Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 04. Juni 2014 - 10 AE 2414/14

published on 04/06/2014 00:00
Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 04. Juni 2014 - 10 AE 2414/14
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Tenor

Der Antrag vom 7. Mai 2014, die aufschiebende Wirkung der Klage 10 A 5200/13 unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2013 im Eilverfahren 10 AE 5151/13 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, ein 33 Jahre alter iranischer Staatsangehöriger, begehrt (weiterhin) einstweiligen Rechtsschutz gegen einen sog. Dublin-II-Bescheid der Antragsgegnerin.

2

Nach eigenen Angaben reiste der Antragsteller aus dem Iran kommend am 19. Juli 2013 auf dem Luftweg nach Mailand und einen Tag später – wiederum auf dem Luftweg – aus Mailand ins Bundesgebiet ein. Am 30. Juli 2013 stellte er bei der Antragsgegnerin einen Asylantrag. Eine VIS-Abfrage ergab, dass dem Antragsteller am 19. Juni 2013 durch die italienische Botschaft in Teheran ein Kurzaufenthaltsvisum (10 Tage), gültig vom 10. Juli bis zum 3. August 2013, für die Schengen-Staaten erteilt worden war.

3

Im Rahmen seiner Anhörung gab der Antragsteller an, das italienische Visum habe ihm ein Schlepper besorgt. Er habe aus dem Iran fliehen müssen, weil er sich dort dem Christentum zugewandt und auch Hauskirchenkreise besucht habe. Hier in Deutschland habe er sich der Glaubensgemeinschaft ... angeschlossen.

4

Am 25. September 2013 richtete die Antragsgegnerin ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien. Italien stimmte mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 der Aufnahme des Antragstellers gemäß Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (im Folgenden: Dublin-II-VO), zu.

5

Mit Bescheid vom 26. November 2013, dem Antragsteller persönlich zugestellt am 5. Dezember 2013, stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig sei und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Aufgrund des ausgestellten Visums sei die Republik Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

6

Hiergegen erhob der Antragsteller am 6. Dezember 2013 Klage (10 A 5200/13), mit welcher er unter Aufhebung des Bescheids vom 26. November 2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter und hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten begehrt. Es bestehe in seinem Fall begründete Furcht vor Verfolgung im Iran. Bereits am 4. Dezember 2013 hatte der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (10 AE 5151/13) gestellt, den er im Wesentlichen mit systemischen Mängeln in Italien begründete.

7

Nachdem das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Dezember 2013, den Beteiligten vorab per Fax bekanntgegeben am 16. Dezember 2013, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt hatte, hat der Antragsteller am 7. Mai 2014 den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, mit welchem er sein Begehren weiterverfolgt. Es sei eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten, weil inzwischen die Frist zur Überstellung nach Italien abgelaufen sei.

8

Der Antragsteller beantragt,

9

1. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. Dezember 2013 zu dem Aktenzeichen 10 AE 5151/13 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage 10 A 5200/13 gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. November 2013 anzuordnen,

10

2. der Antragsgegnerin aufzugeben, der Ausländerbehörde Hamburg Mitte mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Italien vorläufig nicht durchgeführt werden kann.

11

Die Antragsgegnerin beantragt,

12

den Antrag abzulehnen.

13

Zur Begründung führt sie an, die Überstellungsfrist sei noch nicht abgelaufen. Bereits der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hemme den Lauf der Überstellungsfrist. Die sechsmonatige Frist habe im vorliegenden Fall mit der ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes neu zu laufen begonnen und ende daher erst am 13. Juni 2014.

II.

14

Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG durch die Kammer, da die Einzelrichterin den Rechtsstreit wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache mit Beschluss vom heutigen Tage auf die Kammer übertragen hat.

15

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 10 A 5200/13 unter entsprechender Abänderung des Beschlusses vom 13. Dezember 2013 in der Sache 10 AE 5151/13 anzuordnen, hat keinen Erfolg.

16

Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann zwar jeder Beteiligte die Änderung eines Beschlusses über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht. Sie ergeben sich weder im Hinblick auf den geltend gemachten Ablauf der Überstellungsfrist (hierzu unter 1.) noch hinsichtlich der gesundheitlichen Situation des Antragstellers (hierzu unter 2.).

17

1.) Es kann offenbleiben, ob sich ein Asylbewerber überhaupt im Sinne eines subjektiven Rechts auf den bloßen Ablauf der Überstellungsfrist berufen kann (dies verneinend etwa VG Berlin, Beschl. v. 19.3.2014, 33 L 90.14 A, Rn. 8 – zitiert nach juris). Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin-II-VO von Italien auf die Antragsgegnerin übergegangen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

18

Die Dublin-II-VO findet auf den vorliegenden Fall noch Anwendung, obwohl sie inzwischen durch Art. 48 UAbs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin-III-VO), aufgehoben worden ist. Die Dublin-III-VO ist indes (nur) auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden, und gilt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – ab diesem Zeitpunkt (lediglich) für alle Gesuche um Aufnahme und Wiederaufnahme von Antragstellern, Art. 49 UAbs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO. Soweit Art. 49 UAbs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO normiert, dass für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Dublin-II-VO erfolgt, kommt dieser Bestimmung bloß klarstellende Funktion zu (Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn. 286). Der Antragsteller hat seinen Antrag bei der Antragsgegnerin am 30. Juli 2013 und damit vor dem 1. Januar 2014 gestellt. Das Übernahmeersuchen an den italienischen Staat datiert vom 25. September 2013 und ist mithin ebenfalls vor dem maßgeblichen Stichtag ergangen. Folglich findet auf den vorliegenden Fall vollumfänglich die Dublin-II-VO und noch nicht die Dublin-III-VO Anwendung.

19

Gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin-II-VO geht, wenn die Überstellung des Antragstellers an den zuständigen Staat nicht innerhalb der in Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1 Dublin-II-VO geregelten Frist von sechs Monaten durchgeführt wird, die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Nach Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1 Dublin-II-VO erfolgt die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO hat ein gegen die Entscheidung eingelegter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist.

20

Die sechsmonatige Überstellungsfrist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist für den Fristbeginn nicht auf die von Italien am 23. Oktober 2013 erklärte Annahme des Antrags auf Aufnahme abzustellen, sondern auf die Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist (im Ergebnis wie hier: VG Düsseldorf, Beschl. v. 7.4.2014, 2 L 55/14.A, Rn. 21; VG Leipzig, Beschl. v. 28.2.2014, A 6 L 360/13, Rn. 15; VG Regensburg, Beschl. v. 13.12.2013, RO 9 S 13.30618, Rn. 19; VG Göttingen, Beschl. v. 28.11.2013, 2 B 887/13, Rn. 4 – jeweils zitiert nach juris; a. A. VG Hannover, Beschl. v. 31.3.2014, 1 B 6483/14, Rn. 20 ff.; VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.3.2014, 13 L 644/14.A, Rn. 11 ff.; VG Magdeburg, Urt. v. 28.2.2014, 1 A 413/13, Rn. 16; VG Oldenburg, Beschl. v. 21.1.2014, 3 B 7136/13, Rn. 11 – jeweils zitiert nach juris). Hier ist den Beteiligten der ablehnende Beschluss am 16. Dezember 2013 vorab per Fax bekanntgegeben worden. Damit endet die Überstellungsfrist erst am 16. Juni 2014. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

21

Zwar mag – wie der Antragsteller meint – der Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1 Dublin-II-VO auf den ersten Blick dafür sprechen, für den Fristbeginn auf die Annahme des Antrags auf Aufnahme durch Italien abzustellen. Denn der Klage des Antragstellers als dem gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, seinen Asylantrag nicht zu prüfen, erhobenem Rechtsbehelf kommt keine aufschiebende Wirkung zu, weil das Gericht mit Beschluss vom 13. Dezember 2013 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt hat. Für eine solche Auslegung könnte nach nationalem Verständnis sprechen, dass wegen der Regelung des § 75 AsylVfG einem Rechtsbehelf gegen einen sog. Dublin-Bescheid nur dann „aufschiebende Wirkung“ zukommen kann, wenn diese in Bezug auf die im Hauptsacheverfahren erhobene Klage gerichtlich angeordnet worden ist. Das bloße Nachsuchen um einstweiligen Rechtsschutz bewirkt keine „aufschiebende Wirkung“ im verwaltungsprozessualen Sinne, selbst wenn es innerhalb der Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG erfolgen sollte. Es führt lediglich dazu, dass eine Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung kraft Gesetzes nicht zulässig ist, § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG.

22

Eine solche – am nationalen Verwaltungsprozessrecht orientierte – Sichtweise verkennt aber, dass es sich bei dem in der Dublin-II-VO verwandten Rechtsbegriff der aufschiebenden Wirkung um einen unionsrechtlichen Begriff handelt, der schon wegen der völlig unterschiedlichen Ausgestaltung des nationalen Verfahrensrechts, in das die Vorschrift hineinverweist, nicht deckungsgleich mit dem Begriff der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO sein kann (so Funke-Kaiser, a. a. O., § 27a Rn. 228). Der Begriff der aufschiebenden Wirkung ist vielmehr im Lichte des Gemeinschaftsrechts auszulegen. Bei der Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts sind nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) indes nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (EuGH, Urt. v. 23.11.2006, ZVK, C-300/05, Rn. 15; Urt. v. 18.5.2000, KVS International, C-301/98, Rn. 21 – jeweils zitiert nach juris). Dies zugrunde gelegt, kann der Begriff der aufschiebenden Wirkung im Sinne des Art. 19 UAbs. 1 Dublin-II-VO nur dahingehend ausgelegt werden, dass damit ein Vollstreckungshindernis im weiteren Sinne gemeint ist, wozu auch die Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG gehört (so auch Funke-Kaiser, a. a. O.).

23

Die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift des Art. 19 UAbs. 1 Dublin-II-VO obliegt zwar grundsätzlich dem EuGH. Die Kammer ist aber hier nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die Frage, wie Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1 Dublin-II-VO im Hinblick auf die Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG auszulegen ist, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorzulegen. Zwar ist die Kammer in asylrechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vorliegend nach § 80 Abs. 7 VwGO) letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 80 AsylVfG), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den Gerichtshof grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschaftsrecht zu befinden ist. Eine solche Vorlageverpflichtung entfällt jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, den Beteiligten unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann (EuGH, Urt. v. 27.10.1982, Morson u.a., 35/82 u. a., Rn. 8 ff.; Urt. v. 24.5.1977, Hoffmann-La Roche, 107/76, Rn. 5 f.; siehe auch BGH, Urt. v. 18.10.2012, III ZR 196/11, Rn. 33 – zitiert nach juris; BVerfG, Beschl. v. 7.12.2006, 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521, 1522).

24

Im Übrigen dürfte die Frage der Auslegung des Art. 19 UAbs. 1 Dublin-II-VO durch die Rechtsprechung des EuGH in einer Weise geklärt sein, die es erlaubt, die hier streitentenscheidende Frage ohne Vorlage an den EuGH eigenständig zu beantworten. Nach der Rechtsprechung des EuGH zur – insoweit wortgleichen – Fristenregelung in Art. 20 Abs. 1 lit. d Dublin-II-VO in seinem Urteil vom 29. Januar 2009 in der Sache C-19/08 – Petrosian (veröffentlicht in juris) verfolgt die Überstellungsfrist in Anbetracht der praktischen Komplexität und der organisatorischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung einhergehen, das Ziel, es den betroffenen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich im Hinblick auf die Durchführung abzustimmen, und es insbesondere dem Mitgliedstaat zu erlauben, die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln, die nach den nationalen Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Staates erfolgt (Rn. 40 – zitiert nach juris). Mit diesen praktischen Schwierigkeiten sei, so der EuGH, jeder Mitgliedstaat konfrontiert, gleich, ob das nationale Recht einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gegen die Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen, vorsieht oder nicht. Vor diesem Hintergrund müsse gewährleistet sein, dass – egal für welches Rechtsschutzmodell sich der jeweilige Mitgliedstaat entschieden hat – jeder der betroffenen Mitgliedstaaten über die gleiche Frist von sechs Monaten verfügen sollte, um die Überstellung zu bewerkstelligen (Rn. 43 – zitiert nach juris). Der Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 lit. d Dublin-II-VO enthalte keinen Hinweis darauf, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber beabsichtigt hätte, die beiden Konstellationen unterschiedlich zu behandeln (Rn. 43 – zitiert nach juris). Dementsprechend müsse auch der Mitgliedstaat, der einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung vorsehe, über eine Überstellungsfrist von sechs Monaten verfügen, um sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung nutzen zu können (Rn. 44 – zitiert nach juris). Die Mitgliedstaaten, die Rechtsbehelfe schaffen wollten, die zu Entscheidungen mit aufschiebender Wirkung im Rahmen des Überstellungsverfahrens führen können, dürften daher nicht im Namen einer zügigen Sachbehandlung in eine weniger günstige Lage versetzt werden als diejenigen Mitgliedstaaten, die dies nicht für notwendig erachtet hätten (Rn. 40 – zitiert nach juris). Der Mitgliedstaat indes, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hätte, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, dürfe nicht Gefahr laufen, angesichts des möglicherweise nur noch sehr kurzen Zeitraums zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung diese nicht mehr organisieren zu können und letztlich selbst für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig zu werden (Rn. 50 – zitiert nach juris).

25

Die genannte Entscheidung des EuGH ist zwar zu der hier nicht betroffenen Frage ergangen, ob die Überstellungsfrist, wenn die Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats im Rahmen des Überstellungsverfahrens die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs vorsehen, bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt ist, oder erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann. Die aufgeführten Argumente lassen sich aber auf die vorliegende Konstellation übertragen, in der dem Rechtsbehelf im konkreten Fall mangels gerichtlicher Anordnung zwar keine aufschiebende Wirkung zukommt, die Abschiebung wegen der Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG während der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens aber kraft Gesetzes unzulässig war. Dies muss zur Auslegung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung im Sinne eines Vollstreckungshindernisses führen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

26

Fände im Falle eines ablehnenden Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei der Berechnung der Überstellungsfrist die Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG keine Berücksichtigung, und stellte man für den Fristbeginn mangels aufschiebender Wirkung der Klage allein auf die Annahmeerklärung des ersuchten Mitgliedstaats ab, führte dies zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegnerin in dieser Konstellation – anders als vom EuGH postuliert – keine vollen sechs Monate zur Überstellung des jeweiligen Antragstellers in den ersuchten Mitgliedstaat verbliebe. Vielmehr verkürzte sich diese Frist um die Zeit, die das einstweilige Rechtsschutzverfahren bis zur negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts andauerte. Wenn man bedenkt, dass die Dauer des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens mitunter durchaus mehrere Wochen betragen kann, führte dies zu einer deutlichen Verkürzung der Überstellungsfrist, die angesichts der praktischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung verbunden sind, mit sechs Monaten ohnehin schon eher knapp bemessen ist. Dieser Zeitverknappung könnte die Antragsgegnerin auch nicht dadurch entgegenwirken, während des laufenden Eilverfahrens schon einmal intern alle erforderlichen Schritte wie etwaigen Schreiben an den ersuchten Mitgliedstaat jedenfalls vorzubereiten (so aber VG Hannover, Beschl. v. 31.3.2014, 1 B 6483/14, Rn. 25 – zitiert nach juris). Denn die Durchführung der Überstellung obliegt nicht der Antragsgegnerin, sondern der zuständigen Ausländerbehörde, auf deren Arbeitsabläufe und Auslastung die Antragsgegnerin keinen Einfluss hat. Im Übrigen dürften die praktischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung verbunden sind, weniger mit internen Arbeitsabläufen bei der Antragsgegnerin zusammenhängen als mit der Buchung und gegebenenfalls Stornierung von Flügen, geltend gemachten Erkrankungen oder auch medizinischen Untersuchungen. Hierbei handelt es sich um Umstände, mit denen ausschließlich die Ausländerbehörde befasst ist, die – allein schon aus Kostengründen – regelmäßig erst dann mit den Planungen zur Durchführung der Überstellung beginnen wird, wenn feststeht, dass ein fristgemäß erhobener Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einer Überstellung des betreffenden Antragstellers in den ersuchten Mitgliedstaat nicht mehr entgegensteht. Dies ist in der vorliegenden Konstellation erst nach dem ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts der Fall. Im Ergebnis stünde sich die Antragsgegnerin als Mitgliedstaat, der mit § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ein zugunsten der Antragsteller wirkendes gesetzliches Abschiebungshindernis geschaffen hat, schlechter als ein Mitgliedstaat, der überhaupt keine aufschiebende Wirkung des einschlägigen Rechtsbehelfs vorgesehen hat. Wie der EuGH zu Recht ausgeführt hat, ist ein solches Ergebnis zu vermeiden.

27

Soweit der Antragsteller geltend macht, die hier vertretene Auslegung führe im Ergebnis dazu, dass die Antragsgegnerin eine deutlich längere Überstellungsfrist zur Verfügung habe, da die Frist mit dem negativen Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens „neu“ beginne, ist dem entgegenzuhalten, dass die Antragsgegnerin hieraus keinerlei Vorteil zieht, weil mit der Durchführung der Überstellung – wie bereits ausgeführt – erst ab diesem Zeitpunkt praktisch begonnen werden kann und im Vorfeld noch keine sinnvollen Vorbereitungsmaßnahmen getroffen werden können. Soweit der Antragsteller weiter argumentiert, dass eine monatelang verzögerte Überstellung nicht mit dem der Dublin-II-VO immanenten Beschleunigungsgedanken zu vereinbaren wäre, ist er darauf zu verweisen, dass es zu einer solchen Situation auch in der nach seiner Auffassung allein mit dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1 Dublin-II-VO in Einklang zu bringenden Konstellation, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat, kommen kann. Dies ist dann nämlich der Fall, wenn die Klage viele Monate später im Hauptsacheverfahren abgewiesen wird.

28

Schließlich hilft auch der von dem Antragsteller zu Auslegungszwecken herangezogene Wortlaut der Dublin-III-VO nicht weiter, da sich mangels Verfügbarkeit von Materialien zur Entstehungsgeschichte nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es sich hierbei um eine Klarstellung oder eine ausdrückliche Neuregelung handeln sollte, zumal sich vorliegend die Regelungen der Dublin-II-VO und der Dublin-III-VO in dem Sinne überschneiden, als § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG der Umsetzung schon einer Regelung der Dublin-III-VO, nämlich des Art. 27 Abs. 3 lit. c, zu einem Zeitpunkt diente, als noch die Dublin-II-VO weiterhin Anwendung fand.

29

Anhaltspunkte dafür, dass im Hinblick auf die Überstellungsfrist ein tatsächliches Abschiebungshindernis in dem Sinne bestehen könnte, dass sich Italien weigern wird, den Antragsteller aufzunehmen, bestehen nicht. Es dürfte einiges dafür sprechen, dass – wie die Antragsgegnerin ausgeführt hat – die Mitteilung Italiens vom 23. Oktober 2013, den Antragsteller nicht später als bis zum 23. April 2014 aufzunehmen, im Sinne eines bloßen Hinweises zu verstehen ist und spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage nach ständiger Überstellungspraxis zwischen den beiden hier beteiligten Mitgliedstaaten Berücksichtigung finden. Diesem Vorbringen ist der Antragsteller nicht in qualifizierter Weise entgegengetreten. Letztlich kann aber auch dahinstehen, wie die Ausführungen Italiens in dem genannten Schreiben gemeint sind. Denn es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 4.12.2008, 4 Bs 229/08, Rn. 15, m. w. Nachw.; Beschl. v. 28.12.2004, 3 Bs 575/04, Rn. 3 – zitiert nach juris), der sich die Kammer anschließt (vgl. bereits Beschl. v. 20.5.2009, 10 E 1295/09 – nicht veröffentlicht), dass Abschiebungsschutz nicht bereits deshalb zu gewähren ist, weil die Möglichkeit besteht, dass dem betreffenden Ausländer die Einreise in den Zielstaat der Abschiebung verweigert wird. Die Nachteile eines erfolglosen Abschiebungsversuchs sind als solche nicht so groß, dass die Antragsgegnerin zu verpflichten wäre, vor der Abschiebung sicherzustellen, dass der Antragsteller nach Italien wird einreisen dürfen. Dies gilt insbesondere deshalb nicht, weil die Ausländerbehörde – wozu sie nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 verpflichtet ist – vor einer Dublin-Rückführung den ersuchten Mitgliedstaat regelmäßig über das Ankunftsdatum des zu überstellenden Antragstellers mitteilt und daher davon auszugehen ist, dass sich der andere Mitgliedstaat rechtzeitig melden wird, sollte er zur Aufnahme inzwischen nicht mehr bereit sein. Sollte dem Antragsteller tatsächlich durch die italienischen Behörden die Einreise verweigert werden, so würde der Antragsteller ins Bundesgebiet zurückgeführt werden. Vor den hiermit verbundenen Belastungen wäre der Antragsteller nur dann zu bewahren, wenn ausgeschlossen erscheint, dass eine Einreise in den Zielstaat erfolgen kann. Dafür spricht hier nichts. Das oben genannte Schreiben Italiens, das zu einem Zeitpunkt verfasst worden ist, als die weitere Entwicklung der Sach- und Rechtslage noch nicht absehbar war, bietet keinen Anlass für die Annahme, dass der Antragsteller nicht nach Italien wird einreisen können. Eine aktuelle Weigerung Italiens, den Antragsteller jetzt noch aufzunehmen, liegt nicht vor.

30

2.) Entgegen der Auffassung des Antragstellers dürfte vorliegend auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Ausübung des sog. Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO wegen einer inzwischen bestehenden Erkrankung des Antragstellers bestehen.

31

Dem zur Akte gereichten vorläufigen Arztbrief der ... Klinik ... – Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie – vom 15. April 2014 sowie dem Arztbrief derselben Klinik vom 28. April 2014 sind keine Umstände zu entnehmen, welche die Antragsgegnerin dazu verpflichten, das Asylverfahren des Antragstellers in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Sie bieten keinen Anhaltspunkt für eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben – insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Suizidalität – des Antragstellers im Falle seiner Abschiebung nach Italien. Dem Antragsteller wird in den ärztlichen Bescheinigungen zwar eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtiger schwerer Episode attestiert. Von einer akuten Suizidalität habe sich der Antragsteller indes glaubhaft distanziert. Es bestehe weder akute Eigen- noch Fremdgefährdung. Nach erfolgreicher Belastungsprobe habe der Antragsteller affektiv stabilisiert entlassen werden können. Sollte der Antragsteller auf die Einnahme der Medikamente Quetiapin und Venlafaxin ret. angewiesen sein – dies lässt sich den ärztlichen Bescheinigungen nicht mit Sicherheit entnehmen, da dort lediglich von „Medikationsempfehlung“ die Rede ist –, bieten die zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu vergleichbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung haben wird (grundlegend zur gesundheitlichen Versorgung: VG Hamburg, Urt. v. 18.7.2013, 10 A 581/13, Rn. 33 – zitiert nach juris).

32

Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zu einer Abänderung oder Aufhebung der rechtskräftigen Entscheidung von Amts wegen nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO. Die Befugnis zur Abänderung von Amts wegen besteht nur, um einer nachträglich anderen Beurteilung Rechnung zu tragen. Die Kammer kommt auch unter erneuter Würdigung des Vortrags der Antragsteller nicht zu einer nachträglich anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

33

Für den weiter gestellten Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, der Ausländerbehörde Hamburg Mitte mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Italien vorläufig nicht durchgeführt werden kann, bleibt angesichts obiger Ausführungen ebenfalls kein Raum.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 14. August 2014 – 2 K 426/14.TR – wird der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Februar 2014 aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens beider Rechts
published on 30/11/2014 00:00

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt.2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gründe   I. 1 Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützte Anordnung seine
published on 08/09/2014 00:00

Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.