Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Sept. 2011 - 3 A 402/10
Gericht
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.12.2008 – Az.: … – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.07.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2010 wird aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 307,24 Euro festgesetzt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Anschlussbeiträgen Trinkwasser.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück …, Flur …, Gemarkung … mit einer Größe von 1.777 m², welches an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Strelitz angeschlossen ist.
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Mit Bescheid vom 01.12.2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag für das o.g. Grundstück in Höhe von 736,46 Euro heran. Der Berechnung liegt eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 1.263 m² und ein Vollgeschoss zugrunde.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 22.07.2009 reduzierte der Beklagte die Beitragsforderung aufgrund der Änderung des Mehrwertsteuersatzes von 19 v.H. auf 7 v.H. auf 662,19 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Klägerin hat am 26.04.2010 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Wasserabgabensatzung sei unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unwirksam, da der Tiefenbegrenzungslinie in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) nicht die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche. Es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Beitragspflichtig sei damit eine Fläche von 586 m², so dass sich ein Beitrag von 307,24 Euro errechne. Der Beklagte gehe jedoch von einer Grundstücksfläche zwischen der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen aus. Dies sei nicht satzungskonform. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele an dem Verlauf der Straße orientieren müsse.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 01.12.2008 – Az. … – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.07.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 24.03.2010 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 307,24 Euro festgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, dass die in der Verbandsversammlung am 10.08.2011 beschlossene Wasserabgabensatzung eine ordnungsgemäß ermittelte Tiefenbegrenzungsregelung aufweise. Aus dem Protokoll und den bei Gericht eingereichten Unterlagen gehe hervor, dass zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung 5.038 Grundstücke ausgewertet worden seien, die im unbeplanten Innenbereich in drei von drei Kleinstädten sowie 86 von 103 Dörfern liegen würden. Komplett erfasst seien 17 von 18 Gemeinden und 6 Ortslagen der Gemeinde …. Die dabei ermittelte Bebauungstiefe stelle auf das Ende der tatsächlichen Bebauung ab. Durchschnittlich sei eine Bebauungstiefe von 31,58 m festgestellt wurden. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Bebauungstiefe zuzüglich einer Grundstücksfläche für bauakzessorische Nutzung von 15 m liege die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m. Bei dieser Tiefenbegrenzungslinie würden insgesamt 70,09 v.H. der bis in eine Tiefe von 35 m bebauten Grundstücke erfasst.
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Im Übrigen liege das klägerische Grundstück im unbeplanten Innenbereich und die Grundstücksfläche betrage bei Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung 1.263 m².
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 01.12.2008 in Gestalt des Änderungs- und Widerspruchbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Er ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben.
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1. Dem angegriffenen Bescheid fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage. Die am 10.08.2011 beschlossene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) ist unwirksam. Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung verstößt, soweit eine Tiefenbegrenzung von 50 m normiert wird, gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip. Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Verteilungsregeln und damit zur Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung insgesamt.
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Die Tiefenbegrenzung dient der Abgrenzung von Grundstücksflächen, die im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) liegen, und solchen, die dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zugehörig sind. Im Anschlussbeitragsrecht ist diese Abgrenzung erforderlich, weil nur Baugrundstücken - hierzu gehören neben Grundstücken im Geltungsbereich rechtsverbindlicher Bebauungspläne Grundstücke im unbeplanten Innenbereich - durch die beitragsfähige Einrichtung ein Vorteil geboten wird, Außenbereichsgrundstücken, die im Regelfall kein Bauland darstellen (vgl. § 35 Abs. 2 BauGB), dagegen nicht. Dabei bildet die Tiefenbegrenzung die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich nicht bodenrechtlich exakt, sondern in einer vertypten oder pauschalisierenden Weise ab. Dies ist aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und der Effektivität staatlichen Handelns zulässig. Denn ohne eine Tiefenbegrenzung müsste ggf. eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanter Grundstücke angestellt werden. Die Tiefenbegrenzungsregelung bewirkt daher eine deutliche Verwaltungsvereinfachung. Bis zu welcher Tiefe ein Grundstück tatsächlich, d.h. bei einer einzelfallbezogenen bodenrechtlichen Betrachtung, dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen ist, ist beim Vorliegen einer Tiefenbegrenzung irrelevant (vgl. Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 9 Anm. 4.3). Die Tiefenbegrenzung ist somit eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass nur der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil eines Grundstücks Bauland ist.
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Nach Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) WAgS gilt als Grundstücksfläche bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen (§ 34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Die Bestimmung normiert eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung. Anders als bei der „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung beschränkt sich ihr Anwendungsbereich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich liegen (sogenannte Randlagengrundstücke). Da Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) WAgS diese Einschränkung nicht aufweist, findet die Bestimmung auch auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig - d.h. auch mit ihrer rückwärtigen Teilflächen - im unbeplanten Innenbereich liegen (sog. zentrale Innenbereichsgrundstücke).
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Eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern zulässig (vgl. Urt. v. 15.03.1995 – 4 K 22/94, zit. nach juris; Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00, zit. nach juris). Auch in der „schlichten“ Tiefenbegrenzung liegt eine vertypte Form der Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 29.10.2003 – 1 M 62/03, zit. nach juris). Die damit verbundene Privilegierung der Eigentümer übertiefer zentraler Innenbereichsgrundstücke - die jenseits der Tiefenbegrenzungslinie gelegene Grundstücksfläche wird bei der Beitragsermittlung nicht berücksichtigt, obwohl sie Baulandqualität aufweist - ist hinzunehmen, solange die durch die typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.12.1999 – 11 CN 1.99, zit. nach juris, Rn. 18 [kommunales Steuerrecht]). Dies ist zumindest solange der Fall, wie die übertiefen zentralen Innenbereichsgrundstücke im Vorteilsgebiet atypische Fälle bilden (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v . 13.11.2001 – 4 K 16/00, a.a.O.; Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03, Seite 13 des Entscheidungsumdruckes, wonach bei einer Quote von 3,5 v.H. übertiefer Innenbereichsgrundstücke keine Zweifel an der Zulässigkeit der „schlichten“ Tiefenbegrenzung bestehen).
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Die Bestimmung einer „schlichten“ Tiefenbegrenzung, als vertypte Form der Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich, hat sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Darüber hinaus kann berücksichtigt werden, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch ein Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung). Zudem können topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07, Seite 29 des Entscheidungsumdrucks). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor der Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes sowohl für die ortsübliche Bebauungstiefe als auch für die ggf. einzubeziehende bauakzessorische Nutzung ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.09.2010, a.a.O., S. 25 des Entscheidungsumdruckes).
- 19
a. Nach diesen Kriterien entspricht die in der Wasserabgabensatzung festgesetzte Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen. So ist bereits die Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe methodisch fehlerhaft. Der Wasserzweckverband Strelitz hat, wie der Beklagte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung bestätigte, bei den vorliegenden Messdaten zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl zentrale Innenbereichsgrundstücke als auch Randlagengrundstücke berücksichtigt. Dies ist fehlerhaft, denn es widerspricht der Funktion der Tiefenbegrenzung. Wie bereits erwähnt, dient auch die „schlichte“ Tiefenbegrenzung der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen. Daher können auch nur Randlagengrundstücke für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen. Randlagengrundstücke in diesem Sinne sind nach Auffassung der Kammer auch solche, die mit einer Teilfläche im unbeplanten Innenbereich liegen und in eine sogenannte Außenbereichsinsel (Außenbereich im Innenbereich) übergehen. Nur Randlagengrundstücke können aussagekräftige Messdaten über die Bebauungstiefe und damit über die Grenze vom Innen- zum Außenbereich liefern. Zentrale Innenbereichsgrundstücke geben für diese Frage dagegen nichts her, da sie vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen im unbeplanten Innenbereich liegen. Ihre Bebauungstiefe mag im Einzelfall Aufschluss geben über die Frage, bis zu welcher Grenze sich ein Vorhaben nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), für die hier allein interessierende Frage der typisierenden Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ist die Bebauungstiefe dieser Grundstücke dagegen irrelevant.
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Der dargestellte Fehler ist nicht „ergebnisneutral“. Vielmehr begründet die Berücksichtigung von zentralen Innenbereichsgrundstücken bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die Gefahr einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen. Im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz liegen drei Kleinstädte. Angesichts der dort vorhandenen eher kleinteiligen Bebauungsstruktur hat die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge, dass die Zahl der eher weniger tief bebauten Grundstücke zunimmt und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusst, das die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfällt, als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Randlagengrundstücken. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass nach der vom Beklagten vorgelegten Messreihen etwa ein Drittel (34,16 v.H.) der Baugrundstücke lediglich eine Bebauungstiefe von bis zu 20 m und etwa die Hälfte (47,04 v.H.) aller Baugrundstücke eine Bebauungstiefe von bis zu 25 m aufweist. Sinkt aber die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung, so steigt bei dieser Sachlage die Anzahl der Grundstücke im zentralen Innenbereich, die von der Tiefenbegrenzungsregelung profitieren. Dies ist bedenklich, da die Privilegierung zentraler Innenbereichsgrundstücke nach der bereits angeführten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 13.11.2001, a.a.O.; Beschl. v. 03.05.2005, a.a.O.) nur solange zulässig ist, wie deren Anzahl nicht ins Gewicht fällt.
- 21
Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass bei der Festlegung einer Maßstabsregel die Grundstücke als Referenzgrundlage zu berücksichtigen sind, die von dieser Regelung auch erfasst werden, so dass die Berücksichtigung der zentralen Innenbereichsgrundstücke aus Gründen des allgemeinen Gleichbehandlungssatzes geboten ist. Richtig ist zwar, dass die „schlichte“ Tiefenbegrenzung - wie bereits dargelegt - auch auf zentrale Innenbereichsgrundstücke Anwendung findet. Dies darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass dies „an sich“ vorteilswidrig ist und lediglich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität toleriert wird (s.o.). Ein Berücksichtigungsgebot kann daraus nicht abgeleitet werden.
- 22
b. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt und von einer methodisch fehlerfreien Ermittlung der Bebauungstiefe in den einzelnen Messreihen ausgeht. Denn in diesem Fall hat der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung ist von der üblichen im Sinne einer normalen, geläufigen, verbreiteten und in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffenden Bebauungstiefe in dem zu betrachtenden Gebiet auszugehen. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Für die Annahme der Ortsüblichkeit ist daher eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ausreichend, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.09.2010, a.a.O., S. 28 f. des Entscheidungsumdruckes). Damit hat eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte hat vorliegend die ortspezifische Grundstückstiefe anhand von 14 repräsentativen Messreihen ermittelt und - unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Tiefe der bauakzessorischen Nutzung von 15 m - die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt, d.h. er ist grundsätzlich von einer üblichen Bebauungstiefe in seinem Verbandsgebiet von 35 m ausgegangen. Dem liegt ausweislich der Beschlussvorlage vom 10.08.2011 die Überlegung zu Grunde, dass 70,09 v.H. aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut sind, die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke 31,59 m betrage und diese somit in der Gruppe der Bebauungstiefen zwischen 30 und 35 m verläuft.
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Dies ist fehlerhaft. So kann die örtliche Bebauungstiefe nicht nach der im Verbandsgebiet ermittelten durchschnittlichen Bebauungstiefe bestimmt werden. Denn eine Durchschnittsbildung ist mit der nach der zitierten Rechtsprechung erforderlichen Gewichtung nicht zu vereinbaren, weil in den Durchschnittswert regelmäßig auch „Ausreißer“, also Grundstücke mit einer außergewöhnlich großen bzw. geringen Bebauungstiefe einfließen, die gerade nicht die „übliche“ Bebauungstiefe widerspiegeln. Soweit der Beklagte einwendet, auch das OVG Mecklenburg-Vorpommern habe in seinem Urteil vom 14.10.2010 (S. 29 des Entscheidungsumdrucks) auf die durchschnittliche Bebauungstiefe abgestellt, trifft dies zwar zu. Welche Bedeutung dem Hinweis auf den Durchschnittswert zukommen soll, hat das Gericht jedoch nicht dargelegt. Angesichts seiner übrigen Ausführungen zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe kann der durchschnittlichen Bebauungstiefe keine maßgebende Bedeutung zukommen.
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Zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass 70,09 v.H. aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut sind. Denn die reine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen der ermittelten Messreihen gibt regelmäßig keine Auskunft darüber, welche Messreihen eine hinreichend große Gruppe von Grundstücken abbilden, die eine in etwa gleiche Bebauungstiefe aufweisen. So umfasst die vom Beklagten gebildete Gruppe auch die Grundstücke mit der atypischen Bebauungstiefe von bis 10 m (4,09 v.H.) und blendet die Gruppe der Grundstücke mit einer Bebauungstiefe von 36 bis 40 m, die immerhin knapp 10 v.H. aller Grundstücke ausmacht, dagegen aus.
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Bewertung der Messreihen im Ermessen des Beklagten steht und will dieses Ermessen nicht selbst ausüben. Es ist aber kein plausibler Grund für die vom Beklagten vorgenommene Bewertung erkennbar: Entweder man stützt sich auf die Messreihen mit den „zweistelligen“ Vom-Hundert-Sätzen (Messreihen 2 bis 5), dann ist eine Bebauungstiefe von bis zu 30 m ortsüblich, was unter Berücksichtigung der vom Beklagten festgestellten Tiefe der bauakzessorischen Nutzung (15 m) eine Tiefenbegrenzung von 45 m rechtfertigen würde. Oder aber man zieht den Kreis der berücksichtigungsfähigen Messreihen weiter und berücksichtigt zusätzlich die zahlenmäßig etwa gleichstarken Messreihen 6 (31 bis 35 m) und 7 (36 bis 40 m), die 8,93 v.H. bzw. 9,69 v.H. aller Grundstücke betreffen. Dann läge die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m, was unter Berücksichtigung der Tiefe der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzung von 55 m rechtfertigen würde. Ein sachlicher Grund dafür, nur die Messreihe 6 zusätzlich zu berücksichtigen und die zahlenmäßig etwas stärkere Messreihe 7 auszuklammern, ist für die Kammer dagegen nicht ersichtlich. Damit kann eine Tiefenbegrenzung von 50 m nicht auf das vom Beklagten ermittelte Datenmaterial gestützt werden.
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2. Auf die Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung - WAgS) vom 01.11.2007 kann der streitgegenständliche Bescheid ebenfalls nicht gestützt werden, da die Satzung an demselben Fehler leidet. Entsprechendes gilt für sämtliche Vorgängersatzungen.
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Auf die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.