP-C“ außerhalb der Türkei insbesondere in zahlreichen (west-) europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, England, Italien, Niederlande, Belgien, Österreich und Schweiz) sowie in Südosteuropa (Griechenland, Rumänien und Bulgarien) - organisationsintern als „Rückfront“ bzw. „Hinterfront“ bezeichnet - strukturell verfestigt. Ebenso wie die Front in der Türkei dient die in den genannten Staaten bestehende „Rückfront“ der Aufrechterhaltung und Fortführung des bewaffneten Kampfes der „DHKP-C“ in der Türkei.
69Entsprechend ihrer auf dem Parteigründungkongress formulierten Programmatik, ist die „DHKP-C“ davon überzeugt, dass der in der Türkei geführte „Krieg … nicht an der Front, sondern an der Rückfront gewonnen …“ wird. Die „Rückfront“ der „DHKP-C“ ist daher für die Verwirklichung der Zielsetzungen dieser Vereinigung von herausragender Bedeutung.
70Innerhalb der „Rückfront“ der „DHKP-C“ ist Deutschland aufgrund der hohen Anzahl der hier lebenden türkischstämmigen Personen, deren finanziellen Möglichkeiten und des daraus resultierenden Potentials zur personellen und materiellen Unterstützung von Aktivitäten der „DHKP-C“ in der Türkei, das wichtigste Betätigungsgebiet dieser Organisation. Diese ist bestrebt, die im Bundesgebiet ansässigen türkischstämmigen Personen zur aktiven Mitarbeit in der „DHKP-C“, mindestens aber zur finanziellen Förderung ihrer Partei- und Frontarbeit zu veranlassen.
71Entsprechend den auf dem Gründungskongress beschlossenen Vorgaben, wurden ab dem Jahre 1994 in einer Reihe westeuropäischer Staaten, von denen die „DHKP-C“ annahm, dort ohne strafrechtliche Verfolgung agieren zu können, sogenannte „Büros“ eingerichtet. Hierzu zählte auch die „Presseagentur ...“ in Amsterdam.
72Ebenso wie in der Türkei hatte sich im Bundesgebiet spätestens ab dem Jahr 1995 eine personell die Führungsfunktionäre umfassende, sich von untergeordneten Aktivisten abschottende, terroristische Vereinigung innerhalb der „DHKP-C“ gebildet. Entsprechend wurde beschlossen, auch in Deutschland aus propagandistischen Zwecken durch Gewaltaktionen gegen türkische Einrichtungen vorzugehen. In zahlreichen deutschen Städten kam es daher in der Folge zu - von der türkischen Mutterorganisation angeordneten und den Führungsfunktionären der Deutschlandorganisation bzw. nachgeordneten Kadern ausgeführten - militanten Aktionen.
73Ab etwa Mitte des Jahres 1996 konzentrierten sich die Gewalttätigkeiten auf die Auseinandersetzung mit Anhängern des „Yagan-Flügels“ oder sonstiger „Abweichler“, gegen die nunmehr rigoros vorgegangen wurde, um das andauernde „ Putschisten-Problem “ endgültig zu lösen. Auf Anordnung des damaligen Deutschlandverantwortlichen kam es im Jahre 1997 zu entsprechenden Vergeltungsaktionen.
74Nachdem seitens der deutschen Sicherheitsbehörden festgestellt wurde, dass die Organisation den personellen und organisatorischen Apparat bildete, der den revolutionären Kampf der früheren „Devrimci Sol“ fortführte, wurde die „DHKP-C“ durch Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 06. August 1998 als Ersatzorganisation der „Devrimci Sol“ bestandskräftig verboten und deren Auflösung angeordnet. Die „DHKP-C“ verlagerte daraufhin ihre „Zentrale“ nach Belgien und (später) in die Niederlande.
75Im Februar 1999 gab der damalige Generalsekretär der „DHKP-C“, ... ..., unter dem Eindruck einer Vielzahl von Festnahmen und Verurteilungen hoher Funktionäre der „DHKP-C“ eine Erklärung dahin ab, dass sich die von ihm geführte Organisation in Deutschland fortan ausschließlich auf den politischen Kampf beschränken und hier keine Gewalt mehr anwenden wolle. Seit dieser Gewaltverzichtserklärung sind terroristische Gewalttaten der „DHKP-C“ im Bundesgebiet nicht mehr registriert worden. Gleichwohl ist diese Vereinigung in Deutschland weiterhin - wegen der in der Türkei fortbestehenden Gefährdungslage - verboten.
76Die „DHKP-C“ verfügte beispielsweise im Jahre 2008 bundesweit über eine Personalstärke von etwa 650 Aktivisten, die sich in der „Rückfront“ betätigten.
772. Zielsetzung und Aufbau
78An ihrer Zielsetzung, den in der Türkei geführten bewaffneten Kampf der Organisation personell und materiell zu fördern, hielt die „Rückfront“ der „DHKP-C“ auch nach Februar 1999 fest. Zur Verwirklichung dieses Ziels werden auch Verstöße gegen Gesetze in Kauf genommen. Hierzu hat die „DHKP-C“ in Deutschland - anknüpfend an bereits von der „Dev Sol“ geschaffene Organisationseinheiten - festgefügte, hierarchisch gegliederte und nahezu flächendeckende Strukturen aufgebaut. An der Spitze steht ein - von der Organisationsführung („Zentrale“) eingesetzter - Führungsfunktionär als Deutschlandverantwortlicher, der - aufgrund der besonderen Bedeutung der Deutschlandorganisation innerhalb der „Rückfront“ als Teil der Gesamt-organisation „DHKP-C“ - regelmäßig in Personalunion auch als Verantwortlicher für Westeuropa agiert.
79Die Europaführung hat die Aufgabe, die „DHKP-C“ innerhalb ihres räumlichen Zuständigkeitsbereichs nach den vom Zentralkomitee bzw. dem Generalsekretär erteilten Weisungen zu führen und die praktische Umsetzung einzelner Anordnungen in eigener Verantwortung sicherzustellen. Als höchste Hierarchieebene in der Europaorganisation ist der/die Europaverantwortliche unmittelbar der Partei-/ Organisationsführung unterstellt und weisungsgebunden. In dieser Position agierte ab Anfang 1995 der frühere „Dev Sol“-Funktionär ... ... Mitte 1995 wurde dieser durch ... ... abgelöst. Nachdem ... im September 1997 festgenommen worden war, fungierte ..., auch unter dem Decknamen „...“, bis zu seiner Festnahme im Oktober 1999 erneut als Deutschland- und Europaverantwortlicher der „DHKP-C“. Zu seiner Nachfolgerin wurde eine namentlich nicht identifizierte weibliche Person bestimmt, die bis Mitte Juli 2002 unter der Bezeichnung „...“ auftrat und anschließend bis mindestens Anfang 2004 unter dem Decknamen „...“ agierte. An der Spitze steht auch weiterhin ein von der „DHKP-C“ bestimmter Führungsfunktionär.
80Der Europaführung nachgeordnet sind nationale Organisationseinheiten in den verschiedenen, zur „Rückfront“ der „DHKP-C“ in (West-) Europa gehörenden Staaten, die jeweils durch Länderverantwortliche (an-) geführt werden, die als Einzelperson oder innerhalb mehrköpfiger (Länder-) Komitees agieren.
81Die in Deutschland bestehende „Rückfront“ der „DHKP-C“ ist in räumlicher Hinsicht darüber hinaus in verschiedene, als „Bölge“ bezeichnete Regionen und Gebiete aufgeteilt, deren geographischer Zuschnitt von Zeit zu Zeit verändert wird. So wurden die ursprünglich fünf Regionen (Nord, Westfalen, Mitte, Ost, Süd) im Laufe des Jahres 2000 zu drei Regionen (Nord, Westfalen und Süd) zusammengefasst. Der „Region Nord“ sind die Gebiete Berlin und Hamburg mit den Städten Bremen und Hannover angegliedert. Zur „Region Westfalen“ gehören unter anderen die Gebiete Dortmund, Duisburg, Wuppertal, Köln, Aachen und Bielefeld. Der „Region Süd“ sind die Gebiete Stuttgart, Ulm sowie München/Augsburg/Nürnberg zugeordnet. Das ursprünglich ebenfalls zur „Region Süd“ zählende Gebiet Mitte, bestehend aus den Städten Frankfurt a. M., Mannheim und Saarbrücken, bildet seit etwa Oktober 2002 eine eigenständige, vierte „Region Mitte“.
82Die „Bölge“-Leitung obliegt auf sämtlichen dieser Strukturebenen professionellen Führungskadern, den sogenannten Regions- bzw. Gebietsverantwortlichen, die entweder als Einzelpersonen oder innerhalb mehrköpfiger (Gebiets- bzw. Regions-) Komitees agieren. Teilweise werden einzelne, besonders geeignete Führungskader auch zu Generalverantwortlichen bestimmt und in dieser Funktion mit der Leitung mehrerer Regionen bzw. der Überwachung der jeweiligen Regionsleiter beauftragt. Sämtliche verantwortlichen Führungsfunktionäre - bis hin zu den Gebietsleitern - in der „Rückfront“ werden unmittelbar von der Parteiführung oder auf deren Weisung von der Europaführung eingesetzt und abberufen.
83Daneben existieren besondere, nach sachlichen Kriterien abgegrenzte Arbeitsgebiete bzw. Organisationseinheiten, die ebenfalls einem - für die jeweilige Sonderaufgabe - verantwortlichen - teilweise direkt der Organisationsführung der „DHKP-C“ unterstellten - Führungsfunktionär zugeordnet sind. Neben der Jugendorganisation „Devrimci Genclik“ („Revolutionäre Jugend“) gehört hierzu insbesondere der (Arbeits-) Bereich Nachschub und Logistik.
84Schließlich verfügt die „DHKP-C“ im Bundesgebiet über verschiedene, von ihr kontrollierte Einrichtungen, über die Anhänger und Sympathisanten in die Organisation eingebunden werden. Sie treten eigenständig nach außen in Erscheinung und verfolgen in Übereinstimmung mit der Programmatik der „DHKP-C“ deren Zielsetzung. Sie dienen ferner der Umsetzung von Vorgaben der Führungskader, dem Nachrichtenaustausch, als Treffpunkte und Anlaufstellen für Funktionäre und Aktivisten sowie der Verteilung von Publikationen und Propagandamaterial. Neben der „Front für Rechte und Freiheiten“ („Halklar Özgürlükler Cephesi“, kurz: „HÖC“) mit Sitz in Dortmund und dem - aus dem „Komitee gegen Isolationshaft“ (Izolasyon Iskencesine Karsi Mücadele Kimitese“, kurz: „IKM“) als Solidaritätsverein mit den politischen Gefangenen und deren Familien in der Türkei hervorgegangenen TAYAD-Komitee e. V. („Tutuklu Aileleri ile Yardimlasma Dernegi“) in Hamburg und Berlin gehört hierzu auch die aus dem „Verband anatolischer Volkskulturvereine e. V.“ („Anadolu Halk Kültür Dernegi Federasyonu“) hervorgegangene „Anatolische Föderation“ („Anadolu Federasyonu“) in Köln, die als Dachverband auf Bundesebene für verschiedene Vorfeldorganisationen der „DHKP-C“ auf örtlicher Ebene fungiert. Im Jahre 2005 waren dies das „Anatolische Volkskulturhaus e. V.“ (Anadolu Halk Kültür Evi“) in Köln, das „Kultur- und Bildungszentrum e. V.“ („Anadolu Egitim Kültür Merkezi“) in Duisburg, das „Anatolische Kulturzentrum e. V.“ („Anadolu Kültür Merkezi“) in Dortmund, der „Anadolu Der e. V.“ in Hamburg, der „Verein gegen Rassismus und für Völkerverständigung e. V.“ („Irkciliga Karsi Mücadele Dernegi“, kurz: „IKAD“) in Berlin, das „Anatolische Kultur- und Kunsthaus e. V.“ („Anadolu Kultur ve Sanat Evi“) in Stuttgart sowie das „Volkskulturhaus e. V.“ („Halk Kültür Evi“) in Nürnberg.
85Sämtliche Funktionäre der „DHKP-C“ schulden übergeordneten Kadern jederzeit unbedingten Gehorsam. Sie nehmen Befehle und Anweisungen vorgesetzter Kader verbindlich entgegen. Für weiterreichende Entscheidungen muss die Zustimmung des jeweils vorgesetzten Funktionärs eingeholt werden. Die Gebiets- und Regionsverantwortlichen haben über die von ihnen geplanten bzw. durchgeführten Arbeiten und zu jedem besonderen Ereignis innerhalb ihres Verantwortungsbereichs in regelmäßig konspirativ zu verfassenden Lage-/Tätigkeitsberichten Stellungnahmen und Einschätzungen abzugeben, die in der Hierarchie nach oben weiter gegeben werden. Diese Berichtspflicht gilt auch für die mit der Wahrnehmung von Sonderaufgaben betrauten Führungskader, die unmittelbar der Parteiführung unterstellt sind. Bei Ausführung ihrer Aufgaben kooperieren sie arbeitsteilig mit der Europaführung und nachgeordneten Kadern. Sie sind innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs für sämtliche Angelegenheiten organisatorischer, personeller, finanzieller und sonstiger Art verantwortlich.
86Die - in der „Rückfront“ der „DHKP-C“ eingesetzten - Führungsfunktionäre haben ihr Privatleben zugunsten der Organisation vollständig aufgegeben und sind in der Regel nicht (mehr) in der Lage, ihren Lebensunterhalt vollständig selbst zu finanzieren; allenfalls Beschäftigungen geringeren Umfangs sind möglich. Eine vollzeitige berufliche Tätigkeit ist neben dem umfassenden Einsatz eines Kaders für die Organisation ausgeschlossen. Sie werden durch finanzielle Zuwendungen von der „DHKP-C“ alimentiert und/oder leben von staatlichen Leistungen bzw. Zuwendungen ihrer Familien. Ihr Lebenswandel wird durch Vorgaben der Organisationsführung streng reglementiert und überwacht. Bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedienen sich die Funktionäre der als „Sympathisanten“ und „Aktivisten“ bezeichneten Anhängerschaft der „DHKP-C“, die ihnen auch Unterkünfte, Kraftfahrzeuge und Kommunikationseinrichtungen zur Verfügung stellt. Wohnungen von Anhängern werden ebenso wie Räumlichkeiten von Einrichtungen, die von der Organisation kontrolliert werden oder dieser nahestehen, auch für Funktionärstreffen genutzt. Auf sämtlichen Hierarchieebenen werden regelmäßig verdeckt abgehaltene Versammlungen verantwortlicher Funktionäre zur Besprechung und Koordinierung allfälliger Arbeiten für die Organisation durchgeführt.
87Aus Gründen der Tarnung und Mobilität verfügen die Führungsfunktionäre mitunter zwar über wechselnde Meldeadressen, leben aber tatsächlich an unterschiedlichen, häufig wechselnden Aufenthaltsorten. Zwischenmenschliche Beziehungen werden außerhalb der Organisation nicht aufgebaut. Aus Sicherheitsgründen agiert jeder Funktionär konspirativ nach Maßgabe von Sicherheitsvorschriften, die von der Parteiführung vorgegeben werden. Neben Anordnungen zur Handhabung der fernmündlichen Kommunikation und des elektronischen Nachrichtenaustauschs gehören hierzu insbesondere Weisungen zur Benutzung von Fahrzeugen, dem Tragen und Besitz von Waffen sowie Regelungen über die von der Organisation beherrschten Vereine. Die Führungsfunktionäre der „DHKP-C“, die in Deutschland für die „Rückfront“ der „DHKP-C“ tätig sind, verwenden Decknamen, die im Bedarfsfall häufig gewechselt werden. Überdies benutzten sie Tarnbezeichnungen und Synonyme zur Verschleierung ihrer illegalen Aktivitäten. Beispielsweise werden Sprengstoffe als „Seifen“, Faustfeuerwaffen als „Radios“. Patronen als „Knöpfe“, Magazine als „Antennen“, Panzerfäuste als „Tulpen“, Kalaschnikow-Infanteriegewehre als „Kles“, Schrotflinten als „Pumpen“ und Passdokumente als „Hefte“, „Brillen“ oder „Zeitungen“ bezeichnet. Für den fernmündlichen Nachrichtenaustausch werden überwiegend Mobiltelefone, die auf Dritte angemeldet sind oder öffentliche Telekommunikationsanlagen genutzt. Der elektronische Nachrichtenaustausch erfolgt über - zumeist mehrfach – verschlüsselte E-Mails oder andere Speichermedien wie z. B. „Flashcards“. Regelmäßig werden - aus Gründen der Konspiration - mobile Datenträger (Laptops bzw. Notebooks) genutzt. Festplatten werden häufig getrennt von der übrigen (Computer-) Hardware verwahrt. Datenspeicher werden von Zeit zu Zeit gelöscht oder physikalisch zerstört. Den Organisationsangehörigen ist es untersagt, bei Reisen belastende Gegenstände oder Unterlagen mit sich zu führen. Auf erwartete polizeiliche Maßnahmen wird unverzüglich durch Abänderung telefonischer Erreichbarkeiten, E-Mail-Adressen, Decknamen und Verschlüsselungsprogramme reagiert. Sobald die Organisation mit der Gefahr einer bevorstehenden Enttarnung oder Festnahme eines ihrer Kader rechnet, wird die betreffende Person zeitnah einer anderen „Bölge“ zugewiesen oder erforderlichenfalls außer Landes gebracht.
88Der - überwiegend auf elektronischen Datenträgern gespeicherte – organisationsinterne Nachrichtenaustausch und Schriftverkehr mit der Europaführung bzw. höheren Funktionären wird von der „DHKP-C“ an zentralen Orten zusammengeführt und archiviert. Entsprechende Sammelstellen unterhielt die Organisation im Jahre 1999 in Knokke-Heist (Belgien) bzw. Chur (Schweiz) und im Jahre 2004 in Amsterdam (Niederlande).
89Ob ein Organisationsmitglied in der Türkei zum Einsatz kommt oder in der „Rückfront“ Aufgaben zu erfüllen hat, wird auf zentraler Ebene von der Parteiführung festgelegt. In ausführlichen Fragenkatalogen haben Personen, über deren weitere Verwendung zu entscheiden ist, im Rahmen einer lückenlosen Schilderung ihres Lebenslaufs unter anderem auch darzulegen, ob sie zur Teilnahme am bewaffneten Kampf in der Türkei bereit sind oder nicht.
903. Aufgaben und Aktivitäten
91Die „Rückfront“ der „DHKP-C“ in (West-) Europa, die der Organisation auch als sicherer Rückzugsraum dient, bildet die Basis für den Guerillakampf in der Türkei und ist für die Aufrechterhaltung und Fortführung der dort entfalteten Aktivitäten dieser Vereinigung unerlässlich. Um die erstrebte Förderung des bewaffneten Kampfes in der „Heimat“ aus dem Ausland möglichst effektiv zu gestalten, entwickelt die „DHKP-C“ unter Nutzung ihrer Organisationsstrukturen insbesondere in Deutschland vielfältige Aktivitäten. Hierzu im Einzelnen:
92a. Beschaffung von Finanzmitteln
93Entsprechend den Vorgaben im Parteigründungsbeschluss Nr. 11, wonach die Partei „… zur Ausdehnung des Krieges die erforderlichen finanziellen Ressourcen schaffen …“ muss, gehört die laufende Geldbeschaffung zur Finanzierung des bewaffneten Kampfes in der Türkei zu den wichtigsten Aufgaben der an der „Rückfront“ in (West-) Europa eingesetzten Funktionäre.
94aa. Spendensammlungen
95Die Haupteinnahmequelle bilden Spendensammlungen, die nach festen, streng überwachten Regeln von den Regions- und Gebietsleitern in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen als sogenannte „Kampagnen“ bei (türkischen) Landsleuten durchgeführt werden. Neben einer jährlichen, regelmäßig im Zeitraum Oktober / November bis etwa März europaweit durchgeführten „Frontkampagne“ gehören hierzu auch gesonderte, anlassbezogene Sammlungen wie z. B. „Veteranen- oder Inhaftiertenkampagnen“, deren Aufkommen der Finanzierung spezieller Vorhaben wie etwa der finanziellen Unterstützung nicht mehr aktiver oder inhaftierter Mitglieder der „DHKP-C“ bzw. deren Angehörigen dienen. Der jeweilige Zeitraum der Sammlungstätigkeit, die Mindesthöhe der erwarteten Spenden, das sogenannte „Limit“, die Verbringung und Verwendung der vereinnahmten Spendengelder sowie die bei der Sammlung eingesetzten Propagandathemen/-mittel werden zentral von der Parteiführung vorgegeben. Die entsprechenden Regelungen haben in sämtlichen Gebieten und Regionen Gültigkeit; ihre Einhaltung wird streng überwacht. Die Führungsfunktionäre sind dem jeweils übergeordneten Kader über den Verlauf und das Ergebnis der „Kampagnen“ berichtspflichtig. Die Europaführung leitet die Berichte und Abrechnungen, die ihr über die Regionsverantwortlichen zugehen, an die Parteiführung weiter. Die in die Durchführung der Spendenkampagne eingebundenen „Bölge-“Leiter haben nach Festlegung des Spenden-„Limits“ zusammen mit Aktivisten vorab in ihrem jeweiligen räumlichen Zuständigkeitsbereich Zusagen von potentiellen Spendern einzuholen. Deren Namen werden zusammen mit einer bestimmten (Spenden-) Summe auf vorgedruckten Quittungen schriftlich fixiert. Mitunter wird hierbei in Auflistungen zwischen erwarteten bzw. zugesagten („geschriebenen“) und vereinnahmten („gegebenen“) Spendenbeträgen differenziert. Die tatsächlich gesammelten Spenden erreichten nicht immer die zuvor „geschriebenen“ Beträge. Unterschieden wird überdies zwischen der sogenannten „inneren“ Kampagne bei Mitgliedern und Aktivisten der „DHKP-C“ und der sogenannten „äußeren“ Kampagne bei türkischen Geschäftsleuten und Familien. Erforderlichenfalls haben die Verantwortlichen Spenden, die im Einzelfall auch durch Sachleistungen erbracht werden können, bei den genannten Personen mit Nachdruck einzufordern.
96Die „DHKP-C“ ist bestrebt, bei ihren Geldsammlungen mindestens das Spendenaufkommen der jeweils vorhergehenden „Kampagne“ zu erreichen. Mit dieser Maßgabe wurde beispielhaft im Rahmen der Spendenkampagne 1999/2000 für Deutschland eine Zielvorgabe von über DM 1.000.000,-- festgesetzt. Das entsprechende „Limit“ für den Zeitraum 2002/2003 bezifferte sich auf € 650.000 bis € 700.000,--. Für die „Kampagne“ 2003/2004 war dabei für die Gebiete Frankfurt, Mannheim, Saarbrücken, Dortmund, Duisburg, Köln, Hamburg, Berlin, Stuttgart sowie die Länder Österreich, Schweiz und Frankreich ein Gesamtbetrag in Höhe von € 412.000,-- festgesetzt.
97Bei der Spendensammlung 2004/2005 hat die „DHKP-C“ bereits im Dezember 2004 allein in der Region Westfalen Gelder in Höhe von knapp € 400.000,-- eingenommen. Darüber hinaus konnte die Organisation in den Niederlanden eine Einzelspende in Höhe von € 300.000,-- vereinnahmen.
98Bei der folgenden „Kampagne“ 2005/2006 wurden bereits bis Ende November 2005 in Deutschland € 230.000,-- und in Frankreich € 30.000,-- Spendengelder vereinnahmt.
99Eine im Namen des „TAYAD-Komitees“ unter dem Motto „ Isolation bedeutet Tod und soll abgeschafft werden “ ab Mitte des Jahres 2003 veranstaltete „Inhaftierten- / Gefangenenkampagne“, für die ein Limit von € 70.000,-- bis € 80.000,-- festgesetzt worden war, erbrachte bis September 2003 ein Spendenaufkommen von € 31.564,--.
100Die über Tarnvereine oder Mitglieder der Organisation, die mit entsprechenden Inkassomaßnahmen beauftragt sind, vereinnahmten Spendengelder werden über vorgesetzte Funktionäre ungekürzt und unverzüglich an die Parteiführung weitergeleitet. Hierfür nutzt die „DHKP-C“ zentrale Geldsammelstellen, sogenannte „Tampons“, in denen die Spendengelder deponiert werden, bevor schließlich der Transfer in die Türkei veranlasst wird.
101bb. Beitragszahlungen
102Eine weitere Finanzierungsquelle der „DHKP-C“ bilden Beitragszahlungen, die bei Mitgliedern der Organisation als „Frontbeitrag“ und bei Anhängern, Sympathisanten oder sonstigen Personen als einfacher Beitrag bzw. „Händlerbeitrag“ erhoben werden. Die auf diese Weise realisierten Geldzuflüsse – beispielsweise wurden im Gebiet Berlin im Jahre 2003 „Händlerbeiträge“ in Höhe von € 19.200,-- vereinnahmt - dienen im Wesentlichen der Finanzierung laufender Kosten der Gebietsarbeiten und werden unter anderem zur Zahlung der Mietzinsen für Räumlichkeiten der Tarnvereine, Telefongebühren oder Reisekosten sowie für die Alimentierung von Führungskadern verwendet. Ein eventuell verbleibender Teil des Beitragsaufkommens ist von den Funktionären an die Parteiführung weiterzuleiten.
103cc. Kommerzielle Veranstaltungen
104Auf die Erzielung von Einnahmen ist auch die Durchführung kommerzieller Veranstaltungen und von Konzerten auf zentraler und regionaler Ebene („Regional- bzw. Gebiets- und Zentralabende“) ausgerichtet. Zu den auf überregionaler Ebene durchgeführten Großveranstaltungen gehört das jährliche Parteifest, das die „DHKP-C“ regelmäßig anlässlich des Jahrestags ihrer Gründung und zum Gedenken an die „Gefallenen der Revolution“ feiert. Voraussetzung für den Besuch dieser Veranstaltung ist der Erwerb von Eintrittskarten. Tickets, die sich nicht an teilnehmende Besucher absetzen lassen, werden von den verantwortlichen Funktionären im Vorverkauf als sogenannte „Sympathiekarten“ bzw. „Solidaritätstickets“ angeboten und verkauft. Die Gesamtverantwortung für diese und andere Großveranstaltungen auf überregionaler Ebene trägt der/die Europaverantwortliche. Diese(r) legt die Rahmenbedingungen fest und erteilt nachgeordneten Funktionären konkrete Handlungsanweisungen zur arbeitsteiligen Vorbereitung und Durchführung der betreffenden Veranstaltung. Neben der Verpflichtung und Betreuung von Künstlern, Anmietung von Veranstaltungsräumen, Beschaffung technischer Ausrüstung und Durchführung von Werbemaßnahmen gehört dazu auch der Verkauf bzw. Vertrieb der (Eintritts-) Tickets.
105Zu den häufig von bzw. über Tarnorganisationen (z. B. die „Anatolische Föderation“) durchgeführten Veranstaltungen in einzelnen Gebieten bzw. Regionen gehören neben Konzerten auch Lieder- und Gedichtabende bzw. Filmvorführungen sowie sogenannte „Picknicks“. Die Planung, organisatorische Vorbereitung und Abwicklung derartiger Veranstaltungen obliegt grundsätzlich den jeweiligen Gebietsverantwortlichen, die - nach vorheriger Abstimmung mit der Führung - auch die Anzahl und Preise der hierfür zu verkaufenden Eintrittskarten festlegen. Engagiert werden regelmäßig populäre, den politischen Vorstellungen der „DHKP-C“ nahestehende Künstler, zu denen sehr häufig auch Musiker der (türkischen) „... ...“ gehören.
106Sofern Veranstaltungen auf regionaler oder überregionaler Ebene zu finanziellen Gewinnen führen, werden die jeweiligen Überschüsse von den verantwortlichen Funktionären regelmäßig mit Bilanzierungsberichten an die Organisationsführung weitergeleitet. Teilweise dürfen vereinnahmte Gelder nach Genehmigung durch die Führung auch für andere Vorhaben auf örtlicher Ebene in den jeweiligen Gebieten verwendet werden.
107dd. Verkauf von Publikationen
108Der Erzielung von Einnahmen dient auch der Vertrieb von Publikationen, zu denen insbesondere der Verkauf einer organisationseigenen Wochenzeitschrift gehört. Die Durchführung entsprechender Aktivitäten gehört zum Aufgabenbereich der jeweiligen Gebietsverantwortlichen, die hierbei meist durch unterstellte Aktivisten unterstützt werden. Erzielte Verkaufserlöse werden – zusammen mit Tätigkeits- / Ergebnisberichten - über vorgesetzte, mit der Abrechnungskontrolle befasste, Funktionäre oder unmittelbar dem „Zeitschriftenbüro“ der Organisation zugeleitet. Dieses befand sich mindestens bis zum Jahre 2003 in Köln. Falls eingenommene Gelder aus dem Zeitschriftenverkauf durch die verantwortlichen Funktionäre nicht bzw. nicht rechtzeitig abgeliefert werden oder ein vollständiger Verkauf der Publikationen nicht realisiert werden konnte, werden die entsprechenden Defizite der betreffenden „Bölge“, die jeweils eine bestimmte Anzahl von Zeitschriften verbindlich abzunehmen haben, als „Zeitungsschulden“ belastet. Die jeweiligen Gebiets- bzw. Regionsleiter haben sodann für einen Ausgleich dieser „Schulden“ zu sorgen. Ein nach Abzug der Druckkosten und notwendiger Ausgaben zur Unterhaltung des Zeitschriftenbüros verbleibender Überschuss aus dem Zeitschriftenverkauf ist nach den organisationsinternen Vorgaben für den Transfer in die Türkei zur Finanzierung der dortigen Aktivitäten der „DHKP-C“ bestimmt. Häufig konnten mangels vollständigen Absatzes der Zeitschriften oder ausbleibender Zahlungen der Abnehmer tatsächlich keine Einnahmen durch den Zeitschriftenvertrieb erzielt werden. Ob - durch den Verkauf von Publikationen - vereinnahmte Gelder tatsächlich in die Türkei transferiert wurden, konnte nicht festgestellt werden.
109b. Nachschub und Logistik
110Zu den von Funktionären in der „Rückfront“ wahrgenommenen Aufgaben gehört auch die Bereitstellung von Nachschub und Logistik für den bewaffneten Kampf in der Türkei durch Organisation von Materialbeschaffungen und Kurierdiensten. Hierdurch wird ein konstanter Transfer von Geld, Waffen, Sprengstoff und anderer, für den bewaffneten Kampf benötigter Gegenstände gewährleistet. Darüber hinaus werden dadurch die verdeckte Nachrichtenübermittlung an Organisationsangehörige in der Türkei sowie Rückmeldungen von kämpfenden Einheiten an verantwortliche Parteifunktionäre garantiert. Die in Deutschland und anderen Ländern der „Rückfront“ agierenden Parteikader sind seit spätestens 1998 an der Beschaffung entsprechender Materialien und der Vorbereitung bzw. Durchführung zugehöriger Transporte in die Türkei beteiligt. Mit der Vornahme derartiger Aktivitäten werden hochrangige Funktionäre betraut, die unmittelbar der Parteiführung unterstellt sind. Nach deren Weisung obliegt diesen Verantwortlichen neben der Bereitstellung präparierter Transportfahrzeuge insbesondere die Einweisung der jeweiligen Kurierfahrer. Darüber hinaus sind auch die Europa-/Deutschlandführung sowie nachgeordnete „Bölge-“Leiter in die Organisation von Materialbeschaffungen und Kurierdiensten eingebunden. Die jeweiligen Regions- und Gebietsverantwortlichen haben permanent nach potentiellen Kurieren Ausschau zu halten und der Europaführung geeignete Kandidaten zu benennen sowie deren Zuverlässigkeit zu überprüfen. Ausgewählt werden regelmäßig Personen aus dem Sympathisantenumfeld der „DHKP-C“, die keine engeren bzw. polizeibekannten Verbindungen zur Organisation aufweisen. Aus dieser Zielgruppe rekrutieren sich auch die Personen, die der „DHKP-C“ Wohnungen oder andere, als Verstecke oder Depots geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, in denen Waffen, Sprengstoff, Speichermedien oder Pässe u. a. gelagert oder Funktionäre untergebracht werden können. Außerhalb der Türkei verfügt die „DHKP-C“ in Bulgarien und Griechenland sowie in Westeuropa auf diese Weise über geheime Lager für Waffen und Sprengstoffe.
111Die auf dem Land-/See- oder Luftweg durchgeführten Kuriertransporte werden durch Funktionäre der Organisation geplant, vor- und nachbereitet. Waffen- und Sprengstofftransporte werden regelmäßig mittels Kraftwagen, die mit Verstecken zur Aufnahme von Gegenständen präpariert wurden, durchgeführt. Die Kuriere sind angewiesen, über den Verlauf der Transporte regelmäßig in verdeckter Form zu berichten. Neben Waffen und Sprengstoffen werden auch Ausweispapiere, Bargeld, elektronische Speichermedien sowie Pässe innerhalb eines Landes wie auch grenzüberschreitend transportiert. Im Falle von Waffen-/Sprengstofftransporten ist das Bestimmungsland regelmäßig die Türkei. Ausgangspunkte für entsprechende Kurierfahrten sind neben Deutschland auch andere Länder der „Rückfront“. Bei Waffentransporten, die im Bundesgebiet ihren Anfang nehmen, werden die zur Beförderung in die Türkei vorgesehenen Gegenstände in der Regel erst im Ausland wie z. B. in Griechenland oder Bulgarien in die Kurierfahrzeuge verladen. Gelegentlich werden Waffen und Sprengstoff auch durch Funktionäre der „Rückfront“ in westeuropäischen Staaten beschafft und in Wohnungen von Sympathisanten mit oder ohne deren Wissen bis zum Transport in die Türkei zwischengelagert.
112c. Propaganda und Publikationen
113Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet der Rückfront bilden propagandistische Arbeiten, die darauf ausgerichtet sind, den „… Kampf in aller Ausführlichkeit der gesamten Welt bekannt zu machen …“ . In Staaten, in denen die „DHKP-C“ verfolgt wird, erfolgt diese Propagandaaktivität konspirativ und unter Einschaltung von Tarnorganisationen. Neben der Durchführung von Veranstaltungen und Demonstrationen umfasst die auf eine Massenmobilisierung ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit insbesondere den Vertrieb eigener Zeitungen/Zeitschriften. Als offizielles Publikationsorgan sämtlicher „legaler und illegaler Veröffentlichungen“ und wichtigstes Mittel zur Schulung von Funktionären wird von der „DHKP-C“ die Zeitschrift „Devrimci Sol“ eingesetzt. Die organisationsintern aus Gründen der Konspiration häufig mit dem Synonym „Ds“ bezeichnete Zeitschrift erscheint unregelmäßig und soll die ideologischen Leitlinien für alle sonstigen „ legalen und illegalen Veröffentlichungen “ der Organisation vorgeben.
114aa. Wochenzeitung
115Von der Organisation wird zur Verbreitung ihrer Zielsetzungen und Aktivitäten auch eine wöchentlich herausgegebene Zeitschrift genutzt. Dies war bis Oktober 1994 die schon von der Organisation „Dev Sol“ herausgegebene Wochenzeitung „Mücadele“ („Kampf“). Ab Januar 1995 erschien - ebenfalls in wöchentlichem Abstand die Zeitschrift „Kurtulus“ („Befreiung“), die im August/September 1999 von dem Journal „Vatan“ („Heimat“) abgelöst wurde, deren Redaktion in Köln ansässig war. In Anschluss wurde in der Zeit von März 2002 bis Mitte Mai 2005 die Wochenzeitung „Ekmek ve Adalet“ („Brot und Gerechtigkeit“) herausgegeben; Redaktion und Verlag dieser Publikation waren ebenfalls in Köln angesiedelt. Seit Ende Mai 2005 wird in wöchentlichem Abstand die Zeitschrift „Yürüyüs“ („Marsch“), die im August 2006 eine Auflage von 2.500 Stück pro Ausgabe erreichte, veröffentlicht. Neben der Printausgabe wird die Zeitschrift in elektronischer Fassung auf der Seite www.yuruyus.com auch im Internet verbreitet. Die Inhalte der veröffentlichten Berichte und Kommentare spiegeln im Wesentlichen die ideologischen Grundsätze und politischen Einschätzungen / Aussagen der „DHKP-C“ wider. Neben Reportagen über Mitglieder bzw. „Märtyrer“ dieser Organisation gehört hierzu unter anderem die journalistische Begleitung zentraler Agitationsthemen der „DHKP-C“ wie etwa das sogenannte „Todesfasten“ von Gesinnungsgenossen in türkischen Haftanstalten. Darüber hinaus werden auch Tatbekennungen der Organisation zu Anschlägen in der Türkei sowie Berichte über gerichtliche Verfahren gegen Mitglieder der „DHKP-C“ publiziert.
116Die redaktionellen Arbeiten für die - organisationsintern aus Gründen der Konspiration mit dem (Tarn-) Begriff „Wöchentliche“ bezeichnete – Parteizeitschrift sowie deren Druck und Vertrieb erfolgen sowohl in der Türkei wie auch in (West-) Europa. Für den Verkauf tragen die einzelnen Gebiete und Regionen die Verantwortung. Ursprünglich wurde der Zeitschriftenvertrieb für die einzelnen Gebiete in Deutschland zentralisiert von Köln aus abgewickelt. Die verschiedenen „Bölge-“Leiter oder von ihnen beauftragte Aktivisten hatten dort die bereitgestellten und zur Verteilung bestimmten Zeitschriftenexemplare wöchentlich abzuholen. Spätestens seit Mitte des Jahres 2006 wird die „Yürüyüs“ unmittelbar von der mit ihrer Herstellung beauftragten Druckerei anhand einer von der „DHKP-C“ vorgegebenen Verteilerliste postalisch an Stützpunkte der Organisation in Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten (Niederlande, Belgien, England, Frankreich und Österreich) in unterschiedlichen Stückzahlen versandt. Verteilt oder verkauft werden die Publikationen an Abonnenten, Gewerbetreibende, Inhaftierte, Familien und andere Einzelabnehmer.
117bb. Bulletins, Internet, Rundfunk
118Außerdem verbreitet die „DHKP-C“ ihre Mitteilungen über (Nachrichten-) „Bulletins“, die unter der Kontrolle der „Zentrale“ herausgegeben werden. Während das „DHKP-Bulletin“ zur Veröffentlichung von Erklärungen der Partei bestimmt ist, dient das „DHKC-Bulletin“ zur Verbreitung sämtlicher Erklärungen sonstiger Art wie zum Beispiel „Kriegsnachrichten“, „Richtigstellungen“ und „Warnungen“. Die entsprechenden Publikationen und Aufrufe werden über das Internet auf den dort gesondert für die „DHKP“ und die „DHKC“ eingerichteten, teilweise mehrsprachig betriebenen Seiten veröffentlicht. Auf diesen Plattformen werden auch Stellungnahmen der Europaführung, der „HÖC“ und anderer Verbände präsentiert. Überdies werden die bezeichneten Bulletins auch für die Verbreitung von Tatbekennungen zu Anschlägen, die von Kämpfern der „DHKP-C“ in der Türkei verübt wurden, genutzt. Anders als bei den Zeitschriften der Organisation, bei denen die „DHKP-C“ formell nicht als Herausgeber in Erscheinung tritt, erfolgen die Verlautbarungen im Internet regelmäßig im Namen der Partei oder der Front.
119cc. Sonstige Maßnahmen
120Ferner betreibt die „DHKP-C“ zur Propagierung ihrer Ziele an einem nicht bekannten Ort eine eigene Rundfunkstation (Halkinsesi TV - übersetzt: „Stimme des Volkes“).
121Propagandistischen Zwecken dienen auch die von der „DHKP-C“ durchgeführten Konzerte und sonstigen Veranstaltungen, bei denen die Organisation durch Informationsstände mit Schriften und Plakaten, Auftritten und Reden von Parteikadern sowie anderweitigen Darbietungen für ihre ideologischen Vorstellungen wirbt, um die Teilnehmer für die Ziele der Organisation in der Absicht einzunehmen, auf diese Weise neue Anhänger bzw. Mitglieder für die „DHKP-C“ zu gewinnen.
122Auch die Durchführung von bzw. Teilnahme an Demonstrationen, Gedenkfeiern, Kundgebungen, Pressekonferenzen oder Ausstellungen wird von der „DHKP-C“ zur Verbreitung ihrer Ideologie genutzt. Inhaltlich werden bei derartigen Gelegenheiten regelmäßig wichtige Propagandathemen der „DHKP-C“ in plakativer Form zur Sprache gebracht. Beherrschendes Agitationsthema der „DHKP-C“ in den letzten Jahren war das sogenannte „Todesfasten“. Mit diesem Begriff werden von der „DHKP-C“ im Oktober 2000 in türkischen Haftanstalten begonnene Hungerstreikaktionen bezeichnet, an denen sich zahlreiche Personen aus Protest gegen die Einführung und Belegung neuer Haftanstalten mit Einzelzellen (sogenannte F-Typ-Gefängnisse) anstelle der bisherigen Unterbringung in Großraumzellen beteiligt haben; diese dauerten bis zum Jahre 2007 an. Die „DHKP-C“ behauptet, die Gefangenen seien dadurch in stärkerem Maße der Gefahr von Übergriffen durch Vollzugsbedienstete ausgesetzt. Sie befürchtete, dass infolge dieser Strafvollzugsreform die bis dahin bestehende und von ihr genutzte Möglichkeit der Steuerung von Aktivitäten durch inhaftierte Organisationsangehörige aufgehoben und die Einfluss- und Zugriffsmöglichkeiten der Vereinigung auf inhaftierte „Kämpfer“ eingeschränkt werden könnten. So wurden im „System der Sammelzellen“ durch (Führungs-) Funktionäre der „DHKP-C“ Anschläge aus Vollzugsanstalten befehligt und Schulungen im Bombenbau, der Handhabung von Waffen sowie der Passfälschung durchgeführt. Organisationsmitglieder, die im Verdacht standen, von der „Parteidisziplin“ abgewichen zu sein bzw. mit den Sicherheitskräften kooperieren zu wollen, wurden in den Haftanstalten von Funktionären „verhört“ und - gegebenenfalls - als „Verräter“ in unterschiedlicher Form „bestraft“.
123An den Folgen des bezeichneten Hungerstreiks sind, organisationsinternen Erklärungen zufolge, insgesamt 122 - als „Märtyrer“ bzw. „Todesfastenkämpfer“ bezeichnete - „Genossen“ verstorben. Im Rahmen von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen wird von der „DHKP-C“ auch an der „Rückfront“ im Rahmen der Propagierung ihrer politischen Zielsetzung die angebliche „Isolationshaft“ in „F-Typ“-Gefängnissen angeprangert und über Schicksale einzelner inhaftierter Organisationsmitglieder informiert. Regelmäßig wird in diesem Zusammenhang an ein Vorkommnis erinnert, bei dem in verschiedenen Haftanstalten in der Zeit vom 19. bis 22. Dezember 2000 mehrere (28) „revolutionäre Gefangene“ durch türkische Sicherheitskräfte getötet worden seien. Die nach Auffassung der „DHKP-C“ in türkischen „F-Typ-Gefängnissen“ ausgeübte „Isolationsgewalt“ wird von der Organisation überdies häufig als Legitimation für die Anschläge angeführt, die von bewaffneten Einheiten bzw. Selbstmordattentätern der „DHKP-C“ in der Türkei verübt werden. Häufig trat dabei nach außen als Verantwortlicher das von der „DHKP-C“ als Tarnorganisation genutzte „TAYAD-Komitee“ als Solidaritätsverein mit den politischen Gefangenen und deren Familien in der Türkei auf.
124d. Schulungen
125Zu den wesentlichen Aufgaben der „Rückfront“ der „DHKP-C“ gehören auch Schulungen. Dabei wird zwischen der Kader- und der sog. „Massenschulung“ sowie der Waffenschulung für militärische Einheiten, die mit der Durchführung des bewaffneten Kampfes in der Türkei unmittelbar betraut sind, differenziert. Sämtliche Schulungsaktivitäten sind dazu bestimmt, den bewaffneten Kampf der Organisation in der Türkei zu fördern.
126aa. Kaderschulung
127Die Kaderschulung umfasst neben der Kadergewinnung die Unterweisung von Anhängern, die zu Funktionären ausgebildet werden sollen sowie Fort- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen für bereits verantwortliche Kader. Die in Form von Schulungsgruppen oder Einzelschulungen durchgeführten Maßnahmen werden zentral gesteuert. Die Europaführung legt fest, welche Funktionäre zukünftig als Lehrer in den einzelnen Gebieten Ausbildungsaufgaben wahrzunehmen haben. Im Rahmen der Schulungen werden Kader unter anderem dazu verpflichtet, bestimmte - in (organisations-) eigenen Beständen vorgehaltene - Bücher zu lesen und Berichte hierüber anzufertigen, die - versehen mit einer Bewertung - an die Führungsebene übermittelt werden. Die - an den Vorgaben des Parteiprogramms orientierten - Inhalte dieser Schulungen werden von der Organisationsführung vorgegeben. Neben den Themenbereichen Philosophie, Gesellschaft, Klassen, Staat, Imperialismus, Faschismus, Revolutionismus, gehören hierzu im Wesentlichen auch Fragestellungen zur Leitung und Führung von Menschen sowie Organisierung der Revolution und der „Massenarbeit“. Ein wesentliches Ziel der Kaderschuldung besteht darin, dass „… die revolutionäre Begeisterung, der Enthusiasmus, die Entschlossenheit, der Hass und die Wut, die man dem Feind gegenüber empfindet … motiviert werden“ .
128bb. „Massenschulung“
129Die „Massenschulung“ ist regelmäßig in die propagandistischen Aktivitäten der „DHKP-C“ und Rekrutierungsmaßnahmen eingebettet. Als integraler Bestandteil von sogenannten „Camps“, die unter den Bezeichnungen „Winter-, Sommer-, Jugend-, Vereins- oder Familiencamp“ - teilweise über Tarnorganisationen wie die „Anatolische Föderation“ - in unregelmäßigen Abständen durchgeführt werden, versucht die Organisation den Kreis ihrer Anhängerschaft auszuweiten, um gleichzeitig möglichst viele Personen zu gewinnen, die bereit sind, sich an den terroristischen Aktivitäten der „DHKP-C“ zu beteiligen.
130Hierzu gehörte auch die in der Zeit vom 19. bis 30. August 2002 in einer angemieteten (Pfadfinder-) Hütte in Neuhausen-Schellbronn durchgeführte, als „Familientreffen“ bezeichnete Schulungsveranstaltung, an der zeitweise bis zu 30 Personen, die aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Belgien und den Niederlanden angereist waren, teilgenommen haben. Diese Veranstaltung war darauf ausgerichtet, den Teilnehmern durch tägliche, ein- bis zweistündige Unterrichtseinheiten die Ziele und Agitations- und Kampagnenthemen der „DHKP-C“ nahe zu bringen, um diese Personen zu befähigen, die Ideologie der Organisation weiterzuverbreiten. Überdies sollten neue Anhänger und Mitglieder für die „DHKP-C“ rekrutiert werden. Mit der gleichen Zielrichtung wurde von der „DHKP-C“ Anfang August 2004 über die „Anatolische Föderation“ auch eine als „Familien- und Jugendcamp“ bezeichnete Schulungsveranstaltung in Form eines Zeltlagers auf einem Campingplatz in Eberbach a. N. mit bis zu 49 Teilnehmern durchgeführt.
131Darüber hinaus finden „Massenschulungen“, die der Organisation durch das Werben von Anhängern gleichzeitig neue Finanzquellen erschließen sollen, auch im Rahmen von Seminar- und Bildungsveranstaltungen in Vereinsräumlichkeiten, Podiumsdiskussionen, Symposien sowie sogenannten „Familien-“ oder „Hausbesuchen“ durch hiermit beauftragte Funktionäre der „DHKP-C“ statt.
132cc. Militärische Schulung
133Militärische Schulungen erhalten insbesondere solche Kader, die für eine Verwendung in einer Kampfeinheit in der Türkei vorgesehen sind. Innerhalb der zu Westeuropa gehörenden Staaten beschränken sich derartige Ausbildungsmaßnahmen auf theoretische Unterweisungen in Waffenkunde sowie Arten und Wege der Tarnung. Die weitergehende praktische Schulung im Umgang mit Waffen und Sprengstoffen wird vorwiegend in speziellen Ausbildungslagern durchgeführt. Derartige Einrichtungen unterhält die „DHKP-C“ in Staaten außerhalb ihrer „Rückfront“ in (West-) Europa. Mitglieder von kämpfenden Einheiten werden in derartigen Ausbildungscamps in Taktiken des Guerillakampfes unterwiesen. Neben Anleitungen zum Herstellen von Bombenvorrichtungen, Zeitzündern und Fernsteuerungen erstreckt sich die praktische Ausbildung auch auf ein Waffen- und Schießtraining.
134dd. Sonstige Schulungen
135Darüber hinaus werden von der „DHKP-C“ auch gesonderte Schulungen zu speziellen Themenbereichen wie z. B. Spendensammlungen, Passfälschungen oder über die Bedienung von Computern durchgeführt.
136e. Schleusungen und Fälschungsaktivitäten
137Notwendiger Bestandteil für die Fortführung des bewaffneten Kampfes in der Türkei sind auch die von Funktionären der „DHKP-C“ in der „Rückfront“ organisierten Schleusungen und Fälschungsaktivitäten. Die zur „Rückfront“ gehörenden Staaten werden von der „DHKP-C“ als sicherer Rückzugsraum für ihre „Kämpfer“ genutzt. So werden Organisationsmitglieder, die in der Türkei strafrechtlich verfolgt werden, aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen dauerhaft oder zeitweise nicht mehr am dortigen bewaffneten Kampf teilnehmen können oder die aus sonstigen Erwägungen die „Heimat“ verlassen müssen, nach (West-) Europa, insbesondere Deutschland eingeschleust. Darüber hinaus kommt es innerhalb der zur „Rückfront“ der „DHKP-C“ gehörenden Staaten zu Schleusungsaktivitäten der Organisation, um hier agierende Funktionäre vor Strafverfolgungsmaßnahmen wie z. B. drohenden Verhaftungen in Sicherheit zu bringen. Die Entscheidung, ob, wann und in welcher Weise Schleusungen aus derartigen Anlässen durchgeführt werden, trifft die Parteiführung. Die Ausführung entsprechender Anordnungen obliegt der Europaführung und nachgeordneten Funktionären. Diese sind unter anderem für die Beschaffung und Bereitstellung von Falschpapieren und Unterkünften verantwortlich. Bei Schleusungen innerhalb der „Rückfront“ wird von den jeweils verantwortlichen Funktionären auch der Transport der betreffenden Person über die Grenze übernommen.
138Die mit der Beschaffung von Falschpapieren für Organisationsangehörige, die keinen legalen Aufenthaltsstatus besitzen oder geschleust werden sollen, befassten Führungsfunktionäre der „Rückfront“ haben auf Weisung der Europaführung nach geeigneten Landsleuten oder Sympathisanten zu suchen, die bereit sind, der Organisation ihre Personaldokumente auf Dauer oder zeitweilig zu überlassen. Die - bei türkischen Nationalpässen – regelmäßig durch Lichtbildauswechslungen unter Verwendung unechter Präge- bzw. sog. Feuchtsiegel ausgeführte Verfälschung dieser Ausweispapiere erfolgt durch hierzu geeignete Funktionäre der „Rückfront“. Anschließend werden diese Falschpapiere den jeweiligen Empfängern für illegale Grenzübertritte bzw. zur scheinbaren Legitimierung eines illegalen Aufenthalts in konspirativer Form weitergeleitet. Die Passüberlasser werden angewiesen, das betreffende Personaldokument bei der zuständigen Behörde als verloren oder gestohlen zu melden.“
139Von dieser Einschätzung, dass die DHKP-C eine terroristische Organisation ist, die das Ziel verfolgt, die Staatsordnung in der Türkei durch einen bewaffneten revolutionären Kampf zu zerschlagen, abzuweichen, besteht auch bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren schon im Hinblick auf die Stellungnahmen in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder kein Anlass,
140vgl. Verfassungsschutzbericht Bund 2011 (Stand: Juli 2013), S. 345 ff. (347: Die DHKP-C bekennt sich nach wie vor zum bewaffneten Kampf) und Bund 2010, S. 307 ff. (allerdings im Berichtszeitraum keine terroristischen Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland und in der Türkei festgestellt). Bundesamt für Verfassungsschutz, Türkische linksextremistische Organisationen in Deutschland, 2007, S. 7 ff.; Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2012, S. 174 ff - Schwächung wegen mangelnder Mitgliedermotivation und finanzieller Probleme sowie konsequenter Strafverfolgung); Verfassungsschutzbericht Bayern 2012, S. 58; Verfassungsschutzbericht Hessen 2011, S. 55 ff, Verfassungsschutzbericht Hamburg 2012, S. 86 ff.
141Auch belegen die beigezogenen, den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Einsichtnahme übersandten Ermittlungsakten (hier insbesondere die Beiakte 38)), dass sich die DHKP-C in Veröffentlichungen zu weiteren Attentaten bekannt hat und immer noch zum bewaffneten Kampf aufruft. Dies ergibt sich aus:
142- „[von der Internetseite: www.halkinesi.tv]
143DHKC Erklärung 387, 11. Oktober 2011
144In der Nacht des 4. Oktober ist gegen 23 Uhr in der griechischen Stadt Salonik unser Kämpfer Mehmet Basbag durch einen Unfall in Folge einer Explosion gefallen. ... Wir beharren auf der Weiterentwicklung des bewaffneten Kampfes unter dieser Belagerung. Wir sind eine Kampforganisation.
145...
146Wir werden Rechenschaft für unsere Märtyrer verlangen.“
147- „In http:://www.halkinesi.tv/index.php/aciklamalar/5931-dh..
148DHKP: Ausgabe 45, Datum: 29. März 2012
149------------------------------------------------------
150Donnerstag, 19. April 2012 12.33
151...
152Von Devrimici Sol bis DHKP-C führen wir seit genau 42 Jahren, ohne einen Millimeter von unserem Weg abzuweichen, den Revolutionskampf gegen den Imperialismus und die Oligarchie und zahlen einen hohen Preis dafür.
153Wir sind die Besitzer eines Erbes, das besagt „Wir sind nicht hierher gekommen, um zurückzukehren, wir sind gekommen, um zu sterben.“
154...
155Partei bedeutet hartnäckiges Beharren auf Revolution.
156...
157Der einzige Weg zur Verwirklichung des Sozialismus ist die REVOLUTION. Der Weg zur Revolution ist nicht die Übereinkunft mit dem Imperialismus, sondern der KAMPF gegen den Imperialismus und kollaborierende Regierungen.
158...
159... DER KAMPF GEHT WEITER
160...
161KAMPF/KÄMPFE BIS ZUR BEFREIUNG“
162- „DHKC, Erklärung: 389 Datum 13. Juni 2012
163Mittwoch, 13. Juni 2012 18.09
164...
165Am 12. Juni 2012 wurde ca. 23.00 Uhr von unseren Kämpfern ein Anschlag auf eine Polizeiwache in Istanbul Sariyer Istinye verübt. Beim Anschlag kam es zu einer Ausschreitung, bei der unser Kämpfer Erdal Dalgiec (Gazi) als Märtyrer fiel.
166...
167Folterer und Mörder freut Euch nicht umsonst und versucht nicht, indem Ihr dankt, Euch zu beruhigen. Auch wenn Ihr Burgen aus Stahl baut, werden wir bis in Eure Wachen hineingelangen. Diesmal seid Ihr davon gekommen, aber Euer Vergehen steht fest. Wir werden niemals vergessen. Wir werden niemals verzeihen. Früher oder später werden wir die Folterer finden und bestrafen. Das nächste Mal werdet Ihr Euch nicht retten können! Unserem Volk wird es nicht an Gerechtigkeit fehlen. Wir werden für unsere Märtyrer auf jeden Fall Rechenschaft verlangen, sei es auf Kosten neuer Märtyrer.
168...
169Erdal Dalgic ist als Märtyrer gefallen, ...
170Wir werden auf Kosten neuer Märtyrer weiterhin Rechenschaft verlangen.“
171- „DHKC, Erklärung: 390 Datum 16. Juni 2012
172... Am 15. Juni 2012 wurde um 21.30 Uhr Muammer Sabri Yigit, einer der volksfeindlichen AKP Polizisten und Folterer der an der Polizeistation Istanbul Avcilar angeschlossenen Polizeizentrale in Avcilar von unseren Kämpfern bestraft, um für Erdal Dalgic, ... Rechenschaft zu verlangen. Bei der Bestrafung trafen drei von dreizehn Kugeln den Folterer Sabri Yigit.
173...
174Am 16. Juni 2012 wurde von unseren Kämpfern in Gaziosmanpasa ein Anschlag auf ein Polizeiteam verübt, ... . Der bei dem Anschlag schwer verletzte Polizist Zekeriya Yurdakul starb im Krankenhaus.
175Wir warnen die folternden volksfeindlichen Polizisten des AKP; ...
176...
177Wir werden die Hände und Knüppel brechen, die gegen unser Volk und unsere Genossen erhoben werden. ...“
178- „DHKC-Erklärung: 392, Datum 24. Juli 2012
179...
180Die Mörderpolizisten der AKP haben am Freitag, den 20. Juli, nachmittags das Fahrzeug, in dem unser Kommandant der Bewaffneten Propagandaeinheiten, Hasan Selim Gönen (RIZA) sowie unsere Kämpferin Sultan Isliki saßen, an der Einfahrt zum Gazi-Viertel gestoppt, um deren Personalien zu überprüfen. Dies haben unsere Kämpfer durch Schüsse beantwortet, wobei sie einen der Folterpolizisten erschossen. ...
181...
182Die Lakaien der Amerikaner, die glauben, unseren Volksbefreiungskampf behindern zu können, indem sie Menschen wie Riza ermorden, werden ein weiteres Mal sehen, dass sie sich geirrt haben.
183...
184... Niemals werdet ihr all die Rizas auslöschen können.
185...
186Mörder, Lakaien Amerikas, fürchtet euch vor all den Rizas. ...
187...
188Riza zu sein bedeutet, wie die Helden des Großen Widerstandes sagen zu können, „ich habe nur ein Leben, und das möge geopfert werden“.
189... Riza hat sich geopfert, .... Unsere Leute sterben so... So sterben unsere Leute... Indem sie Geschichte schreiben, indem sie in die Geschichte eingehen, indem sie Lieder zu Tatsachen und Tatsachen zu Liedern machen...
190...
191... Und er hat sich selbst gegenüber auch wie ein Aktivist Rechenschaft abgelegt: „Nun steht mir überhaupt kein Hindernis mehr im Wege“, sagte er. „Ich sehe den Kampf als Teil meines Ichs. Gibt es ihn nicht, gibt es mich nicht. Ich sehe jeden Teil unseres Kampfes als Teil meines Selbst ...“
192...
193Ein Revolutionär ist jemand, der die Zukunft des Volkes im Sozialismus sieht, der in diesem Glauben lebt und dafür zu sterben bereit ist... „Die Opferbereitschaft eines Revolutionärs ist keine Heldentat, sondern ein Muss; sie ist ein Befehl des Lebens, die Opferbereitschaft eines Revolutionärs...
194...“
195- „DHKC, Erklärung 393 Datum 12. September 2012
196...
197Am 11. September hat unser Kämpfer Ibrahim Cuhadar ein Selbstmordanschlag auf die 75. Yil Sultangazi Polizeiwache verübt,... . Als unser Selbstmordkämpfer Ibrahim Cuhadar (Irfan) als Märtyrer fiel, wurde Bülent Özkan, einer der folternden und mordenden Polizisten getötet, und insgesamt acht Personen, unter diesen ein Polizeichef, zwei stv. Kommissare und ein Polizist verletzt ins Krankenhaus gebracht.
198...
199NEIN WIR HABEN NICHT VERGESSEN UND WIR WERDEN NICHT VERGESSEN! ES WIRD NICHTS GEBEN, WOFÜR WIR KEINE RECHENSCHAFT VERLANGT HABEN WERDEN!
200EURE HOCHGESICHERTEN WACHEN HABEN EUCH NICHT SCHÜTZEN KÖNNEN UND WERDEN EUCH NICHT SCHÜTZEN KÖNNEN!
201...
202WIR WERDEN RECHENSCHAFT FÜR UNSERE MÄRTYRER VERLANGEN ...
203EINES EURER AUGEN WIRD IMMER OFFEN SEIN; IHR WERDET NICHT IN RUHE SCHLAFEN KÖNNEN.
204...
205DAS LEBEN EINES JEDEN FRONTANGEHÖRIGEN IST EINE SCHULE HEUTE HAT DIESE SCHULE IBRAHIM CUHADAR ABSOLVIERT!
206...
207... Hier die Organisation, wie Ibrahim Cuhadar sie sieht: „... Ich bin bereit für diese Werte zu sterben und zu töten.“
208...
209Wir werden dem Feind noch größere Schläge versetzen. Die Rechenschaft, die wir verlangen werden, ist immens. ...“
210Ferner hat die DHKP-C sich zu dem Selbstmordanschlag auf die Botschaft der USA vom 01.02.2013 bekannt. Dabei wurde der Attentäter Ecevit Şanli und ein Wachmann getötet sowie drei weitere Personen verletzt,
211vgl. Verfassungschutzbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg 2012, S. 87.
212Weitere Anschläge in Ankara wurden am 20.03.2013 auf ein Parteibüro der Regierungspartei AKP und das türkische Justizministerium verübt,
213w.v..
214Im Sommer 2013 wurde vor der griechischen Küste ein Boot u.a. mit Waffen und Sprengstoff beladen, aufgebracht. Nach Angaben griechischer Behörden, sollten Waffen und Sprengstoff nach den Geständnissen von vier DHKP-C Mitgliedern bei in der Türkei auszuführenden Attentaten Verwendung finden,
215vgl. Deutsch Türkisches Journal (dtj) online vom 05.08.2013, 15.45 Uhr.
216Im September 2013 wurden bei einem Anschlag auf die Polizeizentrale in Ankara mehrere Personen verletzt,
217vgl. Pressemitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 20.02.2014 5/2014, abrufbar im Internet.
218Laut BBC Türkce soll sich die DHKP-C zu dem Mord an Karamanoglu, einem im Zuge von Auseinandersetzungen in Istanbul ums Leben gekommenen 22-Jährigen, bekannt haben und außerdem die Verantwortung für Anschläge auf AKP-Parteibüros in Örnektepe und Talatpasa übernommen haben,
219vgl. Deutsch Türkisches Journal (dtj) online vom 14.03.2014, 11.46 Uhr.
220Die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer eine solche unterstützenden Vereinigung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfasst alle Verhaltensweisen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft in der terroristischen oder unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen sein wie eine Tätigkeit für eine solche Vereinigung ohne gleichzeitige Mitgliedschaft. Selbst die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen kann eine Unterstützung in diesem Sinne darstellen, wenn sie geeignet ist, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Nr. 5 AufenthG missbilligten Ziele zu entfalten. Auf einen nachweisbaren oder messbaren Nutzen für diese Ziele kommt es nicht an, ebenso wenig auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Unterstützungshandlungen. Im Hinblick auf den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen erfüllen allerdings solche Handlungen den Tatbestand der individuellen Unterstützung nicht, die erkennbar nur auf einzelne, mit terroristischen Zielen und Mitteln nicht im Zusammenhang stehende - etwa humanitäre oder politische - Ziele der Vereinigung gerichtet sind,
221vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 a.a.O. S. 124 ff. bzw. S. 18 ff.).
222Der Antragsteller hat individuelle Unterstützung in diesem Sinne geleistet. Im Einzelnen gilt Folgendes:
223Der Antragsteller war Gebietsveranwortlicher der DHKP-C für E. im Zeitraum von frühestens November 2008 bis sicher November 2009. Der am 24.02.2010 festgenommene und mehrfach durch Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) vernommene B. B1. , gegen den am 13.01.2011 vor dem OLG Düsseldorf die Hauptverhandlung wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. eröffnet wurde, bezeichnete in seinen Vernehmungen den Antragsteller als den Gebietsverantwortlichen für die DHKP-C in E. (vgl. Vernehmungsprotokolle vom 24.02.2010, 12.05.2010 und 25.05.2010, BA 33)). Zweifel an der Richtigkeit dieser Bekundung des B1. hat die Kammer nicht. Sie findet ihre Stütze in den weiteren Bekundungen seinerseits. B1. hat den Antragsteller in der Beschuldigtenvernehmung vom 28.05.2010 anhand eines Lichtbildes in einer ihm vorgelegten Lichtbildmappe identifiziert (vgl. Anregung des BKA zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller vom 16.03.2011, BA 33)). In der Beschuldigtenvernehmung vom 12.05.2010 hatte B1. außerdem ausgesagt, den Antragsteller als Gebietsverantwortlichen für E. dem Sadi Naci Özpolat, der innerhalb der DHKP-C ab Februar 2009 bis längsten zu seiner Inhaftierung am 13.07.2010 u.a. als Deutschlandverantwortlicher fungierte, vorgestellt zu haben. Der Antragsteller habe die Funktion des Gebietsverantwortlichen für E. nach der Festnahme von B2. J. (diese erfolgte im November 2008; B2. J. wurde am 16.12.2010 vom OLG Düsseldorf wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt) übernommen. Die Kammer hegt auch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des B1. insoweit. Es ist nicht ersichtlich, weshalb B1. den Antragsteller fälschlich benennen sollte, zumal er (zu dessen Gunsten) auch angegeben hat, der Antragsteller wolle seine Tätigkeit für die DHKP-C beenden, er wisse jedoch nicht, ob dies tatsächlich geschehen sei. Eine weitere Stütze findet die Annahme, dass der Antragsteller Gebietsleiter von E. war, in den vom BKA in der Anregung vom 16.03.2011 wiedergegebenen Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren gegen Ünalkaplan Düzyar, der bis zu seiner Festnahme am 24.02.2010 Regionsverantwortlicher der DHKP-C auch für Nordrhein-Westfalen (zugehörig zur Region Mitte) war (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BA 33, Bl. 377-382). So äußerte Düzar gegenüber dem Antragsteller in einem Gespräch vom 06.11.2009, das Geld sei nicht gekommen. Im selben Gespräch fragt ein Hakan, was in E. los sei. In einem Gespräch vom 07.11.2009, in dem Zeitschriften thematisiert werden, sagt der Antragsteller, drei Personen würden verteilen. In einem weiteren Gespräch vom selben Tag, dessen Gegenstand laufende Verfahren gegen DHKP-C Aktivisten, Gerichtsverhandlungen und Festnahmen waren, fragte der Antragsteller auf die Mitteilung des Düzyar, dass nach einem Beschluss der Bewegung jedem, der jetzt festgenommen würde, kein Geld geschickt würde: Warum? Was haben wir verbrochen? In einem dritten Gespräch ebenfalls noch vom 07.11.2009, indem es u.a. um Geldsammlungen ging, äußerte der Antragsteller, dass er wegen der „Jährlichen“ bei einer Person gewesen sei und diese sich am „Jährlichen“ nicht beteiligen wolle. In einem Gespräch vom 15.11.2009 äußerte eine Kemal Abi (Deckname für Sadi Naci Özpolat), dass die Quellen von Demiray versiegt seien; Demiray habe 650 bekommen, die er jetzt nicht mehr bekomme. Am 19.11.2009 sagt Kemal Abi (Sadi Naci Özpolat), sie würden jetzt in das Gebiet von Demiray fahren. In einem Gespräch vom 28.11.2009 wird der Antragsteller von Kemal Abi (Sadi Naci Özpolat) zurechtgewiesen, weil er etwas „streng“ mit einigen Anhängern der DHKP-C geredet habe. Weiter wird über die Eintreibung von Geldern gesprochen und der Antragsteller gefragt, wie viel er dieses Jahr übergeben werde. Diese Äußerungen belegen, dass der Antragsteller für das Einsammeln/Eintreiben von „Spenden“ für die DHKP-C und das Weiterleiten der Gelder an die Organisation verantwortlich war, eine Aufgabe, die regelmäßig den Gebietsverantwortlichen zugewiesen ist. Aus der Mobilfunküberwachung des Anschlusses 0000/0000000 ergibt sich weiter, dass der Antragsteller verantwortlich in den Vertrieb der „Wöchentlichen“ eingebunden war, auch dies eine Aufgabe, die i.d.R. den Gebietsverantwortlichen obliegt. Dies alles belegt für die Kammer mit der für das vorliegende Eilverfahren hinreichenden Überzeugungssicherheit, dass der Antragsteller in einem Zeitraum zwischen frühestens November 2008 bis längstens November 2009 Gebietsverantwortlicher von E. war und damit als Kader der sogenannten Rückfront der DHKP-C in Deutschland angehörte. Soweit in der das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller einleitenden Verfügung des Generalbundesanwalts vom 28.04.2011 (BA 33,Bl. 386 ff) der Beginn der Tätigkeit des Antragstellers als Gebietsverantwortlicher von E. auf Januar 2009 datiert wird, erscheint nicht ausgeschlossen, dass nach der Verhaftung J1. am 05.11.2008 zunächst noch N. E1. als Gebietsverantwortlicher von E. fungiert hat (vgl. Gespräch zwischen E1. und dem Antragsteller vom 25.11.2009, wiedergegeben auf S. 3 unten bis 4 oben der Anregungen des BKA vom 16.03.2011, BA 33) Bl. 379-380).
224Aus der Sicht der Kammer kann offenbleiben, ob der Antragsteller – wie in der Einleitungsverfügung des Generalbundesanwalts vom 28.04.2011 auf S. 6 (BA 33),Bl. 391) ausgeführt – noch vor Inkrafttreten des § 129b StGB der DHKP-C seinen am 21.05.1997 ausgestellten Reisepass zur Verschleierung der Identität eines Mitglieds der Organisation zur Verfügung stellte (vgl. dazu Rechtshilfeersuchen der Statsanwaltschaft Breda vom 17.04.2000 sowie Vermerk des BKA vom 02.05.2000, BA 33), Bl. 319-320, 339-340) und weiter in den Monaten Dezember 2007 bis Mai 2008 als Einzahler von Beträgen in Erscheinung getreten ist (vgl. hierzu BKA vom 01.09.2009 auf S. 2, BA 33)), die inhaftierten DHKP-C Mitgliedern zugute kommen sollten (vgl. S. 6 unter der Einleitungsverfügung des Generalbundesanwalts vom 28.04.20011, BA 33) Bl. 391). Diese vor der Tätigkeit des Antragstellers als Gebietsleiter der DHKP-C für E. liegenden Betätigungen sind für die zu treffende Prognoseentscheidung von nachrangiger Bedeutung.
225Für die Kammer steht nämlich mit der für das vorliegende Eilverfahren hinreichenden Sicherheit fest, dass der Antragsteller auch nach Beendigung seiner Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher für E. eine organisationsfördernde Tätigkeit von bedeutendem Gewicht für die DHKP-C ausgeübt hat, ohne dass die gegen ihn geführten Ermittlungen – soweit sie durch die am 22. August 2013 beigezogenen Ermittlungsakten belegt sind – eine konkrete Funktion innerhalb der DHKP-C in Deutschland etwa als Gebiets- oder Regionalverantwortlicher belegen (insoweit abweichend das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen -LKA NRW- in der Anregung für die Durchsuchung der Räume des „L. E. e.V.“ vom 11.06.2013 auf S.4, BA 29), das eine noch andauernde Tätigkeit als Gebietsleiter unterstellt). Die im Ermittlungsverfahren schon bis zur Beiziehung der Ermittlungsakten festgestellten Tatsachen, insbesondere die Einbindung von Kontaktpersonen des Antragstellers in die DHKP-C, eigene Aktivitäten des Antragstellers und sein sonstiges Verhalten, indizieren mit hinreichender Sicherheit eine andauernde eigene nicht unbedeutende Funktion des Antragstellers in der DHKP-C.
226Der Antragsteller traf sich in dem von den beigezogenen Ermittlungsakten erfassten Zeitraum regelmäßig mit weiteren DHKP-C Kadern. Dabei handelte es sich um die DHKP-C Mitglieder Nuri Eryüksel, N. E1. , Hasan Hüseyin Köse, Cebrail Özer, Ecevit Sanli, dem Selbstmordattentäter auf die amerikanische Botschaft in Ankara vom 01.02.2013 (vgl. insoweit LKA NRW vom 26.05.2013 S. 2, BA 22)) und Yusuf Tas. Mit den beiden letztgenannten traf er zumindest bei einem Treffen von DHKP-C Funktionären in den Niederlanden am 28./29.03.2012 zusammen; an diesem Treffen nahm u.a. auch der Europaverantwortliche der DHKP-C Muso Asoglu teil (vgl. BKA vom 28.09.2012 S. 5,BA 38)). Gegen Yusuf Tas hat der Generalbundesanwalt beim BGH am 07.02.2014 Anklage vor dem Staatsschutzsenat des OLG Stuttgart erhoben (vgl. Pressemitteilung des Generalbundesanwalts im Internet vom 20.02.2014 – 5/2014). Ecevit Sanli und der Antragsteller trafen sich darüber hinaus noch am 13.09.2012 am Rudolfplatz in Köln (vgl. S. 11 der Anregung des LKA NRW vom 30.05.2013 zur Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers H. Str. 00 in Köln, BA 36)). Nuri Eryüksel ist ehemaliger Deutschland- und Europaverantwortlicher der DHKP-C. Er wurde am 05.01.2000 von dem OLG Hamburg wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er ist nahezu erblindet und genießt innerhalb der DHKP-C immer noch ein sehr hohes Ansehen (vgl. LKA NRW, Anregung zur Durchsuchung der Wohnung H. Str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Zu Eryüksel hat der Antragsteller schon vor der Aufnahme seiner Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher von E. eine enge Beziehung gehabt; er hat ihn regelmäßig begleitet (vgl. B. B1. in seiner Vernehmung vom 25.05.2010,BA 33). Im zweiten Halbjahr 2012 hat Eryüksel sich häufig in Köln, insbesondere auch in der Wohnung des Antragstellers und seiner Ehefrau, aufgehalten (vgl. LKA NRW vom 16.12.2012, BA 21) und Anregung des LKA zur Durchsuchung der Wohnung H. Str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Auch hat der Antragsteller mehrfach bei Eryüksel in dessen Wohnung in der Fichtestr. 10 in E. genächtigt, und zwar zumindest am 28./29.04.2012 und 29./30.04.2012 (vgl. LKA NRW vom 31.05.2012, BA 9)). N. E1. ist verdächtig, spätestens seit dem Inkrafttreten des § 129b StGB am 30.08.2002 als hochrangiger Funktionär der Europaorganisation der DHKP-C anzugehören (vgl. LKA, Anregung zur Durchsuchung der Wohnung H. str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Am 07.02.2014 hat der Generalbundesanwalt auch gegen N. E1. Anklage vor dem Staatsschutzsenat des OLG Stuttgart erhoben (vgl. Pressemitteilung des Generalbundesanwalts im Internet vom 20.02.2014 -5/2014). Treffen zwischen dem Antragsteller und E1. ergeben sich u.a. aus der Observation des Objektes N1. str. 000 in E. („W. L. E. e.V.“), bekannt als Anlaufstelle für Mitglieder, Unterstützer und Sympathisanten der DHKP-C (vgl. insoweit Anregung des LKA NRW zur Durchsuchung der Vereinsräume vom 11.06.2013, BA 29) und der mobilen Observation des Antragstellers (hier Überwachung des PKW RE-00 000) am 11.04.2012 sowie vermutlich am 26.04.2012 (vgl. LKA NRW vom 29.05.2012, BA 9)), aus der Observation des auf den Antragsteller zugelassenen Kastenwagens K-00 0000 am 08.05.2013 und 15.05.2013 (vgl. LKA NRW, vom 26.05.2013, BA 22)). Weitere Treffen haben (schon) am 20.08.2012 in Wuppertal, 15.03.2013 in Essen und 05.05.2013 stattgefunden (vgl. Anregung des LKA NRW zur Durchsuchung der H. str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Mehrfach hat der Antragsteller auch in der Wohnung des E1. in der I. str. 00 in Schwelm genächtigt, und zwar zumindest am 26./27.04. 2012, 27./28.04.2012, 01./02.05.2012, 02./03.05.2012, 05./06.05.2012, 18./19.05.2012, 20./21.05.2012, 24./25.05.2012 (vgl. LKA NRW vom 31.05.2012, BA 9) und vermutlich auch am 08./09.05.2013 (LKA, NRW vom 26.05.2013, BA 22)). Hasan Hüseyin Köse wurde mit Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.02.2006 zu 6 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Haftverbüßung von 4 Jahren wurde er unter Auflagen auf Bewährung aus der Haft entlassen. Wegen Verstoßes gegen die Auflagen – Köse hielt Kontakt zu Kölner Mitgliedern der DHKP-C – wurde die Bewährung widerrufen. Köse wurde am 12.11.2008 festgenommen, erneut inhaftiert und nach vollständiger Haftverbüßung im Jahr 2010 entlassen. Seitdem besteht weiterhin Kontaktverbot zu Personen aus dem Umfeld der DHKP-C und eine 14-tägige Meldepflicht bei der Polizeiinspektion Köln-Nippes (vgl. LKA, Anregung zur Durchsuchung H. Str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Treffen zwischen Köse und dem Antragsteller fanden zumindest statt am 30.08.2012, 27.09.2012 (vgl. LKA NRW vom 11.10.2012, BA 12)), 07.11.2012, 02.01.2013 (vgl. LKA NRW vom 30.01.2013, BA 21)) sowie im Vorjahr am 31.08.2012 – Fahrt nach Lünen – (vgl. Anregung des LKA NRW zur Durchsuchung der Wohnung H. str. 00 vom 30.05.2013, BA 36)). Cebrail Özer, der nach eigenen Äußerungen in der Türkei im Zeitraum 1989/1990 für insgesamt 14 Monate inhaftiert war (vgl. LKA NRW vom 30.01.2013, BA 21)) ist verdächtig, für die DHKP-C verantwortungsvolle Tätigkeiten auszuführen: Er befördert regelmäßig Mitglieder und Anhänger der DHKP-C und führt möglicherweise für die Organisation sogar Fahrten bis in die Türkei durch. Auch ist er nicht an seiner Meldeanschrift wohnhaft, sondern nächtigt bei Freunden aus der DHKP-C (vgl. LKA NRW vom 11.01.2013, BA 21)). Özer beförderte den Antragsteller zwischen dem 28.04.2012 und dem 09.10.2012 sowie darüber hinaus regelmäßig mit seinem Kfz K-E 344, wobei er teilweise auch die Ehefrau des Antragstellers T. E2. zusammen mit dem Antragsteller aber auch alleine chauffierte (vgl. LKA NRW vom 11.10.2012, BA 12), vom 04.12.2012, BA 21), vom 16.12.2012, BA 21) und vom 03.01.2013 BA 21)). Ferner übernachtete Özer in 2012 mehrfach an der Anschrift des Antragstellers und seiner Ehefrau H. str. 00 in Köln (vgl. LKA NRW vom 03.01.2013, BA 21)).
227Nicht außer Acht gelassen werden kann auch die Beziehung des Antragstellers zu seiner Ehefrau T. E2. , die er am 00.00.2012 heiratete. T. E2. wurde mit Urteil des OLG Celle vom 11.04.2000 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, weil sie im Zeitraum von 1995 bis 1999 als Leitungskader für die DHKP-C in I1. tätig war. Seit 2000 bis zu ihrer Abschiebung in die Bundesrepublik Deutschland am 26.04.2010 hielt sie sich in den Niederlanden auf, wo sie zusammen mit zwei weiteren Frauen die vollständige Besetzung der Presseagentur „P. “ in Amsterdam bildete. Die Presseagentur „P. “ gilt als Einrichtung. Sie fungiert als Kommunikationszentrum der DHKP-C Europa und untersteht direkt dem Zentralkomitee der DHKP-C. Innerhalb der Agentur erfolgt auch die Koordinierung und Verwaltung von Sicherheitsmaßnahmen wie Verschlüsselungsverfahren und Decknamen. Von 2006 bis 2009 war T. E2. im P1. auch für die Entgegennahme von Geldlieferungen zuständig und in der logistischen Zentrale der DHKP-C tätig (vgl. zu allem Vorstehenden, Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15.10.2012 – 21 AR 4/12 -, BA 38)). Sie ist dringend verdächtig, eine organisationsfördernde Tätigkeit von ganz erheblichem Gewicht für die DHKP-C auch nach ihrer Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt zu haben, weshalb sie mit Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH vom 20.06.2013 in Untersuchungshaft genommen wurde und der Generalbundesanwalt gegen sie am 07.02.2014 Anklage vor dem Staatsschutzsenat des OLG Stuttgart erhoben hat (vgl. Presseerklärung des Generalbundesanwalts vom 20.02.2014 im Internet- 05/2014). Die eheliche Verbindung des Antragstellers mit T. E2. spricht ebenfalls dafür, dass der Antragsteller eine – wenn auch im Vergleich zu seiner Ehefrau weniger bedeutsame – Stellung als Kader in der DHKP-C innehat. Derartige Verbindungen beruhen in der Regel schon auf einem Kennenlernen auf der Organisation zuzurechnenden Veranstaltungen und müssen von der Führungsebene der DHKP-C zumindest gebilligt werden. Dies hat auch Sinn, denn die eheliche Lebensgemeinschaft mit einem nicht ebenfalls in die (zumindest untere) Kaderebene der DHKP-C verhafteten Partners birgt die Gefahr der Entdeckung und Offenbarung der Tätigkeiten des DHKP-C Kaders an außerhalb der Organisation stehende Personen, ggf. sogar an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland. Weiter ergibt sich aus den beigezogenen Ermittlungsakten, dass der Antragsteller seine Ehefrau in ihrer Tätigkeit für die DHKP-C unterstützt (z.B. Fahrdienste) hat bzw. teilweise auch gemeinsam mit ihr tätig war. So hat er insbesondere mit ihr an einem Treffen hochrangiger DHKP-C Funktionäre am 28./29.03.2012 in den Niederlanden teilgenommen (vgl. BKA vom 28.09.2012, BA 38). Dass ihm diese Teilnahme lediglich als Begleiter seiner (späteren) Ehefrau ermöglicht wurde, ist nach der auf den Feststellungen des OLG Stuttgart im Urteil vom 07.08.2009 über das streng konspirative Verhalten der Leitungskader der DHKP-C beruhenden Einschätzung der Kammer ausgeschlossen.
228Weiterhin sprechen auch die eigenen Aktivitäten des Antragstellers für eine nach wie vor stattfindende organisationsfördernde Tätigkeit von bedeutendem Gewicht. So ist der Antragsteller weiterhin in Geldbeschaffungsmaßnahmen der DHKP-C eingebunden. Aus dem im Ermittlungsverfahren gegen Ünalkaplan Düzyar beschlagnahmten Notizbuch – Asservat 3.1.1.4 – ergibt sich, dass der Antragsteller an Spendenkampagnen im Jahr 2010 noch beteiligt war: So hat der Antragsteller am 02.02.2010 noch 9.000,-- Euro übergeben (vgl. BKA vom 24.03.2011 im Ermittlungsverfahren gegen Ünalkaplan Düzyar, BA 33)). Bei einer Maßnahme von Einsatzkräften des Polizeipräsidiums Bochum am 09.05.2012 wurde der Antragsteller zusammen mit einer anderen Person angetroffen. Beide Personen führten zahlreiche Listen mit sich, auf denen Namen und dahinterstehende Geldbeträge gelistet waren (vgl. LKA NRW vom 14.05.2012, BA 9)). Ebenfalls weiterhin verantwortlich beteiligt war der Antragsteller am Vertrieb der Wochenzeitschrift der DHKP-C „Yürüyüs“ (vgl. LKA NRW vom 18.04.2012, BA 12), vom 14.05.2012, BA 9) und vom 16.12.2012, BA 21)). So wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers und seiner Ehefrau am 26.06.2013 auch Exemplare der „Yürüyüs“ aufgefunden (vgl. Durchsuchungsbericht des LKA Niedersachsen, Asservatennummer 1.4.1.3.1, BA 36)). Ferner war der Antragsteller eingebunden in die Organisation von bzw. Werbung für Veranstaltungen von der DHKP-C nahestehenden Gruppen, wie z.B. der Musikgruppe „Grup Yorum“ (vgl. LKA NRW vom 29.05.2012 und vom 31.05.2012, beide BA 9), sowie vom 31.05.2013, BA 22), ferner die Anregung des LKA NRW zur Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma tanmedia in Köln vom 10.06.2013, Bericht über die Durchsuchung der Räumlichkeiten der Firma tanmedia am 26.06.2013 und die Aussage des Mitarbeiters Orkan Erdem der Firma tanmedia vom selben Tag, sämtlich BA 32)). Weiter hinzu kommt, dass der Antragsteller im in den beigezogenen Ermittlungsakten dokumentierten Zeitraum regelmäßig die Räumlichkeiten von Vereinen besucht hat, die zu den Anlaufstellen von DHKP-C Unterstützern und Sympathisanten zählen, so den Verein „L. E. e.V.“ in der N1. str. 000 in E. , wo er bis Juni 2012 regelmäßig festgestellt wurde und zu dem auch für 2013 noch ein Bezug feststellbar ist, seit Februar 2012 auch den Verein „G. “ in der T1. str. 00 in Köln, über dessen Eröffnung im Dezember 2011 auf der der DHKP-C zugerechneten Internetseite „Halkinsesi.tv“ berichtet wurde, und ferner den „T2. e.V.“ in der P2. -K. -Str. 000 in Köln (vgl. zu allem Anregungen des LKA NRW zur Durchsuchung der Wohnung H. str. 00 vom 30.05.2013, BA 36), zur Durchsuchung des „L. E. e.V.“ vom 11.06.2013, BA 29), zur Durchsuchung des „T2. e.V.“ vom 09.06.2913, BA 30) und hierzu Durchsuchungsbericht des LKA Niedersachsen vom 28.06.2013 über die Durchsuchung vom 26.06.2013, bei der u.a. Cebrail Özer, der angab dort z.Zt. zu übernachten, und der mit Haftbefehl gesuchte Öskan Güzel angetroffen wurden sowie vielfältiges Demo- und Propagandamaterial, u.a. auch diverse „Yürüyüs“ Zeitschriften unterschiedlichen Erscheinungsdatums in jeweils erheblicher Stückzahl sichergestellt wurden, BA 30)). Weiter ergeben sich Anhaltspunkte, dass der Antragsteller auch in die möglicherweise der DHKP-C zuzuordnende Jugendorganisation „B3. K1. “ in E. eingebunden ist (vgl. LKA vom 11.01.2013, BA 21)). Ferner spricht einiges dafür, dass der Antragsteller seinen Einsatz für die DHKP-C nicht auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Er hat an dem bereits erwähnten Treffen hochrangiger Kader der DHKP-C in den Niederlanden am 28./29.03.2012 teilgenommen. Am 23.06.2012 unternahm er zusammen mit seiner Ehefrau eine Reise auf die Insel Kos, von der diese am 01.07.2012 alleine zurückkehrte. Der Antragsteller begab sich noch während oder nach dem Aufenthalt seiner Ehefrau auf Kos entweder in die Türkei oder in den türkischen Teil Zyperns. Jedenfalls wurde er wegen illegalen Grenzübertritts vom türkischen in den europäischen Teil Zyperns festgenommen, flog am 23.07.2012 von Larnaca nach Brüssel, von wo aus er nach Larnaca zurückgeschoben wurde. Am 27.07.2012 traf er aus Larnaca kommend auf dem Flughafen Frankfurt/Main ein (vgl. LKA NRW vom 23.06.2012, vom 23.07.2013 und vom 30.07.2013,BA 13) sowie vom 30.07.2013, BA 9)).
229Schließlich verhält bzw. verhielt der Antragsteller sich auch streng konspirativ im Sinne der im Urteil des OLG Stuttgarts vom 07.08.2009 festgestellten Vorgaben der DHKP-C, ein Verhalten, das er nach den Durchsuchungsmaßnahmen vom 26.06.2013 änderte, weshalb die im Innenraum seines Kastenwagens noch abgehörten Gespräche vom LKA NRW als fingiert bewertet wurden und die Innenraumüberwachung beendet wurde (vgl. LKA NRW vom 15.07.2013, BA 22)).
230Dies alles berücksichtigend, fußt die Bewertung der Kammer, dass der Antragsteller individuelle Unterstützung der DHKP-C i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG geleistet hat, wesentlich auf die (nach derzeitigen Erkenntnissen wahrscheinlich bereits Ende 2009 bzw. Anfang 2010 beendete) Tätigkeit des Antragstellers als Gebietsleiter von E. . Diese trägt zu seiner gegenwärtigen Gefährlichkeit i.S.d. § 54 Nr. 5 Halbs. 2 AufenthG noch bei, weil der Antragsteller sich von diesen Aktivitäten nicht distanziert, sondern seine Kontakte zur DHKP-C – wie aufgezeigt – ohne nennenswerte Unterbrechung in ganz erheblichem zeitlichen Ausmaß fortgeführt hat. Ebenso bedurfte es nicht der Abfrage von nach dem 26.06.2013 entstandenen weiteren strafrechtlichen Ermittlungsergebnissen. Der Antragsteller hat auch nach der seinem Prozessbevollmächtigten unter dem 03.09.2013 gewährten Einsichtnahme in die Ermittlungsakten weder im vorliegenden Eilverfahren noch im zugehörigen Hauptsacheklageverfahren 12 K 3596/13 vorgetragen. Eine Distanzierung (Abkehr) von seinen Aktivitäten für die DHKP-C hätte der Antragsteller angesichts seiner langjährigen – auch verantwortlichen – Verstrickung in die Kaderebene der DHKP-C ausdrücklich behaupten und z.B. durch Einräumen vergangenen Tuns sowie Darstellung von zum Gesinnungswandel führenden Umständen substantiieren müssen,
231zu den Anforderungen an eine Distanzierung vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 (auch juris) Rn. 34 f..
232Für den Ausländer muss schließlich die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein,
233vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 a.a.O. S. 125 bzw. S. 19 f..
234ohne dass es auf eine über diese Erkennbarkeit hinausgehende innere Einstellung des Ausländers ankommt.
moreResultsText
Annotations
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, - 1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten - a)
gegen das Leben, - b)
gegen die körperliche Unversehrtheit, - c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches, - d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder - e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
- 1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand, - 3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.
(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist, - 2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, - 3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht, - 4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht, - 5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, - 6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist, - 7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde, - 8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland - a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder - b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
- 9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.
(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer
- 1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder - 2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.
(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.
(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um
- 1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder - 2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.
(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.
(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.
(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,
- 1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, - 2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, - 3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.
(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, - 1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten - a)
gegen das Leben, - b)
gegen die körperliche Unversehrtheit, - c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches, - d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder - e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
- 1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand, - 3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.
(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist, - 2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, - 3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht, - 4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht, - 5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, - 6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist, - 7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde, - 8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland - a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder - b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
- 9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, - 1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten - a)
gegen das Leben, - b)
gegen die körperliche Unversehrtheit, - c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches, - d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder - e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
- 1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand, - 3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.
(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist, - 2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, - 3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht, - 4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht, - 5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, - 6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist, - 7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde, - 8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland - a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder - b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
- 9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, - 1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten - a)
gegen das Leben, - b)
gegen die körperliche Unversehrtheit, - c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches, - d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder - e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
- 1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand, - 3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.
(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist, - 2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, - 3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht, - 4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht, - 5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, - 6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist, - 7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde, - 8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland - a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder - b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
- 9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.