Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 16. Aug. 2007 - 6 K 2446/07

published on 16/08/2007 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 16. Aug. 2007 - 6 K 2446/07
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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 10.08.2007 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 09.08.2007 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

3. Der Antrag der Beigeladenen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

4. Der Streitwert wird für das Verfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine polizeiliche Verfügung der Antragsgegnerin, mit welcher ein unter dem 25.07.2007 verfügtes zweiwöchiges Betretensverbot für das Grundstück in ..., ... um weitere zwei Wochen verlängert wurde.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Das Gericht sieht Anlass, dem Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs.5 VwGO gegen die in formell ordnungsgemäßer Weise (vgl. § 80 Abs.3 Satz 1 VwGO) für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 09.08.2007 zu gewähren. Denn das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung dieses polizeirechtlichen Platzverweises überwiegt nicht das private Interesse des Antragstellers, sich bis zum Ablauf der zeitlichen Geltung des Platzverweises weiterhin in dem in der Verfügung beschriebenen Bereich aufzuhalten. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Betrachtung der Sach- und Rechtslage bestehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung überwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des verfügten Platzverweises in Anwendung der §§ 1, 3 PolG.
Nach § 1 Abs.1 Satz 1 PolG hat die Polizeibehörde die Aufgabe, von dem Einzelnen oder dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch subjektive Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen. § 1 PolG dient auch der Durchsetzung der in der objektiven Rechtsordnung begründeten Verhaltenspflichten. Hierzu gehört vor allem die Verhütung und vorbeugende Bekämpfung von Straftaten. Im vorliegenden Zusammenhang dürfte das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen sein, weil eine von dem Antragsteller ausgehende „häusliche Gewalt“, nämlich die Begehung von Körperverletzungsdelikten (vgl. §§ 223 ff. StGB), in Frage steht.
Vor diesem Hintergrund durfte die Polizeibehörde der Antragsgegnerin mit der bestandskräftig gewordenen Verfügung vom 25.07.2007 nach § 3 PolG diejenigen Maßnahmen ergreifen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erschienen, um weiteren Störungen der öffentlichen Sicherheit, hier: der Begehung strafbarer Handlungen, vorzubeugen. Der zunächst ausgesprochene Platzverweis dürfte daher dem Grundsatz nach geeignet gewesen sein, der Gefahr „häuslicher Gewalt“ jedenfalls vorübergehend zu begegnen; auch wenn Zweifel hinsichtlich der angeordneten Zeitdauer des polizeilichen Wohnungsverweises bestehen (vgl. die nachfolgenden Ausführungen), denen aber wegen der eingetretenen Bestandskraft nicht weiter nachzugehen ist.
Dies dürfte jedoch nicht mehr für die hier angegriffene Verfügung vom 09.08.2007 zutreffen, mit welcher das Betretensverbot um weitere zwei Wochen verlängert wurde. Wie sich der Begründung der Verlängerungsverfügung entnehmen lässt, verfolgt die Antragsgegnerin mit dieser Maßnahme in erster Linie den Zweck, den Zeitraum bis zum Ergehen einer Entscheidung des Familiengerichts über den Antrag der Beigeladenen auf Erlass richterlicher Entscheidungen nach dem Gewaltschutzgesetz - GewaltschutzG - zu überbrücken. Mit dieser Zwecksetzung begegnet die angefochtene Verfügung aber erheblichen rechtlichen Bedenken, da diese Erwägung ermessensfehlerhaft sein dürfte und die Antragsgegnerin für eine solche Regelung auch nicht zuständig sein dürfte.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005 S. 138 ff.) sperrt zwar das Gewaltschutzgesetz nicht den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel. Allerdings kann diese nur für einen kurzfristigen Wohnungsverweis dienen. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt nach dieser Rechtsprechung lediglich eine flankierende Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen. Darüber hinaus hat das Gewaltschutzgesetz den zivilrechtlichen Schutz bei Gewalttaten und bei bestimmten unzumutbaren Belästigungen erheblich erweitert und einen Verstoß gegen eine familiengerichtliche Schutzanordnung sogar ausdrücklich mit Strafe bewehrt. Das Gewaltschutzgesetz sieht in § 1 auf Antrag des Opfers ein befristetes richterliches Betretungsverbot sowie ein Aufenthaltsverbot in einem bestimmten Umkreis der Wohnung und sonstige richterliche Anordnungen vor. Es ermöglicht auch den Opfern, in ihrer Wohnung zu bleiben und dort vor weiteren Übergriffen geschützt zu werden. Insbesondere kann im Wege eines Eilantrags vor dem Zivil- bzw. Familiengericht erreicht werden, dass die gemeinsame Wohnung dem Opfer zeitlich befristet zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird. Auch ermöglicht § 64 b Abs.2 Satz 2 FGG, dass das Familiengericht die sofortige Wirksamkeit einer Entscheidung nach den §§ 1 und 2 GewaltschG und die Zulässigkeit einer Vollstreckung bereits vor der Zustellung an den Antragsgegner anordnet. Das Familiengericht kann auch gemäß § 64 b Abs.3 Satz 1 FGG auf Antrag in einem Verfahren nach den §§ 1und 2 GewaltschutzG im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufige Regelungen erlassen. Bis zur Erlangung von Eilrechtsschutz vor dem Familiengericht bleibt es bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel, um dem von häuslicher Gewalt betroffenen Opfer angemessene Zeit zur Einholung zivilrechtlichen Rechtsschutzes zu gewähren. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt aber lediglich eine flankierende, kurzfristige Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen. Von einer kurzfristigen Krisenintervention dürfte aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn sich der polizeiliche Wohnungsverweis - wie hier - über einen Zeitraum von insgesamt vier Wochen erstrecken soll.
Auch kann die polizeiliche Generalklausel wohl nicht dazu herangezogen werden, Zeiträume bis zu einer Entscheidung des Amtsgerichts im Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz zu überbrücken. Denn nach der oben genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (a.a.O.) kommt die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot nur dann in Betracht, wenn diese wegen eines Eingriffs in Art. 11 Abs. 1 GG und des Gesetzesvorbehalts in Art. 11 Abs. 2 GG verfassungskonform ausgelegt und angewandt wird. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz u. a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige Einschränkung erforderlich ist, „um strafbaren Handlungen vorzubeugen“. Es reicht danach nicht aus, dass die Voraussetzungen einer allgemeinen polizeilichen Gefahr im Sinne von §§ 1, 3 PolG vorliegen. Vielmehr müssen bei verfassungskonformer Auslegung der polizeilichen Generalklausel die qualifizierten Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 GG gegeben sein. Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis sind danach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen, mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.
Für die hier angefochtene Verfügung ist jedoch nicht der Gesichtspunkt der Verhinderung von Straftaten bestimmend, sondern derjenige der Überbrückung des Zeitraums bis zum Ergehen einer zivilrichterlichen Entscheidung nach dem Gewaltschutzgesetz. Abgesehen davon, dass hiergegen bereits erhebliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt eines fehlerhaften Gebrauchs des durch §§ 1, 3 PolG eingeräumten Ermessens bestehen, dürfte es für eine solche polizeiliche Maßnahme auch an der Zuständigkeit mangeln. Denn nach § 2 Abs. 2 PolG obliegt der Polizei der Schutz privater Rechte nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Wie den dem Gericht vorliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, hat die Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 25.07.2007 einen Antrag auf Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz beim Amtsgericht Rastatt - Familiengericht - gestellt, über den aber bisher noch nicht entschieden ist und über den nach Auskunft des Amtsgerichts Rastatt vom heutigen Tag im Laufe dieser Woche nicht mehr entschieden wird. Es fällt nicht in die Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde, quasi im Vorgriff auf etwaige amtsrichterliche Regelungen nach dem Gewaltschutzgesetz vorläufige Maßnahmen zu treffen, die ausschließlich dem Amtsgericht im Rahmen der Anwendung des Gewaltschutzgesetzes vorbehalten sind.
10 
Auf den Antrag des Antragstellers war daher die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen, bzw. hinsichtlich der in Ziff. 5 der Verfügung vom 09.08.2007 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen.
11 
Die beschließende Kammer weist klarstellend darauf hin, dass die Antragsgegnerin durch diese Entscheidung nicht gehindert ist, bei einem erneuten Anlass häuslicher Gewalt (wieder) einen polizeilichen Wohnungsverweis zur Vorbeugung strafbarer Gewalt- und Nötigungsdelikte als Maßnahme einer kurzfristigen Krisenintervention i. S. d. Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) auszusprechen.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Antrag der Beigeladenen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 80 Abs. 5 VwGO war mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Eine Halbierung des Auffangstreitwertes im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der vorliegenden Entscheidung kommt nicht in Betracht, da mit dieser - angesichts der Dauer der Verlängerung des Platzverweises um weitere zwei Wochen - eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 22/07/2004 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - geändert. Es wird festgestellt, dass der Platzverweis des Beklagten vom 30. Oktober 2000 rechtswidrig war. Der Beklagte träg
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.