Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Feb. 2008 - 2 K 1276/07

published on 28/02/2008 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Feb. 2008 - 2 K 1276/07
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Tenor

Der Bescheid des beklagten Landes vom 19.12.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 werden aufgehoben.

Das beklagte Land wird verpflichtet, den Kläger erneut in der Wiederholungsprüfung des Zweiten Staatsexamens für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen (Prüfungsmöglichkeit im Bereich der beiden Unterrichtssequenzen und des didaktischen Kolloquiums) zu prüfen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen das Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen.
Der ... geborene Kläger ist Anwärter für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen mit dem Schwerpunkt Grundschule. Seine Erste Staatsprüfung absolvierte er ... in ... mit einem Notendurchschnitt von ... (...). Im Vorbereitungsdienst war der Kläger zur Ausbildung der ...-Schule in ... und dem Staatlichen Seminar für schulpraktische Ausbildung in ... zugewiesen. In der Zweiten Staatsprüfung im Sommer 2006 wurde die Unterrichtspraxis des Klägers im Fach Deutsch mit 5,0 (mangelhaft) beurteilt. Mit Bescheid vom 29.05.2006 teilte das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg - Landeslehrerprüfungsamt - dem Kläger mit, dass er diesen Prüfungsteil nicht bestanden habe. Der Vorbereitungsdienst des Klägers wurde zum Zweck der (teilweisen) Prüfungswiederholung bis zum 31.12.2006 verlängert.
Am 15.12.2006 nahm der Kläger an der Prüfungswiederholung für die Unterrichtspraxis im Fach Deutsch teil. Thema der Stunde war „Das schriftliche Fortsetzen einer Angstgeschichte“. Er erhielt wiederum die Note 5,0 (mangelhaft). Zur Begründung wurde auf der Rückseite der Niederschrift vermerkt:
"Begründung:
Formal wurde das Studienziel erreicht. Bei der Durchführung stand jedoch immer die geplante Struktur im Vordergrund, nie die SuS. Entsprechend waren Erarbeitungsgespräche stark gelenkt; S-Äußerungen wurden stets bewertend kommentiert bzw. korrigiert. Abweichungen von der Struktur nach den Bedürfnissen der S; weder größerer Zeitbedarf noch das Vorwissen der Schüler beeinflussten den Stundenverlauf."
Vom Schulleiter der Ausbildungsschule wurde der Kläger mit der Note ... bewertet. In der schriftlichen Arbeit mit Präsentation erzielte er die Note ... und im pädagogischen Kolloquium die Note .... In der Unterrichtssequenz im Fach Sport erhielt er die Note .... Im Schulrecht wurden seine Leistungen mit der Note ... bewertet.
Mit Bescheid vom 19.12.2006 teilte das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg - Landeslehrerprüfungsamt - dem Kläger mit, dass er die Wiederholung der Prüfung im Teil „Unterrichtspraxis Fach Deutsch“ nicht und damit die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen endgültig nicht bestanden habe.
Hiergegen legte der Kläger am 19.12.2006 und am 02.01.2007 Widerspruch ein. Er beantragte eine ausführliche Begründung der Prüfungsentscheidung, insbesondere was die Unterrichtssequenz vom 15.12.2006 angehe. Er führte aus, die Begründung der Prüfungskommission hierzu sei widersprüchlich. Aufgrund der darin enthaltenen positiven Aussagen hätte die Stunde nicht mit "mangelhaft" bewertet werden dürfen. Die Aussage "Abweichungen von der Struktur nach den Bedürfnissen der Schüler" etwa lasse einen eindeutig positiven Rückschluss zu. Diese Aussage stehe aber in unauflösbarem Widerspruch mit dem weiteren Begründungstext. Aus der Gegenüberstellung der Begründung und dem Stundenverlaufsprotokoll ergäben sich Widersprüche im Hinblick auf die Stellung der Schüler. In unterrichtsdidaktischen Werken werde die Lenkung in einem Erarbeitungsgespräch vorausgesetzt. Der Grad der Lenkung habe der Unterrichtssituation entsprochen und sei nicht hoch gewesen. Gleichwohl werde in der Fachliteratur selbst ein hoher Grad an Lehrerlenkung als legitim und üblich angesehen. Er bestreite, dass er Äußerungen der Schüler "stets" bewertend kommentiert bzw. korrigiert habe. Damit werde sein häufig motivierendes Bestärken einseitig in einen negativen Zusammenhang gesetzt. Eine bewertende Korrektur von Schülerbeiträgen durch ihn sei nicht erfolgt. Vielmehr sei jeder Schülerbeitrag aufgenommen und wertgeschätzt worden. Die Schüler hätten ihr Vorwissen aktivieren müssen, damit sie in der Stunde sinnvoll hätten arbeiten und etwas dazulernen können, wie sich auch aus dem Protokoll ergebe.
Mit Schreiben vom 19.01.2007 bat das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg - Landeslehrerprüfungsamt - die Mitglieder der Prüfungskommission unter Übersendung einer Kopie des Widerspruchs des Klägers, in der das Landeslehrerprüfungsamt einzelne Passagen seiner Einwendungen markiert hatte, um Stellungnahme zum Widerspruch des Klägers. In dem Schreiben heißt es:
10 
„Von besonderem Interesse ist hierbei Ihre Stellungnahme zu den in der Begründung markierten Aussagen. Ihr Schreiben sollte darüber hinaus folgende Aussagen unbedingt beinhalten: Dass Sie den Widerspruch gelesen, die einzelnen Aspekte überdacht haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, die Beurteilung sei angemessen und sachgerecht bzw., wenn Sie zu einer anderen Beurteilung kämen, nicht angemessen und sachgerecht.“
11 
Mit Schreiben vom 29.01.2006 teilte die Prüfungskommission mit, dass sie an ihrer Beurteilung festhalte. Wörtlich heißt es:
12 
„Wir haben den Widerspruch ... gelesen und die einzelnen Aspekte gründlich überdacht. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beurteilung angemessen und sachgerecht ist.“
13 
Man habe durchgängig beobachtet, dass der Kläger Schüleräußerungen unterbrochen, korrigiert, kommentiert und negativ, teilweise ironisch, bewertet habe, er Schüler bei eigenen Formulierungen unterbrochen habe, Abweichungen von dem geplanten Stundenverlauf nicht zugelassen habe, den Unterricht sehr stark durch enge Fragestellungen gelenkt habe, keine eigenständigen, kreativen Lösungen von Schülern zugelassen habe und er das Vorwissen der Schüler nicht berücksichtigt habe. Die Versprachlichung von Angst sei auf der pseudo-kognitiven Ebene geblieben, der emotionalen Befindlichkeit der Schüler sei weder in der Planung noch in der Durchführung Raum gegeben worden. Im Stundenverlauf sei kein Lernzuwachs zu beobachten gewesen, da ein großer Teil der Schüler bereits zu Beginn der Stunde über das Wissen verfügt habe, das der Kläger in der Stunde "erarbeitet" habe. Die Aussage in der Begründung "Abweichungen von der Struktur nach den Bedürfnissen der Schüler; weder größerer Zeitbedarf noch das Vorwissen der Schüler beeinflussten den Stundenverlauf" sei so zu verstehen, dass weder ein größerer Zeitbedarf noch das Vorwissen Abweichungen von der Struktur nach den Bedürfnissen der Schüler ermöglicht hätten.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007, zugestellt am 04.05.2007, wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger sei seiner prüfungsrechtlichen Mitwirkungspflicht nur eingeschränkt nachgekommen, da er in weiten Teilen seine eigene pädagogischen Einschätzung der von ihm gehaltenen Stunde an die Stelle der Prüferbeurteilung gesetzt habe. Die Prüfer seien auf die einzelnen Punkte in gebotenem Umfange eingegangen, eine weitere Begründung müsse nicht erfolgen.
15 
Der Kläger hat am 20.06.2007 Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, die Stellungnahme der Prüfer entspreche nicht den Maßstäben der Rechtsprechung, wie auf eine umfassende Remonstration geantwortet werden müsse. Geschweige denn sei eine qualifizierte Begründung der Prüfungsentscheidung erfolgt. Die Antwort der Prüfungskommission sei anstatt auf eine Auseinandersetzung mit seinen Einwänden überwiegend auf einen völlig neuen Begründungsversuch hinausgelaufen. Sollte er so agiert haben, so wäre es notwendig gewesen, dies in der nach der Prüfung gegebenen Begründung auch aufzuführen. Wenn den Schülern kein Raum für ihre emotionale Befindlichkeit in seiner Unterrichtsplanung gegeben worden sei, hätte dies im Übrigen vor der Prüfungsstunde moniert werden müssen. Des weiteren habe er nach der Begründung zum Prüfungsprotokoll sein gesetztes Stundenziel vollständig erreicht. Man könne aber nicht einerseits das Stundenziel erreichen und gleichzeitig überhaupt keinen Lernzuwachs erzielen. Die Aussage in der Erstbegründung "Abweichungen von der Struktur nach den Bedürfnissen der Schüler; weder größerer Zeitbedarf noch das Vorwissen der Schüler beeinflussten den Stundenverlauf" werde durch die Erläuterung im Überdenkungsverfahren zu einer völlig neuen Begründung gemacht. Davon abgesehen ergebe sich aus der Begründung an keiner Stelle, anhand welcher vorher festgelegter Kriterien bewertet worden sei, welche dieser Kriterien wie gewichtet worden seien, wie die konkrete Bewertung der Prüfungsleistung zu den einzelnen Kriterien ausgefallen sei und wie daraus die gesamte Benotung entwickelt worden sei. Er widerspreche dem Vorwurf, dass es in seiner Lehrprobe ironische Äußerungen von seiner Seite gegeben habe. Unter der neutralen Aussage der Ursprungsbegründung "Schüleräußerungen wurden stets bewertend kommentiert bzw. korrigiert", welche zumindest teilweise die normale Lehrertätigkeit im Schulalltag beschreibe, solle nunmehr der Vorwurf eines die Schüler abwertenden Verhaltens gefasst werden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte auch dies in der ersten Begründung vermerkt werden müssen.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
den Bescheid des beklagten Landes vom 19.12.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihn erneut in der Wiederholungsprüfung des Zweiten Staatsexamens für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen zu prüfen (Prüfungsmöglichkeit im Bereich der beiden Unterrichtssequenzen und des didaktischen Kolloquiums).
18 
Das beklagte Land beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Ergänzend wird vorgetragen, die in der Niederschrift von den Prüfern aufgeführten tragenden Gründe rechtfertigten die festgesetzte Note. Im wesentlichen sei hierbei festgestellt worden, dass der Kläger entgegen den Vorgaben des Bildungsplans die Schüler nicht im erforderlichen Umfang in den Unterricht einbezogen habe und die Lehrprobe weitgehend lehrerzentriert gewesen sei. Es treffe nicht zu, dass die Prüfer im Überdenkungsverfahren nicht umfassend auf das Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren eingegangen seien. Die zusätzliche Prüferstellungnahme enthalte auch keine Abweichungen zu den tragenden Gründen der Ausgangsbegründung. Vielmehr erfolge ein vertieftes, präzisierendes Eingehen auf eine Rüge, soweit sie substantiiert sei. Auch müssten die tragenden Gründe nicht vollständig sein. Ihre spätere Ergänzung und Präzisierung sei ein typischer und notwendiger Bestandteil einer Überdenkungsentscheidung. Der Kläger habe sich mit der eigentlichen Überdenkungsentscheidung nicht auseinandergesetzt. Eine Überdenkungsentscheidung müsse nicht umfassend sein. Die Prüfungskommission müsse sich vielmehr mit den Einlassungen des Prüflings befassen, was hier geschehen sei, und dann ihre Entscheidung treffen. Zur weiteren Begründung verweist das beklagte Land auf eine weitere Stellungnahme der Mitglieder des Prüfungsausschusses vom 22.02.2008.
21 
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung gerügt, die Mitglieder der Prüfungskommission seien befangen gewesen.
22 
Dem Gericht liegen die Akten des Landeslehrerprüfungsamts und die Widerspruchsakte des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport (je ein Band) vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Durchführung einer Wiederholungsprüfung im beantragten Umfang, der sich aus § 26 Abs. 2 GHPO II (Verordnung des Kultusministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen vom 18.01.2001 - Grund- und Hauptschullehrerprüfungsordnung II - [GBl. S. 11] i.V.m. § 30 Abs. 3 GHPO II vom 09.03.2007 [GBl. S. 193]) ergibt (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
24 
Der Anspruch des Klägers auf erneute Durchführung einer Wiederholungsprüfung folgt daraus, dass hinsichtlich der Mitglieder der Prüfungskommission die Besorgnis der Befangenheit besteht.
25 
Gemäß §§ 21 Abs.1, 2 Abs. 3 Nr. 2 LVwVfG ist die Besorgnis der Befangenheit gegen einen Prüfer begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, das Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Die Besorgnis der Befangenheit setzt nicht voraus, dass der Prüfer tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 21 Rn. 13; zum Maßstab der Besorgnis der Befangenheit auch bei nachträglicher Geltendmachung von Befangenheitsgründen vgl. VGH BW, Beschl. vom 19.06.2001 - 9 S 1164/01 -, NVwZ 2002, 235). Maßgebend ist, ob genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Betrachters geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu erregen. Das ist der Fall, wenn objektiv feststellbare, konkrete Tatsachen bei verständiger Würdigung aller Umstände einen Prüfling befürchten lassen können, der Prüfer werde in der Sache nicht unparteilich, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden. Maßstab hierfür ist die Ansicht der "idealen", zu einer vernünftigen und sachlichen Wertung fähigen Partei. Eine Besorgnis der Befangenheit des Prüfers kann sich auch aus der Art und Weise seines Umgangs mit den eigenen Fehlern ergeben, etwa dann, wenn der Prüfer sich von vornherein darauf festgelegt hat, seine Benotung nicht zu ändern (BVerwG, Urt. v. 04.05.1999 - 6 C 13/98 -, NVwZ 2000, 915).
26 
Für das Überdenkungsverfahren macht der Kläger zu Recht die Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder der Prüfungskommission geltend. Denn aufgrund des Schreibens des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg - Landeslehrerprüfungsamt - vom 19.01.2007 an die Mitglieder der Prüfungskommission und aufgrund deren Stellungnahme vom 29.01.2006 steht auch aus der Sicht eines „idealen“ Prüflings in Frage, ob diese bereit sind, bei sachlich gerechtfertigten Einwendungen des Klägers von ihrer bisherigen Benotung abzurücken. Die Formulierung
27 
"Ihr Schreiben sollte darüber hinaus folgende Aussagen unbedingt beinhalten: Dass Sie den Widerspruch gelesen, die einzelnen Aspekte überdacht haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, die Beurteilung sei angemessen und sachgerecht bzw., wenn Sie zu einer anderen Beurteilung kämen, nicht angemessen und sachgerecht."
28 
kann als Aufforderung an die Prüfungskommission verstanden werden, bei ihrer bisherigen Benotung zu bleiben und in ihrer Stellungnahme auszuführen, die bisherige Beurteilung sei angemessen und sachgerecht, oder aber auszuführen, jede andere Beurteilung wäre nicht angemessen und nicht sachgerecht. Die Prüfungskommission, deren Stellungnahme mit dem Satz beginnt
29 
"Wir haben den Widerspruch .... gelesen und die einzelnen Aspekte gründlich überdacht. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beurteilung angemessen und sachgerecht ist."
30 
hat hierdurch auch den Eindruck erweckt, dies entsprechend verstanden zu haben und der Aufforderung gefolgt zu sein.
31 
Hierzu steht nicht in Widerspruch, dass das Landeslehrerprüfungsamt mit der fraglichen Passage möglicherweise zum Ausdruck bringen wollte, dass die Stellungnahme der Prüfungskommission entweder die Formulierung enthalten solle, die Beurteilung sei angemessen und sachgerecht, wenn die Kommission zu dem Ergebnis komme, dass an der bisherigen Beurteilung festgehalten werden könne, bzw. die Formulierung enthalten solle, dass die bisherige Beurteilung nicht angemessen und sachgerecht sei, wenn sie zu dem Ergebnis komme, dass an der bisherigen Beurteilung nicht festgehalten werden könne. Sollte diese Formulierung beabsichtigt gewesen sein, was das beklagte Land bislang nicht behauptet hat, ist sie jedenfalls sprachlich verfehlt. Insbesondere muss sie aber aus Sicht eines verständigen Prüflings, zumal vor dem Hintergrund der Kommissionsstellungnahme, nicht in diesem Sinn verstanden werden.
32 
Die Besorgnis der Befangenheit gründet sich weiter darauf, dass das Landeslehrerprüfungsamt die Stellungnahme des Klägers im Widerspruchsverfahren mit Markierungen versehen hat, und die so vorbearbeitete Stellungnahme an die Mitglieder der Prüfungskommission weitergeleitet hat. Auch dies muss aus Sicht eines verständigen Prüflings als lenkende Einflussnahme des Prüfungsamts auf die Prüfer verstanden werden und die Frage aufwerfen, ob diese bereit sind, sich unvoreingenommen mit seinen Einwendungen auseinanderzusetzen und ggf. von der bisherigen Benotung abzuweichen. Diese Frage stellt sich schon deshalb, weil die Markierung einzelner Aussagen durch das Prüfungsamt und der Hinweis, dass diese von besonderem Interesse seien, an der erforderlichen eigenen Gewichtung der Einwendungen durch die Prüfer zweifeln lässt, zumal die Prüfer sich auch gerade mit den markierten Passagen befasst haben.
33 
Angesichts der vorgenannten, die Besorgnis der Befangenheit begründenden Tatsachen vermag der bloße Umstand, dass die Mitglieder der Prüfungskommission in der mündlichen Verhandlung erklärt haben, sie hätten sich aufgrund des Schreibens des Prüfungsamts nicht befangen gefühlt, keine andere Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. in diesem Zusammenhang auch VGH BW, Beschl. vom 19.06.2001, a.a.O.).
34 
Das Landeslehrerprüfungsamt hat mit seinem Schreiben vom 19.01.2007 im Übrigen auch seine verfahrensrechtliche Stellung im Überdenkungsverfahren überschritten. Es hat dieses Verfahren lediglich zu organisieren, aber nicht das "Überdenken" selbst durchzuführen oder dieses inhaltlich zu steuern. Dem Überdenkungsverfahren kommt eine Komplementärfunktion zu, nämlich die nur unvollkommene Kontrolle der Prüfungsentscheidung durch die Gerichte auszugleichen. Dies setzt ein Überdenken gerade auch der vom Prüfling beanstandeten prüfungsspezifischen Wertungen voraus, das nur durch die betroffenen Prüfer selbst erfolgen kann. Inhaltliche Äußerungen des Prüfungsamts sind nicht geeignet, dem Anspruch des Prüflings auf "Überdenken" der Bewertung seiner Prüfungsleistung zu genügen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.02.1993 - 6 C 35/92 -, NVwZ 1995, 168).
35 
Folge der Abnahme einer mündlichen oder praktischen Prüfung durch einen befangenen Prüfer ist deren Wiederholung (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, 4. Aufl., Fn. 187 zu Rn. 196). Die Lehrprobe, für deren Beurteilung es auf das Miterleben der konkreten Prüfungssituation ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, DVBl. 1996, 597; VGH BW, Beschluss vom 21.09.2005 - 9 S 473/05 -, NVwZ-RR 2006, 255), kann nicht durch einen anderen Prüfer nochmals beurteilt werden. Dies gilt auch, wenn die die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände sich erst im Überdenkungsverfahren ergeben. Geht man von einer Befangenheit der Prüfer im Rechtssinn aus, kann durch diese keine sachgerechte Überprüfung der Einwendungen des Klägers erfolgen. Da durch andere Prüfer ebenso wenig wie eine Neubewertung ein „Überdenken“ der von den befangenen Prüfern gemachten Bewertung der praktischen Prüfung möglich ist, ist eine Fehlerkorrektur nur durch Wiederholung der Prüfung möglich.
36 
Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, die in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge sei nicht rechtzeitig bzw. nicht unverzüglich gewesen. Für das Überdenkungsverfahren enthält die Grund- und Hauptschullehrerprüfungsordnung II keine speziellen Ausschlussfristen, binnen derer Verfahrensfehler geltend zu machen wären. Die Kammer kann im weiteren offen lassen, ob dem Kläger die die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände erst durch Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung bekannt wurden oder ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten schon aufgrund der Akteneinsicht im Klageverfahren zumindest hätten bekannt sein müssen.
37 
Denn auch bei einer sofort nach Akteneinsicht erfolgten Rüge hätten sich die mit dem Erfordernis der Unverzüglichkeit der Rüge verbundenen Zwecke nicht (mehr) erreichen lassen.
38 
Zweck einer unverzüglichen Rüge von Fehlern im Prüfungsverfahren ist es zunächst, der Prüfungsbehörde eine möglichst zeitnahe eigene Überprüfung des Sachverhalts zu ermöglichen, um ggf. Abhilfe schaffen zu können (vgl. BVerwGE, Urt. vom 22.06.1994 - 6 C 37.92 -, NVwZ 1995, 492). Einer solchen Aufklärung eines Prüfungsmangels in tatsächlicher Hinsicht bedarf es aber nicht, wenn die Prüfungsbehörde wie hier den Mangel durch eigenes Verwaltungshandeln, das im Übrigen, auch soweit es die Prüfungskommission betrifft, in ihren Akten schriftlich dokumentiert ist, selbst mit herbeiführt (vgl. in diesem Zusammenhang zur Entbehrlichkeit einer (unverzüglichen) Rüge bei einem offensichtlichen und zweifelsfreien Fehler im Prüfungsverfahren BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2.93 -, BVerwGE 94, 64; Beschluss vom 10.08.1994 - 6 B 60.93 -; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.02.1984 - 7 C 67.82 -, BVerwGE 69, 46 (52) sowie BVerwG, Urteil vom 29.08.1990 - 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323 und vom 11.08.1993, a.a.O.; vgl. auch Niehues, a.a.O., Randnr. 474, 207).
39 
Auch der weitere Zweck einer unverzüglichen Rüge, aus Gründen der Chancengleichheit zu vermeiden, dass der Prüfling die Möglichkeit erhält, die Prüfungsleistung jeweils nach ihrem Ergebnis gelten zu lassen oder zu wiederholen (vgl. BVerwG, a.a.O.), indem er erst nach Kenntnis des Prüfungsergebnisses einen Fehler im Prüfungsverfahren rügt, wäre im vorliegenden Fall durch eine frühere Rüge nicht zu erreichen gewesen. Zwar kann dieser Maßstab auch angewendet werden, wenn die Besorgnis der Befangenheit begründende Umstände sich erst im Überdenkungsverfahren ergeben, so dass es dem Prüfling grundsätzlich verwehrt ist, die Gründe für eine mögliche Befangenheit erst in Kenntnis der Überdenkungsentscheidung vorzutragen. Von diesen Umständen konnte der Kläger hier aber erst durch Akteneinsicht im Klageverfahren Kenntnis erlangen, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm das Ergebnis des abgeschlossenen Überdenkungsverfahren bereits bekannt war. Selbst wenn er diese Umstände unmittelbar nach Akteneinsicht geltend gemacht hätte, wäre dies somit in Kenntnis des Ergebnisses des Überdenkungsverfahrens erfolgt.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO.
41 
Die Berufung war gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine unverzügliche Rüge der Besorgnis der Befangenheit entbehrlich ist, wenn diese von der Prüfungsbehörde selbst mit herbeigeführt wurde.

Gründe

 
23 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Durchführung einer Wiederholungsprüfung im beantragten Umfang, der sich aus § 26 Abs. 2 GHPO II (Verordnung des Kultusministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen vom 18.01.2001 - Grund- und Hauptschullehrerprüfungsordnung II - [GBl. S. 11] i.V.m. § 30 Abs. 3 GHPO II vom 09.03.2007 [GBl. S. 193]) ergibt (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
24 
Der Anspruch des Klägers auf erneute Durchführung einer Wiederholungsprüfung folgt daraus, dass hinsichtlich der Mitglieder der Prüfungskommission die Besorgnis der Befangenheit besteht.
25 
Gemäß §§ 21 Abs.1, 2 Abs. 3 Nr. 2 LVwVfG ist die Besorgnis der Befangenheit gegen einen Prüfer begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, das Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Die Besorgnis der Befangenheit setzt nicht voraus, dass der Prüfer tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 21 Rn. 13; zum Maßstab der Besorgnis der Befangenheit auch bei nachträglicher Geltendmachung von Befangenheitsgründen vgl. VGH BW, Beschl. vom 19.06.2001 - 9 S 1164/01 -, NVwZ 2002, 235). Maßgebend ist, ob genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Betrachters geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu erregen. Das ist der Fall, wenn objektiv feststellbare, konkrete Tatsachen bei verständiger Würdigung aller Umstände einen Prüfling befürchten lassen können, der Prüfer werde in der Sache nicht unparteilich, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden. Maßstab hierfür ist die Ansicht der "idealen", zu einer vernünftigen und sachlichen Wertung fähigen Partei. Eine Besorgnis der Befangenheit des Prüfers kann sich auch aus der Art und Weise seines Umgangs mit den eigenen Fehlern ergeben, etwa dann, wenn der Prüfer sich von vornherein darauf festgelegt hat, seine Benotung nicht zu ändern (BVerwG, Urt. v. 04.05.1999 - 6 C 13/98 -, NVwZ 2000, 915).
26 
Für das Überdenkungsverfahren macht der Kläger zu Recht die Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder der Prüfungskommission geltend. Denn aufgrund des Schreibens des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg - Landeslehrerprüfungsamt - vom 19.01.2007 an die Mitglieder der Prüfungskommission und aufgrund deren Stellungnahme vom 29.01.2006 steht auch aus der Sicht eines „idealen“ Prüflings in Frage, ob diese bereit sind, bei sachlich gerechtfertigten Einwendungen des Klägers von ihrer bisherigen Benotung abzurücken. Die Formulierung
27 
"Ihr Schreiben sollte darüber hinaus folgende Aussagen unbedingt beinhalten: Dass Sie den Widerspruch gelesen, die einzelnen Aspekte überdacht haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, die Beurteilung sei angemessen und sachgerecht bzw., wenn Sie zu einer anderen Beurteilung kämen, nicht angemessen und sachgerecht."
28 
kann als Aufforderung an die Prüfungskommission verstanden werden, bei ihrer bisherigen Benotung zu bleiben und in ihrer Stellungnahme auszuführen, die bisherige Beurteilung sei angemessen und sachgerecht, oder aber auszuführen, jede andere Beurteilung wäre nicht angemessen und nicht sachgerecht. Die Prüfungskommission, deren Stellungnahme mit dem Satz beginnt
29 
"Wir haben den Widerspruch .... gelesen und die einzelnen Aspekte gründlich überdacht. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beurteilung angemessen und sachgerecht ist."
30 
hat hierdurch auch den Eindruck erweckt, dies entsprechend verstanden zu haben und der Aufforderung gefolgt zu sein.
31 
Hierzu steht nicht in Widerspruch, dass das Landeslehrerprüfungsamt mit der fraglichen Passage möglicherweise zum Ausdruck bringen wollte, dass die Stellungnahme der Prüfungskommission entweder die Formulierung enthalten solle, die Beurteilung sei angemessen und sachgerecht, wenn die Kommission zu dem Ergebnis komme, dass an der bisherigen Beurteilung festgehalten werden könne, bzw. die Formulierung enthalten solle, dass die bisherige Beurteilung nicht angemessen und sachgerecht sei, wenn sie zu dem Ergebnis komme, dass an der bisherigen Beurteilung nicht festgehalten werden könne. Sollte diese Formulierung beabsichtigt gewesen sein, was das beklagte Land bislang nicht behauptet hat, ist sie jedenfalls sprachlich verfehlt. Insbesondere muss sie aber aus Sicht eines verständigen Prüflings, zumal vor dem Hintergrund der Kommissionsstellungnahme, nicht in diesem Sinn verstanden werden.
32 
Die Besorgnis der Befangenheit gründet sich weiter darauf, dass das Landeslehrerprüfungsamt die Stellungnahme des Klägers im Widerspruchsverfahren mit Markierungen versehen hat, und die so vorbearbeitete Stellungnahme an die Mitglieder der Prüfungskommission weitergeleitet hat. Auch dies muss aus Sicht eines verständigen Prüflings als lenkende Einflussnahme des Prüfungsamts auf die Prüfer verstanden werden und die Frage aufwerfen, ob diese bereit sind, sich unvoreingenommen mit seinen Einwendungen auseinanderzusetzen und ggf. von der bisherigen Benotung abzuweichen. Diese Frage stellt sich schon deshalb, weil die Markierung einzelner Aussagen durch das Prüfungsamt und der Hinweis, dass diese von besonderem Interesse seien, an der erforderlichen eigenen Gewichtung der Einwendungen durch die Prüfer zweifeln lässt, zumal die Prüfer sich auch gerade mit den markierten Passagen befasst haben.
33 
Angesichts der vorgenannten, die Besorgnis der Befangenheit begründenden Tatsachen vermag der bloße Umstand, dass die Mitglieder der Prüfungskommission in der mündlichen Verhandlung erklärt haben, sie hätten sich aufgrund des Schreibens des Prüfungsamts nicht befangen gefühlt, keine andere Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. in diesem Zusammenhang auch VGH BW, Beschl. vom 19.06.2001, a.a.O.).
34 
Das Landeslehrerprüfungsamt hat mit seinem Schreiben vom 19.01.2007 im Übrigen auch seine verfahrensrechtliche Stellung im Überdenkungsverfahren überschritten. Es hat dieses Verfahren lediglich zu organisieren, aber nicht das "Überdenken" selbst durchzuführen oder dieses inhaltlich zu steuern. Dem Überdenkungsverfahren kommt eine Komplementärfunktion zu, nämlich die nur unvollkommene Kontrolle der Prüfungsentscheidung durch die Gerichte auszugleichen. Dies setzt ein Überdenken gerade auch der vom Prüfling beanstandeten prüfungsspezifischen Wertungen voraus, das nur durch die betroffenen Prüfer selbst erfolgen kann. Inhaltliche Äußerungen des Prüfungsamts sind nicht geeignet, dem Anspruch des Prüflings auf "Überdenken" der Bewertung seiner Prüfungsleistung zu genügen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.02.1993 - 6 C 35/92 -, NVwZ 1995, 168).
35 
Folge der Abnahme einer mündlichen oder praktischen Prüfung durch einen befangenen Prüfer ist deren Wiederholung (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, 4. Aufl., Fn. 187 zu Rn. 196). Die Lehrprobe, für deren Beurteilung es auf das Miterleben der konkreten Prüfungssituation ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, DVBl. 1996, 597; VGH BW, Beschluss vom 21.09.2005 - 9 S 473/05 -, NVwZ-RR 2006, 255), kann nicht durch einen anderen Prüfer nochmals beurteilt werden. Dies gilt auch, wenn die die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände sich erst im Überdenkungsverfahren ergeben. Geht man von einer Befangenheit der Prüfer im Rechtssinn aus, kann durch diese keine sachgerechte Überprüfung der Einwendungen des Klägers erfolgen. Da durch andere Prüfer ebenso wenig wie eine Neubewertung ein „Überdenken“ der von den befangenen Prüfern gemachten Bewertung der praktischen Prüfung möglich ist, ist eine Fehlerkorrektur nur durch Wiederholung der Prüfung möglich.
36 
Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, die in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge sei nicht rechtzeitig bzw. nicht unverzüglich gewesen. Für das Überdenkungsverfahren enthält die Grund- und Hauptschullehrerprüfungsordnung II keine speziellen Ausschlussfristen, binnen derer Verfahrensfehler geltend zu machen wären. Die Kammer kann im weiteren offen lassen, ob dem Kläger die die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände erst durch Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung bekannt wurden oder ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten schon aufgrund der Akteneinsicht im Klageverfahren zumindest hätten bekannt sein müssen.
37 
Denn auch bei einer sofort nach Akteneinsicht erfolgten Rüge hätten sich die mit dem Erfordernis der Unverzüglichkeit der Rüge verbundenen Zwecke nicht (mehr) erreichen lassen.
38 
Zweck einer unverzüglichen Rüge von Fehlern im Prüfungsverfahren ist es zunächst, der Prüfungsbehörde eine möglichst zeitnahe eigene Überprüfung des Sachverhalts zu ermöglichen, um ggf. Abhilfe schaffen zu können (vgl. BVerwGE, Urt. vom 22.06.1994 - 6 C 37.92 -, NVwZ 1995, 492). Einer solchen Aufklärung eines Prüfungsmangels in tatsächlicher Hinsicht bedarf es aber nicht, wenn die Prüfungsbehörde wie hier den Mangel durch eigenes Verwaltungshandeln, das im Übrigen, auch soweit es die Prüfungskommission betrifft, in ihren Akten schriftlich dokumentiert ist, selbst mit herbeiführt (vgl. in diesem Zusammenhang zur Entbehrlichkeit einer (unverzüglichen) Rüge bei einem offensichtlichen und zweifelsfreien Fehler im Prüfungsverfahren BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2.93 -, BVerwGE 94, 64; Beschluss vom 10.08.1994 - 6 B 60.93 -; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.02.1984 - 7 C 67.82 -, BVerwGE 69, 46 (52) sowie BVerwG, Urteil vom 29.08.1990 - 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323 und vom 11.08.1993, a.a.O.; vgl. auch Niehues, a.a.O., Randnr. 474, 207).
39 
Auch der weitere Zweck einer unverzüglichen Rüge, aus Gründen der Chancengleichheit zu vermeiden, dass der Prüfling die Möglichkeit erhält, die Prüfungsleistung jeweils nach ihrem Ergebnis gelten zu lassen oder zu wiederholen (vgl. BVerwG, a.a.O.), indem er erst nach Kenntnis des Prüfungsergebnisses einen Fehler im Prüfungsverfahren rügt, wäre im vorliegenden Fall durch eine frühere Rüge nicht zu erreichen gewesen. Zwar kann dieser Maßstab auch angewendet werden, wenn die Besorgnis der Befangenheit begründende Umstände sich erst im Überdenkungsverfahren ergeben, so dass es dem Prüfling grundsätzlich verwehrt ist, die Gründe für eine mögliche Befangenheit erst in Kenntnis der Überdenkungsentscheidung vorzutragen. Von diesen Umständen konnte der Kläger hier aber erst durch Akteneinsicht im Klageverfahren Kenntnis erlangen, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm das Ergebnis des abgeschlossenen Überdenkungsverfahren bereits bekannt war. Selbst wenn er diese Umstände unmittelbar nach Akteneinsicht geltend gemacht hätte, wäre dies somit in Kenntnis des Ergebnisses des Überdenkungsverfahrens erfolgt.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO.
41 
Die Berufung war gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine unverzügliche Rüge der Besorgnis der Befangenheit entbehrlich ist, wenn diese von der Prüfungsbehörde selbst mit herbeigeführt wurde.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 16/02/2009 00:00

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 28. Februar 2008 - 2 K 1276/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rech
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.