Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 23. Sept. 2015 - 4 K 6154/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger beantragte am 7. April 2014 die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung von einer Gaststätte in ein Wettbüro im Gebäude „S. C. 2“ in E.
3Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. August 2014 (am 19. August 2014 zur Post gegeben) mangels Sachbescheidungsinteresses ab. Der Kläger könne die Baugenehmigung mit Blick auf § 22 GlüSpVO NRW nicht ausnutzen, da die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden könne, weil das Vorhaben den vorgeschriebenen Mindestabstand von 200 m zu der städtischen katholischen offenen Ganztagsgrundschule S. L.----weg und zur X. -G. -T. -Tagesschule Städt. Gemeinschaftshauptschule S. L.----weg auf dem Grundstück S. L.----weg 21 sowie zur evangelischen Kita O.-------straße auf dem Grundstück O.-------straße 1 nicht einhalte.
4Der Kläger hat am 19. September 2014 Klage erhoben.
5Er ist der Ansicht, das Sachbescheidungsinteresse sei gegeben. Glückspielrechtliche Erwägungen seien strikt vom baurechtlichen Genehmigungsverfahren zu trennen. Es bestünden Zweifel daran, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 22 AG GlüStV NRW die in § 22 Abs. 1 GlüSpVO NRW enthaltene Mindestabstandsregelung zu öffentlichen Schulen und öffentlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe trage. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Regelung jedenfalls einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass die Nähe zu Grundschulen unbeachtlich sei, da Grundschulkinder insoweit nicht schutzbedürftig seien.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. August 2014 zu verpflichten, ihm die beantragte Nutzungsänderung von einer Gaststätte in ein Wettbüro für das Baugrundstück „S. C. 2“ in E zu erteilen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Mit Blick auf § 22 GlüSpVO NRW sei der Kläger aus Rechtsgründen gehindert, von einer etwaigen Baugenehmigung Gebrauch zu machen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.
14Die Klage ist mangels Sachbescheidungsinteresses unzulässig. Das Sachbescheidungsinteresse des Klägers für den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung fehlt. Er wäre aus Rechtsgründen gehindert, von der begehrten Baugenehmigung Gebrauch zu machen und kann daher mit der vorliegenden Klage seine Rechtsstellung nicht verbessern.
15Vgl. zum Verbot der Mehrfachkonzession: OVG NRW, Urteile vom 29. April 2013 - 10 A 2611/11 - und vom 19. April 2013 - 10 A 2596/11 -, juris.
16Einer Ausnutzung der Baugenehmigung steht § 22 Abs. 1 GlüSpVO NRW entgegen. Danach darf die Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten in Wettvermittlungsstellen nur unter der Voraussetzung erteilt werden, dass die Wettvermittlungsstelle einen Mindestabstand von 200 m Luftlinie zu öffentlichen Schulen und öffentlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht unterschreitet. Vorliegend befinden sich indes die städtische katholische offene Ganztagsgrundschule S. L.----weg und die X. -G. -T. -Tagesschule Städt. Gemeinschaftshauptschule S. L.----weg sowie die evangelischen Kita O.-------straße innerhalb dieses Mindestabstandes.
17Die Ansicht des Klägers, die vorstehende Regelung sei verfassungswidrig, teilt das Gericht nicht. Die insoweit benannten Entscheidungen
18VG Arnsberg, Beschluss vom 21. Oktober 2013 – 1 L 395/13 - und VG Köln, Beschluss vom 9. Januar 2015 – 9 L 2040/14 -
19betreffen andere Sachverhalte, ging es dort um glücksspielrechtliche Ordnungsverfügungen.
20Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 GlüSpVO ist von der Ermächtigungsgrundslage des § 22 Abs. 1 AG GlÜStV NRW gedeckt. Nach § 22 Abs. 1 AG Nr. 1 GlüStV NRW umfasst die Ermächtigung den Erlass von Vorschriften über das Erlaubnisverfahren nach § 4 Abs. 1 GlüStV in Verbindung mit § 4 AG GlÜStV NRW. Nach letztgenannter Vorschrift setzt die Erlaubnis voraus, dass die Ziele des § 1 AG GlüStV NRW nicht entgegenstehen. § 1 AG GlÜStV NRW statuiert in Abs. 1 Ziff. 3 als Ziel des Gesetzes ausdrücklich die Gewährleistung des Jugendschutzes. Eben diesem Ziel dient die Regelung des Mindestabstandes zu Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen.
21Soweit es durch die Regelung des § 22 Abs. 1 GlückSpVO zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG kommen sollte, wäre ein solcher jedenfalls gerechtfertigt. Die Schutzziele der GlückSpVO und des AG GlüSTV NRW beinhalten Rechtfertigungsgründe für solche Eingriffe.
22Vgl. zum sog. Trennungsgebot OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2015 - 4 B 11/3/14 -, juris Rn. 3 ff., wonach bei standortbezogenen Anforderungen auch die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit nicht verletzt wird, dort Rn. 20.
23Auch für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass das Alter der Besucher der Einrichtung innerhalb des Mindestabstandes zu berücksichtigen wäre,
24so VG Arnsberg, Beschluss vom 21. Oktober 2013 – 1 L 395/13 -,
25ist kein Raum. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die „Anfälligkeit“ von Kindern und Jugendlichen sehr individuell ist und keine starre Altersgrenze kennt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass gerade (auch) Kinder im Grundschulalter schon ein großes Interesse an Sportergebnissen und dem – wenngleich spielerischen – Wetten haben, so dass ein Mindestabstand ohne Zweifel geeignet ist, dem Jugendschutz zu dienen.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO.
27Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
28Beschluss:
29Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
30Gründe:
31Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 3 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des OVG NRW (geschätzter Jahresnutzwert).
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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
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Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.