Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 06. Juli 2016 - 3 A 378/16 As HGW
Gericht
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 1) und 3) ihres Bescheides vom 3. Juni 2014 (Az.: 5739907 - 423) verpflichtet, dem Kläger den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Asylberechtigung des Klägers.
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Der im Jahr 1990 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 8. Januar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte bei der Beklagten bereits am 13. Januar 2010 einen Asylantrag. Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 2011 ablehnte. Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Schwerin mit Urteil vom 14. Mai 2013 - 5 A 477/11 As - ab.
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Am 27. März 2014 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Asylfolgeantrag. Die Beklagte hörte den Kläger am 22. Mai 2014 persönlich an. Im Rahmen der Anhörung gab der Kläger insbesondere an, dass er zwischenzeitlich zum christlichen Glauben übergetreten sei und ihm deshalb in Afghanistan Verfolgung drohe. Er gehöre einer evangelisch freikirchlichen Gemeinde an. Von der Darstellung der weiteren Einzelheiten wird abgesehen und auf die Anhörungsniederschrift (Blatt 43 bis 48 der Verwaltungsvorgänge) Bezug genommen.
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Den Folgeantrag lehnte die Beklagte mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 3. Juni 2014 (Az.: 5739907 - 423) ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Folgeantrag zwar zulässig sei, da der Wiederaufgreifensgrund der Sachlagenänderung in Gestalt der Konversion des Klägers zum Christentum vorliege. Allerdings sei der Antrag unbegründet, da der Kläger nicht glaubhaft zu machen vermochte, dass es sich um eine ernsthafte Hinwendung zum Christentum handele, die geeignet sei, die gesetzliche Missbrauchsvermutung in § 28 Abs. 2 AsylG zu widerlegen. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes lägen ebenso wenig vor, wie solche für die Feststellung von Abschiebungsverboten.
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Am 10. Juni 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass die Ablehnung seines Folgeantrages zu Unrecht erfolgt sei. Er sei aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert. Seine Taufe sei bei der Anhörung erst frisch gewesen, die Bindung werde mit fortschreitender Zeit noch wachsen. Dies müsse bei der zu treffenden Prognoseentscheidung berücksichtigt werden. Der Glaubenswechsel des Klägers beruhe auf inneren religiös-persönlichkeitsprägenden Gründen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Juni 2014 (Az.: 5739907 - 423) zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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hilfsweise ihm subsidiären Schutz zu gewähren und
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weiter hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.
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Die Beklagte hält an ihrem Bescheid fest und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Gericht kann den Rechtsstreit mit dem Einverständnis der Beteiligten (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. Mai 2016 und Schriftsatz der Beklagten vom 20. Juni 2014) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer, § 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), entscheiden. Trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2016 kann auf Grund dieser entschieden werden, da die Beklagte mit der Ladung vom 25. Mai 2015 gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen wurde.
II.
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Die Klage ist im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG), zulässig und begründet, da der Folgeantrag des Klägers zulässig ist und der Kläger Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Die Ablehnung durch den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Der Folgeantrag des Klägers ist zunächst zulässig.
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Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags auf einen neuen Asylantrag hin ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vorliegen. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, hat die Behörde auf Antrag über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn die sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten ab dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat, gestellt werden (§ 51 Abs. 3 VwVfG).
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Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass in der Konversion des Klägers vom Islam zum Christentum eine nachträglich, also nach dem Zeitpunkt in dem der den Erstantrag ablehnende Bescheid vom 9. März 2011 unanfechtbar geworden ist, eingetretene Änderung der Sachlage zu erblicken ist. Die Konversion des Klägers wirkt sich - wie noch zu zeigen sein wird - zu Gunsten des Klägers aus und konnte von ihm nicht im Verfahren über den Erstantrag geltend gemacht werden, da sie erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, als das Erstverfahren bereits abgeschlossen war.
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Bedenken können hier zwar hinsichtlich der Wahrung der dreimonatigen Antragsfrist aus § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG bestehen, da der Kläger angegeben hat, sich bereits seit November 2013 mit dem Christentum auseinandergesetzt zu haben und Kontakt zu seiner Kirchengemeinde gehabt zu haben, was für eine Verfristung des am 27. März 2014 gestellten Folgeantrages sprechen kann. Allerdings ist in Fällen der Konversion, die von inneren Prozessen und Tatsachen geprägt sind, nach Auffassung des Gerichts zu berücksichtigen, dass es sich bei dem ernsthaft vollzogenen Übertritt von einer Religion zu einer anderen in der Regel nicht um ein taggenau feststellbares Ereignis, sondern um einen Prozess handelt. Wie dieser verläuft und wann die Hinwendung zu einer Religion eine Qualität und Intensität erreicht hat, die die Annahme einer Sachlagenänderung rechtfertigt, ist äußerlich nur schwer feststellbar, sodass von vornherein eine gewisse Großzügigkeit bei der Bestimmung der Frist zu üben ist. Danach ist die dreimonatige Antragsfrist hier gewahrt. Der Kläger hat angegeben, sich seit November 2013 mit der christlichen Religion in Gestalt von Bibellektüre und Kirchenbesuchen beschäftigt und auseinandergesetzt zu haben. Zwischen seinem ersten Kontakt mit dem Christentum und der Antragstellung am 27. März 2014 lagen mithin allenfalls fünf Monate. Der Kläger hat glaubhaft und schlüssig vorgetragen, dass für ihn seine Taufe am 30. März 2014 der entscheidende Moment des Übertritts zum christlichen Glauben gewesen sei; er habe sich erst taufen lassen, nachdem er sich selbst sicher gewesen sei, von Herzen Christ zu sein. Das spricht dafür, dass der Kläger selbst zu einem früheren Zeitpunkt nicht davon ausgegangen ist, dass er seinen Glaubenswechsel bereits vollständig und ernsthaft vollzogen hatte.
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2. Anders als die Beklagte angenommen hat, steht dem Kläger im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG aufgrund einer Verfolgung wegen seiner Religion zu. Nach Auffassung des Gerichts droht dem Kläger wegen der von ihm glaubhaft vorgetragenen Konversion zum Christentum und der damit verbundenen Apostasie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.
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a) Der Verfolgungsgrund der Religion umfasst nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind
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Der Glaubensangehörige ist insofern auch verfolgt, wenn er zu unzumutbaren Ausweichhandlungen genötigt ist, um der staatlichen Repression zu entkommen. Das ist der Fall, wenn er sich einer Bestrafung nur entziehen kann, indem er seine Religionszugehörigkeit leugnet und wirkungsvoll versteckt hält (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07. 11.2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rn. 35).
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Beruft sich der Schutzsuchende auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine christliche Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zum Christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. Überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche Religion auch in seinem Heimatstaat auszuüben, wenn er seine Lebensführung bereits in Deutschland dauerhaft an den grundlegenden Geboten der neu angenommenen Konfession ausgerichtet hat (vgl. m.w.N. OVG Münster, Beschl. v. 27.04.2016 - 13 A 854/16.A -, juris Rn. 8 ff.; OVG Lüneburg, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 34). Der vom Asylantragsteller zur vollen Überzeugung des Gerichts zu erbringende Nachweis der Hinwendung zu einer bestimmten Glaubensrichtung ist nicht bereits durch den Vollzug der Taufe und die Vorlage einer Taufbescheinigung erbracht. Der - in diesem Zusammenhang -lediglich formale Akt der Taufe, vermag für sich die innere Einstellung des Asylantragstellers regelmäßig nicht hinreichend zu belegen (vgl. VGH München, Beschl. v. 09.04.2015 - 14 ZB 14.30444 -, juris Rn. 5).
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b) Nach den Erkenntnissen des Gerichts sind zum Christentum konvertierte ehemalige Muslime in Afghanistan gezwungen, ihren Glauben entweder ganz zu verleugnen oder ihn zumindest auch im privaten Umfeld zu verheimlichen, da anderenfalls schwerwiegende Übergriffe durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure nicht ausgeschlossen werden können.
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Ein dauerhafter und nachhaltiger staatlicher Verfolgungsschutz ist derzeit - auch nicht in einzelnen Landesteilen - nicht gegeben. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan erklärt den Islam zur Staatsreligion Afghanistans. Zwar wird den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht eingeräumt, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gewährleistet die Verfassung grundsätzlich das Recht auf freie Religionsausübung. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht die Freiheit, vom Islam zu einer anderen Religion zu konvertieren, und schützt somit nicht die freie Religionswahl (UNHCR, Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender, Stand: August 2013, S. 49 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 06. November 2015, S. 11 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, Stand: September 2015, S. 19). Vielmehr kommt im Fall des Wechsels vom Islam zu einer anderen Religion Scharia-Recht zur Anwendung. Konversion wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht (sog. Apostasie). Die Todesstrafe wegen Konversion wurde zwar nach Kenntnissen des Auswärtigen Amtes bisher nicht vollstreckt (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 06. November 2015, S. 12). Konvertiten drohen jedoch Gefahren häufig auch aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld, da der Abfall vom Islam in der streng muslimisch geprägten Gesellschaft als Schande für die Familienehre angesehen wird (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 06. November 2015, S. 12; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 17). Aus diesen Gründen sind in Afghanistan zum Christentum konvertierte ehemalige Moslems gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. Es ist ihnen nicht möglich, an Gottesdiensten teilzunehmen, die ohnehin nur in privaten Häusern abgehalten werden könnten, und sie können ihren Glauben außerhalb des häuslichen Bereichs nicht einmal im familiären beziehungsweise nachbarschaftlichen Umfeld ausüben (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 06. November 2015, S. 12; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19). Allein für das Jahr 2014 wird von drei Angriffen der Taliban auf christliche Einrichtungen berichtet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage, September 2015, S. 19). Damit sind zum Christentum konvertierte Moslems in Afghanistan für den Fall, dass sie ihren Glauben nicht ablegen beziehungsweise nicht verleugnen wollen, der Gefahr erheblicher Repressalien auch im privaten Umfeld ausgesetzt. Wie hier: jeweils m.w.N. OVG Lüneburg, a.a.O. Rn. 32; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 28.07.2014 - 5a K 5864/13.A -, juris Rn. 40; VG Würzburg, Urt. v. 19.12.2014 - W 1 K 12.30183 -, juris Rn. 29.
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c) Der Kläger vermochte das Gericht im Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon zu überzeugen, dass sein Übertritt zum Christentum Ausdruck einer die Identität des Klägers prägenden festen Überzeugung und Ergebnis eines ernst gemeinten religiösen Einstellungswandels ist.
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Der Kläger hat zunächst schlüssig dargelegt, wie sich der Prozess seines Übertrittes zum Christentum vollzogen hat. So erscheint es dem Gericht als logische Vorstufe eines späteren Glaubensübertrittes, dass der Kläger angegeben hat, zwar in einen islamischen Haushalt hineingeboren worden zu sein und demgemäß in einem solchen gelebt zu haben. Allerdings sei die Religion dort nicht sonderlich streng gelebt worden. So hat der Kläger etwa angegeben, nur selten in die Moschee gegangen zu sein und an islamischen Riten, etwa dem Fasten, nicht teilgenommen habe. Dass dies nicht zu Konflikten innerhalb der Familie geführt habe, erklärt der Kläger nachvollziehbar damit, dass - womöglich entgegen einer allgemeinen Annahme, deswegen aber nicht von ohne weiteres ausgeschlossen - seine Familie insgesamt nicht übermäßig stark religiös geprägt gewesen sei. All dies legt nahe, dass die Bindung des Klägers an den Islam von vornherein, nicht allzu stark ausgeprägt gewesen ist, sodass - anders als etwa in Fällen, in denen Anhaltspunkte für eine starke Bindung an den Islam bestehen, - die Hemmschwelle, sich vom Islam loszusagen niedriger liegt.
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Anders als die Beklagte, geht das Gericht zudem davon aus, dass es sich bei der vom Kläger geäußerten Kritik am Islam nicht lediglich um Pauschalsätze handelt. Der Kläger hat vergleichend gegenüber gestellt, welchen Eindruck er von Moslems und Christen gewonnen hat und dies mit den Glaubensinhalten in verknüpft. Der Kläger leitet daraus für sich ein von der jeweiligen Religion geprägtes Menschenbild ab. Das entspricht der subjektiven Wahrnehmung des Klägers und wird vom Gericht nicht in Zweifel gezogen.
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Auch der Umstand der zeitlichen Nähe zwischen Ablehnung des ersten Asylantrages und dem Beginn der Hinwendung des Klägers zum Christentum sprechen nicht gegen die Ernsthaftigkeit seines Einstellungswandels. Der Kläger hat hierzu glaubhaft ausgeführt, dass es keinem Afghanen leicht falle, seine Religion aufzugeben, sodass er nicht aus leichtfertigen Motiven heraus gehandelt habe. Selbst wenn eine gewisse zeitliche Nähe zwischen der Ablehnung des Erstantrages und der Hinwendung des Klägers zum Christentum bestehen mag, spricht dies nicht unmittelbar gegen die Annahme der Ernsthaftigkeit.
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Soweit der Kläger angibt, dass es sich bei seiner Hinwendung zum Christentum um einen längeren Prozess gehandelt habe, erscheint dies ebenfalls glaubhaft. Der Kläger hat dargelegt, dass sein Kontakt zu der Religion durch Bekannte zustande gekommen sei, die ihm den Kontakt zu seiner Kirche ermöglicht hätten. Er habe sich sodann näher mit der Religion befasst. So hat der Kläger angegeben, einen mehrmonatigen Taufkurs besucht zu haben, um sich auf dieses Ereignis, das für ihn der Moment gewesen sei, in dem er sich erstmals als „echter Christ“ gefühlt habe, vorzubereiten. Der Kläger hat damit auch seine inhaltliche Befassung mit dem Christentum dokumentiert und dargetan, dass es sich bei der Taufe für ihn nicht nur um einen - etwa aus Gründen der Verfahrenstaktik - gewählten Schritt gehandelt hat. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Initiative zur Durchführung der Taufe nicht vom Kläger selbst, sondern von dem Pastor seiner Kirchengemeinde ausgegangen sei, da dieser den Eindruck gehabt habe, der Kläger habe zum Glauben gefunden. Dass der Kläger in der Lage war, sich im Rahmen des Taufkurses auch mit der Religion auseinanderzusetzen und es sich dabei nicht nur um eine bloße Alibiveranstaltung gehandelt hat, wird dadurch belegt, dass der Kläger sich zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Jahre in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt und bereits gut entwickelte Sprachkenntnisse hatte.
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Dass der Kläger sich inhaltlich mit dem Christentum auseinandergesetzt hat, hat er ebenso glaubhaft gemacht. Dabei berücksichtigt das Gericht die Persönlichkeit des Klägers und dessen Bildungshistorie, sodass überzogene Anforderungen nicht zu stellen sind. Daran gemessen, vermittelte der Kläger durchaus den Eindruck, dass er sich weitergehend mit der christlichen Religion auseinandergesetzt hat. Der Kläger vermochte die Bedeutung der Taufe ohne weiteres zu erläutern. Er konnte in diesem Zusammenhang auch seinen Taufspruch zutreffend wiedergeben. Der Kläger konnte problemlos diverse christliche Feiertage mit der jeweiligen Bedeutung benennen und erläutern. Er konnte die zehn Gebote nach Sinn und Bedeutung einordnen und diverse Gebote benennen. Der Kläger vermochte den Begriff der Sünde zutreffend zu umschreiben. Er konnte darlegen, welche Möglichkeiten es gibt, sich von begangenen Sünden zu befreien. Auch Detailfragen, deren Beantwortung eine Befassung mit der Thematik über das reine Bibelstudium hinaus erforderlich machen, konnte der Kläger ohne großes Überlegen sicher beantworten. So wusste der Kläger auf Nachfrage etwa zu erläutern, dass im Jahr 2017 das 500-jähre Jubiläum des Thesenanschlages durch Martin Luther gefeiert wird.
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Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass der Kläger seine religiösen Aktivitäten in Gestalt von Kirchenbesuchen aufrechterhalten hat und aufrechterhält. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass auch diesbezüglich keine überspannten Anforderungen zu stellen sind, da nach Auffassung des erkennenden Gerichts die Ernsthaftigkeit der religiösen Überzeugung nicht vorrangig durch eine bestimmte Anzahl von Kirchenbesuchen belegt wird.
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In besonderem Maße schöpft sich der Eindruck des Gerichts aus dem Gesamtauftreten des Klägers. Anders als häufig in Konversionsfällen, vermittelte der Kläger nicht den Eindruck, im Rahmen der gerichtlichen Anhörung möglichst viel und detailreich auswendig gelerntes Wissen wiedergeben zu wollen, um damit einem vermeintlichen Idealbild zu entsprechen. Stattdessen trat der Kläger ruhig und besonnen auf. Er war bemüht, die Fragen des Gerichts umfänglich zu beantworten, ohne dabei vorhandenes Wissen frei von einem Bezug zur konkreten Fragestellung wiederzugeben. Als für die innere Überzeugung des Klägers sprechend vermag das Gericht auch zu berücksichtigen, dass der Kläger angeben hat, dass er eben nicht jeden Sonntag zur Kirche gehen könne, da er berufstätig sei. Der Kläger dokumentiert damit eine nüchterne und unverkrampfte Sicht nicht zuletzt auf seine Religion und Glaubensbetätigung, die bei dem Gericht die Auffassung stützt, dass der Kläger sich nicht nur aus asyltaktischen Gründen, dem Christentum zugewandt hat. Dies belegen letztlich auch die Aussagen des Klägers dazu, wie er sich in dem Falle verhalten würde, dass er seinen christlichen Glauben in Deutschland nicht mehr praktizieren könne. Der Kläger hat hierzu angegeben, dass er dann auch kein Interesse mehr habe, hier in Deutschland zu leben. Damit belegt er, dass ihm seine Religion in besonderem Maße wichtig ist und er auch bereit wäre, die Bundesrepublik Deutschland für die Ausübung seines Glaubens wieder zu verlassen. Dass der Kläger zu seinem Glauben auch öffentlich steht und ihm nicht zuzumuten ist, diesen zu verheimlichen, steht ebenso zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Kläger hat sich deutlich dazu bekannt, dass er stolz sei, Christ zu sein, und dies auch in die Welt trage. Auch seine Familie sei darüber in Kenntnis gesetzt worden.
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d) Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht hier schließlich nicht der der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 2 AsylG entgegen.
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§ 28 Abs. 2 AsylG stellt für den Fall des Asylfolgeantrages eine gesetzliche Missbrauchsvermutung für erst nach erfolgloser Durchführung des Erstverfahrens eintretende Nachfluchttatbestände auf. Der Gesetzgeber hat damit die Grundentscheidung getroffen, dass selbstgeschaffene Nachfluchtgründe, regelmäßig der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen. Allerdings kommt dem Asylantragsteller die Möglichkeit zu, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Die Missbrauchsvermutung ist dann widerlegt, wenn der Asylbewerber den Verdacht ausräumen kann, er habe Nachfluchtaktivitäten nach Ablehnung des Erstantrags nur oder aber hauptsächlich mit Blick auf die erstrebte Flüchtlingsanerkennung entwickelt oder intensiviert. Bleibt das Betätigungsprofil des Betroffenen nach Abschluss des Erstverfahrens unverändert, liegt die Annahme einer missbräuchlichen Verknüpfung von Nachfluchtaktivitäten und begehrtem Status eher fern. Wird der Asylbewerber jedoch nach einem erfolglosen Asylverfahren erstmals exilpolitisch aktiv oder intensiviert er seine bisherigen Aktivitäten, muss er dafür gute Gründe anführen, um den Verdacht auszuräumen, dies geschehe in erster Linie, um die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung zu schaffen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 31.01.2014 - 10 B 5/14 -, juris Rn. 5). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Konversionsfälle. Behauptet der Asylbewerber nach einem erfolglosen Asylverfahren, er habe seine religiöse Überzeugung in der Folgezeit geändert, muss er dafür gute Gründe anführen, um den Verdacht auszuräumen, der behauptete Glaubenswechsel sei nur vorgeschoben, um die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung zu schaffen. Dazu sind die Persönlichkeit des Asylbewerbers und dessen Motive für den angeblichen Wechsel der religiösen Überzeugung vor dem Hintergrund seines bisherigen Vorbringens und seines Vorfluchtschicksals einer Gesamtwürdigung zu unterziehen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 16.03.2012 - A 2 S 1419/11 -, juris Rn. 24; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 10.07.2014 - 5a K 6097/12.A -, juris Rn. 69).
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Aus den genannten Gründen, die das Gericht zu der Annahme haben gelangen lassen, dass der Kläger auf Grund einer dauerhaften Loslösung vom Islam und einer auf einer tiefen inneren Überzeugung beruhenden einen Übertritt zum Christentum vollzogen hat, hält das Gericht auch die gesetzliche Missbrauchsvermutung des § 28 Abs. 2 AsylG vorliegend für widerlegt. Der Kläger hat nach seinem gesamten Verhalten und Auftreten rückhaltlos den Eindruck erweckt, dass es sich bei seiner Konversion zum Christentum nicht nur um ein asyltaktisches Vorgehen handelt. Er hat damit belegt, dass er seinen Glaubensübertritt nicht nur zur Erlangung des Flüchtlingsstatus vorschiebt. Dieser stellt stattdessen das Ergebnis eines Entwicklungsprozess dar. Diesen Entwicklungsprozess hat der Kläger beginnend mit einer von vornherein nur schwachen Bindung an den Islam und sodann hinsichtlich des weiteren Verlaufs schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt. Auf die weiteren obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen. Damit hat der Kläger hinreichende Gründe vorgebracht, die die gesetzliche Missbrauchsvermutung als widerlegt erscheinen lassen.
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e) Gründe, die der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere zeigt sich nicht, dass dem Kläger Schutz vor der ihm drohenden Verfolgung geboten (§ 3d AsylG) oder ihm eine Fluchtalternative (§ 3e Abs. 1 AsylG) zur Verfügung stehen würde. Nach Auffassung des Gerichts besteht im gesamten Staat Afghanistan keinen relevanten Zufluchtsort, an dem dem Kläger Schutz vor einer Verfolgung wegen seiner Religion geboten würde. Dies gilt nicht zuletzt auf Grund der weitverbreiteten Toleranz gegenüber Verfolgungshandlungen aus religiösen Gründen innerhalb der afghanischen Bevölkerung (vgl. UNHCR, Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender, Stand: August 2013, S. 9). Ausschlussgründe im Sinne von § 3 Abs. 2 und 3 AsylG und § 3 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sind gleichfalls nicht ersichtlich.
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4. Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5) des Bescheides vom 3. Juni 2014 ist wegen der im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehenden Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufzuheben, da die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG nicht mehr vorliegen.
- 39
5. Wegen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bedarf es eines Eingehens auf die im Eventualverhältnis geltend gemachten Schutzstatus nicht.
III.
- 40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
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Annotations
(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.
(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.
(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.
(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.
(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.