Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 28. Nov. 2013 - 4 B 266/13
Gericht
Gründe
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Der Antrag des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 14. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2013 anzuordnen,
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hat keinen Erfolg.
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Er ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 (1.Var.) VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
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Die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, da sein privates Interesse, vom Vollzug des streitbefangenen Beitragsbescheids vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug nicht überwiegt.
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Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nur in Betracht, wenn entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Denn bei der Erhebung öffentlicher Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gesetzlich ausgeschlossen. Damit hat der Gesetzgeber das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Er hat zudem durch § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zum Ausdruck gebracht, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und der Zahlungspflichtige das Risiko zu tragen hat, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen. Diese gesetzgeberische Wertung ist auch bei der gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.
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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts liegen vor, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg.
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Die gerichtliche Prüfung im Eilverfahren darf deshalb nicht die für das Hauptsacheverfahren geltenden Maßstäbe anlegen, sondern muss dem summarischen Charakter des Eilverfahrens Rechnung tragen. Dementsprechend sind Gegenstand der Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO in erster Linie der Abgabenbescheid selbst und die ihm bei summarischer Prüfung offensichtlich anhaftenden Fehler. In diesem Zusammenhang kommt in der Regel weder eine abschließende Klärung grundsätzlicher und schwieriger Rechtsfragen noch eine aufwendige Klärung von Tatsachen in Betracht, die grundsätzlich dem sich anschließenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben sollen.
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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids können sich im Einzelfall auch aus sich aufdrängenden Satzungsmängeln der zugrunde liegenden kommunalen Abgabensatzung ergeben. Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabensatzung müssen dann jedoch im Eilverfahren so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist. Eine Klärung offener Fragen zur Gültigkeit der jeweiligen Abgabesatzung kann nicht Aufgabe des Eilverfahrens sein. Vielmehr hat die (Inzident-) Kontrolle der Satzung im dafür vorgesehenen Hauptsacheverfahren stattzufinden. In der Regel wird daher im Rahmen des Eilverfahrens von der Gültigkeit der einem Abgabenbescheid zugrunde liegenden Abgabensatzung auszugehen sein (OVG Münster, Beschluss vom 17. März 1994 – 15 B 3022/93 – Juris Rn. 7; VGH München, Beschluss vom 17. Dezember 2001 – 23 CS 01.2361 – Juris Rn. 22, 28; OVG Weimar, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 EO 6/97 – Juris Rn. 22 ff.).
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In Anwendung dieser Maßstäbe bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids des Antragsgegners vom 14. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2013.
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1. Rechtliche Grundlage für die Beitragserhebung ist die Schmutzwasserbeitragssatzung des AZV A-Stadt vom 07. Oktober 2008 (SBS 2008), die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Fusionsvertrags vom 30. Juli/25. August 2008 zur Bildung des Antragsgegners im ehemaligen Gebiet des AZV A-Stadt fort gilt. Diese Satzung ist gemäß ihres § 20 am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung, die am 22. Oktober 2008 erfolgte, in Kraft getreten.
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Nach § 2 Satz 2 SBS 2008 erhebt der Antragsgegner Beiträge für die Herstellung seiner zentralen öffentlichen Abwasseranlage. Beitragsmaßstab ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 SBS 2008 die Geschossfläche. Der Beitragssatz beträgt gemäß § 8 Abs. 1 SBS 2008 14,05 Euro je m² errechneter Geschossfläche. Beitragspflichtig ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SBS 2008, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist.
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Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Satzung sind – unbeschadet der Frage der Wirksamkeit der ihr - u.a. - zugrunde liegenden Vorschriften der §§ 6 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA (dazu 2.) – weder geltend gemacht noch ersichtlich.
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Soweit das OVG LSA in mehreren Entscheidungen vom 10. März 2011 (4 L 385/08 und 4 L 67/09) davon ausgegangen ist, dass diese Satzung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die in den dortigen Verfahren streitgegenständlichen Beitragsbescheide bilde, war damit nicht die Feststellung der Nichtigkeit der Satzung verbunden. Vielmehr hatte das Oberverwaltungsgericht insoweit darauf abgestellt, dass nicht geprüft werden könne, ob der in der Satzung festgesetzte Beitragssatz von 14,05 Euro je m2 errechneter Geschossfläche (§ 8 Abs. 1 SBS 2008) gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA verstoße, weil nicht ersichtlich oder vom Antragsgegner in hinreichender Weise dargelegt sei, dass die Methodik der in der Beitragskalkulation vorgenommenen Flächenermittlung für das Verbandsgebiet fehlerfrei sei ( OVG LSA, Urteil vom 10. März 2011 – 4 L 385/08 – Juris Rn. 16). Konkret hatte es die Schätzung der Geschossflächen im unbeplanten Innenbereich anhand der als repräsentativ für das Verbandsgebiet ausgewählten Grundstücke beanstandet.
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Der Antragsgegner hat im Anschluss an diese Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg eine neue Beitragskalkulation vom 13. Februar 2012 erstellt, die die Verbandsversammlung am 27. März 2012 beschlossen hat. Im Rahmen dieser Kalkulation wurde die Methodik der Ermittlung der Geschossflächen im unbeplanten Innenbereich geändert. Diese Flächen wurden nunmehr durch Multiplikation der aus den Automatisierten Liegenschaftskarten übernommenen bebauten Flächen mit den Geschosszahlen errechnet, die im Rahmen der für jedes Grundstück durchgeführten Vor-Ort-Besichtigung geschätzt worden sind (vgl. S. 11 der Beitragskalkulation). Gegen diese Methode der Ermittlung der Geschossflächen im unbeplanten Innenbereich als solche bestehen keine rechtlichen Bedenken (Urteil der Kammer vom 28. Januar 2013 – 4 A 198/12 HAL –).
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Der in § 8 Abs. 1 SBS 2008 festgesetzte Beitragssatz liegt mit 14,05 Euro/m² zudem unter dem kalkulierten höchstzulässigen Satz von 16,73 Euro/m² (vgl. S. 14 der Kalkulation vom 13. Februar 2012). Im Übrigen sind Fehler der Beitragskalkulation vom 13. Februar 2012, die eine Unwirksamkeit der Beitragssatzregelung in der Satzung begründen könnten, weder gerügt noch ersichtlich.
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Gegen die Höhe des geltend gemachten Beitrags hat der Antragsteller Einwände ebenfalls nicht erhoben.
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2. Mit dem Einwand, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten, vermag der Antragsteller im Eilverfahren nicht durchzudringen, weil nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Einwand in der Hauptsache durchgreifen wird.
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a. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. den §§ 169, 170 Abs. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist, innerhalb derer ein Beitrag festgesetzt werden darf, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Wird ein Beitrag für leitungsgebundene Einrichtungen erhoben, entsteht die Beitragspflicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der Satzung. Dabei muss es sich um eine wirksame Satzung handeln, die der Herstellung der Anschlussmöglichkeit bzw. dem Entstehen der Vorteilslage nachfolgen kann, ohne sich Rückwirkung beimessen zu müssen (OVG LSA, Urteil vom 10. März 2011 - 4 L 67/09 – Juris Rn. 43, ständige Rechtsprechung).Nach diesen Regelungen begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 und lief bis Ende 2012, so dass der streitgegenständliche Bescheid des Antragsgegners vom 14. Dezember 2012 innerhalb dieser Frist erging.
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Das Grundstück des Antragstellers konnte zwar bereits im Jahr 2003 an die öffentliche Einrichtung des Antragsgegners bzw. seines Rechtsvorgängers (AZV A-Stadt) angeschlossen werden. Indes konnte die Beitragspflicht erst mit In-Kraft-Treten der SBS 2008 im Jahr 2008 entstehen, da die zuvor erlassenen Beitragssatzungen des AZV A-Stadt unwirksam gewesen sind (Urteile der Kammer vom 26. Juni 2003 – 4 A 420/01 HAL – Juris, und vom 27. Oktober 2005 – 4 A 314/04 HAL –). Das trifft insbesondere auch auf die vom Antragsteller in Bezug genommene Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebiets des Abwasserzweckverbands A-Stadt vom 09. Januar 2007 (SBS 2007) zu. Diese Satzung ist nach der Rechtsprechung der Kammer (Urteile der Kammer vom 04. August 2008 – 4 A 159/06 HAL –, vom 26. Januar 2009 – 4 A 303/08 HAL –) nichtig, da sie unwirksame Maßstabsregelungen enthält, die die Gesamtunwirksamkeit der Satzung nach sich ziehen. Die Kammer hat im Urteil vom 04. August 2008 u.a. ausgeführt:
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„Die Regelungen in § 7 c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS sind nichtig: Sie verstoßen gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, denn sie führen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich bzw. im Außenbereich und Grundstücken in beplanten Gebieten. Nach § 7 c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS sind bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich, bei denen sich die errechnete Geschossfläche im Sinne des § 8 Abs. 1 SBS aus der Summe aller Vollgeschossflächen ergibt (vgl. § 7 c Abs. 1 SBS), Dachgeschosse in dem Umfang, in dem sie tatsächlich ausgebaut sind, und begrenzt auf die Flächen, die eine Mindesthöhe von 1,50 m aufweisen, den Vollgeschossflächen unabhängig davon hinzuzurechnen, ob die Dachgeschosshöhe die Raumhöhe eines Vollgeschosses im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 der Satzung erreicht. Für Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans wird die Geschossfläche im Sinne von § 8 Abs. 1 SBS hingegen anhand der Festsetzungen im Bebauungsplan ermittelt (§ 7 a und 7 b SBS). Grundstücke in nicht beplanten Gebieten werden infolgedessen in unzulässiger Weise benachteiligt, weil in letzteren Dachgeschosse, die keine Vollgeschosse (im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 SBS) sind, bei der Beitragsbemessung außer Acht bleiben, während sie in anderen Gebieten hinzugerechnet werden, ohne dass es für eine derartige Differenzierung einen rechtfertigenden Grund gibt. Ein solcher ergibt sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt insbesondere nicht daraus, dass nach dem gewählten Geschossflächenmaßstab für beplante Gebiete auf das zulässige Nutzungsmaß, für andere Gebiete hingegen auf das tatsächliche Nutzungsmaß abgestellt wird. Denn die Ausgestaltung des Maßstabs darf nicht dazu führen, dass Grundstücke, deren Gebäude mit einem ausgebauten Dachgeschoss versehen sind, das kein Vollgeschoss ist, aufgrund ihrer Lage außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans bei der Veranlagung gegenüber Grundstücken in beplanten Gebieten benachteiligt werden, obwohl sich das Maß der baulichen Nutzung nicht von den Gebäuden unterscheidet, die im beplanten Bereich mit einem ausgebauten Dachgeschoss ausgestattet sind, das kein Vollgeschoss beinhaltet (vgl. OVG LSA, Urteil vom 04. Dezember 2003 – 1 L 226/03 – Juris).
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Die Unwirksamkeit dieser Regelung hat die Gesamtnichtigkeit der Regelungen über den Verteilungsmaßstab und daher der Satzung zur Folge, da einer Abgabensatzung ohne Maßstabsregelung ein nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA notwendiger Bestandteil fehlt.
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Die Ungültigkeit einer satzungsrechtlichen Regelung führt in Analogie zu § 139 BGB nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die restlichen Bestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären, wenn dem Normgeber die Nichtigkeit des einen Teils bekannt gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1978 – 7 C 44/76 –, DVBl. 1978, S. 536). Dies ist hier aber nicht der Fall. Es ist nämlich nicht mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Beklagte die Verteilungsregelung auch ohne die Regelung über die Veranlagung von Dachgeschossflächen im nicht beplanten Bereich erlassen hätte. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte eine andere – nicht gleichheitswidrige – Regelung zur Berücksichtigung der Dachgeschossflächen innerhalb des Geschossflächenmaßstabs getroffen oder aber einen anderen, die Berücksichtigung von Dachgeschossflächen erfassenden Verteilungsmaßstab (etwa den Vollgeschossmaßstab) gewählt hätte. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass ausgebaute Dachgeschosse, die keine Vollgeschosse sind, im Verbandsgebiet häufig anzutreffen sind und diese Flächen daher einen nicht unerheblichen Teil der beitragsfähigen Fläche ausmachen.“
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Daran ist auch im vorliegenden Eilverfahren festzuhalten.
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b. Es bestehen zwar vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05. März 2013 (1 BvR 2457/08, Juris) verfassungsrechtliche Bedenken an der Regelung über das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nach § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA i.V.m. der Regelung über die Festsetzungsverjährung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA. Es ist aber nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der angefochtene Beitragsbescheid im Hinblick darauf der Aufhebung unterliegen wird.
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aa. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem vorgenannten Beschluss eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsverjährung im Bayerischen Kommunalabgabengesetz (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG) für unvereinbar mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit erklärt, weil diese eine zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme der Beitragsschuldner nach Erlangung des Vorteils ermöglichte.
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Das Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt enthält zwar keine dem Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG vergleichbare Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsverjährung. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA fordert jedoch für das Entstehen der Beitragspflicht neben dem Eintritt der Vorteilslage das Inkrafttreten einer (wirksamen) Satzung, die nicht bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein muss. Zudem beginnt die Festsetzungsfrist gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 170 Abs. 1 AO erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Beitragspflicht entstanden ist. Damit ermöglichen diese Regelungen es ebenfalls, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Im Hinblick darauf dürften auch diese landesrechtlichen Vorschriften gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen (zur vergleichbaren Regelung in Brandenburg: BVerfG, Beschluss vom 03. September 2013 – 1 BvR 1282/13 –), soweit sie die Fallkonstellationen regeln, dass die erste wirksame Beitragssatzung der Begründung der Vorteilslage nachfolgt. ohne sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage beizumessen.
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bb. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA scheidet nach summarischer Prüfung aus. Das Tatbestandsmerkmal „frühestens mit dem In-Kraft-Treten der Satzung“ dürfte zum einen nicht dahingehend ausgelegt werden können, dass spätestens zu dem Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage eine wirksame – gegebenenfalls rückwirkende – Beitragssatzung in Kraft gesetzt sein müsse (OVG Lüneburg, Urteil vom 15. September 1995 – 9 L 6166/93 – Juris zum niedersächsischen Landesrecht). Zum anderen dürfte es auch nicht dahingehend ausgelegt werden können, dass es auf den Zeitpunkt ankomme, in dem die Gemeinde erstmals eine Beitragssatzung in Kraft setzen wollte mit der Folge, dass sich bei Ungültigkeit dieser Satzung eine später erlassene gültige Satzung Rückwirkung auf diesen Zeitpunkt beimessen muss, um eine Beitragspflicht für die bereits vorher anschließbaren Grundstücke begründen zu können (OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 1999 – 15 A 2880/96 – Juris zum nordrhein-westfälischen Landesrecht).
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Die verfassungskonforme Auslegung einer gesetzlichen Regelung kommt nur in Betracht, soweit unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen der betreffenden Bestimmung möglich sind, von denen zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers steht, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die gefundene Interpretation muss daher eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird, dass also gleichsam der Gesetzgeber die von ihm getroffene Regelung nach der verfassungskonformen Auslegung „inhaltlich nicht wieder erkennt" (OVG Münster, Urteil vom 30. April 2013 – 14 A 207/11 – Juris Rn. 51 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
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Danach scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA im o.g. Sinne aus, weil dies dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers zuwider liefe. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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§ 6 Abs. 6 KAG LSA in der bis zum 08. Oktober 1997 geltenden Fassung vom 11. Juni 1991 (GVBl. LSA S. 105), geändert durch das Gesetz vom 13. Juni 1996 (GVBl. LSA S. 200), bestimmte, dass die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme entsteht, in den Fällen des Absatzes 2 mit der Beendigung der Teilmaßnahme und in den Fällen des Absatzes 4 mit der Beendigung des Abschnitts. Mit Wirkung vom 09. Oktober 1997 wurden durch das Gesetz vom 06. Oktober 1997 (GVBl. LSA S. 878) in § 6 Abs. 6 KAG LSA die Sätze 2, 3 und 4 angefügt:
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„Wird ein Anschlussbeitrag erhoben, entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. Investitionen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden, fallen nicht unter diese Regelung. Die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen."
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Mit der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, das Entstehen der Beitragspflicht als Anknüpfungspunkt für den Beginn der Festsetzungsverjährung frühestens auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der ersten wirksamen Beitragssatzung zu legen, die nicht bereits im Zeitpunkt der Schaffung der Anschlussmöglichkeit vorliegen muss. Dies ergibt sich eindeutig aus der Begründung des Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion vom 16. August 1997 (Landtagsdrucksache 2/3895). Darin ist ausgeführt, dass ein Hinausschieben der Entstehung der Beitragspflicht bei Anschlussbeiträgen frühestens auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der ersten rechtsgültigen Beitragssatzung erforderlich sei, um Beitragsausfällen oder Rückforderungen vorzubeugen, die sich im Hinblick auf die fehlgeschlagene Gründung der Zweckverbände und das Infragestehen ihrer Existenz ergeben könnten (S. 4, 7).
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Die Änderung des § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG durch das Gesetz vom 16. April 1999 (GVBl. S. 150) in seine nunmehr geltende Fassung hatte keine inhaltliche Änderung zur Folge. Vielmehr hat der Gesetzgeber das Ziel der Regelung, dass die Beitragspflicht erst mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Beitragssatzung entsteht, auch wenn diese erst nach der Schaffung der Anschlussmöglichkeit in Kraft getreten ist, nochmals deutlich herausgestellt.
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Mit dem Gesetz vom 16. April 1999 erhielten die Sätze 1 und 2 des § 6 Abs. 6 KAG LSA folgende Fassung:
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"Für Verkehrsanlagen (Absatz 1 Satz 1) entsteht die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragsauslösenden Maßnahme, in den Fällen des Absatzes 2 mit der Beendigung der Teilmaßnahme und in den Fällen des Absatzes 4 mit der Beendigung des Abschnitts, sofern vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme eine Satzung vorliegt. Wird ein Beitrag für leitungsgebundene Einrichtungen erhoben, entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung."
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In der Begründung des Gesetzentwurfs der PDS-Fraktion vom 28. Januar 1999 (Landtagsdrucksache 3/919) wird ausgeführt, dass bis zur Änderung des § 6 Abs. 6 KAG LSA durch das Gesetz vom 06. Oktober 1997 eine Beitragspflicht habe erst entstehen können, wenn spätestens bei Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme eine gültige Satzung vorhanden gewesen sei. Durch das Gesetz vom 06. Oktober 1997 sei der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschoben worden. Dies sei erfolgt, weil die Satzungen der nicht wirksam gegründeten Abwasserzweckverbände nichtig gewesen und diese aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in der Lage seien, entsprechende Abgabensatzungen rückwirkend zu erlassen. Daher solle die Beitragspflicht erst mit dem In-Kraft-Treten einer gültigen Satzung entstehen, unabhängig von der Beendigung der beitragsauslösenden Maßnahme. Da das Oberverwaltungsgericht Magdeburg diese nach dem gesetzgeberischen Willen auf Anschlussbeiträge begrenzte Regelung auch auf Straßenausbaubeiträge angewandt habe, werde durch die Neufassung des § 6 Abs. 6 KAG LSA klargestellt, dass für den Straßenbau nur dann Beiträge erhoben werden dürften, wenn spätestens vor Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme eine rechtsgültige Beitragssatzung vorliege.
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Damit stehen die Entstehungsgeschichte und der auch im unterschiedlichen Wortlaut der Regelungen der Sätze 1 und 2 des § 6 Abs. 6 KAG LSA zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck einer von der bisherigen Auslegung des § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA abweichenden Auslegung entgegen.
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cc. Die voraussichtliche (teilweise) Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 6 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG LSA rechtfertigt gleichwohl nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den streitbefangenen Beitragsbescheid.
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Im Hauptsacheverfahren ist die Kammer auch bei ihrer Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgenannten landesrechtlichen Bestimmungen gehindert, den strittigen Bescheid sogleich aufzuheben. Der Verstoß einer gesetzlichen Vorschrift gegen das Grundgesetz kann nur durch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Vorlageverfahrens gemäß Art. 100 GG festgestellt werden. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht im Hauptsacheverfahren zu dem Schluss kommen sollte, dass die genannten Vorschriften des KAG LSA verfassungswidrig sind, ist gegenwärtig nicht zu erwarten, dass es damit diese auch (mit rückwirkender Wirkung) für nichtig erklären würde. Steht eine gesetzliche Regelung mit dem Grundgesetz nicht in Einklang und hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten, den Verfassungsverstoß zu beseitigen, trägt das Bundesverfassungsgericht dem regelmäßig in der Weise Rechnung, dass es die Regelung nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur verfassungskonformen Neuregelung setzt. Dem entsprechend hat das Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, Juris Rn. 49 ff.) Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG (lediglich) für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt und dem bayrischen Gesetzgeber Gelegenheit zur verfassungsgemäßen Neuregelung gegeben.
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Im Hinblick darauf dürfte auch in Sachsen-Anhalt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung zu geben sein. Dabei bleibt es ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze des vorgenannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts der Rechtssicherheit genügt.
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Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit (Juris Rn. 50) ausgeführt:
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„So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (…). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (…).“
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Bei summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Möglichkeit zur Neuregelung ergreifen wird. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass dem Landesgesetzgeber die Problematik bekannt ist und ein Tätigwerden bereits geprüft wird; am 28. November 2013 war der Ausschuss für Inneres und Sport des Landtags von Sachsen-Anhalt mit dieser Angelegenheit befasst (vgl. S. 3750 ff des Stenografischen Berichts vom 26. April 2013, Plenarprotokoll 6/44 sowie TOP 3 der 40. Sitzung des Ausschusses). Zudem erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine gesetzliche Regelung erlassen wird, die den Grundsätzen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts Rechnung trägt und die der Inanspruchnahme des Antragstellers durch den angegriffenen Beitragsbescheid nicht entgegensteht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die Streitwertfestsetzung auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist
- 1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder - 2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.
(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn
- 1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt, - 2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.
(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.
(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2
- 1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat, - 2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, - 3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.
(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die
- 1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und - 2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn
- 1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt, - 2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.
(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.
(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2
- 1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat, - 2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, - 3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.
(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die
- 1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und - 2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.