Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 07. März 2014 - 25 K 4449/13
Gericht
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 12. April 2013 verpflichtet, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 23. Juli 2012 mit Wirkung ab dem 1. März 2012 zu bescheinigen, dass er in dem von ihm betriebenen L. -Lerncenter in E. -V. mit den Unterrichtsmaß-nahmen Mathematik nach der L. -Lernmethode und Englisch nach der L. -Lernmethode ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger betreibt seit dem 1. März 2012 als Franchisenehmer der L. Deutschland GmbH ein Lerncenter in E. -V. , E1.-----straße 34. In dem Lerncenter betreut er Kinder und Jugendliche nach der L. -Lernmethode in den Fächern Mathematik und Englisch. Er ist die einzige Lehrkraft. Aus dem Vortrag des Klägers und einem von ihm der Bezirksregierung E. vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. B. T. zur L. -Methode vom 14. Juli 2009 ergibt sich, dass die L. -Lernmethode auf zahlreichen Arbeitsblättern (für Mathematik: ca. 4.000) basiert, die von den Schülern in den planmäßig zweimal pro Woche vorgesehenen Präsenzzeiten in dem Lerncenter und an den übrigen Tagen zu Hause selbständig bearbeitet werden. Der jeweilige Instruktor (hier: der Kläger) ermittelt den Leistungsstand des Schülers zu Beginn auf der Grundlage eines Aufnahmegesprächs und eines Eingangstests. Sodann wird ein dem Leistungsstand des Schülers entsprechender Lernplan erstellt, der sich i.d.R. auf ein Jahr erstreckt. Während des Lernens wird die Leistungsentwicklung fortlaufend ermittelt und der Plan bei Bedarf daran angepasst.
3Der Kläger hat einen Magisterstudiengang in Germanistik und Erziehungswissenschaften abgeschlossen und außerdem den akademischen Grad Master of Business Administration (MBA) erworben. Er verfügt über Berufserfahrung in Einrichtungen, die u.a. Sprachkurse und Sprachtests (u.a. TOEFL) anbieten.
4Bevor der Kläger das Lerncenter übernahm, hatte die Bezirksregierung E. der damaligen Betreiberin L. Deutschland GmbH unter dem 24. Oktober 2003 für dieses – damals noch am Standort I.-----straße 119, E. -P. betriebene – Lerncenter bescheinigt, dass der dort angebotene „Nachhilfeunterricht im Fach Mathematik nach der L. -Methode“ ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite.
5Mit Schreiben vom 23. Juli 2012 beantragte der Kläger, ihm für das von ihm betriebene Lerncenter für die Fächer Mathematik und Englisch eine Bescheinigung zur Befreiung von der Umsatzsteuer gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu erteilen. Zur Begründung stellte er den Gegenstand der von ihm angebotenen Leistungen, insbesondere die Lernmethode, sowie seinen Lebenslauf dar. Er fügte u.a. das bereits erwähnte von Prof. Dr. T. erstellte Gutachten und in dem Lerncenter verwendetes Material bei.
6Mit Schreiben vom 13. August 2012 teilte die Bezirksregierung E. dem Kläger mit, sie beabsichtige, seinen Antrag abzulehnen, und berief sich auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –. Aus dieser Entscheidung ergebe sich, dass der Unterricht nach der L. -Methode nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfülle.
7Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Oktober 2012 führte der Kläger im Wesentlichen aus: Der Entscheidung des OVG NRW können nicht entnommen werden, dass Unterricht nach der L. -Methode generell nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfülle. In der Einzelfallentscheidung sei vielmehr die von der dortigen Klägerin konkret erbrachte Vorbereitungstätigkeit maßgeblich gewesen. Mit den von ihm – dem Kläger – angebotenen Leistungen habe sich die Bezirksregierung E. nicht auseinander gesetzt. Der von ihm angebotene Unterricht erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung. Der L. -Lernstoff entspreche im Wesentlichen dem an deutschen Grund-, Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien behandelten Stoff. Seine auf der L. -Methode aufbauende Tätigkeit umfasse die Einzelbetreuung der Schüler, mit denen er an den Präsenztagen im Lerncenter feedback-Gespräche führe und denen er für fachliche Fragen und bei Verständnisproblemen zur Verfügung stehe. Zudem begleite er den Lernprozess durch stetige Überwachung der Fortschritte und entsprechende Anpassung des Lernprogramms.
8Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013 übersandte der Kläger auf Anforderung der Bezirksregierung E. sein Abiturzeugnis sowie den L. -Franchisevertrag und bat für den Fall, dass seinem Antrag nicht entsprochen werden sollte, um erneute Gewährung rechtlichen Gehörs.
9Mit Bescheid vom 12. April 2013, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. April 2013 zugestellt wurde, lehnte die Bezirksregierung E. den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus: Nach dem Gutachten des Prof. Dr. T. könne die L. -Methode als „angeleitetes Selbstlernen“ charakterisiert werden. Im Unterschied zum klassischen Nachhilfeunterricht erarbeiteten sich die Schüler den Lehrstoff selbst und würden nicht unterrichtet. Zwar möge in gewissem Umfang eine individuelle Betreuung der Schüler stattfinden. Dies genüge aber nicht, um eine Unterrichtsleistung bzw. eine Lehrtätigkeit anzunehmen, die zur Erteilung der Bescheinigung erforderlich sei. Zudem sei der L. -Instruktor nach § 18 des Franchisevertrages nur mit Genehmigung der Franchisegeberin zur Erteilung von Nachhilfeunterricht über die L. -Methode hinaus berechtigt. Dies verdeutliche, dass sich die L. -Methode von klassischer Nachhilfe unterscheide. Der Kläger verfüge nicht über eine solche Genehmigung.
10Der Kläger hat am 15. Mai 2013 Klage erhoben.
11Er trägt unter Vertiefung seines Vorbringens im Wesentlichen vor: Die Bezirksregierung E. habe seinen Antrag völlig überraschend unter Hinweis auf eine Bestimmung des Franchisevertrages abgelehnt, ohne ihn vorher erneut anzuhören, obwohl er ausdrücklich darum gebeten habe. – Unabhängig davon bereite er seine Schüler ordnungsgemäß auf die an staatlichen Schulen abzulegenden Prüfungen vor. Die L. -Methode komme der Nachhilfe nahe, biete dieser gegenüber aber den Vorteil, dass sie nicht den punktuellen Ausgleich von Defiziten anstrebe, sondern langfristig angelegt sei und zusätzlich autodidaktische Fähigkeiten vermittele. Die Schüler erlernten die beiden Fächer von Grund auf. Die Kenntnisse würden durch systematische Wiederholung vertieft. Die verwendeten Aufgabentypen fänden sich in allen an Schulen verwendeten Lehrbüchern. – Entgegen der Auffassung des beklagten Landes unterscheide sich seine Tätigkeit grundlegend von einer bloßen Hausaufgabenüberwachung, da nicht die Fertigung fremder Aufgaben überwacht, sondern die Schüler anhand eigenen Aufgabenmaterials unterrichtet würden. Zudem erbringe er über das Zurverfügungstellen von Arbeitsblättern hinaus umfangreiche Betreuungsleistungen für die Schüler. Er führe Anmeldegespräche mit den Erziehungsberechtigten der Schüler, führe Einstufungstests durch, anhand derer er die Eingangsstufe für den jeweiligen Schüler ermittele, überprüfe fortlaufend mit Hilfe weiterer Tests, ob das Leistungsniveau der Schüler dem Aufgabenniveau entspreche, und betreue die Schüler zweimal wöchentlich für mehrere Stunden in dem Lerncenter, wobei er insbesondere die bei der Bearbeitung der Aufgaben auftretenden Fehler analysiere und die Schwächen im Einzelgespräch mit den Schülern kläre. Dies genüge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –) zur Annahme der ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung. Das Bundesverwaltungsgericht lasse unter Umständen bereits die Überwachung der Hausaufgabenerledigung genügen, wenn die restliche Tätigkeit darauf gerichtet sei, Schüler in schwachen Fächern zu fördern. – Die beschriebene von ihm ausgeübte Tätigkeit entspreche dem Franchisevertrag, so dass eine Genehmigung nach § 18 des Vertrages nicht erforderlich sei. Diese Bestimmung sei rein wettbewerbsrechtlicher Natur. – Die Erteilung der Bescheinigung sei auch unter Beachtung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips geboten. Das nationale Recht sei mit dem Ziel auszulegen, dem Unionsrecht möglichst effektiv zur Geltung zu verhelfen. Die der Regelung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zugrunde liegende Bestimmung des Art. 132 Abs. 1 i) der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MWSt-RL) sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) weit auszulegen. Insbesondere lasse diese Bestimmung des Unionsrechts es nicht zu, eine bestimmte Methode – wie die autodidaktische Methode – von der Umsatzsteuerbefreiung auszuschließen. – Unabhängig davon könne er sich unmittelbar auf die Alternativnorm des Art. 132 Abs. 1 j) MWSt-RL berufen.
12Der Kläger beantragt,
13das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 12. April 2013 zu verpflichten, ihm im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG mit Wirkung ab dem 1. März 2012 zu bescheinigen, dass er ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet,
14hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 12. April 2013 zu verpflichten, seinen Antrag vom 23. Juli 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
15Das beklagte Land beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Es tritt der Klage entgegen und führt ergänzend aus: Soweit das Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer „ordnungsgemäßen“ Prüfungsvorbereitung verlange, dass diese von einem seriösen Institut erbracht werde und die eingesetzten Lehrkräfte über die erforderliche Qualifikation verfügten, bestünden vorliegend keine Bedenken. Jedoch sei die von dem Kläger angebotene Leistung keine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung im Sinne dieser Rechtsprechung. Der Schwerpunkt der L. -Methode liege auf der selbständigen Bearbeitung von Aufgabenblättern durch die Schüler. Dieser Einsatz der autodidaktischen Lernmethode komme eher einer Hausaufgabenbetreuung als einem klassischen Nachhilfeunterricht nahe.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung E. Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es daher nicht.
21Der ablehnende Bescheid der Bezirksregierung E. vom 12. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung, dass er in dem von ihm betriebenen L. -Lerncenter in E. -V. mit den Unterrichtsmaßnahmen Mathematik nach der L. -Lernmethode und Englisch nach der L. -Lernmethode ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.
22Der Anspruch beruht auf § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Danach sind umsatzsteuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
23Die Zuständigkeit der Bezirksregierung E. ergibt sich aus § 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) in Verbindung mit Ziffer I. 1.3 der Bekanntmachung der Bezirke der Landesmittelbehörden und der unteren Landesbehörden vom 12. November 2013 (GV.NRW. S. 632).
24Der Kläger vermag nicht mit dem Argument durchzudringen, vor Erlass des ablehnenden Bescheides vom 12. April 2013 hätte die Bezirksregierung E. ihm auf seine ausdrückliche Bitte mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013 erneut rechtliches Gehör gewähren müssen. Insoweit kann offen bleiben, ob der Versagung eines begünstigenden Verwaltungsaktes eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vorauszugehen hat.
25Dies wird von der Rspr. verneint, vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 14. Oktober 1982 – 3 C 46/81 –, juris, Rn. 35; vgl. zur a.A. die Nachweise bei Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 28 Rn. 26a.
26Denn jedenfalls ist ein etwaiger Anhörungsmangel dadurch geheilt, dass der Kläger im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausführlich Stellung genommen hat und die Bezirksregierung E. sich in der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung zu den Argumenten des Klägers geäußert hat (§§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW).
27Vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 14. Juni 2010 – 10 B 270/10 –, juris.
28Die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung, die der Kläger unter dem 23. Juli 2012 beantragt hat, liegen vor.
29Die Bescheinigung erstreckt sich dabei nicht auf alle von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG statuierte Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung, sondern ist auf die Feststellung beschränkt, dass die in Rede stehenden Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Nur diese Frage unterliegt der Prüfung durch die Bezirksregierung und die Verwaltungsgerichte. Ob der Antragsteller eine Privatschule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung unterhält, ist nicht Gegenstand der Bescheinigung und von den Finanzbehörden und ggf. Finanzgerichten zu prüfen.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 14 A 2934/07 –, juris, Rn. 30; Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 28. Mai 2013 – XI R 35/11 –, juris, Rn. 40, jeweils m.w.N.
31Der Begriff der „ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung“ ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie (1.) objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, (2.) von einem seriösen Institut erbracht wird und (3.) die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 18; Urteil vom 12. Juni 2013 – 9 C 4/12 –, juris, Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –, juris, Rn. 3 ff.
33Dass der Kläger ein seriöses Institut betreibt (2. Voraussetzung) und er als einzige in seinem Lerncenter tätige Lehrkraft über die erforderliche Eignung verfügt (3. Voraussetzung) steht außer Streit.
34Die von dem Kläger angebotenen Leistungen sind zur Überzeugung der Kammer auch objektiv geeignet, auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorzubereiten (1. Voraussetzung).
35Das von dem Kläger verwendete L. -Lehrmaterial deckt den an staatlichen Schulen unterrichteten Stoff in weitem Umfang ab.
36Das geht für das Fach Mathematik aus dem von dem Kläger vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. T. vom 14. Juli 2009 hervor, der festgestellt hat, alle fachlichen Inhalte der L. -Materialien fänden sich in den Lehrplänen der öffentlichen Schulen/Hochschulen wieder; die von L. verwendeten Aufgabentypen seien Standardaufgaben, die in praktisch allen Lehrwerken für Schulen/Hochschulen zu finden seien (Gutachten, S. 5); die Aufgaben deckten den Bereich von der Vorschule bis zur Oberstufe ab (S. 8) und entsprächen zum Teil sogar dem Niveau von Mathematik-Veranstaltungen an Hochschulen (S. 5). Diesen überzeugenden mit Beispielen belegten Ausführungen ist die Bezirksregierung E. nicht entgegengetreten.
37Der objektiven Eignung zur Prüfungsvorbereitung steht nicht entgegen, dass die L. -Lehrmaterialien im Fach Mathematik Teile des schulischen Pflichtstoffes, etwa im Bereich der Geometrie, nicht enthalten (vgl. Gutachten, S. 5). Die Eignung zur Prüfungsvorbereitung setzt keine selbständige und umfassende Darbietung des Prüfungsstoffes voraus. Es genügt eine Tätigkeit, die einen Bildungsgang fördert, der im Allgemeinen mit einer staatlichen Prüfung abschließt. Vorbereitung auf eine Prüfung ist auch eine Tätigkeit, die der schulischen nahekommt und sie ergänzt, wie dies für einen die Schule unterstützenden Nachhilfeunterricht zutreffen kann.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 17; wie hier bzgl. des L. -Materials bereits Verwaltungsgericht (VG) Minden, Urteil vom 25. September 2009 – 5 K 928/08 –, Urteilsabdruck S. 7 (n.v.).
39Gleiches gilt zur Überzeugung der Kammer für das Fach Englisch. Ausweislich einer „Übersicht Englisch“, die der Kläger der Bezirksregierung E. mit seinem Antrag vom 23. Juli 2012 vorgelegt hat, umfasst das L. -Lehrmaterial zum Fach Englisch Aufgaben, die von der Zuordnung des Klangs von Wörtern, Wortgruppen und Sätzen zu Abbildungen (Ebene I), über die Zuordnung geschriebener Wörter, Wortgruppen und Sätze zu Abbildungen (Ebene II), die Einführung in grundlegende Ausdrücke und Redewendungen des Englischen und grundlegende Vokabeln (Ebene III), das Verstehen und Bilden einfacher (Ebene IV) und komplexer Sätze (Ebene V), das Lesen und Verstehen von Geschichten und Sachtexten (Ebenen VI) bis zur Erweiterung des Wortschatzes durch das Lesen von Sachtexten zu verschiedenen Themen und Originalgeschichten (Ebene VII) reichen.
40Die von dem Kläger angebotenen Leistungen sind auch geeignet, auf eine „bestimmte“ staatliche Prüfung vorzubereiten. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Leistungen des Klägers auf der Grundlage der L. -Materialien und -Methode nicht an dem Stoff orientieren, der von dem jeweiligen Schüler zur gleichen Zeit in der Schule zu bearbeiten ist, sondern einem eigenen, an das Leistungsniveau des Schülers anknüpfenden System folgen. Dass die von dem Kläger angewendete Methode darauf angelegt ist, die Fähigkeiten der Schüler in dem jeweiligen Fach langfristig und systematisch zu verbessern, im Unterschied zu herkömmlicher Nachhilfe aber keine gezielte kurzfristige Vorbereitung auf die nächste Klassenarbeit oder Klausur vorsieht (vgl. bzgl. Mathematik Prof. T. , Gutachten, S. 7), lässt nicht den Schluss zu, die von dem Kläger angebotenen Leistungen bereiteten nicht auf eine bestimmte staatliche Prüfung vor. „Vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung“ ist nicht die einzelne Klassenarbeit oder Klausur, sondern die zu einem Schulabschluss führende Abschlussprüfung.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 17.
42Demgemäß kann Nachhilfeunterricht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) als ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung einzustufen sein, obwohl – und nicht weil – dieser primär auf die nächste Versetzung und nicht unmittelbar auf die Abschlussprüfung hinwirkt. Daraus folgt, dass das langfristig angelegte Lernen nach der L. -Methode im Vergleich zu der typischerweise kurzfristig konzipierten Nachhilfe erst recht geeignet ist, auf den Schulabschluss vorzubereiten.
43Ebenso bereits VG Minden, Urteil vom 25. September 2009 – 5 K 928/08 –, Urteilsabdruck S. 8 (n.v.).
44Diese weite Auslegung des Begriffs „vor einer Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung“ wird durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip unterstützt.
45Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 – 9 C 4/12 –, juris, Rn. 13, unter Bezugnahme auf die ständige Rspr. des EuGH.
47§ 4 Nr. 21 a) bb) UStG dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 i) MWSt-RL,
48Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie), ABl. L 347, S. 1; vgl. zur Umsetzung BFH, Urteil vom 28. Mai 2013 – XI R 35/11 –, juris, Rn. 30 ff.
49Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. den Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer. Mit Rücksicht auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 i) MWSt-RL ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Der Begriff des „Schulunterrichts“ im Sinne dieser Bestimmung des Unionsrechts ist zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.
50Vgl. EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 – Rs. C-445/05, Haderer –, juris, und vom 28. Januar 2010 ‑ Rs. C-473/08, Eulitz -, juris; BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 – 9 C 4/12 –, juris, Rn. 13 f.
51Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht – abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung – zu der ersten Variante des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG (Vorbereitung auf einen Beruf) entschieden, dass die Bescheinigung auch hinsichtlich der Leistungen privater Bildungsträger zu erteilen sein kann, die nicht der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf, sondern der Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs bzw. der beruflichen Orientierung dienen.
52Vgl. Urteil vom 12. Juni 2013 – 9 C 4/12 –, juris, Leitsatz 5.
53Mit Blick auf diese Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts ist zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dahingehend verstanden werden können, dass die Vorbereitung auf eine „bestimmte“ Prüfung erforderlich ist. Dies kann hier offen bleiben, da die Leistungen des Klägers – wie dargelegt – geeignet sind, auf eine „bestimmte“ Prüfung in der von der Kammer vertretenen Auslegung vorzubereiten.
54Mit dieser Auffassung weicht die Kammer nicht von dem von der Bezirksregierung E. zitierten Beschluss des OVG NRW
55vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –, juris,
56ab. Darin hat das OVG NRW zur L. -Methode entschieden, wenn die Vorbereitungstätigkeit der Einrichtung der Sache nach nicht auf eine bestimmte Prüfung ausgerichtet sei, sondern sich auf die allgemeine Förderung von Leistungen des Schülers in einem Fachgebiet (Mathematik) beschränke, fehle es an dem notwendigen Bezug zur Prüfungsvorbereitung, und zwar auch dann, wenn die durch die Tätigkeit bewirkte allgemeine Leistungssteigerung auch den später geforderten Prüfungsleistungen zugute komme.
57OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 12.
58Diese Entscheidung kann nicht auf jede Tätigkeit auf der Grundlage der L. -Methode übertragen werden. Das OVG NRW hat deutlich gemacht, dass die konkrete Ausgestaltung der erbrachten Leistungen maßgeblich ist. Die nach dem Vortrag der dortigen Klägerin angebotenen Leistungen erschöpften sich in dem Zurverfügungstellen und Auswerten von Arbeitsblättern und blieben damit – anders als vorliegend – hinter dem Umfang der Tätigkeiten, wie sie in dem Gutachten des Prof. Dr. T. dargestellt sind, das auch dem OVG NRW vorlag, deutlich zurück.
59Vgl. OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 16 f.
60Die Bezirksregierung E. kann dem Anspruch des Klägers des Weiteren nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Schwerpunkt der L. -Methode liege auf der selbständigen Bearbeitung von Aufgabenblättern durch die Schüler, die dazu ergänzend erbrachten Leistungen des Klägers stellten daher keine Unterrichtsleistung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dar.
61Die Vorschrift setzt voraus, dass die Schüler bei der Prüfungsvorbereitung durch ein Mindestmaß pädagogischer Tätigkeit individuell betreut werden, wie es für öffentliche Bildungseinrichtungen kennzeichnend ist und daher auch für private unter dem Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit verlangt werden muss.
62Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –, juris, Rn. 8.
63Eine ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung findet nicht statt bei der bloßen Beaufsichtigung von Schulaufgaben, die sich darauf beschränkt, bei der Erledigung der Hausaufgaben für Ruhe zu sorgen und lediglich die Tatsache der Herstellung einer Aufgabe in Schönschrift zu überwachen. Dies gilt auch dann, wenn bei Durchsicht der Arbeiten gelegentlich Verbesserungen angebracht werden, ohne dem Schüler die Fehler und deren Berichtigung zu erklären. Vielmehr muss regelmäßig dort, wo Hilfe notwendig erscheint, helfend eingegriffen werden, um Wissens- und Verständnislücken zu erklären und zu beseitigen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 19.
65Der von dem Kläger dargelegte Leistungsumfang, dem die Bezirksregierung E. in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten ist und der von dem Gutachten des Prof. Dr. T. bestätigt wird, genügt diesen Anforderungen. Zwar mag das selbständige Bearbeiten der Aufgabenblätter durch die Schüler bei dem Lernen nach der L. -Methode im Vordergrund stehen. Dies berechtigt aber nicht zu der Annahme, der Kläger beschränke sich auf das Ausgeben der Arbeitsblätter und Kontrollieren der Bearbeitung. Vielmehr betreut der Kläger die Schüler individuell, indem er durch fortlaufende Tests deren Leistungsniveau bestimmt und die zu lösenden Aufgaben entsprechend auswählt sowie bei der Bearbeitung der Aufgabenblätter deutlich werdende Defizite mit den Schülern im Einzelgespräch erörtert. Außerdem steht er den Schülern während der zweimal wöchentlich vorgesehenen Präsenzzeiten in dem Lerncenter für fachliche Fragen zur Verfügung. Dies erfordert eine – von der Bezirksregierung E. nicht in Zweifel gezogene – pädagogische sowie fachliche Qualifikation des Klägers. Die Tätigkeit des Klägers unterscheidet sich von einer Hausaufgabenaufsicht maßgeblich dadurch, dass er nicht die Bearbeitung fremder Aufgaben überwacht, die von der Schule vorgegeben werden und auf deren Auswahl er keinen Einfluss hat, sondern die Schüler unter seiner Anleitung und Aufsicht von ihm für den einzelnen Schüler ausgewählte Aufgaben lösen. Es greift daher zu kurz, das Lernen nach der L. -Methode, wie es in der konkreten Ausgestaltung durch den Kläger angeboten wird, als reines Selbstlernprogramm zu bezeichnen.
66Ebenso VG Minden, Urteil vom 25. September 2009 – 5 K 928/08 –, Urteilsabdruck S. 9 (n.v.); vgl. ferner zu dem in dem Gutachten des Prof. Dr. T. dargelegten Tätigkeitsumfang OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –, juris, Rn. 17.
67Nach alledem bereiten die von dem Kläger auf der Grundlage der L. -Methode angebotenen Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ordnungsgemäß auf eine Prüfung vor. Es ist daher – entgegen der von der Bezirksregierung E. in dem ablehnenden Bescheid vom 12. April 2013 vertretenen Auffassung – nicht von Bedeutung, ob der Kläger (über die Tätigkeit als L. -Instruktor hinaus) „klassische“ Nachhilfe anbietet, die nach § 18 des Franchisevertrages mit der L. Deutschland GmbH der Einwilligung der Franchisegeberin bedürfte. Zwar kann für Nachhilfeunterricht eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu erteilen sein. Das Erbringen von Nachhilfeunterricht ist aber nicht Voraussetzung der Erteilung einer solchen Bescheinigung.
68Hat der Kläger noch den vorstehenden Ausführungen einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigung, kann dahinstehen, ob er sich – wie er vorträgt – alternativ unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 j) MWSt-RL (von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht) berufen kann. Für die Entscheidung über die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht in unmittelbarer Anwendung dieser Vorschrift sind jedenfalls nicht die Bezirksregierung und die Verwaltungsgerichte, sondern die Finanzbehörden und die Finanzgerichte zuständig.
69Vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 19. Dezember 2011 – 5 K 370/11 –, juris, Rn. 30 ff.
70Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
71Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
72Die Berufung war nicht zuzulassen (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO). Insbesondere weicht das vorliegende Urteil nicht von dem Beschluss des OVG NRW vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 – (juris) ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Wie oben bereits dargelegt, betraf dieser Beschluss einen Einzelfall, der sich den tatsächlichen Umständen nach von dem vorliegend zu entscheidenden Fall unterschied.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.