Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Jan. 2014 - 4 K 2887/12

published on 29/01/2014 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Jan. 2014 - 4 K 2887/12
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist der Ortschaftsrat der Ortschaft Flehingen der Gemeinde Oberderdingen. Er begehrt die Feststellung, dass ihm die aufgrund der Eingliederungsvereinbarung mit der Gemeinde Oberderdingen vom 01.03.1972 - EV 1972 - zur eigenen Entscheidung eingeräumten Aufgaben in dem mit der Klage geltend gemachten Umfang weiterhin zustehen.
Die ehemals selbständigen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen einigten sich durch Eingliederungsvertrag vom 01.03.1972 mit Wirkung zum 01.01.1972 über die Eingliederung von Flehingen in die Gemeinde Oberderdingen. Die EV 1972 wurde durch Erlass des Regierungspräsidiums Nord-Württemberg vom 28.03.1972 genehmigt.
§ 1 der EV 1972 lautet: „Die Gemeinde Flehingen wird in die Gemeinde Oberderdingen eingegliedert.“ In § 3 Satz 2 heißt es: „Die Gemeinde Oberderdingen wird Rechtsnachfolgerin der Gemeinde Flehingen.“ § 8 sieht die„Einführung der Ortschaftsverfassung für alle Ortsteile“ vor. § 9 bestimmt die„Aufgaben des Ortschaftsrates“: „Der Ortschaftsrat hat die örtliche Verwaltung zu beraten. Er ist zu wichtigen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, zu hören. Er hat ein Vorschlagsrecht für alle Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen. Die Gemeinde Oberderdingen verpflichtet sich in der Hauptsatzung dem Ortschaftsrat folgende Angelegenheiten, welche die Ortschaft betreffen, zur Entscheidung zu übertragen.
1. Bewirtschaftung von Ausgaben im Rahmen der Haushaltssatzung bis zu 10.000,00 DM im Einzelfall.
2. Bei Bauausgaben bis zum Ansatz des ordentlichen Haushalts.
3. Grundstücksschätzungen innerhalb der Ortschaften Flehingen-Großvillars und Oberderdingen.
4. Ausgestaltung, Unterhaltung und Benutzung von Kindergärten, Grundschulen, Sport- und Gymnastikanlagen, Gemeindesälen, Proberäumen, Keltern, Mehrzweck- und Festhallen, Grün- und Parkanlagen, Kinderspielplätzen, Ortstraßen und beschränkt öffentlichen Wegen im Sinne von § 3 des Straßengesetzes für Baden-Württemberg einschließlich der Straßenbeleuchtung, Friedhöfen, Bestattungseinrichtungen und Gedenkstätten.
5. Pflege des Ortsbildes und des örtlichen Brauchtums.
6. Förderung der örtlichen kulturellen, kirchlichen, sportlichen, caritativen und sonstigen förderungswürdigen Vereinigungen und Einrichtungen.
7. Vatertierhaltung.
8. Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen.“
§ 22 der EV 1972 lautet wie folgt: „Aufhebung der Ortschaftsverfassung
Der Ortschaftsrat der jeweiligen Ortschaft kann beantragen, dass die Ortschaftsverfassung für die betreffende Ortschaft wieder aufgehoben wird. Der Gemeinderat wird diesem Antrag nachkommen, wenn er mit Mehrheit aller Stimmen des Ortschaftsrats gefasst wird.
Nach dem 1.1.1985 wird der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen überprüfen, ob die Ortschaftsverfassung beibehalten werden soll. Zuvor sind die einzelnen Ortschaftsräte zu hören. Die Abschaffung der Ortschaftsverfassung nach dem 1.1.1985 bedarf der Mehrheit aller Stimmen des Gemeinderats von Oberderdingen (qual. Mehrheit).“
In § 11 der Hauptsatzung der Gemeinde Oberderdingen vom 08.01.1973 wurde die Formulierung des § 9 der EV 1972 übernommen. Am 30.01.1990 änderte der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen seine Hauptsatzung. In deren § 16 Abs. 4 ist der Katalog der zur eigenen Entscheidung übertragenen Angelegenheiten reduziert, die Aufgaben der Nrn. 2, 3, 4 und 7 des § 9 Abs. 2 der EV 1972 wurden gestrichen. Der Kläger hatte hierzu in seiner Sitzung vom 23.01.1990 mit 10 Ja-Stimmen und einer Enthaltung zugestimmt.
In der Folgezeit legte der Gemeinderat von Oberderdingen nach seiner Beschlussfassung am 17.08.1993 den Ortschaftsräten von Oberderdingen, Großvillars und Flehingen einen Entwurf zur Änderung der Hauptsatzung vor, durch den u.a. der Aufgabenkatalog des Ortschaftsrats zur eigenen Entscheidung komplett gestrichen wurde (§ 4), § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung von 1990 also wegfallen sollte. In seiner Sitzung vom 03.09.1993 stimmte der Ortschaftsrat Flehingen dem Antrag, den bisherigen § 16 der Hauptsatzung komplett beizubehalten und § 4 der Änderungssatzung mit dem Wortlaut des bisherigen § 16 zu übernehmen bzw. § 4 komplett zu streichen, mit 8 Ja-Stimmen, einer Enthaltung und einer Nein-Stimme zu.
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Am 26.10.1993 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen die Satzung über die Änderung der Hauptsatzung vom 30.01.1990. § 16 der Hauptsatzung vom 30.01.1990 erhielt danach folgende Fassung:
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„Abs. 1: Der Ortschaftsrat hat die örtliche Verwaltung zu beraten.
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Abs. 2: Der Ortschaftsrat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die die Ortschaften betreffen, zu hören und hat ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen.
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Abs. 3: Wichtige Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 2 sind insbesondere:
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3.1 Die Veranschlagung der Haushaltsmittel für die die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten;
3.2 die Bestimmung und wesentliche Änderung der Zuständigkeiten sowie die Aufhebung der örtlichen Verwaltung in der Ortschaft;
3.3 die Aufstellung, wesentliche Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen sowie die Durchführung von Bodenordnungsmaßnahmen und Maßnahmen nach dem BauGB;
3.4 die Planung, Errichtung, wesentliche Änderung und Aufhebung öffentlicher Einrichtungen einschließlich Gemeindestraßen“.
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Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 26.10.1993 geht hervor, dass der Gemeinderat einstimmig die Änderung der Hauptsatzung vom 30.01.1990 beschloss.
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.01.2012 wandte sich der Kläger an den Beklagten mit der Aufforderung, die rechtswidrige Vorenthaltung eigener Entscheidungsbefugnisse des Ortschaftsrats Flehingen, die gegen die wirksame und fortbestehende vertragliche Verpflichtung der Gemeinde Oberderdingen aus § 9 der EV 1972 verstoße, künftig zu unterlassen. Mit Schreiben vom 16.03.2012 wendete sich der Kläger an das Landratsamt Karlsruhe und bat um eine rechtsaufsichtliche Prüfung und gegebenenfalls um ein Einschreiten. Das Landratsamt Karlsruhe teilte dem Kläger mit Schreiben vom 18.05.2012 mit, dass die Gemeinde Oberderdingen eine Sondersitzung des Gemeinderates zu dieser Thematik plane und das Ergebnis dieser Sondersitzung abgewartet werden soll. Zu einer solchen Sondersitzung kam es bislang nicht.
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Am 14.11.2012 hat der Kläger Klage erhoben; er beantragt,
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festzustellen, dass ihm aufgrund des Eingliederungsvertrages vom 01.03.1972 weiterhin die Entscheidung von folgenden Angelegenheiten, welche die Ortschaft Flehingen betreffen, zusteht:
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1. Bewirtschaftung von Ausgaben im Rahmen der Haushaltssatzung bis zu 5.112,92 EUR (10.000,00 DM) im Einzelfall.
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2. Ausgestaltung, Unterhaltung und Benutzung von Kindergärten, Grundschulen, Sport- und Gymnastikanlagen, Gemeindesälen, Proberäumen, Keltern, Mehrzweck- und Festhallen, Grün- und Parkanlagen, Kinderspielplätzen, Ortsstraßen und beschränkt öffentlichen Wegen im Sinne von § 3 des Straßengesetzes für Baden-Württemberg einschließlich der Straßenbeleuchtung, Friedhöfen, Bestattungseinrichtungen und Gedenkstätten.
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3. Pflege des Ortsbildes und des örtlichen Brauchtums.
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4. Förderung der örtlichen kulturellen, kirchlichen, sportlichen, caritativen und sonstigen förderungswürdigen Vereinigungen und Einrichtungen.
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5. Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen.
24 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Klage sei im Kommunalverfassungsstreit zulässig und begründet, weil der Beklagte durch die Vorenthaltung der eigenen Entscheidungsbefugnisse das ihm aus der EV vom 01.03.1972 rührende Recht fortlaufend verletze. Für sein berechtigtes Feststellungsinteresse reiche die Behauptung, als Ortschaftsrat anstelle des Gemeinderates für bestimmte Angelegenheiten zuständig zu sein, aus. Der Kommunalverfassungsstreit werde weder durch die EV 1972 noch wegen der Subsidiarität zu einem Normenkontrollverfahren ausgeschlossen. Die Pflicht der Gemeinde Oberderdingen zur Übertragung verschiedener Gegenstände zur eigenen Entscheidung an ihn, den Ortschaftsrat, aus § 9 EV sei wirksam geworden und bestehe noch fort. Die EV 1972 sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag und dieser könne nicht einseitig außer Kraft gesetzt werden, auch nicht durch eine Satzung. Eine Einschränkung der Kompetenzen des Ortschaftsrats hinsichtlich des Katalogs der eigenen Entscheidungszuständigkeit sei aufgrund § 21 Abs. 2 „zweiter Unterabsatz“ der EV nur durch eine einvernehmliche inhaltliche Begrenzung der EV 1972 möglich. Diese Einigung sei im Vorfeld der Hauptsatzungsänderung 1990 durch Beschluss vom 23.01.1990 erfolgt.
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§ 9 Abs. 2 der EV 1972 gelte auf Dauer ohne „Ablaufdatum“ oder „Verwirkungsklausel“. Ein Einvernehmen über die streitgegenständliche Nichtgewährung vertraglicher Rechte habe es nie gegeben. Er habe der Beschneidung seiner Rechte vielmehr im Vorfeld der Änderungssatzung von 1993 widersprochen. Die EV 1972 sei ein echter Vertrag zugunsten Dritter, durch den er, der Ortschaftsrat, die Stellung habe erwerben sollen, die Übertragung seiner Rechte einzufordern. An die vertraglichen Verpflichtungen seien die Gemeinde und der Beklagte auf Dauer gebunden.
26 
Er habe die Berufung auf die vertragliche Pflicht des Beklagten nicht verwirkt. Die Grundsätze der Verwirkung seien im Hinblick auf das in Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Selbstverwaltungsrecht nicht anwendbar. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass keine Verwirkung wegen einer Täuschung durch den damaligen Bürgermeister der Gemeinde Oberderdingen bei Beschlussfassung über die Hauptsatzung von 1993 eintreten könne.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
die Klage abzuweisen.
29 
Er ist der Ansicht, die Klage sei jedenfalls unbegründet. Die Änderung der Ortschaftsverfassung sei ohne Zustimmung des Ortschaftsrats möglich. Aus der Regelung in § 22 der EV 1972 folge, dass es kein „Ewigkeitsrecht“ zur Beibehaltung des Ortschaftsrates geben soll, sondern, dass ab 1985 der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen „frei“ und „allein“ („nur“ nach Anhörung des Ortschaftsrates) die Abschaffung der Ortschaftsverfassung beschließen könne. Die Berechtigung des Gemeinderats der Gemeinde Oberderdingen, allein über die Änderung der Hauptsatzung, ohne Zustimmung des Ortschaftsrats, nur nach dessen Anhörung entscheiden zu können, ergebe sich aus § 22 der EV 1972. Wenn der Gemeinderat berechtigt sei, die Ortschaftsverfassung insgesamt abzuschaffen, so könne er sich auch für ein „Weniger“, nämlich für die Beschneidung der Kompetenzen des Ortschaftsrates entscheiden. Rein fürsorglich werde darauf hingewiesen, dass ein etwaig einmal vorhanden gewesener Feststellungsanspruch des Ortschaftsrats Flehingen zwischenzeitlich untergegangen wäre. Die „beanstandete Streichung“ der Kompetenzen sei im Jahre 1993 vorgenommen worden, ohne dass sich der Ortschaftsrat damals, z.B. durch Normenkontrollantrag gegen die Änderung der Hauptsatzung „gewehrt“ habe. Nach ungefähr 20 Jahren sei ein Anspruch auf Änderung der Hauptsatzung jedenfalls „verwirkt“.
30 
Dem Gericht liegen die Originalakten des Beklagten (fünf Bände) und zwei Hefte vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1.
32 
Bei der streitgegenständlichen Klage handelt es sich um einen sog. kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Gemeindeorgane und/oder Teile von ihnen über den Bestand oder die Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten. Nach dem die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip des subjektiven Rechtsschutzes ist auch in einem Kommunalverfassungsstreit eine Klage nur zulässig, wenn und soweit der Kläger sich auf eine Rechtsposition berufen kann, die ihm durch das Gesetz eingeräumt ist (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - VBlBW 1999, 304 m.w.N.; Gern, VBLBW 1989, 450 ff.). Eine lediglich mittelbare Betroffenheit ist nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu begründen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1992 - 1 S 506/92 - VBlBW 1993, 179). Die Klagebefugnis eines Organs oder Organteils kann nur auf solche organschaftlichen Rechte gestützt werden, die gerade ihm zustehen (Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Rn. 97 ff., 100 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2000 - 1 S 2441/99 - ; VG Karlsruhe, Urt. v. 25.01.2012 - 4 K 2622/10 - ).
33 
Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft und der Kläger ist wegen der möglichen Verletzung seiner Rechte aus § 9 Abs. 2 der EV 1972 beteiligtenfähig und klagebefugt. Der klagende Ortschaftsrat der durch § 8 der EV 1972 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 der Hauptsatzung der Gemeinde Oberderdingen vom 08.01.1973 - 1973 - eingeführten Ortschaft Flehingen beruft sich auf eine fortlaufende Verletzung und Vorenthaltung seiner Rechte aus der EV 1972 seit 1993. Die bei Einführung der Ortschaftsverfassung dem Ortschaftsrat durch die §§ 76a ff. GemO i.d.F. vom 25.07.1955 (Ges.BL. S. 129) - GemO 1955 - gesetzlich eingeräumte Stellung rechtfertigt es, die ihm durch § 9 Abs. 2 der EV 1972 und § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung 1973 übertragene Befugnis als wehrfähige Rechtsposition im Kommunalverfassungsstreit anzusehen und deshalb den Ortschaftsrat insoweit, was diese Rechte angeht, als beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO) zu betrachten (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.09.1978 - I 2443/77 - ). Denn, träfe die Behauptung des Klägers zu, wären seine Rechte aus § 9 der EV 1972, dass der Gemeinderat in den dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragenen Aufgaben nur mit seiner Zustimmung entscheiden kann, durch die 1993 geänderte Hauptsatzung verletzt. Deshalb ist er auch klagebefugt. Der Ortschaftsrat ist in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 3 VwGO parteifähig.
34 
Die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 VwGO) gilt im Organstreitverfahren nicht. Eine Frist ist ebenfalls nicht einzuhalten.
35 
§ 21 der EV 1972 schließt den Rechtsweg zum Verwaltungsgericht nicht aus und dieser ist nicht erst nach erfolglosem Güteversuch eröffnet, obwohl es darin heißt, dass auftretende Zweifelsfragen auch in Zukunft auf der Basis der Gleichberechtigung „gütlich zu klären“ sind, was darauf hindeutet, dass Streitfragen außergerichtlich und einvernehmlich (auf der „Basis der Gleichberechtigung“) mit dem Vertragspartner, der Gemeinde Oberderdingen, geklärt werden sollen. Diese Regelung ist jedoch nicht dahin zu verstehen, dass die Verwaltungsgerichte wegen Streitigkeiten im Hinblick auf die EV 1972 erst nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung bemüht werden dürfen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 BS 449/07 - unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.03.1979 - I 1367/78 - ), weil die weiteren Voraussetzungen für einen erfolglosen Versuch einer gütlichen Einigung in der EV 1972 nicht geregelt sind. Dass der Ortschaftsrat hätte versuchen müssen, Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegen den Gemeinderat verwaltungsgerichtlich vorab durchzusetzen, kann aus § 21 der EV 1972 ebenfalls nicht abgeleitet werden. Der vorausgegangene Schriftverkehr mit der Gemeinde Oberderdingen und dem Landratsamt Karlsruhe belegt immerhin, dass der Ortschaftsrat eine gütliche Einigung mit dem Gemeinderat versucht hat. Deshalb ist auch das allgemeine Rechtsschutzinteresse trotz Zeitablaufs seit der Satzungsänderung im Jahr 1993 zu bejahen.
36 
Die Möglichkeit der Klageerhebung durch den Ortschaftsrat von Flehingen ist schließlich nicht verwirkt. Die Grundsätze der Verwirkung, wie sie von der Rechtsprechung anhand von Nachbarklagen bzw. -widersprüchen entwickelt wurden (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991 - 4 C 4/89 - VBLBW 1992, 132 ff. m.w.N.), sind nicht übertragbar auf die streitgegenständliche Konstellation, weil diese Rechtsprechung für den Fristbeginn auf den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991, aaO) abstellt bzw. auf die Erkennbarkeit des Luftverkehrs (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.1997 - 8 S 1170/97 - VBLBW 1998, 217 ff.). Bloßer Zeitablauf allein rechtfertigt keine Verwirkung. Anhaltspunkte dafür, dass der Ortschaftsrat ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das beim Gemeinderat ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, der Kläger werde eine Klage mit dem streitgegenständlichen Ziel nicht erheben, sind von den Beteiligten nicht substantiiert vorgetragen worden. Die Hinweise des in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesenen Stellvertreters des Ortschaftsrats auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gemeinderats sind nicht substantiiert und nicht belegt.
2.
37 
Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Gemeinderat ist der richtige Beklagte. Im Organstreitverfahren ist die Klage gegen das Organ oder gegen den Organteil oder gegen den Funktionsträger zu richten, dem die interne Kompetenz zuzurechnen oder die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten ist. Die passive Prozessführungsbefugnis richtet sich hier nicht nach dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 VwGO), sondern allein nach der innerorganisatorischen Kompetenz- oder Pflichtenzuordnung (Meissner in: Schoch/Schneider/Bier, aaO, § 78 Rn. 50 m.w.N.; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - aaO; OVG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011 - 4 C 32/08 - ). Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen hat am 26.10.1993 den Satzungsbeschluss gefasst, der zur Änderung der Hauptsatzung geführt hat. Ihm ist die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten. Ob die Klage auch gegen die Gemeinde Oberderdingen hätte gerichtet werden können, kann offen bleiben.
38 
Dem Kläger steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch nicht zu. Rechte des Ortschaftsrats Flehingen aus der EV 1972 sind durch den Gemeinderatsbeschluss vom 26.10.1993 nicht verletzt. § 22 Abs. 2 der EV 1972 ist wirksam (2.1.) Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war aufgrund der vertraglichen Regelung in § 22 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 der EV 1972 befugt,nach dem 01.01.1985 die Aufgaben des Ortschaftsrats von Flehingen, die ihm zur eigenen Entscheidung durch Hauptsatzung (von 1973 und 1990) übertragen worden waren, zu ändern und, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 entschieden worden ist, vollständig zu streichen. Vor diesem Gemeinderatsbeschluss war der Ortschaftsrat anzuhören, seine Zustimmung war nicht erforderlich (2.2.).
2.1.
39 
Eingemeindungs- und Eingliederungsverträge sind koordinationsrechtliche Verwaltungsverträge, auf die die §§ 54 ff. LVwVfG anwendbar sind (Dr. Kupfer, VBLBW 2006, 41 ff.; offengelassen: SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 Bs 449/07 - ). Ein solcher Vertrag ist wirksam, es sei denn, es lägen Nichtigkeitsgründe (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) vor, was hier nicht der Fall ist.
40 
Für einen Eingliederungsvertrag, in dem eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wird, galten bei Vertragsabschluss am 01.03.1972 die §§ 8, 9 GemO 1955. Die EV 1972 zwischen den ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen ist in formeller Hinsicht wirksam zustande gekommen, die erforderliche Genehmigung des damals zuständig gewesenen Regierungspräsidiums Nord-Württemberg wurde am 28.03.1972 erteilt (s. § 8 Abs. 2 Satz 2 GemO 1955).
41 
Die bei Vertragsabschluss maßgeblich gewesenen §§ 76f, 76g GemO 1955 verbieten eine Regelung, wie sie in § 22 Abs. 2 der EV 1972 bezüglich der Möglichkeit, die Ortschaftsverfassung ab einem bestimmten Zeitpunkt aufheben zu können, vereinbart wurde, nicht. § 76g GemO 1955 sah Folgendes vor: Ist die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung nach § 9 auf unbestimmte Zeit eingeführt worden, kann sie durch Änderung der Hauptsatzung mit Zustimmung des Ortschaftsrats aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte nach Einführung der Ortschaftsverfassung. Der Beschluss des Ortschaftsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder.
42 
Eine Vereinbarung nach § 9 Satz 3 GemO 1955 war auch eine solche, in der eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wurde. § 76g GemO 1955 regelte die Rechtslage bei Einführung der Ortschaftsverfassung auf unbestimmte Zeit, nicht die auf bestimmte Zeit. Zu Letzterem verhielt sich die GemO 1955 nicht ausdrücklich, verbot sie aber auch nicht. Dass § 76g GemO 1955 (ebenso noch i.d.F. vom 16.09.1974 [GBl. S. 394]) und vom 04.11.1975 (GBl. S. 726) im Unterschied zu § 73 Abs. 1 und 2 GemO i.d.F. vom 08.11.1993 (GBl. vom 16.11.1993, S. 685) - GemO 1993 - eine Geltungsdauer der Ortschaftsverfassung für eine bestimmte Zeit nicht vorsah, rechtfertigt nicht die Annahme, dass eine solche vertragliche Vereinbarung nach der GemO 1955 bzw. gemäß § 76g GemO 1955 unzulässig gewesen wäre, weshalb es keiner Entscheidung bedarf, ob dies zur Nichtigkeit (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) einer solchen vertraglichen Vereinbarung geführt hätte. Vielmehr ist der Schluss gerechtfertigt, dass die in § 76g GemO 1955 genannten Anforderungen an die Aufhebung einer für unbestimmte Zeit eingeführten Ortschaftsverfassung, nämlich u.a. nur mit Zustimmung des Ortschaftsrats (Kunze/Bronner/Katz, GemO für Baden-Württemberg, Kommentar Bd. 1, § 73 Erl. zu § 73 i.d.F. vom 08.11.1993), nicht für andere Fallgestaltungen gelten sollen; sie sollen nicht eingreifen, wenn die Ortschaftsverfassung durch einen Eingliederungsvertrag für bestimmte Zeit eingeführt wurde. Ist in diesen Fällen die Frist nicht in die Hauptsatzung aufgenommen und endet deshalb die Ortschaftsverfassung nicht kraft der vertraglichen Regelung und der Hauptsatzung, genügt ein Beschluss des Gemeinderats zur Änderung der Hauptsatzung, durch den die Ortschaftsverfassung aufgehoben wird. Dazu ist der Ortschaftsrat anzuhören; seine Zustimmung ist nicht erforderlich (Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO 1993).
43 
Die späteren Änderungen und Neufassungen des § 76g GemO 1955 stellen dieses für die Rechtslage nach der GemO 1955 geltende Verständnis dieser Vorschrift klar, indem sie die Anforderungen für die Aufhebung der Ortschaftsverfassung bei ihrer Einführung auf unbestimmte und bestimmte Zeit unterschiedlich regeln. Die präzisere Fassung des § 73 Abs. 3 GemO 1993 unterscheidet, nach einer Klarstellung in Absatz 1, dass die Ortschaftsverfassung durch Änderung der Hauptsatzung zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte aufgehoben werden kann, in den Absätzen 2 und 3 danach, ob die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung für bestimmte Zeit (Abs. 2) oder für unbestimmte Zeit (Abs. 3 Satz 1) eingeführt wurde. Nur bei Einführung auf unbestimmte Zeit ist die Zustimmung des Ortschaftsrats (Abs. 3 Satz 2) vorgeschrieben. In seinem materiellen Gehalt entspricht § 73 Abs. 3 GemO 1993 sowie in der ab 01.12.1999 gültigen Fassung vom 24.07.2000 - GemO n.F. - dem § 76g GemO 1955 (s. Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO1993). Grund für die Differenzierung nach Anhörung und Zustimmung des Ortschaftsrats ist, dass sich die eingegliederte Gemeinde vertraglich für die Zeit nach Ablauf der vereinbarten Frist ihrer Mitwirkungsrechte bei der künftigen Gestaltung der Ortschaftsverfassung begibt, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage der Aufhebung der Ortschaftsverfassung als auch bezüglich der Änderung der Rechte des Ortschaftsrats (der eingegliederten Gemeinde), die ihm zustanden, wenn ihm - wie hier - Aufgaben zur eigenen Entscheidung (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) vertraglich und durch Hauptsatzung übertragen waren.
44 
Auf unbestimmte Zeit wurde die Ortschaftsverfassung in der EV 1972 nicht eingeführt, weil § 22 Abs. 2 der EV 1972 die Voraussetzungen für ihre Aufhebbarkeit nach Ablauf einer bestimmten Frist, nach dem 01.01.1985, beschreibt. Die vertraglich vorgesehene Möglichkeit einer Aufhebung der Ortschaftsverfassung durch den Gemeinderat der Gemeinde nach Fristablauf steht in ihrer Zielrichtung der befristet eingeführten Ortschaftsverfassung näher als der unbefristeten. Denn die Vertragspartner waren sich bei Abschluss des Vertrages einig, dass die Ortschaftsverfassung ab dem vereinbarten Zeitpunkt aufgehoben werden kann (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972). Dies war Sinn und Zweck der Vereinbarung eines Stichtags bei Vertragsabschluss. Mit anderen Worten, nach Fristablauf musste jeder Vertragspartner damit rechnen, dass der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen die Ortschaftsverfassung aufheben kann, unter Beachtung der vereinbarten Voraussetzungen (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972) und der einschlägigen Rechtsvorschriften.
45 
Der Vergleichbarkeit des § 22 Abs. 2 der EV 1972 mit einer Ortschaftsverfassung auf eine bestimmte Zeit tragen ferner die vertraglichen Anforderungen an den Aufhebungsbeschluss nach dem 01.01.1985 Rechnung. Was die Mitwirkung des Ortschaftsrats angeht, sind in § 22 Abs. 2 der EV 1972 die gleichen Anforderungen vereinbart wie sie bei einer befristet eingeführten Ortschaftsverfassung gelten; erforderlich und ausreichend ist die vorherige Anhörung des Ortschaftsrats. Dies geht aus einer Zusammenschau aller drei Sätze des § 22 Abs. 2 der EV 1972 hervor. Die Formulierung in § 22 Abs. 2 Satz 2 der EV 1972 („Zuvor sind die einzelnen Ortschaftsräte zu hören“) knüpft nach der Satzstellung und ihrem Sinn an die in Satz 1 genannte Überprüfung des Gemeinderats an, also daran, dass dieser nach seiner Prüfung die Ortschaftsverfassung aufhebt. Von einer Zustimmung des Ortschaftsrats ist in § 22 Abs. 2 der EV 1972 nicht die Rede.
46 
Einer vertraglichen Regelung wie der des § 22 Abs. 2 der EV 1972 stand § 76g GemO 1955 nicht entgegen. Ein Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG liegt auch unter keinem anderen Gesichtspunkt vor.
2.2.
47 
Ist hiernach von der Wirksamkeit des § 22 Abs. 2 EV 1972 auszugehen, sind die ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen, und deshalb auch der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen als deren Organ (§ 23 GemO n.F.), daran gebunden. Nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 war der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen nach dem 01.01.1985 nicht nur befugt, die Ortschaftsverfassung nach Maßgabe dieser Vorschrift aufzuheben, sondern auch ermächtigt, nach Anhörung des Ortschaftsrats die Aufgaben, die dem Ortschaftsrat durch die vorausgegangenen Hauptsatzungen zur eigenen Entscheidung übertragen worden waren (§ 9 Abs. 2 Satz 2 und Nrn. 1 bis 8 der EV 1972 i.V.m. § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung vom 08.01.1973 und § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung vom 30.09.1990), zu ändern und aufzuheben, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 geschehen ist.
48 
§ 22 Abs. 2 der EV 1972 ist auch auf die Änderung und Aufhebung der vertraglich vorgesehenen und dem Ortschaftsrat durch Hauptsatzung übertragen gewesenen Angelegenheiten zur eigenen Entscheidung anzuwenden. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters ist das Argument a maiore ad minus im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses in der Rechtsprechung (z.B. LAG, Urt. v. 18.07.2013 - 7 Sa 1077/12 - ) bei der Auslegung von Rechtsvorschriften ein anerkannter Gesichtspunkt, weshalb von einer umfangreichen Zuständigkeit auf ein „Weniger“, d.h. auf eine weniger umfangreiche Zuständigkeit geschlossen werden darf. Aus der Kompetenz des Gemeinderats über die Aufhebung der Ortschaftsverfassung gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 darf deshalb auch die zur Änderung und vollständigen Aufhebung des Katalogs der Aufgaben zur eigenen Entscheidung des Ortschaftsrats (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) abgeleitet werden.
49 
Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war deshalb nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 ab dem 01.01.1985 berechtigt, nach vorausgegangener Anhörung des Ortschaftsrats den Katalog der dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragen gewesenen Aufgaben zu ändern und gänzlich zu streichen. Der Beschluss des Gemeinderats vom 26.10.1993, durch den der Aufgabenkatalog des § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung 1990 gestrichen wurde, durfte gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 ohne Zustimmung des Ortschaftsrats, aber nach dessen Anhörung, gefasst werden. Satz 3 des § 22 Abs. 2 der EV 1972 verlangt für den Gemeinderatsbeschluss für die „Abschaffung der Ortschaftsverfassung“ die „Mehrheit aller Stimmen des Gemeinderats von Oberderdingen (qual. Mehrheit)“ und dies gilt nach den vorstehenden Überlegungen auch für die Änderung der Kompetenzen des Ortschaftsrats.
50 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die erforderliche Anhörung des Ortschaftsrats (§ 70 Abs. 1 GemO 1993 und GemO n.F.) ging den diesbezüglichen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschlüssen des Gemeinderats voraus, auch dem Beschluss vom 26.10.1993.
51 
Zur Klarstellung wird angemerkt. Dem Ortschaftsrat verbleibt nach wie vor sein Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 GemO n.F. i.V.m. § 16 der Hauptsatzung von 1993, weshalb nicht davon gesprochen werden kann, dass die bislang aufrecht erhaltene Ortschaftsverfassung in der Gemeinde Oberderdingen ins Leere ginge.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 a Abs. 2 VwGO vorliegt.
53 
BESCHLUSS
54 
Der Streitwert wird entsprechend dem Interesse des Klägers gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 2.500.-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
31 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1.
32 
Bei der streitgegenständlichen Klage handelt es sich um einen sog. kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Gemeindeorgane und/oder Teile von ihnen über den Bestand oder die Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten. Nach dem die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip des subjektiven Rechtsschutzes ist auch in einem Kommunalverfassungsstreit eine Klage nur zulässig, wenn und soweit der Kläger sich auf eine Rechtsposition berufen kann, die ihm durch das Gesetz eingeräumt ist (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - VBlBW 1999, 304 m.w.N.; Gern, VBLBW 1989, 450 ff.). Eine lediglich mittelbare Betroffenheit ist nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu begründen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1992 - 1 S 506/92 - VBlBW 1993, 179). Die Klagebefugnis eines Organs oder Organteils kann nur auf solche organschaftlichen Rechte gestützt werden, die gerade ihm zustehen (Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Rn. 97 ff., 100 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2000 - 1 S 2441/99 - ; VG Karlsruhe, Urt. v. 25.01.2012 - 4 K 2622/10 - ).
33 
Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft und der Kläger ist wegen der möglichen Verletzung seiner Rechte aus § 9 Abs. 2 der EV 1972 beteiligtenfähig und klagebefugt. Der klagende Ortschaftsrat der durch § 8 der EV 1972 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 der Hauptsatzung der Gemeinde Oberderdingen vom 08.01.1973 - 1973 - eingeführten Ortschaft Flehingen beruft sich auf eine fortlaufende Verletzung und Vorenthaltung seiner Rechte aus der EV 1972 seit 1993. Die bei Einführung der Ortschaftsverfassung dem Ortschaftsrat durch die §§ 76a ff. GemO i.d.F. vom 25.07.1955 (Ges.BL. S. 129) - GemO 1955 - gesetzlich eingeräumte Stellung rechtfertigt es, die ihm durch § 9 Abs. 2 der EV 1972 und § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung 1973 übertragene Befugnis als wehrfähige Rechtsposition im Kommunalverfassungsstreit anzusehen und deshalb den Ortschaftsrat insoweit, was diese Rechte angeht, als beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO) zu betrachten (s. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.09.1978 - I 2443/77 - ). Denn, träfe die Behauptung des Klägers zu, wären seine Rechte aus § 9 der EV 1972, dass der Gemeinderat in den dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragenen Aufgaben nur mit seiner Zustimmung entscheiden kann, durch die 1993 geänderte Hauptsatzung verletzt. Deshalb ist er auch klagebefugt. Der Ortschaftsrat ist in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 3 VwGO parteifähig.
34 
Die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 VwGO) gilt im Organstreitverfahren nicht. Eine Frist ist ebenfalls nicht einzuhalten.
35 
§ 21 der EV 1972 schließt den Rechtsweg zum Verwaltungsgericht nicht aus und dieser ist nicht erst nach erfolglosem Güteversuch eröffnet, obwohl es darin heißt, dass auftretende Zweifelsfragen auch in Zukunft auf der Basis der Gleichberechtigung „gütlich zu klären“ sind, was darauf hindeutet, dass Streitfragen außergerichtlich und einvernehmlich (auf der „Basis der Gleichberechtigung“) mit dem Vertragspartner, der Gemeinde Oberderdingen, geklärt werden sollen. Diese Regelung ist jedoch nicht dahin zu verstehen, dass die Verwaltungsgerichte wegen Streitigkeiten im Hinblick auf die EV 1972 erst nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung bemüht werden dürfen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 BS 449/07 - unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.03.1979 - I 1367/78 - ), weil die weiteren Voraussetzungen für einen erfolglosen Versuch einer gütlichen Einigung in der EV 1972 nicht geregelt sind. Dass der Ortschaftsrat hätte versuchen müssen, Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegen den Gemeinderat verwaltungsgerichtlich vorab durchzusetzen, kann aus § 21 der EV 1972 ebenfalls nicht abgeleitet werden. Der vorausgegangene Schriftverkehr mit der Gemeinde Oberderdingen und dem Landratsamt Karlsruhe belegt immerhin, dass der Ortschaftsrat eine gütliche Einigung mit dem Gemeinderat versucht hat. Deshalb ist auch das allgemeine Rechtsschutzinteresse trotz Zeitablaufs seit der Satzungsänderung im Jahr 1993 zu bejahen.
36 
Die Möglichkeit der Klageerhebung durch den Ortschaftsrat von Flehingen ist schließlich nicht verwirkt. Die Grundsätze der Verwirkung, wie sie von der Rechtsprechung anhand von Nachbarklagen bzw. -widersprüchen entwickelt wurden (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991 - 4 C 4/89 - VBLBW 1992, 132 ff. m.w.N.), sind nicht übertragbar auf die streitgegenständliche Konstellation, weil diese Rechtsprechung für den Fristbeginn auf den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991, aaO) abstellt bzw. auf die Erkennbarkeit des Luftverkehrs (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.11.1997 - 8 S 1170/97 - VBLBW 1998, 217 ff.). Bloßer Zeitablauf allein rechtfertigt keine Verwirkung. Anhaltspunkte dafür, dass der Ortschaftsrat ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das beim Gemeinderat ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, der Kläger werde eine Klage mit dem streitgegenständlichen Ziel nicht erheben, sind von den Beteiligten nicht substantiiert vorgetragen worden. Die Hinweise des in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesenen Stellvertreters des Ortschaftsrats auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gemeinderats sind nicht substantiiert und nicht belegt.
2.
37 
Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Gemeinderat ist der richtige Beklagte. Im Organstreitverfahren ist die Klage gegen das Organ oder gegen den Organteil oder gegen den Funktionsträger zu richten, dem die interne Kompetenz zuzurechnen oder die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten ist. Die passive Prozessführungsbefugnis richtet sich hier nicht nach dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 VwGO), sondern allein nach der innerorganisatorischen Kompetenz- oder Pflichtenzuordnung (Meissner in: Schoch/Schneider/Bier, aaO, § 78 Rn. 50 m.w.N.; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - aaO; OVG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011 - 4 C 32/08 - ). Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen hat am 26.10.1993 den Satzungsbeschluss gefasst, der zur Änderung der Hauptsatzung geführt hat. Ihm ist die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten. Ob die Klage auch gegen die Gemeinde Oberderdingen hätte gerichtet werden können, kann offen bleiben.
38 
Dem Kläger steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch nicht zu. Rechte des Ortschaftsrats Flehingen aus der EV 1972 sind durch den Gemeinderatsbeschluss vom 26.10.1993 nicht verletzt. § 22 Abs. 2 der EV 1972 ist wirksam (2.1.) Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war aufgrund der vertraglichen Regelung in § 22 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 der EV 1972 befugt,nach dem 01.01.1985 die Aufgaben des Ortschaftsrats von Flehingen, die ihm zur eigenen Entscheidung durch Hauptsatzung (von 1973 und 1990) übertragen worden waren, zu ändern und, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 entschieden worden ist, vollständig zu streichen. Vor diesem Gemeinderatsbeschluss war der Ortschaftsrat anzuhören, seine Zustimmung war nicht erforderlich (2.2.).
2.1.
39 
Eingemeindungs- und Eingliederungsverträge sind koordinationsrechtliche Verwaltungsverträge, auf die die §§ 54 ff. LVwVfG anwendbar sind (Dr. Kupfer, VBLBW 2006, 41 ff.; offengelassen: SächsOVG, Beschl. v. 04.01.2008 - 4 Bs 449/07 - ). Ein solcher Vertrag ist wirksam, es sei denn, es lägen Nichtigkeitsgründe (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) vor, was hier nicht der Fall ist.
40 
Für einen Eingliederungsvertrag, in dem eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wird, galten bei Vertragsabschluss am 01.03.1972 die §§ 8, 9 GemO 1955. Die EV 1972 zwischen den ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen ist in formeller Hinsicht wirksam zustande gekommen, die erforderliche Genehmigung des damals zuständig gewesenen Regierungspräsidiums Nord-Württemberg wurde am 28.03.1972 erteilt (s. § 8 Abs. 2 Satz 2 GemO 1955).
41 
Die bei Vertragsabschluss maßgeblich gewesenen §§ 76f, 76g GemO 1955 verbieten eine Regelung, wie sie in § 22 Abs. 2 der EV 1972 bezüglich der Möglichkeit, die Ortschaftsverfassung ab einem bestimmten Zeitpunkt aufheben zu können, vereinbart wurde, nicht. § 76g GemO 1955 sah Folgendes vor: Ist die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung nach § 9 auf unbestimmte Zeit eingeführt worden, kann sie durch Änderung der Hauptsatzung mit Zustimmung des Ortschaftsrats aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte nach Einführung der Ortschaftsverfassung. Der Beschluss des Ortschaftsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder.
42 
Eine Vereinbarung nach § 9 Satz 3 GemO 1955 war auch eine solche, in der eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wurde. § 76g GemO 1955 regelte die Rechtslage bei Einführung der Ortschaftsverfassung auf unbestimmte Zeit, nicht die auf bestimmte Zeit. Zu Letzterem verhielt sich die GemO 1955 nicht ausdrücklich, verbot sie aber auch nicht. Dass § 76g GemO 1955 (ebenso noch i.d.F. vom 16.09.1974 [GBl. S. 394]) und vom 04.11.1975 (GBl. S. 726) im Unterschied zu § 73 Abs. 1 und 2 GemO i.d.F. vom 08.11.1993 (GBl. vom 16.11.1993, S. 685) - GemO 1993 - eine Geltungsdauer der Ortschaftsverfassung für eine bestimmte Zeit nicht vorsah, rechtfertigt nicht die Annahme, dass eine solche vertragliche Vereinbarung nach der GemO 1955 bzw. gemäß § 76g GemO 1955 unzulässig gewesen wäre, weshalb es keiner Entscheidung bedarf, ob dies zur Nichtigkeit (§ 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG) einer solchen vertraglichen Vereinbarung geführt hätte. Vielmehr ist der Schluss gerechtfertigt, dass die in § 76g GemO 1955 genannten Anforderungen an die Aufhebung einer für unbestimmte Zeit eingeführten Ortschaftsverfassung, nämlich u.a. nur mit Zustimmung des Ortschaftsrats (Kunze/Bronner/Katz, GemO für Baden-Württemberg, Kommentar Bd. 1, § 73 Erl. zu § 73 i.d.F. vom 08.11.1993), nicht für andere Fallgestaltungen gelten sollen; sie sollen nicht eingreifen, wenn die Ortschaftsverfassung durch einen Eingliederungsvertrag für bestimmte Zeit eingeführt wurde. Ist in diesen Fällen die Frist nicht in die Hauptsatzung aufgenommen und endet deshalb die Ortschaftsverfassung nicht kraft der vertraglichen Regelung und der Hauptsatzung, genügt ein Beschluss des Gemeinderats zur Änderung der Hauptsatzung, durch den die Ortschaftsverfassung aufgehoben wird. Dazu ist der Ortschaftsrat anzuhören; seine Zustimmung ist nicht erforderlich (Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO 1993).
43 
Die späteren Änderungen und Neufassungen des § 76g GemO 1955 stellen dieses für die Rechtslage nach der GemO 1955 geltende Verständnis dieser Vorschrift klar, indem sie die Anforderungen für die Aufhebung der Ortschaftsverfassung bei ihrer Einführung auf unbestimmte und bestimmte Zeit unterschiedlich regeln. Die präzisere Fassung des § 73 Abs. 3 GemO 1993 unterscheidet, nach einer Klarstellung in Absatz 1, dass die Ortschaftsverfassung durch Änderung der Hauptsatzung zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte aufgehoben werden kann, in den Absätzen 2 und 3 danach, ob die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung für bestimmte Zeit (Abs. 2) oder für unbestimmte Zeit (Abs. 3 Satz 1) eingeführt wurde. Nur bei Einführung auf unbestimmte Zeit ist die Zustimmung des Ortschaftsrats (Abs. 3 Satz 2) vorgeschrieben. In seinem materiellen Gehalt entspricht § 73 Abs. 3 GemO 1993 sowie in der ab 01.12.1999 gültigen Fassung vom 24.07.2000 - GemO n.F. - dem § 76g GemO 1955 (s. Kunze/Bronner/Katz, aaO, § 73 Erl. zu § 73 GemO1993). Grund für die Differenzierung nach Anhörung und Zustimmung des Ortschaftsrats ist, dass sich die eingegliederte Gemeinde vertraglich für die Zeit nach Ablauf der vereinbarten Frist ihrer Mitwirkungsrechte bei der künftigen Gestaltung der Ortschaftsverfassung begibt, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage der Aufhebung der Ortschaftsverfassung als auch bezüglich der Änderung der Rechte des Ortschaftsrats (der eingegliederten Gemeinde), die ihm zustanden, wenn ihm - wie hier - Aufgaben zur eigenen Entscheidung (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) vertraglich und durch Hauptsatzung übertragen waren.
44 
Auf unbestimmte Zeit wurde die Ortschaftsverfassung in der EV 1972 nicht eingeführt, weil § 22 Abs. 2 der EV 1972 die Voraussetzungen für ihre Aufhebbarkeit nach Ablauf einer bestimmten Frist, nach dem 01.01.1985, beschreibt. Die vertraglich vorgesehene Möglichkeit einer Aufhebung der Ortschaftsverfassung durch den Gemeinderat der Gemeinde nach Fristablauf steht in ihrer Zielrichtung der befristet eingeführten Ortschaftsverfassung näher als der unbefristeten. Denn die Vertragspartner waren sich bei Abschluss des Vertrages einig, dass die Ortschaftsverfassung ab dem vereinbarten Zeitpunkt aufgehoben werden kann (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972). Dies war Sinn und Zweck der Vereinbarung eines Stichtags bei Vertragsabschluss. Mit anderen Worten, nach Fristablauf musste jeder Vertragspartner damit rechnen, dass der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen die Ortschaftsverfassung aufheben kann, unter Beachtung der vereinbarten Voraussetzungen (§ 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der EV 1972) und der einschlägigen Rechtsvorschriften.
45 
Der Vergleichbarkeit des § 22 Abs. 2 der EV 1972 mit einer Ortschaftsverfassung auf eine bestimmte Zeit tragen ferner die vertraglichen Anforderungen an den Aufhebungsbeschluss nach dem 01.01.1985 Rechnung. Was die Mitwirkung des Ortschaftsrats angeht, sind in § 22 Abs. 2 der EV 1972 die gleichen Anforderungen vereinbart wie sie bei einer befristet eingeführten Ortschaftsverfassung gelten; erforderlich und ausreichend ist die vorherige Anhörung des Ortschaftsrats. Dies geht aus einer Zusammenschau aller drei Sätze des § 22 Abs. 2 der EV 1972 hervor. Die Formulierung in § 22 Abs. 2 Satz 2 der EV 1972 („Zuvor sind die einzelnen Ortschaftsräte zu hören“) knüpft nach der Satzstellung und ihrem Sinn an die in Satz 1 genannte Überprüfung des Gemeinderats an, also daran, dass dieser nach seiner Prüfung die Ortschaftsverfassung aufhebt. Von einer Zustimmung des Ortschaftsrats ist in § 22 Abs. 2 der EV 1972 nicht die Rede.
46 
Einer vertraglichen Regelung wie der des § 22 Abs. 2 der EV 1972 stand § 76g GemO 1955 nicht entgegen. Ein Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 1 und 2 LVwVfG liegt auch unter keinem anderen Gesichtspunkt vor.
2.2.
47 
Ist hiernach von der Wirksamkeit des § 22 Abs. 2 EV 1972 auszugehen, sind die ehemaligen Gemeinden Flehingen und Oberderdingen, und deshalb auch der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen als deren Organ (§ 23 GemO n.F.), daran gebunden. Nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 war der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen nach dem 01.01.1985 nicht nur befugt, die Ortschaftsverfassung nach Maßgabe dieser Vorschrift aufzuheben, sondern auch ermächtigt, nach Anhörung des Ortschaftsrats die Aufgaben, die dem Ortschaftsrat durch die vorausgegangenen Hauptsatzungen zur eigenen Entscheidung übertragen worden waren (§ 9 Abs. 2 Satz 2 und Nrn. 1 bis 8 der EV 1972 i.V.m. § 11 Abs. 2 der Hauptsatzung vom 08.01.1973 und § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung vom 30.09.1990), zu ändern und aufzuheben, wie es mit Beschluss vom 26.10.1993 geschehen ist.
48 
§ 22 Abs. 2 der EV 1972 ist auch auf die Änderung und Aufhebung der vertraglich vorgesehenen und dem Ortschaftsrat durch Hauptsatzung übertragen gewesenen Angelegenheiten zur eigenen Entscheidung anzuwenden. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters ist das Argument a maiore ad minus im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses in der Rechtsprechung (z.B. LAG, Urt. v. 18.07.2013 - 7 Sa 1077/12 - ) bei der Auslegung von Rechtsvorschriften ein anerkannter Gesichtspunkt, weshalb von einer umfangreichen Zuständigkeit auf ein „Weniger“, d.h. auf eine weniger umfangreiche Zuständigkeit geschlossen werden darf. Aus der Kompetenz des Gemeinderats über die Aufhebung der Ortschaftsverfassung gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 darf deshalb auch die zur Änderung und vollständigen Aufhebung des Katalogs der Aufgaben zur eigenen Entscheidung des Ortschaftsrats (§ 76d Abs. 3 GemO 1955, § 70 Abs. 2 Satz 1 GemO 1993 und GemO n.F.) abgeleitet werden.
49 
Der Gemeinderat der Gemeinde Oberderdingen war deshalb nach § 22 Abs. 2 der EV 1972 ab dem 01.01.1985 berechtigt, nach vorausgegangener Anhörung des Ortschaftsrats den Katalog der dem Ortschaftsrat zur eigenen Entscheidung übertragen gewesenen Aufgaben zu ändern und gänzlich zu streichen. Der Beschluss des Gemeinderats vom 26.10.1993, durch den der Aufgabenkatalog des § 16 Abs. 4 der Hauptsatzung 1990 gestrichen wurde, durfte gemäß § 22 Abs. 2 der EV 1972 ohne Zustimmung des Ortschaftsrats, aber nach dessen Anhörung, gefasst werden. Satz 3 des § 22 Abs. 2 der EV 1972 verlangt für den Gemeinderatsbeschluss für die „Abschaffung der Ortschaftsverfassung“ die „Mehrheit aller Stimmen des Gemeinderats von Oberderdingen (qual. Mehrheit)“ und dies gilt nach den vorstehenden Überlegungen auch für die Änderung der Kompetenzen des Ortschaftsrats.
50 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die erforderliche Anhörung des Ortschaftsrats (§ 70 Abs. 1 GemO 1993 und GemO n.F.) ging den diesbezüglichen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschlüssen des Gemeinderats voraus, auch dem Beschluss vom 26.10.1993.
51 
Zur Klarstellung wird angemerkt. Dem Ortschaftsrat verbleibt nach wie vor sein Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 GemO n.F. i.V.m. § 16 der Hauptsatzung von 1993, weshalb nicht davon gesprochen werden kann, dass die bislang aufrecht erhaltene Ortschaftsverfassung in der Gemeinde Oberderdingen ins Leere ginge.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 a Abs. 2 VwGO vorliegt.
53 
BESCHLUSS
54 
Der Streitwert wird entsprechend dem Interesse des Klägers gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 2.500.-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 25/01/2012 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Die Beteiligten streiten um die Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung einer Ortschaft im Gemeindegebiet des beklagten Gemeinderats.
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Annotations

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.