Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 15. Jan. 2014 - 10 K 2661/12
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 2. Mai 2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem dieser festgestellt hat, dass die von der Klägerin in der L.--straße 18 bis 20 in T. betreute Seniorenwohngemeinschaft „E. . X. -Haus“ dem Anwendungsbereich des Gesetzes über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen (Wohn- und Teilhabegesetz – WTG -) unterfällt.
3Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bietet neben anderen Dienstleistungen seit dem Jahr 2001 unter anderem Menschen ambulante Pflege an. Neben der streitgegenständlichen Wohngemeinschaft erbringt sie in vier weiteren Wohngemeinschaften in V. Pflege- und Betreuungsleistungen und ist darüber hinaus in zwei Wohnhäusern in V. tätig, die betreutes Wohnen anbieten.
4Bauherr des E. . X. -Hauses in T. war die Miteigentumsgemeinschaft X. , Kläger des Verfahrens 10 K 2694/12. Im Dezember 2008 stellte diese bei der Stadt T. einen Antrag auf Nutzungsänderung von zwei Arztpraxen zu einer Wohnung für eine Pflegewohngruppe. In diesem Rahmen gab der handelnde Architekt an, dass die Klägerin die Wohngruppe betreuen und mit der Familie X. eine Kooperation eingehen werde. Ausweislich der ebenfalls vorgelegten Baubeschreibung solle die Wohnung als häusliche Gemeinschaft von bis zu zwölf älteren, teils betreuungsbedürftigen Personen bewohnt werden. Die Begleitung übernähmen ambulante Pfleger. Aufnahme fänden Personen mit einer Einstufung bis zur Pflegestufe 1; bei Demenzerkrankten könne auch eine Aufnahme bis zur Pflegestufe 2 erfolgen. Im Februar 2009 erteilte die Stadt T. die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von zwei Arztpraxen zu einer Wohnung für eine Pflegegruppe. Die Arztpraxen wurden im folgenden zu zwölf Zimmern, drei Bädern, zwei WC sowie einer offenen Küche mit Gemeinschaftsraum umgebaut.
5Im Juli 20** berichteten die Westfälische Rundschau T. sowie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung über das E. . X. -Haus als erste ambulant betreute Seniorenwohngemeinschaft in T. . Es wurde u.a. ausgeführt, dass die Familie X. Zimmer vermiete und die Klägerin bereitstehe, die Pflege und Betreuung der Menschen zu übernehmen. Im Rahmen einer E-Mail von Anfang August 2009 führten die Miteigentümer X. gegenüber dem Beklagten aus, dass eine Pflegewohngruppe mit zwölf Bewohnern eingerichtet werde. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung werde durch ihren Kooperationspartner, die Klägerin, angeboten bzw. vorgehalten.
6Mit Schreiben vom 17. Januar 2010 übersandten die Miteigentümer X. auf Anforderung des Beklagten einen Mietvertrag, wie er mit den Bewohnern der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus abgeschlossen werde. Ausweislich des Vorwortes zum Wohnraummietvertrag wird davon ausgegangen, dass jeder Mieter mit einem für die Wohngemeinschaft zuständigen Pflegedienst einen gesonderten Pflegevertrag abschließen wird. Der Abschluss dieses Mietvertrages sei weiter davon abhängig, dass der Mieter zugleich einen Pflegevertrag abschließe. Die Pflegeleistungen seien während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses ggfs. durch einen anderen qualifizierten Pflegedienst aufrecht zu erhalten. Eine heimmäßige Versorgung erfolge nicht. Unter § 5 Ziff. 3 dieses Wohnraummietvertrages wird weiter ausgeführt, dass der Vermieter berechtigt sei, den Mietvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei vollen Monaten zu kündigen, wenn der Mieter keinen Pflegevertrag mit dem für die Wohngemeinschaft zuständigen Pflegedienst schließe und sich nach Abmahnung weigere, einen solchen vorzulegen.
7Am 3. Februar 2010 trafen sich die von den Bewohnern des E. . X. -Hauses bevollmächtigten Angehörigen bzw. Betreuer erstmals zu einer Versammlung, um eine Interessengemeinschaft zu gründen. Die Geschäftsführerin der Klägerin, die an diesem Treffen teilnahm, klärte über das Wohn- und Teilhabegesetz, insbesondere über eine Auftraggebergemeinschaft auf. Die Interessengemeinschaft sprach sich einstimmig dafür aus, dass die Klägerin die Pflege und Betreuung der Bewohner des E. . X. -Hauses übernehmen solle. Zur Sprecherin der Interessengemeinschaft wurde Frau N. O. , Frau J. G. zur „neutralen dritten Person“ gewählt. Weiter wurde beschlossen, bei der nächsten Versammlung eine Satzung für die Interessengemeinschaft zu erarbeiten, für die die Rahmenbedingungen bereits in der Versammlung vom 3. Februar 2010 festgelegt wurden.
8Mit Schreiben vom 5. März 2010 übersandte die Klägerin dem Beklagten das Protokoll der ersten Zusammenkunft der Angehörigen/Betreuer der Seniorenwohngemeinschaft E. . X. -Haus in T. vom 3. Februar 2010. Mit vorgenanntem Schreiben bat die Klägerin den Beklagten zudem um Bestätigung, dass es sich bei dieser Wohngemeinschaft um eine solche handele, auf die das Wohn- und Teilhabegesetz keine Anwendung finde.
9Am 6. Mai 2010 fand ein weiteres Treffen der Interessengemeinschaft E. . X. -Haus statt. Themen dieses Treffens waren u.a. die Schlüsselliste, die Anschaffung einer Haushaltskasse sowie Veranstaltungen.
10Die Klägerin überreichte im Dezember 2010 dem Beklagten sodann das von ihr erstellte Kurkonzept der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus, aktualisiert im Dezember 2010. Ausweislich dieses Konzeptes werde durch die konzeptionelle Ausrichtung der Klägerin, insbesondere die strikte Trennung der Verträge sowie die Wahlfreiheit der Bewohner der Wohngemeinschaft hinsichtlich des Pflegedienstes sichergestellt, dass es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des Wohn- und Teilhabegesetzes handele. Aufgrund der unterschiedlichen, auch altersbedingten Erkrankungen der Bewohner sei eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung notwendig.
11Am 27. Januar und 24. Oktober 2011 fanden weitere Treffen der Interessengemeinschaft E. . X. -Haus statt. Themen dieser Treffen waren u.a. die personelle Situation der Klägerin in der Wohngemeinschaft, die Gemeinschaftsordnung der Interessengemeinschaft sowie Veranstaltungen.
12Mit Schreiben vom 8. März 2012 teilte der Beklagte sowohl der Klägerin als auch den Miteigentümern X. mit, dass die Wohn- und Betreuungsform in der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus unter das Wohn- und Teilhabegesetz falle und gab der Klägerin sowie den Miteigentümern X. Gelegenheit zu Stellungnahme. Die Klägerin führte im Rahmen ihrer nachfolgenden Stellungnahme aus, dass weder eine rechtliche noch vertragliche Beziehung zu den Eigentümern, den Vermietern des Wohnhauses, bestehe. Die Vermieter entschieden autonom über den Bestand der Mietverhältnisse. Allein die Tatsache, dass alle Mitglieder der Wohngemeinschaft von ihr als Pflegedienst grund- und behandlungspflegerisch versorgt würden, begründe weder eine vertragliche noch eine faktische Bindung an das Unternehmen. Die Seniorengemeinschaft selbst befinde jeweils jährlich über den Fortbestand der Versorgung der Wohngemeinschaft. Davon ausgehend bestehe eine rechtliche oder tatsächliche Verbundenheit zwischen dem Anbieter des Wohnraums und der Pflegeleistung nicht.
13In einer weiteren Versammlung der Interessengemeinschaft am 12. März 2012 wurde insbesondere über die Gemeinschaftsordnung der Interessengemeinschaft diskutiert. In der Versammlung am 23. April 2012 der Interessengemeinschaft des E. . X. -Hauses wurde u.a. die vorgenannte Gemeinschaftsordnung beschlossen und genehmigt, weiter wurde die Klägerin auch über den 1. Januar 2012 hinaus bis auf Widerruf gemäß den bestehenden oder noch zu schließenden Einzelverträgen für die Grund- und Behandlungspflege im Sinne von Ziff. 1. g. der Gemeinschaftsordnung beauftragt. Weitere Versammlungen der Angehörigen bzw. Betreuer fanden am 15. Oktober 2012, 7. März, 23. April und am 29. Oktober 2013 statt.
14Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 stellte der Beklagte fest, dass eine rechtliche Verbundenheit zwischen der Klägerin und der Miteigentumsgemeinschaft E. . X. gemäß § 2 Abs. 2 WTG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 WTG bestehe, so dass die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus in T. unter das Wohn- und Teilhabegesetz falle. Die Klägerin habe von Anfang an die Betreuungsleistungen in der vorgenannten Wohngemeinschaft erbracht. Sie werbe im Internet für die Seniorenwohngemeinschaft E. . X. und in diesem Zusammenhang für eine 24-Stunden-Betreuung unter dem eigenen Firmennamen. Aufgrund dieser Werbung werde der Eindruck erweckt, dass die Leitung der Wohngemeinschaft der Klägerin unterliege bzw. dass ein Interessent sich an die Klägerin wenden müsse. Die Werbung enthalte auch Hinweise auf die Räumlichkeiten und gehe damit über die bloße Betreuung hinaus. Auch dem Mietvertrag sei eine Verknüpfung von Raum- und Betreuungsangebot zu entnehmen. Mit Abschluss des Mietvertrages sei ein Bewohner verpflichtet, einen gesonderten Pflegevertrag mit dem für die Wohngemeinschaft zuständigen Pflegedienst abzuschließen. Zudem berechtige nach § 5 Ziff. 3 des Mietvertrages der fehlende Abschluss eines Pflegevertrages zur Kündigung. Die Versorgung der Pflegewohngemeinschaft sei nur durch einen Anbieter vorgesehen, so dass dieser finanzielle Sicherheit im Hinblick auf die Organisation einer Pflegewohngemeinschaft erhalte. Damit sei die rechtliche Verbundenheit bereits dem Mietvertrag zu entnehmen. Der Wohnraum könne nur angemietet werden in Verbindung mit der Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen eines für die Wohngemeinschaft feststehenden Pflegedienstes. Es bestehe für den einzelnen Bewohner nicht die Möglichkeit, einen selbst ausgesuchten Pflegedienst zu beauftragen. Mit Abschluss des Mietvertrages sei auch der Abschluss des Pflegevertrages zwingend vorgeschrieben; eine Wahlmöglichkeit bestehe nicht. Die Beauftragung nur eines Pflegedienstes sei gewollt. Dies gelte unabhängig davon, dass die Mitglieder der Pflegewohngemeinschaft jährlich über die Beauftragung des Pflegedienstes einen Beschluss fassten und auf welchen Pflegedienst letztlich die Wahl falle. Für die Annahme einer rechtlichen Verbundenheit reichten aus Verbraucherschutzgründen tatsächliche Gegebenheiten aus. Bei der ersten Sitzung der Auftraggebergemeinschaft sei die Leiterin der Pflegewohngemeinschaft, Frau C. , als Protokollführerin bestimmt worden; die Geschäftsführerin der Klägerin habe die Sitzung eröffnet. Auch dies lasse den Schluss dahingehend zu, dass die Initiative zur Gründung einer Auftraggebergemein-schaft von der Klägerin selbst ausgegangen sei.
15Die Klägerin hat am 4. Juni 2012 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor, dass ihr Betreuungsangebot in der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus nicht dem Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes unterfalle, daher sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Die Bewohner des E. . X. -Hauses hätten sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Grundlage der Versorgung mit der Grund- und Behandlungspflege seien gesondert mit den jeweiligen Mitgliedern dieser Interessengemeinschaft abgeschlossene Pflegeverträge. Sie, d.h. die Klägerin, habe mit der Interessengemeinschaft eine 24-Stunden-Betreuung und Erreichbarkeit sowie die hauswirtschaftliche Versorgung vereinbart. Der Interessengemeinschaft obliege die Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Vertrages mit ihr. Aus der Gemeinschaftsordnung der Interessengemeinschaft ergebe sich, dass der Fortbestand des Dienstverhältnisses zur Interessengemeinschaft ebenso wie zu den einzelnen Mitgliedern allein von deren Mehrheitsentscheidung abhängig sei. Auch in anderen Bereichen gestalte die Wohngemeinschaft ihr Leben, wie sich aus der Gemeinschaftsordnung ergebe, selbst. Auf die Begründung bzw. Beendigung von Mietverhältnissen habe sie, d.h. die Klägerin, ebenfalls keinen Einfluss. Dies laufe lediglich über die Interessengemeinschaft. Aufgrund der Mietverträge, sei keine Verpflichtung gegeben, Pflegeleistungen in Anspruch zu nehmen; dies gelte auch in Bezug auf sie. Die Zimmer der Wohngemeinschaft könnten erst nach Aufnahme in die Interessengemeinschaft und mit Zustimmung dieser angemietet werden; hierauf hätten sie und der Vermieter keinen Einfluss. Die Annahme des Beklagten, sie, d.h. die Klägerin, habe Einflussmöglichkeit auf den Inhalt der Mietverträge und profitiere von dem Abschluss der Mietverträge, sei unrichtig. Die Versorgungsverträge seien zudem jederzeit kündbar. Schließlich lasse sich auch aus der Unterstützung der Interessengemeinschaft und Werbung für die Interessengemeinschaft keine Abhängigkeit und rechtliche Verbundenheit zwischen ihr, d.h. der Klägerin, und dem Vermieter herleiten. Diese rechtliche Verbundenheit folge auch nicht aus ihrer Unterstützung im Rahmen der Gründung der Interessengemeinschaft. Davon ausgehend seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 WTG nicht erfüllt. Eine Verpflichtung und Bindung zwischen Mietvertrag und Pflegevertrag bestehe nicht. Die Pflegeverträge enthielten zudem keine Bezugnahme auf die Mietverträge. Die Verpflichtung zum Abschluss der Pflegeverträge resultierte allein aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Mitglieder. Weiter lägen auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 WTG nicht vor. Eine rechtliche Verbundenheit in diesem Sinne bestehe nicht, ebenso wenig wie eine Kooperationsvereinbarung. Diese ergebe sich auch nicht aus den Mietverträgen. In den Mitgliederversammlungen der Interessengemeinschaft sei weder sie noch der Vermieter stimm- und anwesenheitsberechtigt. Die Gründung dieser Gemeinschaft sei Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts. Rein vorsorglich werde auf die Ausnahmevorschrift in § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG verwiesen, die vorliegend einschlägig sei. Die Wohngemeinschaft sei auf nicht mehr als zwölf Bewohner ausgerichtet. Zudem würden einzelne Mitglieder sowohl durch die Interessengemeinschaft als auch durch einen Betreuungsverein bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt. Bereits aus diesem Grunde sei der Anwendungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes nicht eröffnet.
16Die Klägerin beantragt,
17den Bescheid des Beklagten vom 2. Mai 2012 aufzugeben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.
21Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben zur Tätigkeit und Organisation der Interessengemeinschaft des E. . X. -Hauses in T. durch Vernehmung der Zeuginnen Frau N. O. und Frau C1. T1. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Gerichtsakte 10 K 2694/12 und auf den von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
24Die als Anfechtungsklage zulässige Klage ist begründet.
25Der Bescheid des Beklagten vom 2. Mai 2012, mit dem dieser feststellt, dass es sich bei der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus um eine Einrichtung gemäß § 2 Abs. 2 WTG handelt, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit des vorgenannten Bescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses, d.h. der letzten behördlichen Entscheidung.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 9. Juli 2013 – 12 K 2623/12 und 12 K 2911/12 -, jeweils juris. Allerdings wird in diesen Urteilen keine abschließende Entscheidung zur Frage des maßgeblichen Zeitpunktes getroffen, da sich die dort streitgegenständlichen Bescheide sowohl im Zeitpunkt ihres Erlasses als auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als rechtmäßig erwiesen.
28Der streitgegenständliche Feststellungsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in den Vorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes. Ein feststellender Verwaltungsakt, der – wie hier – auf das Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten als für die Durchführung des Gesetzes zuständiger Behörde gerichtet ist, bedarf der gesetzlichen Grundlage. Insoweit ist jedoch eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage nicht erforderlich; es genügt vielmehr, wenn sie dem Gesetz im Wege der Auslegung entnommen werden kann.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 2003 – 6 C 23.02 -, BVerwGE 119,123 und vom 9. Mai 2001 – 3 C 2.01 -, BVerwGE 114, 226.
30Gemäß § 13 WTG sind die Kreise und kreisfreien Städte für die Durchführung des Wohn- und Teilhabegesetzes zuständig. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind diese ermächtigt, im Rahmen der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes auch feststellende Verwaltungsakte gegenüber den Betreibern von Einrichtungen auszusprechen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 6 WTG und § 18 Abs. 7 WTG. Nach der erstgenannten Vorschrift lässt die Feststellung, ob eine Einrichtung dem Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes unterfällt, die leistungsrechtliche Einordnung der Einrichtung unberührt. Dies setzt voraus, dass eine derartige Feststellung durch die zuständige Behörde zulässigerweise erfolgen kann. Nach § 18 Abs. 7 WTG sind bestimmte in § 18 Abs. 1 bis 6 WTG bezeichnete Maßnahmen zur Feststellung zulässig, ob eine Einrichtung eine Betreuungseinrichtung ist.
31Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Februar 2013 – 10 K 5629/10 -, m.w.N., juris; OVG NRW, Urteile vom 9. Juli 2013 - 12 K 2623/12 und 12 K 2911/12 -, a.a.O..
32Die Frage, ob die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus – so wie der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid festgestellt hat - gemäß § 2 Abs. 2 WTG dem Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes unterfällt, kann letztlich offen gelassen werden (1.), denn die Anwendung des Wohn- und Teilhabegesetzes scheidet – unabhängig von der Erfüllung der tatbestandlichen Vorgaben des § 2 Abs. 2 WTG – aus systematischen Gründen aus; die vorgenannte Wohngemeinschaft ist als selbstorganisiert und selbstbestimmt zu qualifizieren (2.).
331.
34Das Wohn- und Teilhabegesetz gilt gemäß § 2 Abs. 1 WTG zunächst für Einrichtungen, die den Zweck haben, ältere Menschen, Volljährige mit Behinderung oder pflegebedürftige Volljährige aufzunehmen, ihnen entgeltlich Wohnraum zu überlassen und damit verbunden verpflichtend Betreuung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten und die in ihrem Bestand vom Wechsel der Bewohner unabhängig sind. Um eine derartige Betreuungseinrichtung handelt es sich bei dem vorgenannten Wohnprojekt nicht. Vorliegend fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal einer mit der Wohnraumüberlassung verpflichtend verbundenen Betreuung.
35Der Umstand, dass es sich bei den Vermietern und der Klägerin um verschiedene natürliche bzw. juristische Personen handelt, ist insoweit unerheblich. Die Regelung des § 2 Abs. 1 WTG unterscheidet - anders als § 2 Abs. 2 und 3 WTG – nicht danach, ob die Wohnraumüberlassung und die Betreuungsleistungen nur von einem oder von verschiedenen Anbietern erbracht werden, sondern stellt maßgeblich auf die rechtliche Verbindung der Leistungen ab. Wesentlich für das Vorliegen einer Betreuungseinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 WTG ist danach neben der Entgeltlichkeit der Leistungen und der Unabhängigkeit vom Wechsel der Bewohner zum einen das Vorliegen einer rechtlichen Verbundenheit zwischen den Anbietern und zum anderen das Vorliegen einer rechtlichen Verbindung zwischen den Leistungen.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, a.a.O..
37Die danach erforderliche rechtliche Verbindung der Leistungen Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistung ist vorliegend nicht gegeben.
38Nach § 2 Abs. 3 WTG gilt das Wohn- und Teilhabegesetz auch, wenn ein Anbieter Wohnraum überlässt und derselbe Anbieter davon rechtlich unabhängig Betreuungsleistungen zur Verfügung stellt oder vorhält. Vorliegend überlässt nicht derselbe Anbieter Wohnraum und stellt rechtlich unabhängig davon Betreuungsleistungen zur Verfügung, sondern zwei verschiedene Anbieter.
39Das Wohn- und Teilhabegesetz gilt jedoch auch dann, wenn von verschiedenen natürlichen oder juristischen Personen Wohnraum überlassen und Betreuungsleistungen zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden und diese Personen (und nicht deren jeweilige Leistungen) rechtlich miteinander verbunden sind, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 WTG.
40Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG einschlägig sei, da in der streitgegenständlichen Einrichtung nicht mehr als zwölf Bewohner wohnten, die sowohl durch eine Interessengemeinschaft als auch durch einen Betreuungsverein unterstützt würden, führt dies nicht bereits zu einem Ausschluss der Anwendung des Wohn- und Teilhabegesetzes.
41Die Anwendung des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG im Rahmen des § 2 Abs. 2 WTG kommt nicht in Betracht. Zunächst scheidet eine direkte Anwendung aus. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG gilt Satz 1 (des § 2 Abs. 3 WTG) nicht. Davon ausgehend bezieht sich die Ausnahmeregelung lediglich auf die Fallgestaltung, die § 2 Abs. 3 WTG beschreibt. Nur dieses bestimmte Wohn- und Betreuungsangebot wird durch die Bezugnahme der Ausnahme des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG auf § 2 Abs. 3 Satz 1 WTG vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Neben einer direkten Anwendung der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG auf § 2 Abs. 2 WTG scheidet aber auch eine entsprechende Anwendung aus, da es insoweit an einer Regelungslücke fehlt. In der Konstellation des § 2 Abs. 2 WTG fehlt es an einem Bedürfnis – im Gegensatz zur Konstellation des § 2 Abs. 3 WTG – nach einem gesetzlichen Ausgleich der Schlechterstellung des Anbieters. Die jeweiligen Fallkonstellationen sind nicht vergleichbar. § 2 Abs. 2 WTG regelt den Fall des aus der Sicht des Gesetzgebers geringsten Grades der Schutzwürdigkeit.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, a.a.O..
43Soweit die Voraussetzungen der vorgenannten Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 WTG mit denen in § 2 Abs. 1 WTG übereinstimmen, liegen diese vor: Die Wohnanlage E. . X. -Haus in T. hat den Zweck, ältere Menschen aufzunehmen, denen entgeltlich Wohnraum überlassen wird und für die Betreuungsleistungen (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 WTG) zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden; sie ist zudem nicht davon abhängig, ob die Bewohner im Laufe der Zeit wechseln. Darüber hinaus handelt es sich bei den Vermietern der Zimmer und der Klägerin, die die Betreuungsleistungen erbringt, um verschiedene juristische bzw. natürliche Personen.
44Es kann vorliegend dahinstehen sich jedoch die Frage, ob die vorgenannten juristischen bzw. natürlichen Personen rechtlich miteinander verbunden sind. Nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 3 WTG sind natürliche oder juristische Personen rechtlich miteinander verbunden, die gemeinschaftlich ältere Menschen, Volljährige mit Behinderung oder pflegebedürftige Volljährige in Betreuungseinrichtungen aufnehmen. Satz 2 der vorgenannten Vorschrift benennt vier Regelbeispiele („insbesondere“) einer solchen rechtlichen Verbundenheit. Nach der in § 4 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 WTG angeführten Fallgestaltung sind natürliche oder juristische Personen rechtlich miteinander verbunden, die eine Vereinbarung zu dem Zweck geschlossen haben, denselben Menschen Wohn- und Betreuungsleistungen anzubieten.
45Gemeinschaftliches Handeln des Vermieters des Wohnraums und des Betreuungsanbieters im vorgenannten Sinne liegt vor, wenn der Anbieter des Wohnraums und der Anbieter der Betreuungsleistungen sich einig sind, dass sie ihre Leistungen zeitgleich denselben Personen erbringen wollen und sie diese Absicht auch umsetzen. Erforderlich ist ein tatsächliches Moment – zeitgleiche Wohnraumüberlassung und Betreuung der Bewohner eines Wohnraums – und ein rechtliches Moment – Einigung der Anbieter über diese zeitgleiche Erbringung der Leistungen. Diese Einigung kann ausdrücklich – schriftlich bzw. mündlich – erfolgen; sie ist aber auch durch ein nur konkludentes Verhalten möglich. Der Wille der Beteiligten zur gemeinsamen Leistungserbringung muss dabei nach außen hin erkennbar sein.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, a.a.O., sowie die Auslegungsregeln zum Geltungsbereich des Wohn– und Teilhabegesetzes des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 2009 – VA 3 – 5401.1.
47Vorliegend gibt es keine ausdrückliche schriftliche Kooperationsvereinbarung zwischen der Klägerin, die Betreuungsleistungen in der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus erbringt, und den Vermietern der Zimmer dieser Wohngemeinschaft, den Miteigentümern X. . Für das Vorliegen einer rechtlichen Verbundenheit im Sinne eines konkludenten Verhaltens können zwar durchaus einige Anhaltspunkte angeführt werden, so die Ausführungen des Architekten Q. im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens betreffend die Nutzungsänderung der ehemaligen Arztpraxen zu einer Wohnung für eine Pflegegruppe, ebenso wie die Zeitungsartikel aus Juli 20**, die E-Mail eines der Miteigentümer X. aus August 2009 sowie der Internetauftritt der Klägerin.
48Letztlich bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob eine rechtliche Verbundenheit zwischen der Klägerin und den Vermietern des Wohnraums im E. . X. -Haus im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 WTG im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides oder im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht, da aufgrund der unter 2. genannten Gründe die Anwendung des Wohn- und Teilhabegesetzes ausscheidet.
492.
50Die Anwendung des Wohn- und Teilhabegesetzes scheidet aus systematischen Gründen aus, weil die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus als selbstorganisiert und selbstbestimmt bzw. selbstverantwortet zu qualifizieren ist und als solche nicht dem Anwendungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes unterfällt.
51§ 2 Abs. 2 Satz 1 WTG regelt den Fall des aus der Sicht des Gesetzgebers geringsten Grades der Schutzwürdigkeit. Nach dem gesetzgeberischen Anliegen soll der Anwendungsbereich des Gesetzes maßgeblich am Grad der Schutzwürdigkeit der betroffenen Bewohner ausgerichtet werden.
52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, m.w.N., a.a.O..
53Vor diesem Hintergrund ist § 2 Abs. 2 Satz 1 WTG nicht schon dann erfüllt, wenn nur die rechtliche Verbundenheit zwischen den beiden Anbietern besteht, sondern erst dann, wenn dazu auch noch – als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal – die tatsächliche Bindung aller Bewohner an den Anbieter der Betreuungsleistungen besteht. Weiter ist sodann zu prüfen, ob die Anwendung des Gesetzes trotz Erfüllung der tatbestandlichen Vorgaben aus systematischen Gründen ausscheidet. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Annahme, die tatsächliche Bindung aller Bewohner an einen mit dem Anbieter des Wohnraums rechtlich verbundenen Anbieter bedinge regelmäßig ein Schutzbedürfnis, ausnahmsweise nicht gilt, weil die Wohngemeinschaft ungeachtet dieser Sachlage als selbstorganisiert und selbstbestimmt (selbstverantwortet) zu qualifizieren ist.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, a.a.O..
55Für die Beurteilung der Frage, ob eine Wohngemeinschaft als selbstorganisiert und selbstbestimmt bzw. selbstverantwortet zu qualifizieren ist, können die Kriterien des Gesetzentwurfs zu dem Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen, LT-Drs. 16/3388 vom 26. Juni 2013 herangezogen werden. Hier hat der Gesetzgeber erstmals positiv definiert, wann - bei gleichzeitigem Fehlen eines bestimmenden Einflusses der Anbieter bei den Entscheidungen – eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen gegeben ist.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 2013 – 12 A 2623/12 -, a.a.O., mit dem Hinweis darauf, dass nicht zu erkennen sei, dass der Gesetzgeber vorher, d.h. z.Zt., andere Kriterien für maßgeblich erachtet hätte.
57Nach Art. 2 § 24 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzentwurfs ist eine Wohngemeinschaft selbstverantwortet, wenn die Ansprüche auf Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen rechtlich voneinander unabhängig sind und die Nutzer oder ihre Vertreter mindestens bei der Wahl und dem Wechsel der Leistungsanbieter frei sind, das Hausrecht ausüben, über die Aufnahme neuer Nutzer entscheiden, die Gemeinschaftsräume selbst gestalten, die gemeinschaftlichen Finanzmittel selbst verwalten und die Lebens- und Haushaltsführung sowie das Alltagsleben selbstbestimmt gemeinschaftlich gestalten. Die Leistungsanbieter dürfen auf diese Entscheidungen keinen bestimmenden Einfluss haben. Sofern Leistungsanbieter bei der Gründung einer Wohngemeinschaft bestimmend mitwirken, ist eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft nur dann gegeben, wenn nach Abschluss der Gründungsphase die oben genannten Voraussetzungen vorliegen.
58Ausweislich der Gesetzesbegründung zu Art. 2 § 24 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzentwurfs (S. 101, 102) ist wesentlich, dass die Nutzer gemeinschaftlich in einer gemeinsamen „Wohnung“ leben und gemeinsam den Haushalt führen. Aus der Wohnung selbst muss eine vollständige Versorgung der Nutzer möglich sein. Dies umfasst die Möglichkeit, die im Haushalt üblicherweise anfallenden Verrichtungen, wie z.B. Kochen und Waschen selbst durchführen zu können. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Nutzer diese Aufgaben tatsächlich selbst erledigen. Die Hilfe anderer kann insoweit in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist weiter, dass die Nutzer alle Angelegenheiten des Wohnens, der Betreuung sowie des Zusammenlebens in der Wohngemeinschaft selbst organisieren und verantworten. Die in Art. 2 § 24 Abs. 2 des Gesetzentwurfs genannten Entscheidungsbefugnisse müssen von den Nutzern oder ihren Vertretern selbstverantwortet und ohne Einflussnahme Dritter ausgeübt oder gestaltet werden. Dazu gehört u.a. die Wahlfreiheit hinsichtlich Inhalt, Umfang und Wechsel von Pflege-, Betreuungs- oder anderen Dienstleistungen durch Dritte. Die Nutzer müssen die Dienstleistungen jederzeit innerhalb einer angemessenen Frist ohne Auswirkungen auf das Mietverhältnis kündigen können. Entscheidend ist auch die gemeinschaftliche Entscheidung über die Aufnahme neuer Nutzer sowie die Ausübung des Hausrechts. Die Dienstleistungsanbieter haben in einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft nur Gaststatus. Das ist nicht mehr der Fall, wenn ein Leistungsanbieter auf das Leben und den Alltag in der Wohngemeinschaft bestimmenden Einfluss hat. Die Nutzer verwalten die gemeinschaftlichen Finanzmittel selbst und gestalten selbstbestimmt und gemeinschaftlich die Lebens- und Haushaltsführung sowie das Alltagsleben. Eine Beratung der Leistungsanbieter in der Gründungsphase führt grundsätzlich nicht dazu, eine Selbstverantwortung zu verneinen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Selbstverantwortung der Nutzer nach Abschluss der Gründungsphase nicht eingeschränkt ist.
59Davon ausgehend ist die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus auf der Grundlage der von der Klägerin und dem Beklagten zur Gerichtsakte überreichten Unterlagen und nach der aus dem Gesamtergebnis des vorliegenden Verfahrens (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gewonnenen Überzeugung als selbstorganisiert und selbstbestimmt bzw. selbstverantwortet sowohl im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides am 2. Mai 2012 als auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu qualifizieren.
60Die Bewohner des E. . X. -Hauses bzw. ihre Vertreter haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Diese hat sich erstmals am 3. Februar 2010 getroffen; sodann erfolgten regelmäßige Treffen: 6. Mai 2010, 27. Januar und 24. Oktober 2011, 12. März, 23. April und 15. Oktober 2012, 7. März, 23. April und 29. Oktober 2013. Diese Interessengemeinschaft hat sich zudem eine Gemeinschaftsordnung gegeben; der entsprechende Beschluss wurde in der Versammlung am 23. April 2012 gefasst.
61Die Ansprüche auf Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistung sind rechtlich voneinander unabhängig. Zwar sieht § 5 Ziffer 3 der Mietverträge der Bewohner der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus vor, dass der Vermieter berechtigt ist, den Mietvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu kündigen, wenn der Mieter keinen Pflegevertrag mit dem für die Wohngemeinschaft zuständigen Pflegedienst schließt und sich nach Abmahnung weigert, einen solchen vorzulegen. Der ursprüngliche Zusatz im Vorwort zu den Mietverträgen, nach dem der Abschluss eines Mietvertrages davon abhängig war, dass der Mieter zugleich einen Pflegevertrag abschließt, wurde spätestens mit Nachträgen zu den Mietverträgen Ende April 2012, d.h. vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides, ausweislich der von den Klägern im Verfahren 10 K 2694/12 vorgelegten Mietverträge gestrichen; in diesen Nachträgen wurde deutlich gemacht, dass aus dem Vorwort keine Verpflichtung des Mieters begründet wird, hauswirtschaftliche Versorgung oder Pflegeleistungen in Anspruch zu nehmen. Ausweislich Ziff. 1. lit. g. der Gemeinschaftsordnung regelt die Interessengemeinschaft gemeinsam die Beauftragung eines Pflegedienstes zur Durchführung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftlichen Dienstleistungen und ggfs. weiterer Hilfen; beauftragt werden kann danach nur ein Pflegedienst. Nach Ziff. 2. lit. h. der Gemeinschaftsordnung erfolgen die Beschlüsse der Versammlungen nach dem Mehrheitsprinzip. Nach der vorgenannten Gesetzesbegründung kann die geforderte Wahlfreiheit auch durch eine in einem – so wie hier - gemeinsamen Gremium gefundene Mehrheitsentscheidung der Nutzer oder ihrer rechtlichen Vertreter gewährleistet werden. Davon ausgehend sind die Ansprüche auf Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistung – trotz des oben angeführten Kündigungsrechts rechtlich voneinander unabhängig. Die Regelung in § 5 Ziff. 3 der Mietverträge dient vielmehr dem Zweck, den Entscheidungen der Interessengemeinschaft entsprechend ihrer Gemeinschaftsordnung auch seitens des Vermieters Rechnung tragen zu können.
62Darüber hinaus ist die Wohngemeinschaft aber auch auf der Grundlage der in Art. 2 § 24 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzentwurfs genannten Entscheidungsbefugnisse als selbstorganisiert und selbstverantwortet zu bezeichnen. Dies folgt zunächst aus der von der Interessengemeinschaft beschlossenen Gemeinschaftsordnung. Nach Ziff. 1. lit. a. der Gemeinschaftsordnung regelt die Interessengemeinschaft insbesondere die Beteiligung beim Einzug neuer Mitglieder in Abstimmung mit dem Vermieter und ggfs. mit fachlicher Beratung sowie nach Ziff. 1. lit. c. die Sicherstellung von den Wohnraum betreffenden mieterseitig erforderlichen bzw. sinnvollen Versicherungen. Weiter trifft die Interessengemeinschaft Festlegungen in Bezug auf das Verfahren und die Art und den Umfang des gemeinsamen Einkaufs von Lebensmitteln, Verbrauchsgütern des täglichen Lebens, Ausstattungsgegenständen für gemeinschaftlich genutzte Räume, die Durchführung von Ausflügen, Veranstaltungen und sonstigen Feierlichkeiten (Ziff. 1. lit. d.) sowie in Bezug auf die Tagesgestaltung innerhalb der Wohngemeinschaft (Ziff. 1. lit. e.). Schließlich regelt die Interessengemeinschaft – wie oben bereits angeführt – gemeinsam die Beauftragung eines Pflegedienstes zur Durchführung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftlichen Dienstleistungen. Danach organisieren die Bewohner bzw. ihre Vertreter alle Angelegenheiten des Wohnens, der Betreuung sowie des Zusammenlebens in der Wohngemeinschaft selbst, insbesondere besteht Wahlfreiheit hinsichtlich Inhalt, Umfang und Wechsel von Pflege-, Betreuungs- oder anderen Dienstleistungen durch Dritte.
63Auch nach den dem Gericht vorliegenden Protokollen der oben genannten Versammlungen der Interessengemeinschaft stellt sich die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus als eine selbstorganisierte und selbstbestimmte Gemeinschaft dar. So hat die Interessengemeinschaft in ihrer Sitzung am 3. Februar 2010 und am 23. April 2012 beschlossen, die Klägerin als Pflegedienst – in der letztgenannten Sitzung bis auf Widerruf - zu beauftragen. In der Versammlung am 27. Januar 2011 wurde auch die – zum damaligen Zeitpunkt wohl beanstandet - personelle Situation der Klägerin in der Wohngemeinschaft diskutiert; die Klägerin stellte Lösungen in Aussicht. Aus den Protokollen geht hervor, dass den Beteiligten (Vertreter der Bewohner, Pflegedienst und Eigentümer) bewusst war, dass Hausschlüssel nicht bei der Klägerin und den Eigentümern ohne Grund verbleiben durften; die Schlüssel wurden von diesen sodann auch sukzessive zurückgegeben. Ausweislich der Protokolle existiert auch eine Haushaltskasse, die von den Bewohner bzw. deren Vertretern regelmäßig geprüft wurde. Aus den Protokollen über die Versammlungen der Interessengemeinschaft ergibt sich zudem, dass die Bewohner bzw. ihre Vertreter die Lebens- und Haushaltsführung sowie das Alltagsleben selbstbestimmt gemeinschaftlich gestalten, z.B. wurde der Supermarkt für den Einkauf der Lebensmittel bestimmt, es wurde über Anschaffungen diskutiert und abgestimmt (Markise, Kühlschrank, Kaffemaschine), über Betreuungsangebote für die Bewohner am Vor- und Nachmittag diskutiert, es wurden Ideen für Veranstaltungen gesammelt und diese geplant (Tag der offenen Tür, Sommerfest, Weihnachtsfeier), ferner wurden Friseur und Fußpflege organisiert.
64Neben der von der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Wahl eines Sprechers (vgl. Ziff. 4.) – diese Wahl erfolgte in der ersten Versammlung der Interessengemeinschaft am 3. Februar 2010 – wählte diese ebenfalls in der vorgenannten Versammlung eine neutrale dritte Person, Frau G. , die nach Auskunft der Geschäftsführerin der Klägerin, Frau C2. , in der mündlichen Verhandlung ihr Amt ehrenamtlich ausübt; ein Angehöriger von Frau G. wohnt nicht in der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus. Diese neutrale dritte Person rundet das sich aus der Gemeinschaftsordnung und den Protokollen der Versammlungen der Interessengemeinschaft ergebende Bild einer selbstorganisierten und selbstverantworteten Wohngemeinschaft ab.
65Dieses sich ergebende Bild einer selbstbestimmten und selbstorganisierten Wohngemeinschaft wurde durch die Aussagen der Geschäftsführerin der Klägerin, Frau C2. , und einer der Eigentümer, Frau H. -X. , sowie der Zeuginnen Frau O. und Frau T1. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Danach organisieren und verantworten die Bewohner bzw. ihre Vertreter alle Angelegenheiten des Wohnens, der Betreuung sowie des Zusammenlebens in der Wohngemeinschaft selbst.
66So stellte Frau C2. in der mündlichen Verhandlung zunächst selbst klar, dass der Einfluss der Klägerin auf die Wohn- und Interessengemeinschaft in ihrer Gründungsphase ein anderer, d.h. ein stärkerer gewesen sei. So hätte der Pflegedienst selbst noch zur ersten Versammlung im Februar 2010 eingeladen. Plausibel legte Frau C2. jedoch dar, dass dieser Einfluss nach und nach zurückgefahren worden sei. Deutlich wurde dies zunächst bzgl. der Organisation der Versammlungen der Interessengemeinschaft, aber auch hinsichtlich der Frage, wer einen Hausschlüssel für die Wohngemeinschaft besitzt. Frau C2. bestätigte, dass diese nach und nach – entsprechend den Ausführungen in den Protokollen – zurückgegeben worden seien. Hinsichtlich der Neuaufnahme von Bewohnern erklärte Frau C2. weiter, dass auch bei der Klägerin Anfragen von Interessenten eingingen und dass sie bei der Aufnahme neuer Bewohner insoweit beteiligt sei, als es um die Beurteilung von pflegerischen Aspekten ginge. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die Interessengemeinschaft ausweislich des Protokolls in ihrer Versammlung am 15. Oktober 2012 beschlossen hat, dass Interessierte für einen Einzug in die Wohngemeinschaft auch über das Büro der Klägerin Anfragen stellen könnten. Letztendlich entscheiden die Bewohner bzw. ihre Vertreter über die Aufnahme neuer Bewohner.
67Soweit der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid bemängelt, dass mit Frau C. eine Mitarbeiterin der Klägerin bei der ersten Versammlung der Interessengemeinschaft als Protokollführerin eingesetzt war, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Zunächst handelte es sich bei dieser Versammlung um die erste der Interessengemeinschaft. Wie oben bereits ausgeführt, ist es unschädlich, wenn der Einfluss eines Leistungsanbieters in der Gründungsphase stärker ist, wenn sichergestellt ist, dass die Selbstverantwortung der Bewohner nach Abschluss der Gründungsphase nicht eingeschränkt ist. Zudem gilt es in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Schwiegermutter von Frau C. auch Bewohnerin der Wohngemeinschaft gewesen ist, wie Frau C2. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.
68Dieses Ergebnis der Selbstverantwortlichkeit und Selbstbestimmtheit der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus wird schließlich durch die überzeugende Aussage der Zeugin Frau N. O. belegt. Frau O. war von Februar 2010 bis April 2013 Sprecherin der Interessengemeinschaft. Auch die Zeugin hat geschildert, dass der Einfluss der Klägerin zunächst, insbesondere in der ersten Sitzung im Februar 2010 stärker war als in der Folgezeit. Überzeugend legte die Zeugin O. auch dar, dass die Gemeinschaftsordnung zwar durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger in dem Verfahren 10 K 2694/12 grundsätzlich erarbeitet worden sei, sie, d.h. die Interessengemeinschaft, habe diese jedoch dann auf sich „zurechtgeschnitten“. Frau O. machte weiter Ausführungen zu der Haushaltskasse: Danach wurden im Monat von jedem Bewohner 250,00 € eingezahlt. Kontoinhaberin war ihres Wissens nach die Klägerin. Diese habe lediglich Lebensmittel ohne eine weitere Erlaubnis davon bezahlen können. Darüber hinaus habe die Klägerin über Geld des Haushaltskontos nur verfügen können, wenn sie vorher die Zustimmung des Sprechers bzw. der Interessengemeinschaft eingeholt habe. Soweit die Geschäftsführerin der Klägerin im Gegensatz zur Zeugin O. zuvor angegeben hatte, Kontoinhaberin sei die Interessengemeinschaft, führte die Geschäftsführerin der Klägerin im Anschluss an die Zeugenvernehmung auf diesen Gegensatz angesprochen korrigierend aus, das Haushaltkonto laufe auf den Namen „Pflegedienst C2. , E. . X. -Haus“ und sie als Geschäftsführerin habe den Vertrag über den Abschluss dieses Kontos unterschrieben.
69Nach Auswertung der Aussage der Zeugin O. ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei der Auswahl neuer Bewohner beteiligt worden ist und auch das Haushaltskonto auf den Namen der Klägerin läuft. Dies führt jedoch nicht dazu, die Selbstverantwortung der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus zu verneinen. Die Zeugin O. hat vielmehr plausibel und überzeugend dargelegt, dass die vorgenannten Umstände die Selbstorganisation und Selbstbestimmung nicht in Frage stellen. Es handelt sich hierbei um bewusste Entscheidungen der Interessengemeinschaft im Sinne der Bewohner der Wohngemeinschaft, um einen reibungslosen Ablauf des täglichen Lebens in der Wohngemeinschaft zu gewährleisten. So legte Frau O. dar, dass das Haushaltskonto und seine Führung in ihrer Zeit als Sprecherin niemals beanstandet worden sei. Auf die Nachfrage des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärte sie, dass es für sie eine Erleichterung gewesen sei, dass die Kasse vor Ort von dem Pflegedienst geführt worden sei; sie hätte für eine eigene Führung der Kasse auch keine Notwendigkeit gesehen, da diese einwandfrei geführt worden sei. Auch ist für das Gericht nachvollziehbar, dass die Klägerin mit ihren fachlichen Erfahrungen bei dem Entscheidungsprozess hinsichtlich der Aufnahme neuer Bewohner mit einbezogen worden ist bzw. wird; diese Möglichkeit sieht im Übrigen auch die Gemeinschaftsordnung vor. Schließlich legte die Zeugin O. überzeugend dar, dass eine Selbstbestimmung nicht deshalb zu verneinen ist, weil die Klägerin von der Interessengemeinschaft wiederholt mit den Pflege- und Betreuungsleistungen beauftragt worden ist. Das Gericht verkennt nicht, dass die Tatsache, dass die bisherige Betreuung und Pflege durch die Klägerin erbracht worden ist, einen faktischen Einfluss auf die weitere Bestellung eines Pflegedienstes haben kann, insbesondere, wenn dieser die Arbeit zur Zufriedenheit aller erbringt. Allein hieraus ist jedoch noch nicht grundsätzlich eine Abhängigkeit und damit ein Schutzbedürfnis herzuleiten. Vielmehr hat die Zeugin O. in diesem Zusammenhang nachvollziehbar dargelegt, dass die Entscheidung, die Klägerin weiterhin mit der Pflege und Betreuung zu beauftragen, als eine reflektierte und damit selbstbestimmte Entscheidung zu qualifizieren ist und zwar in bewusster Anerkennung dessen, dass auch ein anderer Betreuungsdienstleister hätte beauftragt werden können. Da es keinen Bedarf für einen anderen Pflegedienst gegeben habe, so die Zeugin, sei auch kein anderer beauftragt worden.
70Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf seine am 9. Januar 2014 durchgeführte Regelbegehung – nach den hier vorliegenden Verwaltungsvorgängen des Beklagten handelt es sich um die erste Begehung nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 2. Mai 2012 – das Vorliegen einer Selbstorganisation und Selbstverantwortung der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus verneint, die Bewohner seien aufgrund ihres Alters und ihrer Erkrankungen schutzbedürftig und könnten deshalb kein selbstbestimmtes Leben führen, greift dieser Vortrag nicht durch. Es kommt bei der Beantwortung der Frage, ob eine Wohngemeinschaft als selbstorganisiert und selbstverantwortet zu qualifizieren ist, nicht darauf an, ob die Bewohner den Haushalt, das alltägliche Leben noch selbst führen können. Wie die oben zitierte Gesetzesbegründung zu Art. 2 § 24 des Gesetzentwurfes darlegt, ist es nicht erforderlich, dass die Bewohner die angeführten Tätigkeiten selbst ausführen; die Hilfe anderer kann in Anspruch genommen werden. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Bewohner bzw. deren Vertreter – sowie hier - auf die Haushaltsführung Einfluss nehmen können. Schließlich ist dem Protokoll der Begehung am 9. Januar 2014 auch nicht etwa zu entnehmen, dass die Klägerin über ein eigenes Büro in der Wohngemeinschaft verfügt. Auch dies ist als Ausdruck eines selbstbestimmten Lebens in der Wohngemeinschaft E. . X. -Haus zu werten; damit wird deutlich, dass die Klägerin sich nicht etwa dauerhaft in der Wohngemeinschaft eingerichtet hat sondern dort nur Gaststatus genießt.
71Zusammenfassend ist auch nach der Aussage der Zeugin O. die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus als eine selbstorganisierte und selbstbestimmte Wohngemeinschaft zu qualifizieren. Die hier entscheidenden Aspekte der Selbstorganisation und der Selbstverantwortung einer Wohngemeinschaft können schlechterdings nicht zu einem einzigen bestimmten Zeitpunkt umgesetzt werden; vielmehr handelt es sich hierbei um einen Prozess. Das Gericht geht nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung davon aus, dass dieser Prozess jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides am 2. Mai 2012 soweit fortgeschritten war, dass die Wohngemeinschaft E. . X. -Haus als selbstorganisiert und selbstbestimmt zu qualifizieren war. Gleiches gilt aber auch bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen und der Aussagen der Geschäftsführerin der Klägerin und der Zeugin O. hat sich die vorgenannte Entwicklung zu einer selbstorganisierten und selbstbestimmten Wohngemeinschaft fortgesetzt und verfestigt. Dies wird nicht zuletzt auch durch die Aussage der Zeugin T1. bestätigt. Diese übt zwar erst seit Oktober 2013 das Amt der Sprecherin aus, so dass sie aufgrund der Kürze der vergangenen Zeit des ausgeübten Amtes naturgemäß erst wenig Erfahrungen gemacht hat. Aber auch ihre Aussage machte insbesondere deutlich, dass die Bewohner bzw. ihre Vertreter die Lebens- und Haushaltsführung sowie das Alltagsleben selbstbestimmt führen.
72Schließlich ist für das Gericht nicht ersichtlich, ob und wann eine Wohngemeinschaft für ältere – auch pflegebedürftige – Menschen, die nicht vom Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes erfasst wird, vorliegen könnte, wenn die hier vorliegende Art der Wohngemeinschaft vom Anwendungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes erfasst werden würde. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zum Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusreform auf dem Gebiet des Heimrechts vom 11. Juni 2008, LT-Drs. 14/6972, Begründung A Allgemeines, I. Zweck, S. 39, ergibt sich nicht, dass jegliche Einrichtung dem Wohn- und Teilhabegesetz zu unterstellen wäre. Vielmehr hat das Wohn- und Teilhabegesetz den Zweck u.a. ältere Menschen zu schützen, indem es seine Anwendung vom Grad des jeweiligen Schutzbedürfnisses des Einzelnen und damit von seinen Möglichkeiten, in einer „Heimsituation“ selbstbestimmt zu handeln und entscheiden zu können, abhängig macht.
73Abschließend weist das Gericht noch einmal darauf hin, dass – wie hier – ambulant betreute Wohnformen nicht statisch bleiben, sondern relevanten Veränderungen unterliegen können. Nach Erlass eines Feststellungsbescheides bzw. nach Ergehen eines Urteils muss jederzeit mit relevanten Veränderungen gerechnet werden. Die Frage, ob eine Wohnform dem Anwendungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes unterfällt, hängt nicht nur von veränderbaren rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zwischen den Anbietern und den Leistungen ab, sondern gerade im Bereich der Wohngemeinschaften ganz maßgeblich auch von den freien Entscheidungen der Bewohner bzw. ihrer Vertreter, von den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen der Bewohner sowie von der konkreten Zusammensetzung des Kreises der Bewohner und ihrer Vertreter. In diesem Zusammenhang wird nochmals auf die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2013 – 12 K 2623/12 und 12 K 2011/12 – verwiesen:
74Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen weist in den vorgenannten Entscheidungen darauf hin, dass einem – wie hier - isolierten Feststellungsbescheid im Rahmen einer nachfolgenden wohn- und teilhaberechtlichen Prüfung und Überwachung sowie dem Erlass entsprechender Maßnahmen keine bindende Wirkung zukommt, sondern jeweils erneut untersucht werden muss, ob die Wohn– und Betreuungsform (noch) dem Wohn- und Teilhabegesetz unterfällt.
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.