Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 16. März 2015 - 26 L 3092/14
Gericht
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die am 16. August 2014 ausgeschriebene Beförderungsstelle des Fachbereichsleiters Recht nicht mit dem Beigeladenen oder einem anderen Konkurrenten zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden und eine Frist von zwei Wochen abgelaufen ist, nachdem dem Antragsteller die erneute Entscheidung mitgeteilt worden ist.
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der übrigen Beteiligten sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf bis zu 22.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag des Antragstellers,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die am 16. August 2014 ausgeschriebene Beförderungsstelle des Fachbereichsleiters Recht nicht mit einem anderen Konkurrenten als ihm – dem Antragsteller – zu besetzen, und ihr aufzugeben, alles zu unterlassen, was eine Einweisung und Beförderung eines Mitkonkurrenten in die vorgenannte Stelle bewirken könnte, bis über sein – des Antragstellers – Begehren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden und eine Frist von zwei Wochen nach Mitteilung der erneuten Entscheidung an ihn – den Antragsteller – abgelaufen ist,
4hat Erfolg, wobei die Kammer im Tenor die dem Rechtsschutzziel des Antragstellers entsprechende Formulierung gewählt hat (§ 88 VwGO).
5Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die einstweilige Anordnung dient damit lediglich der Sicherung von Rechten des Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur für den Fall anerkannt, dass ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist und dies für den Antragsteller zu unzumutbaren Folgen führen würde. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung ‑ ZPO).
6Vorliegend hat der Antragsteller Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
7Der Antragsteller hat zunächst die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstelle mit dem Beigeladenen wäre im Falle eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht ohne Weiteres wieder rückgängig zu machen.
8Soweit die Antragsgegnerin einwendet, eine definitive Entscheidung zugunsten des Beigeladenen sei in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller den Antrag bei Gericht gestellt habe, noch nicht erfolgt und eine Zusage an den Beigeladenen sei noch nicht erfolgt und werde vorerst auch nicht erfolgen, steht dies im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Annahme eines Anordnungsgrundes nicht entgegen. Laut Vermerk vom 1. Dezember 2014 erscheint der Beigeladene – als Einziger der im Auswahlgespräch angehörten Bewerber – geeignet und ihm solle ein entsprechendes Angebot gemacht werden. Gemäß Schreiben vom 5. Januar 2015 an den Antragsteller war beabsichtigt, die Stelle einem Mitbewerber zu übertragen und das Besetzungsverfahren nach Ablauf von zwei Wochen fortzuführen.
9Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, der in der sich aus dem Tenor ergebenden Weise zu sichern ist. Der Antragsteller kann beanspruchen, dass die Besetzung der ausgeschriebenen Beförderungsstelle mit dem Beigeladenen vorerst unterbleibt, weil die Auswahlentscheidung des Antragsgegners den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW ergebenden Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt. Sie erweist sich als rechtswidrig und die Auswahl des Antragstellers erscheint in einem neuen Auswahlverfahren zumindest nicht ausgeschlossen.
10Ein Beamter hat zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat jedoch ein Recht darauf, dass eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe eines Beförderungsamtes getroffen wird. Materiell ist bei der Entscheidung, wem von mehreren Beförderungsbewerbern die Stelle übertragen werden soll, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Der Dienstherr hat Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der jeweiligen Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG). Ist ein Bewerber besser qualifiziert, darf er nicht übergangen werden. Bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der Konkurrenten liegt die Auswahl im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Der einzelne Bewerber hat insoweit ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Stellenbesetzung (Bewerbungsverfahrensanspruch). Dieses Recht ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig.
11Weil für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Anlass besteht, wenn feststeht, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung für das Entscheidungsergebnis bedeutungslos war, wenn also die Wiederholung des Stellenbesetzungsverfahrens unter Vermeidung der Rechtsverletzung zu keiner für den Antragsteller günstigeren Entscheidung führen kann, setzt der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung voraus, dass die Verletzung des Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Beförderungsbegehren glaubhaft ist und zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass die noch zu treffende rechtmäßige Auswahlentscheidung tatsächlich zur Beförderung des Antragstellers führt (potentielle Kausalität des Fehlers im Auswahlverfahren für das Auswahlergebnis).
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 - und vom 19. Dezember 2003 - 1 B 1972/03 -.
13Hingegen ist es im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Ermessensspielraum nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen.
14Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.September 2002 - 2 BvR 857/02 - ZBR 2002, 427.
15Bei der Auswahlentscheidung ist all das zu berücksichtigen, was für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bedeutsam ist. Wesentliche Grundlage sind die Personalakten der Bewerber, aus denen sich die schulische und berufliche Aus- und Fortbildung einschließlich der Abschluss- und Laufbahnprüfungen, der berufliche Werdegang und insbesondere die Beurteilung von Eignung, Befähigung und bisheriger fachlicher Leistung ergeben.
16Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. Oktober 1989 – 1 TG 2751/89 – juris
17Ausgehend vom oben dargestellten Prinzip der Bestenauslese ist der gebotene Leistungsvergleich regelmäßig anhand aussagekräftiger, also hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2014 – 1 B 195/14 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2013 – 6 B 1193/13 – juris, m.w.N.
19Der Eindruck eines Auswahlgesprächs kann in aller Regel hingegen nur zur Abrundung des sich aus dienstlichen Beurteilungen bzw. damit vergleichbaren Leistungsnachweisen ergebenden Bildes herangezogen werden,
20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Oktober 2009 – 6 B 1232/09 – Juris und vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 – Juris, m.w.N.,
21um bei einem Qualifikationsgleichstand eine Feinabschichtung bei der Leistungs- und Eignungsbewertung zu ermöglichen.
22OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 1 B 1786/07 – Juris.
23Diesen Anforderungen wird das von der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall durchgeführte Auswahlverfahren nicht gerecht. Die von der Antragsgegnerin auf der Grundlage der durchgeführten strukturierten Auswahlgespräche getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen leidet an einem erheblichen Mangel, durch den der Antragsteller in seinem Bewerberverfahrensanspruch verletzt wird.
24Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers wird dadurch verletzt, dass der von der Antragsgegnerin getroffenen Auswahlentscheidung keine zeitnahen Beurteilungen von Antragsteller und Beigeladenem zugrunde gelegt wurden, so dass der erforderliche aktuelle Leistungs- und Eignungsvergleich fehlt. Die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers wurde unter dem 30. September 2008 erstellt, eine Beurteilung des Beigeladenen lag der Antragsgegnerin bei ihrer Auswahlentscheidung nicht vor. Ein Leistungsvergleich zwischen Antragsteller und Beigeladenem auf der Grundlage aktueller Leistungsbeurteilungen ist somit nicht vorgenommen worden.
25Liegen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keine zeitnahen (Regel-) Beurteilungen vor, so ist aufgrund aktueller (Anlass-) Beurteilungen ein Leistungs- und Eignungsvergleich vorzunehmen. Förmliche Anlassbeurteilungen hat die Antragsgegnerin vorliegend ebenfalls nicht erstellt bzw. eingeholt. Allerdings ist die Erstellung förmlicher Beurteilungen auch nicht zwingend erforderlich. Dem Bewerbungsverfahrensanspruch, also dem Anspruch der Bewerber auf faire, chancengleiche Behandlung mit gerichtlicher Überprüfungsmöglichkeit, wird in ausreichendem Maße auch dadurch Rechnung getragen, dass die aktuellen Eignungsbeurteilungen und die maßgeblichen Auswahlerwägungen schriftlich festgehalten werden. Eine derartige Verfahrensweise entspricht dem Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes; sie dient der Überprüfbarkeit der Auswahlentscheidung, insbesondere im Hinblick darauf, ob der Dienstherr die nicht ausgewählten Bewerber aus unsachlichen Erwägungen in ihrem beruflichen Fortkommen behindert hat,
26Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. April 1993 – 1 TG 709/93 – juris.
27Es fehlt aber auch an einem schriftlich fixierten aktuellen Eignungs- und Leistungsvergleich. Eine vergleichende Eignungsbeurteilung zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen kann weder in der unter dem 8. Oktober 2014 erstellten tabellarischen Übersicht (BA Heft 2, Bl. 40, 43) über den beruflichen Werdegang von 15 Bewerbern /Bewerberinnen noch in dem Vermerk vom 6. November 2014 erblickt werden. Die tabellarische Übersicht erfasst neben den persönlichen Daten wie Anschrift und Telefonnummer noch Zeitpunkt und Noten der bestandenen Staatsexamina, die Art und Dauer der Berufserfahrung in leitender Position sowie Erfahrungen als Jurist in der Kommunalverwaltung, ohne dass hierin eine vergleichende Bewertung vorgenommen wird. Der Vermerk verhält sich im Wesentlichen zu Bewerbern, die nicht zu den Auswahlgesprächen eingeladen wurden und zu den insoweit maßgeblichen Gründen hierfür. In Bezug auf den Antragsteller und den Beigeladenen – und weitere sechs Bewerber/innen - enthält der Vermerk lediglich die Feststellung:
28„Somit verbleiben acht Bewerberinnen und Bewerber. Alle sind aktuell in leitenden Positionen tätig. Diese verfügen alle über lange Berufserfahrung (zweites Staatsexamen vor 2000). Sieben Bewerber sind bereits nach A 15 ÜBesG besoldet bzw. nach E 15 TVÖD eingruppiert.“
29Diese Feststellung knüpft an das Ausschreibungsprofil an, welches von den Bewerbern u.a. fordert:
30- 31
erstes und zweites Staatsexamen (und somit die Befähigung zum Richteramt)
- 32
mehr als zwei Jahre Berufserfahrung in leitender Position
- 33
Erfahrung als Juristin/Jurist in der Kommunalverwaltung (außerhalb des Referendariats).
Aufgrund dieser Feststellung wird in dem Vermerk vorgeschlagen, die verbleibenden sieben Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Mithin erschöpft sich der Vermerk vom 6. November 2014 in der Feststellung, dass die verbliebenen Bewerber das konstitutive Anforderungsprofil sämtlich erfüllen.
35Die Antragsgegnerin hat ihre Auswahlentscheidung zwischen den nach dem konstitutiven Anforderungsprofil in Betracht kommenden Bewerbern und Bewerberinnen maßgeblich - unter Verzicht auf die Erstellung bzw. Anforderung aktueller Beurteilungen / Zeugnisse - auf die von ihr durchgeführten “strukturierten“ Auswahlgespräche gestützt. Dies ergibt sich aus dem Vermerk vom 1. Dezember 2014 über die Durchführung der Auswahlgespräche am 28. November 2014. Hiernach erfüllten insgesamt 15 Bewerberinnen die konstitutiven Voraussetzungen. Von diesen 15 wurden nach entsprechender Vorauswahl anhand des vorgegebenen Anforderungsprofils im Ausschreibungsverfahren im Einvernehmen mit dem Personalrat und der Gleichstellungsstelle eine Bewerberin und sechs Bewerber zu einem Auswahlgespräch eingeladen, wobei dieser Einladung nur eine Bewerberin und drei Bewerber – darunter der Antragsteller und der Beigeladene – gefolgt sind. Als Fazit wird in dem Vermerk festgehalten, dass nach einstimmigem Beschluss der gesamten Auswahlkommission der Antragsteller sowie zwei weitere Bewerber für die Besetzung der Stelle nicht geeignet erscheinen, während der Beigeladene geeignet erscheine. Ihm solle ein entsprechendes Angebot gemacht werden.
36Besonderheiten, welche es (ausnahmsweise) rechtfertigen, den dienstlichen Beurteilungen für den Bewerbervergleich regelmäßig zukommenden Stellenwert einzugrenzen und dafür den bei Auswahlgesprächen von den Bewerbern gewonnenen Eindruck stärker als im "Normalfall" zu gewichten,
37vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 – 1 B 300/04 – juris,
38liegen nicht vor. Besonderheiten des vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren rechtfertigten es im vorliegenden Fall nicht, auf die Heranziehung dienstlicher Beurteilungen gänzlich zu verzichten und dafür den bei Auswahlgesprächen von den Bewerbern gewonnenen Eindruck als für die Auswahlentscheidung maßgeblich heranzuziehen.
39Derartige Besonderheiten hat das OVG NRW in der zuvor genannten Entscheidung ausnahmsweise für den Fall angenommen, dass es in ein- und demselben Besetzungsverfahren für einen im Verhältnis zu dem bisherigen Statusamt bzw. der bisherigen Eingruppierung der Bewerber höherwertigen Dienstposten nicht nur um die Konkurrenz eines internen mit überwiegend externen Bewerbern geht, sich zudem die Bewerber in ganz unterschiedlichen Stadien ihrer beruflichen Entwicklung befinden (fast noch Berufsanfänger bzw. langjährig berufserfahrener Bediensteter) und zum anderen auch noch verschiedenen Statusgruppen zugehören (Beamter bzw. Angestellter).
40Im vorliegenden Fall besteht einzig die Besonderheit, dass der Beigeladene einem anderen Dienstherrn angehört, während die übrigen zu den Auswahlgesprächen eingeladenen Bewerber – darunter der Antragsteller – als Beamte bereits in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin stehen. Dieser Umstand (mehrere interne Bewerber, ein externer Bewerber) enthebt die Antragsgegnerin gleichwohl nicht der Verpflichtung, im Rahmen des Auswahlverfahrens einen aktuellen Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern anzustellen und hierbei sämtliche verfügbare Erkenntnismittel auszuschöpfen,
41Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 26. November 2008 – 1 B 1870/08 – juris,
42zumal hier ein Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen den bei der Antragsgegnerin beschäftigten Beamten durch Erstellung aktueller Bedarfsbeurteilungen unproblematisch möglich gewesen wäre. Es ist Sache des externen Bewerbers, mit seiner Bewerbung aussagefähige Unterlagen vorzulegen, zu denen ein möglichst aktuelles Zeugnis gehören sollte.
43Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. April 1993 – 1 TG 709/93 – juris.
44Ein solches Dienstzeugnis hätte der Beigeladene von seinem Dienstherrn beanspruchen können. Gemäß § 93 Abs. 3 LBG NRW wird dem Beamten beim Nachweis eines berechtigten Interesses und nach Beendigung des Beamtenverhältnisses auf seinen Antrag ein Dienstzeugnis über Art und Dauer der von ihm bekleideten Ämter erteilt. Das Dienstzeugnis muss auf Verlangen des Beamten auch über die von ihm ausgeübte Tätigkeit und seine Leistungen Auskunft geben. Letztlich hat er auch – allerdings erst während des anhängigen Eilverfahrens – eine unter dem 24. November 2004 erstellte dienstliche Beurteilung, ein unter dem 5. März 2012 erstelltes „Zwischenzeugnis“ und eine von seinem Dienstherrn unter dem 2. Februar 2015 erstellte – wenngleich äußerst knapp gehaltene und allenfalls ansatzweise an den üblichen differenzierten Beurteilungskriterien orientierte - „Beurteilung“ vorgelegt.
45Die Kammer verkennt nicht, dass es im unabweisbaren Interesse des künftigen Dienstherrn liegt, sich ein eigenes Urteil über das Leistungsvermögen sowie die Eignung und Befähigung der jeweiligen Bewerber verschaffen zu können. Dies gilt namentlich dann, wenn es - wie hier - um die Eignungsprognose für einen herausgehobenen Dienstposten (hier: Amtsleiterstelle) geht. Würde man dem Dienstherrn in diesem Zusammenhang auferlegen, sich ausschlaggebend auf das Urteil Dritter, nämlich die Beurteilungen der Bewerber durch andere Dienstherrn, Dienststellen bzw. Arbeitgeber verlassen zu müssen, so bliebe der unabdingbar notwendige eigene Gewichtungs- und Bewertungsspielraum des - künftigen - Dienstherrn nur dann gewahrt, wenn die zur Besetzung berufene Stelle hinreichend sichere Erkenntnismöglichkeiten über die jeweils angelegten Beurteilungsmaßstäbe und -kriterien besäße oder diese sich zumindest relativ einfach und in angemessener Zeit verschaffen kann, was für die für die Stellenbesetzung zuständige Stelle mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, wenn die Bewerber verschiedenen Dienstherren angehören.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 - juris.
47Dies kann jedoch nicht zur Folge haben, dass dem Dienstherrn zugestanden wird, auf eine aktuelle Eignungs- und Leistungsbeurteilung vollständig zu verzichten. Vielmehr könnte der aufgezeigten Schwierigkeit dadurch Rechnung getragen werden, den im Auswahlgespräch gewonnenen Eindruck im Verhältnis zu den dienstlichen Beurteilungen stärker als im "Normalfall" zu gewichten.
48Selbst wenn man jedoch im vorliegenden Fall eine solche Sonderkonstellation annehmen wollte, in der wegen der Schwierigkeit, eine zuverlässige und miteinander vergleichbare Beurteilungsbasis zu gewinnen, dem - künftigen - Dienstherrn zugestanden werden muss, dass er bei der Besetzung der Stelle den ausgehend vom Prinzip der Bestenauslese gebotenen Vergleich von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung jedenfalls zu einem großen Teil und mit einem entsprechenden ausschlaggebenden Gewicht selbst durchführen kann, wozu sich gerade die Durchführung von Personal- bzw. Auswahlgesprächen anbietet,
49vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 – juris,
50so verletzt im vorliegenden Fall das gewählte Verfahren den Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch.
51Eine wie im vorliegenden Fall maßgeblich auf die Eindrücke in einem Auswahlgespräch gestützte Bewerberauswahl muss ebenso wie eine sonstige Auswahlentscheidung daraufhin überprüft werden können, ob der Dienstherr von zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe sowie Verwaltungsvorschriften beachtet und keine sachwidrigen Erwägungen angestellt hat. Eine solche Überprüfung erfordert zwar kein Protokoll, insbesondere kein Wortprotokoll der Gespräche, aber es müssen die an die Stellenbewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in den Grundzügen nachvollziehbar festgehalten werden.
52Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – OVG 6 S 50.11 – juris, m.w.N.
53Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass die Bewerber - sei es in einem formalisierten Gruppenauswahlverfahren nach Art eines Assessment-Centers, sei es - wie hier - im Rahmen von längeren Einzelgesprächen in Form strukturierter Interviews - bei dem Gespräch genügend Zeit und Gelegenheit erhalten, um ihre Persönlichkeit und ihre fachlichen Fähigkeiten und Leistungen darstellen, sowie - je nach Anforderungsprofil - zugleich eigene Ideen und Konzepte für den betroffenen Aufgabenbereich entwickeln zu können. Ein einheitlich gehandhabter Frage- /Bewertungsbogen ist geboten, um u.a. die gebotene Chancengleichheit zu gewährleisten. Je mehr die dort enthaltenen Fragen / Aufgaben - in Abgrenzung von einem allgemeinen Vorstellungsgespräch - an dem Anforderungsprofil der konkret zu besetzenden Stelle orientiert werden, um so stärker kann den Antworten / Lösungen Bedeutung für die konkrete Eignungsprognose zugemessen werden. Weiterhin muss die Sach- und Fachkunde der an dem Auswahlverfahren beteiligten Personen, z.B. hier der Mitglieder der Auswahlkommission, gewährleistet sein.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 - a.a.O.
55Insoweit muss der Verlauf eines Auswahlgesprächs einschließlich der Vergabe eventueller Teilbewertungen zumindest in gewissen Grundzügen aus vorliegenden Aufzeichnungen und / oder aus dem Text der Begründung des abschließenden Vorschlags des Auswahlgremiums zu entnehmen sein, um so dem Gebot der hinreichenden Transparenz zu genügen.
56Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 - a.a.O.
57Denn nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis er sich ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch besteht. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen.
58Vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.Juli 2007- 2 BvR 206/07- juris.
59Daran fehlt es hier. Vorliegend sind mit den in die engere Wahl genommenen Bewerbern ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge von der Auswahlkommission jeweils Einzelgespräche geführt worden. Die Gesprächsführung hat sich dabei jeweils an einem einheitlich verwendeten Fragenkatalog orientiert, der an dem von der Antragsgegnerin zuvor aufgestellten Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle ausgerichtet war.
60Der am 1. Dezember 2014 erstellte Vermerk stellt jedoch keine hinreichende Dokumentation der Auswahlgespräche dar. In Bezug auf den Antragsteller wird hierin lediglich ausgeführt:
61„Auf Befragen teilt Herr F. mit, dass er sich gesund und fit für das Gespräch fühlt. Die ihm gestellten Fragen beantwortet er sehr ausführlich bis hin zu ausschweifend, ohne dabei jedoch Probleme präzise zu benennen oder Lösungen vorzuschlagen. Vielmehr nutzt er Allgemeinplätze zur Beantwortung der Fragen. Selbst auf konkreteres Hinterfragen umgeht er weiterhin konkrete Aussagen. Der Reiz der Stelle liegt für ihn in der Herausforderung und die Chance, Erfahrungen aus dem operativen Geschäft gewinnbringend umzusetzen. Seine Rolle gegenüber der Fachdezernentin und zum Oberbürgermeister sieht er darin, eine breite Entscheidungsgrundlage vorzulegen, Informationen zu geben und betont in diesem Zusammenhang, dass dies einhergeht mit subjektiv gefärbten Vorschlägen.“
62Mit diesem Vermerk wird allerdings der durch den Fragenkatalog vorgegebene Gesprächsinhalt nicht nach Inhalt und Umfang ausreichend dokumentiert. In dem von der Auswahlkommission abzuarbeitenden Fragenkatalog ist der Ablauf des Gesprächs nach 6 Punkten (1. Begrüßung, 2. Selbstvorstellung, 3. Berufsorientierung, 4. Biographie, 5. Fachfragen, 6. weitere Fragen der Auswahlkommission) eingeteilt, die wiederum in verschiedene Unterpunkte untergliedert sind. Punkt 7 eröffnet dem jeweiligen Beobachter ferner die Gelegenheit, das Auftreten des Bewerbers z.B. im Hinblick auf Kontaktfähigkeit, sprachliche Ausdrucksfähigkeit oder Vorstellungen von der angestrebten Aufgabe abschließend zu beurteilen.
63Vorgesehen war offenbar das Ausfüllen eines Beurteilungsbogens durch die Auswahlkommission in Bezug auf jeden Bewerber im Auswahlgespräch. In dem Beurteilungsbogen (Beiakte Heft 2, Bl. 65-69) waren nicht vorausgefüllte Spalten enthalten, in denen bezogen auf jeden Oberpunkt die Dauer des Gesprächs, sowie Erläuterungen / erwartetes Verhalten und Notizen einzutragen waren. Die Bewertung des Gesprächs bzw. der vom Bewerber gegebenen Antworten analog einer schriftlichen Beurteilung war zwar für jeden Punkt bzw. Unterpunkt auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = erhebliche Einschränkungen, sehr schwach ausgeprägt, 2 = Einschränkungen, schwach ausgeprägt, 3 = im vollen Umfang, normal ausgeprägt, 4 = überdurchschnittlich, stark ausgeprägt, 5 = hervorragend, besonders stark ausgeprägt) vorgesehen. Ob diese Bögen von der Auswahlkommission tatsächlich verwendet wurden, ist nicht ersichtlich. Sie sind – abgesehen von dem nicht vorausgefüllten Muster - jedenfalls nicht Bestandteil des Auswahlvorgangs geworden und von der Antragsgegnerin auch nicht im laufenden Verfahren nachgereicht worden.
64Der Vermerk vom 1. Dezember 2014 lässt wesentliche Teile des Auswahlgesprächs außen vor. Er enthält z.B. keine Beurteilung/Bewertung der geforderten Selbstvorstellung (Punkt 2), in der der jeweilige Bewerber aufgefordert war, seinen beruflichen Werdegang mit Schwerpunkt auf den beruflichen Aktivitäten zu schildern. Er gibt auch keinen Aufschluss darüber, wie die Kommission die Ausführungen zu den rechtlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen (Punkt 4.1), zu den Arbeitsschwerpunkten des Rechtsamtleiters (Punkt 5.1), oder zu der Frage „Wie führen Sie?“ (Punkt 5.3) bewertet hat.
65Die Antragsgegnerin beschränkt sich vielmehr auf eine zusammenfassende Bewertung des jeweiligen Antwortverhaltens des Antragstellers („die ihm gestellten Fragen beantwortet er sehr ausführlich bis hin zu ausschweifend“, „selbst auf konkreteres Hinterfragen umgeht er weiterhin konkrete Aussagen“), des Beigeladenen („die ihm gestellten Fragen beantwortete er gut. Insbesondere hinsichtlich seiner Führungskompetenzen konnte Herr Bertrams überzeugen.“) und der anderen Bewerber, ohne dies durch einzelne Beispiele zu plausibilisieren oder nachvollziehbar zu machen. Das Gericht wird hierdurch aber nicht in die Lage versetzt, die von den Bewerbern in den Auswahlgesprächen insgesamt erbrachten Leistungen und deren Bewertung durch die Auswahlkommission nachzuvollziehen.
66In der oben zitierten Entscheidung vom 13. Mai 2004 hat das OVG NRW keine geringeren Anforderungen an die Dokumentation der Auswahlentscheidung gestellt. Vielmehr hat es in seinem Beschluss ausdrücklich dargestellt, dass sich im Rahmen der einheitlich verwendeten Beurteilungsbögen stichwortartige Notizen zu den gegebenen Antworten fanden und zum anderen innerhalb einer Skala von 1 bis 5 bezogen auf die einzelnen Fragen/Aufgabenstellungen jeweils eine Leistungs- bzw. Eignungseinschätzung schriftlich abgegeben worden sei.
67Wenn die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren vorträgt, der Antragsteller habe einen wesentlichen Punkt des Anforderungsprofils, nämlich die persönliche Belastbarkeit, definitiv nicht erfüllt und sei nur aus Kulanz überhaupt zu einem Auswahlgespräch eingeladen worden, obwohl die Möglichkeit bestanden habe, ihn frühzeitig aus dem Verfahren auszuscheiden, setzt sie sich zum einen in Widerspruch zu ihrem Vermerk vom 6. November 2014, wonach die verbliebenen Bewerber das konstitutive Anforderungsprofil erfüllen. Zum anderen übersieht sie, dass der Bewerber, wenn er das konstitutive Anforderungsprofil erfüllt, zur näheren Überprüfung bzw. vergleichenden Gewichtung seiner im Übrigen vorliegenden Eignung in das weitere, eigentliche Auswahlverfahren einzubeziehen ist. Hiernach ist der Dienstherr gehalten, wenn er das Vorliegen eines nicht konstitutiven Anforderungsmerkmals - also eines Merkmals, das sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließt (hier: persönliche Belastbarkeit) - bezweifelt, den in Bezug auf nicht konstitutive Anforderungsmerkmale bestehenden Wertungsspielraum unter ggf. Heranziehung weiterer Erkenntnisse, wie etwa aus einem standardisierten Auswahlgespräch, tatsächlich wahrzunehmen und das Ergebnis dieser Bewertung mitsamt den dafür wesentlichen Erwägungen angemessen zu dokumentieren.
68OVG NRW, Beschluss vom 08. September 2008 – 1 B 910/08 – juris.
69Allerdings macht die Antragsgegnerin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren darüber hinaus geltend: Die Auswahl des Beigeladenen sei deshalb sachgerecht, weil er die besseren juristischen Staatsexamina abgelegt habe, seit 1. April 2012 bis heute Leiter des Rechtsamtes der Stadt T. sei, mithin über eine mehrjährige Berufserfahrung in leitender Position verfüge und über einen erheblich längeren Zeitraum als der Antragsteller in Führungsverantwortung tätig gewesen sei, während der Antragsteller in Folge einer von ihm gestellten Überlastungsanzeige seit April 2011 deutlich weniger arbeite als Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben, zudem seit 2010 in Telearbeit beschäftigt und folglich an zumindest zwei Tagen in der Woche im Rechtsamt nicht präsent sei und schließlich hinsichtlich der persönlichen Belastbarkeit die Anforderungen des zu besetzenden Beförderungsamtes nicht erfülle.
70Insoweit ist ihr jedoch folgendes entgegenzuhalten: Die von der Antragsgegnerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nachgeschobenen Gründe – auf der einen Seite bessere Staatsexamina und längere Berufserfahrung des Beigeladenen in leitender Position, auf der anderen Seite die vor Jahren erfolgte Überlastungsanzeige des Antragstellers, die von der Antragsgegnerin behauptete faktische Nichtausübung der Funktion des stellvertretenden Amtsleiters seit März 2011, die teilweise Ausgestaltung der Arbeit des Antragstellers seit 2010 als Telearbeit und die hiermit verbundene zweitägige Abwesenheit in der Woche – waren eben gerade nicht maßgeblich für die negative Entscheidung der Antragsgegnerin bzw. ihrer Auswahlkommission gegenüber dem Antragsteller. Die Antragsgegnerin hat diesen Merkmalen bei der getroffenen Auswahlentscheidung keine Aussagekraft beigemessen. Hätte die Antragsgegnerin bereits aufgrund dieser Kriterien einen erheblichen Eignungs- und Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller und den übrigen Bewerbern erkannt, wäre die Durchführung eines Auswahlgesprächs überflüssig gewesen. Zum Auswahlgespräch wurden vielmehr alle Bewerber eingeladen, von denen die von der Antragsgegnerin als konstitutiv bezeichneten Anforderungskriterien (1. und 2. Staatsexamen, mehr als zwei Jahre Berufserfahrung in leitender Position, Erfahrung als Jurist/Juristin in der Kommunalverwaltung) erfüllt wurden. Hiernach war allein das Auswahlgespräch ausschlaggebend für die getroffene Auswahl. Wenn nunmehr geltend gemacht wird, der Antragsteller sei schon aufgrund der übrigen Anforderungsmerkmale weniger qualifiziert als der Beigeladene und deshalb auszuscheiden gewesen, stellt dies eine unzulässige nachträgliche Auswechslung der maßgeblichen Auswahlgründe dar, durch die der effektive Rechtsschutz des Antragstellers verkürzt wird.
71Zum unzulässigen Austausch von Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren vgl.: OVG NRW, Beschluss vom 17. August 2011 – 6 B 600/11 – juris und Hess. VGH, Beschluss vom 26. November 2008 a.a.O..
72Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen nämlich - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich auf diese Weise als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG. Diese Dokumentationspflicht stellt damit als Instrument der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ein Korrektiv zu dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum dar. Ob der Dienstherr bei einer Auswahlentscheidung die Grenzen seines Beurteilungsspielraums beachtet und eingehalten oder aber überschritten hat, lässt sich nur mit Hilfe einer hinreichend nachvollziehbaren, aussagekräftigen und schlüssigen Dokumentation seiner Auswahlerwägungen gerichtlich kontrollieren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn allein die Erwägungen, die der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung angestellt hat, sind für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit relevant. Daraus folgt, dass eine Dokumentation der Auswahlerwägungen bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen muss und nicht - erstmalig oder in ausgewechselter Form - im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben werden kann.
73Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - 1 WB 52/08 - BVerwGE 136, 36, und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19/08 - BVerwGE 133, 13; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. August 2011 – 6 B 600/11 – juris m.w.N., vom 18. August 2010 - 6 B 868/10 - juris und vom 26. November 2008 - 6 B 1416/08 - ZBR 2009, 274.
74Der aufgezeigte Fehler des Bewerbungsverfahrens ist auch potenziell kausal für das Auswahlergebnis. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller in einem erneut durchzuführenden Auswahlverfahren mit seiner Bewerbung zum Zuge kommen könnte. Die Auswahl des Antragstellers erscheint in einem neuen Auswahlverfahren zumindest als möglich.
75Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.
76Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 bis 4 GKG in der ab dem 16. Juli 2014 geltenden Fassung. Dabei hat das Gericht den hiernach zu bestimmenden Streitwert wegen des im Eilverfahren lediglich angestrebten Sicherungszwecks wie in Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehen nur in Höhe der Hälfte des sich anhand der genannten Vorschriften für ein Hauptsacheverfahren errechnenden Betrages festgesetzt. So zu verfahren, ist übereinstimmende Rechtsprechung der mit dem Statusrecht der Beamten befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen.
77OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2014 – 1 E 1036/14 – juris m.w.N.
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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Ist das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung, so entscheidet die Enteignungsbehörde darüber, ob an dem Grundstück bestehende dingliche Rechte und Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder die Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden. Rechte, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen, werden nicht aufrechterhalten.
(2) Soweit Rechte der in Absatz 1 genannten Art erlöschen, sind gesondert zu entschädigen
- 1.
Altenteilsberechtigte sowie die Inhaber von Dienstbarkeiten, - 2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist.
(3) Bei der Enteignung eines Grundstücks haben Entschädigungsberechtigte, die nicht gesondert entschädigt werden, Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder für Wertminderungen des Restbesitzes nach § 19 Nr. 2 festgesetzt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.