|
|
| Die zulässige Klage ist unbegründet. |
|
| Bei der streitgegenständlichen Klage handelt es sich um einen sog. kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Gemeindeorgane und/oder Teile von ihnen über den Bestand oder die Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten. Nach dem die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip des subjektiven Rechtsschutzes ist auch in einem Kommunalverfassungsstreit eine Klage nur zulässig, wenn und soweit der Kläger sich auf eine Rechtsposition berufen kann, die ihm durch das Gesetz eingeräumt ist (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - VBlBW 1999, 304 m.w.N.; Gern, VBLBW 1989, 450 ff.). Eine lediglich mittelbare Betroffenheit ist nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu begründen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1992 - 1 S 506/92 - VBlBW 1993, 179). Die Klagebefugnis eines Organs oder Organteils kann nur auf solche organschaftlichen Rechte gestützt werden, die gerade ihm zustehen (Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Rn. 97 ff., 100 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2000 - 1 S 2441/99 - ; VG Karlsruhe, Urt. v. 25.01.2012 - 4 K 2622/10 - ). |
|
| Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft und der Kläger ist wegen der möglichen Verletzung seiner Rechte aus § 9 Abs. 2 der EV 1972 beteiligtenfähig und klagebefugt. Der klagende Ortschaftsrat der durch § 8 der EV 1972 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 der Hauptsatzung der Gemeinde Oberderdingen vom 08.01.1973 - 1973 - eingeführten Ortschaft Flehingen beruft sich auf eine fortlaufende Verletzung und Vorenthaltung seiner Rechte aus der EV 1972 seit 1993. Die bei Einführung der Ortschaftsverfassung dem Ortschaftsrat durch die §§ 76a ff. GemO i.d.F. vom 25.07.1955 (Ges.BL. S. 129) - GemO 1955 - gesetzlich eingeräumte Stellung rechtfertigt es, die ihm durch § 9 Abs. 2 der EV 1972 und § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung 1973 übertragene Befugnis als wehrfähige Rechtsposition im Kommunalverfassungsstreit anzusehen und deshalb den Ortschaftsrat insoweit, was diese Rechte angeht, als beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO) zu betrachten (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.09.1978 - I 2443/77 - ). Denn, träfe die Behauptung des Klägers zu, wären seine Rechte aus § 9 der EV 1972, dass der Gemeinderat in den dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragenen Aufgaben nur mit seiner Zustimmung entscheiden kann, durch die 1993 geänderte Hauptsatzung verletzt. Deshalb ist er auch klagebefugt. Der Ortschaftsrat ist in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 3 VwGO parteifähig. |
|
| Die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 VwGO) gilt im Organstreitverfahren nicht. Eine Frist ist ebenfalls nicht einzuhalten. |
|
| § 21 der EV 1972 schließt den Rechtsweg zum Verwaltungsgericht nicht aus und dieser ist nicht erst nach erfolglosem Güteversuch eröffnet, obwohl es darin heißt, dass auftretende Zweifelsfragen auch in Zukunft auf der Basis der Gleichberechtigung „gütlich zu klären“ sind, was darauf hindeutet, dass Streitfragen außergerichtlich und einvernehmlich (auf der „Basis der Gleichberechtigung“) mit dem Vertragspartner, der Gemeinde Oberderdingen, geklärt werden sollen. Diese Regelung ist jedoch nicht dahin zu verstehen, dass die Verwaltungsgerichte wegen Streitigkeiten im Hinblick auf die EV 1972 erst nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung bemüht werden dürfen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 BS 449/07 - unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.03.1979 - I 1367/78 - ), weil die weiteren Voraussetzungen für einen erfolglosen Versuch einer gütlichen Einigung in der EV 1972 nicht geregelt sind. Dass der Ortschaftsrat hätte versuchen müssen, Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegen den Gemeinderat verwaltungsgerichtlich vorab durchzusetzen, kann aus § 21 der EV 1972 ebenfalls nicht abgeleitet werden. Der vorausgegangene Schriftverkehr mit der Gemeinde Oberderdingen und dem Landratsamt Karlsruhe belegt immerhin, dass der Ortschaftsrat eine gütliche Einigung mit dem Gemeinderat versucht hat. Deshalb ist auch das allgemeine Rechtsschutzinteresse trotz Zeitablaufs seit der Satzungsänderung im Jahr 1993 zu bejahen. |
|
| Die Möglichkeit der Klageerhebung durch den Ortschaftsrat von Flehingen ist schließlich nicht verwirkt. Die Grundsätze der Verwirkung, wie sie von der Rechtsprechung anhand von Nachbarklagen bzw. -widersprüchen entwickelt wurden (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991 - 4 C 4/89 - VBLBW 1992, 132 ff. m.w.N.), sind nicht übertragbar auf die streitgegenständliche Konstellation, weil diese Rechtsprechung für den Fristbeginn auf den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991, aaO) abstellt bzw. auf die Erkennbarkeit des Luftverkehrs (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.1997 - 8 S 1170/97 - VBLBW 1998, 217 ff.). Bloßer Zeitablauf allein rechtfertigt keine Verwirkung. Anhaltspunkte dafür, dass der Ortschaftsrat ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das beim Gemeinderat ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, der Kläger werde eine Klage mit dem streitgegenständlichen Ziel nicht erheben, sind von den Beteiligten nicht substantiiert vorgetragen worden. Die Hinweise des in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesenen Stellvertreters des Ortschaftsrats auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gemeinderats sind nicht substantiiert und nicht belegt. |
|
| Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Gemeinderat ist der richtige Beklagte. Im Organstreitverfahren ist die Klage gegen das Organ oder gegen den Organteil oder gegen den Funktionsträger zu richten, dem die interne Kompetenz zuzurechnen oder die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten ist. Die passive Prozessführungsbefugnis richtet sich hier nicht nach dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 VwGO), sondern allein nach der innerorganisatorischen Kompetenz- oder Pflichtenzuordnung (Meissner in: Schoch/Schneider/Bier, aaO, § 78 Rn. 50 m.w.N.; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - aaO; OVG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011 - 4 C 32/08 - ). Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen hat am 26.10.1993 den Satzungsbeschluss gefasst, der zur Änderung der Hauptsatzung geführt hat. Ihm ist die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten. Ob die Klage auch gegen die Gemeinde Oberderdingen hätte gerichtet werden können, kann offen bleiben. |
|
| Dem Kläger steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch nicht zu. Rechte des Ortschaftsrats Flehingen aus der EV 1972 sind durch den Gemeinderatsbeschluss vom 26.10.1993 nicht verletzt. § 22 Abs. 2 der EV 1972 ist wirksam (2.1.) Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war aufgrund der vertraglichen Regelung in § 22 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 der EV 1972 befugt,nach dem 01.01.1985 die Aufgaben des Ortschaftsrats von Flehingen, die ihm zur eigenen Entscheidung durch Hauptsatzung (von 1973 und 1990) übertragen worden waren, zu ändern und, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 entschieden worden ist, vollständig zu streichen. Vor diesem Gemeinderatsbeschluss war der Ortschaftsrat anzuhören, seine Zustimmung war nicht erforderlich (2.2.). |
|
| Eingemeindungs- und Eingliederungsverträge sind koordinationsrechtliche Verwaltungsverträge, auf die die §§ 54 ff. LVwVfG anwendbar sind (Dr. Kupfer, VBLBW 2006, 41 ff.; offengelassen: SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 Bs 449/07 - ). Ein solcher Vertrag ist wirksam, es sei denn, es lägen Nichtigkeitsgründe (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) vor, was hier nicht der Fall ist. |
|
| Für einen Eingliederungsvertrag, in dem eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wird, galten bei Vertragsabschluss am 01.03.1972 die §§ 8, 9 GemO 1955. Die EV 1972 zwischen den ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen ist in formeller Hinsicht wirksam zustande gekommen, die erforderliche Genehmigung des damals zuständig gewesenen Regierungspräsidiums Nord-Württemberg wurde am 28.03.1972 erteilt (s. § 8 Abs. 2 Satz 2 GemO 1955). |
|
| Die bei Vertragsabschluss maßgeblich gewesenen §§ 76f, 76g GemO 1955 verbieten eine Regelung, wie sie in § 22 Abs. 2 der EV 1972 bezüglich der Möglichkeit, die Ortschaftsverfassung ab einem bestimmten Zeitpunkt aufheben zu können, vereinbart wurde, nicht. § 76g GemO 1955 sah Folgendes vor: Ist die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung nach § 9 auf unbestimmte Zeit eingeführt worden, kann sie durch Änderung der Hauptsatzung mit Zustimmung des Ortschaftsrats aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte nach Einführung der Ortschaftsverfassung. Der Beschluss des Ortschaftsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder. |
|
| Eine Vereinbarung nach § 9 Satz 3 GemO 1955 war auch eine solche, in der eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wurde. § 76g GemO 1955 regelte die Rechtslage bei Einführung der Ortschaftsverfassung auf unbestimmte Zeit, nicht die auf bestimmte Zeit. Zu Letzterem verhielt sich die GemO 1955 nicht ausdrücklich, verbot sie aber auch nicht. Dass § 76g GemO 1955 (ebenso noch i.d.F. vom 16.09.1974 [GBl. S. 394]) und vom 04.11.1975 (GBl. S. 726) im Unterschied zu § 73 Abs. 1 und 2 GemO i.d.F. vom 08.11.1993 (GBl. vom 16.11.1993, S. 685) - GemO 1993 - eine Geltungsdauer der Ortschaftsverfassung für eine bestimmte Zeit nicht vorsah, rechtfertigt nicht die Annahme, dass eine solche vertragliche Vereinbarung nach der GemO 1955 bzw. gemäß § 76g GemO 1955 unzulässig gewesen wäre, weshalb es keiner Entscheidung bedarf, ob dies zur Nichtigkeit (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) einer solchen vertraglichen Vereinbarung geführt hätte. Vielmehr ist der Schluss gerechtfertigt, dass die in § 76g GemO 1955 genannten Anforderungen an die Aufhebung einer für unbestimmte Zeit eingeführten Ortschaftsverfassung, nämlich u.a. nur mit Zustimmung des Ortschaftsrats (Kunze/Bronner/Katz, GemO für Baden-Württemberg, Kommentar Bd. 1, § 73 Erl. zu § 73 i.d.F. vom 08.11.1993), nicht für andere Fallgestaltungen gelten sollen; sie sollen nicht eingreifen, wenn die Ortschaftsverfassung durch einen Eingliederungsvertrag für bestimmte Zeit eingeführt wurde. Ist in diesen Fällen die Frist nicht in die Hauptsatzung aufgenommen und endet deshalb die Ortschaftsverfassung nicht kraft der vertraglichen Regelung und der Hauptsatzung, genügt ein Beschluss des Gemeinderats zur Änderung der Hauptsatzung, durch den die Ortschaftsverfassung aufgehoben wird. Dazu ist der Ortschaftsrat anzuhören; seine Zustimmung ist nicht erforderlich (Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO 1993). |
|
| Die späteren Änderungen und Neufassungen des § 76g GemO 1955 stellen dieses für die Rechtslage nach der GemO 1955 geltende Verständnis dieser Vorschrift klar, indem sie die Anforderungen für die Aufhebung der Ortschaftsverfassung bei ihrer Einführung auf unbestimmte und bestimmte Zeit unterschiedlich regeln. Die präzisere Fassung des § 73 Abs. 3 GemO 1993 unterscheidet, nach einer Klarstellung in Absatz 1, dass die Ortschaftsverfassung durch Änderung der Hauptsatzung zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte aufgehoben werden kann, in den Absätzen 2 und 3 danach, ob die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung für bestimmte Zeit (Abs. 2) oder für unbestimmte Zeit (Abs. 3 Satz 1) eingeführt wurde. Nur bei Einführung auf unbestimmte Zeit ist die Zustimmung des Ortschaftsrats (Abs. 3 Satz 2) vorgeschrieben. In seinem materiellen Gehalt entspricht § 73 Abs. 3 GemO 1993 sowie in der ab 01.12.1999 gültigen Fassung vom 24.07.2000 - GemO n.F. - dem § 76g GemO 1955 (s. Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO1993). Grund für die Differenzierung nach Anhörung und Zustimmung des Ortschaftsrats ist, dass sich die eingegliederte Gemeinde vertraglich für die Zeit nach Ablauf der vereinbarten Frist ihrer Mitwirkungsrechte bei der künftigen Gestaltung der Ortschaftsverfassung begibt, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage der Aufhebung der Ortschaftsverfassung als auch bezüglich der Änderung der Rechte des Ortschaftsrats (der eingegliederten Gemeinde), die ihm zustanden, wenn ihm - wie hier - Aufgaben zur eigenen Entscheidung (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) vertraglich und durch Hauptsatzung übertragen waren. |
|
| Auf unbestimmte Zeit wurde die Ortschaftsverfassung in der EV 1972 nicht eingeführt, weil § 22 Abs. 2 der EV 1972 die Voraussetzungen für ihre Aufhebbarkeit nach Ablauf einer bestimmten Frist, nach dem 01.01.1985, beschreibt. Die vertraglich vorgesehene Möglichkeit einer Aufhebung der Ortschaftsverfassung durch den Gemeinderat der Gemeinde nach Fristablauf steht in ihrer Zielrichtung der befristet eingeführten Ortschaftsverfassung näher als der unbefristeten. Denn die Vertragspartner waren sich bei Abschluss des Vertrages einig, dass die Ortschaftsverfassung ab dem vereinbarten Zeitpunkt aufgehoben werden kann (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972). Dies war Sinn und Zweck der Vereinbarung eines Stichtags bei Vertragsabschluss. Mit anderen Worten, nach Fristablauf musste jeder Vertragspartner damit rechnen, dass der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen die Ortschaftsverfassung aufheben kann, unter Beachtung der vereinbarten Voraussetzungen (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972) und der einschlägigen Rechtsvorschriften. |
|
| Der Vergleichbarkeit des § 22 Abs. 2 der EV 1972 mit einer Ortschaftsverfassung auf eine bestimmte Zeit tragen ferner die vertraglichen Anforderungen an den Aufhebungsbeschluss nach dem 01.01.1985 Rechnung. Was die Mitwirkung des Ortschaftsrats angeht, sind in § 22 Abs. 2 der EV 1972 die gleichen Anforderungen vereinbart wie sie bei einer befristet eingeführten Ortschaftsverfassung gelten; erforderlich und ausreichend ist die vorherige Anhörung des Ortschaftsrats. Dies geht aus einer Zusammenschau aller drei Sätze des § 22 Abs. 2 der EV 1972 hervor. Die Formulierung in § 22 Abs. 2 Satz 2 der EV 1972 („Zuvor sind die einzelnen Ortschaftsräte zu hören“) knüpft nach der Satzstellung und ihrem Sinn an die in Satz 1 genannte Überprüfung des Gemeinderats an, also daran, dass dieser nach seiner Prüfung die Ortschaftsverfassung aufhebt. Von einer Zustimmung des Ortschaftsrats ist in § 22 Abs. 2 der EV 1972 nicht die Rede. |
|
| Einer vertraglichen Regelung wie der des § 22 Abs. 2 der EV 1972 stand § 76g GemO 1955 nicht entgegen. Ein Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG liegt auch unter keinem anderen Gesichtspunkt vor. |
|
| Ist hiernach von der Wirksamkeit des § 22 Abs. 2 EV 1972 auszugehen, sind die ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen, und deshalb auch der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen als deren Organ (§ 23 GemO n.F.), daran gebunden. Nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 war der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen nach dem 01.01.1985 nicht nur befugt, die Ortschaftsverfassung nach Maßgabe dieser Vorschrift aufzuheben, sondern auch ermächtigt, nach Anhörung des Ortschaftsrats die Aufgaben, die dem Ortschaftsrat durch die vorausgegangenen Hauptsatzungen zur eigenen Entscheidung übertragen worden waren (§ 9 Abs. 2 Satz 2 und Nrn. 1 bis 8 der EV 1972 i.V.m. § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung vom 08.01.1973 und § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung vom 30.09.1990), zu ändern und aufzuheben, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 geschehen ist. |
|
| § 22 Abs. 2 der EV 1972 ist auch auf die Änderung und Aufhebung der vertraglich vorgesehenen und dem Ortschaftsrat durch Hauptsatzung übertragen gewesenen Angelegenheiten zur eigenen Entscheidung anzuwenden. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters ist das Argument a maiore ad minus im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses in der Rechtsprechung (z.B. LAG, Urt. v. 18.07.2013 - 7 Sa 1077/12 - ) bei der Auslegung von Rechtsvorschriften ein anerkannter Gesichtspunkt, weshalb von einer umfangreichen Zuständigkeit auf ein „Weniger“, d.h. auf eine weniger umfangreiche Zuständigkeit geschlossen werden darf. Aus der Kompetenz des Gemeinderats über die Aufhebung der Ortschaftsverfassung gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 darf deshalb auch die zur Änderung und vollständigen Aufhebung des Katalogs der Aufgaben zur eigenen Entscheidung des Ortschaftsrats (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) abgeleitet werden. |
|
| Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war deshalb nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 ab dem 01.01.1985 berechtigt, nach vorausgegangener Anhörung des Ortschaftsrats den Katalog der dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragen gewesenen Aufgaben zu ändern und gänzlich zu streichen. Der Beschluss des Gemeinderats vom 26.10.1993, durch den der Aufgabenkatalog des § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung 1990 gestrichen wurde, durfte gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 ohne Zustimmung des Ortschaftsrats, aber nach dessen Anhörung, gefasst werden. Satz 3 des § 22 Abs. 2 der EV 1972 verlangt für den Gemeinderatsbeschluss für die „Abschaffung der Ortschaftsverfassung“ die „Mehrheit aller Stimmen des Gemeinderats von Oberderdingen (qual. Mehrheit)“ und dies gilt nach den vorstehenden Überlegungen auch für die Änderung der Kompetenzen des Ortschaftsrats. |
|
| Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die erforderliche Anhörung des Ortschaftsrats (§ 70 Abs. 1 GemO 1993 und GemO n.F.) ging den diesbezüglichen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschlüssen des Gemeinderats voraus, auch dem Beschluss vom 26.10.1993. |
|
| Zur Klarstellung wird angemerkt. Dem Ortschaftsrat verbleibt nach wie vor sein Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 GemO n.F. i.V.m. § 16 der Hauptsatzung von 1993, weshalb nicht davon gesprochen werden kann, dass die bislang aufrecht erhaltene Ortschaftsverfassung in der Gemeinde Oberderdingen ins Leere ginge. |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 a Abs. 2 VwGO vorliegt. |
|
|
|
| Der Streitwert wird entsprechend dem Interesse des Klägers gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 2.500.-- EUR festgesetzt. |
|
|
|