|
|
| Die Klage des Ortschaftsrats ist zulässig, aber unbegründet. |
|
| Es handelt sich um einen sog. kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Gemeindeorgane und/oder Teile von ihnen über Bestand und Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten. Nach dem die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip des subjektiven Rechtsschutzes ist auch in einem Kommunalverfassungsstreit die verwaltungsgerichtliche Klage nur zulässig, wenn und soweit der Kläger sich auf eine Rechtsposition berufen kann, die ihm durch das Gesetz eingeräumt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO entsprechend). Eine Klage, die auf die Feststellung einer allein objektiv-rechtlichen Überschreitung oder Unterschreitung von Kompetenzen eines Organs gerichtet ist und nicht dem weiteren Erfordernis genügt, dass der Kläger durch rechtswidriges Organhandeln in einer ihm gesetzlich eingeräumten Rechtsposition verletzt sein kann, bleibt auch im Gewand des kommunalverfassungsrechtlichen Organstreits eine unzulässige Popularklage (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 -, VBlBW 1999, 304 m.w.N.; Gern, VBLBW 1989, 450 ff.). Eine lediglich mittelbare Betroffenheit ist nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu begründen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1992 - 1 S 506/92 -, VBlBW 1993, 179). Die Klagebefugnis eines Organs oder Organteils kann nur auf solche organschaftlichen Rechte gestützt werden, die gerade dem klagenden Organ oder Organteil zustehen. Erforderlich ist die Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte (Schütz in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Rn 97 ff., 100 ff.). Die Gemeindeordnung lässt die Einführung der Ortschaftsverfassung durch die Hauptsatzung zu und regelt dort (§§ 67 ff. GemO) gewisse Mindeststandards, Aufgaben und Rechte des Ortschaftsrats, die ihm nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften als Gremium zustehen (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 1 und 2 GemO). Für die ordnungsgemäße Einberufung des Ortschaftsrats ist hiernach auf die Vorschriften über die Einberufung des Gemeinderats in entsprechender Anwendung zurückzugreifen. |
|
| Die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) ist für das Begehren des Klägers die statthafte Klageart. Eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, da die Wirkungen des streitgegenständlichen Gemeinderatsbeschlusses sich auf den organinternen Rechtskreis des Ortschaftsrats begrenzen und somit kein außerhalb der Verwaltung stehendes Rechtssubjekt betreffen. Die Maßnahmen haben mithin mangels Außenwirkung keinen Verwaltungsaktcharakter im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG. |
|
| Mit der Behauptung, sein Anhörungsrecht sei aus verschiedenen und näher erläuterten Gründen verletzt worden, beruft sich der klagende Ortschaftsrat auf eine Rechtsposition, die ihm möglicherweise durch § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO und § 17 Nr. 2 der Hauptsatzung der Gemeinde Karlsbad eingeräumt worden ist und deren Verletzung er geltend macht. Dabei ist der „Ortschaftsrat“ nach dem Wortlaut der Vorschriften der GemO als Gremium mit Befugnissen ausgestattet (s. §§ 69, 70 GemO), nicht seine einzelnen Mitglieder. Träfe die Behauptung des klagenden Ortschaftsrats zu, sein Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO und der Hauptsatzung sei deshalb verletzt, weil die Frist für die Abgabe der Stellungnahme zu kurz gewesen sei und/oder in der Gemeinderatssitzung das Protokoll über die Sitzung des Ortschaftsrats von Mutschelbach vom 27.07.2010 nicht vorgelegen habe, wäre er durch die Entscheidung des Gemeinderats vom 28.07.2010 aller Voraussicht nach in seinen Rechten verletzt. Dies reicht aus, um seine Klagebefugnis zu bejahen (vgl. zum Ganzen: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Ergänzungslieferung 2011, § 61 Rn 6 m.w.N.). |
|
| Die ihm durch die §§ 69, 70 GemO gesetzlich eingeräumte Stellung rechtfertigt es, den Ortschaftsrat auch als beteiligtenfähig (vgl. § 61 Nr. 2 VwGO) anzusehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 61 Rn 11 und Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 61 Rn 3; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2000 - 1 S 2441/99 -, ohne Begründung). Für die Beteiligtenfähigkeit genügt es, wenn dem klagenden Organ im konkreten Verfahren Rechte zustehen können. Dies ist hier der Fall, dem Ortschaftsrat ist in § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO ein Anhörungsrecht eingeräumt. |
|
| Die Subsidiaritätsklausel (§ 43 Abs. 2 VwGO) gilt im Organstreitverfahren nicht. Eine Frist ist ebenfalls grundsätzlich nicht einzuhalten. Ein allgemeines Rechtsschutzinteresse ist hier trotz Zeitablaufs zu bejahen, das Begehren des Klägers hat sich insbesondere nicht erledigt. Denn durch eine entsprechende Umorganisation können die bisherigen Öffnungszeiten der Ortsverwaltung in Mutschelbach wieder eingerichtet werden. |
|
| Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klage ist zutreffend gegen den Gemeinderat der Gemeinde Karlsbad gerichtet. Im Organstreitverfahren ist die Klage gegen das Organ oder gegen den Organteil oder gegen den Funktionsträger zu richten, dem die interne Kompetenz zuzurechnen oder die behauptete Kompetenzverletzung anzulasten ist. Die passive Prozessführungsbefugnis richtet sich hier nicht nach dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 VwGO), sondern allein nach der innerorganisatorischen Kompetenz- oder Pflichtenzuordnung (Meissner in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O, § 78 Rn 50 m.w.N.; insoweit unklar VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 -, a.a.O.; OVG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011 - 4 C 32/08 -, ). Der Beschluss, um dessen Rechtswidrigkeit es geht, wurde vom Gemeinderat gefasst. Unabhängig davon, ob dieser zuständig und ob der Beschluss materiell-rechtlich rechtmäßig war, ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihm gegenüber zu treffen, um eine mit Rechtskraftwirkung (§ 121 VwGO) ausgestattete Entscheidung dem Organ entgegenhalten zu können, das den Beschluss gefasst hat. Dass es gegebenenfalls wegen der Kompetenz des Bürgermeisters gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 GemO i.V.m. § 11 Nr. 1 der Hauptsatzung sachdienlich wäre, die Klage zusätzlich auch gegen den Bürgermeister zu richten, weil er für die Entscheidung über die Organisation der Verwaltung, auch der Ortsverwaltungen zuständig ist (s. Ade/Faiß/Waibel/Stehle, Kommunalverfassungsrecht Baden-Württemberg, § 68 Anm. 3; Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Bd. 1, § 68 Rn 8) sowie für den Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses (§ 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 GemO), macht die Feststellungsklage des klagenden Ortschaftsrats gegen den Gemeinderat nicht unbegründet. Denn die Feststellung, dass der streitgegenständliche Gemeinderatsbeschluss rechtswidrig ist, ist unabhängig von der Kompetenzordnung Voraussetzung dafür, dass das zuständige Organ ein dahingehendes Urteil bindet. |
|
| Der Kläger wird durch den Gemeinderatsbeschluss vom 28.07.2010 nicht in eigenen, ihm durch die GemO (1.) oder die Hauptsatzung (§ 17) (2.) eingeräumten Rechten verletzt. Eine Verletzung eigener Rechte des Ortschaftsrats kann sich auch nicht aus der Vereinbarung über die Neubildung der Gemeinde „Karlsbad“ vom 23.07.1971 (3.) und der Geschäftsordnung der Gemeinde Karlsbad vom 22.02.200 ergeben (4.). |
|
| Durch die Hauptsatzung der Gemeinde Karlsbad in der Fassung vom 28.07.2004 i.V.m. § 67 S. 1 GemO wurde in der Gemeinde Karlsbad die Ortschaftsverfassung eingeführt. Dafür gelten nach § 67 S. 2 die §§ 68 bis 73 GemO. Der Ortschaftsrat hat die örtliche Verwaltung zu beraten (§ 70 Abs. 1 Satz 1 GemO). Ferner ist er zu wichtigen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, anzuhören (§ 70 Abs. 1 Satz 2 GemO). Er hat ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen (§ 70 Abs. 1 Satz 3 GemO). Keines dieser Rechte des klagenden Ortschaftsrats ist verletzt. Dem Anhörungsrecht des klagenden Ortschaftsrats ist ausreichend Rechnung getragen worden, er ist form- und fristgerecht angehört worden. |
|
| Der Vorschlag betreffend die Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung in der Ortschaft Mutschelbach ist eine wichtige Angelegenheit im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO, zu der der Ortschaftsrat der Ortschaft Mutschelbach „zu hören“ war. Das Anhörungsrecht stellt eine wesentliche Verfahrensvorschrift dar. Wird dagegen verstoßen, führt dies zur Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 70 Anm. 3). |
|
| Der Wortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO deutet mit der Formulierung "zu hören" darauf hin, dass die Anhörung formfrei ist, also kein förmliches Verfahren voraussetzt. Im Übrigen besagt die Vorschrift nichts zur Form, in der der Ortschaftsrat sein Anhörungsrecht wahrnehmen kann. Hinweise dafür können sich aus den Vorschriften über die Rechtsstellung und Funktion des Ortschaftsrats ergeben, aus § 72 GemO i.V.m. der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des 2. und 3. Abschnitts des Zweiten Teils der Gemeindeordnung, u.a. §§ 34 ff. GemO, und § 126 GemO unter Beachtung der Maßgaben in den Nummern 1-5. Für die Einberufung des Ortschaftsrats mit dem Ziel, ihn „zu hören“, sind die Bestimmungen über die Einberufung des Gemeinderates (§ 34 Abs. 1 Satz 1 2. HS GemO) entsprechend heranzuziehen, soweit sie mit Sinn und Zweck der Ortschaftsverfassung und des Ortschaftsrats vereinbar sind. Zu beachten ist ferner die Regelung über die Rechtsstellung des Ortsvorstehers in § 71 GemO. Ortsvorsteher können an den Verhandlungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen (§ 71 Abs. 4 GemO) und im Rahmen der Geschäftsordnung für den Gemeinderat handeln. Eine ausdrückliche Regelung darüber, in welcher Form die Stellungnahme bzw. die Auffassung des Ortschaftsrats in den Gemeinderat einzubringen ist, findet sich in diesen Vorschriften nicht. Maßstäbe dafür ergeben sich aber daraus, dass für die Einberufung des Ortschaftsrats und damit für dessen Meinungsbildungsprozess auf die Vorschriften über die Einberufung des Gemeinderats (§§ 72, 34 ff. GemO) verwiesen wird sowie aus Sinn und Zweck des Anhörungsrechts, das dazu dienen soll, die Willensbildung im Gemeinderat zu beeinflussen. Eine Anhörung des Ortschaftsrats hat deshalb rechtzeitig vor der Entscheidung des dafür zuständigen Gremiums zu erfolgen. Dem Ortschaftsrat ist für die Wahrnehmung seiner Anhörung ausreichend Zeit einzuräumen, um die Angelegenheit im erforderlichen Umfang erörtern zu können. Dazu sind dem Ortschaftsrat unter Umständen Informationen über die entscheidungserheblichen Tatsachen zur Verfügung zu stellen. Die Terminplanung ist so vorzunehmen, dass das Ergebnis der Anhörung des Ortschaftsrats die Willensbildung im Gemeinderat beeinflussen kann. Die Stellungnahme des Ortschaftsrats ist für die Gemeindeorgane aber nicht verbindlich, sie ist lediglich eine Empfehlung bzw. Orientierungshilfe (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 70 Anm. 3). |
|
| Gemessen an diesen Anforderungen war der Ortsvorsteher der Ortschaft Mutschelbach ausreichend informiert, um seinerseits als Vorsitzender des Ortschaftsrats (§ 69 Abs. 3 GemO) in angemessener Zeit den Ortschaftsrat zu informieren, einzuberufen und dessen Stellungnahme zur Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung in Mutschelbach einzuholen. Diese Stellungnahme fand auch Eingang in die Willensbildung des Gemeinderates. Darauf, dass der Ortsvorsteher des klagenden Ortschaftsrats nicht rechtzeitig und ausreichend informiert gewesen sei und deshalb auch den Ortschaftsrat habe nicht in angemessener Zeit und Form informieren können, kann sich der klagende Ortschaftsrat nicht berufen. Denn, wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt wurde, erhielt der Vertreter des klagenden Ortschaftsrats, Ortsvorsteher ..., wie alle Ortsvorsteher, in seiner Eigenschaft als Ortsvorsteher (§ 71 Abs. 4 GemO) und daneben als Gemeinderat die ausdrücklich an beide Funktionsträger gerichtete Einladung zur Gemeinderatssitzung vom 22.06.2010, der der Verwaltungsvorschlag „Vorl. G 10/048“ beigefügt war. Dieser sah für Mutschelbach die Öffnung der Ortsverwaltung an einem (halben) Tag vor. Den Arbeitszeiten wurden eine Stunde pro Woche für Rentenanträge und eine Stunde pro Woche für die Erstellung des Ortschaftsratsprotokolls hinzugerechnet. Der Vorschlag beruhte auf einer sog „Personalübersicht Ortsverwaltungen und Bürgerbüro (Au + Mu 1 Tag, Sp + Itt 2 Tage pro Woche)“, aus der sich die berechneten Arbeitszeiten ergeben. Diese sog. „Personalübersicht“ lag nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung jedem Gemeinderat und damit auch Ortsvorsteher ... in der Sitzung am 22.06.2010 vor. Der Ortsvorsteher des klagenden Ortschaftsrats war deshalb nach Erhalt der Einladung zu der am 22.06.2010 anberaumten Gemeinderatssitzung über den Sparvorschlag der Verwaltung und spätestens seit der Gemeinderatssitzung vom 22.06.2010 über Einzelheiten der geplanten Einsparung der Öffnungszeiten in Mutschelbach informiert und dadurch in die Lage versetzt, den klagenden Ortschaftsrat über den Sparvorschlag und die Berechnung der Arbeitszeiten in Kenntnis zu setzen. Alle Ortsvorsteher erhielten ferner die Einladung zur Gemeinderatssitzung am 08.07.2010, der die „Vorlage Nr. G 10 / 048 (neu)“ beigefügt war, die inhaltlich identisch ist mit der Vorlage, die mit der Einladung zur Gemeinderatssitzung am 22.06.2010 übersandt wurde. Darauf, ob und in welcher Reichweite der Ortsvorsteher Mutschelbachs bereits im Mai 2010 durch den Hauptamtsleiter der Gemeinde Karlsbad über die geplante Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltungen informiert und ob die sog. „Personalübersicht“ mit der Ladung zur Gemeinderatssitzung vom 22.06.2010 mitübersandt worden ist, kommt es nicht mehr an. |
|
| Vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Gemeinderatssitzungen war die Zeit, die dem klagenden Ortschaftsrat für seine Stellungnahme zur Verfügung stand, ausreichend, und zwar auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Anhörung des klagenden Ortschaftsrats erst auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vom 08.07.2010 hin in die Wege geleitet wurde und die Ortsvorsteher erst mit Schreiben des Bürgermeisters vom 09.07.2010 dazu aufgefordert wurden, eine Stellungnahme bis zur nächsten Gemeinderatssitzung am 28.07.2010 herbeizuführen. Dass diesem Schreiben keine Unterlagen beigefügt waren, verletzt nicht das Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO. Denn die einschlägigen Informationen, die für das Einholen der Stellungnahme des Ortschaftsrats erforderlich waren, lagen den Ortsvorstehern mit den erwähnten Vorlagen zu den Gemeinderatssitzungen einschließlich der sog. „Personalübersicht“ spätestens seit der Sitzung am 22.06.2010 vor. Der Einwand, die sog. „Personalübersicht“ sei inhaltlich falsch, es seien Arbeitszeiten willkürlich zugeordnet worden, berührt, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen, beispielsweise einer rechtserheblichen Täuschung des Ortschaftsrats, nicht das Anhörungsrecht und ist deshalb nicht geeignet, dieses zu verletzen. Denn Sinn und Zweck des Anhörungsrechts ist es gerade, dass der Ortschaftsrat die Sach- und Rechtslage prüft und gegebenenfalls auf unzutreffende Sachverhaltsfeststellungen hinweist, um die Willensbildung im Gemeinderat zu beeinflussen. Selbst wenn für die Einleitung der Anhörung des Ortschaftsrats die Vorschriften über die Einberufung zu einer Gemeinderatssitzung entsprechend anwendbar wären (§ 72 i.V.m. §§ 37 ff. GemO), wären diese hier nicht verletzt, weil die Ortsvorsteher in ihrer Funktion rechtzeitig und ausreichend über den geplanten Reduzierungsvorschlag informiert wurden. |
|
| Die für die Einladung zur Sitzung des Ortschaftsrats durch den Ortsvorsteher entsprechend anwendbaren §§ 34, 36, 37 i.V.m § 72 GemO sind gewahrt, sie waren einhaltbar. Dem Ortschaftsrat ist für die Abgabe einer Stellungnahme ausreichend Zeit einzuräumen, um die Angelegenheit im erforderlichen Umfang erörtern zu können (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 70 Anm. 3). Wie viel Zeit hierfür notwendig ist, lässt sich, ebenso wie für Gemeinderatssitzungen, nicht generell, sondern nur im Einzelfall bestimmen. Abzustellen ist im Einzelfall auf die Ortsgröße, den Umfang der Tagesordnung und die Bedeutung und Schwierigkeit des jeweiligen Beratungsgegenstands. Auch Vorbehandlungen des Beratungsgegenstands in früheren Sitzungen können den Aufwand für die Vorbereitung der Sitzung mindern (vgl. zu § 34 Abs. 1 GemO: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.11.2005 - 5 S 2662/04 -, NuR 2006, 443 ff. u. Urt. v. 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, VBLBW 1990, 457 f.). Der verbliebene Zeitraum von 18 Tagen zwischen dem durch Amtsboten an die Ortsvorsteher übermittelten Schreiben vom 09.07.2010 bis zum 28.07.2010 war ausreichend, um das Anhörungsrecht in der streitgegenständlichen Angelegenheit, der Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung in Mutschelbach, sachgerecht ausüben zu können. Einzelheiten über die in Mutschelbach anfallenden Verwaltungstätigkeiten waren dem Ortsvorsteher und den Mitgliedern des Ortschaftsrats bereits vor dem 09.07.2010 bekannt. Diese Angelegenheit war nicht besonders komplex oder schwierig, sie erforderte keine ausführliche Vorbefassung, durch Lesen umfangreicher Unterlagen, Nachforschungen oder Ähnliches. Ein Zeitraum von 18 Tagen war ausreichend, den Ortschaftsrat über die anfallende Verwaltungsarbeit, das Bedürfnis für Öffnungszeiten in Mutschelbach und über die geplante Reduzierung zu informieren sowie ein Meinungsbild bzw. eine Stellungnahme des klagenden Ortschaftsrats herbeizuführen, zumal sich jedes Mitglied des Ortschaftsrats selbst über die Notwendigkeit der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung informieren konnte. Der Ortschaftsrat befasste sich am 27.07.2010 laut Tagesordnung nur mit einem Tagesordnungspunkt, der Reduzierung der Öffnungszeiten seiner Ortsverwaltung. Andere aufwändige Beratungsgegenstände gab es im maßgeblichen Zeitraum nicht. Für den fraglichen Zeitraum vom 09.07. bis 28.07.2010 kann auch nicht davon gesprochen werden, dass dies die Haupturlaubszeit ist, in der ein aus 8 Personen bestehender Ortschaftsrat nicht zusammenkommen könnte. Die Sommerferien begannen im Jahr 2010 am 29.07.2010. Dass der Ortsvorsteher Mutschelbachs die Sitzung des Ortschaftsrats am 27.07.2010 von seinem am 10.07.2010 angetretenen Urlaub aus organisieren musste, wie er in der mündlichen Verhandlung vortrug, fällt in seine persönliche Lebensgestaltung, die er mit seiner Stellung als Ehrenbeamter (§ 70 Abs. 1 Satz 3 GemO) in Einklang bringen muss. Die deshalb für ihn entstandenen Erschwernisse für die Einberufung der Ortschaftsratssitzung führen nicht dazu, dass den Anforderungen der §§ 34, 36, 37 i. V. m § 72 GemO nicht Rechnung getragen werden konnte. |
|
| Das Anhörungsrecht ist schließlich nicht deshalb verletzt, weil dem Gemeinderat das schriftliche Protokoll über die Stellungnahme des klagenden Ortschaftsrats Mutschelbachs in seiner Sitzung am 28.07.2010 nicht vorlag. Wie der Vertreter des klagenden Ortschaftsrats in der mündlichen Verhandlung vortrug, konnte das Protokoll in der Kürze der Zeit nicht fertiggestellt werden. Das Ergebnis der Stellungnahme der Ortschaftsräte wurde, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigten, am Vormittag des 28.07.2010 telefonisch von der Verwaltung der Gemeinde Karlsbad abgefragt. Die telefonische Abfrage diente dazu, die Gemeinderatssitzung vorzubereiten (§§ 36 Abs. 1, 43 Abs. 1 GemO). Ob die Mitteilung des Ergebnisses der Stellungnahmen durch den Bürgermeister oder dessen Vertreter in der Gemeinderatssitzung am 28.07.2010 ausreichend gewesen wäre, um § 70 Abs. 1 S. 2 GemO zu wahren, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die gewählte Verfahrensweise verletzt nicht das Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 S. 2 GemO, weil zusätzlich zur Bekanntgabe des Anhörungsergebnisses der klagende Ortschaftsrat gehört wurde, indem der Ortsvorsteher Mutschelbachs ausreichend Gelegenheit hatte, die Auffassung des Ortschaftsrats Mutschelbachs in der Gemeinderatssitzung am 28.07.2010 vorzutragen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls über die Sitzung des beklagten Gemeinderats am 28.07.2010 leitete der Vorsitzende bzw. der Bürgermeister Top 4 der Tagesordnung in der Weise ein, dass er mitteilte, dass die Ortschaftsräte nach dem Beschluss der letzten Gemeinderatssitzung angehört worden sind. Daraufhin erläuterte der Hauptamtsleiter die Ergebnisse der Ortschaftsratsbeschlüsse und teilte mit, dass die Kürzungen mit Ausnahme von Spielberg in den übrigen Ortschaftsräten durchgängig auf Ablehnung gestoßen sind. Im weiteren Verlauf der Gemeinderatssitzung meldeten sich mehrere Gemeinderäte zu Wort, darunter auch der Ortsvorsteher des klagenden Ortschaftsrats. Er kritisierte ausdrücklich „das Verfahren zur Bemessung der Arbeitszeit anteilig in den Ortsverwaltungen mit Beispielen“. Die Ausführungen des Protokolls über die Gemeinderatssitzung am 28.07.2010 lassen erkennen, dass der Ortsvorsteher des klagenden Ortschaftsrats Gelegenheit hatte, dessen Argumente dem Gemeinderat vor der Beschlussfassung mitzuteilen. Umgekehrt ergibt sich aus dem Protokoll kein Anhaltspunkt dafür, dass der Ortsvorsteher Mutschelbachs in seinem Recht aus § 71 Abs. 4 GemO beschränkt oder gar gehindert worden wäre. Nach weiterer Diskussion stimmte der Gemeinderat dem Beschlussvorschlag mehrheitlich zu. Das Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 S. 2 GemO wird hierdurch nicht verletzt. |
|
| Entgegen der Auffassung des Klägers gebieten die entsprechend anwendbaren §§ 24 ff., 33 ff. und 44 ff. i.V.m. § 72 GemO über die Rechtsstellung und Mitwirkung der Gemeinderäte nach ihrem Wortlaut und Sinn zur Wahrung des Anhörungsrechts aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO nicht, dass in der Gemeinderatssitzung ein schriftliches Protokoll über die Sitzung des Ortschaftsrats bzw. eine schriftliche Stellungnahme vorliegen muss. Die Beratung des Gemeinderats erfolgt, abgesehen von der Besonderheit des Verfahrens der Offenlegung (§ 37 Abs. 1 S. 2 GemO), in der Regel mündlich. Nichts anderes gilt für die Beratung über das Ergebnis der Anhörung des Ortschaftsrats. Etwas anderes geht auch nicht aus § 71 Abs. 4 GemO hervor. Vielmehr wird die Stellungnahme des Ortschaftsrats vom Ortsvorsteher im Gemeinderat bzw. im zuständigen Ausschuss vorgetragen und erläutert (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 70 Anm. 3; Waibel, Gemeindeverfassungsrecht Baden-Württemberg, 5. Auflage, 2007, Rn 418). Im Regelfall erfolgt dies mündlich. Maßgeblich ist, dass die Stellungnahme die Willensbildung des Gemeinderates beeinflussen kann, wozu ein mündlicher Vortrag geeignet ist. Die vom Klägervertreter zitierten Ausführungen in der Literatur, wonach die Stellungnahme des Ortschaftsrats in vollem Wortlaut einschließlich einer eventuellen Begründung rechtzeitig mitgeteilt werden müsse (Mezger/Sixt, Die Ortschaftsverfassung in Baden-Württemberg, 6. Auflage, S. 40), sind nicht zwingend dahin zu verstehen, dass dem Gemeinderat eine Stellungnahme des Ortschaftsrats in Schriftform vorliegen muss, wie der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung schlussfolgerte. Diese Auffassung findet auch keine Stütze im Gesetz. Für den Einfluss auf die Willensbildung des Gemeinderats ist notwendig, aber auch ausreichend, dass dem Gemeinderat vor seiner Beschlussfassung das Ergebnis der Anhörung sowie die Begründung des Ortschaftsrats unterbreitet werden, damit der Gemeinderat die Möglichkeit hat, sich damit auseinanderzusetzen, mit anderen Worten, darüber zu beraten (§ 37 Abs. 1 Satz 1 GemO). Sinn und Zweck des Anhörungsrechts ist ausreichend Rechnung getragen, wenn der Ortsvorsteher – wie hier – die Gelegenheit hat, von seinem Recht aus § 71 Abs. 4 GemO Gebrauch zu machen und die Stellungnahme des Ortschaftsrats mündlich vortragen kann, sei es, dass er den Wortlaut einer bereits schriftlich ausgearbeiteten Stellungnahme verliest oder dass er mündlich die Argumente der Beschlussfassung des Ortschaftsrats dem Gemeinderat erläutert. Diese Erfordernisse sind hier erfüllt, was durch die vorgelegten Sitzungsprotokolle belegt wird. |
|
| Die gebotene und sorgfältige Vorbereitung eines Tagesordnungspunktes kann es allerdings gebieten, dass den Gemeinderäten mit der Einladung zur Sitzung und gegebenenfalls im Einzelfall in der Sitzung schriftliche Unterlagen überlassen werden müssen, um hinreichend informiert zu sein. Dies ist hier geschehen. Dahingehende Anforderungen berühren aber nicht das Anhörungsrecht des Ortschaftsrats, sie betreffen möglicherweise Rechte der einzelnen Gemeinderäte. Zur Klarstellung ist hinsichtlich des Vorbringens, der Einladung zur Gemeinderatssitzung hätten das am 28.07.2010 noch nicht fertiggestellt gewesene Protokoll über die Ortschaftsratssitzung vom 27.07.2010 und weitere Berechnungsunterlagen beigefügt werden müssen, anzumerken, dass dadurch, dass dies nicht geschah, Rechte des Ortschaftsrats nicht verletzt sein können. Zwar kann der Gemeinderat - rechtmäßig - nur in einer ordnungsgemäß einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen (§ 37 Abs. 1 Satz 1 GemO). Ein in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefasster Gemeinderatsbeschluss ist wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig. Die fehlerhafte Einberufung schlägt also auf die Rechtmäßigkeit des Gemeinderatsbeschlusses durch. Dies führt jedoch nicht zwangsläufig zur Annahme, der Gemeinderat verletze mit einer solchen Beschlussfassung auch das Recht des einzelnen Gemeinderatsmitglieds aus § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO bzw. das hier maßgebliche Anhörungsrecht des Ortschaftsrats aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO. Eine Rechtsverletzung durch den Gemeinderat scheidet aus, soweit § 34 Abs. 1 Satz 1 2. HS GemO fordert, dass der Bürgermeister der Einberufung die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen hat. Diese Verpflichtung kann allein dem Bürgermeister zugerechnet werden; sie ist ein Teil der Sitzungsvorbereitung, die nach § 34 Abs. 1 GemO ausschließlich seine Aufgabe ist. Der Gemeinderat kann nicht Adressat eines solchen Rechtes sein. Einen Antrag, die Verhandlung über die Öffnungszeiten im Ganzen oder bezogen nur auf die Ortschaft Mutschelbach zu verlegen, hat der Vertreter des klagenden Ortschaftsrats nicht gestellt (vgl. §§ 17 Abs. 5, 18 Abs. 2, 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Gemeinde Karlsbad vom 22.02.2000), weshalb offen bleiben kann, ob eine fehlerhafte Ablehnung eines solchen Antrags Rechte des Ortschaftsrats verletzen kann. |
|
| Die weiteren Einwände des klagenden Ortschaftsrats befassen sich mit der Zweckmäßigkeit der Einschränkung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung gerade in Mutschelbach und einer Benachteiligung Mutschelbachs im Vergleich mit anderen Ortschaften; er macht damit letztlich geltend, die beschlossene Reduzierung für Mutschelbach sei aus vielerlei Gründen in der Sache unrichtig, womit er im Rahmen der Frage, ob sein Anhörungsrecht verletzt ist, nicht gehört werden kann. Denn dieses beinhaltet nicht, dass der Gemeinderat in seinem Sinne entscheidet. Auch aus den anderen ihm nach § 70 Abs. 1 GemO zustehenden Rechten folgt kein Recht darauf, dass der Gemeinderat in seinem Sinne entscheidet. Der klagende Ortschaftsrat kann sich ferner nicht darauf berufen, der Ortschaftsrat einer anderen Ortschaft, der von Auerbach, sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil er insoweit keine eigenen Rechte hat. |
|
| Das Vorschlagsrecht des klagenden Ortschaftsrats (§ 70 Abs. 1 S. 2 GemO) ist ebenfalls nicht verletzt. Es gibt dem Ortschaftsrat die Möglichkeit, die Initiative in allen Angelegenheiten zu ergreifen, die die Ortschaft betreffen. Es ist also nicht auf wichtige Angelegenheiten begrenzt. Ein solcher Vorschlag kann nach § 34 Abs. 1 GemO vom Ortsvorsteher oder von einem Teil der Ortschaftsräte initiiert werden (Waibel, a.a.O., Rn 418). Einen über die ablehnende Stellungnahme hinausgehenden (Gegen-)Vorschlag hat der klagende Ortschaftsrat, vertreten durch den Ortsvorsteher, nicht gemacht, weshalb das Vorschlagsrecht nicht verletzt sein kann. |
|
| Schließlich folgt entgegen den Ausführungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung aus den organschaftlichen Rechten des Ortschaftsrats und des Ortsvorstehers kein Recht des Ortschaftsrats darauf, dass die Öffnungszeiten der örtlichen Verwaltung im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden bzw. dass darüber der Ortschaftsrat zu entscheiden hat. Aus Rechten des Ortsvorstehers als Organ der Ortschaftsverfassung folgen ferner keine Rechte des Ortschaftsrats. Der Funktionskreis des Ortsvorstehers beschränkt sich, abgesehen von seinem Recht des § 71 Abs. 4 GemO, auf die ihm übertragenen Aufgaben (vgl. §§ 69 Abs. 3, 71 Abs. 3 Satz 2 GemO) und darauf, dass er den Bürgermeister bei der Leitung der örtlichen Verwaltung vertritt (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 71 Anm. 4). |
|
| Aus der Hauptsatzung der Gemeinde Karlsbad ergibt sich ebenfalls keine Rechtsverletzung des Klägers. § 17 der Hauptsatzung regelt die Zuständigkeiten des Ortschaftsrats, Nr. 1 und 2 entsprechen § 70 Abs. 1 Satz 1-3 GemO. Ein darüber hinausgehendes Recht des Ortschaftsrats enthält § 17 Nr. 1 und 2 der Hauptsatzung nicht. § 17 Nr. 3 der Hauptsatzung bestimmt, was wichtige Angelegenheiten im Sinne des „Absatzes 2“ sind, ohne diese abschließend festzulegen, was aus der Formulierung „insbesondere“ hervorgeht. Hierzu rechnet Nr. 3.2. „die Bestimmung und wesentliche Änderung der Zuständigkeiten sowie die Aufhebung der örtlichen Verwaltung in der Ortschaft“. Dass es in § 17 Nr. 3 Satz 1 der Hauptsatzung „im Sinnes des Absatzes 2“ heißt, anstatt, „im Sinne der Nr. 2“ ist als Redaktionsversehen zu bewerten, weil § 17 keine Absätze kennt und § 17 Nr. 2 und 3 keinen Sinn machen würde. In Nr. 3 können nicht Angelegenheiten im Sinne der Nr. 4 gemeint sein, denn die systematische Reihenfolge der Nummern 1-4 knüpft an § 70 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GemO an, nämlich daran, dass sich das Anhörungsrecht aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO auf „wichtige Angelegenheiten“ beschränkt, während die Übertragung zur selbständigen Erledigung durch Satzung „bestimmte Angelegenheiten“ erfasst. Letztere sind eindeutig in § 17 Nr. 4 der Hauptsatzung festgelegt. Die Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltung in den einzelnen Ortschaften fällt zwar nicht eindeutig unter § 17 Nr. 3.2 der Hauptsatzung. Aber selbst wenn dies darunter zu subsumieren wäre, wäre dem Ortschaftsrat bezüglich der Ortsverwaltung in seiner Ortschaft nur ein Anhörungsrecht eingeräumt, wie es sich ohnehin bereits aus § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO ergibt. Dieses ist nicht verletzt. |
|
| Nach § 17 Nr. 4 der Hauptsatzung werden dem Ortschaftsrat im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung gestellten Mittel in Ziffern 4.1-4.5 im Einzelnen genannte Angelegenheiten übertragen, soweit sie die jeweilige Ortschaft betreffen. Nicht dazu zählen die Organisation und Reduzierung der Ortsverwaltungen. Diesbezüglich wurde den Ortschaftsräten in der Hauptsatzung der Gemeinde Karlsbad keine Kompetenz eingeräumt. Vielmehr weist deren Hauptsatzung in § 11 Nr. 1 Satz 2 diese Aufgabe dem Bürgermeister zu; dort heißt es in Anlehnung an den Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 GemO: „Der Bürgermeister leitet die Gemeindeverwaltung und vertritt die Gemeinde. Er ist für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung verantwortlich und regelt die innere Organisation der Gemeindeverwaltung.“ Dies entspricht der aus § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 GemO folgenden Kompetenzregelung, die die Organisation der Verwaltung auch in den Ortschaften dem Bürgermeister überträgt (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 68 Anm. 3). Die Regelungen über die Ortschaftsverfassung in den §§ 67 ff. GemO stellen es in das Ermessen des Gemeinderats, ob und in welchem Umfang er selbstständige Entscheidungszuständigkeiten durch die Hauptsatzung auf den Ortschaftsrat überträgt (§ 70 Abs. 2 Satz 1 GemO). Ist, wie hier, die Einrichtung und Organisation der örtlichen Verwaltung nicht durch die Hauptsatzung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 GemO) der Gemeinde der Entscheidungszuständigkeit des Ortschaftsrats übertragen (vgl. Waibel, a.a.O., Rn 419; Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 70 Anm. 5; Mezger/Sixt, a.a.O., S. 42 ff., 71 f ), so stehen ihm solche Rechte nicht zu. |
|
| Auch daraus, dass in anderen Ortschaften durch die Ortsverwaltung besondere Zuständigkeiten wahrgenommen werden und Mutschelbachs Bürger schon deshalb benachteiligt seien, kann der klagende Ortschaftsrat keine eigene Rechtsverletzung aus Satzungsbestimmungen herleiten. |
|
| Aus der Vereinbarung vom 23.07.1971 folgen ebenfalls keine Rechte des Ortschaftsrats, die durch den Gemeinderatsbeschluss vom 28.07.2010 verletzt sind. Aus einer Gesamtschau ihre Regelungen lassen sich keine dem Ortschaftsrat bei der Organisation und Reduzierung der Ortsverwaltung in den jeweiligen Ortschaften über § 70 Abs. 1 GemO und § 17 der Hauptsatzung hinausgehenden (Mitwirkungs-) Rechte ableiten, insbesondere kein Recht darauf, dass die Ortsverwaltungen unverändert aufrechterhalten bleiben. Die Vereinbarung trennt, wie es § 70 Abs. 1 i.V.m. 2 Satz 1 GemO vorsieht, zwischen Angelegenheiten, die dem Ortschaftsrat zur selbstständigen Entscheidung im Rahmen der ihm zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel übertragen sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 c, c1-c5) und solchen, in denen der Ortschaftsrat zu hören ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 d)). Die Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltungen ist in der Vereinbarung den Angelegenheiten zugeordnet, in denen der Ortschaftsrat zu hören ist, sofern man sie unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 d 2) subsumiert, wonach durch Satzung festzulegen ist, dass der Ortschaftsrat zu „Bestimmung und wesentliche Verminderung der Zuständigkeiten sowie Aufhebung der örtlichen Verwaltung in der Ortschaft nach Ziff. 2.“ zu hören ist. Die streitgegenständliche Reduzierung ist dagegen nicht den Angelegenheiten zugeordnet, die durch Hauptsatzung zur selbstständigen Erledigung durch den Ortschaftsrat zuzuweisen sind. Bei den in § 7 Abs. 1 Nr. 1 c) bis c5) der Vereinbarung genannten Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung sind die Einrichtung, Reduzierung und Abschaffung der Ortsverwaltung nicht erwähnt, sie gehören deshalb nicht hierzu. Die Frage der Änderung und Aufhebung der örtlichen Verwaltung, was auch die Reduzierung der Öffnungszeiten der örtlichen Verwaltung beinhalten kann, wurde in der Vereinbarung gesehen und geregelt, was die Annahme zulässt, dass die Vereinbarung vom 23.07.1971 dem Ortschaftsrat über ein Anhörungsrecht, das durch die Hauptsatzung zu begründenden ist, hinaus keine Rechte verschaffen wollte. |
|
| § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Vereinbarung bestätigt diese Auslegung und enthält ebenfalls kein Recht des Ortschaftsrats des Inhalts, dass die Ortsverwaltung in den Ortschaften im bisherigen Umfang aufrechterhalten wird bzw. dass über die Einrichtung, Organisation und Reduzierung der Ortsverwaltung der Ortschaftsrat entscheidet. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Vereinbarung, noch eine Gesamtschau der Vereinbarung i.V.m. den Zuständigkeitsregelungen in der Gemeindeordnung (§§ 24 ff., 42 ff., 67 ff., 70 Abs. 2 GemO) lassen, ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer solchen Regelung in der Vereinbarung, eine dahingehende Auslegung zu. § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Vereinbarung lautet: "In jeder Ortschaft nach Ziffer 1a wird eine örtliche Verwaltung eingerichtet und so lange unterhalten, wie ein Bedürfnis hierfür besteht und die Belange der gesamten Gemeindeverwaltung dies zulassen. Ihre Zuständigkeiten und Organisation werden vom Bürgermeister der Gemeinde Karlsbad kraft seiner Organisationsgewalt nach § 44 Abs. 1 S. 2 GO entsprechend dem örtlichen Bedürfnis, insbesondere der Bedürfnisse der älteren Einwohner in der jeweiligen Ortschaft, unter Berücksichtigung der Belange der gesamten Gemeindeverwaltung bestimmt." Das Wort „Ortschaftsrat“ ist in beiden Sätzen nicht erwähnt, weshalb schon der Wortlaut der Auslegung entgegensteht, dass sich daraus ein über § 7 Abs. 1 Nr. 1 hinausgehendes, wie auch immer geartetes Recht des Ortschaftsrats ergeben könnte. § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 der Vereinbarung enthält keine Aussage darüber, wer über die Frage entscheidet, ob ein "Bedürfnis" besteht. Dazu verhält sich Satz 2, indem er auf die Organisationsgewalt des Bürgermeisters der Gemeinde Karlsbad nach § 44 Abs. 1 S. 2 GemO verweist und ausführt, dass ihre (die der Gemeindeverwaltung) "Zuständigkeiten und Organisation" der Bürgermeister nach Maßgabe der genannten Voraussetzungen bestimmt. Dieser Satz ist dahin zu verstehen, dass mit der Vereinbarung keine von der in den §§ 67 ff., 24 ff., 42 ff. GemO festgelegten Kompetenzordnung abweichende Regelung zugunsten des Ortschaftsrats geschaffen werden sollte. Mit anderen Worten, die sich aus der GemO ergebende Kompetenzordnung ist in der Vereinbarung deklatorisch festgestellt. |
|
| Die Organisation und Einrichtung der Verwaltung unterliegen nach den §§ 42 ff. GemO der Zuständigkeit des Bürgermeisters und dies gilt, wie bereits erwähnt, auch bei Einführung der Ortschaftsverfassung (Ade/Faiß/Waibel/Stehle, a.a.O., § 68 Anm. 3). Wenn die Gemeinde Ortschaften einrichtet, ergibt sich daraus nicht kraft Gesetzes die Folge, dass örtliche Verwaltungen eingerichtet werden müssen, vielmehr ist dies der pflichtgemäßen Entscheidung der Gemeinde überlassen. Zuständig für diese Entscheidung ist der Bürgermeister, da es sich um eine Frage der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 GemO handelt. Der Bürgermeister legt auch fest, welche Ämter in den Ortsverwaltungen vertreten sind und bestimmt, welche Anliegen der Bürger in den staatlichen Verwaltungen erledigt werden (Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 68 Rn 8). Die Entscheidung über den unbestimmten Rechtsbegriff, wann ein örtliches Bedürfnis vorliegt, obliegt mangels gegenteiliger Bestimmungen dem Bürgermeister, nicht dem Ortschaftsrat. Eine davon abweichende Zuständigkeitsregelung für Angelegenheiten einer Ortschaft kann die Gemeinde in der Hauptsatzung (§ 70 Abs. 2 GemO) vorsehen, was hier nicht geschehen ist. |
|
| Rechte des Ortschaftsrats können schließlich nicht deshalb verletzt werden, weil der Bürgermeister allein zuständig ist für die Entscheidung über die Reduzierung der Öffnungszeiten der Ortsverwaltungen. In der Sache dürfte es empfehlenswert sein, wenn der zuständige Bürgermeister seinen Reduzierungsvorschlag mit dem Gemeinderat abstimmt, um über die nötigen Haushaltsmittel verfügen zu können, die wiederum der Beschlussfassung des Gemeinderats unterliegen (Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., Bd. 1, § 68 Rn 8). |
|
| Aus der Geschäftsordnung der Gemeinde Karlsbad können sich im Hinblick auf § 70 Abs. 2 GemO keine weitergehenden organschaftlichen Rechte des Ortschaftsrats ergeben. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|