Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 02. Mai 2013 - 6 K 1483/12

published on 02/05/2013 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 02. Mai 2013 - 6 K 1483/12
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Gericht

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Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 2.6.2102 und sein Widerspruchsbescheid vom 5.7.2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Beihilfe in Höhe von 2070,85 EUR zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der zu 50 % beihilfeberechtigte Kläger begehrt Beihilfe zu den Aufwendungen, die ihm für die Implantation eines neuen 3-Komponenten-Penisschwellkörper-Implantats entstanden sind, das er benötigt, weil bei ihm jahrzentlanger Diabetes mellitus zu einem venösen Leck mit der Folge vollständiger organischer erektiler Dysfunktion geführt hat.
Am 29.5.2012 beantragte er Beihilfe zu den ihm dafür von der Universitätsklinik in Rechnung gestellten Aufwendungen in Höhe von insgesamt 4.141, 70 EUR (BAS 1 und 9 sowie GAS 33).
Der Beklagte lehnte die Beihilfegewährung mit Bescheid vom 2.6.2101 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch vom 14.6.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 5.7.2012 als unbegründet zurück. Das Penisimplantat sei nicht beihilfefähig, weil es nicht in der abschließenden Liste der beihilfefähigen Hilfsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO i.V.m. Nr. 2.1 der Anlage zur BVO aufgeführt sei.
Dagegen hat der Kläger am 3.8.2012 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es handle sich ausweislich der Stellungnahmen des behandelnden Arztes (BAS 12 und 24) nicht um ein Hilfsmittel, wie etwa eine äußerlich aufzusetzende Penis-Vakuumpumpe, sondern um ein nach Nr. 2.1. der Anlage zur BVO ausdrücklich als beihilfefähig anerkanntes Körperersatzstück, nämlich um ein Implantat, dass den operativ entfernten defekten körpereigenen Schwellkörper ersetze.
Der Kläger beantragt, bei sachdienlicher Auslegung seines Antrags (gem. § 86 Abs. 3 VwGO),
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 2.6.2102 und seines Widerspruchsbescheids vom 5.7.2012 zu verpflichten, ihm Beihilfe in Höhe von 2070,85 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
10 
Er trägt im Wesentlichen Folgendes vor (siehe BAS 11, 18, 20 und GAS 39 ff und 71):
11 
Hilfsmittel zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion seien im Hilfsmittelverzeichnis (Nr. 2.1) zur BVO nicht enthalten und vom Finanzministerium auch nicht nach Ziff. 2. 4. der Anlage zur BVO den im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Ziffern 2.1 bzw. 2.3 zugeordnet. Sie seien daher selbst dann nicht beihilfefähig, wenn sie zur Behandlung einer anderen Krankheit eingesetzt würden. Dies liege noch im weiten Gestaltungs- und Ermessenspielraum des Verordnungsgebers. Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 GG) führe hier zu keinem anderen Ergebnis, sie gebiete keine lückenlose Erstattung aller Krankheitskosten, sondern nur eine angemessene Unterstützung des Beamten. Es liege schließlich auch kein Härtefall nach § 5 Abs. 6 BVO und Ziff. 2. 4. der Anlage zur BVO vor.
12 
Dass für das Penisimplantat zu Recht keine Beihilfe gewährt werde, zeige auch die Regelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 BVO. Danach seien Mittel, die der Potenzsteigerung dienten, selbst dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, wenn es sich um Arzneimittel im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 BVO handle und diese der Behandlung einer Krankheit im Sinne von § 6 BVO (z.B. einer erektilen Dysfunktion nach operativer Entfernung eines Prostatakarzinoms) dienten. Dass dies nicht fürsorgewidrig sei, habe auch die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt. Diese Rechtsprechung sei ihrem Grundgedanken nach auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Denn auch bei der Schwellkörperprothese handle es sich um eine Leistung, die in erster Linie der Steigerung der Lebensqualität diene, nämlich der Behandlung einer erektilen Dysfunktion/Potenzstörung, die zwar als solche einen regelwidrigen Zustand darstelle, deren Behandlung aber vorwiegend sexuellen Bedürfnissen diene, die der willentlichen Steuerung unterlägen. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Mitteln, die der Steigerung der Potenz dienten, sei unabhängig von den Ursachen ihrer Störung gerechtfertigt, da es schwierig sei, in jedem Einzelfall zu unterscheiden, ob es sich um die Folge einer Erkrankung (z.B. Prostatakarzinom) oder um die Folge des natürlichen Alterungsprozesses handle.
13 
Die zur Implantierung des demnach nicht beihilfefähigen Penisimplantats erbrachten Krankenhausleistungen nach § 6 a BVO seien nach allem medizinisch nicht notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 BVO und daher auch nicht beihilfefähig.
14 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakten (jeweils ein Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Das Gericht entscheidet durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 87 a Abs. 2 und Abs. 3, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen, die ihm für die Implantation einer neuen Penisschwellkörperprothese entstanden sind (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
Der Anspruch ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BVO. Danach hat ein Beamter/Ruhestandsbeamter, wie hier der Kläger, im Krankheitsfall einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Beihilfe zu den beihilfefähigen Aufwendungen, zu denen hier sowohl die Kosten für das Implantat zählen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO) als auch die Kosten für die im Zusammenhang mit der operativen Implantation angefallenen Krankenhausleistungen (§ 6 a Abs. 1 BVO).
18 
Die Aufwendungen für die Penisschwellkörperprothese sind nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO beihilfefähig.
19 
Der Kläger leidet infolge eines bereits jahrzentlang vorhandenen Diabetes mellitus an einem venösen Leck des Schwellkörpers mit der Folge vollständiger organischer erektiler Dysfunktion. Diese Dysfunktion stellt eine Erkrankung dar (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2003 - 2 C 26/02 - , NJW 2004, 1339 = juris Rdnr. 13 und VGH Bad.-Württ, U. v. 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 = juris Rdnr. 23), zu deren Behandlung die Implantation einer Schwellkörperprothese nach operativer Entfernung des defekten Schwellkörpers (medizinisch) „notwendig“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO war (zur medizinischen Indikation der Implantation einer Penisprothese bei Erektionsstörungen, die - wie im vorliegenden Fall - durch einen Diabetes und einen Leakage-Faktor verursacht werden, siehe OLG Koblenz, U. v. 1.12.1993 - 7 U 12249/89 -, VersR 1995, 342 = juris). Dass zudem die dafür von der Klinik in Rechnung gestellten Kosten auch „angemessen“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
20 
Bei der Penisschwellkörperprothese handelt es sich entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht um ein nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossenes „Mittel“, das „zur Potenzsteigerung verordnet“ wurde.
21 
Der Begriff „Mittel“ im Sinne dieser Vorschrift umfasst nämlich, wie auch der Kontext mit dem „Arzneimittel“ betreffenden Satz 1 der Vorschrift zeigt, nur „Arzneimittel“ und „Medizinprodukte“ sowie andere „Stoffe“, die mit diesen Zweckbestimmungen dem Körper als Substanzen zugeführt werden (vgl. in diesem Sinne m.w.Nw. zum Begriff des „Mittels“ in § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/ Zimmermann, Beihilfevorschriften Bad.-Württ., Teil I/2 - BVO § 6 Abs. 1 Nr. 2 Anmerkung 7.1.1), wie etwa die bei erektiler Dysfunktion oral einzunehmenden „Viagra“- oder „Cialis“-Tabletten bzw. die lokal anzuwendenden Medikamente im Rahmen der Schwellkörper-Auto-Injektions-therapie (SKAT).
22 
Da im vorliegenden Fall bereits der Begriff des „Mittels“ nicht erfüllt wird, kann dahinstehen, ob ein Beihilfeausschluss nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO hier außerdem auch schon daran scheitern würde, dass - wofür hier Einiges spricht - die zur Behandlung der organisch bedingten erektilen Dysfunktion eingepflanzten Penisschwellkörperprothese womöglich schon gar nicht der „Potenzsteigerung“ dient, weil es dabei nicht um die Stärkung oder Unterstützung einer grundsätzlich noch vorhandenen Grundpotenz geht, sondern um den prothetischen Ausgleich eines organischen Defekts des Schwellkörpers (zum Begriff der Potenzsteigerung siehe VGH Bad.-Württ., U. v. 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 = juris, Rdnr. 12; zum Begriff der „Potenzsteigerung“ im hier vertretenen Sinne etwa auch BSG, U. v. 30.9.1999 - B 8 KN 9/98 KR R -, NJW 2000, 2764 = juris, Rdnr. 18 und 34).
23 
Bei der Penisschwellkörperprothese handelt es sich auch nicht um ein „Hilfsmittel“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO, wie es etwa Penisvakuumpumpen oder sonstige äußerlich anzuwendenden mechanische Erektionshilfen (etwa Stauringe) darstellen würden.
24 
Vielmehr stellt die Penisschwellkörperprothese ein „Körperersatzstück“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO dar, der die Körperersatzstücke den daneben gesondert genannten „Hilfsmitteln“ gleichstellt (zu diesen Begriffen Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/ Zimmermann, a.a.O., § 6 Abs. 1 BVO, Anmerkung 10 (1) ).
25 
Hinsichtlich der Einstufung der Penisschwellkörperprothese als „Körperersatzstück“ schließt sich das Gericht der - insoweit unabhängig vom Wortlaut oder sonstigen Besonderheiten der BBhV vorgenommenen - Beurteilung durch das Verwaltungsgericht Köln an (VG Köln, U. v. 9.12.2011 - 27 K 7089/09 -, juris, Rdnr. 27 - 32), das diesen Begriff allgemein bestimmt und eine - wie im vorliegenden Fall - implantierte Schwellkörperprothese mit plausibler und überzeugender Begründung unter diesen Begriff subsumiert hat. Dafür spricht auch, dass anstelle von „Körperersatzstück“ im allgemeinen Sprachgebrauch ohne Weiteres auch der Begriff „Prothese“ mit dem gleichen Bedeutungsgehalt verwendet wird und hier konkret im Fall auf Penisschwellkörperimplantate Anwendung findet (siehe etwa OLG Koblenz, U. v. 1.12.1993 - 7 U 12249/89 -, VersR 1995, 342 = juris zur Implantation einer „Penisprothese“; siehe auch den Begriff „Penisprothese“, der in der vom Kläger vorgelegten Krankenhausrechnung verwendet wird - BAS 9) .
26 
Soweit der Beklagte hierzu ausführt, es handle sich bei einer Penisprothese gerade um keine Körperersatzstück, weil das Implantat lediglich in den ansonsten völlig unversehrt vorhanden Penis eingesetzt werde, wohingegen etwa ein Brustimplantat das nach einer Operation entfernte Brustgewebe ersetze, vermag ihm das Gericht nicht zu folgen. Denn der Begriff „Penisprothese“ darf nicht dahin missverstanden werden, dass er nur für ein künstliches Ersatzstück gilt, das einen vollständig fehlenden Penis so ersetzt, wie etwa eine Beinprothese einen vollständig fehlenden Unterschenkel. Vielmehr wird hier der körpereigene defekte Schwellkörper innerhalb des - sonst unversehrten - Penis durch das Implantat ersetzt. Die Implantation einer Penisschwellkörperprothese erfordert nämlich eine teilweise Entfernung des Schwellkörpers (siehe https://www.sdk.de/go_onmeda. php?id=1237; so auch VG Köln, a.a.O., juris Rdnr. 31). Der Zustand vor dem Eingriff kann deshalb nach einer derartigen Operation nicht wiederhergestellt werden (https://www.sdk.de/go_onmeda. php?id=1237). Der künstliche Penisschwellkörper ersetzt demnach tatsächlich den wegen seines Defekts ganz bzw. teilweise entfernten natürlichen körpereigenen Schwellkörper und stellt von daher in der Tat wortwörtlich ein Ersatzstück für dieses Körperteil dar.
27 
Nichts Gegenteiliges folgt insoweit aus der Entscheidung des Landessozialgericht Schleswig-Holstein (U. v. 21.1.2007 - L 5 KR 56/06 - juris, Rdnr. 21), das ein Penisschwellkörperimplantat nicht unter den Begriff „Körperersatzstück“, sondern unter den Begriff „Hilfsmittel“ im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V subsumiert. Denn es setzt sich mit dem in § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V daneben aufgeführten und gleichgestellten Begriff „Körperersatzstück“ gar nicht auseinander und nimmt insbesondere auch keine Abgrenzung des Hilfsmittels zum Körperersatzstück vor. Auf einen Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen kam es für seine Entscheidung im Ergebnis auch gar nicht an, da die Klage ungeachtet dieser Begriffe mit der Begründung abgelehnt wurde, der Verlust der Erektionsfähigkeit sei in der konkreten Altersgruppe des Klägers ohnehin altersbedingt gegeben.
28 
Auch aus den beiden vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart (GAS 45 - 57) folgt nichts Gegenteiliges. Sie betreffen zwar - wie im vorliegenden Fall - Penisschwellkörperprothesen, ordnen diese aber nicht trennscharf den Begriffen „Hilfsmittel“ bzw. „Körperersatzstück“ zu, sondern beruhen allein auf der Erwägung, dass solche Penisschwellkörperprothesen nicht ausdrücklich in dem Hilfsmittelverzeichnis unter Ziff. 2.1 der Anlage zur BVO aufgeführt werden.
29 
Da die Penisschwellkörperprothese nach allem aber ein „Körperersatzstück“ darstellt, ist sie auch in vollem Umfang beihilfefähig.
30 
„Körperersatzstücke“ werden nämlich in der Anlage zur BVO unter Ziff. 2.1. ausdrücklich und ohne jede weitere einschränkenden Zusatzbegriffe als beihilfefähig aufgeführt und werden auch nicht nach Ziff. 2.3 bzw. 2.4 der Anlage zur BVO in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zur BVO (VV d. FM v. 23.4.1996 - GABl. S. 370 - dort unter Ziff. 3 zu Nr. 2 der Anlage zur BVO) ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Sie sind daher einschränkungslos beihilfefähig (so etwa VGH Bad.-Württ., B. v. 26.10.1999 - 4 S 1178/97 -, IÖD 2000, 32 = juris, Rdnr. 5 zu einer Sportprothese; siehe auch die Vorschrift in Ziff. 1 der Anlage 5 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV, die zeigt, das im Beihilferecht etwa auch Brustprothesen als grundsätzlich beihilfefähige Körperersatzstücke gelten).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weil es bisher dazu keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg gibt und das Verwaltungsgericht Stuttgart in zwei Fällen die Beihilfefähigkeit von Penisschwellkörperprothesen ausdrücklich abgelehnt hat.

Gründe

 
15 
Das Gericht entscheidet durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 87 a Abs. 2 und Abs. 3, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen, die ihm für die Implantation einer neuen Penisschwellkörperprothese entstanden sind (§ 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 VwGO).
17 
Der Anspruch ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BVO. Danach hat ein Beamter/Ruhestandsbeamter, wie hier der Kläger, im Krankheitsfall einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Beihilfe zu den beihilfefähigen Aufwendungen, zu denen hier sowohl die Kosten für das Implantat zählen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO) als auch die Kosten für die im Zusammenhang mit der operativen Implantation angefallenen Krankenhausleistungen (§ 6 a Abs. 1 BVO).
18 
Die Aufwendungen für die Penisschwellkörperprothese sind nach § 5 Abs. 1 S. 1 BVO beihilfefähig.
19 
Der Kläger leidet infolge eines bereits jahrzentlang vorhandenen Diabetes mellitus an einem venösen Leck des Schwellkörpers mit der Folge vollständiger organischer erektiler Dysfunktion. Diese Dysfunktion stellt eine Erkrankung dar (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2003 - 2 C 26/02 - , NJW 2004, 1339 = juris Rdnr. 13 und VGH Bad.-Württ, U. v. 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 = juris Rdnr. 23), zu deren Behandlung die Implantation einer Schwellkörperprothese nach operativer Entfernung des defekten Schwellkörpers (medizinisch) „notwendig“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO war (zur medizinischen Indikation der Implantation einer Penisprothese bei Erektionsstörungen, die - wie im vorliegenden Fall - durch einen Diabetes und einen Leakage-Faktor verursacht werden, siehe OLG Koblenz, U. v. 1.12.1993 - 7 U 12249/89 -, VersR 1995, 342 = juris). Dass zudem die dafür von der Klinik in Rechnung gestellten Kosten auch „angemessen“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 BVO sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
20 
Bei der Penisschwellkörperprothese handelt es sich entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht um ein nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossenes „Mittel“, das „zur Potenzsteigerung verordnet“ wurde.
21 
Der Begriff „Mittel“ im Sinne dieser Vorschrift umfasst nämlich, wie auch der Kontext mit dem „Arzneimittel“ betreffenden Satz 1 der Vorschrift zeigt, nur „Arzneimittel“ und „Medizinprodukte“ sowie andere „Stoffe“, die mit diesen Zweckbestimmungen dem Körper als Substanzen zugeführt werden (vgl. in diesem Sinne m.w.Nw. zum Begriff des „Mittels“ in § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/ Zimmermann, Beihilfevorschriften Bad.-Württ., Teil I/2 - BVO § 6 Abs. 1 Nr. 2 Anmerkung 7.1.1), wie etwa die bei erektiler Dysfunktion oral einzunehmenden „Viagra“- oder „Cialis“-Tabletten bzw. die lokal anzuwendenden Medikamente im Rahmen der Schwellkörper-Auto-Injektions-therapie (SKAT).
22 
Da im vorliegenden Fall bereits der Begriff des „Mittels“ nicht erfüllt wird, kann dahinstehen, ob ein Beihilfeausschluss nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 BVO hier außerdem auch schon daran scheitern würde, dass - wofür hier Einiges spricht - die zur Behandlung der organisch bedingten erektilen Dysfunktion eingepflanzten Penisschwellkörperprothese womöglich schon gar nicht der „Potenzsteigerung“ dient, weil es dabei nicht um die Stärkung oder Unterstützung einer grundsätzlich noch vorhandenen Grundpotenz geht, sondern um den prothetischen Ausgleich eines organischen Defekts des Schwellkörpers (zum Begriff der Potenzsteigerung siehe VGH Bad.-Württ., U. v. 17.11.2006 - 4 S 101/05 -, VBlBW 2007, 263 = juris, Rdnr. 12; zum Begriff der „Potenzsteigerung“ im hier vertretenen Sinne etwa auch BSG, U. v. 30.9.1999 - B 8 KN 9/98 KR R -, NJW 2000, 2764 = juris, Rdnr. 18 und 34).
23 
Bei der Penisschwellkörperprothese handelt es sich auch nicht um ein „Hilfsmittel“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO, wie es etwa Penisvakuumpumpen oder sonstige äußerlich anzuwendenden mechanische Erektionshilfen (etwa Stauringe) darstellen würden.
24 
Vielmehr stellt die Penisschwellkörperprothese ein „Körperersatzstück“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BVO dar, der die Körperersatzstücke den daneben gesondert genannten „Hilfsmitteln“ gleichstellt (zu diesen Begriffen Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/ Zimmermann, a.a.O., § 6 Abs. 1 BVO, Anmerkung 10 (1) ).
25 
Hinsichtlich der Einstufung der Penisschwellkörperprothese als „Körperersatzstück“ schließt sich das Gericht der - insoweit unabhängig vom Wortlaut oder sonstigen Besonderheiten der BBhV vorgenommenen - Beurteilung durch das Verwaltungsgericht Köln an (VG Köln, U. v. 9.12.2011 - 27 K 7089/09 -, juris, Rdnr. 27 - 32), das diesen Begriff allgemein bestimmt und eine - wie im vorliegenden Fall - implantierte Schwellkörperprothese mit plausibler und überzeugender Begründung unter diesen Begriff subsumiert hat. Dafür spricht auch, dass anstelle von „Körperersatzstück“ im allgemeinen Sprachgebrauch ohne Weiteres auch der Begriff „Prothese“ mit dem gleichen Bedeutungsgehalt verwendet wird und hier konkret im Fall auf Penisschwellkörperimplantate Anwendung findet (siehe etwa OLG Koblenz, U. v. 1.12.1993 - 7 U 12249/89 -, VersR 1995, 342 = juris zur Implantation einer „Penisprothese“; siehe auch den Begriff „Penisprothese“, der in der vom Kläger vorgelegten Krankenhausrechnung verwendet wird - BAS 9) .
26 
Soweit der Beklagte hierzu ausführt, es handle sich bei einer Penisprothese gerade um keine Körperersatzstück, weil das Implantat lediglich in den ansonsten völlig unversehrt vorhanden Penis eingesetzt werde, wohingegen etwa ein Brustimplantat das nach einer Operation entfernte Brustgewebe ersetze, vermag ihm das Gericht nicht zu folgen. Denn der Begriff „Penisprothese“ darf nicht dahin missverstanden werden, dass er nur für ein künstliches Ersatzstück gilt, das einen vollständig fehlenden Penis so ersetzt, wie etwa eine Beinprothese einen vollständig fehlenden Unterschenkel. Vielmehr wird hier der körpereigene defekte Schwellkörper innerhalb des - sonst unversehrten - Penis durch das Implantat ersetzt. Die Implantation einer Penisschwellkörperprothese erfordert nämlich eine teilweise Entfernung des Schwellkörpers (siehe https://www.sdk.de/go_onmeda. php?id=1237; so auch VG Köln, a.a.O., juris Rdnr. 31). Der Zustand vor dem Eingriff kann deshalb nach einer derartigen Operation nicht wiederhergestellt werden (https://www.sdk.de/go_onmeda. php?id=1237). Der künstliche Penisschwellkörper ersetzt demnach tatsächlich den wegen seines Defekts ganz bzw. teilweise entfernten natürlichen körpereigenen Schwellkörper und stellt von daher in der Tat wortwörtlich ein Ersatzstück für dieses Körperteil dar.
27 
Nichts Gegenteiliges folgt insoweit aus der Entscheidung des Landessozialgericht Schleswig-Holstein (U. v. 21.1.2007 - L 5 KR 56/06 - juris, Rdnr. 21), das ein Penisschwellkörperimplantat nicht unter den Begriff „Körperersatzstück“, sondern unter den Begriff „Hilfsmittel“ im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V subsumiert. Denn es setzt sich mit dem in § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V daneben aufgeführten und gleichgestellten Begriff „Körperersatzstück“ gar nicht auseinander und nimmt insbesondere auch keine Abgrenzung des Hilfsmittels zum Körperersatzstück vor. Auf einen Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen kam es für seine Entscheidung im Ergebnis auch gar nicht an, da die Klage ungeachtet dieser Begriffe mit der Begründung abgelehnt wurde, der Verlust der Erektionsfähigkeit sei in der konkreten Altersgruppe des Klägers ohnehin altersbedingt gegeben.
28 
Auch aus den beiden vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart (GAS 45 - 57) folgt nichts Gegenteiliges. Sie betreffen zwar - wie im vorliegenden Fall - Penisschwellkörperprothesen, ordnen diese aber nicht trennscharf den Begriffen „Hilfsmittel“ bzw. „Körperersatzstück“ zu, sondern beruhen allein auf der Erwägung, dass solche Penisschwellkörperprothesen nicht ausdrücklich in dem Hilfsmittelverzeichnis unter Ziff. 2.1 der Anlage zur BVO aufgeführt werden.
29 
Da die Penisschwellkörperprothese nach allem aber ein „Körperersatzstück“ darstellt, ist sie auch in vollem Umfang beihilfefähig.
30 
„Körperersatzstücke“ werden nämlich in der Anlage zur BVO unter Ziff. 2.1. ausdrücklich und ohne jede weitere einschränkenden Zusatzbegriffe als beihilfefähig aufgeführt und werden auch nicht nach Ziff. 2.3 bzw. 2.4 der Anlage zur BVO in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zur BVO (VV d. FM v. 23.4.1996 - GABl. S. 370 - dort unter Ziff. 3 zu Nr. 2 der Anlage zur BVO) ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Sie sind daher einschränkungslos beihilfefähig (so etwa VGH Bad.-Württ., B. v. 26.10.1999 - 4 S 1178/97 -, IÖD 2000, 32 = juris, Rdnr. 5 zu einer Sportprothese; siehe auch die Vorschrift in Ziff. 1 der Anlage 5 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV, die zeigt, das im Beihilferecht etwa auch Brustprothesen als grundsätzlich beihilfefähige Körperersatzstücke gelten).
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 17/11/2006 00:00

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision
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published on 19/12/2014 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger steht als Hauptwe
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Annotations

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die
a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben,
b)
einen niedrigen Abgabepreis haben,
c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder
d)
in Anlage 12 genannt sind, und
2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.

(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.

(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.