Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Feb. 2014 - 10 K 3249/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 090.00.0000 geborene Klägerin beantragte am 13. November 1992 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz. Im Rahmen der Antragstellung machte sie folgende Angaben: Sie sei deutsche Volkszugehörige. Ihre Muttersprache sei Deutsch. Die jetzige Umgangssprache in der Familie sei Deutsch und Russisch. Sie könne Deutsch verstehen, sprechen und schreiben. Sie habe die Deutschkenntnisse von ihren Eltern und Großeltern erworben. Außerhalb des Elternhauses habe sie die deutsche Sprache in der Schule und auf der Hochschule gelernt.
3Nachdem das Land NRW seine Zustimmung zur Erteilung des Aufnahmebescheides nicht erteilt hatte, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 19. Februar 1996 im Kern mit der Begründung ab, ihre deutschen Sprachkenntnisse seien nicht ausreichend, weil sie diese nur in der Schule erworben habe.
4Die Beklagte bezog die Klägerin aber in den ihren Eltern am 19. Februar 1996 erteilten Aufnahmebescheid ein.
5Anfang Juni 1996 reiste die Klägerin gemeinsam mit ihren Eltern in die Bundesrepublik ein. Sie erhielt am 22. Mai 1997 eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 25. Mai 1998 wurde sie in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
6Am 15. Juni 2010 stellte die Klägerin bei der Beklagten sinngemäß einen Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG.
7Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 5. Juli 2010 ab. Zur Begründung führte sie an, der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung stehe die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheides sei mit Bescheid vom 19. Februar 1996 bestandskräftig abgelehnt worden.
8Die Klägerin erhob dagegen am 20. Juli 2010 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 zurückwies.
9Die Klägerin erhob dagegen am 30. August 2010 Klage (Az.: 20 K 5443/10). Zur Begründung trug sie u. a. dazu vor, dass ihr die deutsche Sprache familiär vermittelt worden sei. Sie machte außerdem geltend, dass die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nur für Ablehnungen eines Aufnahmebescheides ab dem 1. Januar 2005 gelte. In der mündlichen Verhandlung am 22. September 2011 beantragte sie einerseits, „die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. Juli 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2010 zu verpflichten, ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen“, andererseits „hilfsweise [Hervorhebung nur hier] die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 1996 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zum Zwecke der späteren Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen“. Sie erklärte, das hinter dem Verfahren stehende Interesse liege in der Anerkennung zusätzlicher Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz.
10Die 20. Kammer wies die Klage mit Urteil vom 22. September 2011, zugestellt am 10. Oktober 2011, ab. Sie bestätigte die Auffassung der Beklagten zur Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG. Zu dem von der Klägerin gestellten Hilfsantrag führte sie u. a. aus: „Der hilfsweise gestellte, auf die Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG gerichtete Antrag ist unzulässig. Vor Beschreitung des Rechtswegs ist zunächst ein entsprechender Antrag bei der Behörde erforderlich (...).“ Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Beiakte 3, Blatt 170 ff. verwiesen.
11Die Klägerin legte gegen dieses Urteil am 27. Oktober 2011 die von der 20. Kammer zugelassene Berufung ein (Aktenzeichen des Verfahrens beim OVG NRW: 11 A 2423/11).
12Mit Schreiben vom 25. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 2 BVFG zum Zwecke der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und die Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 1996, mit dem die Beklagte ihren Aufnahmeantrag abgelehnt hatte, gemäß §§ 48, 51 Abs. 5 VwVfG.
13Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Februar 2012 ab. Zur Begründung führte sie an: Sie sei nicht aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null dazu verpflichtet, das Verfahren wiederaufzugreifen. Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung des begehrten Aufnahmebescheides sei nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen. Die Entscheidung, den Aufnahmeantrag wegen fehlender bzw. nicht hinreichender familiärer Vermittlung der deutschen Sprache abzulehnen, sei nach Aktenlage vielmehr durchaus nachvollziehbar gewesen. Dies gelte um so mehr vor dem Hintergrund, dass das Land NRW zuvor mit entsprechender Begründung seine nach der damaligen Rechtslage erforderliche Zustimmung zur Erteilung des Aufnahmebescheides versagt habe. Ein Festhalten an dem Bescheid sei für die Klägerin auch nicht unerträglich und führe nicht zu einem Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben. Insgesamt überwiege das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Bestandskraft des Bescheides vom 19. Februar 1996 das Interesse der Klägerin an einer erneuten Sachentscheidung. Für ein solches Überwiegen spreche auch, dass die Klägerin nicht Widerspruch gegen die Versagung des Aufnahmebescheides erhoben und damit ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft habe.
14Die Klägerin erhob dagegen am 17. Februar 2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2012 zurückwies.
15Dagegen hat die Klägerin am 17. Mai 2012 (die vorliegende) Klage erhoben.
16Im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem OVG NRW nahmen die Beteiligten u. a. zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 – 5 C 23/11 –Stellung, nach dessen Leitsatz der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden muss.
17Die Klägerin äußerte sich zur der Entscheidung mit Schriftsatz vom 12. März 2013 wie folgt: Dem vom Bundesverwaltungsgericht behandelten Fall habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Dort sei die betreffende Person auf ausländerrechtlicher Grundlage ohne jeden Zusammenhang mit dem BVFG ausgereist und habe erst Jahre später einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gestellt. Sie, die Klägerin, sei hingegen in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern einbezogen worden und damit auf vertriebenenrechtlicher Grundlage nach Deutschland gekommen.
18Die Beklagte machte zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 23. April 2013 folgende Ausführungen: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts finde uneingeschränkt Anwendung auf Fallkonstellationen, in denen jemand als Abkömmling oder Ehegatte in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbezogen werde. Wenn der Betroffene auf diese Weise nach Deutschland einreise, müsse er seinen Spätaussiedlerwillen zeitnah zur Einreise erklären. Im vorliegenden Fall sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin ursprünglich einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedlerin gestellt habe und gleichzeitig mit dessen Ablehnung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern einbezogen worden sei. Sie habe damit jedenfalls vor der Aussiedlung ihren Spätaussiedlerwillen erklärt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei auf den vorliegenden Fall nur dann anwendbar, wenn man unterstelle, dass die Klägerin ihren Spätaussiedlerwillen nach der Ablehnung ihres Aufnahmeantrags aufgegeben habe und nur noch mit dem Willen in die Bundesrepublik ausgesiedelt sei, Aufnahme als Abkömmling eines Spätaussiedlers zu finden. Dafür spreche, dass sie den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 habe bestandskräftig werden lassen und sich erst 14 Jahre später bei ihr, der Beklagten, um Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG bemüht habe.
19Mit Schriftsatz vom 27. September 2013 äußerte die Beklagte sich außerdem zu der Frage eines Wiederaufgreifens des Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Blick auf das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG wie folgt: Die Klägerin könne auch nach der neuen Rechtslage keinen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin erhalten. Es fehle jedenfalls an der besonderen Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG neuer Fassung. Für eine solche Härte sei nichts ersichtlich. Die Klägerin habe bis zum Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG zum 1. Januar 2005 mehr als acht Jahre Gelegenheit gehabt, den im Jahre 2010 gegenüber der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG durchzusetzen, ohne dass sie hierfür einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin benötigt hätte. Sie habe diese Gelegenheit nicht genutzt. Sie habe es außerdem versäumt, in zeitlichem Zusammenhang mit der Änderung des § 15 BVFG einen Antrag auf Erteilung eines Härtefallaufnahmebescheides zu stellen.
20Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim OVG NRW am 22. November 2013 stellte die Klägerin (in leicht redigierter Form) die Anträge, die sie bereits mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2011 (vgl. Beiakte 3, Blatt 230) angekündigt hatte. Die im Termin zu Protokoll diktierten Anträge lauteten: „das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 05. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2010 zu verpflichten, ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen,hilfs-weise [Hervorhebung nur hier] die Beklagte zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen, wiederum hilfsweise [Hervorhebung nur hier] auf neuen Antrag von ihr wieder einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen und die Beklagte zu verpflichten, den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 zurückzunehmen“.
21Das OVG NRW wies die Berufung mit Urteil vom 22. November 2013 zurück. Es hielt sowohl den Hauptantrag als auch die beiden Hilfsanträge für unbegründet. Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Urteils wird auf Beiakte 3, Blatt 329 ff. verwiesen.
22Die Klägerin legte gegen das Urteil des OVG NRW am 11. Dezember 2013 die von diesem zugelassene Revision ein (Aktenzeichen: BVerwG 5 C 41.13), über die noch nicht entschieden ist.
23Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Aussetzung bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Revisionsverfahren. Sie macht in diesem Zusammenhang geltend: Das vorliegende Verfahren werde sich erübrigen, wenn das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis komme, dass die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG der Ausstellung der von ihr begehrten Spätaussiedlerbescheinigung nicht entgegenstehe. In diesem Fall sei in dem Revisionsverfahren originär die Entscheidung zu § 15 Abs. 1 BVFG zu fällen, gegebenenfalls nach Überprüfung ihrer Deutschkenntnisse zum Zeitpunkt der Ausreise nach Deutschland.
24Die Klägerin beantragt,
25die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2012 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage hat keinen Erfolg.
31Sie ist wegen anderweitiger (früherer) Rechtshängigkeit bereits unzulässig.
32Nach § 173 Satz 1 VwGO, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
33Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage, erhoben am 17. Mai 2012, die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 BVFG im Wiederaufgreifenswege. Dasselbe Begehren hatte sie – auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts – bereits mit der am 30. August 2010 erhobenen Klage 20 K 5443/10 und der beim OVG NRW am 27. Oktober 2011 eingelegten Berufung 11 A 2423/11 verfolgt. Nach Abweisung der Klage und Zurückweisung der Berufung verfolgt sie es nun mit der Revision beim Bundesverwaltungsgericht (Az.: BVerwG 41.13) weiter.
34Der anderweitigen (früheren) Rechtshängigkeit steht nicht entgegen, dass die Klägerin den Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Wiederaufgreifenswege in den Verfahren 20 K 5443/10 und 11 A 2423/11 lediglich „hilfsweise“ bzw. „wiederum hilfsweise“ geltend gemacht hat. Die Rechtshängigkeit erfasst bei eventueller Klagehäufung auch den Hilfsantrag sofort; sie ist bezüglich des Hilfsantrags zwar durch die rechtskräftige Zuerkennung des Hauptanspruchs auflösend bedingt, d. h. entfällt mit dem Eintritt der Rechtskraft der Zuerkennung des Hauptanspruchs rückwirkend.
35Vgl. Kopp/ Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 19. Auflage, 2013, § 90 Rdnr. 5 m. w. N.
36Im vorliegenden Fall ist die Bedingung aber nicht eingetreten. Der Klägerin ist der von ihr geltend gemachte Hauptanspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG bislang nicht rechtskräftig zuerkannt worden.
37Unabhängig davon wäre die Klage auch unbegründet.
38Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und auf Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 1996 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
39Die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid vom 14. Februar 2012 rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach §§ 48, 51 Abs. 5 VwVfG hat. Das Gericht folgt der Begründung des angegriffenen Bescheides und sieht insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
40Selbst wenn man von einer Verpflichtung der Beklagten zu einem Wiederaufgreifen des Verfahrens ausgehen würde, hätte die Klägerin auch nach der aktuellen Sach- und Rechtslage keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
41Vgl. dazu, dass die neue Entscheidung sich an der aktuellen Sach- und Rechtslage auszurichten hat, Kopp/ Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 14. Auflage, 2013, § 51 Rdnr. 18, 20.
42Der Anspruch ergäbe sich nicht aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Danach wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz nicht im Aussiedlungsgebiet. Sie ist seit knapp 18 Jahren in Deutschland wohnhaft.
43Der Anspruch ergäbe sich auch nicht aus § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG. Danach kann abweichend von Satz 1 Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Im vorliegenden Fall ist nichts dafür ersichtlich, dass die Versagung des Aufnahmebescheides eine besondere Härte bedeuten würde. Gegen das Vorliegen einer solchen Härte spricht umgekehrt, dass die Klägerin seit nunmehr knapp 18 Jahren in Deutschland lebt und hier als deutsche Staatsangehörige einen gesicherten Aufenthalt hat.
44Die Erteilung des Aufnahmebescheides scheiterte außerdem daran, dass die Klägerin den Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedlerin nicht in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
45vgl. BVerwG, Urt. vom 13. Dezember 2012 – 5 C 23/11 – juris,
46erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt hat.
47Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bezog sich zwar auf einen von dem vorliegenden Verfahren abweichenden Sachverhalt, in dem die spätere Aufnahmebewerberin zunächst einen Daueraufenthalt als ausländische Ehegattin eines Deutschen nach aufenthaltsrechtlichen Vorschriften begründet hatte. Sie ist jedoch auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, in dem die Klägerin mit einem Einbeziehungsbescheid als Abkömmling eines Spätaussiedlers ausgereist ist, ohne sich gegen die vorherige Ablehnung ihres Aufnahmeantrags zur Wehr gesetzt zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auslegung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F. (nunmehr: § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) im Sinne einer zeitnahen Antragstellung nicht auf bestimmte Fallgruppen beschränkt. Die Überlegungen des Gerichts sind ganz überwiegend auch auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.
48Eingehend dazu in einem ähnlichen Fall VG Köln, Urt. vom 19. März 2013 – 7 K 1812/10 – juris Rdnr. 42 ff.
49Soweit das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, die Erteilung eines Aufnahmebescheides setze einen nach außen hin betätigten Spätaussiedlerwillen beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete voraus, ist ergänzend anzumerken, dass ein solcher Wille bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar ist. Sie hatte gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 1996, mit dem ihr Aufnahmeantrag abgelehnt worden war, keinen Widerspruch erhoben.
50Für die von der Klägerin begehrte Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO ist kein Raum. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht von dem Ausgang des Revisionsverfahrens BVerwG 5 C 41.13 ab. Die dort aufgeworfenen Fragen nach der Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG und der Spätaussiedlereigenschaft der Klägerin stellen sich in dem vorliegenden Verfahren nicht. Dass die vorliegende Klage sich bei einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Gunsten der Klägerin gegebenenfalls erübrigen würde, begründet keine Vorgreiflichkeit des Revisionsverfahrens im Sinne des § 94 VwGO.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Feb. 2014 - 10 K 3249/12
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Feb. 2014 - 10 K 3249/12
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Feb. 2014 - 10 K 3249/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 13. April 1975 geborene Klägerin beantragte am 13. November 1992 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz. Diesen Antrag lehnte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 19. Februar 1996 im Kern mit der Begründung ab, die deutschen Sprachkenntnisse der Klägerin seien nicht ausreichend, weil sie diese nur in der Schule erworben habe. Das Bundesverwaltungsamt bezog die Klägerin aber in den ihren Eltern am 19. Februar 1996 erteilten Aufnahmebescheid ein.
3Am 7. Juni 1996 wurde die Klägerin zusammen mit ihren Eltern in der Bundesrepublik Deutschland registriert und erhielt am 22. Mai 1997 auf ihren Antrag vom Stadtdirektor der Stadt Bad M.----- eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 25. Mai 1998 wurde die Klägerin eingebürgert.
4Am 15. April 2004 meldete sich die Klägerin telefonisch bei der Stadt Bad M.-----. Der hierüber aufgenommene Vermerk hat folgenden Wortlaut:
5„Frau E. fragt noch einmal nach ihrer Vertriebeneneigenschaft und Zuordnung nach § 7 Abs. 2 BVFG.
6Ihr wurde mitgeteilt, dass nach Einsicht in die Akte kaum eine Möglichkeit der Umwandlung von § 7 Abs. 2 nach § 4 BVFG gesehen wird, da in der Aufnahmeakte seinerzeit ein Bescheid über die Ablehnung in sehr ausführlicher Form erfolgt sei, wonach sie deutsch in der Schule und nicht zu Hause gelernt habe und dieser Bescheid anhand der seinerzeitigen eigenen Angaben auch so erfolgt sei. Dieser Bescheid war u. a. auch Grundlage für die hiesige Entscheidung.
7Im weiteren Gespräch gab sie auch zu, dass zu Hause kaum Deutsch gesprochen wurde, weil man nicht wollte, dass im Dorf bekannt würde, dass sie Deutsche seien. Erst als sie quasi auf ihren gepackten Koffern gesessen hätten, sei es bekannt geworden.”
8Mit Schreiben vom 7. Juni 2010 wandte sich die Klägerin an das Bundesverwaltungsamt und führte aus: Im damaligen Bescheid habe es geheißen, dass sie die Sprache in der Schule erlernt habe und nicht in der Familie. Im Nachhinein sei ihr immer unklarer geworden, wieso sie eigentlich nicht wie ihre Eltern den Status als Spätaussiedlerin erhalten habe. Mit ihr persönlich sei kein einziges Wort gesprochen worden. Damals sei sie nicht besonders redselig gewesen. Wenn sie die Sprache nicht schon seit Kindheit gehört und in der Familie erlernt hätte, hätte sie nicht alle Amtsgänge selbst erledigen und nach nur einem halben Jahr eine Zusage aus einer PTA-Schule erhalten können. Sie wolle gerne ihren Status ändern lassen.
9Nach einem entsprechenden Hinweis des Bundesverwaltungsamts stellte die Klägerin am 15. Juni 2010 einen „Antrag auf Höherstufung von § 7 nach § 4 Bundesvertriebenengesetz”.
10Diesen Antrag wertete das Bundesverwaltungsamt als Antrag nach § 15 Abs. 1 BVFG, lehnte ihn mit Bescheid vom 5. Juli 2010 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, eine solche Bescheinigung könne nicht mehr ausgestellt werden, da der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid vom 19. Februar 1996 abgelehnt worden sei. Daher stehe § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung entgegen.
11Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 20. Juli 2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug: Als ihr Antrag am 19. Februar 1996 abgelehnt worden sei, sei die ganze Familie noch in Kasachstan gewesen. Keiner habe richtig gewusst, was das heiße und dass man einen Widerspruch habe erheben können. Bei der Einreise sei mit ihr überhaupt nicht gesprochen worden. Sie sei sozusagen als nichtsverstehender Abkömmling „abgestempelt” worden. Natürlich hätte sie damals sofort etwas unternehmen sollen. Aber sie sei es gewohnt gewesen, anderen nicht „auf die Nerven” zu gehen und sie sei mit dem zufrieden gewesen, was sie gehabt habe. Nun sehe sie es als großen Fehler und versuche deshalb jetzt, 14 Jahre später, etwas zu ändern.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück.
13Am 30. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Sie könne höher gestuft werden, die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG sei nur für Ablehnungen eines Aufnahmeantrags ab dem 1. Januar 2005 anwendbar. Außerdem sei die Ablehnung des Aufnahmeantrags nicht bestandskräftig. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe an den Bevollmächtigten ergebe sich nicht aus der Akte. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft, da sie unzutreffend auf die Möglichkeit verweise, bei einer deutschen Auslandsvertretung Widerspruch zu erheben. Daher gelte die Jahresfrist. Die Klägerin habe bereits bei ihrer Registrierung 1996 eine Höherstufung verlangt, mithin Widerspruch erhoben, über den bis heute nicht entschieden sei. Sie erfülle die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft, insbesondere sei ihr die deutsche Sprache in ausreichendem Umfang innerhalb der Familie vermittelt worden. Alle anderen Familienmitglieder außer ihr und ihrer 1987 geborenen Schwester U. seien als Spätaussiedler anerkannt. Die vor dem 1. Januar 2005 geltende Rechtslage gelte für die vor diesem Datum erteilten Bescheide weiter.
14In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, sie habe bei der Registrierung gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen worden sei, obwohl sie genauso wie ihre Eltern Deutsch spreche.
15Die Klägerin hat beantragt,
16die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 05.07.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2010 zu verpflichten, der Klägerin eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen,
17hilfsweise,
18unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.1996 die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zum Zwecke der späteren Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie hat ergänzend vorgetragen: Der ablehnende Bescheid vom 19. Februar 1996 sei ordnungsgemäß zugestellt worden. Aus dem Verwaltungsvorgang sei weder ersichtlich, dass die Klägerin bei der Registrierung mündlich zur Niederschrift Widerspruch gegen den in Rede stehenden Ablehnungsbescheid erhoben habe, noch sei festgehalten, dass Gründe für eine besondere Härte vorgetragen worden seien oder die bloße Höherstufung beantragt worden sei. Nach den Feststellungen der damals zuständigen Bescheinigungsbehörde sei die Klägerin in ihrer Kindheit in der russischen Sprache erzogen worden. Auch die Bescheinigungsbehörde habe damals mit keinem Wort erwähnt, dass die Klägerin im Jahr 1997 die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und damit die Höherstufung begehrt habe. Auch aus dem im Jahr 2004 mit der Stadt Bad M.---- geführten Telefonat ergebe sich, dass die Klägerin zu Hause kaum Deutsch gesprochen habe. Dem Anspruch der Klägerin stehe die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen.
22Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG stehe die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil die Klägerin das erforderliche Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt habe.
23Die Klägerin hat gegen das ihr am 10. Oktober 2011 zugestellte Urteil am 27. Oktober 2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 sei schon nicht bestandskräftig geworden. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, soweit auf die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung bei einer deutschen Auslandsvertretung hingewiesen worden sei, so dass die Jahresfrist gegolten habe. Bei ihrer Registrierung am 4. Juni 1996 habe sie gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen sei, obwohl sie Deutsch spreche wie ihre Eltern. Daraufhin sei ihr gesagt worden, die Frist für einen Widerspruch sei abgelaufen. Sie sei von diesem förmlichen Rechtsbehelf nur abgehalten worden, weil sie vom Vertreter der Beklagten falsch belehrt worden sei. Ein schriftlicher Widerspruch sei nicht notwendig. Die Beklagte habe sich darauf auch nicht berufen können, weil sie selbst fehlerhaft gearbeitet habe. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf Spätaussiedlerbewerber, die vor dem 1. Januar 2005 nach Deutschland eingereist seien, sei verfassungswidrig. Bis zu diesem Zeitpunkt sei eine sogenannte Höherstufung auf der Basis eines Einbeziehungsbescheides unproblematisch möglich gewesen. Nach Erteilung des Einbeziehungsbescheides habe kein Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides bestanden. Sie habe darauf vertrauen können, dass ihr trotz Ablehnung des Aufnahmebescheides eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt werde. Die Spätaussiedlerbescheinigung habe keine konstitutive Wirkung; vielmehr sei der Status als Spätaussiedler schon mit der Aufnahme 1996 entstanden. Dieser Status werde ihr rückwirkend entzogen. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG beziehe sich nur auf Aufnahme- und Einbeziehungsanträge, die ab dem 1. Januar 2005 gestellt worden seien. Dies ergebe sich aus der Natur der Neuregelung. Zuvor habe ein subjektives Recht der einzubeziehenden Person bestanden; dieses sei auf die Bezugsperson übergegangen. Der Gesetzgeber habe die Einbeziehung so von ihrem ursprünglichen Charakter entfernt, dass die Regelung ab dem 1. Januar 2005 nur für neue Aufnahmeanträge gelten könne. Sollte der Gesetzgeber eine Rückwirkung gewollt haben, liege eine echte Rückwirkung vor. Die Rechtsprechung zur Sperrwirkung übersehe, dass ihr ‑ der Klägerin ‑ zum 1. Januar 2005 das subjektive Recht auf Einbeziehung entzogen worden sei und mit diesem Entzug nicht habe gerechnet werden müssen. Es liege ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor, weil der Status als Spätaussiedler zum „Eigentum” gehöre. Der Gesetzgeber sei daher verpflichtet gewesen, die Entziehung dieser Position durch ein Entschädigungsgesetz zu regeln. Die vor dem 1. Januar 2005 erteilten Bescheide blieben gültig; sie würden nicht der neuen Rechtslage unterworfen. Das ergebe sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 100 b Abs. 2 BVFG, die auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich sei. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dass die Person, die vor dem 1. Januar 2005 einbezogen worden sei, nach alter Rechtslage eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG erhalte, während die Person, die eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhalten wolle, unter die Sperre und damit die neue Rechtslage fallen solle, obwohl vor dem 1. Januar 2005 ein Aufnahmebescheid überhaupt nicht notwendig gewesen sei. Die Beklagte sei verpflichtet, den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 zurückzunehmen. Damals habe sie mit der Ablehnung des Aufnahmeantrags eine Einbeziehung verbunden. Sie habe nur die Einbeziehung gebraucht, der Aufnahmebescheid sei damals überflüssig gewesen. Dies habe sich zum 1. Januar 2005 geändert. Daher fehle in der Ablehnung des Aufnahmeantrags von 1996 die Begründung, dass sie nicht mehr höher gestuft werden könne, wenn sie den Ablehnungsbescheid bestandskräftig werden lasse. Dieser Hinweis sei bei Annahme einer Rückwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG erforderlich. Wer präkludiert werde, müsse vorher hierauf hingewiesen werden. Durch die Sperre ergebe sich der Zwang eines neuen Aufnahmeantrags. Dies könne § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nicht verbieten. Sie hätte sich gegen die Ablehnung des Aufnahmeantrags gewehrt, wenn sie gewusst hätte, dass sie später nicht über die Einbeziehung hinaus zur Spätaussiedlerin höher gestuft werden könne. Über § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG werde rückwirkend eine Bindungswirkung für Aufnahmebescheide eingeführt, obwohl Aufnahme- und Einbeziehungsbescheide vor dem 1. Januar 2005 nur vorläufige Regelungen getroffen hätten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 – 5 C 23.11 – betreffe eine völlig andere Fallgestaltung. Nach Inkrafttreten des Zehnten BVFG‑Änderungs-gesetzes und der Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG gehe die Sperre des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG für sie ins Leere. Sie habe nunmehr einen Anspruch auf Höherstufung zumindest über die Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie erfülle auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG. Ihr sei insbesondere als Kind die deutsche Sprache ausreichend vermittelt worden, und sie habe zum Zeitpunkt ihrer Einreise ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können.
24Die Klägerin beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Bundesverwaltungsamts vom 5. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2010 zu verpflichten, der Klägerin eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen,
26hilfsweise,
27die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen,
28wiederum hilfsweise,
29auf neuen Antrag der Klägerin wieder einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen und die Beklagte zu verpflichten, den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 zurückzunehmen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufungsbegründung entgegen. Das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz tangiere den Statuserwerb der Klägerin nicht mehr, weil auf den Zeitpunkt der Einreise im Jahr 1996 abzustellen sei.
33Einen von der Klägerin am 25. November 2011 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides und auf Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Februar 1996 hat das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 14. Februar 2012 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens lägen nicht vor. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 17. Februar 2012 Widerspruch, den das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2012 zurückwies. Insoweit hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Köln ‑ 10 K 3249/12 – erhoben, die noch anhängig ist.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Hefter) Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
37I. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedlerin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG, weil diesem Begehren § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegensteht. Die Vorschrift stellt neben den in §§ 4, 6 BVFG geregelten materiell-rechtlichen Anforderungen eine zusätzliche Voraussetzung für die Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG auf.
381. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Rechtsgrundlage für ihr Begehren nicht das Bundesvertriebenengesetz in der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung (d. h. ohne § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG), sondern in der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das am 14. September 2013 in Kraft getretene Zehnte BVFG-Änderungsgesetz (BGBl. S. 3554).
39Ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 13. September 2007 - 5 C 38.06 -, BVerwGE 129, 265 (266).
40Es gibt insoweit in den §§ 100 ff. BVFG keine Übergangsvorschrift, die eine Fortgeltung der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage bestimmt.
41Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführte Änderung in § 27 BVFG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), dass die Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid nicht mehr von der einzubeziehenden Person, sondern nur noch von der Bezugsperson beantragt werden kann, ändert nichts daran, dass der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines (originären) Aufnahmebescheides bestandskräftig abgelehnt worden ist. § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG sieht einen Aufnahmebescheid für Personen vor, die die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Diese Vorschrift ist durch das Zuwanderungsgesetz nicht geändert worden. Die in der Berufungsbegründung ausführlich dargelegte Auffassung, es sei zwischen einem vor 2005 und einem nach 2004 beantragten Aufnahmebescheid zu unterscheiden mit der Folge, dass für vor dem Jahr 2005 beantragte Bescheide auch die vor 2005 bestehende Rechtslage weitergelte, ist in Wortlaut und Systematik des Bundesvertriebenengesetzes an keiner Stelle angelegt.
42Der Hinweis der Klägerin auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 6. April 2010 zu § 100b des Bundesvertriebenengesetzes (GMBl. S. 637) geht fehl. Eine untergesetzliche Verwaltungsvorschrift kann nicht die Fortgeltung einer aufgehobenen gesetzlichen Regelung anordnen. Aus der Bestimmung, dass vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufnahmebescheide wirksam bleiben, ergibt sich im Übrigen nicht, dass auf diese Aufnahmebescheide insgesamt die vor dem 1. Januar 2005 geltende Fassung des Bundesvertriebenengesetzes anzuwenden ist. Der Inhalt dieser Verwaltungsvorschrift erschöpft sich vielmehr darin, dass vor dem 1. Januar 2005 bestandskräftig gewordene Bescheide nicht widerrufen werden, sondern gültig bleiben.
432. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG findet auch auf Personen Anwendung, die ‑ wie die Klägerin ‑ vor seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Es liegt jedenfalls dann keine verfassungswidrige Rückwirkung vor, wenn sich ein Vertrauen auf den Fortbestand des vor 2005 geltenden Rechts nicht bilden konnte.
44Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2011 ‑ 11 A 747/11 ‑, juris.
45Die Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG im Fall der Klägerin führt nicht zu einer wegen Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) unzulässigen Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor bei einem nachträglich ändernden Eingriff in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände. Der hierdurch gewährte Vertrauensschutz tritt zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (268 f.).
47So liegt der Fall hier, wobei dahinstehen kann, ob hier eine derartige Rückbewirkung von Rechtsfolgen vorliegen kann. Der Klägerin ist zwar durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG die vor dem 1. Januar 2005 bestehende Möglichkeit genommen worden, nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern und der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling von Spätaussiedlern zu einem späteren Zeitpunkt noch im Wege der sogenannten Höherstufung eine Bescheinigung als Spätaussiedlerin nach § 15 Abs. 1 BVFG zu erlangen. Bei ihr hat sich jedoch kein Vertrauen auf den Fortbestand dieser Möglichkeit bilden können. Dementsprechend ist ihr entgegen ihrer Auffassung auch keine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Position entzogen worden.
48Die Spätaussiedlereigenschaft setzt nach den §§ 4 Abs. 1, 6 BVFG voraus, dass der Betreffende deutscher Volkszugehöriger ist. Wer die Spätaussiedlereigenschaft auf Grund eines eigenen (originären) Aufnahmebescheides (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG) kraft der bei der Aufenthaltnahme im Bundesgebiet geltenden Rechtslage erworben hat, kann darauf vertrauen, dass sie ihm nicht rückwirkend genommen wird.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (270 f.).
50Die Klägerin hatte jedoch ein dahingehendes Vertrauen nicht erworben. Ihre deutsche Volkszugehörigkeit war im bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahren mit Bescheid vom 19. Februar 1996 verneint worden, so dass ihr nur der Weg über die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern verblieb, um in die Bundesrepublik Deutschland einreisen zu können. Sie erfüllte die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG nach einer behördlichen Prüfung zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme im Bundesgebiet also gerade nicht. Ein Vertrauen der Klägerin darauf, dass sie die deutsche Volkszugehörigkeit in einem späteren Verwaltungsverfahren nochmals erfolgreich geltend machen könnte, konnte daher nicht entstehen und ist somit nicht schutzwürdig.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2011 ‑ 11 A 747/11 ‑, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 ‑ 5 C 14.03 ‑, BVerwGE 119, 188 (190).
52Im Vertriebenenrecht besteht generell kein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechtsstatus nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht für die Zukunft modifiziert.
53Vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 ‑ 9 C 391.94 ‑, BVerwGE 99, 133 (138).
54Die Klägerin hätte unter Berufung auf ihre Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern noch bis zum 31. Dezember 2004 eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhalten können. Diese Möglichkeit hat sie nicht genutzt.
553. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Das Bundesverwaltungsamt hat den von der Klägerin gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid vom 19. Februar 1996 bestandskräftig abgelehnt. Selbst wenn für die Erhebung eines Widerspruchs die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung gegolten hätte, ist die ordnungsgemäße Erhebung eines Widerspruchs entsprechend den Formanforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde innerhalb dieser Frist nicht feststellbar. Der Vortrag der Klägerin, bei der Registrierung am 7. Juni 1996 habe sie gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen worden sei, daraufhin sei ihr gesagt worden, die Frist für einen Widerspruch sei abgelaufen, führt nicht weiter. Diese Behauptung widerspricht zunächst ihrem Vortrag sowohl in der E-Mail vom 19. Mai 2010 als auch in der Widerspruchsbegründung vom 20. Juli 2010, mit ihr sei bei der Einreise nicht gesprochen worden. Unabhängig davon hätte der Hinweis der Behörde, die Widerspruchsfrist sei abgelaufen, auch dann, wenn er sachlich unzutreffend gewesen wäre, nicht zur Folge, dass ein Widerspruch erhoben worden ist oder als erhoben gilt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Februar 1996 weder sinnvoll noch erforderlich gewesen wäre. Die Klägerin hätte – wie sie in anderem Zusammenhang selbst vorträgt ‑ zum damaligen Zeitpunkt unmittelbar eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG beantragen können.
56II. Der erste Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Dem geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides – hier gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, weil die Klägerin sich im Bundesgebiet aufhält – steht bereits die Bestandskraft des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 19. Februar 1996 entgegen, mit dem ein erster Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheides abgelehnt worden ist. Wie oben dargelegt unterscheidet das Bundesvertriebenengesetz entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwischen Aufnahmebescheiden, die vor 2005 und nach 2004 erteilt worden sind. Der Bescheid vom 19. Februar 1996 ist bestandskräftig, weil die Klägerin – wie ebenfalls oben dargelegt – einen den Formanforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechenden Widerspruch nicht erhoben hat.
57Nach ständiger Rechtsprechung kann ein erneut geltend gemachter Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nach dem Bundesvertriebenengesetz als Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens allein auf § 51 VwVfG gestützt werden.
58Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2012 – 11 A 1810/11 ‑, juris, m. w. N.
59Einen derartigen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens macht die Klägerin im Verfahren 10 K 3249/12 vor dem Verwaltungsgericht Köln geltend. Er ist nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.
60III. Daraus folgt gleichzeitig, dass auch der zweite Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann. Für den von der Klägerin hier geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 19. Februar 1996 gibt es keine Rechtsgrundlage. Der Klägerin steht insoweit nur der Weg über § 51 VwVfG offen. Ein von ihr gestellter Antrag auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 19. Februar 1996 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ist Gegenstand des Verfahrens 10 K 3249/12 beim Verwaltungsgericht Köln.
61IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
62Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
63Der Senat lässt die Revision zu, weil die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG an Personen entgegensteht, die vor dem 1. Januar 2005 mit einem Einbeziehungsbescheid nach Deutschland übergesiedelt sind, von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich nicht geklärt ist.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten um die Erteilung eines vertriebenenrechtlichen Aufnahmebescheids.
- 2
-
Die 1954 in Kasachstan geborene Klägerin ist väterlicherseits deutschstämmig. Am 28. Juni 2002 kam die Klägerin ins Bundesgebiet, um ihre Eltern zu besuchen. Während des Besuchsaufenthalts heiratete sie am 13. September 2002 einen deutschen Staatsangehörigen. Sie erhielt aufenthaltsrechtliche Erlaubnisse als ausländische Ehegattin eines Deutschen.
- 3
-
Am 4. Juni 2007 beantragte sie die Erteilung eines Aufnahmebescheids als Spätaussiedlerin. Mit diesem Begehren hatte sie außergerichtlich und erstinstanzlich keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht gab der Berufung statt und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen. Die Klägerin habe nach § 27 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BVFG einen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids, weil sie als deutsche Volkszugehörige die Spätaussiedlervoraussetzungen erfülle und nach der Härtefallregelung des § 27 Abs. 2 BVFG die Aufnahme vom Inland aus beantragen könne. Dabei sah das Oberverwaltungsgericht es als erwiesen an, dass die Klägerin von einem Deutschen abstamme, sich durchgehend zum deutschen Volkstum bekannt habe und aufgrund familiärer Vermittlung zum Zeitpunkt der Aussiedlung (Eheschließung) im Jahr 2002 ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache habe führen können. Dass die Klägerin erst mehr als vier Jahre nach der Einreise den Aufnahmeantrag gestellt habe, lasse nicht auf einen mangelnden Spätaussiedlerwillen im Sinne des § 26 BVFG schließen. Die gesetzliche Vermutung für ein vertreibungsbedingtes Verlassen der Aussiedlungsgebiete gelte auch im Rahmen dieser Vorschrift und sei nicht eindeutig widerlegt. Auch kenne das Bundesvertriebenengesetz keine Frist für die Stellung eines Aufnahmeantrags. Ebenso wie im regulären Verfahren eine späte Antragstellung nicht schade, habe der Gesetzgeber auch für das Verfahren nach § 27 Abs. 2 BVFG - anders als in § 5 Nr. 2c BVFG - keine Frist eingeführt. Soweit in den Verwaltungsvorschriften eine Jahresfrist bestimmt werde, entfalte dies keinerlei Bindungswirkung für die Gerichte. Wenn der Gesetzgeber von einer solchen Regelung absehe, stehe es nicht in der Zuständigkeit der Gerichte oder der Exekutive, hier modifizierend einzugreifen.
- 4
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen verletze die bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 26, 27 Abs. 2 BVFG. Der Aufnahmeantrag müsse auch im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 BVFG in zeitlichem Zusammenhang mit der Wohnsitznahme gestellt werden. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass Spätaussiedler bei Vorliegen eines Härtefalles nur auf dem Weg des § 27 Abs. 2 BVFG ein Bleiberecht im Bundesgebiet erhalten könnten und daher den Antrag zeitnah stellten. Auch setze § 26 BVFG den Willen voraus, den ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet als Spätaussiedler zu nehmen. § 4 Abs. 1 BVFG verlange, dass das Herkunftsgebiet tatsächlich "im Wege des Aufnahmeverfahrens" verlassen werde. Erforderlich sei demnach das Bewusstsein, als deutscher Volkszugehöriger Deutschland um Aufnahme zu ersuchen, und das tatsächliche Beschreiten dieses Weges. Wer erst Jahre nach seiner Ausreise aufdecke, dass er als Spätaussiedler gelten möchte, sei gerade nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern auf anderen Wegen aus vertreibungsfremden Gründen ausgesiedelt.
- 5
-
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. § 27 Abs. 2 BVFG erfordere nur das Vorliegen einer besonderen Härte. Wie vom Oberverwaltungsgericht zutreffend festgestellt, sei es der Klägerin aufgrund ihrer Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen nicht zuzumuten, für die Durchführung des Aufnahmeverfahrens ins Aussiedlungsgebiet zurückzukehren. Die Forderung der Beklagten, einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides innerhalb eines gewissen Zeitrahmens zu stellen, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Von dieser eindeutigen Gesetzeslage könne weder im Wege der Interpretation, noch durch eine teleologische Reduktion noch durch eine negative Analogie abgewichen werden. Des Weiteren sei die Frage, ob die Klägerin aus vertreibungsbedingten oder vertreibungsfremden Gründen ausgereist sei, nach der Neuregelung des Spätaussiedlerbegriffes nicht mehr zu prüfen.
- 6
-
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass ein Härtefallantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG bereits aus systematischen Gründen zeitnah gestellt werden müsse.
Entscheidungsgründe
- 7
-
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Aufnahmeantrag nach der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet zeitlich unbegrenzt gestellt werden kann, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 27 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl I S. 1902), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2012 (BGBl I S. 2246), setzt vielmehr voraus, dass der Aufnahmeantrag in zeitlichem Zusammenhang mit dem Aussiedlungsvorgang gestellt wird (1.). Auf diesem Rechtsverstoß beruht die angegriffene Entscheidung. Da nach den tatrichterlichen Feststellungen der Antrag erst mehr als vier Jahre nach der Übersiedlung gestellt worden ist, ist das Berufungsurteil abzuändern und die Berufung zurückzuweisen (2.).
- 8
-
1. Das Oberverwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass die Klägerin sich auf Grund der Eheschließung mit einem Deutschen auf einen Härtefallgrund im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG berufen kann, weil das Ansinnen, zum Zwecke der Durchführung des regulären Aufnahmeverfahrens in das Aussiedlungsgebiet zurückzukehren, mit der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar wäre (Urteile vom 18. November 1999 - BVerwG 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <105> und BVerwG 5 C 4.99 - BVerwGE 110, 106 <109 f.>). Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss aber auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden.
- 9
-
a) Es trifft zwar zu, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags enthält. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Wortlaut der Norm für die Frage, ob der Antrag im zeitlichen Zusammenhang zum Aussiedlungsvorgang gestellt werden muss, unergiebig ist. Vielmehr lassen die in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Bezug genommenen Begriffe "Aufnahme" und "Aufnahmebescheid" mittelbar auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen. Denn üblicherweise werden nur Personen staatlicherseits in ein Land "aufgenommen", die gerade erst eintreffen oder noch nicht lange angekommen sind. Insofern vermittelt das Wort "Aufnahme" die Assoziation eines engen zeitlichen Zusammenhangs zur Einreise. Denn der Begriff der Aufnahme wird jedenfalls im allgemeinen Sprachgebrauch nicht im Zusammenhang mit Personen verwendet, die sich schon vor mehreren Jahren mit behördlicher Erlaubnis in einem Land niedergelassen haben.
- 10
-
b) In diese Richtung deutet auch die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG. Die Vorschrift geht auf das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz - AAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl I S. 1247) zurück. Dieses Gesetz war eine Reaktion darauf, dass bedingt durch den Fall des Eisernen Vorhangs Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock bessere Reisemöglichkeiten hatten und in steigender Anzahl im Bundesgebiet ankamen. Im Jahr 1987 waren es noch 80 000, im Jahr 1988 bereits 200 000 und im Jahr 1989 schon 380 000 (BTDrucks 11/6937 S. 5). Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, den Zuzug von Aussiedlern zu begrenzen. Da sich die Verhältnisse in den ehemaligen Ostblockstaaten für die verbliebenen Deutschen erheblich verbessert hatten, sollten ausreisewillige Aussiedler auf ein Vorprüfungsverfahren in den Herkunftsgebieten verwiesen werden, um auf diese Weise den Zuzug zu regulieren (vgl. Urteil vom 19. April 1994 - BVerwG 9 C 343.93 - DVBl 1994, 938 = juris Rn. 21).
- 11
-
Dementsprechend sollte nach § 27 Abs. 1 BVFG das Aufnahmeverfahren im Regelfall von den Herkunftsstaaten aus betrieben werden und nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Bundesgebiet. Der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (BTDrucks 11/6937 S. 6) lässt sich zwar nicht entnehmen, in welchem Zeitraum ein Härtefallantrag gestellt werden sollte. Der Gesetzgeber ging aber von der Situation aus, dass die Aufnahmebewerber "fast ausnahmslos ... mit einem Besuchs- oder Touristenvisum" einreisten (BTDrucks 11/6937 S. 5) und daher zur Erlangung eines dauerhaften Bleiberechts nach Ablauf des im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz stellen mussten. Insofern liegt die Annahme der Beklagten nahe, dass der Gesetzgeber von einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise ausging.
- 12
-
c) Diese Annahme wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Dafür sprechen sowohl die speziell für das Aufnahmeverfahren geltenden Regelungen der §§ 26, 27 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 BVFG als auch die allgemein für die Anerkennung als Spätaussiedler geltenden Regelungen der § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
- 13
-
Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 26 BVFG nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand September 2012, B 2 § 26 BVFG n.F. Anm. 3. S. 9). Hierfür genügt die Absicht, zeitweise im Bundesgebiet zu leben, nicht. Vielmehr muss der Wille bestehen, auf Dauer als Deutscher unter Deutschen zu leben und sich mit Spätaussiedlerstatus im Bundesgebiet endgültig niederzulassen. Es reicht nicht, wenn sich ein deutscher Volkszugehöriger auf einen Vertriebenen-, Aussiedler- oder Umsiedlerstatus nach altem Recht oder auch nur auf seine deutsche Staatsangehörigkeit beruft. Vielmehr muss er gerade den Willen haben, nach endgültiger Wohnsitznahme den Spätaussiedlerstatus gemäß § 4 i.V.m. § 6 BVFG zu erwerben (Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 5 B 17.99 - juris Rn. 3 und vom 17. August 2004 - BVerwG 5 B 72.04 - juris Rn. 7 m.w.N.).
- 14
-
Dieser Wille kann aber nur durch einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler nach außen hin betätigt werden. Die Auffassung, dass der Spätaussiedlerwille gleichsam "nur im Herzen getragen" werden müsse, vor der Aufnahmebehörde aber über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg geheim gehalten werden dürfe, verkennt die systematische Stellung des § 26 BVFG in den das behördliche Aufnahmeverfahren regelnden Vorschriften. Das Willenserfordernis ist Teil des Vierten Abschnitts "Aufnahme" im Bundesvertriebenengesetz, in dem das vom Bundesverwaltungsamt zu führende Verfahren für den Zuzug von Spätaussiedlern geregelt ist. Damit ist der Spätaussiedlerwille keine mit dem Vertreibungsdruck nahezu wesensgleiche materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für den Erhalt des Aufnahmebescheids. Der Spätaussiedlerwille muss dementsprechend auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck gebracht werden.
- 15
-
Da § 26 BVFG vorschreibt, dass der Spätaussiedlerwille bereits beim Verlassen des Aussiedlungsgebietes, d.h. bei der endgültigen Aufgabe des Wohnsitzes im Herkunftsstaat, vorliegen muss, legt die Vorschrift die Schlussfolgerung nahe, dass dieser Wille auch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete betätigt werden muss. Im Normalfall des § 27 Abs. 1 BVFG wird dieser Wille bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes durch einen Aufnahmeantrag zum Ausdruck gebracht. Liegen Härtefallgründe vor, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, befreit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Erfordernis der Antragstellung im Herkunftsstaat. Die Vorschrift entbindet aber nicht von den "sonstigen Voraussetzungen" des Aufnahmeverfahrens, so dass der Spätaussiedlerwille in gleicher Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden muss. Ist ein solcher Zusammenhang nicht gegeben, stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise dar.
- 16
-
Dass der Aussiedlungsvorgang aus der Sicht des Gesetzgebers in zeitlicher Hinsicht begrenzt ist und dass eine Aufnahme nach endgültigem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs grundsätzlich nicht mehr möglich ist, zeigt auch die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG. Diese Vorschrift regelt die Frage, wie lange nach dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes geborene Kinder in den Aufnahmebescheid aufgenommen werden können. Die Frage wird vom Gesetz dahingehend beantwortet, dass die Kinder noch während des Aussiedlungsvorgangs geboren sein müssen. Nach der endgültigen Niederlassung geborene Kinder können nicht mehr nachträglich in den Aufnahmebescheid einbezogen werden. Ebenso können Ehegatten, wenn die Ehe erst nach der Niederlassung geschlossen wird, nicht mehr einbezogen werden (BTDrucks 12/3212 S. 26). Damit wird klargestellt, dass das Aufnahmeverfahren einen temporären Bezug zum Aussiedlungsvorgang hat und dass mit dem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs eine rechtliche Grenze für die im Aufnahmeverfahren berücksichtigungsfähigen Umstände erreicht ist.
- 17
-
Schließlich spricht auch die Vorschrift des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG dafür, dass das Aufnahmeverfahren im zeitlichen Zusammenhang mit dem Aussiedlungsvorgang betrieben werden muss. Nach dieser Vorschrift dürfen für jedes Kalenderjahr nur so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der im Jahre 1998 vom Bundesverwaltungsamt verteilten Personen nicht übersteigt. Im Jahre 1998 wurden 103 080 Personen vom Bundesverwaltungsamt verteilt (von Schenckendorff, a.a.O. § 27 BVFG n.F. Anm. 6.a). Die damit gesetzlich vorgegebene jährliche Höchstquote von Spätaussiedlern dient der Verstetigung des Spätaussiedlerzuzugs unter Berücksichtigung der hiesigen Wohnungs- und Arbeitsmarktsituation (vgl. BTDrucks 12/3597 S. 45). Sie kann zwar nach § 27 Abs. 4 Satz 2 BVFG vom Bundesverwaltungsamt um höchstens 10 vom Hundert nach oben verändert werden, ist darüber hinaus aber nicht erweiterungsfähig. Die Einhaltung der Höchstgrenze kann vom Bundesverwaltungsamt nur überwacht werden, wenn ihm auch tatsächlich alle Aussiedlungsvorgänge eines Jahres mitgeteilt werden. Dies setzt voraus, dass auch in den Härtefällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG der Aufnahmeantrag in zeitlichem Zusammenhang zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete und zur Niederlassung im Bundesgebiet gestellt wird.
- 18
-
Die Beklagte weist auch zu Recht darauf hin, dass § 4 Abs. 1 BVFG für die Anerkennung als Spätaussiedler voraussetzt, dass der deutsche Volkszugehörige den Herkunftsstaat "im Wege des Aufnahmeverfahrens" verlassen hat. Der subjektive Spätaussiedlerwille allein genügt also nicht, wenn objektiv das Aufnahmeverfahren nicht betrieben wird. Zwar sind die Fälle des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG dadurch gekennzeichnet, dass das Aufnahmeverfahren zumutbarer Weise nicht vorab vom Aussiedlungsgebiet aus durchgeführt werden kann. Insoweit schadet es nicht, wenn die Einreise ins Bundesgebiet im ausländerrechtlichen Visumsverfahren erfolgt ist. Die gesetzliche Formulierung "im Wege des Aufnahmeverfahrens" legt aber die Interpretation nahe, dass dann jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung und der dauerhaften Wohnsitznahme im Bundesgebiet das Aufnahmeverfahren betrieben werden muss.
- 19
-
Dafür spricht auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung. Nach § 6 Abs. 1 BVFG ist deutscher Volkszugehöriger, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Insbesondere muss die Zuordnung zur deutschen Nationalität in der Regel durch eine familiäre Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG). Diese ist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Zur Überprüfung dieses Bestätigungsmerkmals ist im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers von der zuständigen Behörde ein Gespräch mit dem Aufnahmebewerber zu führen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG. In diesem Gespräch muss der entsprechende Nachweis der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache erbracht werden. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG entbindet nicht von dem Erfordernis, dass ein entsprechendes Gespräch im Aufnahmeverfahren zu führen ist. Vielmehr verschiebt § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt. Während im Regelfall die Sprachprüfung vor der Aussiedlung im Herkunftsgebiet durchgeführt wird, ist im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die Sprachbeherrschung im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu prüfen.
- 20
-
Diese vom Gesetz vorgesehene behördliche Überprüfung der Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der ständigen Wohnsitznahme kann aber nur erfolgen, wenn der Betroffene in zeitlichem Zusammenhang zur Begründung des ständigen Aufenthalts einen Aufnahmeantrag stellt. Wenn der Aufnahmeantrag erst - wie hier - mehrere Jahre nach Einreise gestellt wird, ist eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme vielfach nicht mehr möglich. Außerdem würde den Aufnahmebewerbern für einen unbegrenzten Zeitraum die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache im Inland eröffnet. Dies entspräche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.
- 21
-
d) Schließlich sprechen auch die Zwecke des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes dafür, dass der Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung geltend gemacht wird.
- 22
-
Wie bereits ausgeführt dient das Aufnahmeverfahren der Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs (Urteil vom 19. April 1994 a.a.O., BTDrucks 11/6937 S. 5 f.). Soweit in der Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Härtefällen von dem Erfordernis der Auslandsantragstellung befreit wird, wird damit nicht die Konzeption des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren aufgegeben. Insbesondere muss aus Gründen der Zuzugskontrolle zeitnah geprüft werden, ob überhaupt besondere Härtefallgründe vorliegen, die eine Antragstellung im Bundesgebiet rechtfertigen. Nimmt der Aufnahmebewerber dies irrtümlich an, dann muss er nach der Ablehnung des Härtefallantrags - wie § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG zeigt - in das Aussiedlungsgebiet zurückreisen, um einen Folgeantrag erfolgreich stellen zu können. Auch diese im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht würde unterlaufen, wenn ein dauerhafter Zuzug auf ausländerrechtlicher Grundlage unschädlich wäre und wenn der Betroffene im Bundesgebiet das Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten oder fehlende deutsche Sprachkenntnisse über mehrere Jahre ungeprüft nacherwerben könnte. Denn § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfasst nicht Fallgestaltungen, die der Antragsteller oder andere Personen durch ein ihm oder ihnen zuzurechnendes Verhalten mit der Absicht herbeigeführt haben, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 BVFG zu umgehen (Urteil vom 18. November 1999 a.a.O.
). Ließe man aber eine Antragstellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zu einem beliebig späten Zeitpunkt nach der dauerhaften Wohnsitznahme zu, könnte dies eine Anreizwirkung für eine Umgehung der Regelerfordernisse haben.
- 23
-
Schließlich spricht auch der Gesichtspunkt, dass das Bundesvertriebenengesetz die Integration der Aussiedler im Bundesgebiet fördern will, gegen die vom Oberverwaltungsgericht befürwortete Möglichkeit, Aufnahmeanträge erst mehrere Jahre nach der Niederlassung stellen zu können. Das Bundesvertriebenengesetz will - wie der Senat bereits entschieden hat - "dem Volksdeutschen, wenn er auf Grund seines eigenen Entschlusses das Vertreibungsgebiet verlassen hat, die Eingliederung in das Leben der Bundesrepublik Deutschland erleichtern" (Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 266.86 - BVerwGE 78, 147 <151>). Zu diesem nunmehr in § 7 Abs. 1 Satz 1 BVFG ausdrücklich niedergelegten Zweck sieht es eine Reihe von "Starthilfen" vor, die zeitlich unmittelbar an die Wohnsitznahme im Bundesgebiet anknüpfen. Dazu zählen etwa die Integrationskurse (§ 9 Abs. 1 BVFG), das Überbrückungsgeld (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BVFG) und der einstweilige Krankenversicherungsschutz (§ 11 BVFG). Ferner wird der Einstieg ins Berufsleben durch die §§ 10 und 14 BVFG erleichtert. Dabei dienen insbesondere der Besuch der Integrationskurse (§ 9 BVFG) und die Anerkennung von Prüfungen und Befähigungsnachweisen (§ 10 BVFG) nicht nur dem individuellen Interesse der Spätaussiedler, sondern auch dem Interesse der Allgemeinheit an einer zeitnah zur Niederlassung im Bundesgebiet stattfindenden sozialen und beruflichen Integration der Spätaussiedler im Bundesgebiet. Bliebe es dem Spätaussiedler überlassen, den Aufnahmeantrag zu einem Zeitpunkt zu stellen, bei dem ein zeitlicher Zusammenhang zu der Niederlassung im Bundesgebiet nicht mehr gewahrt ist, würde das Ziel des Bundesvertriebenengesetzes, die Integration ankommender Spätaussiedler durch staatliche Hilfen zu beschleunigen, verfehlt. Daher spricht auch der Integrationszweck des Bundesvertriebenengesetzes für die Annahme, dass Aufnahmeanträge nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zeitnah zum Verlassen des Aussiedlungsgebiets gestellt werden müssen.
- 24
-
Die aufgezeigten Gesichtspunkte gebieten jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Annahme, der Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids müsse in den Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise gestellt werden.
- 25
-
2. Somit verletzt die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG eine zeitlich unbegrenzte Antragstellung zulässt, Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Auf dieser Verletzung revisiblen Rechts beruht die angegriffene Entscheidung auch, weil das Oberverwaltungsgericht dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheids stattgegeben hat, obwohl der von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG geforderte zeitliche Zusammenhang zur Aussiedlung im vorliegenden Fall nicht besteht. Ob ein Härtefallantrag in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang zu dem mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets beginnenden und mit der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet endenden Aussiedlungsvorgang steht, ist eine Frage, die nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beantwortet werden kann. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Antragstellung und Aussiedlungsvorgang - wie die Beklagte unter Berufung auf die einschlägigen Verwaltungsvorschriften meint - regelmäßig spätestens mit Ablauf eines Jahres nach Verlassen der Aussiedlungsgebiets verloren geht. Denn jedenfalls steht ein Antrag, der - wie hier - mehr als vier Jahre nach der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet gestellt wird, nicht mehr im erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aussiedlung.
- 26
-
Da sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts schon wegen dieses Bundesrechtsverstoßes als unrichtig erweist, ist es nach § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO abzuändern. Die Berufung ist zurückzuweisen, weil die Klägerin - wie vom Verwaltungsgericht entschieden - keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids hat. Ob das Urteil das Oberverwaltungsgerichts - wie die Beklagte vorträgt - auch in anderer Hinsicht rechtsfehlerhaft ist, kann offenbleiben.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 13. April 1975 geborene Klägerin beantragte am 13. November 1992 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz. Diesen Antrag lehnte das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 19. Februar 1996 im Kern mit der Begründung ab, die deutschen Sprachkenntnisse der Klägerin seien nicht ausreichend, weil sie diese nur in der Schule erworben habe. Das Bundesverwaltungsamt bezog die Klägerin aber in den ihren Eltern am 19. Februar 1996 erteilten Aufnahmebescheid ein.
3Am 7. Juni 1996 wurde die Klägerin zusammen mit ihren Eltern in der Bundesrepublik Deutschland registriert und erhielt am 22. Mai 1997 auf ihren Antrag vom Stadtdirektor der Stadt Bad M.----- eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 25. Mai 1998 wurde die Klägerin eingebürgert.
4Am 15. April 2004 meldete sich die Klägerin telefonisch bei der Stadt Bad M.-----. Der hierüber aufgenommene Vermerk hat folgenden Wortlaut:
5„Frau E. fragt noch einmal nach ihrer Vertriebeneneigenschaft und Zuordnung nach § 7 Abs. 2 BVFG.
6Ihr wurde mitgeteilt, dass nach Einsicht in die Akte kaum eine Möglichkeit der Umwandlung von § 7 Abs. 2 nach § 4 BVFG gesehen wird, da in der Aufnahmeakte seinerzeit ein Bescheid über die Ablehnung in sehr ausführlicher Form erfolgt sei, wonach sie deutsch in der Schule und nicht zu Hause gelernt habe und dieser Bescheid anhand der seinerzeitigen eigenen Angaben auch so erfolgt sei. Dieser Bescheid war u. a. auch Grundlage für die hiesige Entscheidung.
7Im weiteren Gespräch gab sie auch zu, dass zu Hause kaum Deutsch gesprochen wurde, weil man nicht wollte, dass im Dorf bekannt würde, dass sie Deutsche seien. Erst als sie quasi auf ihren gepackten Koffern gesessen hätten, sei es bekannt geworden.”
8Mit Schreiben vom 7. Juni 2010 wandte sich die Klägerin an das Bundesverwaltungsamt und führte aus: Im damaligen Bescheid habe es geheißen, dass sie die Sprache in der Schule erlernt habe und nicht in der Familie. Im Nachhinein sei ihr immer unklarer geworden, wieso sie eigentlich nicht wie ihre Eltern den Status als Spätaussiedlerin erhalten habe. Mit ihr persönlich sei kein einziges Wort gesprochen worden. Damals sei sie nicht besonders redselig gewesen. Wenn sie die Sprache nicht schon seit Kindheit gehört und in der Familie erlernt hätte, hätte sie nicht alle Amtsgänge selbst erledigen und nach nur einem halben Jahr eine Zusage aus einer PTA-Schule erhalten können. Sie wolle gerne ihren Status ändern lassen.
9Nach einem entsprechenden Hinweis des Bundesverwaltungsamts stellte die Klägerin am 15. Juni 2010 einen „Antrag auf Höherstufung von § 7 nach § 4 Bundesvertriebenengesetz”.
10Diesen Antrag wertete das Bundesverwaltungsamt als Antrag nach § 15 Abs. 1 BVFG, lehnte ihn mit Bescheid vom 5. Juli 2010 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, eine solche Bescheinigung könne nicht mehr ausgestellt werden, da der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid vom 19. Februar 1996 abgelehnt worden sei. Daher stehe § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG der Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung entgegen.
11Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 20. Juli 2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug: Als ihr Antrag am 19. Februar 1996 abgelehnt worden sei, sei die ganze Familie noch in Kasachstan gewesen. Keiner habe richtig gewusst, was das heiße und dass man einen Widerspruch habe erheben können. Bei der Einreise sei mit ihr überhaupt nicht gesprochen worden. Sie sei sozusagen als nichtsverstehender Abkömmling „abgestempelt” worden. Natürlich hätte sie damals sofort etwas unternehmen sollen. Aber sie sei es gewohnt gewesen, anderen nicht „auf die Nerven” zu gehen und sie sei mit dem zufrieden gewesen, was sie gehabt habe. Nun sehe sie es als großen Fehler und versuche deshalb jetzt, 14 Jahre später, etwas zu ändern.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück.
13Am 30. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Sie könne höher gestuft werden, die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG sei nur für Ablehnungen eines Aufnahmeantrags ab dem 1. Januar 2005 anwendbar. Außerdem sei die Ablehnung des Aufnahmeantrags nicht bestandskräftig. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe an den Bevollmächtigten ergebe sich nicht aus der Akte. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft, da sie unzutreffend auf die Möglichkeit verweise, bei einer deutschen Auslandsvertretung Widerspruch zu erheben. Daher gelte die Jahresfrist. Die Klägerin habe bereits bei ihrer Registrierung 1996 eine Höherstufung verlangt, mithin Widerspruch erhoben, über den bis heute nicht entschieden sei. Sie erfülle die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft, insbesondere sei ihr die deutsche Sprache in ausreichendem Umfang innerhalb der Familie vermittelt worden. Alle anderen Familienmitglieder außer ihr und ihrer 1987 geborenen Schwester U. seien als Spätaussiedler anerkannt. Die vor dem 1. Januar 2005 geltende Rechtslage gelte für die vor diesem Datum erteilten Bescheide weiter.
14In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, sie habe bei der Registrierung gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen worden sei, obwohl sie genauso wie ihre Eltern Deutsch spreche.
15Die Klägerin hat beantragt,
16die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 05.07.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2010 zu verpflichten, der Klägerin eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen,
17hilfsweise,
18unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.1996 die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zum Zwecke der späteren Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG zu erteilen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie hat ergänzend vorgetragen: Der ablehnende Bescheid vom 19. Februar 1996 sei ordnungsgemäß zugestellt worden. Aus dem Verwaltungsvorgang sei weder ersichtlich, dass die Klägerin bei der Registrierung mündlich zur Niederschrift Widerspruch gegen den in Rede stehenden Ablehnungsbescheid erhoben habe, noch sei festgehalten, dass Gründe für eine besondere Härte vorgetragen worden seien oder die bloße Höherstufung beantragt worden sei. Nach den Feststellungen der damals zuständigen Bescheinigungsbehörde sei die Klägerin in ihrer Kindheit in der russischen Sprache erzogen worden. Auch die Bescheinigungsbehörde habe damals mit keinem Wort erwähnt, dass die Klägerin im Jahr 1997 die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und damit die Höherstufung begehrt habe. Auch aus dem im Jahr 2004 mit der Stadt Bad M.---- geführten Telefonat ergebe sich, dass die Klägerin zu Hause kaum Deutsch gesprochen habe. Dem Anspruch der Klägerin stehe die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen.
22Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG stehe die Sperrwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegen. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil die Klägerin das erforderliche Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt habe.
23Die Klägerin hat gegen das ihr am 10. Oktober 2011 zugestellte Urteil am 27. Oktober 2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 sei schon nicht bestandskräftig geworden. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, soweit auf die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung bei einer deutschen Auslandsvertretung hingewiesen worden sei, so dass die Jahresfrist gegolten habe. Bei ihrer Registrierung am 4. Juni 1996 habe sie gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen sei, obwohl sie Deutsch spreche wie ihre Eltern. Daraufhin sei ihr gesagt worden, die Frist für einen Widerspruch sei abgelaufen. Sie sei von diesem förmlichen Rechtsbehelf nur abgehalten worden, weil sie vom Vertreter der Beklagten falsch belehrt worden sei. Ein schriftlicher Widerspruch sei nicht notwendig. Die Beklagte habe sich darauf auch nicht berufen können, weil sie selbst fehlerhaft gearbeitet habe. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG auf Spätaussiedlerbewerber, die vor dem 1. Januar 2005 nach Deutschland eingereist seien, sei verfassungswidrig. Bis zu diesem Zeitpunkt sei eine sogenannte Höherstufung auf der Basis eines Einbeziehungsbescheides unproblematisch möglich gewesen. Nach Erteilung des Einbeziehungsbescheides habe kein Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides bestanden. Sie habe darauf vertrauen können, dass ihr trotz Ablehnung des Aufnahmebescheides eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt werde. Die Spätaussiedlerbescheinigung habe keine konstitutive Wirkung; vielmehr sei der Status als Spätaussiedler schon mit der Aufnahme 1996 entstanden. Dieser Status werde ihr rückwirkend entzogen. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG beziehe sich nur auf Aufnahme- und Einbeziehungsanträge, die ab dem 1. Januar 2005 gestellt worden seien. Dies ergebe sich aus der Natur der Neuregelung. Zuvor habe ein subjektives Recht der einzubeziehenden Person bestanden; dieses sei auf die Bezugsperson übergegangen. Der Gesetzgeber habe die Einbeziehung so von ihrem ursprünglichen Charakter entfernt, dass die Regelung ab dem 1. Januar 2005 nur für neue Aufnahmeanträge gelten könne. Sollte der Gesetzgeber eine Rückwirkung gewollt haben, liege eine echte Rückwirkung vor. Die Rechtsprechung zur Sperrwirkung übersehe, dass ihr ‑ der Klägerin ‑ zum 1. Januar 2005 das subjektive Recht auf Einbeziehung entzogen worden sei und mit diesem Entzug nicht habe gerechnet werden müssen. Es liege ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor, weil der Status als Spätaussiedler zum „Eigentum” gehöre. Der Gesetzgeber sei daher verpflichtet gewesen, die Entziehung dieser Position durch ein Entschädigungsgesetz zu regeln. Die vor dem 1. Januar 2005 erteilten Bescheide blieben gültig; sie würden nicht der neuen Rechtslage unterworfen. Das ergebe sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 100 b Abs. 2 BVFG, die auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich sei. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dass die Person, die vor dem 1. Januar 2005 einbezogen worden sei, nach alter Rechtslage eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG erhalte, während die Person, die eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhalten wolle, unter die Sperre und damit die neue Rechtslage fallen solle, obwohl vor dem 1. Januar 2005 ein Aufnahmebescheid überhaupt nicht notwendig gewesen sei. Die Beklagte sei verpflichtet, den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 zurückzunehmen. Damals habe sie mit der Ablehnung des Aufnahmeantrags eine Einbeziehung verbunden. Sie habe nur die Einbeziehung gebraucht, der Aufnahmebescheid sei damals überflüssig gewesen. Dies habe sich zum 1. Januar 2005 geändert. Daher fehle in der Ablehnung des Aufnahmeantrags von 1996 die Begründung, dass sie nicht mehr höher gestuft werden könne, wenn sie den Ablehnungsbescheid bestandskräftig werden lasse. Dieser Hinweis sei bei Annahme einer Rückwirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG erforderlich. Wer präkludiert werde, müsse vorher hierauf hingewiesen werden. Durch die Sperre ergebe sich der Zwang eines neuen Aufnahmeantrags. Dies könne § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nicht verbieten. Sie hätte sich gegen die Ablehnung des Aufnahmeantrags gewehrt, wenn sie gewusst hätte, dass sie später nicht über die Einbeziehung hinaus zur Spätaussiedlerin höher gestuft werden könne. Über § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG werde rückwirkend eine Bindungswirkung für Aufnahmebescheide eingeführt, obwohl Aufnahme- und Einbeziehungsbescheide vor dem 1. Januar 2005 nur vorläufige Regelungen getroffen hätten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 – 5 C 23.11 – betreffe eine völlig andere Fallgestaltung. Nach Inkrafttreten des Zehnten BVFG‑Änderungs-gesetzes und der Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG gehe die Sperre des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG für sie ins Leere. Sie habe nunmehr einen Anspruch auf Höherstufung zumindest über die Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie erfülle auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG. Ihr sei insbesondere als Kind die deutsche Sprache ausreichend vermittelt worden, und sie habe zum Zeitpunkt ihrer Einreise ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können.
24Die Klägerin beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Bundesverwaltungsamts vom 5. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2010 zu verpflichten, der Klägerin eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen,
26hilfsweise,
27die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen,
28wiederum hilfsweise,
29auf neuen Antrag der Klägerin wieder einen Aufnahmebescheid zum Zwecke einer Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen und die Beklagte zu verpflichten, den Ablehnungsbescheid vom 19. Februar 1996 zurückzunehmen.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufungsbegründung entgegen. Das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz tangiere den Statuserwerb der Klägerin nicht mehr, weil auf den Zeitpunkt der Einreise im Jahr 1996 abzustellen sei.
33Einen von der Klägerin am 25. November 2011 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides und auf Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Februar 1996 hat das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 14. Februar 2012 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens lägen nicht vor. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 17. Februar 2012 Widerspruch, den das Bundesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2012 zurückwies. Insoweit hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Köln ‑ 10 K 3249/12 – erhoben, die noch anhängig ist.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Hefter) Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
37I. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedlerin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG, weil diesem Begehren § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG entgegensteht. Die Vorschrift stellt neben den in §§ 4, 6 BVFG geregelten materiell-rechtlichen Anforderungen eine zusätzliche Voraussetzung für die Ausstellung einer Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG auf.
381. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Rechtsgrundlage für ihr Begehren nicht das Bundesvertriebenengesetz in der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung (d. h. ohne § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG), sondern in der zum Entscheidungszeitpunkt des Senats geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das am 14. September 2013 in Kraft getretene Zehnte BVFG-Änderungsgesetz (BGBl. S. 3554).
39Ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 13. September 2007 - 5 C 38.06 -, BVerwGE 129, 265 (266).
40Es gibt insoweit in den §§ 100 ff. BVFG keine Übergangsvorschrift, die eine Fortgeltung der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage bestimmt.
41Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführte Änderung in § 27 BVFG durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), dass die Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid nicht mehr von der einzubeziehenden Person, sondern nur noch von der Bezugsperson beantragt werden kann, ändert nichts daran, dass der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines (originären) Aufnahmebescheides bestandskräftig abgelehnt worden ist. § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG sieht einen Aufnahmebescheid für Personen vor, die die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Diese Vorschrift ist durch das Zuwanderungsgesetz nicht geändert worden. Die in der Berufungsbegründung ausführlich dargelegte Auffassung, es sei zwischen einem vor 2005 und einem nach 2004 beantragten Aufnahmebescheid zu unterscheiden mit der Folge, dass für vor dem Jahr 2005 beantragte Bescheide auch die vor 2005 bestehende Rechtslage weitergelte, ist in Wortlaut und Systematik des Bundesvertriebenengesetzes an keiner Stelle angelegt.
42Der Hinweis der Klägerin auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 6. April 2010 zu § 100b des Bundesvertriebenengesetzes (GMBl. S. 637) geht fehl. Eine untergesetzliche Verwaltungsvorschrift kann nicht die Fortgeltung einer aufgehobenen gesetzlichen Regelung anordnen. Aus der Bestimmung, dass vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufnahmebescheide wirksam bleiben, ergibt sich im Übrigen nicht, dass auf diese Aufnahmebescheide insgesamt die vor dem 1. Januar 2005 geltende Fassung des Bundesvertriebenengesetzes anzuwenden ist. Der Inhalt dieser Verwaltungsvorschrift erschöpft sich vielmehr darin, dass vor dem 1. Januar 2005 bestandskräftig gewordene Bescheide nicht widerrufen werden, sondern gültig bleiben.
432. § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG findet auch auf Personen Anwendung, die ‑ wie die Klägerin ‑ vor seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Es liegt jedenfalls dann keine verfassungswidrige Rückwirkung vor, wenn sich ein Vertrauen auf den Fortbestand des vor 2005 geltenden Rechts nicht bilden konnte.
44Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2011 ‑ 11 A 747/11 ‑, juris.
45Die Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG im Fall der Klägerin führt nicht zu einer wegen Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) unzulässigen Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor bei einem nachträglich ändernden Eingriff in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände. Der hierdurch gewährte Vertrauensschutz tritt zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (268 f.).
47So liegt der Fall hier, wobei dahinstehen kann, ob hier eine derartige Rückbewirkung von Rechtsfolgen vorliegen kann. Der Klägerin ist zwar durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG die vor dem 1. Januar 2005 bestehende Möglichkeit genommen worden, nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern und der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmling von Spätaussiedlern zu einem späteren Zeitpunkt noch im Wege der sogenannten Höherstufung eine Bescheinigung als Spätaussiedlerin nach § 15 Abs. 1 BVFG zu erlangen. Bei ihr hat sich jedoch kein Vertrauen auf den Fortbestand dieser Möglichkeit bilden können. Dementsprechend ist ihr entgegen ihrer Auffassung auch keine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Position entzogen worden.
48Die Spätaussiedlereigenschaft setzt nach den §§ 4 Abs. 1, 6 BVFG voraus, dass der Betreffende deutscher Volkszugehöriger ist. Wer die Spätaussiedlereigenschaft auf Grund eines eigenen (originären) Aufnahmebescheides (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG) kraft der bei der Aufenthaltnahme im Bundesgebiet geltenden Rechtslage erworben hat, kann darauf vertrauen, dass sie ihm nicht rückwirkend genommen wird.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2007 ‑ 5 C 38.06 ‑, BVerwGE 129, 265 (270 f.).
50Die Klägerin hatte jedoch ein dahingehendes Vertrauen nicht erworben. Ihre deutsche Volkszugehörigkeit war im bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahren mit Bescheid vom 19. Februar 1996 verneint worden, so dass ihr nur der Weg über die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern verblieb, um in die Bundesrepublik Deutschland einreisen zu können. Sie erfüllte die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG nach einer behördlichen Prüfung zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme im Bundesgebiet also gerade nicht. Ein Vertrauen der Klägerin darauf, dass sie die deutsche Volkszugehörigkeit in einem späteren Verwaltungsverfahren nochmals erfolgreich geltend machen könnte, konnte daher nicht entstehen und ist somit nicht schutzwürdig.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Oktober 2011 ‑ 11 A 747/11 ‑, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 ‑ 5 C 14.03 ‑, BVerwGE 119, 188 (190).
52Im Vertriebenenrecht besteht generell kein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechtsstatus nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht für die Zukunft modifiziert.
53Vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 ‑ 9 C 391.94 ‑, BVerwGE 99, 133 (138).
54Die Klägerin hätte unter Berufung auf ihre Einbeziehung in den Aufnahmebescheid ihrer Eltern noch bis zum 31. Dezember 2004 eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhalten können. Diese Möglichkeit hat sie nicht genutzt.
553. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Das Bundesverwaltungsamt hat den von der Klägerin gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mit Bescheid vom 19. Februar 1996 bestandskräftig abgelehnt. Selbst wenn für die Erhebung eines Widerspruchs die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung gegolten hätte, ist die ordnungsgemäße Erhebung eines Widerspruchs entsprechend den Formanforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde innerhalb dieser Frist nicht feststellbar. Der Vortrag der Klägerin, bei der Registrierung am 7. Juni 1996 habe sie gesagt, sie verstehe nicht, dass sie nur als Abkömmling einbezogen worden sei, daraufhin sei ihr gesagt worden, die Frist für einen Widerspruch sei abgelaufen, führt nicht weiter. Diese Behauptung widerspricht zunächst ihrem Vortrag sowohl in der E-Mail vom 19. Mai 2010 als auch in der Widerspruchsbegründung vom 20. Juli 2010, mit ihr sei bei der Einreise nicht gesprochen worden. Unabhängig davon hätte der Hinweis der Behörde, die Widerspruchsfrist sei abgelaufen, auch dann, wenn er sachlich unzutreffend gewesen wäre, nicht zur Folge, dass ein Widerspruch erhoben worden ist oder als erhoben gilt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Februar 1996 weder sinnvoll noch erforderlich gewesen wäre. Die Klägerin hätte – wie sie in anderem Zusammenhang selbst vorträgt ‑ zum damaligen Zeitpunkt unmittelbar eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG beantragen können.
56II. Der erste Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Dem geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides – hier gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG, weil die Klägerin sich im Bundesgebiet aufhält – steht bereits die Bestandskraft des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 19. Februar 1996 entgegen, mit dem ein erster Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheides abgelehnt worden ist. Wie oben dargelegt unterscheidet das Bundesvertriebenengesetz entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwischen Aufnahmebescheiden, die vor 2005 und nach 2004 erteilt worden sind. Der Bescheid vom 19. Februar 1996 ist bestandskräftig, weil die Klägerin – wie ebenfalls oben dargelegt – einen den Formanforderungen des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechenden Widerspruch nicht erhoben hat.
57Nach ständiger Rechtsprechung kann ein erneut geltend gemachter Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nach dem Bundesvertriebenengesetz als Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens allein auf § 51 VwVfG gestützt werden.
58Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2012 – 11 A 1810/11 ‑, juris, m. w. N.
59Einen derartigen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens macht die Klägerin im Verfahren 10 K 3249/12 vor dem Verwaltungsgericht Köln geltend. Er ist nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.
60III. Daraus folgt gleichzeitig, dass auch der zweite Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann. Für den von der Klägerin hier geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 19. Februar 1996 gibt es keine Rechtsgrundlage. Der Klägerin steht insoweit nur der Weg über § 51 VwVfG offen. Ein von ihr gestellter Antrag auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 19. Februar 1996 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ist Gegenstand des Verfahrens 10 K 3249/12 beim Verwaltungsgericht Köln.
61IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
62Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
63Der Senat lässt die Revision zu, weil die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG an Personen entgegensteht, die vor dem 1. Januar 2005 mit einem Einbeziehungsbescheid nach Deutschland übergesiedelt sind, von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich nicht geklärt ist.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten um die Erteilung eines vertriebenenrechtlichen Aufnahmebescheids.
- 2
-
Die 1954 in Kasachstan geborene Klägerin ist väterlicherseits deutschstämmig. Am 28. Juni 2002 kam die Klägerin ins Bundesgebiet, um ihre Eltern zu besuchen. Während des Besuchsaufenthalts heiratete sie am 13. September 2002 einen deutschen Staatsangehörigen. Sie erhielt aufenthaltsrechtliche Erlaubnisse als ausländische Ehegattin eines Deutschen.
- 3
-
Am 4. Juni 2007 beantragte sie die Erteilung eines Aufnahmebescheids als Spätaussiedlerin. Mit diesem Begehren hatte sie außergerichtlich und erstinstanzlich keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht gab der Berufung statt und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen. Die Klägerin habe nach § 27 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BVFG einen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids, weil sie als deutsche Volkszugehörige die Spätaussiedlervoraussetzungen erfülle und nach der Härtefallregelung des § 27 Abs. 2 BVFG die Aufnahme vom Inland aus beantragen könne. Dabei sah das Oberverwaltungsgericht es als erwiesen an, dass die Klägerin von einem Deutschen abstamme, sich durchgehend zum deutschen Volkstum bekannt habe und aufgrund familiärer Vermittlung zum Zeitpunkt der Aussiedlung (Eheschließung) im Jahr 2002 ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache habe führen können. Dass die Klägerin erst mehr als vier Jahre nach der Einreise den Aufnahmeantrag gestellt habe, lasse nicht auf einen mangelnden Spätaussiedlerwillen im Sinne des § 26 BVFG schließen. Die gesetzliche Vermutung für ein vertreibungsbedingtes Verlassen der Aussiedlungsgebiete gelte auch im Rahmen dieser Vorschrift und sei nicht eindeutig widerlegt. Auch kenne das Bundesvertriebenengesetz keine Frist für die Stellung eines Aufnahmeantrags. Ebenso wie im regulären Verfahren eine späte Antragstellung nicht schade, habe der Gesetzgeber auch für das Verfahren nach § 27 Abs. 2 BVFG - anders als in § 5 Nr. 2c BVFG - keine Frist eingeführt. Soweit in den Verwaltungsvorschriften eine Jahresfrist bestimmt werde, entfalte dies keinerlei Bindungswirkung für die Gerichte. Wenn der Gesetzgeber von einer solchen Regelung absehe, stehe es nicht in der Zuständigkeit der Gerichte oder der Exekutive, hier modifizierend einzugreifen.
- 4
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen verletze die bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 26, 27 Abs. 2 BVFG. Der Aufnahmeantrag müsse auch im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 BVFG in zeitlichem Zusammenhang mit der Wohnsitznahme gestellt werden. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass Spätaussiedler bei Vorliegen eines Härtefalles nur auf dem Weg des § 27 Abs. 2 BVFG ein Bleiberecht im Bundesgebiet erhalten könnten und daher den Antrag zeitnah stellten. Auch setze § 26 BVFG den Willen voraus, den ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet als Spätaussiedler zu nehmen. § 4 Abs. 1 BVFG verlange, dass das Herkunftsgebiet tatsächlich "im Wege des Aufnahmeverfahrens" verlassen werde. Erforderlich sei demnach das Bewusstsein, als deutscher Volkszugehöriger Deutschland um Aufnahme zu ersuchen, und das tatsächliche Beschreiten dieses Weges. Wer erst Jahre nach seiner Ausreise aufdecke, dass er als Spätaussiedler gelten möchte, sei gerade nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens, sondern auf anderen Wegen aus vertreibungsfremden Gründen ausgesiedelt.
- 5
-
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. § 27 Abs. 2 BVFG erfordere nur das Vorliegen einer besonderen Härte. Wie vom Oberverwaltungsgericht zutreffend festgestellt, sei es der Klägerin aufgrund ihrer Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen nicht zuzumuten, für die Durchführung des Aufnahmeverfahrens ins Aussiedlungsgebiet zurückzukehren. Die Forderung der Beklagten, einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides innerhalb eines gewissen Zeitrahmens zu stellen, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Von dieser eindeutigen Gesetzeslage könne weder im Wege der Interpretation, noch durch eine teleologische Reduktion noch durch eine negative Analogie abgewichen werden. Des Weiteren sei die Frage, ob die Klägerin aus vertreibungsbedingten oder vertreibungsfremden Gründen ausgereist sei, nach der Neuregelung des Spätaussiedlerbegriffes nicht mehr zu prüfen.
- 6
-
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass ein Härtefallantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG bereits aus systematischen Gründen zeitnah gestellt werden müsse.
Entscheidungsgründe
- 7
-
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Aufnahmeantrag nach der ständigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet zeitlich unbegrenzt gestellt werden kann, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 27 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl I S. 1902), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2012 (BGBl I S. 2246), setzt vielmehr voraus, dass der Aufnahmeantrag in zeitlichem Zusammenhang mit dem Aussiedlungsvorgang gestellt wird (1.). Auf diesem Rechtsverstoß beruht die angegriffene Entscheidung. Da nach den tatrichterlichen Feststellungen der Antrag erst mehr als vier Jahre nach der Übersiedlung gestellt worden ist, ist das Berufungsurteil abzuändern und die Berufung zurückzuweisen (2.).
- 8
-
1. Das Oberverwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass die Klägerin sich auf Grund der Eheschließung mit einem Deutschen auf einen Härtefallgrund im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG berufen kann, weil das Ansinnen, zum Zwecke der Durchführung des regulären Aufnahmeverfahrens in das Aussiedlungsgebiet zurückzukehren, mit der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar wäre (Urteile vom 18. November 1999 - BVerwG 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <105> und BVerwG 5 C 4.99 - BVerwGE 110, 106 <109 f.>). Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss aber auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden.
- 9
-
a) Es trifft zwar zu, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags enthält. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Wortlaut der Norm für die Frage, ob der Antrag im zeitlichen Zusammenhang zum Aussiedlungsvorgang gestellt werden muss, unergiebig ist. Vielmehr lassen die in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Bezug genommenen Begriffe "Aufnahme" und "Aufnahmebescheid" mittelbar auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen. Denn üblicherweise werden nur Personen staatlicherseits in ein Land "aufgenommen", die gerade erst eintreffen oder noch nicht lange angekommen sind. Insofern vermittelt das Wort "Aufnahme" die Assoziation eines engen zeitlichen Zusammenhangs zur Einreise. Denn der Begriff der Aufnahme wird jedenfalls im allgemeinen Sprachgebrauch nicht im Zusammenhang mit Personen verwendet, die sich schon vor mehreren Jahren mit behördlicher Erlaubnis in einem Land niedergelassen haben.
- 10
-
b) In diese Richtung deutet auch die Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG. Die Vorschrift geht auf das Gesetz zur Regelung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz - AAG) vom 28. Juni 1990 (BGBl I S. 1247) zurück. Dieses Gesetz war eine Reaktion darauf, dass bedingt durch den Fall des Eisernen Vorhangs Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock bessere Reisemöglichkeiten hatten und in steigender Anzahl im Bundesgebiet ankamen. Im Jahr 1987 waren es noch 80 000, im Jahr 1988 bereits 200 000 und im Jahr 1989 schon 380 000 (BTDrucks 11/6937 S. 5). Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, den Zuzug von Aussiedlern zu begrenzen. Da sich die Verhältnisse in den ehemaligen Ostblockstaaten für die verbliebenen Deutschen erheblich verbessert hatten, sollten ausreisewillige Aussiedler auf ein Vorprüfungsverfahren in den Herkunftsgebieten verwiesen werden, um auf diese Weise den Zuzug zu regulieren (vgl. Urteil vom 19. April 1994 - BVerwG 9 C 343.93 - DVBl 1994, 938 = juris Rn. 21).
- 11
-
Dementsprechend sollte nach § 27 Abs. 1 BVFG das Aufnahmeverfahren im Regelfall von den Herkunftsstaaten aus betrieben werden und nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Bundesgebiet. Der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (BTDrucks 11/6937 S. 6) lässt sich zwar nicht entnehmen, in welchem Zeitraum ein Härtefallantrag gestellt werden sollte. Der Gesetzgeber ging aber von der Situation aus, dass die Aufnahmebewerber "fast ausnahmslos ... mit einem Besuchs- oder Touristenvisum" einreisten (BTDrucks 11/6937 S. 5) und daher zur Erlangung eines dauerhaften Bleiberechts nach Ablauf des im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums einen Antrag nach dem Bundesvertriebenengesetz stellen mussten. Insofern liegt die Annahme der Beklagten nahe, dass der Gesetzgeber von einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise ausging.
- 12
-
c) Diese Annahme wird durch die systematische Auslegung bestätigt. Dafür sprechen sowohl die speziell für das Aufnahmeverfahren geltenden Regelungen der §§ 26, 27 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 BVFG als auch die allgemein für die Anerkennung als Spätaussiedler geltenden Regelungen der § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG.
- 13
-
Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 26 BVFG nur Personen, die bereits beim Verlassen der Aussiedlungsgebiete Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können. Dieser Spätaussiedlerwille ist zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des Aufnahmebescheids (von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Stand September 2012, B 2 § 26 BVFG n.F. Anm. 3. S. 9). Hierfür genügt die Absicht, zeitweise im Bundesgebiet zu leben, nicht. Vielmehr muss der Wille bestehen, auf Dauer als Deutscher unter Deutschen zu leben und sich mit Spätaussiedlerstatus im Bundesgebiet endgültig niederzulassen. Es reicht nicht, wenn sich ein deutscher Volkszugehöriger auf einen Vertriebenen-, Aussiedler- oder Umsiedlerstatus nach altem Recht oder auch nur auf seine deutsche Staatsangehörigkeit beruft. Vielmehr muss er gerade den Willen haben, nach endgültiger Wohnsitznahme den Spätaussiedlerstatus gemäß § 4 i.V.m. § 6 BVFG zu erwerben (Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 5 B 17.99 - juris Rn. 3 und vom 17. August 2004 - BVerwG 5 B 72.04 - juris Rn. 7 m.w.N.).
- 14
-
Dieser Wille kann aber nur durch einen entsprechenden Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler nach außen hin betätigt werden. Die Auffassung, dass der Spätaussiedlerwille gleichsam "nur im Herzen getragen" werden müsse, vor der Aufnahmebehörde aber über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg geheim gehalten werden dürfe, verkennt die systematische Stellung des § 26 BVFG in den das behördliche Aufnahmeverfahren regelnden Vorschriften. Das Willenserfordernis ist Teil des Vierten Abschnitts "Aufnahme" im Bundesvertriebenengesetz, in dem das vom Bundesverwaltungsamt zu führende Verfahren für den Zuzug von Spätaussiedlern geregelt ist. Damit ist der Spätaussiedlerwille keine mit dem Vertreibungsdruck nahezu wesensgleiche materiell-rechtliche Anerkennungsvoraussetzung, sondern ein eigenständiges verfahrensrechtliches Erfordernis für den Erhalt des Aufnahmebescheids. Der Spätaussiedlerwille muss dementsprechend auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck gebracht werden.
- 15
-
Da § 26 BVFG vorschreibt, dass der Spätaussiedlerwille bereits beim Verlassen des Aussiedlungsgebietes, d.h. bei der endgültigen Aufgabe des Wohnsitzes im Herkunftsstaat, vorliegen muss, legt die Vorschrift die Schlussfolgerung nahe, dass dieser Wille auch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete betätigt werden muss. Im Normalfall des § 27 Abs. 1 BVFG wird dieser Wille bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes durch einen Aufnahmeantrag zum Ausdruck gebracht. Liegen Härtefallgründe vor, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das Aufnahmeverfahren vom Aussiedlungsgebiet aus zu betreiben, befreit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG vom Erfordernis der Antragstellung im Herkunftsstaat. Die Vorschrift entbindet aber nicht von den "sonstigen Voraussetzungen" des Aufnahmeverfahrens, so dass der Spätaussiedlerwille in gleicher Weise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht nur vorliegen, sondern auch gegenüber der Aufnahmebehörde betätigt werden muss. Ist ein solcher Zusammenhang nicht gegeben, stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines Aussiedlungswillens zum Zeitpunkt der Ausreise dar.
- 16
-
Dass der Aussiedlungsvorgang aus der Sicht des Gesetzgebers in zeitlicher Hinsicht begrenzt ist und dass eine Aufnahme nach endgültigem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs grundsätzlich nicht mehr möglich ist, zeigt auch die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG. Diese Vorschrift regelt die Frage, wie lange nach dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes geborene Kinder in den Aufnahmebescheid aufgenommen werden können. Die Frage wird vom Gesetz dahingehend beantwortet, dass die Kinder noch während des Aussiedlungsvorgangs geboren sein müssen. Nach der endgültigen Niederlassung geborene Kinder können nicht mehr nachträglich in den Aufnahmebescheid einbezogen werden. Ebenso können Ehegatten, wenn die Ehe erst nach der Niederlassung geschlossen wird, nicht mehr einbezogen werden (BTDrucks 12/3212 S. 26). Damit wird klargestellt, dass das Aufnahmeverfahren einen temporären Bezug zum Aussiedlungsvorgang hat und dass mit dem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs eine rechtliche Grenze für die im Aufnahmeverfahren berücksichtigungsfähigen Umstände erreicht ist.
- 17
-
Schließlich spricht auch die Vorschrift des § 27 Abs. 4 Satz 1 BVFG dafür, dass das Aufnahmeverfahren im zeitlichen Zusammenhang mit dem Aussiedlungsvorgang betrieben werden muss. Nach dieser Vorschrift dürfen für jedes Kalenderjahr nur so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der im Jahre 1998 vom Bundesverwaltungsamt verteilten Personen nicht übersteigt. Im Jahre 1998 wurden 103 080 Personen vom Bundesverwaltungsamt verteilt (von Schenckendorff, a.a.O. § 27 BVFG n.F. Anm. 6.a). Die damit gesetzlich vorgegebene jährliche Höchstquote von Spätaussiedlern dient der Verstetigung des Spätaussiedlerzuzugs unter Berücksichtigung der hiesigen Wohnungs- und Arbeitsmarktsituation (vgl. BTDrucks 12/3597 S. 45). Sie kann zwar nach § 27 Abs. 4 Satz 2 BVFG vom Bundesverwaltungsamt um höchstens 10 vom Hundert nach oben verändert werden, ist darüber hinaus aber nicht erweiterungsfähig. Die Einhaltung der Höchstgrenze kann vom Bundesverwaltungsamt nur überwacht werden, wenn ihm auch tatsächlich alle Aussiedlungsvorgänge eines Jahres mitgeteilt werden. Dies setzt voraus, dass auch in den Härtefällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG der Aufnahmeantrag in zeitlichem Zusammenhang zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete und zur Niederlassung im Bundesgebiet gestellt wird.
- 18
-
Die Beklagte weist auch zu Recht darauf hin, dass § 4 Abs. 1 BVFG für die Anerkennung als Spätaussiedler voraussetzt, dass der deutsche Volkszugehörige den Herkunftsstaat "im Wege des Aufnahmeverfahrens" verlassen hat. Der subjektive Spätaussiedlerwille allein genügt also nicht, wenn objektiv das Aufnahmeverfahren nicht betrieben wird. Zwar sind die Fälle des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG dadurch gekennzeichnet, dass das Aufnahmeverfahren zumutbarer Weise nicht vorab vom Aussiedlungsgebiet aus durchgeführt werden kann. Insoweit schadet es nicht, wenn die Einreise ins Bundesgebiet im ausländerrechtlichen Visumsverfahren erfolgt ist. Die gesetzliche Formulierung "im Wege des Aufnahmeverfahrens" legt aber die Interpretation nahe, dass dann jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung und der dauerhaften Wohnsitznahme im Bundesgebiet das Aufnahmeverfahren betrieben werden muss.
- 19
-
Dafür spricht auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung. Nach § 6 Abs. 1 BVFG ist deutscher Volkszugehöriger, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Insbesondere muss die Zuordnung zur deutschen Nationalität in der Regel durch eine familiäre Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG). Diese ist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Zur Überprüfung dieses Bestätigungsmerkmals ist im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers von der zuständigen Behörde ein Gespräch mit dem Aufnahmebewerber zu führen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG. In diesem Gespräch muss der entsprechende Nachweis der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache erbracht werden. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG entbindet nicht von dem Erfordernis, dass ein entsprechendes Gespräch im Aufnahmeverfahren zu führen ist. Vielmehr verschiebt § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt. Während im Regelfall die Sprachprüfung vor der Aussiedlung im Herkunftsgebiet durchgeführt wird, ist im Ausnahmefall des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die Sprachbeherrschung im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu prüfen.
- 20
-
Diese vom Gesetz vorgesehene behördliche Überprüfung der Sprachkenntnisse im Zeitpunkt der ständigen Wohnsitznahme kann aber nur erfolgen, wenn der Betroffene in zeitlichem Zusammenhang zur Begründung des ständigen Aufenthalts einen Aufnahmeantrag stellt. Wenn der Aufnahmeantrag erst - wie hier - mehrere Jahre nach Einreise gestellt wird, ist eine zweifelsfreie Überprüfung der Sprachbeherrschung bei Wohnsitznahme vielfach nicht mehr möglich. Außerdem würde den Aufnahmebewerbern für einen unbegrenzten Zeitraum die Möglichkeit des Nacherwerbs der deutschen Sprache im Inland eröffnet. Dies entspräche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.
- 21
-
d) Schließlich sprechen auch die Zwecke des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes dafür, dass der Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung geltend gemacht wird.
- 22
-
Wie bereits ausgeführt dient das Aufnahmeverfahren der Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs (Urteil vom 19. April 1994 a.a.O., BTDrucks 11/6937 S. 5 f.). Soweit in der Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in Härtefällen von dem Erfordernis der Auslandsantragstellung befreit wird, wird damit nicht die Konzeption des Aufnahmeverfahrens als Zuzugsregelungsverfahren aufgegeben. Insbesondere muss aus Gründen der Zuzugskontrolle zeitnah geprüft werden, ob überhaupt besondere Härtefallgründe vorliegen, die eine Antragstellung im Bundesgebiet rechtfertigen. Nimmt der Aufnahmebewerber dies irrtümlich an, dann muss er nach der Ablehnung des Härtefallantrags - wie § 27 Abs. 1 Satz 6 BVFG zeigt - in das Aussiedlungsgebiet zurückreisen, um einen Folgeantrag erfolgreich stellen zu können. Auch diese im Interesse der Zuzugskontrolle bestehende Rückreisepflicht würde unterlaufen, wenn ein dauerhafter Zuzug auf ausländerrechtlicher Grundlage unschädlich wäre und wenn der Betroffene im Bundesgebiet das Entstehen eines Härtefallgrundes über mehrere Jahre gleichsam folgenlos abwarten oder fehlende deutsche Sprachkenntnisse über mehrere Jahre ungeprüft nacherwerben könnte. Denn § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG erfasst nicht Fallgestaltungen, die der Antragsteller oder andere Personen durch ein ihm oder ihnen zuzurechnendes Verhalten mit der Absicht herbeigeführt haben, das Regelerfordernis des § 27 Abs. 1 BVFG zu umgehen (Urteil vom 18. November 1999 a.a.O.
). Ließe man aber eine Antragstellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zu einem beliebig späten Zeitpunkt nach der dauerhaften Wohnsitznahme zu, könnte dies eine Anreizwirkung für eine Umgehung der Regelerfordernisse haben.
- 23
-
Schließlich spricht auch der Gesichtspunkt, dass das Bundesvertriebenengesetz die Integration der Aussiedler im Bundesgebiet fördern will, gegen die vom Oberverwaltungsgericht befürwortete Möglichkeit, Aufnahmeanträge erst mehrere Jahre nach der Niederlassung stellen zu können. Das Bundesvertriebenengesetz will - wie der Senat bereits entschieden hat - "dem Volksdeutschen, wenn er auf Grund seines eigenen Entschlusses das Vertreibungsgebiet verlassen hat, die Eingliederung in das Leben der Bundesrepublik Deutschland erleichtern" (Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 266.86 - BVerwGE 78, 147 <151>). Zu diesem nunmehr in § 7 Abs. 1 Satz 1 BVFG ausdrücklich niedergelegten Zweck sieht es eine Reihe von "Starthilfen" vor, die zeitlich unmittelbar an die Wohnsitznahme im Bundesgebiet anknüpfen. Dazu zählen etwa die Integrationskurse (§ 9 Abs. 1 BVFG), das Überbrückungsgeld (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BVFG) und der einstweilige Krankenversicherungsschutz (§ 11 BVFG). Ferner wird der Einstieg ins Berufsleben durch die §§ 10 und 14 BVFG erleichtert. Dabei dienen insbesondere der Besuch der Integrationskurse (§ 9 BVFG) und die Anerkennung von Prüfungen und Befähigungsnachweisen (§ 10 BVFG) nicht nur dem individuellen Interesse der Spätaussiedler, sondern auch dem Interesse der Allgemeinheit an einer zeitnah zur Niederlassung im Bundesgebiet stattfindenden sozialen und beruflichen Integration der Spätaussiedler im Bundesgebiet. Bliebe es dem Spätaussiedler überlassen, den Aufnahmeantrag zu einem Zeitpunkt zu stellen, bei dem ein zeitlicher Zusammenhang zu der Niederlassung im Bundesgebiet nicht mehr gewahrt ist, würde das Ziel des Bundesvertriebenengesetzes, die Integration ankommender Spätaussiedler durch staatliche Hilfen zu beschleunigen, verfehlt. Daher spricht auch der Integrationszweck des Bundesvertriebenengesetzes für die Annahme, dass Aufnahmeanträge nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG zeitnah zum Verlassen des Aussiedlungsgebiets gestellt werden müssen.
- 24
-
Die aufgezeigten Gesichtspunkte gebieten jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Annahme, der Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids müsse in den Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise gestellt werden.
- 25
-
2. Somit verletzt die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG eine zeitlich unbegrenzte Antragstellung zulässt, Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Auf dieser Verletzung revisiblen Rechts beruht die angegriffene Entscheidung auch, weil das Oberverwaltungsgericht dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheids stattgegeben hat, obwohl der von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG geforderte zeitliche Zusammenhang zur Aussiedlung im vorliegenden Fall nicht besteht. Ob ein Härtefallantrag in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang zu dem mit dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets beginnenden und mit der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet endenden Aussiedlungsvorgang steht, ist eine Frage, die nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beantwortet werden kann. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Antragstellung und Aussiedlungsvorgang - wie die Beklagte unter Berufung auf die einschlägigen Verwaltungsvorschriften meint - regelmäßig spätestens mit Ablauf eines Jahres nach Verlassen der Aussiedlungsgebiets verloren geht. Denn jedenfalls steht ein Antrag, der - wie hier - mehr als vier Jahre nach der endgültigen Wohnsitznahme im Bundesgebiet gestellt wird, nicht mehr im erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aussiedlung.
- 26
-
Da sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts schon wegen dieses Bundesrechtsverstoßes als unrichtig erweist, ist es nach § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO abzuändern. Die Berufung ist zurückzuweisen, weil die Klägerin - wie vom Verwaltungsgericht entschieden - keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids hat. Ob das Urteil das Oberverwaltungsgerichts - wie die Beklagte vorträgt - auch in anderer Hinsicht rechtsfehlerhaft ist, kann offenbleiben.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.