Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 28. Juli 2015 - 7a L 1481/15.A
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Antragsteller.
1
Der sinngemäß gestellte Antrag,
2die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 3065/15.A gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2015 in Ziffer 2. enthaltene Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen,
3hat keinen Erfolg. Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
4Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in der Sache vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragsgegnerin aus, da die Klage des Antragstellers in der Hauptsache zu dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutzantrag keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Abschiebungsanordnung nach Ungarn erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach als rechtmäßig, da Ungarn als Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Entscheidung über den Asylantrag des Antragstellers zuständig ist. Das folgt aus § 27a AsylVfG i.V.m. Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. Nr. L 180 S. 31; im Folgenden: VO [EU] Nr. 604/2013, so genannte Dublin-III-VO).
5Die grundsätzliche Zuständigkeit Ungarns für die Bearbeitung des Asylbegehrens des Antragstellers begegnet keinen rechtlichen Zweifeln. Ungarn war der Mitgliedstaat, für den die Antragsgegnerin am 12. März 2015 einen Eurodac-Datentreffer (Bundesamtsakte Bl. °°) für den Antragsteller erzielte. Der Antragsteller hat dort am 7. Dezember 2014 einen Asylantrag gestellt. Sein danach in der Bundesrepublik Deutschland gestellter Asylantrag ist demnach unzulässig (§ 27a AsylVfG).
6Die Zuständigkeit zur Bearbeitung des Asylantrags ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 wegen systemischer Mängel des Asyl- und des Aufnahmeverfahrens in Ungarn auf die Antragsgegnerin übergegangen. Das wäre nur der Fall, wenn solche systemischen Mängel im zuständigen Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – GRCharta – (Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention) ausgesetzt zu werden.
7Davon ist derzeit für die Person des Antragstellers nicht auszugehen
8Systemische Mängel bestehen (erst) bei einer reellen Unfähigkeit des gesamten Verwaltungsapparats zur Beachtung des Art. 4 EU-GR-Charta, was gleichbedeutend ist mit strukturellen Störungen, die ihre Ursache im Gesamtsystem des nationalen Asylverfahrens haben. Die im jeweiligen nationalen Asylsystem festzustellenden Mängel müssen demnach so gravierend sein, dass sie nicht lediglich singulär oder zufällig sind, sondern in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Dies kann einerseits darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind, andererseits aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Asylsystem – mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis – in weiten Teilen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft defizitär ist und funktionslos wird.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 10 B 35.14 –, NVwZ 2014, S. 1677 ff. = Juris Rdnr. 5 a.E.; und Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, S. 1039 f. = Juris Rdnr. 6 und 9; VGH BW, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, S. 77, 78 ff. =Juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, Juris Rdnr. 79 ff.; OVG RP, Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10656/13 –, Juris Rdnr. 39 f.
10Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat als Maßstab für die Beantwortung der Frage, ob Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme im europäischen Zielstaat der Überstellung jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dorthin verhindern, in seiner jüngeren Rechtsprechung ausdrücklich benannt, ob eine Gleichgültigkeit der Behörden des betreffenden Staates vorliegt,
11vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014, Tarakhel ./. Switzerland, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff., Juris Rdnr. 114 f., und Entscheidung vom 13. Januar 2015, A.M.E. ./. Netherlands, Nr. 51428/10, hudoc Rdnr. 34 u. 35,
12wie sie der EGMR im Fall M.S.S. ./. Belgien und Griechenland von Seiten Griechenlands gegenüber der stetig steigenden Zahl von Schutzsuchenden angenommen hat.
13Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. ./. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, Rdnr. 253 ff., 263 = NVwZ 2011 S. 413 ff.; VGH BW, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, S. 77, 78 = Juris Rdnr. 34 (zu Bulgarien),
14Unerheblich ist, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Drittstaatsangehöriger einer solchen tatsächlich schon einmal ausgesetzt gewesen ist. Derartige Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Überstellung vorliegen; nur in diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen zu berücksichtigen. Persönliche Erlebnisse Betroffener, die einige Jahre zurückliegen, können allerdings durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 10 B 35.14 –, NVwZ 2014, S. 1677 ff. = Juris Rdnr. 6.
16Bei Beachtung dieser Maßgaben bestehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) über den Streitfall auch bei der bloß gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage keine systemischen Mängel des ungarischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO (EU) Nr. 604/2013. Dies gilt nach Einschätzung der erkennenden Kammer namentlich soweit der einzelne internationalen Schutz begehrende Drittstaatsangehörige – wie der Antragsteller im Streitfall – gerade keinem besonderen schutzwürdigen Personenkreis angehört. Mit den beiden Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowohl vom 6. Juni 2013 in der Sache Mohammed ./. Österreich – Nr. 2283/12 –,
17vgl. EGMR, Urteil vom 6. Juni 2013, Mohammed ./. Österreich, Nr. 2283/12, Rdnr. 32-50, 65, 69 f., 74 f. (in Englischer Sprache; abrufbar unter: http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/ Pages/search.aspx#{“appo“:[“2283/12“]},
18und vom 3. Juli 2014 in der Sache Mohammadi ./. Österreich – Nr. 71932/12 –,
19vgl. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014, Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12, Rdnr. 29-45, 65, 69 f., 74 f. (abrufbar unter: http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/Pages/search.aspx#{“appo“:[“713932/12“]},
20geht die erkennende Kammer angesichts des Ablaufs und der Durchführung von Asylverfahren in Ungarn sowie der Behandlung von Dublin-Rückkehrern weiterhin davon aus, dass das ungarische Asylsystem und die Aufnahmebedingungen keine systematischen Defizite aufweisen. Obwohl der EGMR in seiner (ersten) Entscheidung vom 6. Juni 2013 – Nr. 2283/12 – noch deutlicher von alarmierenden Berichten über die Verhältnisse in Ungarn in den Jahren 2011 und 2012 ausging, hat er zuletzt in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 – Nr. 71932/12 – ausdrücklich hervorgehoben, dass angesichts der seinerzeit festzustellenden Änderung des Asylrechts wie auch der tatsächlichen Behandlung von Drittstaatsangehörigen in Ungarn zu Beginn des Jahres 2014 Art. 3 EMRK eine Rückführung eines Asylsuchenden dorthin nach den Dublin-Regularien gerade nicht entgegensteht. Dabei hat sich der EGMR ausdrücklich unter genauerer Darstellung des jeweiligen Inhalts auf im Einzelnen näher bezeichnete und ausgewertete Stellungnahmen verschiedener Regierungs- wie Nichtregierungsorganisationen gestützt, die zeitlich bis ins Jahr 2014 hineinreichten. Insgesamt seien Verbesserungen des Asylsystems einschließlich der Abschiebehaftbedingungen und auch der Rechtsschutzmöglichkeiten festzustellen.
21Vgl. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014, Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12, Rdnr. 28-45.
22Hintergrund dieser Verbesserung ist die zur Bewältigung der durch die massive Flüchtlingswelle namentlich von Schutzsuchenden aus Syrien und dem Irak entstandenen Flüchtlingskrise von der EU gewährte finanzielle, logistische und personelle Unterstützung. Die Hilfen und bereits erreichten Verbesserungen lassen zudem mittel- und langfristig eine weitere Besserung der Zustände erwarten. Gerade dass der UNHCR, dessen amtlichen Stellungnahmen bei der Beurteilung der Situation und der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in den Mitgliedstaaten eine besondere Relevanz zukommt,
23vgl. EuGH, Urteil vom 30 Mai 2013 – C-528/11 –,NVwZ-RR 2013, S. 660 ff. = Juris Rdnr. 44,
24zu Ungarn kein – wie etwa im Vergleich zu den Verhältnissen in den Mitgliedstaaten Griechenland und Bulgarien – ausdrückliches Positionspapier gegen eine Überstellung von Asylsuchenden nach den Regeln der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 verfasst hat, hat den EGMR veranlasst anzunehmen, der betroffene Drittstaatsangehörige sei keines individuellen realen Risikos ausgesetzt gewesen, als Asylantragsteller in Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK unterworfen zu werden.
25Vgl. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014, Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12, Rdnr. 69 f. und 74 f.
26Dem schließt sich die erkennende Kammer nach Durchsicht und Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse an, und hält daran auch mit Blick auf zeitlich nachfolgende neuere Erkenntnismittel fest. Eine Änderung der vom EGMR zugrunde gelegten Sachlage, die ein Abweichen von dessen Rechtsprechung rechtfertigen würde, besteht zur Überzeugung der erkennenden Kammer nicht:
27Die Stellungnahme des Hungarian Helsinki Committee (HHC) aus Mai 2014 (Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary),
28abrufbar unter: http://helsinki.hu/en/information-note-on-asylum-seekers-in-detention-and-in-dublin-procedures-in-hungary,
29auf die u.a. sich auch der EGMR in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 ‑ Nr. 71932/12 ‑ gestützt hat, lässt keine andere Beurteilung zu. Nach den zum 1. Januar 2014 erfolgten Änderungen im ungarischen Asylgesetz als genereller Reglung haben nunmehr Rückkehrer nach den Dublin-Regularien – bis auf einen Ausnahmefall – einen garantierten Zugang zum Asylverfahren und einer vollständigen Untersuchung ihres Asylbegehrens.
30Namentlich der jüngste Bericht von „aida, Asylum Information Database, Country Report Hungary“ mit Stand 17. Februar 2015, der von Mitgliedern des `Hungarian Helsinki Committee (HHC)´ geschrieben und von `European Council on Refugees and Exiles (ECRE)´ herausgegeben wurde,
31abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_-_hungary_thirdupdate_final_february_2015.pdf,
32stellt insgesamt heraus, dass im Jahr 2014 mehr als 42.000 Asylsuchende um internationalen Schutz nachgesucht haben, was einen Anstieg im Vergleich zum Jahr 2013 von 226% ergab. Die Behandlung unbegleiteter Kinder entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Stellt eine aus welchen Gründen auch immer verhaftete Person einen Asylantrag, wird das Verfahren beschleunigt bearbeitet. Rechtsschutz mit kostenloser Unterstützung wird nicht immer und nur mit Schwierigkeiten gewährt (S. 14-19). Dublin-Rückkehrer haben – anders als im Jahr 2013 – Zugang zum Asylverfahren, ihr Asylbegehren wird vollständig geprüft (S. 21). Es gibt keinen Mechanismus im Asylverfahren, um schutzbedürftige Asylsuchende zu erkennen, allerdings bestehen besondere Vorkehrungen im Verfahren für diese Personengruppe. Medizinisches oder psychologisches Personal kann einbezogen werden, um eine notwendige Behandlung zu erhalten. Bei Personen die dem Gesetz nach nicht voll handlungsfähig sind, wie Kindern oder psychisch Kranken, wird im Regelfall ein besonderes staatliches Büro unterrichtet oder ein Vertreter zugewiesen (S. 32 f.). Im Bedarfsfall werden medizinische Stellungnahmen nach einer entsprechenden Anfrage des Asylsuchenden eingeholt (S. 33 f.). (Unbegleitete) Minderjährige werden grundsätzlich erfasst, Minderjährigkeit kann festgestellt werden (S. 34-36). Asylsuchende werden als Erstantragsteller den nationalen Bestimmungen zufolge registriert und behandelt. Wirkt ein Asylsuchender nicht ausreichend mit, kann dies u.U. zu finanziellen Konsequenzen bei der Tragung der Unterbringungs- und Behandlungskosten führen. Es liegen bislang keine Erkenntnisse vor, dass Asylsuchende nicht tatsächlich untergebracht werden. In Aufnahmeeinrichtungen werden Asylsuchende mit Essen versorgt, erhalten Hygieneartikel und Taschengeld; Kinder, Alleinerziehende und über 60-Jährige erhalten einen Betrag über 25 % der niedrigsten Rente (95 EUR), andere Erwachsene weniger. Im Jahr 2014 betrug die Verweildauer von Personen in den Asylunterkünften länger als 5 Monate. Die staatlichen Unterbringungszentren werden von Nichtregierungsorganisationen unterstützt. Frauen werden regelmäßig mit Familien auf einem Flur untergebracht. Unbegleitete Kinder werden in einer gesonderten Einrichtung aufgenommen. Familien werden während des Asylverfahrens nicht getrennt. Die Bedingungen in den Unterbringungszentren sind nicht einheitlich. Überall gibt es drei Mahlzeiten am Tag. Es kann überwiegend auch selbständig gekocht werden. Die Menschen teilen sich Räume. Psychologische Betreuung und Psychotherapie für traumatisierte Asylsuchende wird von Nichtregierungsorganisation angeboten (S. 40-44). Es erfolgt keine Erfassung von besonderen Aufnahmebedürfnissen für vulnerable Personen (S. 45 f.). Nicht inhaftiere Asylsuchende können sich frei im Land bewegen, dürfen ihre Unterbringungseinrichtung aber nur weniger als 24 Stunden verlassen. Um die monatlichen Geldzahlungen zu erhalten müssen Asylsuchende wenigstes 25 Tage im Monat in der Einrichtung sein (S. 46 f.). Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist gewährleistet; Allgemeinmediziner sind in den Unterbringungszentren regelmäßig unter der Woche verfügbar, Fachärzte nur in Notfällen (S. 49 f.). Im Jahr 2014 waren mehr als 4.800 Asylsuchende inhaftiert; die Haftplätze sind fast vollständig belegt. Es gibt keine besonderen Kategorien von Asylsuchenden die inhaftiert werden. Familien werden gemeinsam in einer gesonderten Einrichtung in Haft genommen (S. 51).
33Diese Umstände begründen allerdings keine systematischen Defizite des Asylsystems.
34Der Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates Nils Muiżnieks vom 16. Dezember 2014 über die Menschenrechte von Immigranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen (ohne Schutzstatus) in Ungarn, S. 36 ff, Rn. 148 ff.,
35abrufbar unter: https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2662996&SecMode=1&DocId=2218468&Usage=2,
36gibt ebenfalls nichts für die Annahme systemischer Mängel her. Dieser spricht von Verbesserungen hinsichtlich der Gründe der Asylhaft, der gerichtlichen Überprüfung sowie dem tatsächlichen Zugang der Betroffenen zu einem diese Frage betreffenden Gerichtsverfahren, obgleich sich der Kommissar besorgt zeigt hinsichtlich des fehlenden Zugangs zu einer effektiven gerichtlichen Überprüfung; dabei nimmt er allerdings die Jahre vor der letzten Entscheidung des EGMR vom 3. Juli 2014 ‑ Nr. 71932/12 ‑ zu Ungarn in den Blick und beleuchtet die damaligen Verhältnisse kritisch, ohne die Entwicklung seit dem Jahr 2014 näher zu betrachten. Allerdings bemerkt der Kommissar einen nicht hinlänglich den Besonderheiten für schutzbedürftige internationalen Schutz suchende Drittstaatsangehörige wie etwa Traumatisierte oder Minderjährige.
37Ein systemischer Mangel wird zur Überzeugung der Kammer insbesondere nicht durch die in Ungarn (auch im Jahr 2014) praktizierte Asylhaft begründet. Eine Inhaftierung ist nach dem ungarischen Asylgesetz zulässig zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit, nach dem Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens, oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Betreffende seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Die Verhängung der Asylhaft ist nach vorheriger Einzelfallprüfung nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch die Anwendung weniger einschneidender Alternativen zur Inhaftierung erreicht werden kann, etwa durch die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit, die Pflicht, sich an einem zugewiesenen Ort aufzuhalten oder Meldeauflagen. Gegen die Anordnung der Asylhaft als solches gibt es kein eigenständiges Rechtsmittel; die Haft wird nur allerdings insoweit richterlich überprüft, dass dies erstmals nach 72 Stunden und in der Folgezeit in 60-Tages-Intervallen erfolgt.
38Vgl. zu den Einzelheiten der Asylhaft: Auswärtiges Amt, Bericht an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014– 508-9-516.80/48135, Juris Mitteilungen, S. 2 f.; (österreichisches) Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. Dezember 2014 – W 192 2014566-1/3 E – (B) I. 1.1. Asylrechtliche Haft), abrufbar unter: http://www.ris.bka.gv.at (Datenbank RIS).
39Diese Regelungen zur Asylhaft und ihre tatsächlichen Anwendung hat der EGMR bereits bei seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 – Nr. 71932/12 – berücksichtigt, da er u.a. auf den Country Report des Ungarischen Helsinki-Komitee vom 30. April 2014 abgestellt hat. Dem ist zu entnehmen, dass in der Zeit zwischen Juli und Dezember 2013 etwa 26 % aller Asylbewerber und etwa 42 % der männlichen Asylbewerber inhaftiert worden sind; ferner bestehen in den Haftanstalten nicht unerhebliche Mängel auf den Gebieten der Wohnverhältnisse, der Wasserqualität und der Versorgung mit Putz- und Reinigungsmitteln. Dem bereits genannten neuen Bericht „aida - Country-Report Hungary“ Stand 17. Februar 2015 sind für das gesamte Jahr 2014 keine nennenswert höheren Haftzahlen als die soeben dargestellten wie auch keine Verschlechterung der bereits früher festgestellten mäßigen Haftbedingungen zu entnehmen (dort S. 51, 53-56, 58-61). Ähnliche Zahlen und Umstände haben den EGMR gerade nicht veranlasst, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK bei der Behandlung von Asyl begehrenden Drittstaatsangehörigen in Ungarn festzustellen.
40Ferner führt der Bericht von UNHCR Deutschland an das VG Düsseldorf vom 30. September 2014, der eine Zusammenfassung der UNHCR (international) bis dato vorliegenden Erkenntnissen, Stellungnahmen und Berichten verschiedener Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen enthält,
41abrufbar unter http://www.frnrw.de (Flüchtlingsrat NRW dort: UNHCR Stellungnahme zur Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern in Ungarn),
42gleichfalls nicht zur Annahme systematischer Mängel im ungarischen Asylsystem. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass einer von UNHCR Deutschland ausgegebenen Stellungnahme keine „amtliche“ von UNHCR (international) ist, welcher dem EuGH zufolge eine besondere Gewichtung bei der Auslegung und Beurteilung der europarechtlichen Vorschriften zuzumessen wäre.
43Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C -528/11 – (Halaf), NVwZ-RR 2013, S. 660 ff. =Juris Rdnr. 44.
44UNHCR Deutschland betrachtet in dieser Stellungnahme einen Zeitraum ab dem 1. Juli 2013; er legt allerdings nicht dar, dass die ungarischen Behörden aktuell (wieder) exzessiv von der Möglichkeit der Inhaftierung von Asylsuchenden Gebrauch machen. Vielmehr entspricht die für das 1. Halbjahr des Jahres 2014 genannte Zahl der Inhaftierungen (Inhaftierung von 25 % aller Asylsuchenden, 40 % der männlichen Asylbewerber) in etwa den vom EGMR in dem Urteil vom 3. Juli 2014 ‑ Nr. 71932/12 ‑ zugrunde gelegten Inhaftierungszahlen (26 % aller Asylbewerber, 42 % der männlichen Asylbewerber), welche auch dem `aida, Asylum Information Database, Country Report Hungary´ Stand 17. Februar 2015 zu entnehmen sind. Zudem sieht die Richtlinie 2013/33 (EU) des Europäischen Parlaments und Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 vom 29. Juni 2013; so gen. Aufnahmerichtlinie) ausdrücklich die Möglichkeit zur Inhaftierung von Asylantragstellern vor (Erwägungsgründe 15 bis 20 sowie Art. 8 bis Art 11 RL 2013/33/EU). In ihrer ungarischen Handhabung erfolgt die Inhaftierung nicht wegen der Stellung eines Asylantrags, sondern wegen solcher Umstände, die das individuelle Verhalten des Drittstaatsangehörigen vor und bei der Antragstellung kennzeichnen. Zudem hat ein Dublin-Rückkehrer bereits durch seine Weiterreise in die Bundesrepublik belegt, dass er sich nach seiner erkennungsdienstlichen Behandlung/Erfassung in Ungarn dem ungarischen Asylverfahren entzogen hat und offensichtlich nicht dort verbleiben wollte.
45Der Bericht von UNHCR Deutschland – offenbar an das VG Düsseldorf – vom 25. November 2014,
46abrufbar unter http://www.ecoi.net,
47ergibt nichts anderes. Darin stellt UNHCR Deutschland heraus, dass der UNHCR (international) die Veränderungen im ungarischen Asylsystem ab dem Jahr 2014 begrüßt und Dublin-Rückkehrer von staatlicher wie auch nichtstaatlicher Seite unterstützt werden, zumal es in Ungarn ein neu aufgelegtes Unterstützungsprogramm gibt. UNHCR (international) befürchtet für Personen, die den subsidiären oder internationalen Schutz erhalten haben, dass diese nicht an den ansonsten eingetretenen Verbesserungen für Schutz suchende Drittstaatsangehörige teilhaben. Die zusammengetragenen kritischen Berichte erfassen zudem oft einen Zeitraum vor dem Jahr 2014, namentlich die Jahre 2012 und 2013, die auch der EGMR beurteilt hat, ohne eine beachtliche Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung von Asylantragstellern festgestellt zu haben.
48Die der Kammer ebenfalls vorliegenden beiden, weitgehend deutschsprachigen Stellungnahmen von Pro Asyl bzw. bordermonitoring.eu an das VG Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 bzw. an das VG München vom 30. Oktober 2014,
49abrufbar unter: http://bordermonitoring.eu/2014/11/stellungnahmen-von-bordermonitoring-eu-zur-situation-in-ungarn/, bzw. http://bordermonitoring.eu/files/2014/11/antwort-vg-muenchen.pdf,
50die in Zusammenarbeit mit dem ungarischen Helsinki Komitee (HHC) erarbeitet wurden, ergeben für den Antragsteller ebenfalls nichts Günstiges. Darin werden nämlich die bereits zuvor dargestellten Umstände um die Anwendung der Asylhaft weitestgehend bestätigt, ohne greifbar eine Verschlechterung aufzuzeigen.
51Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit von Schutz suchenden Drittstaatsangehörigen in Ungarn greifbar,
52vgl. dazu insgesamt mit genauerer Darlegung: VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. September 2014 ‑ 6 L 1235/14.A ‑, Juris Rdnr. 84 ff. und Urteil vom 20. März 2013 – 13 K 501/14 -, juris Rdnr. 79 ff,
53die an die zumindest seinerzeit sehr weitgehend verbreitete Obdachlosigkeit unter dem griechischen Asylsystem hin zu einer behördlichen Gleichgültigkeit
54vgl. dazu: EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 M.S.S. ./. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, Rdnr. 253 ff., 263= NVwZ 2011 S. 413 ff.; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 10 B 16/12 –, InfAuslR 2013, S. 45 f. = Juris Rdnr. 9,
55heranreicht. Es ist nämlich bisher, d.h. im gesamten vergangenen Jahr 2014 gerade kein Fall bekannt, in dem einem Asylantragsteller – etwa wegen Überbesetzung der Unterbringungseinrichtungen – in Ungarn kein Obdach gewährt worden ist.
56Vgl. aida, Asylum Information Database, Country Report Hungary, Stand 17. Februar 2015, S. 43; und bereits National Country Report Hungary, Stand 30. April 2014, S. 40.
57Der Antragsteller selbst hat Mängel im ungarischen Asylverfahren lediglich pauschal behauptet und eine individuelle Betroffenheit nicht geltend gemacht.
58Für ein der Abschiebung nach Ungarn entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG ausnahmsweise von der Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen wäre,
59vgl. BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, AuAS 2014 S. 244 ff. = Juris Rdnr. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, Juris Rdnr. 4,
60ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
61Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. März 2012 wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
- 1
-
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.
- 2
-
1. Die Beschwerde wirft die Grundsatzfrage auf,
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"ob eine Abschiebung in eine schlechte Gesamtsituation, die unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein dürfte, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellt und damit ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 2 AufenthG auslöst."
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Dazu trägt sie vor, der Verwaltungsgerichtshof habe diese Frage in der angefochtenen Entscheidung verneint. Denn er sei davon ausgegangen, dass eine Verletzung von Art. 3 EMRK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sei. Eine solche Situation habe das Berufungsgericht nicht festgestellt und dazu auf seine Ausführungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG verwiesen. Gleichzeitig sei es jedoch im Rahmen der Prüfung dieser Vorschriften der Auffassung, dass aufgrund der schlechten Gesamtsituation in Kabul eine Rückkehr für gesunde, alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein dürfte. Dies begegne grundsätzlichen Bedenken, denn es werde nicht deutlich, welche Konsequenz die zuletzt genannte Auffassung im Hinblick auf Art. 3 EMRK habe. Einen Menschen sehenden Auges einer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbare Hungersituation auszusetzen, könne nur als unmenschlich und erniedrigend betrachtet werden. Zudem sei es wegen der Selbständigkeit der Abschiebungsverbote nicht zulässig, das Fehlen einer extremen Ausnahmesituation i.S.v. Art. 3 EMRK mit der Verneinung einer Extremsituation gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zu begründen. Schließlich bedürfe die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland hinsichtlich Art. 3 EMRK nichts anderes ergebe, revisionsgerichtlicher Überprüfung. Dieses und das weitere Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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1.1 Die Beschwerde knüpft die aufgeworfene Grundsatzfrage an folgende Ausführungen des Berufungsgerichts, die sich an dessen Würdigung anschließen, dass in Kabul keine Lage vorliegt, die eine Extremgefahr begründet (UA S. 25):
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"Zwar dürfte aufgrund der schlechten Gesamtsituation ohne schützende Familien- oder Stammesstrukturen in der Tat eine Rückkehr nach Kabul selbst für gesunde alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten kaum zumutbar sein. Diese Zumutbarkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch kein zentraler Maßstab für die Bestimmung einer extremen Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG."
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Diese Wertung trägt das Ergebnis des Berufungsurteils weder hinsichtlich der Ablehnung des unionsrechtlichen noch des nationalen Abschiebungsschutzes. Mit ihr bringt das Berufungsgericht vielmehr seine Haltung zum Ausdruck, dass die "Hürden" des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme einer extremen Gefahrenlage zu hoch seien und lässt in der Sache sein Bedauern erkennen, dass die oberste Landesbehörde für Afghanistan keinen generellen Abschiebestopp aus humanitären Gründen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG angeordnet hat und das Gericht diese politische Entscheidung - unterhalb der hier nicht erreichten Grenze verfassungsrechtlich gebotenen Abschiebungsschutzes - nicht zu ersetzen vermag. Diese nicht entscheidungserhebliche und zudem eher außerrechtlich-moralische Bewertung des Handelns der Exekutive führt nicht auf grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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1.2 Wollte man dem Vorbringen zu § 60 Abs. 2 AufenthG die - von der Beschwerde allerdings nicht explizit formulierte - Frage entnehmen, ob sich der Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK bei Abschiebungen in Staaten mit schwierigen Lebensbedingungen seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/06) nach den darin "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung" bestimmt, würde auch diese Frage aus mehreren Gründen nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen.
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1.2.1 Zum einen lässt sich der die Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG prägenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnehmen, dass mit dem Urteil der Großen Kammer im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S. - NVwZ 2011, 413) keine grundlegende, der revisionsgerichtlichen Klärung bedürftige Änderung der Maßstäbe bei der Ableitung von Abschiebungsverboten aus Art. 3 EMRK verbunden ist.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Staaten - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich derer aus der Konvention selbst - das Recht haben, die Einreise fremder Staatsbürger in ihr Hoheitsgebiet zu regeln (EGMR, Urteile vom 28. Mai 1985 - Nr. 15/1983/71/107-109, Abdulaziz u. a. - NJW 1986, 3007 Rn. 67; vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99, Üner - NVwZ 2007, 1279 Rn. 54 und vom 28. Juni 2012 - Nr. 14499/09, A.A. u.a. - Rn. 71). Die Abschiebung durch einen Konventionsstaat kann aber dessen Verantwortlichkeit nach der Konvention begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die Person nicht in dieses Land abzuschieben (stRspr, EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 14038/88, Soering - NJW 1990, 2183 Rn. 90 f. und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N. - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42). So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Abschiebungsverbot aus Art. 3 EMRK zugunsten eines im fortgeschrittenen, tödlichen und unheilbaren Stadiums an Aids Erkrankten angenommen, weil die Abschiebung seinen Tod beschleunigen würde, er keine angemessene Behandlung erreichen könne und kein Beweis für irgendeine mögliche moralische oder soziale Unterstützung im Zielstaat zu erbringen sei (EGMR, Urteil vom 2. Mai 1997 - Nr. 146/1996/767/964, D. – NVwZ 1998, 161 Rn. 52 f.). Zusammenfassend führt der Gerichtshof zur Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 3 EMRK aufgrund von Krankheiten aus, dass angesichts der grundlegenden Bedeutung von Art. 3 EMRK im System der Konvention zwar eine gewisse Flexibilität notwendig sei, um eine Ausweisung (expulsion) in besonderen Ausnahmefällen zu verhindern. Doch verpflichte Art. 3 EMRK die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - Nr. 26565/05, N. - NVwZ 2008, 1334 Rn. 44).
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Diese gefestigte Rechtsprechung ist durch das Urteil der Großen Kammer im Verfahren M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 a.a.O.) nicht grundsätzlich revidiert worden. Das Urteil verhält sich - entgegen der Auffassung der Beschwerde - erkennbar nicht zu den "für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung". Zwar hat der Gerichtshof eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch das Königreich Belgien als abschiebenden Staat angenommen, weil der betroffene Asylantragsteller mit seiner Überstellung an Griechenland einer Situation äußerster materieller Armut ausgeliefert worden sei, was den belgischen Behörden bewusst gewesen sei (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 a.a.O. Rn. 252, 263 f., 366 f.). Jedoch erstreckt diese Entscheidung den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ausdrücklich nicht allgemein auf soziale Leistungsrechte; der Gerichtshof betont vielmehr die Fortgeltung seiner insoweit sehr zurückhaltenden Rechtsprechung (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 a.a.O. Rn. 249 m.w.N.). Vielmehr betrifft die Entscheidung den Schutz der Menschenwürde von Personen, die - in einem ihnen vollständig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 a.a.O. Rn. 253). Als eine hier in Betracht zu ziehende Personengruppe führt das Urteil die Gruppe der Asylsuchenden an, die es als besonders verletzlich und schutzbedürftig qualifiziert (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 a.a.O. Rn. 251, 259). Dass damit keine generelle Erstreckung dieser Rechtsprechung auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen einhergeht, ergibt sich im Übrigen auch aus nachfolgenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteile vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07, Sufi u. Elmi - NVwZ 2012, 681 Rn. 282 f. und vom 15. Mai 2012 - Nr. 16567/10, Nacic u.a. - Rn. 49 u. 54).
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1.2.2 Zum anderen war diese Frage für das Berufungsgericht nicht entscheidungserheblich. Denn es hat sich der tatsächlichen Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angeschlossen, dass zu erwarten sei, dass Rückkehrer in Kabul durch Gelegenheitsarbeiten "ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten" (UA S. 24 f.). Damit ergäbe sich selbst bei Zugrundelegung der in der Entscheidung M.S.S. für einen anderen Anwendungsfall entwickelten Maßstäbe kein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
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2. Auch die weitere aufgeworfene Grundsatzfrage,
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"ob bei der Prüfung, ob ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorliegt, im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht nur die medizinische Versorgungslage, sondern auch weitere Umstände, wie z.B. die allgemeine Versorgungssituation zu berücksichtigen ist",
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vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung ist die erforderliche Gesamtwürdigung u.a. der medizinischen Versorgungslage keine Voraussetzung für das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (vgl. dazu Urteil vom 24. Juni 2008 – BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 19 ff.). Sie ist vielmehr Teil der Prüfung, ob dem Betroffenen - wenn ein Konflikt dieser Qualität und dieses Ausmaßes besteht - mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit ein nach Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG relevanter Schaden droht. Demzufolge erweist sich die Frage, welche weiteren Umstände bei der Gesamtwürdigung der Gefahrbeurteilung zu berücksichtigen sind, nach den tatsächlichen Feststellungen und der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts zur Lage in Kabul schon nicht als entscheidungserheblich.
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3. Schließlich legt die Beschwerde nicht dar, dass die von ihr aufgeworfene Frage,
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"ob im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG auch nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG alle Gefährdungen grundsätzlich irrelevant sind, die von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen", klärungsbedürftig ist. Dazu wäre es erforderlich gewesen darzutun, aus welchen Gründen die Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie 2004/83/EG im Aufenthaltsgesetz nicht nur für den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG), sondern auch für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG als Bestandteil des nationalen Abschiebungsschutzes von Belang sein könnte. Dazu verhält sich die Beschwerde jedoch nicht. Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, inwieweit § 60 Abs. 5 AufenthG hier einen weitergehenden Schutz gewähren sollte als § 60 Abs. 2 AufenthG.
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4. Der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Eine Divergenz i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt vor, wenn das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widerspricht, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Es genügt nicht, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 und vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1).
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4.1 Entgegen der Behauptung der Beschwerde hat der Senat in seinem Urteil vom 17. November 2011 - BVerwG 10 C 13.10 - (a.a.O.) keinen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt,
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"dass bei der Prüfung, ob ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorliegt, eine wertende Gesamtschau vorzunehmen ist, zu
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der jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage gehört (Leitsatz 2)."
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Wie bereits unter 2. ausgeführt, bezieht sich die von der Beschwerde angesprochene wertende Gesamtbetrachtung allein auf die Gefahrendichte, also die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, und nicht das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Daher greift auch die insoweit erhobene Verfahrensrüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht durch.
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4.2 Die behauptete Divergenz des Berufungsgerichts zu dem Urteil des Senats vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - (BVerwGE 136, 360) ist nicht hinreichend dargelegt. Der Senat hat in der bezeichneten Entscheidung zwar in der Tat - wie von der Beschwerde geltend gemacht - entschieden, dass das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG nicht zwingend voraussetzt, dass die Konfliktparteien einen so hohen Organisationsgrad erreicht haben müssen, wie er für die Erfüllung der Verpflichtungen nach den Genfer Konventionen von 1949 und für den Einsatz des Internationalen Roten Kreuzes erforderlich ist. Vielmehr kann es bei einer Gesamtwürdigung der Umstände auch genügen, dass die Konfliktparteien in der Lage sind, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise in Mitleidenschaft gezogen wird (a.a.O. Rn. 23). Von diesem Rechtssatz ist das Berufungsgericht aber weder offen noch verdeckt abgewichen, wenn es bezogen auf Kabul als Heimatregion des Klägers das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts aufgrund seiner tatrichterlichen Würdigung verneint hat, dass die dortige Sicherheitslage - abgesehen von einigen spektakulären, auf prominente Ziele gerichteten Anschlägen - relativ einheitlich als stabil bewertet worden sei (UA S. 15 f.). Damit kommt es auf die Organisation der Konfliktparteien nicht an. Denn entgegen der Auffassung der Beschwerde bilden die Kriterien, die der Senat zur Qualität einer potentiellen Konfliktpartei entwickelt hat, keine hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die Beschwerde versucht im Gewande der Divergenzrüge, die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts durch eine eigene Einschätzung der Lage infrage zu stellen; damit kann sie jedoch die Zulassung der Revision nicht erreichen.
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5. Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsurteil sei nicht hinreichend mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6 VwGO), da es einerseits eine Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für den Fall einer Abschiebung nach Kabul verneine, andererseits eine solche Abschiebung selbst für gesunde, alleinstehende Männer unter humanitären Gesichtspunkten für kaum zumutbar halte. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vor. Diese Verfahrensrügen greifen nicht durch.
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Nach § 138 Nr. 6 VwGO liegt ein absoluter Revisionsgrund - und damit zugleich ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - vor, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung nur, wenn die Entscheidungsgründe ihre doppelte Funktion nicht mehr zu erfüllen vermögen. Das ist nach der Rechtsprechung allerdings nicht nur dann der Fall, wenn dem Tenor der Entscheidung überhaupt keine Gründe beigegeben sind, sondern auch dann, wenn die Begründung völlig unverständlich und verworren ist, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind (vgl. Beschluss vom 3. April 1990 - BVerwG 9 CB 5.90 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 31). Der "grobe Formmangel" (vgl. Beschluss vom 13. Juni 1988 - BVerwG 4 C 4.88 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 80) liegt mit anderen Worten immer dann vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen.
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Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt der gerügte Verfahrensmangel nicht vor. Der durch § 138 Nr. 6 VwGO sanktionierte grobe Formmangel greift erst bei unverständlichen und verworrenen Entscheidungsgründen, nicht aber bereits bei inhaltlich grob falschen Ausführungen, die hier im Übrigen nicht zu erkennen sind. Die Beschwerde verkennt den Inhalt der von ihr in Bezug genommenen Passagen der Entscheidungsgründe. Bei den Zumutbarkeitserwägungen des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich allein um eine rechtlich nicht verankerte, eher moralische Bewertung einer möglichen Abschiebung (siehe oben 1.1). Auch der gerügte Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz ist nicht zu erkennen. Vielmehr rügt die Beschwerde im Gewande dieser Verfahrensrüge die inhaltliche Würdigung des Berufungsgerichts; damit vermag sie die Zulassung der Revision indes nicht zu erreichen.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.