| |
| Die Klage ist zulässig und begründet. |
|
| Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). |
|
| Die Beklagte ist nicht berechtigt, den Kläger zum Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz vom 29.06.2010 heranzuziehen, wobei es dahinstehen kann, ob das während des Einsatzes festgestellte Gas aus dem auf dem Parkplatz des Klägers abgestellten Kraftfahrzeug entwichen ist. Denn selbst wenn der Vortrag der Beklagten diesbezüglich als wahr unterstellt wird, haftet der Kläger nicht gemäß § 34 FwG für die Kosten des Einsatzes. |
|
| § 34 FwG differenziert hinsichtlich der Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Kostenersatzanspruchs. Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 FwG erfolgen Einsätze, bei denen die Feuerwehr im Rahmen einer Pflichtaufgabe im Sinne des § 2 Abs. 1 FwG tätig wird, grundsätzlich unentgeltlich. § 34 Abs. 1 S. 2 FwG zählt abschließend die Ausnahmetatbestände auf, in denen die Gemeinde als Trägerin der Feuerwehr (s. § 3 Abs. 1 S. 1 FwG) einen Kostenersatzanspruch geltend machen kann. Wird die Feuerwehr hingegen im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 2 Abs. 2 FwG (Kann-Aufgaben) tätig, so soll die Gemeinde gemäß § 34 Abs. 2 FwG Kostenersatz verlangen. |
|
| Im vorliegenden Fall wurden die Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr ..., für die die Beklagte als Trägerin der freiwilligen Feuerwehr vom Kläger Kostenersatz fordert, im Rahmen der Pflichtaufgaben, die der Feuerwehr gemäß § 2 Abs. 1 FwG kraft Gesetzes obliegen, erbracht (1.). Die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Kostenersatzanspruchs seitens der Klägerin gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 FwG liegen nicht vor (2.). |
|
| Nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FwG hat die Feuerwehr bei Schadenfeuer (Bränden) und öffentlichen Notständen Hilfe zu leisten und den Einzelnen und das Gemeinwesen von hierbei drohenden Gefahren zu schützen. Daneben hat die Feuerwehr gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FwG zur Rettung von Menschen und Tieren aus lebensbedrohlichen Lagen technische Hilfe zu leisten. Der Begriff der lebensbedrohlichen Lage ist im Gesetz nicht definiert. Er bedarf daher der Auslegung. Der Begriff ist synonym mit dem einer lebensgefährlichen Situation, also einem Zustand, der bei einem zu prognostizierenden weiteren Ablauf zum Tod führen kann. Ihm ist auch immanent, dass dieser Zustand akut bevorstehen muss und eine Gefahr für das Leben handgreiflich droht. Diese Wortlautauslegung wird auch durch den Vergleich dieses Begriffs zu seinem gesetzlichen Kontext gestützt. Denn die Rettung von Menschen aus lebensbedrohlichen Lagen wird mit Schadenfeuern und öffentlichen Notständen gleichgestellt (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FwG). Der Gesetzgeber definiert den Begriff des öffentlichen Notstands dabei als ein durch ein Naturereignis, einen Unglücksfall oder dergleichen verursachtes Ereignis, das zu einer gegenwärtigen oder unmittelbar bevorstehenden Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen und Tieren oder für andere wesentliche Rechtsgüter führt, von dem die Allgemeinheit, also eine unbestimmte und nicht bestimmbare Anzahl von Personen, unmittelbar betroffen ist und bei dem der Eintritt der Gefahr oder des Schadens nur durch außergewöhnliche Sofortmaßnahmen beseitigt oder verhindert werden kann. Er hebt damit die besondere Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit des Tätigwerdens der Feuerwehr hervor, um den Eintritt eines gravierenden Schadens zu vermeiden (VG Karlsruhe, Urt. v. 08.12.2011 - 6 K 873/11 - juris). Eine solche Lage, die ein dringendes Tätigwerden der Feuerwehr erfordert, liegt insbesondere - wie im vorliegenden Fall - beim Freiwerden gefährlicher Stoffe vor (Surwald/ Ernst, Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg, 8. Auflage 2011, § 2 Rn. 16). |
|
| Zur Beurteilung der Frage, ob eine solche lebensgefährliche Lage vorlag und die Feuerwehr mithin im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben tätig geworden ist, ist auf die ex-ante-Sicht abzustellen. Denn die Behörde muss - wie allgemein im Recht der Gefahrenabwehr - zur Beseitigung von Störungen und zur Abwehr von Gefahren rasch tätig werden, ohne in jedem Fall ausführlich prüfen zu können, ob alle Angaben, auf die sie ihre Entscheidung stützt, zutreffen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.11.2008 - 1 S 656/08 - BWGZ 2009, 219; Surwald/ Ernst, aaO, § 2 Rn. 2;). |
|
| Zum danach maßgeblichen Zeitpunkt der Alarmierung musste die freiwillige Feuerwehr der Beklagten aufgrund des gemeldeten starken Gasgeruchs in einem Mehrfamilienhaus von einer bestehenden beziehungsweise drohenden Explosionsgefahr und mithin von einer gegenwärtigen Lebensgefahr für die Bewohner des Anwesens ausgehen. Folglich lag, auch wenn der höchste später gemessene UEG-Wert 56 % betrug und damit noch kein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch vorlag, eine lebensgefährliche Lage im Sinne des § 2 Abs. 1 S. Nr. 2 FwG vor. Daneben muss nach dieser Vorschrift auch eine technische Hilfeleistung durch die Feuerwehr notwendig sein, wodurch die Tätigkeit der Feuerwehr bei der Rettung von Menschen von den Aufgaben der Sanitätsorganisationen abgegrenzt wird. Technische Hilfe in diesem Sinne ist Hilfe, welche die Feuerwehr mittels technischen Geräts leistet, das zur herkömmlichen Ausstattung der Feuerwehr gehört (Surwald/ Ernst, aaO, § 2 Rn. 15). Im vorliegenden Fall war insbesondere die Belüftung des Gebäudes durch ein wasserstrahlbetriebenes Druckbelüftungsgerät und mithin eine technische Hilfeleistung notwendig, um die Gaskonzentration zu reduzieren. |
|
| Da die freiwillige Feuerwehr der Beklagten danach im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FwG tätig geworden ist, ist der Einsatz gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 FwG grundsätzlich unentgeltlich. Jedoch ist abweichend von diesem Grundsatz gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Kostenersatz zu verlangen, wenn der Einsatz durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen, Anhängerfahrzeugen, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeugen verursacht wurde. |
|
| Die Beklagte geht im vorliegenden Fall zu Unrecht davon aus, dass der Einsatz durch den Betrieb des auf dem Parkplatz des Klägers abgestellten Fahrzeugs verursacht worden ist. Die Voraussetzung für die Geltendmachung von Kostenersatz, dass der Einsatz durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgelöst worden sein muss, ist identisch mit dem Tatbestandsmerkmal „beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ des § 7 Abs. 1 StVG (Surwald/ Ernst, aaO, § 34 Rn. 13). Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Urt. v. 24.03.2015 - VI ZR 265/14 - NJW 2015, 1681) ist dieses Haftungsmerkmal weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG beziehungsweise nach § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FwG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGH, Urteile v. 26.02.2013 - VI ZR 116/12 - VersR 2013, 599 und v. 05.07.1988 - VI ZR 346/87 - BGHZ 105, 65). Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (vgl. BGH, Urteile v. 21.01.2014 - VI ZR 253/13 - BGHZ 199, 377 und v. 03.07.1962 - VI ZR 184/61 - BGHZ 37, 311). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl. BGH, Urt. v 21.01.2014, aaO, mwN. d. Rspr.). |
|
| Ansprüche nach § 7 StVG beziehungsweise § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FwG sind daher nur dann gegeben, wenn sich die spezifischen Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs ausgewirkt haben. Zwar kann ein sich im Verkehrsraum befindendes Kraftfahrzeug noch dem Schutzbereich der genannten Normen unterfallen. So gelten beispielsweise ordnungswidrig im Verkehrsraum abgestellte Fahrzeuge (z.B. unerlaubt in der zweiten Reihe oder auf der falschen Seite haltend oder in eine Fahrbahn hinein ragend) als „im Betrieb“. Mit dem verkehrsmäßig ordnungsgemäßen Abstellen eines Kraftfahrzeugs auf einem Privatgrundstück endet jedoch der Betrieb (OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.06.2005 - 1 U 247/04 - NJW 2005, 2318). |
|
| Auch Sinn und Zweck des § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FwG rechtfertigen entgegen dem Vortrag der Beklagten keine erweiternde Auslegung der Norm. Denn Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die Kosten für Feuerwehreinsätze, die durch die typischen Betriebsgefahren von Kraftfahrzeugen notwendig werden, nicht den Gemeinden als Trägerinnen der Feuerwehren, sondern den Kfz-Haltern aufzuerlegen, die diese Kosten wiederum regelmäßig gegenüber ihren Haftpflichtversicherungen geltend machen können. Gemeinden, auf deren Gemarkung sich unfallträchtige Straßen befinden, würden sonst durch die Ausrüstung zur Unfallrettung und die Einsatzkosten infolge zahlreicher Alarmierungen erhebliche Mehrkosten entstehen, auf denen sie sitzen bleiben würden (Surwald/ Ernst, aaO, § 34 Rn. 11). |
|
| Danach befand sich das auf dem Parkplatz in der Tiefgarage abgestellte Fahrzeug, das nach unbestrittenem Vortrag des Klägers seit ca. 10.00 Uhr des 29.06.2011 nicht mehr bewegt worden war, nicht mehr im Betrieb im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FwG, als der Gasgeruch bemerkt und die freiwillige Feuerwehr der Beklagten alarmiert wurde. Auch hätte sich, wenn das im Tank des Fahrzeug befindliche Flüssiggas etwa durch ein Leck entwichen wäre, keine Gefahr verwirklicht, die dem Schutzzweck des § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FwG unterfällt. Denn das Entweichen des Gases aus dem außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums abgestellten Kraftfahrzeug beruht weder auf der Gefahr, die von dem Kraftfahrzeug als einer sich aus eigener Kraft fortbewegenden Maschine ausgeht, noch auf seiner Lage im Verkehrsraum. Insofern unterscheidet sich ein leckendes gasbetriebenes Kraftfahrzeug, das außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums ordnungsgemäß abgestellt wurde, letztlich nicht von einer undichten Gasflasche, bei der gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 FwG für die Geltendmachung von Kostenersatz ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden hinsichtlich der entstandenen Gefahr erforderlich ist. |
|
| Umstände, aus denen sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer anderen Anspruchsgrundlage des § 34 Abs. 1 S. 2 FwG ergeben würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger die Gefahr vorsätzlich oder grobfahrlässig im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 FwG verursacht hätte. |
|
| |
| |
| |
| |