Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 04. März 2011 - 4 K 314/11

published on 04/03/2011 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 04. März 2011 - 4 K 314/11
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller - ein eingetragener, mildtätiger Verein - begehrt unter Berufung auf seine Vereinszwecke und die Meinungsäußerungsfreiheit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 16.02.2011. Mit dieser Verfügung ist ihm und den von ihm beauftragten Personen unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,-- EUR untersagt worden, „im Bereich der gesamten ... Straße, Freiburg i.Br., Personen auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation anzusprechen oder ihnen unaufgefordert Broschüren, Bilder oder Gegenstände zu diesem Thema zu zeigen oder zu überreichen, d.h. sogenannte Gehsteigberatungen durchzuführen“. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag unter Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der beratungssuchenden Personen entgegen getreten und macht geltend, die Untersagungsverfügung sei zum Schutz derjenigen hilfesuchenden Personen erforderlich, die in der in der ... Straße ansässigen Beratungsstelle ... ein Schwangerschaftskonfliktberatungsgespräch führen wollten. Mehrere Personen hätten sich in den letzten Wochen und Monaten bei ... über bestimmte Verhaltensweisen (z.B. Übergabe von Plastikembryonen, Zeigen drastischen Bildmaterials, bedrängende Gesprächsführung) der vom Antragsteller beauftragten Personen beschwert und sich belästigt gefühlt. Die etwa 70 m lange ... Straße befindet sich in der Freiburger Innenstadt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Martinstor und der dort beginnenden Fußgängerzone. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben jeweils eidesstattliche Versicherungen zur Glaubhaftmachung des Ablaufs der Gehsteigberatung vorgelegt.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des zwischenzeitlich eingelegten Widerspruchs gegen den angefochtenen Bescheid ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs unter Nr. II. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16.02.2011 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin hat insoweit darauf abgestellt, dass für den Fall der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die seelische Not der ratsuchenden Personen durch Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte unzulässig erhöht werde und sich die von den Vereinsmitgliedern ausgehenden Belästigungen und Ordnungsstörungen bis zum Ende eines eventuellen Rechtsbehelfsverfahrens wiederholen könnten. Diese keineswegs formelhafte Begründung ist formalrechtlich nicht zu beanstanden. Mit ihr hat die Antragsgegnerin die Gründe angegeben, die nach ihrer Ansicht im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einräumen. Ob diese Erwägungen tatsächlich ausreichen, um die Anordnung des Sofortvollzugs materiell-rechtlich zu rechtfertigen, ist für die Einhaltung des formellen Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Bedeutung.
2. Die beschließende Kammer ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung das Interesse des Antragstellers überwiegt, vorläufig weiter „Gehsteigberatungen“ in der ... Straße in Freiburg durchführen zu dürfen, da der angefochtene Bescheid voraussichtlich rechtmäßig sein dürfte und den Antragsteller somit wohl nicht in seinen Rechten verletzt.
2.1 Die Kammer versteht die angefochtene Untersagungsverfügung (Nr. I im Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.02.2011) dahingehend, dass mit ihr neben der persönlichen Ansprache auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation nur das unaufgeforderte und gezieltindividuelle Vorzeigen (Hinhalten) und Überreichen von Broschüren, Bildern und Gegenständen untersagt wird. Die Antragsgegnerin beschreibt dieses Verhalten anknüpfend an die von dem Antragsteller verfolgten Satzungszwecke zusammenfassend als „Gehsteigberatung“ (vgl. § 2 Nr. 2 der Vereinssatzung). Allgemein gehaltene Formen der Meinungsäußerung (z.B. Mahnwachen, Gebetsvigilien, Hochhalten von Transparenten und Spruchbändern) dürften von der Untersagungsverfügung nicht erfasst sein. Denn der angefochtene Bescheid verbietet - was im Hinblick auf die Meinungsfreiheit des Antragstellers und seiner Mitglieder rechtlich auch geboten sein dürfte (vgl. unten 2.3) - nur die individualisierte, gezielte („beratende“) Ansprache von bewusst ausgesuchten „Zielpersonen“, lässt aber „ungezielte“, an die Allgemeinheit gerichtete Formen der Meinungskundgabe weiterhin zu. Hierauf deutet neben dem Verfügungssatz (Tenor) des Bescheids auch dessen Begründung hin, die sich - was im Hinblick auf den zu regelnden Sachverhalt völlig zutreffend ist - allein mit der persönlichkeitsrechtsrelevanten Gehsteigberatung befasst. Soweit in der örtlichen Presse teilweise davon die Rede gewesen ist, das Amt für öffentliche Ordnung habe eine „Bannmeile“ über den Antragsteller und die von ihm beauftragten Personen verhängt (vgl. etwa Badische Zeitung vom 21.02.2011: „Abtreibungsgegner müssen sich von Pro Familia fernhalten“), findet dies in der angefochtenen Verfügung ebenso wenig eine Entsprechung wie die Auslegung der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung, wonach (nur) „der schlichte Aufenthalt in der ... Straße prinzipiell weiterhin möglich bleibe“.
2.2 So verstanden dürfte die angefochtene Untersagungsverfügung ihre Rechtsgrundlage voraussichtlich in der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) finden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG hat die Polizei die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Die Polizei hat hierbei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen (§ 3 PolG).
a) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel ist im vorliegenden Verfahren voraussichtlich nicht durch vorrangige Vorschriften des Straßenrechts gesperrt. Denn die von der Antragsgegnerin untersagte „Gehsteigberatung“ dürfte straßenrechtlich noch als Gemeingebrauch und nicht als Sondernutzung anzusehen sein (vgl. zu entsprechenden Formen des „politischen Meinungskampfes“ näher BVerfG [Kammer], Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 -, NVwZ 1992, 53; BVerwG, Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63 [67 f.]), zumal ihre Erscheinungsformen nicht der erwerbswirtschaftlichen Nutzung des Straßenraums dienen und damit als noch dem „kommunikativen Verkehr“ zugehörig einzustufen sind (vgl. zur Abgrenzung im Einzelnen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.07.1996 - 5 S 472/96 -, VBlBW 1997, 64; Sauthoff, NVwZ 1990, 223 [225]; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. <2004>, RdNrn. 287 ff.; Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl. <2005>, § 13 RdNrn. 22 ff.). Daher bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Regelungen des Straßengesetzes im Sachbereich der erlaubnisfähigen Sondernutzung eine Sperrwirkung gegenüber allgemein-polizeirechtlichen Regelungen entfalten (vgl. dazu Schnebelt/Sigel, a.a.O., RdNr. 255; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 -, ESVGH 36, 293).
b) Die beschließende Kammer geht für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ferner davon aus, dass die Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung der Subsidiaritätsklausel nicht an einem Einschreiten gegen den Antragsteller gehindert ist. Zwar erfolgt der Schutz privater Rechte durch die Polizei nach dem Polizeigesetz nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 2 Abs. 2 PolG). Der im Streit stehenden Untersagungsverfügung dürfte die Subsidiaritätsklausel aber wohl nicht entgegen stehen.
Allerdings muss am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sanktioniert sind, nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen, soweit nicht aus anderen Gründen die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht. Das danach grundsätzlich erforderliche öffentliche Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG [Senat], Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 [121 f.]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 -, NVwZ-RR 2008, 700). Der Schutz privater Rechte durch die Polizei soll mithin grundsätzlich nur dann und nur solange erfolgen, wie Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten nicht rechtzeitig zu erlangen ist. Freilich beschreibt dieser Grundsatz die Rechtslage nur bezogen auf die vereinzelt bleibende Persönlichkeitsrechtsverletzung. Für den hier in Rede stehenden Sachverhalt, bei dem sich die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung ständig wiederkehrend an immer neuen Grundrechtsträgern vollzieht, dürfte die Subsidiaritätsklausel ein Einschreiten der Polizei kaum hindern. Denn zum einen können die betroffenen Frauen wohl gar keinen Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten (mehr) erlangen, da es insoweit - gerade wegen der Einmaligkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung - am Rechtsschutzinteresse fehlen dürfte. Zum anderen dürften jedenfalls Einschränkungen des Antragserfordernisses des § 2 Abs. 2 PolG geboten sein, weil der Beratung suchenden Frau andernfalls der Verzicht auf ihre Anonymität abverlangt würde, die ihr gegenüber der beratenden Person durch das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG) aber gerade gesetzlich gewährleistet ist (§ 6 Abs. 2 SchKG). Dem Anliegen des Gesetzgebers, die Schwangerschaftskonfliktberatung auch durch äußere Rahmenbedingungen normativinstitutionell abzusichern, dürfte kaum hinreichend Rechnung getragen sein, wollte man fordern, dass die Beratung suchende schwangere Frau verpflichtet wäre, den Umstand der Wahrnehmung eines Beratungsgesprächs bei einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle und die in diesem Zusammenhang erfolgte Ansprache durch vom Antragsteller beauftragte Personen auf der Straße gegenüber dem Amt für öffentliche Ordnung zu offenbaren, während ihr diese Offenbarungspflicht sogar im vertraulichen Beratungsgespräch nicht angesonnen wird.
10 
Diese Fragen bedürfen im Widerspruchsverfahren jedoch voraussichtlich keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG dürfte jedenfalls dann keine das Einschreiten der Polizei hindernde Sperrwirkung haben, wenn die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts selbst öffentlich-rechtlich relevant sind, wie dies etwa der Fall ist, wenn - wie hier - die Individualgüter einer unbestimmten Vielzahl von Personen bedroht werden (vgl. statt vieler: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. <2007>, RdNr. 56) oder aber die inkriminierte Handlung als Grundrechtsverletzung anzusehen ist, der der Staat nicht tatenlos (und fortgesetzt) zuzuschauen braucht (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 PolG). Dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der schwangeren Frauen durch die Gehsteigberatung bedroht wird, ist durch die eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers von ..., zweier Mitarbeiterinnen und der Leiterin der Beratungsstelle Freiburg belegt; diese - für die beschließende Kammer plausiblen - eidesstaatlichen Versicherungen bilden jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine hinreichend tragfähige Grundlage. Die eidesstattliche Versicherung der Gehsteigberaterin ... ist zum einen durch deren E-Mail vom 29.07.2010 (Bl. 135 d.A.) weitgehend entkräftet, zum anderen steht sie der Annahme des mit einer gewissen Regelhaftigkeit bedrohten Persönlichkeitsrechts nicht entgegen. Denn schon die - zwischen den Beteiligten unstreitige und dem in der Zeitschrift Lebensforum (Heft 80, S. 9) dargestellten „Ansprachekonzept“ entsprechende - gezielte Ansprache von (vermeintlich) schwangeren Frauen auf eine denkbare Konfliktsituation ist geeignet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zu bedrohen; es löst, zumal flankiert durch bildliche Darstellungen und eine gewisse Intensität der Gesprächsführung in einer seelisch ohnehin belastenden Situation, jedenfalls subjektiv einen Erklärungs- oder Rechtfertigungsbedarf der schwangeren Frau aus. Dieser Umstand des mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und Regelhaftigkeit bedrohten allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei einer Vielzahl von Frauen dürfte für die kompetenzielle Frage der Befugnis zum Einschreiten ausreichen. Auf die zwischen den Beteiligten ebenfalls - und vor allem - streitige (und nachstehend zu klärende) Frage, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Meinungsfreiheit des Antragstellers oder der von ihm beauftragten Personen gerechtfertigt ist, kommt es im Hinblick auf die Kompetenznorm wohl nicht an.
11 
Nach dem Vorstehenden bedarf daher voraussichtlich auch die Frage keiner Entscheidung, ob das normative Beratungskonzept, mit dem der Staat seiner grundrechtlichen Schutzpflicht zugunsten des ungeborenen Lebens Rechnung tragen will (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. -, BVerfGE 88, 203) und das insoweit jedenfalls auch öffentlich-rechtlichen Gehalt hat (vgl. BVerfG [Senat], ebenda, RdNr. 242: Beratung als Aufgabe des Staates ), bereits für sich allein gesehen ein Eingreifen der Antragsgegnerin - gleichsam zur institutionellen Absicherung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach den §§ 5 ff. SchKG - rechtfertigen kann. Dieser Frage wird möglicherweise in einem gegebenenfalls durchzuführenden Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein; für das vorläufige Rechtsschutzverfahren kommt es hierauf aus den oben geschilderten Gründen nicht entscheidungserheblich an.
12 
2.3 Mit der Antragsgegnerin geht die beschließende Kammer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon aus, dass das von der Untersagungsverfügung erfasste Verhalten des Antragstellers und der von ihm beauftragten Personen eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Denn die „Gehsteigberatung“ führt voraussichtlich mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Frauen.
13 
a) Das Grundgesetz gewährleistet dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt generell entzogen ist (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 16.01.1957 - 1 BvR 253/56 -, BVerfGE 6, 32 [41]; Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 u.a. -, BVerfGE 109, 279 = NJW 2004, 999; vgl. hierzu jüngst auch Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, BA S. 7 ff.). Dieses abwägungsresistente Recht auf Achtung der Intimsphäre hat seine (unverbrüchliche) Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Daneben - und darum geht es hier - statuiert das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein dortselbst verankertes Recht des Einzelnen auf Wahrung seiner Privatsphäre, das seine Entsprechung als grundlegendes Menschenrecht auch in Art. 8 Abs. 1 EMRK findet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat eine räumliche und thematische Ausprägung und schützt überdies die Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen als „psychischen Innenbereich“ (vgl. etwa BVerfG [Senat], Beschluss vom 24.06.1993 - 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69 [82 f.]; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 RdNrn. 149 und 150). Der Schutz ist umso intensiver, je näher der Sachbereich der Intimsphäre des Betroffenen steht. Umstände der engeren privaten Lebensführung, deren öffentliche Erörterung gemeinhin als peinlich oder unschicklich empfunden wird, genießen naturgemäß einen höheren Schutz als gewöhnliche oder gar banale Vorgänge der äußeren Lebensführung. Auch wenn die Grundrechte primär in ihrer abwehrrechtlichen Dimension Schutz gegen und vor dem Staat statuieren, wirken sie mittelbar über Generalklauseln auch auf die Beziehungen der Grundrechtsberechtigten untereinander (vgl. speziell zum Ansprechen in der Öffentlichkeit zu Werbezwecken: BGH, Urteil vom 01.04.2004 - I ZR 227/01 -, NJW 2004, 593; Urteil vom 09.09.2004 - I ZR 93/02 -, NJW 2005, 1050; OLG Bremen, Beschluss vom 22.07.2005 - 2 W 54/2005 -, juris RdNr. 3). Deshalb kann zur Bestimmung des Schutzniveaus der Privatsphäre im konkreten Fall auch bei Beeinträchtigungen durch private Dritte - wie hier - zwanglos auf die für Eingriffe des Staates entwickelten Abstufungen zurückgegriffen werden, die ihre Entsprechung im Übrigen auch in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 823 BGB gefunden haben (vgl. statt Vieler: Rixecker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. <2006>, Band 1, Anhang zu § 12 RdNrn. 84 ff. m.w.N.). Danach dürfte für die hier im Streit stehende Gehsteigberatung ein relativ hoher Schutz der von der Ansprache betroffenen schwangeren Frauen zugrunde zu legen sein. Der Umstand einer Schwangerschaft ist zweifellos dem höchstpersönlichen Bereich der schwangeren Frau zuzuordnen. Gerade für das erste Schwangerschaftsdrittel besteht aus mannigfaltigen, hier nicht im Einzelnen darzustellenden Gründen ein relativ stark ausgeprägter gesellschaftlicher Konsens, dass das Wissen um die Schwangerschaft zunächst im engeren und engsten persönlichen Kreis verbleibt. Die Ansprache durch unbekannte Dritte auf der Straße auf eine etwa bestehende Schwangerschaft ist unüblich und dürfte zudem - gemessen an den sonst obwaltenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten - ein nicht unbeträchtliches Maß an Distanzlosigkeit erfordern, wobei auf Fragen der Höflichkeit und des Anstands an dieser Stelle nicht weiter einzugehen ist. Das schon für sich gesehen weitgehende Eindringen in die Privatsphäre wird noch verstärkt, wenn der Ansprache auf eine bestehende Schwangerschaft eine solche auf eine etwa bestehende Schwangerschaftskonfliktsituation folgt. Hierbei kommt der Fragende dem innersten Bereich der Gefühls- und Gedankenwelt des Befragten so nahe, dass für die Frage der Eingriffsrechtfertigung ein sehr hohes Schutzniveau für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrunde zu legen ist (vgl. so auch zur medizinisch-psychologischen Untersuchung: BVerfG [Senat], Beschluss vom 24.06.1993 - 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69 [82 f.]). Die Schwangere wird gerade im Kontext mit einem unmittelbar bevorstehenden bzw. gerade beendeten Schwangerschaftskonfliktberatungsgespräch in einem überaus verletzbaren seelischen Zustand getroffen, der bereits die Abwehr eines weiteren Eindringens in die eigene Privatsphäre zu einer Herausforderung werden lässt, zumal dann, wenn die Nachfragen mit einem bestimmten „Meinungsprogramm“ verbunden sind. Nicht umsonst hat der Gesetzgeber - der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgend (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993, a.a.O., RdNrn. 226 ff.) - in §§ 5 ff. SchKG besondere Sicherungen für das Konfliktberatungsgespräch vorgesehen, die nicht zuletzt auch dem Schutz der innersten Gefühls- und Gedankenwelt der Schwangeren und ihrer freien Willensbildung dienen. Auch dieser normativen Ausgestaltung entnimmt die beschließende Kammer, dass bei den hier in Rede stehenden Situationen - übrigens vor allem im Interesse des ungeborenen Lebens - von einem sehr hohen Schutzniveau des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
14 
b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt. Es reicht nur so weit, als nicht „Rechte anderer“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG oder die verfassungsmäßige Ordnung Einschränkungen des Persönlichkeitsrechts gebieten. Dieser Umstand folgt der Erkenntnis, dass der gemeinschaftsbezogene und gemeinschaftsgebundene Bürger unter Beachtung des Übermaßverbots solche Maßnahmen hinnehmen muss, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Blick auf (grund-)rechtliche Freiheiten Dritter vorrangig sind. Hiervon geht die beschließende Kammer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes indes nicht aus. Namentlich dürfte es die Meinungsfreiheit nicht gebieten, den inkriminierten Verhaltensweisen den Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen einzuräumen.
15 
Allerdings ist der personelle Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit zugunsten des Antragstellers - einer juristischen Person des Privatrechts - eröffnet (vgl. BVerfG [Senat], Beschluss vom 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 -, BVerfGE 85, 1 [11 ff.]; Beschluss vom 13.02.1996 - 1 BvR 262/91 -, BVerfGE 94, 1 [7 ff.]; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Band 1, Art. 5 RdNr. 116) und die von der Verfügung erfassten Äußerungen und Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Meinungsfreiheit beanspruchen. Denn Art. 5 Abs. 1 GG umfasst in seiner Ausprägung als Meinungsäußerungs und -verbreitungsfreiheit jede Art und Weise der Äußerung, das (fragende und behauptende) Ansprechen ebenso wie die Äußerung in Bild und Schrift sowie Tätigkeiten, die als Mittel des geistigen Meinungskampfes die Wirkung der Äußerung verstärken sollen, und damit sämtliche der hier im Streit stehenden Verhaltensweisen (vgl. zur sog. Gehsteigberatung auch: BVerfG [Kammer], Beschluss vom 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 -, NJW 2011, 47; vgl. näher zum Schutzbereich: Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Band 1, Art. 5 RdNrn. 49 ff. m.w.N.). Die beschließende Kammer misst der Meinungsfreiheit des Antragstellers auch ein bedeutendes Gewicht bei. Das Recht, eine Meinung äußern zu dürfen, ist Teil des in der Menschenwürde wurzelnden elementaren Rechts auf Denkfreiheit und damit in einem gewissen Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [208]). Ungeachtet ihrer Ausprägung als privat-individuelles Entfaltungsrecht ist die Meinungsfreiheit auch für den Prozess politischer Öffentlichkeit im demokratischen Verfassungsstaat von schlechthin grundlegender Bedeutung (vgl. wiederum Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., RdNr. 40). Denn das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der das Lebenselement des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats ist (so schon BVerfG [Senat], Urteil vom 17.08.1956 - 1 BvB 2/51 -, BVerfGE 5, 85 [205]). Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft ist es eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958, a.a.O.). Im Blick auf ihre konstituierende Funktion ist besonders die Mindermeinung, die für falsch gehaltene Auffassung, das Anders-Denken von Bedeutung. Nur die freie öffentliche Diskussion über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung, zu denen die Debatte um den Schutz des ungeborenen Lebens zweifelsohne zu rechnen ist, sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat notwendig pluralistisch im Widerstreit verschiedener und aus verschiedenen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen vollzieht (anschaulich Herzog, in: Maunz/Dürig, a.a.O., RdNr. 10). Insoweit sind dem gesellschaftspolitischen „Mainstream“ widersprechende, im Wortsinne „anstößige“ Meinungsäußerungen von besonderem Wert.
16 
Die Meinungsfreiheit umfasst - das liegt gerade in ihrem soeben dargestellten Zweck begründet - auch das Recht, selbst zu bestimmen, wo und wann die Meinungskundgabe erfolgt, zumal an Orten, an denen ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (vgl. nur Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 I, II RdNr. 26). Denn der öffentliche Straßenraum ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können (so jüngst im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit: BVerfG [Senat], Urteil vom 23.11.2010 - 1 BvR 699/06 - RdNr. 67). Auch die Auswahl des Meinungsadressaten obliegt prinzipiell dem Meinenden. Er bestimmt, wen er mit seiner Meinungsäußerung konfrontieren will. Der von der Meinungskundgabe thematisch Betroffene muss die Meinung grundsätzlich ebenso „aushalten“ wie der Meinungslose und der Desinteressierte, wobei Kehrseite der Meinungsäußerungsfreiheit die selbstverständliche Freiheit des Einzelnen ist, von Meinungen anderer verschont zu bleiben und ihr auszuweichen.
17 
Auch die Meinungsfreiheit gilt freilich nicht vorbehaltlos; sie findet ihre Schranken vielmehr ihrerseits in den allgemeinen Gesetzen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG, zu denen auch die polizeiliche Generalklausel rechnen kann (vgl. hierzu Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., Art. 5 RdNr. 196; offen: BVerwG, Urteil vom 21.12.1954 - I C 14.53 -, BVerwGE 1, 303 [307]), und in verfassungsimmanenten Beschränkungen. Kollidiert die Meinung wie hier mit verfassungskräftigen Rechten Dritter, ist beiden Grundrechten - gleichsam wechselwirkend - im Wege praktischer Konkordanz zu jeweils bestmöglicher Wirkung und Geltung zu verhelfen (vgl. nur BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [210]; stRspr.).
18 
c) Dies berücksichtigend dürfte die Untersagungsverfügung in ihrer von der Kammer vorgenommenen Auslegung im Widerspruchsverfahren voraussichtlich Bestand haben. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass es nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, bestimmte Formen von Protestaktionen der Abtreibungsgegner zu verbieten, wenn Rechte Dritter dies erfordern. Denn Art. 5 Abs. 1 GG schützt zwar das Äußern von Meinungen, nicht aber Tätigkeiten, mit denen beispielsweise anderen eine Meinung aufgedrängt werden soll und die die betroffenen Frauen gleichsam einem Spießrutenlauf aussetzen (so BVerfG [Kammer], Beschluss vom 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 -, NJW 2011, 47). Es mag sein, dass sich die vom Antragsteller praktizierte „Gehsteigberatung“ nicht notwendig als Spießrutenlauf für die schwangeren Frauen darstellen muss. Hierauf deuten namentlich die eidesstattlichen Versicherungen von Frau ... und Frau ... hin, deren Überzeugungskraft in einem sich möglicherweise anschließenden Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein wird. Für einen „Spießrutenlauf psychischer Art“ könnte allerdings die von Frau ... verfasste und von der Antragsgegnerin vorgelegte E-Mail vom 29.07.2010 sprechen, die die psychische Notlage der schwangeren Frau („...“) handgreiflich werden lässt und das Erfordernis fachkundiger und geschulter Beratung deutlich sichtbar macht. Auch die von der Antragsgegnerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sprechen dafür, dass die „Gehsteigberatung“ von den schwangeren Frauen mit einer gewissen Regelmäßigkeit als bedrängend und belästigend empfunden wird. Allerdings dürfte der vom Bundesverfassungsgericht angeführte Spießrutenlauf nicht die unterste Grenze für ein Einschreiten der Antragsgegnerin markieren. Denn anders als im dort - zum Protest vor einer Abtreibungsklinik - entschiedenen Fall geht es hier auch um den Schutz des gesetzlichen Beratungskonzepts, das einerseits nicht zuletzt im Interesse des ungeborenen Lebens einen höheren Schutz des Persönlichkeitsrechts nahelegt, andererseits gewisse Einschränkungen des Meinungskampfes noch als hinnehmbar erscheinen lässt. Denn der Gesetzgeber handelt mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz in Erfüllung der grundrechtlichen Schutzpflicht. Dies lässt es gerechtfertigt erscheinen, die Konfliktberatung gegen den Meinungskampf stärker abzusichern, als es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar vor einem Schwangerschaftsabbruch gerechtfertigt zu sein scheint. Bei der Herstellung der praktischen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte ist für die Kammer von ausschlaggebender Bedeutung, dass die „Gehsteigberatung“ überall im Stadtgebiet mit Ausnahme der ... Straße zulässig bleibt und auch dort die Meinungsäußerungsfreiheit des Antragstellers und der von ihm beauftragten Personen nicht gänzlich eingeschränkt ist. Bei zutreffendem Verständnis der angefochtenen Verfügung bleiben allgemein gehaltene Formen des Protests und der Meinungskundgabe gegen Schwangerschaftsabbrüche vielmehr auch in der ... Straße weiterhin möglich (vgl. näher oben 2.1). Die Kammer hat darüber hinaus in Erwägung gezogen, ob aus Gründen der Angemessenheit weitere, insbesondere räumliche Einschränkungen der angefochtenen Verfügungen geboten sein könnten. Jedoch ist die ... Straße mit nur 70 m Länge ohnehin relativ kurz und es erscheint bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage - auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit und die Vollstreckbarkeit der Verfügung - nicht angezeigt, den von der „Gehsteigberatung“ ausgeschlossenen Bereich räumlich noch enger zu fassen. Die Kammer hat ferner erwogen, ob Art. 5 Abs. 1 GG es gebieten könnte, eine Ansprache durch die vom Antragsteller beauftragten Personen jedenfalls nach Durchführung des Schwangerschaftskonfliktgesprächs - bei Verlassen der Beratungsstelle - zuzulassen. Auch insoweit dürfte aber der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch überwiegen. Für die beschließende Kammer ist insoweit gerade das in §§ 5 ff. SchKG einfachrechtlich ausgestaltete Beratungskonzept von Bedeutung, das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht einen gewissen vor- und nachwirkenden Schutz für sich in Anspruch nehmen kann. Denn die gesetzlich ausgestaltete Schwangerschaftskonfliktberatung, die gerade dem auch vom Antragsteller bezweckten Schutz des ungeborenen Lebens zu dienen bestimmt ist, soll dem Recht auf Selbstbestimmung der schwangeren Frau - einer besonderen Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - Rechnung tragen. Mit diesem Konzept zielorientierter, aber doch ergebnisoffener Beratung (vgl. § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 4 SchKG) verträgt sich die „Gehsteigberatung“ in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht knüpft an das Beratungsgespräch strenge inhaltliche, organisatorische und personelle Voraussetzungen (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993, a.a.O. RdNrn. 226 ff.). Weder die sich lediglich an der im Beratungsgespräch vorgetragenen Interessenlage der schwangeren Frau orientierende Beratung wird dem Auftrag der Beratung gerecht noch die auf die Erzeugung von Schuldgefühlen zielende und in dieser Weise belehrende Einflussnahme, die die Bereitschaft der Frau behindert, sich der Beratung zu öffnen und sich ihren Zwiespalt bewusst zu machen. Denn mit der manipulativen und indoktrinierenden Beratung wird weder dem Selbstbestimmungsrecht der Frau noch dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes hinreichend Rechnung getragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., RdNrn. 230 f.), auf der das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes gründet (vgl. BT-Drs. 13/1850 S. 20), soll die Beratung vielmehr ermutigen, nicht einschüchtern. Sie soll Verständnis wecken, nicht belehren, und die Verantwortung der Frau stärken, nicht sie bevormunden (vgl. hierzu auch die Broschüre „Schwangerschaftsberatung“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend). Das stellt hohe Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Beratung und an die persönliche und fachliche Kompetenz der Personen, die sie durchführen. Nicht zuletzt aus diesem Grund bedarf die Beratungsstelle der staatlichen Anerkennung (§ 9 SchKG); sie unterliegt der regelmäßigen Überprüfung und muss bestimmte Rechenschafts- und Informationspflichten erfüllen (§ 10 SchKG). Die vom Antragsteller angebotene „Gehsteigberatung“ gerät - was die Beratung der schwangeren Frauen angeht - mit diesem ausdifferenzierten Konzept des Gesetzgebers beinahe notwendig in Konflikt. Die „Gehsteigberatung“ kann schon den Rahmen des vertraulichen Ortes nicht gewährleisten und die Anonymität der Schwangeren nicht absichern; die persönliche und fachliche Kompetenz der beratenden Personen ist nicht gewährleistet und es fehlt an der Ergebnisoffenheit der Beratung. Deshalb nimmt der Antragsteller zu Recht nicht den Schutz des Schwangerschaftskonfliktgesetzes für sich in Anspruch. Das nämliche Gesetz und das in ihm enthaltene ausdifferenzierte Beratungskonzept erzeugen aber zugleich Rückwirkungen auf die Durchsetzungsmacht der Meinungsäußerungsfreiheit des Antragstellers: Denn das normative Beratungskonzept kann - soll es wirksam und dem Schutz des ungeborenen Lebens dienlich sein - auch unter Berücksichtigung des hohen Schutzniveaus des Art. 5 Abs. 1 GG nicht dadurch konterkariert werden, dass sogleich nach dem Verlassen der Beratungsstelle auf dem Gehsteig eine ungefragte Ansprache durch hierfür nicht hinreichend geschulte Personen erfolgt, die in Kenntnis der seelischen Anfälligkeit und Verletzbarkeit der Schwangeren ein nicht den gesetzlichen Grundsätzen entsprechendes, inhaltlich einseitiges Gespräch an die Stelle des gesetzlichen Beratungskonzepts zu setzen versuchen. Diese Form der Meinungskundgabe kann nach Auffassung der beschließenden Kammer - wie es hier geschehen ist - nicht zuletzt wegen ihrer situativ bedrängend wirkenden Einmischung in einen sehr persönlichen Lebensbereich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle untersagt werden.
19 
2.4 Ob die Gehsteigberatung auch gegen die öffentliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 PolG verstößt, kann nach dem Vorstehenden jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen bleiben (vgl. hierzu noch recht weitgehend: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.09.2001 - 1 S 2842/99 - UA S. 8), dürfte aber nicht zuletzt wegen der Pluralität der gesellschaftlichen Anschauungen eher fraglich erscheinen (vgl. hierzu auch Schenke, a.a.O., RdNr. 63 f.).
20 
3. Das besondere Vollziehungsinteresse für die angefochtene Untersagungsverfügung ergibt sich aus dem Umstand, dass sich diese im Hauptsacheverfahren nach derzeitiger Einschätzung der Kammer voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und es bei dieser Sachlage nicht vertretbar erscheint, den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen schwangeren Frauen bis zum Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft der Verfügung zurücktreten zu lassen. Die Kammer macht sich insoweit die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid zu eigen (dort S. 5) und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO Bezug.
21 
4. Nach dem Vorstehenden erweist sich schließlich auch die Zwangsgeldandrohung in dem angefochtenen Bescheid (Verfügung Nr. III) als voraussichtlich rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, namentlich dürfte das Zwangsgeld das geeignete Zwangsmittel sein, das wohl auch im Hinblick auf die angedrohte Höhe nicht zu beanstanden sein dürfte. Auch der Antragsteller hat hierfür nichts vorgebracht.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
5 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 01/04/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 227/01 Verkündet am: 1. April 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 09/09/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 93/02 Verkündet am: 9. September 2004 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein
published on 29/12/2010 00:00

Tenor Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Stuttgart, sowie auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 2.500,
published on 08/05/2008 00:00

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 11/10/2012 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2011 – 4 K 1112/11 – wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladen
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Eine ratsuchende Schwangere ist unverzüglich zu beraten.

(2) Die Schwangere kann auf ihren Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben.

(3) Soweit erforderlich, sind zur Beratung im Einvernehmen mit der Schwangeren

1.
andere, insbesondere ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkräfte,
2.
Fachkräfte mit besonderer Erfahrung in der Frühförderung behinderter Kinder und
3.
andere Personen, insbesondere der Erzeuger sowie nahe Angehörige,
hinzuzuziehen.

(4) Die Beratung ist für die Schwangere und die nach Absatz 3 Nr. 3 hinzugezogenen Personen unentgeltlich.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die nach § 219 des Strafgesetzbuches notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.

(2) Die Beratung umfaßt:

1.
das Eintreten in eine Konfliktberatung; dazu wird erwartet, daß die schwangere Frau der sie beratenden Person die Gründe mitteilt, derentwegen sie einen Abbruch der Schwangerschaft erwägt; der Beratungscharakter schließt aus, daß die Gesprächs- und Mitwirkungsbereitschaft der schwangeren Frau erzwungen wird;
2.
jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Information, die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und der möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern;
3.
das Angebot, die schwangere Frau bei der Geltendmachung von Ansprüchen, bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen, sowie das Angebot einer Nachbetreuung.
Die Beratung unterrichtet auf Wunsch der Schwangeren auch über Möglichkeiten, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden.

Eine Beratungsstelle darf nur anerkannt werden, wenn sie die Gewähr für eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 bietet und zur Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 6 in der Lage ist, insbesondere

1.
über hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal verfügt,
2.
sicherstellt, daß zur Durchführung der Beratung erforderlichenfalls kurzfristig eine ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkraft hinzugezogen werden kann,
3.
mit allen Stellen zusammenarbeitet, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewähren, und
4.
mit keiner Einrichtung, in der Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden ist, daß hiernach ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen ist.

(1) Die Beratungsstellen sind verpflichtet, die ihrer Beratungstätigkeit zugrundeliegenden Maßstäbe und die dabei gesammelten Erfahrungen jährlich in einem schriftlichen Bericht niederzulegen.

(2) Als Grundlage für den schriftlichen Bericht nach Absatz 1 hat die beratende Person über jedes Beratungsgespräch eine Aufzeichnung zu fertigen. Diese darf keine Rückschlüsse auf die Identität der Schwangeren und der zum Beratungsgespräch hinzugezogenen weiteren Personen ermöglichen. Sie hält den wesentlichen Inhalt der Beratung und angebotene Hilfsmaßnahmen fest.

(3) Die zuständige Behörde hat mindestens im Abstand von drei Jahren zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung nach § 9 noch vorliegen. Sie kann sich zu diesem Zweck die Berichte nach Absatz 1 vorlegen lassen und Einsicht in die nach Absatz 2 anzufertigenden Aufzeichnungen nehmen. Liegt eine der Voraussetzungen des § 9 nicht mehr vor, ist die Anerkennung zu widerrufen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.