Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 21. Aug. 2014 - 5 K 3451/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten planungsrechtlichen Bauvorbescheid für den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern.
3Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks L. 35 in F. , das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist. Das Wohnhaus ist zur Straßenseite zweistöckig und erscheint aufgrund des abschüssigen Gefälles im rückwärtigen Bereich dreistöckig. Im - von der Gartenseite aus betrachtet - ersten Obergeschoss befindet sich der Wohn- und Essbereich der Kläger. Auf östlicher Seite neben dem Wohngebäude befindet sich straßenseitig und grenzständig zum Grundstück des Beigeladenen eine Garage. Unmittelbar hinter der Garage befindet sich zudem, ebenfalls grenzständig, eine Terrasse, die vom Wohnhaus der Kläger aus zugänglich ist. Von der Terrasse führt eine Treppe in den Gartenbereich. Das Gebäude weist insgesamt eine Bebauungstiefe von etwa 17,5 m auf.
4Die in östliche Richtung angrenzenden Nachbargrundstücke, L. 31-33, sind derzeit ebenfalls mit einem Doppelhaus bebaut. Der etwa drei Meter breite Grundstücksabschnitt zwischen dem Wohnhaus L. 33 und der Grundstücksgrenze der Kläger ist unbebaut. Dieser Grenzabschnitt sowie der rückwärtige Gartenbereich des Vorhabengrundstücks weisen eine dichte Begrünung mit Büschen und teilweise weit über die Gebäudehöhe hinausragenden Bäumen auf.
5Am 24. Januar 2013 beantragte der Beigeladene die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für den Abriss der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück L. 31-33 sowie die Errichtung von zwei Wohngebäuden mit jeweils vier Wohneinheiten. Aus den Bauunterlagen sowie den eingereichten Zeichnungen geht unter anderem hervor, dass die oberen Gebäudeabschlüsse jeweils komplett gegenüber den Obergeschossen zurücktretende Flachdach-Staffelgeschosse bilden. Die Gebäude treten zur Straße zweigeschossig und zum Garten in Folge des nach hinten abfallenden Geländes dreigeschossig in Erscheinung. Das Wohngebäude weist zur Grundstücksgrenze der Kläger einen Abstand von etwa 3,48 m auf. Der versetzte hintere Teil des Wohngebäudes weist einen Abstand von etwa 5,86 m zur Grundstücksgrenze auf. Weiter ist unter anderem ein Stellplatz vorgesehen, der grenzständig zum Grundstück der Kläger errichtet werden soll. Der Stellplatz soll versetzt zu der Garage der Kläger errichtet werden, wobei die Länge des Stellplatzes über die Länge der Garage auf dem klägerischen Grundstück hinaus geht und damit in einer Länge von etwa 2,50 m in gleicher Höhe entlang der Terrasse der Kläger führt. Das zu errichtende Gebäude weist insgesamt eine Bebauungstiefe von etwa 21,50 m bzw. unter Einbeziehung der rückwärtigen Terrasse von 22,50 m auf.
6Unter dem 24. Juni 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen den beantragten Vorbescheid, mit dem festgestellt wurde, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei. Zur Begründung führte die Beklagte neben weiteren Aspekten unter anderem aus, das zur Liegenschaft „L. 35“ angrenzende Wohngebäude weise einen Abstand von ca. 3,48 m zu diesem auf und verspringe auf den hinteren 2,60 m auf einen Abstand von ca. 5,86 m zur Grundstücksgrenze. Daher sei das Rücksichtnahmegebot in Hinsicht auf die Belichtung des Nachbarn berücksichtigt worden. Schließlich füge sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
7Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 wurden die Kläger über die Erteilung des Vorbescheides von der Beklagten in Kenntnis gesetzt.
8Die Kläger haben am 25. Juli 2013 Klage erhoben.
9Sie sind der Ansicht, der Vorbescheid sei bereits wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots rechtswidrig. Obwohl es sich um einen planungsrechtlichen Vorbescheid handele, habe die Beklagte Ausführungen zu den bauordnungsrechtlichen Fragen des Abstandsgebots gemacht. Das Vorhaben des Beigeladenen füge sich mit seiner Bebauungstiefe von ca. 22,50 m nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verletze dadurch das Gebot der Rücksichtnahme. Durch das Vorhaben würde die Dauer der Besonnung auf der Terrasse stark abnehmen. Derzeit falle morgens die Sonne ab 7.00 Uhr auf die Terrasse. Bei Realisierung des Vorhabens würde es erst ab ca. 12.00 Uhr zur Besonnung der Terrasse kommen. Der Erholungswert auf der Terrasse würde zudem erheblich sinken, da man von dort aus nur noch einen Tunnelblick in den Wald habe. Zudem würde durch das Vorhaben kaum noch Sonnenlicht in den Wohn- und Essbereich fallen, was zu einer erheblichen Verdunkelung führe. Aufgrund der Tiefe des geplanten Baus, der Nähe zur klägerischen Terrasse und aufgrund seiner zur Straße dreigeschossig und im Garten viergeschossig erscheinenden Bauweise wirke das Vorhaben gegenüber dem Haus der Kläger erdrückend. Auch die Stellplatzanordnung verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Stellplatz befinde sich auf gleicher Höhe direkt neben der Terrasse der Kläger. Durch die Motorengeräusche, das Türenzuschlagen sowie die entstehenden Abgase werde die Nutzung auf der Terrasse als besonders geschützten Ort der Ruhe und Erholung unzumutbar beeinträchtigt. Es sei von einer regelmäßigen Nutzung des Stellplatzes auszugehen, da für jede Wohneinheit nur ein Stellplatz vorgesehen sei und die L. 31-33 nahverkehrstechnisch nicht gut angeschlossen sei. Da der Stellplatz auf gleicher Höhe wie die Terrasse errichtet werden solle, würden die Fahrzeuge direkt neben der Terrasse der Kläger abgestellt werden. Die Abschirmung durch die Errichtung eines Holzzaunes würde dagegen den Tunnelblick noch verschärfen. Schließlich sei es nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte bei Einhaltung eines Abstandes von 3,48 m davon ausgehe, das Rücksichtnahmegebot sei hinsichtlich der Belichtung nicht verletzt. Schließlich verstoße das Vorhaben auch gegen die Abstandsflächenvorschriften.
10Die Kläger beantragen,
11den Vorbescheid der Beklagten vom 24. Juni 2013 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Ansicht, der Vorbescheid erfülle die Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot, da bauordnungsrechtliche Belange nicht geprüft worden seien. Die Nennung von Abständen habe lediglich der planungsrechtlichen Erläuterung des Vorhabens in der Hinsicht gedient, dass eine Beeinträchtigung der Belichtung des angrenzenden Grundstückes nicht ersichtlich sei. Hierdurch sei nicht der Anschein erweckt worden, dass das Vorhaben auch bauordnungsrechtlich zulässig sei. Die Überschreitung der Bebauungstiefe könne bereits nicht von den Klägern gerügt werden, da diese Aspekte das Maß der baulichen Nutzung beträfen und damit nicht nachbarschützend seien. Abgesehen davon sei die zulässige Bebauungstiefe aber eingehalten, da das Grundstück L. 43a eine deutlich größere Bebauungstiefe aufweise. Eine unzumutbare Störung der Kläger mit der Folge eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot sei weder erkennbar noch nachvollziehbar vorgetragen. Eine Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung auf dem Grundstück der Kläger sei weder auf der Terrasse noch im Wohn- und Essbereich erkennbar. Auch die Errichtung des grenzständigen Stellplatzes führe nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Kläger. Die von den Fahrzeugbewegungen zu erwartenden Geräusche seien nicht in der Lage die Kläger, insbesondere aufgrund der zu erwartenden Seltenheit, unzumutbar zu beeinträchtigen. Insgesamt sei der Stellplatz allenfalls als eine bloße Lästigkeit anzusehen.
15Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
16Die Berichterstatterin hat am 10. März 2014 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Ortsterminprotokoll sowie das im Rahmen des Ortstermins angefertigte Bildmaterial verwiesen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im Übrigen sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
20Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung des planungsrechtlichen Vorbescheides vom 24. Juni 2013, da dieser nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und die Kläger daher nicht in ihren eigenen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
21Die Kläger sind nicht bereits wegen Verstoßes des Vorbescheides gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in ihren Rechten verletzt. Unabhängig von der Frage, ob insoweit überhaupt gegenüber den Klägern nachbarschützende Rechte verletzt sein könnten, ist ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nicht festzustellen. Die Erwähnung der Abstandsflächen in der Begründung des planungsrechtlichen Vorbescheides diente offenkundig allein der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Beklagte durfte, wie noch unter Heranziehung der obergerichtlichen Rechtsprechung auszuführen sein wird, in zulässiger Weise zur Begründung, dass das Rücksichtnahmegebot nicht im Hinblick auf die Belichtung des klägerischen Grundstücks verletzt sei, auf das Kriterium der Abstandsflächen abstellen. Eine dem Baugenehmigungsverfahren vorbehaltene Prüfung des Einhaltens bauordnungsrechtlicher Vorschriften war damit ersichtlich nicht verbunden.
22Der Vorbescheid verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
23Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB), da das Grundstück des Beigeladenen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, für das ein Bebauungsplan nicht existiert. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
24Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Errichtung von zwei Mehrfamilienhäusern dient einzig der Wohnnutzung und damit einer Nutzung, die in der näheren Umgebung des Vorhabens vorherrschend ist.
25Soweit sich die Kläger darauf berufen, das Vorhaben überschreite die zulässige Bebauungstiefe, handelt es sich dabei um ein Kriterium, welches das Maß der baulichen Nutzung betrifft und damit um ein solches, das regelmäßig nicht nachbarschützender Natur ist. Demgemäß sind im Rahmen eines Baunachbarstreits die Fragen danach, ob sich das Vorhaben nach seinem Volumen, der Zahl seiner Geschosse, der Höhe oder der Bebauungstiefe nach in die nähere Umgebung einfügt, ohne Bedeutung.
26Vgl. grundlegend Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 -; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 27. August 2012 – 5 K 5326/10 – und vom 26. Februar 2008 – 6 K 1102/06 – sowie Beschluss vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 - ; jeweils zitiert nach juris.
27Das genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme.
28Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 - und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -; jeweils zitiert nach juris; sowie zuletzt VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Juli 2014 – 5 K 3060/13 -.
30Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit.
31Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 – und vom 23. August 2013 – 6 L 737/13 - sowie Urteil vom 2. Januar 2014 – 5 K 1658/13 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 12. Juli 2012 – 2 B 12.1211 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 2 S 50.10 -; jeweils zitiert nach juris.
32Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass Beeinträchtigungen, die ein Vorhaben dadurch verursacht, dass es beim Grenzabstand ein bestimmtes Maß unterschreitet, vom hierdurch betroffenen Nachbarn grundsätzlich dann hingenommen werden müssen, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind. Diese landesrechtlichen Abstandsvorschriften zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse nicht zuletzt darauf ab, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäude- und sonstige Teile des Nachbargrundstücks sicherzustellen. Der Nachbar, der sich gegen die Verwirklichung eines Bauvorhabens zu Wehr setzt, kann unter diesem Blickwinkel grundsätzlich keine Rücksichtnahme verlangen, die über den Schutz des Abstandsflächenrechts hinausgeht, da die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften insoweit ihrerseits eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1996 – 4 B 215/96 -, mit weiteren Nachweisen; zitiert nach juris.
34Bereits unter diesem Gesichtspunkt verstößt das Vorhaben des Beigeladenen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Denn die durch das Vorhaben im Verhältnis zum Grundstück der Kläger ausgelösten Abstandflächen dürften aufgrund der Anwendung des hier einschlägigen § 6 Abs. 6 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) noch auf dem Grundstück des Beigeladenen liegen.
35Anhaltspunkte, die gleichwohl einen qualifizierten Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im oben genannten Sinne begründen können, sind hier nicht feststellbar. Das Vorhaben des Beigeladenen ist weder im Hinblick auf eine Einschränkung der Belichtung noch hinsichtlich des grenzständigen Stellplatzes gegenüber den Klägern rücksichtslos und wirkt ihnen gegenüber auch nicht erdrückend.
36Zunächst ist nicht davon auszugehen, dass durch das Vorhaben die Besonnung und Belichtung auf der neben dem Wohnhaus der Kläger errichteten Terrasse sowie in dem Ess- und Wohnbereich in unzumutbarer Weise eingeschränkt wird. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass es sich um eine östliche Bebauung handelt, so dass das Kriterium der eingeschränkten Belichtung von vornherein nur möglicherweise in den Morgenstunden greifen kann, spätestens jedoch ab der Mittagszeit eine Beeinträchtigung gänzlich ausgeschlossen ist. Wie im Rahmen des Ortstermins festgestellt und anhand des angefertigten Fotomaterials nachvollzogen werden kann, ist bereits um elf Uhr eine direkte Sonneneinstrahlung auf der Terrasse aufgrund ihrer Errichtung auf der östlichen Seite des Wohngebäudes kaum mehr möglich. Sofern sich die Kläger auf die Morgenstunden zwischen Sonnenaufgang und elf Uhr beziehen, ist für die Kammer bereits nicht nachvollziehbar, wie es in diesen Stunden zu einer vollständigen Besonnung der Terrasse kommen kann. Der derzeit vorhandene Baukörper dürfte vielmehr auch in diesen Stunden eine direkte Sonneneinstrahlung einschränken.
37Selbst wenn die im derzeitigen Zustand vorliegende Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Kläger durch das Vorhaben des Beigeladenen vermindert wird, so erfolgt dies nicht in einem solchen Maß, dass die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten wird. Insbesondere muss in einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet - und nicht nur in Innenstadtlagen - immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks beziehungsweise von Wohnräumen kommt.
38Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26. Juni 2014 – 7 A 2057/12 – und vom 9. Juni 2011 – 7 A 1494/09 – sowie Beschlüsse vom 16. Januar 2014 – 7 A 1776/13 – und vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Juni 2012 – 5 K 2317/10 -; jeweils zitiert nach juris.
39Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Vorhaben gegenüber dem Grundstück der Kläger gegenüber rücksichtslos ist, weil von ihm eine erdrückende Wirkung ausgeht. Eine erdrückende Wirkung wird in der Rechtsprechung angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund des Besonderheiten des Einzelfalls – und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen – derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – und vom 13. März 1981 – 4 C 1.78 -; OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 -, sowie Beschlüsse vom 5. August 2013 – 7 B 674/13 -, vom 9. Juli 2010 – 2 A 1263/09 – und vom 18. Juli 2010 – 10 A 1417/09 -; jeweils zitiert nach juris.
41Von einer solchen Wirkung kann angesichts der konkreten Lage und Größe der Gebäude, die sich ohne weiteres aus dem vorliegenden Karten- und Bildmaterial ergibt, sowie aufgrund des Eindrucks der Berichterstatterin von der Örtlichkeit, den sie der Kammer vermittelt hat, nicht die Rede sein. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Vorhaben des Beigeladenen gegenüber den Klägern durchaus eine Mehrbelastung in der Hinsicht darstellt, als es größer und aufgrund des Staffelgeschosses mit Flachdach massiver wahrgenommen wird als die jetzige Bebauung. Zudem wird aufgrund der Bebauungstiefe der freie Blick in den begrünten rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Beigeladenen nicht mehr in dem Maße genossen werden können wie es derzeit noch möglich ist. Allerdings bestehen für die Annahme eines „Tunnelblicks“ aufgrund der Bebauungstiefe kaum Anhaltspunkte. Der bloße Umstand, dass die geplante Bebauung die derzeit vorhandene Bebauung in seiner Tiefe um etwa fünf Meter überschreitet, kann nicht dazu führen, dass von einem nunmehr entstandenen „Tunnelblick“ auszugehen ist. Hinzu kommt, dass der Blick ins Grüne lediglich von der Terrasse der Kläger aus betrachtet eingeschränkt wird. Dabei handelt es sich um eine freie Sicht über das Grundstück des Beigeladenen hinaus. Den Klägern bleibt es jedoch unbenommen von der an das Wohnhaus im rückwärtigen Bereich angrenzenden Terrasse sowie dem gesamten Gartenbereich aus, weiterhin ungehindert den Blick in die Natur zu genießen. Sie können im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nicht beanspruchen, dass der einmal gegebene Ausblick aufgrund fehlender Bebauung auf dem Nachbargrundstück auch in Zukunft unverändert bestehen bleibt.
42Insofern trägt der Eigentümer des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich typischerweise das Risiko, dass eine spätere Nachbarbebauung den baurechtlich eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Art. 14 Abs. 1 GG garantiert jedem Eigentümer eines Grundstücks das Recht, dieses baulich im Rahmen der Gesetze so zu nutzen, wie es den eigenen Vorstellungen entspricht. Dieses Recht können auch die Kläger für sich beanspruchen. Hält sich die Bebauung innerhalb des durch die Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Baurechts vorgegebenen Rahmens, stehen die schutzwürdigen Interessen des Bauherrn und die Belange des Nachbarn und der Allgemeinheit in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander.
43Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. November 2013 – 5 L 1032/13 – mit Verweis auf OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2013 – 10 A 2686/12 -.
44Darüber hinaus verstößt auch der grenzständig und in einer Länge von etwa zweieinhalb Metern entlang der Terrasse der Kläger verlaufende Stellplatz nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
45Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs ist dabei auch hier zu berücksichtigen, dass für die Anwendung des bundesrechtlichen Rücksichtnahmegebots aus tatsächlichen Gründen regelmäßig dann kein Raum bleibt, soweit die durch dieses Gebot geschützten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften geschützt werden und das konkrete Vorhaben deren Anforderungen genügt.
46Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3.00 – und vom 7. Dezember 2006 - 4 C 11.05 -; OVG NRW, Beschl. v. 11. März 2003- 7 B 240/03 -; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 14. Oktober 2010 - 10 L 765/10 -; jeweils zitiert nach juris; Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 12 Rn. 8; Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Bd. II, § 51 Rn. 9, 211.
47Demnach ist ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme dann anzunehmen, wenn eine etwaige Baugenehmigung gegen das bauordnungsrechtlich verankerte Gebot der Rücksichtnahme nach § 51 Abs. 7 BauO NRW verstoßen würde.
48Nach dieser Bestimmung müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Frage, wann die Benutzung von Stellplätzen und Garagen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohnräumen der betreffenden Nachbarn befindet.
49Vgl. OVG NRW, Urt. v. 21. Oktober 2002 - 7 A 3185/01 -, Beschl. v. 11. März 2003 - 7 B 240/03 – und v. 30. August 2013 – 7 B 252/13; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23. Dezember 2008 - 5 L 1404/08 -, jeweils zit. nach juris.
50Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch die Nutzung von Stellplätzen oder Garagen verursachten Belästigungen nur selten zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen, wenn die Stellplätze oder Garagen wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben, nahe der Straße untergebracht werden. Andererseits werden Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen oder Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen eher die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 51 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW genannten Schutzgüter ist.
51Vgl. OVG NRW, Urt. v. 21. Oktober 2002 - 7 A 3185/01 -, Beschl. v. 11. März 2003 - 7 B 240/03 -, Urt. v. 24. Januar 2008 - 7 A 270/07 -, Urt. v. 4. September 2008 - 10 A 1678/07-, jeweils zit. nach juris.
52Bei der hiernach vorzunehmenden Bewertung ist in bauordnungsrechtlicher Hinsicht auch die gesetzgeberische Wertung in § 6 Abs. 11 Nr. 1 BauO NRW zu berücksichtigten, wonach Garagen nebst deren erforderlichen Zuwegung sogar unmittelbar an der Nachbargrenze grundsätzlich hinzunehmen sind, und zwar gemäß § 12 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) in allen Baugebieten. Dies bedeutet zugleich, dass auch die mit der Benutzung der Garage notwendigerweise verbundenen Geräusche (Öffnen und Schließen des Garagentores, Motorengeräusch des ein- und ausfahrenden PKW, Türenschlagen, Gespräche vor der Garage etc.) und die von dem PKW bei der Zu- und Abfahrt zur Garage verursachten Abgase nach der gesetzgeberischen Wertung auch und gerade an der Nachbargrenze grundsätzlich als zumutbar anzusehen sind.
53Vgl. OVG NRW, Urt. v. 10. Juni 2006 - 10 A 80/04 -, zit. nach juris.
54Darüber hinaus kommt es für die Frage der Zumutbarkeit von Stellplätzen und Garagen einschließlich ihrer Zufahrten maßgeblich darauf an, was die Betroffenen in dem Bereich, in dem sich die Stellplätze auswirken, bereits hinzunehmen oder zu erwarten haben. Ist die Umgebung des Baugrundstücks bereits durch bauliche Nutzungen für Stellplätze belastet, können Nachbarn nicht damit rechnen, bei einer Neubebauung von jeglicher Störung durch derartige Nutzungen befreit zu werden.
55Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2008 – 7 B 449/08 - und vom 17. Januar 2011 – 7 B 1506/10 -, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – 10 L 765/10 -, jeweils zitiert nach juris.
56In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der grenzständige Stellplatz, unter Berücksichtigung der örtlichen und baulichen Gegebenheiten, die sich die Kammer anhand der vorliegenden Pläne und Karten erschlossen hat und aufgrund des Eindrucks der Berichterstatterin von der Örtlichkeit, den sie der Kammer vermittelt hat, gegenüber den Klägern als zumutbar. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Stellplatz auf einer Länge von etwa zweieinhalb Metern in gleicher Höhe entlang der Terrasse und damit entlang der geschützten Ruhe- und Erholungszone verläuft, ist eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht festzustellen.
57Es handelt sich zunächst um einen straßennah angeordneten Stellplatz. Damit liegt von vornherein eine planerische Konzeption vor, wie sie vom Gesetzgeber vorgesehen ist, da die Zufahrt zu dem Stellplatz lediglich über ein kurzes Stück des vorderen Grundstückteils führt und damit von vornherein die von Stellplätzen typischerweise ausgehenden Immissionen nicht in den besonders geschützten rückwärtigen Grundstücksbereich eindringen. Bei dem Abschnitt des Stellplatzes, der an der Terrasse entlang führt, handelt es sich zudem um den Bereich, in der das Fahrzeug zum Stehen kommen wird, so dass Immissionen, die typischerweise auf der Zufahrt zu einem Stellplatz zu erwarten sind, wie Beschleunigungsvorgänge etc, in diesem Bereich ausgeschlossen sind. Allein die Geräuschbelästigungen, die von abgestellten Fahrzeugen ausgehen können, wie etwa Türenschlagen oder Gespräche vor dem Fahrzeug genügen hier nicht für die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass es sich um einen Stellplatz handelt, der allein dem Mehrfamilienhaus zugeordnet wird. Dies lässt erfahrungsgemäß den Schluss zu, dass es – anders als beispielsweise bei Stellplätzen von gewerblich oder freiberuflich genutzten Gebäuden – lediglich zu wenigen Fahrzeugbewegungen im Verlaufe eines Tages kommen wird und die Stellplätze auch und gerade in den Nachtstunden zwischen 22 Uhr und 6 Uhr im Rahmen einer Wohnnutzung eher selten angefahren werden. Ständige An- und Abfahrten von dem Stellplatz sind nicht zu erwarten. Ein Sichtschutz entlang der Grenze kann zudem die ohnehin nur in äußerst geringem Maße zu erwartenden Störungen von der Terrasse der Kläger zusätzlich abschirmen. Dass der Stellplatz auf gleicher Höhe wie die Terrasse angehoben werden soll, führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegenteil, werden durch die Erhöhung zusätzliche Lärmimmissionen, die durch An- und Abfahrten auf einer Steigung entstehen können, ausgeschlossen. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass bereits aufgrund der eigenen Garage der Kläger, der geschützte Bereich hinsichtlich stellplatztypischer Immissionen nicht unbelastet ist.
58Der Stellplatz auf dem Vorhabengrundstück weist auch in tatsächlicher Hinsicht keine atypischen Besonderheiten auf, wegen derer, weil die entsprechenden Belange noch nicht im Rahmen von § 51 Abs. 7 BauO NRW berücksichtigt wurden, das Vorhaben der Beigeladenen gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen könnte.
59Schließlich verletzt der dem Beigeladenen erteilte Vorbescheid auch keine sonstigen nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts, soweit es aufgrund der Bauvoranfrage des Beigeladenen zu prüfen war.
60Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen Antrag gestellt und sich somit dem Prozessrisiko nicht ausgesetzt hat, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
61Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.
(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.
(3) Unzulässig sind
- 1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten, - 2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.
(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.
(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.