Verwaltungsgericht Köln Urteil, 07. Sept. 2016 - 10 K 7107/14
Tenor
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00. Oktober 0000 geborene Kläger ist kasachischer Staatsangehöriger und stellte im März 1991 erstmals einen Antrag auf Aufnahme als Aussiedler. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 6. Februar 1992 mit der Begründung mangelnder Sprachkenntnisse abgelehnt. In seinem Antrag hatte er angegeben, Russisch als Umgangssprache in der Familie zu sprechen und die deutsche Sprache „überhaupt nicht“ zu beherrschen. Gegen den Bescheid legte er am 23. April 1992 Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 24. Juli 1992 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Am 6. Dezember 1993 stellte er erneut einen Aufnahmeantrag nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG). Die Beklagte lehnte eine erneute Bearbeitung aufgrund des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens aus 1991/1992 ab und übersandte den Bescheid vom 24. Juli 1992 erneut. Aufgrund eines im folgenden Klageverfahren geschlossenen Vergleichs wurde ihm nach Zustimmung des am damaligen Verfahren beteiligten Bundeslandes Hessen am 27. Januar 1997 ein Einbeziehungsbescheid ausgestellt, mit dem er dem gerichtlichen Vergleich entsprechend als Abkömmling eines Spätaussiedlers gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in seiner damaligen Fassung in den seinem Vater erteilten Aufnahmebescheid einbezogen wurde. Die Übersiedlung in das Bundesgebiet erfolgte am 25. Juni 1997. Am 11. Juli 1997 stellte er einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG. In diesem Zusammenhang wurde vom Landratsamt Waldshut ein Sprachtest durchgeführt, mit dem bei ihm nicht ausreichende Deutschkenntnisse festgestellt wurden. Am 26. November 1999 erhielt er vom Landratsamt Lörrach die beantragte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG.
3Am 7. Oktober 2013 beantragte der Kläger, konkretisiert durch sein Schreiben vom 14. November 2013, im Rahmen des Wiederaufgreifens des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG unter Verweis auf das 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes.
4Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. Oktober 2014 ab. Eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG könne gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden sei. Der Aufnahmeantrag des Klägers vom 6. Februar 1992 sei jedoch bestandskräftig abgelehnt worden. Der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG stehe folglich bereits die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens komme ebenfalls nicht in Betracht. Durch das 10. Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes habe sich die Rechtslage nicht zu seinen Gunsten geändert. Zu dem komme die Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nur in Betracht, wenn zuvor ein Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 BVFG erteilt werden könne. Aufgrund der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet im Jahr 1997 komme nur ein Aufnahmebescheid im Härtefallwege gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in Betracht. Insoweit fehle es jedoch an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der ständigen Wohnsitznahme und der Antragstellung im Oktober 2013.
5Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Ablehnung der Höherstufung führe zur Nichtanerkennung der in Kasachstan erarbeiteten Rentenzeiten. Er sei nunmehr auf Sozialleistungen angewiesen. Er rügte des Weiteren die mangelnde Beratung bei der Erteilung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG.
6Den Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt unter Hinweis auf seine Begründung im Ablehnungsbescheid vom 21. Oktober 2014 mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2014 zurück. Insbesondere führten die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründe nicht zur Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
7Der Kläger hat am 19. Dezember 2014 Klage erhoben.
8Er trägt vor, ein Wiederaufgreifen komme nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG in Betracht. Bereits bei seiner Antragstellung im Jahr 1991 habe er die deutsche Sprache beherrscht. In der Schule habe er Deutsch im Unterricht gehabt. Mit seinem Vater habe er nur selten Deutsch gesprochen. Aufgrund der Sprachunterschiede zwischen dessen Plattdeutsch und seinem in der Schule gelernten Hochdeutsch sei eine Unterhaltung schwierig gewesen. Eine normale Unterhaltung auf Deutsch sei aber möglich gewesen. Dennoch habe ein Sprachtest durch die Beklagte nicht stattgefunden. Seine Deutschkenntnisse im Zeitpunkt der Übersiedlung könnten nunmehr durch Zeugen bestätigt werden. Diese Beweismittel seien neu, denn er habe zu den Zeugen im Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 1991 nicht in Kontakt gestanden. Ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG werde nicht mehr geltend gemacht. Die Beklagte habe zudem ihre Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt. Alleine aufgrund seiner Angaben im Aufnahmeantrag, wonach in der Familie umgangssprachlich Russisch gesprochen worden sei, habe nicht auf die Durchführung eines Sprachtests verzichtet werden können. Zudem habe eine Verpflichtung der Beklagten bestanden, über die rechtlichen Folgen einer Einstufung nach § 15 Abs. 2 BVFG zu informieren. Der geringe Rentenanspruch stelle für ihn eine besondere Härte dar und führe zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
9Der Kläger beantragt,
10den Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 21. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 18. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die begehrte Bescheinigung zu erteilen.
11Hilfsweise beantragt er,
12die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide. Ein Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens komme nicht in Betracht, denn der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf eine Änderung der Rechtslage berufen. Es lasse sich nicht positiv feststellen, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Einreise ausreichende deutsche Sprachkenntnisse besessen habe. Vielmehr sei den Feststellungen im Bescheinigungsverfahren zufolge ein einfaches Gespräch in der deutschen Sprache mit ihm nicht möglich gewesen. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Landratsamtes Waldshut (Bl. 260 ff. sowie Bl. 353 der Beiakte zu 2), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird).
16Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
17Entscheidungsgründe
18Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
19Die zulässige Klage ist nicht begründet.
20Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 21. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Er hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG.
21Zugunsten des Klägers ist von einem Erstantrag in Bezug auf die begehrte Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG auszugehen. Er hatte im Jahr 1997 lediglich eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG beantragt. Über eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ist hingegen bislang keine bestandskräftige Entscheidung ergangen. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG müssen daher nicht vorliegen.
22Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG stellt das Bundesverwaltungsamt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus.
23Dabei kann offen bleiben, ob einem Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG bereits die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegensteht,
24so OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 11 A 747/11 -, juris; VG Köln, Urteil vom 23. April 2014 - 10 K 5257/12 -, juris; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 14.03 -, BVerwGE 119, 188; BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 -, BVerwGE 99, 133,
25oder ob aufgrund des langen Zeitraums zwischen der Aufnahme des Klägers in das Bundesgebiet und Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG am 1. Januar 2005 die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf diesen keine Anwendung mehr findet und § 15 Abs. 1 BVFG direkt als Anspruchsgrundlage herangezogen werden kann, ohne dass dem Kläger zuvor ein eigener Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 BVFG hätte erteilt werden müssen,
26so nunmehr OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 2016 - 11 A 1254/14 -, juris.
27Jedenfalls ist der Kläger kein Spätaussiedler im Sinne des § 15 Abs. 1 BVFG. Denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Spätaussiedlereigenschaft nach §§ 4, 6 BVFG in der zum Zeitpunkt seiner Einreise geltenden Fassung.
28Ob eine Person nach den §§ 4, 6 BVFG Spätaussiedler ist, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Aufnahme in das Bundesgebiet,
29vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (295, Rn. 38), und - 1 C 30.14 -, juris, Rn. 34.
30Zum Zeitpunkt der Einreise des Klägers in das Bundesgebiet (im Jahr 1997) galt das Bundesvertriebenengesetz in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 829) - BVFG 1993 -. Die durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführte Übergangsvorschrift des § 100a Abs. 1 BVFG (BVFG 2001), die eine rückwirkende Geltung des § 6 BVFG 2001 vorsah, ist durch Art. 2 Nr. 2a) des Gesetzes zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes und zur Bereinigung des Bundesvertriebenengesetzes vom 7. November 2015 (BGBl. I S. 1922) mit Wirkung vom 12. November 2015 aufgehoben worden und nicht weiter anzuwenden,
31vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 2016 - 1 B 83.16 -, juris; zu den Einzelheiten betreffend die Aufhebung der Übergangsvorschrift OVG NRW, Urteil vom 7. April 2016 ‑ 11 A 1250/12 -, juris; und zur Frage der maßgeblichen Rechtslage vor der Aufhebung dieser Übergangsvorschrift BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (296 f., Rn. 39 ff.), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 35 ff.
32Spätaussiedler aus dem hier in Rede stehenden Aussiedlungsgebiet der ehemaligen Sowjetunion ist gemäß § 4 Abs. 1 BVFG 1993 in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der das Aussiedlungsgebiet nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor unter den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BVFG 1993 im Einzelnen geregelten Voraussetzungen seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.
33Der Kläger ist nicht deutscher Volkszugehöriger. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG 1993 liegen nicht vor.
34Nach dieser Vorschrift ist deutscher Volkszugehöriger, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVFG 1993), dem die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte bestätigende Merkmale, wie Sprache, Erziehung, Kultur vermittelt haben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993) und der sich bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebiets zur deutschen Nationalität erklärt, sich bis dahin auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt hat oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehörte (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG 1993).
35Dem Kläger wurden nicht gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 familiär die deutsche Volkszugehörigkeit bestätigende Merkmale vermittelt.
36Nach der zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt die Vorschrift bezogen auf das bestätigende Merkmal Sprache, dass sie von den Eltern, einem Elternteil oder anderen Verwandten grundsätzlich vom Säuglingsalter an bis zur Selbstständigkeit vermittelt worden ist. Dabei kommt der Sprache besondere Bedeutung zu, denn die Vermittlung von Erziehung und Kultur wird regelmäßig über die Sprache erfolgen. Sprache im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 ist insbesondere die Muttersprache. Die Sprache muss „zumindest Gewicht“ haben. Das bedeutet, dass die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte ihre vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse möglichst umfassend an das Kind weitergeben. Dabei reicht es aus, wenn das Kind im Elternhaus die deutsche Sprache und die Landessprache erlernt und gesprochen hat, also mehrsprachig aufgewachsen ist. Deutsch muss nicht vorrangig vor der Landessprache vermittelt worden sein. Vielmehr genügt es, wenn die Eltern ihren Kindern die deutsche Sprache so beibringen und diese mit ihnen so sprechen, wie sie selbst diese beherrschen. Die Kenntnis deutscher Sprache zur Zeit der Aus- bzw. Einreise ist zwar kein Tatbestandsmerkmal, ihr kommt aber im Rahmen des Beweises als Indiz für eine frühere Vermittlung deutscher Sprache Bedeutung zu.
37Vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2000 - 5 C 44.99 -. BVerwGE 112, 112.
38Nach diesen Maßstäben ist dem Kläger das bestätigende Merkmal der Sprache nicht ausreichend vermittelt worden, d. h. die Vermittlung hatte kein hinreichendes „Gewicht“ zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
39Dabei kommt den eigenen Angaben des Klägers zu Beginn des Antragsverfahrens besondere Bedeutung zu. Danach war dieser nicht in der Lage, sich in der deutschen Sprache zu verständigen. In seinem Antrag auf Aufnahme als Aussiedler aus dem Jahr 1991 gab er an, die deutsche Sprache „überhaupt nicht“ zu beherrschen. Er gab des Weiteren an, in der Familie „überhaupt nicht“ Deutsch gesprochen zu haben und die deutsche Sprache nur in der Schule gelernt zu haben. Aufgrund der Sprachunterschiede zwischen dem Plattdeutsch seines Vaters und seines in der Schule erlernten Hochdeutschs sei zwischen beiden nicht Deutsch gesprochen worden. Zudem verneinte er die Pflege des deutschen Volkstums. Eine Weitergabe der deutschen Sprache innerhalb der Familie erfolgte somit nicht. Indiziert wird die fehlende familiäre Vermittlung der deutschen Sprache im Übrigen dadurch, dass entgegen den Angaben des Klägers mit diesem am 11. Juli 1997 vom Landratsamt Waldshut ein Sprachtest durchgeführt worden ist. Hierbei wurde festgestellt, dass der Kläger fast nicht Deutsch sprechen könne und auch fast nichts verstehe. Ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache sei nicht möglich gewesen,
40vgl. zu den Anforderungen an ein einfaches Gespräch BVerwG, Urteil vom 4. September 2003 - 5 C 33/02 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 3. November 2014 - 11 A 2320/13 -, juris.
41Auch für den hilfsweise gestellten Bescheidungsantrag ist danach kein Raum.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 07. Sept. 2016 - 10 K 7107/14
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 07. Sept. 2016 - 10 K 7107/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin stammt aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie beantragte am 18. November 1991 die Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz. Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. Mai 1995 ab. Zur Begründung führte es u. a. an, es sei nicht erkennbar, dass der Klägerin die deutsche Volkszugehörigkeit durch Sprache, Erziehung und Kultur vermittelt worden sei. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Am gleichen Tag erhielt die Klägerin einen Einbeziehungsbescheid. Sie reiste am 2. September 1995 in die Bundesrepublik ein.
3Am 8. Februar 1996 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Eichstätt die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. Das Landratsamt Eichstätt lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 27. August 1996 ab. Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch, den die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1999 zurückwies. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Die Klägerin erhielt eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling eines Spätaussiedlers.
4Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 bat die Klägerin das Bundesverwaltungsamt um Überprüfung ihrer Spätaussiedlereigenschaft. Das Bundesverwaltungsamt teilte ihr daraufhin mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 mit, der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung stehe gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG die bestandskräftige Ablehnung ihres Aufnahmebescheides entgegen. Es fragte an, ob es ihr Schreiben vom 4. Oktober 2011 als Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung werten solle. Mit Schreiben vom 11. April 2012 teilte es ergänzend mit, der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung stehe außerdem entgegen, dass die Ausstellung dieser Bescheinigung bereits bestandskräftig abgelehnt worden sei. Es wies auf die Möglichkeit des Wiederaufgreifens des Verfahrens hin und bat die Klägerin abermals um Mitteilung, ob es ihr Schreiben vom 4. Oktober 2011 als Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung ansehen solle.
5Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagiert hatte, lehnte das Bundesverwaltungsamt den „Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG vom 04.10.2011“ mit Bescheid vom 5. Juni 2012 ab. Zur Begründung führte es an: Die Klägerin habe schon deshalb keinen Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung, weil ihr dahingehender Antrag bereits bestandskräftig abgelehnt worden sei. Der Ausstellung der Bescheinigung stehe außerdem gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen, dass ihr Aufnahmeantrag bestandskräftig abgelehnt worden sei. Sie habe ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG nicht beantragt.
6Die Klägerin erhob dagegen am 21. Juni 2012 Widerspruch, den das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2012 zurückwies.
7Die Klägerin hat dagegen am 8. September 2012 Klage erhoben.
8Sie begehrt mit Schriftsatz vom 21. April 2013 „gemäß § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) die Wiederaufnahme des Spätaussiedlerbescheinigungsverfahrens“ und begründet die Klage im Wesentlichen mit ihrer deutschen Volkszugehörigkeit.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 5. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2012 zu verpflichten, ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung auszustellen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. April 2013 erstmals unter Bezugnahme auf § 51 VwVfG „die Wiederaufnahme des Spätaussiedlerbescheinigungsverfahrens“ begehre, sei die hierauf gerichtete Klage bereits wegen fehlenden Vorverfahrens unzulässig.
14Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer gerichtlichen Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
15Entscheidungsgründe:
16Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17Die Klage ist mit dem von der Klägerin ausdrücklich gestellten Klageantrag zulässig, aber unbegründet.
18Die Ablehnung des Antrags auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
19Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Danach stellt das Bundesverwaltungsamt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG kann eine Spätaussiedlerbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist.
20Das Bundesverwaltungsamt hat in seinem Bescheid vom 5. Juni 2012 zutreffend angeführt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung zusteht, weil ihr dahingehender Antrag bereits bestandskräftig abgelehnt und auch ihr Aufnahmeantrag bestandskräftig abgelehnt worden ist. Das Gericht folgt dieser Begründung und sieht insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
21Soweit die Klägerin – nach Klageerhebung – erstmals mit Schriftsatz vom 21. April 2013 „gemäß § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) die Wiederaufnahme des Spätaussiedlerbescheinigungsverfahrens“ begehrt, ist die Klage bereits unzulässig, da es an dem erforderlichen Verwaltungs- und Vorverfahren fehlt. Unter anderem aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz in § 42 Abs. 2, § 68, § 75 VwGO ergibt sich, dass die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage nur zulässig ist, wenn zuvor die zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts zuständige Behörde mit dem Begehren des Klägers befasst worden ist, indem ein entsprechender Antrag bei ihr gestellt worden ist.
22Vgl. BVerwG, Urt. vom 31. August 1995 – 5 C 11/94 – juris Rdnr. 14; Urt. vom 16. Januar 1986 – 5 C 36/84 – juris Rdnr. 10; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13. April 2000 – 5 S 1136/98 – juris Rdnr. 22; Beschl. vom 19. April 1999 – 6 S 420/97 – juris Rdnr. 4
23Die Antragstellung bei der Behörde ist keine bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz nachholbare Sachurteilsvoraussetzung, sondern eine grundsätzlich nicht nachholbare Klagevoraussetzung.
24Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13. April 2000 – 5 S 1136/98 – juris Rdnr. 22; Beschl. vom 19. April 1999 – 6 S 420/97 – juris Rdnr. 4; Kopp/ Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 19. Auflage, 2013, § 75 Rdnr. 7.
25Etwas Anderes gilt nur, wenn Bundesrecht etwas Abweichendes regelt.
26Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13. April 2000 – 5 S 1136/98 – juris Rdnr. 22 m. w. N.
27Das ist hier nicht der Fall.
28Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung schon aufgrund der bestandskräftigen Ablehnung des Aufnahmebescheides keinen Erfolg haben könnte (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG). Es weist ferner darauf hin, dass auch ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens keinen Erfolg verspräche. Denn zum einen wäre die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG verstrichen.
29Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urt. vom 10. März 2014 – 11 A 1966/13 – juris Rdnr. 70, wonach die in § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG geregelte Befreiung von der Fristenbindung nur die im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Aufnahmebewerber betrifft.
30Zum anderen wäre eine Aufnahme heute deshalb nicht mehr möglich, weil das Aufnahmebegehren nicht mehr in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung geltend gemacht werden könnte.
31Vgl. zu diesem Erfordernis grundlegend BVerwG, Urt. vom 13. Dezember 2012 – 5 C 23/11 – juris Rdnr. 7 ff.; vgl. ferner etwa OVG NRW, Urt. vom 10. März 2014 – 11 A 1966/13 – juris Rdnr. 25 ff.; Beschl. vom 7. Oktober 2013 – 11 A 2067/12 – juris Rdnr. 16 ff.; VG Köln, Urt. vom 5. Februar 2014 – 10 K 3249/12 – juris Rdnr. 42 ff.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 22. August 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 verpflichtet, dem Kläger eine Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG auszustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 6. April 1954 in U. in der ehemaligen Sowjetunion (heute: Kasachstan) geborene Kläger stellte unter dem 26. Juni 1991, eingegangen beim Regierungspräsidium L. am 31. März 1993, einen Aufnahmeantrag als Aussiedler.
3Der Kläger gab an, er sei russischer Volkszugehörigkeit und seine Muttersprache sei Deutsch. Er verstehe und schreibe deutsch. Seine jetzige Umgangssprache in der Familie sei „russisch-deutsch“. Auf einem Ergänzungsbogen zu seinem Antrag gab der Kläger an, seine Mutter- und jetzige Umgangssprache sei jeweils Deutsch. Er kreuzte zudem bei der Rubrik „Beherrschung der deutschen Sprache“ „verstehen“, „sprechen“ und „schreiben“ an. Dem Aufnahmeantrag war eine Kopie seines Inlandspasses vom 15. Dezember 1980 beigefügt, in den er mit russischer Nationalität eingetragen ist.
4In der am 7. Mai 1954 ausgestellten Geburtsurkunde des Klägers ist als Mutter L1. N. mit deutscher Nationalität eingetragen und hinsichtlich des Vaters findet sich lediglich die Eintragung „O. “. In der am 23. N. 1966 ausgestellten Geburtsurkunde sind als Eltern O1. C. mit russischer und L1. C. mit deutscher Nationalität eingetragen.
5Durch Bescheid vom 20. Juli 1993 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag des Klägers ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Seinen Angaben im Aufnahmeantrag sei zu entnehmen, dass seine Deutschkenntnisse nicht über ein passives Verstehen hinausreichten. Er lasse folglich die erforderliche Beherrschung der deutschen Sprache vermissen. Zudem fehle ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum. Er habe sich nach Erlangen der Bekenntnisfähigkeit für die russische Nationalität seines Vaters entschieden. Widerspruch erhob der Kläger gegen diesen Bescheid nicht.
6Durch Einbeziehungsbescheid vom 20. Juli 1993 wurde der Kläger in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen.
7Laut Bescheinigung der Verwaltung des Inneren der Stadt U. vom 3. Januar 1995 wurde in dem Inlandspass des Klägers die Eintragung der russischen in die deutsche Nationalität am 8. November 1993 geändert.
8Am 27. Dezember 1993 reiste der Kläger gemeinsam mit seiner Mutter in die Bundesrepublik Deutschland ein.
9Die Stadt O. hielt am 26. Januar 1994 hinsichtlich der Mutter des Klägers in der Anlage zum Prüfbogen der deutschen Volkszugehörigkeit fest: Im Familienkreis werde jetzt „überwiegend“ Deutsch und „wenig (mit dem Sohn)“ Russisch gesprochen. Zur Beherrschung der deutschen Sprache heißt es, die Mutter verstehe „fast alles“, spreche „ganze Sätze“ und schreibe „überhaupt nicht“.
10Am 27. Januar 1994 stellte die Stadt O2. der Mutter des Klägers eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und dem Kläger eine Bescheinigung als Abkömmling eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG aus. Mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde vom 25. August 1994 am 20. September 1994 erwarb der Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit.
11Mit Schreiben vom 6. November 2000 erhob der Kläger bei der Stadt O2. „Widerspruch“ gegen die Einstufung als Abkömmling einer Spätaussiedlerin und beantragte, das Verfahren wiederaufzugreifen und ihn als Spätaussiedler anzuerkennen. Zur Begründung führte er aus: Er sei von seiner deutschstämmigen Mutter erzogen worden. Diese habe am 27. November 1964 den Russen O1. C. geheiratet. Aufgrund dieser Tatsache sei er, ohne dass er darauf Einfluss habe nehmen können, in seinem ersten Inlandspass mit russischer Nationalität eingetragen worden. Von einer Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Nationalitäteneintrags sei weder ihm noch seiner Mutter etwas bekannt gewesen. Erst nach dem Beschluss des Ministerrats der Republik Kasachstan vom 12. Januar 1993 Nr. 31 sei es möglich gewesen, die deutsche Nationalität anzunehmen. Am 8. November 1993 sei sein Inlandspass in „deutsch“ geändert worden.
12Unter dem 11. Dezember 2000 teilte die Stadt O2. dem Kläger unter Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung mit: Der Widerspruch gegen ihre Entscheidung vom 27. Januar 1994 sei wegen Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht zulässig. Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG seien nicht zu erkennen.
13Den dagegen am 11. Januar 2001 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger, nachdem er zwischenzeitlich erfolglos ein Petitionsverfahren beim O3. Landtag betrieben hatte, mit Schreiben vom 3. Juli 2004 im Wesentlichen damit: Die Behauptung, er sei zum Zeitpunkt der Aussiedlung der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen, könne er nicht gelten lassen. Im Rahmen des Aussiedlungsverfahrens sei kein Sprachtest mit ihm durchgeführt worden. Bei der Beantragung des ersten Inlandspasses habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass er wegen unterschiedlicher Nationalitäten seiner Eltern ein Recht gehabt habe, die Nationalität seiner deutschen Mutter zu wählen. Die Eintragung des fremden Volkstums im Inlandspass sei in der Schule automatisch ohne seinen Willen nach der Nationalität seines Vaters bzw. nach seinem Nachnamen erfolgt.
14Mit Schreiben vom 15. Juli 2004 und vom 22. Oktober 2004 wies die Stadt O2. den Antrag des Klägers, das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren wiederaufzugreifen, zurück und verwies auf die Bestandskraft ihrer Entscheidung vom 11. Dezember 2000.
15Am 10. Dezember 2010 beantragte der Kläger, ihm im Wege des Wiederaufgreifens „einen Aufnahmebescheid gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen und in seiner Person die Voraussetzungen für eine Aufnahme als Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG anzuerkennen“. Zur Begründung reichte er ein Schreiben der Justizverwaltung der Stadt U. vom 16. August 2010 ein. Danach könne ihm eine Kopie des Formblatts Nr. 1, welches im Zusammenhang mit dem Erhalt seines ersten Inlandspasses erstellt worden sei, nicht ausgestellt werden; das Archiv bis 1974 sei nicht aufbewahrt worden. Bei der Auswahl der Nationalität im Antrag des Formblatts Nr. 1 habe man die offizielle Einwilligung des Antragstellers nicht gebraucht. Die Nationalität sei nach dem Vater gemäß den Angaben der Geburtsurkunde eingetragen worden. Eine Änderung des Nationalitäteneintrags sei vor der Anordnung des Ministerrats der Republik Kasachstan Nr. 31 vom 12. Januar 1993 nicht möglich gewesen. Weiter führte der Kläger aus, insbesondere zu Hause in Kasachstan sei zwischen seiner Mutter und den Geschwistern und ihm selbst häufig Deutsch gesprochen worden. Er habe Deutsch auch in der Schule belegt.
16Durch Bescheid vom 22. August 2011 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Antrag des Klägers mit der Begründung ab: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Der Anspruch scheitere gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG daran, dass sein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids bestandskräftig abgelehnt worden sei. Er habe auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen seines Verfahrens nach § 51 VwVfG, denn er habe die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG versäumt. Das Schreiben der Justizverwaltung U. habe ihm bereits am 31. August 2010 vorgelegen. Es sei aber erst am 10. Dezember 2010 beim Bundesverwaltungsamt eingegangen. Auch ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 i. V. m. den §§ 48, 49 VwVfG komme nicht in Betracht.
17Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend: Die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG sei nicht verstrichen. Er habe zunächst nicht gewusst, dass das Schreiben angekommen sei. Seine Mutter habe das Schreiben übersetzen lassen und ihm erst am 13. September 2010 übergeben.
18Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch des Klägers zurück.
19Am 20. Juli 2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft sowie ergänzend ausgeführt: Im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Aufnahmeantrag habe er ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können. Er habe die Behördengänge in der Regel selbst gemacht, sich auch auf Deutsch mit den Sachbearbeitern verständigen und notwendige Formulare selbst ausfüllen können. Seine zum Übersiedlungszeitpunkt nicht ausreichenden Sprachkenntnisse ließen sich dadurch erklären, dass das Sprechen in Deutsch in der Öffentlichkeit verboten gewesen sei.
20Der Kläger hat beantragt,
21die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 22. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 zu verpflichten, ihm eine Spätaussiedlerbescheinigung auszustellen.
22Die Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. April 2014 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Dem stehe § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids sei mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 20. Juni 1993 bestandskräftig abgelehnt worden. Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ergebe sich weder aus § 51 VwVfG noch aus den §§ 48, 49 VwVfG.
25Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.
26Der Kläger beantragt,
27das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 22. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 zu verpflichten, ihm eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Der Senat hat Beweis erhoben und die Mutter des Klägers, L1. C. , Frau N1. I. und Herrn B. H. als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32Die zulässige Berufung ist begründet. Der ablehnende Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 22. August 2011 und sein Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
33Der Kläger hat einen Anspruch auf die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz ‑ BVFG) in der Fassung des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010). Für die Beurteilung des Begehrens des Klägers ist im Ausgangspunkt die Rechtslage maßgeblich, die im Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichts gilt.
34Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (294 f., Rn. 37), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 33.
35Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG stellt das Bundesverwaltungsamt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Die Voraussetzungen für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung erfüllt der Kläger.
36I. Dem Anspruch des Klägers auf die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung steht nicht § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Danach kann dem in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling - wie dem Kläger - eine solche Bescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheids beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist.
371. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung sind zwar erfüllt. Der von dem Kläger unter dem 26. Juni 1991 gestellte und am 31. März 1993 beim Regierungspräsidium L. eingegangene Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids ist von der Beklagten durch Bescheid vom 20. Juli 1993 bestandskräftig abgelehnt worden. Widerspruch hatte der Kläger dagegen nicht erhoben.
382. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG findet aber auf den mehr als zehn Jahre vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung auf vertriebenenrechtlicher Grundlage im Bundesgebiet aufgenommenen Kläger keine Anwendung.
39a. Der Kläger war in den seiner Mutter erteilten Aufnahme- und Einbeziehungsbescheid vom 20. Juli 1993 einbezogen worden und am 27. Dezember 1993 gemeinsam mit seiner Mutter im Wege des Aufnahmeverfahrens ins Bundesgebiet eingereist.
40Vgl. zur Einreise im Wege des Aufnahmeverfahrens als Ehegatte oder Abkömmling einer Bezugsperson BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (296, Rn. 23 ff.), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 19 ff.
41Der durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004, BGBl. I. S. 1950, eingefügte § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG ist erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten.
42b. Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Klägers in das Bundesgebiet galt das Bundesvertriebenengesetz in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 829) ‑ BVFG 1993 -. Diese Rechtslage, die für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft des Klägers maßgeblich ist,
43vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 7. April 2016 ‑ 11 A 1250/12 -, unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (296, Rn. 39), und - 1 C 30.14 -, juris, Rn. 35,
44sah eine entsprechende Vorschrift wie die des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nicht vor.
45c. Es kann offenbleiben, ob eine auf die Aufenthaltnahme des Klägers rückwirkende Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG über die nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführte Übergangsvorschrift des § 100a Abs. 1 BVFG (im Folgenden: BVFG 2001) überhaupt hätte in Betracht kommen können. Denn § 100a Abs. 1 BVFG 2001 ist durch Art. 2 Nr. 2a) des Gesetzes zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes und zur Bereinigung des Bundesvertriebenengesetzes vom 7. November 2015 (BGBl. I S. 1922) mit Wirkung vom 12. November 2015 aufgehoben worden.
46Vgl. zu den Einzelheiten betreffend die Aufhebung der Übergangsvorschrift OVG NRW, Urteil vom 7. April 2016 ‑ 11 A 1250/12 -; und zur Frage der maßgeblichen Rechtslage vor der Aufhebung dieser Übergangsvorschrift BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (296 f., Rn. 39 ff.), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 35 ff.
47d. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG selbst ordnet - anders als § 100a Abs. 1 BVFG - keine rückwirkende Geltung an.
48Vgl. zur Rückwirkung der Übergangsvorschrift BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (297 f., Rn. 42), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 38.
49e. Es kommt hinzu, dass der Kläger durch seinen „Widerspruch“ vom 6. November 2000 gegen die ihm von der damals vertriebenenrechtlich zuständigen Stadt O2. ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG bereits vor Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG ein Bescheinigungsverfahren nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Gang gesetzt hat, über das nicht abschließend entschieden worden ist. Soweit die Stadt O2. seinen „Widerspruch“ gegen ihre „Entscheidung vom 27. Januar 1994“ mit Bescheid vom 11. Dezember 2000 als unzulässig zurückgewiesen hat, hat sie nicht gleichzeitig ‑ wovon im Übrigen auch die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 22. August 2011 ausgeht - über diesen als Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung aufzufassenden Antrag entschieden. Denn die Entscheidung der Stadt O2. über die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG vom 27. Januar 1994 enthielt nicht zugleich eine der Bestandskraft fähige (negative) Entscheidung darüber, dass eine Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht ausgestellt werden könne, sodass in dieser Zurückweisung auch nicht eine Ablehnung der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung gesehen werden kann.
50f. Nicht zu vertiefen ist, ob die Anwendung des Ausschlusstatbestands des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG in Fällen, in denen die Aufenthaltnahme vor dessen Inkrafttreten erfolgt ist, eine möglicherweise unzulässige Rückwirkung bedeutete. Denn eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen liegt hier bereits deshalb nicht vor, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf den Fall des Klägers nicht anwendbar ist. Wie dargelegt ist der Kläger mehr als zehn Jahre vor Inkrafttreten dieser Bestimmung im Bundesgebiet auf vertriebenenrechtlicher Grundlage aufgenommen worden und hat darüber hinaus den Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung vor Inkrafttreten dieser Vorschrift gestellt, die - anders als § 100a BVFG 2001 - keine Rückwirkung auf die Fälle entfaltet, bei denen die Aufnahme in das Bundesgebiet bei deren Inkrafttreten schon erfolgt war.
51II. Der Anspruch des Klägers auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung scheitert - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht daran, dass der Kläger einen solchen Antrag erstmals (sinngemäß durch seinen Widerspruch) im Jahr 2000 und den Antrag auf Wiederaufgreifen seines Aufnahmeverfahrens erst im Jahr 2010 gestellt hat.
521. Der Kläger benötigt keinen Aufnahmebescheid, um i. S. d. § 4 Abs. 1 BVFG „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ eingereist zu sein. Der Aufnahmebescheid ist auch keine Voraussetzung für die Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG aus eigenem Recht.
53Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (289 f., Rn. 23 f.), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 19 f.
54Dem Kläger kann deshalb ein etwaiger fehlender zeitlicher Zusammenhang zwischen der Stellung seines Antrags auf Erteilung eines Aufnahmebescheids bzw. Wiederaufgreifen seines Aufnahmeverfahrens und seiner Übersiedlung nicht entgegengehalten werden. Personen, die - wie der Kläger - als Abkömmling im Wege eines Aufnahmeverfahrens eingereist sind, sind aufgenommen; ein zeitliches Auseinanderfallen von Aufnahme und Beantragung eines Aufnahmebescheids kann es hinsichtlich dieser Personen nicht geben.
552. Der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger diese erstmals im Jahr 2000 und damit sieben Jahre nach seiner Übersiedlung beantragt hat.
56Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die das Verwaltungsgericht in seiner weiteren Begründung entscheidungstragend abgestellt hat,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 -, BVerwGE 145, 248,
58verhält sich zu einem Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids im Härteweg nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, den der Kläger – wie ausgeführt – nicht stellen muss, und nicht zu einem Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Härtefallantrag in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden. Denn der Spätaussiedlerwille muss im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden.
59Dieser ausdrücklich zum Härtefallaufnahmeantrag vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Grundsatz ist nicht auf den Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung übertragbar. Die Frage, ob diese in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung beantragt werden muss, stellt sich nicht. Denn nach § 15 Abs. 1 BVFG ist die Spätaussiedlereigenschaft - unabhängig von einem etwaigen Aufnahmebescheid - von der zuständigen Behörde eigenständig und eigenverantwortlich als materielle Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung zu prüfen. Wer Spätaussiedler ist, entscheidet sich allein kraft Gesetzes nach § 4 BVFG. Das Aufnahmeverfahren hat mit seiner jedenfalls vorläufigen Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft vorrangig Lenkungs- und Ordnungsfunktion. Dieser Zweck ist erfüllt, wenn es erfolgreich durchlaufen wurde, gleichgültig, ob dies bezogen auf die (vermeintliche) Eigenschaft als Spätaussiedler nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG oder bezogen auf die Eigenschaft als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfolgt ist. Die nach § 15 Abs. 1 BVFG zu bescheinigende Spätaussiedlereigenschaft richtet sich materiell-rechtlich nach § 4 Abs. 1 und 2 BVFG. Spätaussiedler ist hiernach „ein deutscher Volkszugehöriger, der die (Aussiedlungsgebiete) nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat“. § 4 Abs. 1 und 2 BVFG bestimmt also sowohl die Voraussetzungen für den Erwerb des Spätaussiedlerstatus als auch den Zeitpunkt, zu dem die Erwerbsvoraussetzungen vorliegen müssen, nämlich zu der Zeit, zu der der Einreisende in Deutschland seinen ständigen Aufenthalt nimmt.
60Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (290 ff., Rn. 24, 29, 38), und ‑ 1 C 30.14 -, juris, Rn. 20, 25 und 34.
61Die Bescheinigung nach § 15 BVFG hat keine konstitutive, sondern nur bestätigende Wirkung. Der zu bestätigende Status als Spätaussiedler entsteht bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG mit der Aufnahme in das Bundesgebiet.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 - 5 C 38.06 -, BVerwGE 129, 265 (267, Rn. 16), m. w. N.
63Ausgehend von diesen Grundsätzen entscheidet sich die Frage, ob eine Person, die - wie der Kläger - im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist ist, die Spätaussiedlereigenschaft besitzt, allein kraft Gesetzes nach § 4 BVFG und zwar grundsätzlich nach der Rechtslage im Zeitpunkt bei Aufnahme in das Bundesgebiet, unabhängig davon, ob sie als Spätaussiedler oder als Abkömmling oder Ehegatte einer Bezugsperson eingereist ist, ferner unabhängig von einem etwaigen Aufnahmebescheid oder einem Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Denn wegen der nur deklaratorischen Wirkung der Bescheinigung hat der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf die Ausstellung dieser Bescheinigung keinen Einfluss auf die Entstehung der Spätaussiedlereigenschaft; der Spätaussiedler muss deshalb auch nicht (wie der ohne Aufnahmebescheid eingereiste Aufnahmebewerber) zeitnah mit der Übersiedlung durch Stellung dieses Antrags einen Spätaussiedlerwillen nach außen betätigen.
64III. Der Kläger ist Spätaussiedler i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Er erfüllte die Voraussetzungen für die Spätaussiedlereigenschaft in dem für die Beurteilung dieser Eigenschaft maßgeblichen Zeitpunkt seiner Übersiedlung.
651. Ob eine Person nach den §§ 4, 6 BVFG Spätaussiedler ist, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage bei Aufnahme in das Bundesgebiet.
66Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 -, BVerwGE 152, 283 (295, Rn. 38), und - 1 C 30.14 -, juris, Rn. 34.
67Zum Zeitpunkt der Einreise des Klägers in das Bundesgebiet galt – wie bereits ausgeführt - das Bundesvertriebenengesetz in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung (BVFG 1993).
682. Spätaussiedler aus dem hier in Rede stehenden Aussiedlungsgebiet der ehemaligen Sowjetunion ist gemäß § 4 Abs. 1 BVFG 1993 in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der das Aussiedlungsgebiet nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor unter den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BVFG 1993 im Einzelnen geregelten Voraussetzungen seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.
69Der Kläger ist deutscher Volkszugehöriger. Er erfüllt zunächst die in § 4 Abs. 1 BVFG 1993 geregelten Stichtagsvoraussetzungen. Er ist nach dem 31. Dezember 1923 geboren. Des Weiteren liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG 1993 vor.
70Nach dieser Vorschrift ist deutscher Volkszugehöriger, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVFG 1993), dem die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte bestätigende Merkmale, wie Sprache, Erziehung, Kultur vermittelt haben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993) und der sich bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebiets zur deutschen Nationalität erklärt, sich bis dahin auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt hat oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehörte (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG 1993).
71a. Der Kläger stammt von einer deutschen Volkszugehörigen ab. Seine Mutter ist Spätaussiedlerin.
72b. Dem Kläger ist i. S. d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 das bestätigende Merkmal der Sprache vermittelt worden.
73Nach der zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt die Vorschrift bezogen auf das bestätigende Merkmal Sprache, dass sie von den Eltern, einem Elternteil oder anderen Verwandten grundsätzlich vom Säuglingsalter an bis zur Selbstständigkeit vermittelt worden ist. Dabei kommt der Sprache besondere Bedeutung zu, denn die Vermittlung von Erziehung und Kultur wird regelmäßig über die Sprache erfolgen. Sprache im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 ist insbesondere die Muttersprache. Die Sprache muss „zumindest Gewicht“ haben. Das bedeutet, dass die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte ihre vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse möglichst umfassend an das Kind weitergeben. Dabei reicht es aus, wenn das Kind im Elternhaus die deutsche Sprache und die Landessprache erlernt und gesprochen hat, also mehrsprachig aufgewachsen ist. Deutsch muss nicht vorrangig vor der Landessprache vermittelt worden sein. Vielmehr genügt es, wenn die Eltern ihren Kindern die deutsche Sprache so beibringen und diese mit ihnen so sprechen, wie sie selbst diese beherrschen. Die Kenntnis deutscher Sprache zur Zeit der Aus- bzw. Einreise ist zwar kein Tatbestandsmerkmal, ihr kommt aber im Rahmen des Beweises als Indiz für eine frühere Vermittlung deutscher Sprache Bedeutung zu.
74Vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2000 ‑ 5 C 44.99 ‑, BVerwGE 112, 112 (120 f.).
75Nach diesen Maßstäben ist dem Kläger das bestätigende Merkmal der Sprache ausreichend vermittelt worden, d. h. die Vermittlung hatte ein hinreichendes „Gewicht“ zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG 1993 im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
76Eine Gesamtschau der Angaben des Klägers, des sich aus dem Verfahren ergebenden Sachverhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme führt zur Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zu der Feststellung, dass die deutsche Sprache jedenfalls bis zum 10. Lebensjahr des Klägers in seiner Familie „Gewicht“ hatte.
77Der Kläger hat in seinem Antrag vom 26. Juni 1991 und in einem diesem beigefügten Ergänzungsbogen jeweils angegeben, seine Muttersprache sei „Deutsch“. Diese Behauptung findet mit Blick auf die Zeugenaussagen und den ermittelten Sachverhalt ihre Bestätigung jedenfalls insoweit, als davon auszugehen ist, der Kläger habe etwa bis zu seinem 10. Lebensjahr mit seiner Mutter überwiegend Deutsch gesprochen. Der Kläger ist als uneheliches Kind seiner deutschen Mutter (der Zeugin C. ) geboren worden. Der russische Vater des Klägers wurde erst in seine am 23. N. 1966 ausgestellte Geburtsurkunde eingetragen. Die glaubhaften Angaben der Zeugen lassen den Schluss zu, die Zeugin C. sei, jedenfalls bis sie den russischen Vater des Klägers im Jahr 1964 geheiratet hat, alleinerziehend gewesen und habe mit ihren Söhnen, dem Kläger sowie seinem drei Jahre älteren Bruder, meist Deutsch gesprochen. Daher gab es etwa bis 1964 in dem Haushalt, in dem der Kläger aufgewachsen ist, keinen russischen Volkszugehörigen, auf den etwa durch Verwendung der russischen Sprache Rücksicht genommen werden musste.
78Die Zeugin I. , die selbst Spätaussiedlerin und Arbeitskollegin der Zeugin C. bzw. der Mutter des Klägers gewesen ist, hat glaubhaft geschildert, diese habe in den 1950iger Jahren mit ihren Kindern deutsch gesprochen. Sie habe sich darüber gefreut und dies immer dann wahrnehmen können, wenn die Zeugin C. den Kläger und seinen älteren Bruder zur Arbeit mitgebracht habe; das sei oft vorgekommen, jedenfalls immer wenn die Zeugin C. habe länger arbeiten müssen und der Kindergarten schon geschlossen gewesen sei. Auch der Zeuge H. , der in U. Nachbar des Klägers und mit diesem schon als Kind befreundet gewesen ist, hat bestätigt, der Kläger habe im Kindesalter auch Deutsch gesprochen. Durch seine glaubhaften Bekundungen finden auch die Angaben der Zeugin C. ihre Bestätigung, sie sei bis zur Heirat des russischen Vaters des Klägers alleinerziehend gewesen. Denn der Zeuge hat erklärt, er kenne „H1. “ (den Kläger) nur „mit seiner Mutter“ und erst „Später war da auch ein Mann“.
79Der Senat hat keine Veranlassung, an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen oder an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln.
80c. Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG 1993. Er hat sich bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebiets zur deutschen Nationalität erklärt. Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen einer Erklärung zur deutschen Nationalität sowie für ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum auf andere Weise ist der Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 ‑ 9 C 391.94 -, BVerwGE 99, 133 (145).
82aa. Der Kläger hat ein Bekenntnis durch Nationalitätenerklärung abgelegt. Er ist laut Bescheinigung der Verwaltung des Innern der Stadt U. vom 3. Januar 1995 am 8. November 1993 und damit vor Verlassen des Aussiedlungsgebiets in seinen Inlandspass mit deutscher Nationalität eingetragen worden.
83Der Senat hat keine Veranlassung an der Echtheit dieser Bescheinigung zu zweifeln. Der Vertreter der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass die Serienbezeichnung „II-SHB“ in der Bescheinigung vom 3. Januar 1995 nicht mit derjenigen in dem dem Kläger im Jahr 1980 ausgestellten Inlandspass übereinstimme, dort lautet sie „II- ЖB“ (Ж = ZHE). Zum einen mag es sich hierbei um einen schlichten Schreibfehler gehandelt haben, die Seriennummer „Nr. 688687“ ist jedenfalls in der Bescheinigung und im Inlandspass identisch angegeben. Zum anderen spricht schon der Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung am 3. Januar 1995 dagegen, dass es sich hierbei um eine gefälschte oder eine Gefälligkeitsbescheinigung handelt. Denn zum damaligen Zeitpunkt hat der Kläger sein Begehren auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung noch nicht verfolgt, dies vielmehr erst fünf Jahre später durch Erhebung seines „Widerspruchs“ bei der damals zuständigen Behörde, der Stadt O2. , angebracht. Auch mit Blick auf seine Situation im Übrigen drängt sich nicht die Vermutung auf, es handele sich hierbei um eine Gefälligkeitsbescheinigung, die sich der Kläger nur deshalb beschafft habe, um seine vertriebenen- oder aufenthaltsrechtliche Situation im Bundesgebiet zu verbessern. Denn seine Aufnahme im Bundesgebiet lag schon mehr als ein Jahr zurück; darüber hinaus war er bereits seit mehreren Monaten deutscher Staatsangehöriger.
84bb. Dem Kläger können die Eintragungen der russischen Nationalität in seinen ersten im Jahr 1970 und seinen weiteren im Jahr 1980 ausgestellten Inlandspass nicht entgegengehalten werden. In der Angabe einer anderen als der deutschen Nationalität gegenüber amtlichen Stellen liegt zwar grundsätzlich ein die deutsche Volkszugehörigkeit ausschließendes Gegenbekenntnis zu einem anderen Volkstum.
85Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 ‑ 9 C 391.94 ‑, BVerwGE 99, 133 (140 f.).
86Ein Gegenbekenntnis liegt aber nicht vor, wenn die Eintragung der nichtdeutschen Nationalität gegen den ausdrücklichen Willen oder ohne eine entsprechende Erklärung des Aufnahmebewerbers in den Inlandspass eingetragen wurde.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 ‑ 9 C 8.96 ‑, BVerwGE 102, 214 (219).
88Als der erste Inlandspass des Klägers im Jahr 1970 ausgestellt wurde, galt noch die Passverordnung vom 21. Oktober 1953, nach der ‑ ebenso wie nach der Passverordnung vom 10. September 1940 sowie der späteren Passverordnung von 1974 - die Nationalität in den ersten Inlandspass eingetragen werden musste. Anders als nach der Passverordnung von 1974 enthielt die Passverordnung vom 21. Oktober 1953 kein ausdrückliches Wahlrecht für Kinder aus volkstumsverschiedenen Ehen. In der Praxis wurde jedoch ebenso verfahren wie später in der Passverordnung von 1974 vorgesehen.
89Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1997 - 9 C 10.96 -, BVerwGE 105, 60 (62).
90Bei der Wertung des Vortrags des Klägers berücksichtigt der Senat, dass Inlandspässe in der ehemaligen Sowjetunion in der Regel unter Einhaltung der dort bestehenden Passvorschriften ausgestellt worden sind und das Verfahren grundsätzlich so ablief, dass der Antragsteller ein Formular ausfüllte, dieses unterschrieb, den Empfang des Passes quittierte und sodann auch den Pass selbst unterschrieb. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass dieses Verfahren von den Behörden im Einzelfall nicht (vollständig) eingehalten worden ist. Jedenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen der jeweilige Bedienstete der Passbehörde aus persönlichen oder sonstigen Motiven bei deutsch-russischen Mischehen auf die Eintragung der russischen Nationalität drängte oder diese sogar willkürlich von sich aus in den Pass eintrug.
91Vgl. etwa Institut für Ostrecht der Universität Köln, Prof. Dr. Georg Brunner, Gutachten vom 18. Oktober 1995 an den VGH Bad.-Württ., S. 11.
92Nach den Erkenntnissen des Senats kommt hinzu, dass vor 1974 zumindest auch ein Formular der Forma Nr. 1 verwandt worden ist, in dem möglicherweise nur eine Zeile für die Eintragung der Nationalitäten der Eltern vorgesehen war.
93Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2004 - 2 A 3300/02 -, n. v.
94Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die glaubhaften Ausführungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist nachvollziehbar, wie es zu der Eintragung der russischen Nationalität in seinem ersten Inlandspass gekommen ist. Er hat angegeben, er habe den Antrag auf Ausstellung seines ersten Inlandspasses im Jahr 1970 nicht selbst ausgefüllt, vielmehr sei „automatisch“ die russische Nationalität seines Vaters entsprechend seiner im Jahr 1966 ausgestellten und von ihm nebst zwei Fotos zur Passantragsstelle mitgebrachten Geburtsurkunde als seine Nationalität eingetragen worden. Im Hinblick auf die Rechtslage vor 1974 ist es jedenfalls nicht unplausibel, dass das von der Passantragsstelle ausgefüllte Formular nur eine Zeile für die Eintragung der Nationalitäten der Eltern vorgesehen und die Passbehörde diese nach der Nationalität des Vaters vorgenommen hat, ohne dass der Kläger Einfluss darauf hat nehmen können.
95Die Behauptung des Klägers, die Eintragung der russischen Nationalität in seinen ersten Inlandspass sei ohne seinen Willen erfolgt, wird auch durch die Angaben der Zeugin C. gestützt. Auch diese hat erklärt, die „russische Nationalität wurde 1970 automatisch eingetragen“ und „Mein Sohn konnte das erst 1993 ändern“.
96Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann offenbleiben, ob die dem Kläger erteilte Auskunft der Justizverwaltung der Stadt U. vom 16. August 2010 zutreffend ist, wonach eine Einwilligung des Antragstellers bei der Eintragung der Nationalität in den Inlandspass nicht erforderlich gewesen, sondern diese grundsätzlich gemäß den Angaben in der Geburtsurkunde nach dem Vater erfolgt sei.
97cc. Dem Kläger kann auch weder die Entgegennahme noch das Führen seines Inlandspasses mit russischer Nationalität als Gegenbekenntnis entgegengehalten werden. Die Entgegennahme und das Führen eines Passes mit eingetragener nichtdeutscher Nationalität ist nur dann eine außenwirksame Zuwendung zu einem anderen Volkstum, wenn dieses Verhalten dem Passinhaber zurechenbar ist. Zurechenbar ist das Verhalten, wenn die Entgegennahme und Führung eines Passes mit nichtdeutscher Nationalität vom Willen des Passinhabers getragen ist oder wenn dieser eine Möglichkeit, sich der Entgegennahme und Führung eines solchen Passes zu widersetzen und stattdessen einen Pass mit deutscher Nationalität zu erhalten, nicht nutzt.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 - 5 C 25. 06 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 110, S. 10 (12) = juris, Rn. 10.
99Die Eintragung nichtdeutscher Nationalität in seinen Inlandspässen war ‑ wie aufgeführt - nicht vom Willen des Klägers getragen.
100dd. Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, dass er die Änderung der Eintragung der Nationalität in seinem Inlandspass von „russisch“ in „deutsch“ erst im Jahr 1993 und damit kurz vor seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik veranlasst hat. Im Allgemeinen kann ohne weitere Prüfung davon ausgegangen werden, dass hinter einem solchen äußeren Erklärungsinhalt auch subjektiv der Wille und das Bewusstsein stehen, ausschließlich dem deutschen Volk als national geprägter Kulturgemeinschaft anzugehören. Das gilt jedoch nicht schlechthin, sondern nur dann, wenn sich keine Anhaltspunkte für andere Beweggründe aufdrängen. Solche Anhaltspunkte können sich dann ergeben, wenn die Nationalität im Inlandspass erst während des Aufnahmeverfahrens geändert wird. Unter diesen Umständen kann die Erklärung, der deutschen Nationalität zuzugehören, ohne weiteres ein bloßes Lippenbekenntnis sein, das nur zu dem Zwecke abgelegt wurde, um in Deutschland ein Aufenthaltsrecht zu erhalten, während das Bekenntnis zum deutschen Volkstum im Aussiedlungsgebiet gerade mit dem Ziel abgelegt worden sein muss, dort als Deutscher angesehen und behandelt zu werden.
101Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 ‑ 9 C 391.94 ‑, BVerwGE 99, 133 (147), m. w. N.
102Bei der für die Änderung der Eintragung der Nationalität abgegebenen Erklärung des Klägers handelte es sich nicht um ein bloßes „Lippenbekenntnis“. Der Kläger konnte sich frühestens ab August 1992/Anfang 1993 durch Änderung seines Nationalitäteneintrags zum deutschen Volkstum erklären, also zu einem Zeitpunkt, als er seinen Aufnahmeantrag bereits angefertigt hatte.
103Durch Gesetz vom 26. Juni 1992 wurde an Artikel 63 des Ehe- und Familiengesetzbuchs der Republik Kasachstan ein neuer Absatz angefügt, aufgrund dessen Kinder durch Erklärung nunmehr die Nationalität des anderen Elternteils in ihre Papiere (Inlandspass und Personenstandsurkunden) eintragen lassen konnten. Eine nochmalige Änderung der Nationalitätenerklärung danach war nicht mehr zulässig. Durch Beschluss des Ministerkabinetts der Republik Kasachstan Nr. 684 vom 27. August 1992 ist das diesbezügliche Verfahren festgelegt und bestätigt worden.
104Vgl. Änderungen der Eintragungen der Nationalität (Volkszugehörigkeit) in Inlandspässen der ehemaligen Sowjetunion oder von deren Nachfolgestaaten, Auswärtiges Amt an Bundesministerium des Innern vom 21. September 1995, S. 3.
105Laut der dem Kläger erteilten Auskunft der Justizverwaltung der Stadt U. vom 16. August 2010 war die Änderung der Eintragung über die Nationalität im Inlandspass erst nach dem Erlass der Anordnung des Ministerrats der Republik Kasachstan Nr. 31 vom 12. Januar 1993 möglich.
106Danach liegen Anhaltspunkte für ein bloßes „Lippenbekenntnis“ zum deutschen Volkstum nicht vor. Denn der Kläger hätte, unabhängig davon, ob die Änderung der Eintragung der Nationalität schon ab August 1992 oder erst ab Januar 1993 möglich war, nicht viel früher als geschehen ein ausdrückliches Bekenntnis zum deutschen Volkstum durch einen solchen Antrag auf Änderung seiner Nationalitätenerklärung ablegen können.
107Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
108Der Senat lässt die Revision zu, weil die Rechtsfrage, ob § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf eine Einreise „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ vor seinem Inkrafttreten anzuwenden ist, grundsätzliche Bedeutung hat.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
Die Spätaussiedlereigenschaft von Personen aus Estland, Lettland oder Litauen, die vor dem 24. Mai 2007 einen Aufnahmebescheid nach § 26 erhalten haben, bestimmt sich weiter nach den §§ 4 und 5 in der vor dem 24. Mai 2007 geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass kein Ausschlussgrund nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d oder Buchstabe e vorliegt.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 12. August 1958 geborene Klägerin reiste am 19. Februar 2010 mit einem für einen Monat gültigen Schengen-Visum nach Deutschland ein.
3Am 15. März 2010 meldete sie ihre Eheschließung mit dem zwischenzeitlich am 25. Juli 2013 verstorbenen Herrn L. W. (geb. T. ) an und schloss am 15. September 2010 mit ihm die Ehe. Am 18. November 2010 erwarb sie das Zertifikat „Start Deutsch 1“, sie erzielte 79 Punkte, davon 25/25 in der Kategorie „Sprechen“. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 verpflichtete die Stadt C. als zuständige Ausländerbehörde die Klägerin zur Teilnahme an einem Integrationskurs und führte zur Begründung u. a. aus, bei einer persönlichen Vorsprache am 6. Dezember 2010 sei festgestellt worden, dass die Klägerin nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt habe. Seit Dezember 2011 lebt die Klägerin von ihrem Ehemann getrennt. Die Ehe wurde am 3. Dezember 2012 geschieden.
4Am 1. August 2011 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Aufnahmebescheides beim Bundesverwaltungsamt. Sie gab an, ihr Vater sei deutscher Volkszugehöriger, die Mutter russische Volkszugehörige. Sie habe als Kind im Elternhaus kein Deutsch gesprochen. Sie habe die deutsche Sprache von ihrer älteren Tochter, im deutschen Zentrum „Wiedergeburt“ in Balchasch und an der Volkshochschule C. gelernt. In der 1977 ausgestellten Geburtsurkunde ihrer Tochter U. ist die Klägerin mit russischer Volkszugehörigkeit eingetragen.
5Das Bundesverwaltungsamt führte mit der Klägerin am 22. August 2011 einen Sprachtest durch und hielt als Ergebnis fest, ein Gespräch sei trotz einiger Mängel möglich gewesen. Zum Sprachvermögen ist ausgeführt: „Astin sprach gebrochen Deutsch. Der Satzbau war selten korrekt. Meist waren es Phrasen oder Satzfragmente die in eine Art Sätze eingebaut wurden. Der Wortschatz reichte für eine einfache Verständigung aus und sie war auch möglich. Dialekteinflüsse waren nicht erkennbar“.
6Die Klägerin gab weiter an, sie habe als Kind im Elternhaus kein Deutsch erlernt. Die deutsche Sprache sei ihr außerhalb des Elternhauses durch Selbststudium und durch sechs Monate Volkshochschule in Deutschland vermittelt worden. Ihr 1983 verstorbener Vater habe darauf verzichtet, mit ihr deutsch zu sprechen. In ihrem Inlandspass sei sie ursprünglich mit russischer Nationalität geführt worden, dies habe sie 1997 in „deutsch“ ändern lassen.
7Mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag der Klägerin ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin könne sich nicht auf eine besondere Härte berufen. Sie habe ein Bekenntnis zu einer fremden Nationalität abgegeben. Die deutsche Sprache sei ihr nicht familiär vermittelt worden.
8Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 21. Oktober 2011 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug: Sie habe sich zum deutschen Volkstum bekannt. Ihr Vater habe mit den Kindern nur zu Hause deutsch gesprochen, um Konflikte im täglichen Leben zu vermeiden. Die deutsche Sprache und die deutsche Nationalität seien nicht nach außen getragen worden. Die Klägerin habe in einem Privatunterricht die deutsche Sprache erlernt. Später habe sie Deutschkurse bei der „Wiedergeburt“ besucht. Sie habe die deutsche Sprache auch ihren beiden Töchtern vermittelt, die die deutsche Sprache vollumfänglich beherrschten.
9Am 7. Oktober 2011 erhielt die Klägerin ein Zertifikat „Deutsch-Test für Zuwanderer“, das ihr beim Sprechen das Niveau „B 1“ bescheinigte, im Übrigen „A 2“.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2011, zugestellt am 11. Januar 2012, wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück.
11Am 3. Februar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat ihre Auffassung wiederholt und vertieft, dass sie deutsche Volkszugehörige sei.
12Die Klägerin hat beantragt,
13die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2011 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. August 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe kein Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum abgegeben und es fehle an der familiären Vermittlung der deutschen Sprache.
18Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor: Sie habe 1997 ihren Nationalitätseintrag in „deutsch“ ändern lassen. Sie habe sich im Selbststudium in der damaligen Sowjetunion die deutsche Sprache beigebracht und habe zumindest ein einfaches Gespräch führen können. Sie habe jedenfalls über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um sich zu verständigen. Später habe sie auch Kurse belegt. Sie könne sich auf eine besondere Härte berufen, weil sie keinerlei Bindungen mehr in das Herkunftsland habe. Erschwerend komme hinzu, dass man ihr in der Sowjetunion erhebliche Schwierigkeiten gemacht habe. Schließlich liege ein Härtegrund darin, dass die Ausländerbehörde sie abschieben wolle.
19Die Klägerin wurde vom 22. Juli 2013 bis zum 3. September 2013 stationär in der Klinik L1. in L2. , einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, behandelt. Der vorläufige Entlassbrief vom 3. September 2013 benennt unter anderem die Diagnosen „Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome“, „Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr“, (Body-Mass-Indes [BMI] von 35 bis 40), „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“.
20Die Klägerin erwarb am 28. September 2013 ein Zertifikat „Deutsch-Test für Zuwanderer“ mit dem Niveau „B 1“.
21Die Klägerin beantragt,
22das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 4. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2011 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie bestreitet insbesondere die rechtzeitige Stellung des Härtefall-Aufnahmeantrags, das Vorliegen einer besonderen Härte und das Vorliegen von den gesetzlichen Bestimmungen genügenden deutschen Sprachkenntnissen zum Zeitpunkt der Einreise.
26Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, welche Deutschkenntnisse die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung nach Deutschland hatte, durch Vernehmung ihrer Tochter, Frau U. C1. , und von Herrn Q. T1. als Zeugen. Insoweit wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Senats vom 10. Februar 2014 verwiesen. Der Senat hat ferner ein Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises L3. zu den Fragen eingeholt, welche Erkrankungen aktuell bei der Klägerin vorliegen, und ob die Klägerin gesundheitlich in der Lage ist, für mehrere Monate in die Russische Föderation zurückzukehren, um von dort aus ihr Aufnahmeverfahren betreiben zu können. Insoweit wird auf das Gutachten des Herrn Dr. D. L4. vom 28. April 2014 und das Schreiben des Gesundheitsamtes des Kreises L3. vom 29. April 2014 verwiesen. Im Hinblick auf die ergänzende Befragung des Herrn Dr. L4. zu seinem Gutachten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Senats vom 3. November 2014 Bezug genommen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Ausländerbehörde und der Beklagten Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides. Rechtsgrundlage ist § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung des am 14. September 2013 in Kraft getretenen Zehnten BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554).
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 ‑ 5 C 27.02 ‑, Buchholz 412.3 § 27 BVFG Nr. 11, zum gleichlautenden § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
32Nach dieser Vorschrift kann abweichend von § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG Personen, die sich ‑ wie die Klägerin ‑ ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
331. Der Anspruch scheitert nicht bereits an einem fehlenden zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und der Aussiedlung. Zwar hat die am 19. Februar 2010 nach Deutschland eingereiste Klägerin den vorliegenden Aufnahmeantrag erst am 1. August 2011 gestellt. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit der Aussiedlung ist dadurch aber gewahrt.
34§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG enthält keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch aus dem Wortlaut der die Aufnahme regelnden Vorschrift, der Entstehungsgeschichte, der systematischen Auslegung und den Zwecken des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes hergeleitet, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids in den Fällen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise gestellt werden müsse.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (250 bis 257).
36Die Frage, ob ein Härtefallantrag in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang zu dem mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets beginnenden und mit der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet endenden Aussiedlungsvorgang steht, kann nach dieser Rechtsprechung nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Jedenfalls steht ein Antrag, der mehr als vier Jahre nach der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet gestellt werde, nicht mehr im erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aussiedlung.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 ‑ 5 C 23.11 ‑, BVerwGE 145, 248 (257).
38Nach diesen Maßstäben ist der Aufnahmeantrag knapp eineinhalb Jahre nach der endgültigen Wohnsitznahme der Klägerin im Bundesgebiet nach den Umständen des vorliegenden Falles noch als rechtzeitig zu bewerten. Im Hinblick darauf, dass das Bundesvertriebenengesetz eine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags nicht ausdrücklich enthält und mit Ablauf des „zeitlichen Zusammenhangs“ das materielle Recht auf Erteilung eines Aufnahmebescheids erlischt, darf der geforderte zeitliche Zusammenhang nicht zu eng verstanden werden. Das Bundesverwaltungsgericht bringt in der vorstehend zitierten Entscheidung im Rahmen seiner Auslegung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG bzw. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. zum Ausdruck, dass ein Zeitraum von „mehreren Jahren“ zu lang sei. Die in der Entscheidung angestellten Erwägungen lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass bereits ein Zeitraum von eineinhalb Jahren den Anspruch grundsätzlich entfallen lassen muss. Dabei ist hier insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits im Oktober und November 2010, also etwa acht Monate nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik, Unterlagen übersetzen ließ, die sie dann mit dem Aufnahmeantrag eingereicht hat.
392. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG berufen. Eine besondere Härte erfasst vom Regelfall abweichende und atypische Fälle, in denen es mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck übermäßig hart oder in hohem Maße unbillig wäre, den Betroffenen darauf zu verweisen, er müsse die Erteilung des Aufnahmebescheides im Aussiedlungsgebiet abwarten. Eine solche Härte kann sich auch aus der individuellen Situation des Einzelnen ergeben. Es darf sich aber nie um eine Situation handeln, die der Antragsteller durch ein ihm zurechenbares Verhalten mit der Absicht herbeigeführt hat, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zu umgehen.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 1994 ‑ 9 C 343.93 ‑, DVBl. 1994, 938 (939), zu § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
41Danach kann die Klägerin sich auf eine besondere Härte nicht berufen. Die von ihr angeführten Gesichtspunkte, sie habe keinerlei Bindungen mehr in das Herkunftsland, man habe ihr in der Sowjetunion erhebliche Schwierigkeiten gemacht und die Ausländerbehörde wolle sie abschieben, sind ersichtlich nicht geeignet, eine besondere Härte im vertriebenenrechtlichen Sinn zu begründen. Dadurch wäre die Klägerin nicht gehindert, ihr Aufnahmeverfahren ‑ wie in § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG vorgesehen ‑ vom Herkunftsgebiet aus zu führen. Auch die der Klägerin erteilte befristete ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnis, die gerade nicht auf vertriebenenrechtlichen Vorschriften beruht, begründet keine Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG.
42Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 ‑ 5 C 6.99 ‑, NVwZ-RR 2000, 468, zu § 27 Abs. 2 BVFG a. F.
43Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht (mehr) auf ihre am 15. September 2010 mit Herrn L. W. geschlossene Ehe berufen. Die Ehe wurde am 3. Dezember 2012 geschieden und Herr W. ist am 25. Juli 2013 verstorben. Ein sich möglicherweise aus der Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen ergebender Härtegrund ist damit in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht mehr gegeben.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22. November 2001 ‑ 5 C 31.00 ‑, BVerwGE 115, 249 (250), und Beschluss vom 4. Januar 2005 ‑ 5 B 132.04 ‑.
45Auch der Gesundheitszustand der Klägerin begründet keine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG. Voraussetzung hierfür ist, dass der Klägerin im Aussiedlungsgebiet bei objektiver Würdigung aller Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahren drohen, die den Schluss rechtfertigen, dass sie nach einer Rückkehr ins Aussiedlungsgebiet nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland kommen und somit den Status als Spätaussiedler nicht (mehr) erwerben kann. Derartige Gefahren bestehen, wenn das Leben, die Gesundheit oder die persönliche Freiheit der Klägerin so bedroht sind, dass mit einem jederzeitigen Schadenseintritt zu rechnen ist. Das ist dann anzunehmen, wenn eine konkrete Lebensgefahr, sehr erhebliche gesundheitliche Gefahren, die einer konkreten Lebensgefährdung nahekommen, oder eine unmittelbare Bedrohung der persönlichen Freiheit der Klägerin besteht, die sich jederzeit verwirklichen kann und nicht nur ganz unerheblich sein darf.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 2003 ‑ 2 A 3785/99 ‑, juris, Rdnr. 34, m. w. N.
47Diese engen Voraussetzungen liegen im Fall der Klägerin nicht vor. Dabei steht außer Frage, dass die Klägerin gesundheitlich eingeschränkt ist. Dass sie bei einer Rückkehr ins Aussiedlungsgebiet und nach Durchführung eines Aufnahmeverfahrens wahrscheinlich nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland kommen kann, steht nach dem Ergebnis der eingeholten medizinischen Stellungnahmen nicht zur Überzeugung des Senats fest (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
48Der Amtsarzt des Kreises L3. hat mit Schreiben vom 29. April 2014 die bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsstörungen aufgezählt und „sowohl amtsärztlicherseits als auch neurologisch-psychiatrischerseits festgestellt, dass im Falle einer Rückführung in das Heimatland Frau W. gesundheitlich in der Lage sein wird, von dort aus ihr Aufnahmeverfahren betreiben zu können.“ Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Amtsarzt für die neurologisch-psychiatrische Begutachtung mit Herrn Dr. D. L4. einen externen Facharzt hinzugezogen hat, um die medizinische Sachkunde zu gewährleisten.
49Vgl. hierzu inzident BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 ‑ 1 D 2.05 ‑, juris, Rdnr. 34.
50Der Facharzt für Neurologie/Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Sozialmedizin Dr. med. L4. hat das Ergebnis seines Gutachtens so zusammengefasst, dass bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelschwer, bei Alkoholabusus (derzeit karent) vorliege; es sei Flugreisetauglichkeit gegeben; es habe sich kein Anhalt für eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung ergeben; es bestehe nicht die konkrete Gefahr einer Retraumatisierung im Sinne der Gefahr einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes.
51Die nicht näher substanziierte Vermutung der Klägerin, Dr. L4. sei nicht unabhängig gewesen und habe sehr oberflächlich gearbeitet, kann der Senat anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen. Der Gutachter hat mit der Klägerin in einem ersten fünfstündigen Termin vier standardisierte Tests durchführen lassen und diese in einem 25seitigen Gutachten zusammenfassend ausgewertet. Dabei ist angesichts der differenzierten Angaben nicht ersichtlich, dass die Klägerin, der eine Dolmetscherin zur Verfügung stand, bei der Beantwortung der Fragebögen „deutlich überfordert gewesen sein dürfte“. Es trifft auch nicht zu, dass die Tätigkeit des Herrn Dr. L4. sich im Wesentlichen darauf beschränkt habe, der Klägerin zwei Fragen zu stellen. Die mündliche Verhandlung hat vielmehr ergeben, dass Dr. L4. beim ersten Termin zu Beginn und am Schluss anwesend war und den zweiten (einstündigen) Termin komplett selbst durchgeführt hat. Allerdings konnte der Senat nicht mehr ermitteln, ob der Gutachter die Klägerin darüber aufgeklärt hat, dass er hier keiner Schweigepflicht unterliege. Das mag jedoch auf sich beruhen.
52Die Untersuchung hat insgesamt nicht aufgezeigt, dass ein Aufenthalt der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin in ihrem Herkunftsgebiet mit sehr erheblichen gesundheitlichen Gefahren, die einer konkreten Lebensgefährdung nahekommen, verbunden wäre. Die Klägerin behauptet das auch selbst nicht; sie hat nur auf vermeintliche Verfahrensmängel bei der Begutachtung hingewiesen. Bei einer Rückkehr ins Herkunftsgebiet wäre die Klägerin auch nicht völlig auf sich allein gestellt. Nach ihren Angaben leben im Herkunftsgebiet ihre Schwester O. X. und ihre jüngere Tochter N. W. . Auch wenn derzeit zu diesen Personen kein Kontakt bestehen soll, ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin sich im Bedarfsfall nicht an diese beiden engen Verwandten wenden kann.
533. Unabhängig davon erfüllt die Klägerin auch nicht alle „sonstigen Voraussetzungen“ für die Spätaussiedlereigenschaft im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG. Nach § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG muss das Bekenntnis zum deutschen Volkstum bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Bundesvertriebenengesetzes zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können. Das kann für die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 19. Februar 2010 nicht festgestellt werden.
54Für die Fähigkeit, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen, muss sich der Antragsteller über einfache Lebenssachverhalte aus dem familiären Bereich (z. B. Kindheit, Schule, Sitten und Gebräuche), über alltägliche Situationen und Bedürfnisse (Wohnverhältnisse, Einkauf, Freizeit, Reisen, Wetter u. ä.) oder die Ausübung eines Berufs oder einer Beschäftigung ‑ ohne dass es dabei auf exakte Fachbegriffe ankäme ‑ unterhalten können. In formeller Hinsicht genügt für ein einfaches Gespräch eine einfache Gesprächsform. Dafür sind nicht ausreichend das Aneinanderreihen einzelner Worte ohne Satzstruktur oder insgesamt nur stockende Äußerungen. Erforderlich ist zum einen die Fähigkeit zu einem sprachlichen Austausch über die oben genannten Sachverhalte in grundsätzlich ganzen Sätzen, wobei begrenzter Wortschatz und einfacher Satzbau genügen und Fehler in Satzbau, Wortwahl und Aussprache nicht schädlich sind, wenn sie nach Art oder Zahl dem richtigen Verstehen nicht entgegenstehen. Erforderlich ist zum andern ein einigermaßen flüssiger Austausch in Rede und Gegenrede. Ein durch Nichtverstehen bedingtes Nachfragen, Suchen nach Worten oder stockendes Sprechen, also ein langsameres Verstehen und Reden als zwischen in Deutschland aufgewachsenen Personen, stehen dem erst entgegen, wenn Rede und Gegenrede so weit oder so oft auseinander liegen, dass von einem Gespräch als mündlicher Interaktion nicht mehr gesprochen werden kann.
55Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 4. September 2003 ‑ 5 C 33.02 ‑, BVerwGE 119, 6 (10 f.).
56Dabei gilt auch für Verfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz, dass die Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast regelmäßig derjenige trägt, der sich des betreffenden Anspruchs berühmt ‑ hier die Klägerin ‑, und dass nach Maßgabe der Zielvorstellungen der Anspruchsnorm Ungewissheiten und Unklarheiten bei der Beweislastentscheidung zum Nachteil desjenigen ausgehen, in dessen Verantwortungs- und Verfügungsphäre diese fallen.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1999 ‑ 5 B 102.99 ‑, juris, Rdnr. 6.
58Gemessen hieran hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in der Lage gewesen ist, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen.
59Die deutschen Sprachkenntnisse der Klägerin sind zum Zeitpunkt ihrer Einreise am 19. Februar 2010 nicht ermittelt worden. Erst am 18. November 2010 ‑ mithin neun Monate nach ihrer Einreise ‑ hat sie das Zertifikat „Start Deutsch 1“ erlangt, das typischerweise im Anschluss an einen Anfängersprachkurs ohne Vorkenntnisse erworben wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als ein halbes Jahr mit ihrem späteren deutschen Ehemann L. W. zusammengelebt hatte, der unstreitig kein Russisch sprach. Bei einer Vorsprache bei der Stadt C. am 6. Dezember 2010 stellte die Ausländerbehörde fest, dass die Klägerin „über nicht ausreichende Deutschkenntnisse“ verfüge. Daher verpflichtete die Stadt C. die Klägerin zur Teilnahme an einem Integrationskurs. Am 22. August 2011 ‑ mithin etwa eineinhalb Jahre nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland ‑ bestand sie den Sprachtest beim Bundesverwaltungsamt mit der niedrigst möglichen Bewertung. Das Bundesverwaltungsamt bescheinigte der Klägerin „gebrochenes Deutsch“ und einen „selten korrekten Satzbau“. Sie habe sich meistens über Phrasen oder Satzfragmente verständigt. Am 7. Oktober 2011 wurde ihr bescheinigt, dass sie auf „B1-Niveau“ deutsch spreche.
60Bei diesem Ablauf steht es nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung am 19. Februar 2010 in der Lage war, ein einfaches Gespräch auf Deutsch entsprechend den oben genannten Anforderungen zu führen. Die Prüfung „Start Deutsch 1“ belegt dies nicht, da sie Sprachkenntnisse bescheinigt, die deutlich unter den Anforderungen eines einfachen Gesprächs liegen. Hätte die Klägerin bereits am 19. Februar 2010 ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können, so ist nicht zu erklären, warum bei ihr im Dezember 2010 ‑ nachdem sie bereits mehr als ein halbes Jahr mit ihrem deutschsprachigen Ehemann zusammengelebt hatte ‑ von der Ausländerbehörde immer noch „nicht ausreichende Deutschkenntnisse“ festgestellt werden konnten. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausländerbehörde auf den in § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geregelten Maßstab abstellt. Danach muss der Betreffende „sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen“ können; diese Anforderungen sind geringer als diejenigen an ein „einfaches Gespräch“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG. Auch ist nicht plausibel, warum die Klägerin am 22. August 2011 ‑ etwa eineinhalb Jahre nach ihrer Übersiedlung ‑ über für ein einfaches Gespräch gerade noch ausreichende Kenntnisse verfügte. Dann hätte sie in den eineinhalb Jahren seit ihrer Übersiedlung ihre deutschen Sprachkenntnisse nicht verbessert, obwohl sie in dieser Zeit Sprachkurse belegte und mit ihrem (nur) deutschsprachigen Ehemann zusammenlebte. Bezeichnenderweise hat die Klägerin im Aufnahmeantragsformular auch angegeben, sie habe als Kind im Elternhaus kein Deutsch gesprochen. Beim Sprachtest am 22. August 2011 bestätigte sie, dass zu Hause ‑ auch mit dem deutschen Vater ‑ kein Deutsch gesprochen worden sei.
61Auch die Aussagen der vom Senat vernommenen Zeugen belegen nicht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung nach Deutschland ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte. Beide Zeugen äußerten sich zu den deutschen Sprachkenntnissen der Klägerin zurückhaltend. Die Zeugin C1. , die Tochter der Klägerin, hat ausgeführt, sie habe mit der Klägerin, die nach der Übersiedlung zunächst einige Wochen bei ihr gewohnt habe, „zunächst russisch gesprochen, dann aber auch deutsch“. Die Klägerin habe einfache Sätze sprechen können. Der Zeuge T1. hat im Kern angegeben, er habe sich mit der Klägerin bei Besuchen in Kasachstan in den Jahren 2007 und 2008 wie auch nach der Übersiedlung im Jahr 2010 „auf Deutsch verständigen können“. Der Senat kann beiden Aussagen nicht entnehmen, dass die Klägerin bereits im Februar 2010 ein einfaches Gespräch in Form eines einigermaßen flüssigen Austausches in Rede und Gegenrede in grundsätzlich ganzen Sätzen führen konnte. Der Zeuge T1. hat noch betont, dass sich die Verständigung mit der Klägerin in deutscher Sprache relativ schnell verbessert habe. Das ist schon deshalb plausibel, weil der Ehemann der Klägerin kein Russisch konnte, und lässt sich auch anhand der von der Klägerin erworbenen Sprachzertifikate nachvollziehen.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
63Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
64Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.