Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 09. März 2015 - 23 K 3952/14
Gericht
Tenor
Der Bescheid der Landwirtschaftskammer NRW - Tierseuchenkasse - vom 16. Mai 2014 wird insoweit aufgehoben, als darin mehr als 2,00 Euro pro Rind festgesetzt worden sind.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt eine Rinderhaltung, die nicht den Status BHV1-frei besitzt. Bei BHV-1 handelt es sich um ein Herpesvirus, das hauptsächlich über die Atemluft übertragen wird und bei Rindern u.a. zu Fieber, Abmagerung, Erkrankungen der Atemwege und Rückgang der Milchproduktion führen kann und nicht auf Menschen übertragbar ist. Nach der BHV-1 Verordnung ist eine jährliche Untersuchung der Rinderbestände auf BHV-1 erforderlich. Bei BHV-1 freien Beständen können dazu Sammelmilchproben genommen werden, bei nicht BHV-1 freien Beständen muss bei jedem einzelnen Tier eine Blutuntersuchung erfolgen. Zu den Laborkosten für die Blutuntersuchung leistet die von der Beklagten verwaltete Tierseuchenkasse bei Vorliegen der Voraussetzungen eine jährliche Beihilfe von 4 Euro pro Rind.
3Mit Bescheid vom 16. Mai 2014 erhob die Tierseuchenkasse von der Klägerin für das Jahr 2014 für 2593 Rinder einen Betrag in Höhe von 6,00 Euro pro Rind, insgesamt 15.558,00 Euro. Der Bonus für BHV1-freie Betriebe in Höhe von 4,00 Euro pro Rind wurde nicht gewährt. In den Jahren 2010 und 2011, in denen Betriebe Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich des Virus BVD durchzuführen hatten, hatte der Beitrag für alle Rinder unabhängig von der BVD- und BHV-1-Freiheit 5,00 Euro pro Rind betragen. In den Jahren 2012 und 2013, in denen die BVD-Sanierungsmaßnahmen reduziert worden war, hatte er pauschal 2,00 Euro pro Rind betragen.
4Die Klägerin hat am 16. Juni 2014 Klage erhoben.
5Sie trägt im Wesentlichen vor, dass die Beklagte von ihr denselben Beitragssatz wie von den Inhabern BHV1-freier Betriebe, nämlich nur 2,00 Euro pro Rind, hätte verlangen dürfen. Die Erhebung eines um 4,00 Euro höheren Betrages sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber BHV1-freien Betrieben und eine verdeckte Strafzahlung. Zudem hätte die Tierseuchenkasse in dem Bescheid die Berechnungsgrundlage für den Differenzbetrag offenlegen müssen. Darüber hinaus rügt die Klägerin Verfahrensfehler hinsichtlich des Beschlusses des Verwaltungsrates der Tierseuchenkasse vom 23. Juli 2013, mit dem dieser dem Landesministerium empfohlen hatte, den Beitrag für BHV1-freie Betriebe auf 2,00 Euro und für nicht BHV1-freie Betriebe auf 6,00 Euro pro Rind festzusetzen.
6Die Klägerin beantragt,
7den Bescheid der Landwirtschaftskammer NRW - Tierseuchenkasse - vom 16. Mai 2014 insoweit aufzuheben, als darin mehr als 2,00 Euro pro Rind festgesetzt worden sind.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt im Wesentlichen vor: Die Beitragsdifferenzierung sei nach § 20 Abs. 2 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) zulässig und stünde mit dessen Ziel, die effektive Seuchenprävention zu fördern, in Einklang. Die Heranziehung nicht BHV1-freier Betriebe zu dem höheren Beitrag sei gerechtfertigt. Während das seuchenhygienische Risiko bei BHV1-freien Betrieben gleich Null sei, stelle das Vorhandensein von Reagenten in Betrieben bei der Fülle der Kontaktmöglichkeiten im Viehverkehr ein nicht vertretbares Risiko für die überwiegende Zahl BHV1-freier Betriebe dar, insbesondere weil Zuchttiere nicht einzeln, sondern in der Regel über Sammelstellen transportiert würden. Der Mehrbetrag von 4,00 Euro pro Rind sei auch verhältnismäßig, da die Tierseuchenkasse die Kosten der bei BHV1-betroffen Betrieben erforderlichen Einzelblutuntersuchungen in dieser Höhe übernehme und diese Kosten bei BHV1-freien Betrieben nicht anfielen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage hat Erfolg.
14Der Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Eine Aufhebung des Bescheides insgesamt kommt aufgrund des eingeschränkten Klageantrags gemäß § 88 VwGO nicht in Betracht.
15Das Gericht teilt zwar die Bedenken der Klägerin hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung des Verwaltungsrats der Tierseuchenkasse nicht, da das durch die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats vorgegebene Beschlussverfahren ausweislich der von der Beklagten zur Akte gereichten Unterlagen eingehalten wurde. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides ergibt sich aber aus der fehlerhaften Beitragskalkulation. Die Beklagte ist bei der Beitragskalkulation für das Jahr 2014 nicht nur methodisch in nicht vertretbarer Weise vorgegangen. Sie hat auch zu Unrecht einen einheitlichen Beitrag für Entschädigungen und Beihilfen erhoben. Weiterhin hat sie unzulässigerweise zwischen BHV-1 freien und nicht BHV-1 freien Betrieben differenziert. Diese drei Gründe führen unabhängig voneinander zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung.
16Die Fehlerhaftigkeit der bei der Beitragskalkulation angewandten Methode ergibt sich aus Folgendem: Die Beklagte geht bei der Haushaltsplanung der Unterkasse für Rinder zumindest seit 2010 so vor, dass sie zuallererst festsetzt, in welcher Höhe sie den Beitrag erheben will. Ihre voraussichtlichen Kosten, etwa für zu leistende Entschädigungen oder Beihilfen, schätzt sie erst danach. Diese Vorgehensweise hat die Geschäftsführerin der Tierseuchenkasse in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Sie wird zudem durch die zur Gerichtsakte gereichte Aufstellung der Haushaltsplanung für die Jahre 2010 bis 2014 illustriert. Dabei erfordert eine ordnungsgemäße Beitragskalkulation vielmehr, dass die Beklagte zunächst ihre voraussichtlichen Kosten für das zu planende Haushaltsjahr schätzt und sie die Höhe des Beitrags von der Höhe dieser Kosten abhängig macht. Zweitens hätte die Beklagte bei der Beitragskalkulation berücksichtigen müssen, in welcher Höhe ihr diese Gesamtkosten voraussichtlich durch Dritte – namentlich durch das Land oder die Europäischen Union ‒ erstattet werden. Diese voraussichtlichen Einnahmen aus der Hand Dritter hätte die Beklagte bei ordnungsgemäßer Haushaltsplanung vor Bestimmung der endgültigen Beitragshöhe von den Gesamtkosten abziehen müssen, um so zu bestimmen, in welcher Höhe die Beitragserhebung überhaupt erforderlich ist. Die bisherige Beitragsbestimmung der Beklagten unabhängig von den voraussichtlich im jeweiligen Jahr anfallenden Kosten und der absehbaren Kostenerstattung durch Dritte ist dagegen weder mit dem Prinzip der Jährlichkeit der Haushaltsplanung vereinbar noch wurde dabei das Interesse der Beitragspflichtigen an einer möglichst geringen Beitragshöhe ausreichend in den Blick genommen. Darüber hinaus hat die Beklagte bei der Beitragskalkulation für die Jahre 2010 bis 2014 auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie jedes Jahr weit besser gewirtschaftet hat als ursprünglich kalkuliert. Ausweislich der zur Akte gereichten Aufstellungen hat die Beklagte bei jeder Haushaltsplanung für die Jahre 2010 bis 2014 ihre verbleibenden Gesamtkosten so hoch eingeschätzt, dass sie eine Entnahme aus der Rücklage werde tätigen müssen. Für diese Entnahme wurden jedes Jahr Beträge ganz unterschiedlicher Höhe, etwa zwischen 250 Tsd. Euro und 5 Mio. Euro, angesetzt. Wie sich aus den Ist-Rechnungen der Tierseuchenkasse ergibt, hat sie diese Entnahmen aus der Rücklage jedoch im Ergebnis nie tätigen müssen, weil ihre Kosten im Nachhinein immer viel niedriger ausfielen bzw. teilweise durch das Land und die Europäische Union erstattet wurden. Sie hat daher seit 2010 der Rücklage entgegen ihrer Haushaltsplanung überhaupt nichts entnehmen müssen. Dennoch hat sie diese ersparten Aufwendungen bei der Kalkulation des Beitrags für das nächste zu planende Haushaltsjahr stets unberücksichtigt gelassen. Stattdessen hat sie den verbleibenden Mehrbetrag nach dem Motto „was man hat, das hat man“ stets in die Rücklage verschoben. Dabei erfordert eine planmäßige und nachvollziehbare Beitrags- und Rücklagenkalkulation, dass der Beitragsgläubiger die außerplanmäßig ersparten Kosten nicht pauschal jedes Jahr einbehält, sondern sie vielmehr im nächsten Jahr beitragsmindernd ansetzt: Wenn er den Betrag der Rücklage zuführt, so muss dahinter jedenfalls ein Planungskonzept in Bezug auf die Rücklagenbildung erkennbar sein. Ein solches muss sich nach § 3 Abs. 2 Verordnung zur Durchführung von Regelungen auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung (DVO-AGTierSG-NRW) im Rahmen von 75 bis 100 % eines pro Rind anzusetzenden Betrages von 12,00 Euro bewegen.
17Über diese methodischen Fehler hinaus ist die Beitragskalkulation auch insoweit rechtswidrig, als die Beklagte einen einheitlichen Betrag für Entschädigungen und Beihilfen erhoben hat. Die Unzulässigkeit eines solchen einheitlichen Beitrags beruht auf folgenden gravierenden Unterschieden zwischen Entschädigungen und Beihilfen:
18Entschädigungen und Beihilfen fußen erstens auf eigenständigen Ermächtigungsgrundlagen. Entschädigungen und die Erhebung der entsprechenden Beiträge sind bundesrechtlich in §§ 15 ff. Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) geregelt. Dagegen sind Beihilfen bundesrechtlich nicht vorgesehen. Vorschriften hierzu finden sich ausschließlich im Landesrecht, nämlich in § 6 Abs. 1 und § 7 Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz und zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (AGTierSGTierNebG NRW). Zweitens werden Entschädigungen und Beihilfen zu völlig unterschiedlichen Zwecken und in unterschiedlicher Höhe bereitgestellt. Entschädigungen werden nach § 15 TierGesG ausschließlich für Tierverlust im Seuchenfall geleistet und dienen der (teilweisen) Kompensation des finanziellen Nachteils des Tierhalters – insbesondere zur Sicherung seiner Existenzgrundlage im Falle gewerblicher Tierhaltung. Beihilfen im Sinne des § 7 AGTierSGTierNebG NRW dienen dagegen vor allem der Finanzierung präventiver Maßnahmen wie beispielsweise Impfungen oder Desinfektion, die verhindern sollen, dass sich eine Tierseuche in einen Bestand einschleicht oder dort weiter ausbreitet. Das Inaussichtstellen von Beihilfen schafft einen finanziellen Anreiz für die Tierhalter, solche Präventivmaßnahmen durchzuführen. Demnach handelt es sich bei Entschädigungen und Beihilfen drittens um zwei unterschiedliche Leistungen. Die gesetzlich vorgegebene Differenzierung nach Leistungsbereichen erfordert es, die Kosten für die jeweiligen Leistungsbereiche zu ermitteln und nur diese bei dem für den speziellen Leistungsbereich festzusetzenden Beitrag zu erheben (Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit),
19vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2000 – 11 C 7.00 – in juris (Rn. 33); OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 – 9 A 1430/96 – in juris (Rn. 8).
20Die einheitliche Beitragserhebung für Entschädigungen und Beihilfen steht schließlich im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass die Beitragshöhe den Wert des dafür seitens der Behörde gewährten Vorteils ungefähr wiederspiegeln muss. Wird ein einheitlicher Beitrag für Entschädigungen und Beihilfen erhoben, kann der Beitragsschuldner die Relation zum Wert der Entschädigungsleistung und zum Wert der Beihilfeleistung nicht getrennt voneinander nachvollziehen. Denn es ist für ihn nicht einmal mehr im Ansatz ersichtlich, welcher Teil des Beitrags auf Entschädigungen und welcher auf Beihilfen entfallen soll.
21Aus diesen Gründen ist bereits die gesamte Beitragsfestsetzung unabhängig von der darin vorgenommenen Differenzierung zwischen BHV1-freien und BHV1-betroffenen Betrieben rechtswidrig. Darüber hinaus ist jedoch auch diese Differenzierung unzulässig und führt zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, soweit darin ein Betrag von mehr als 2,00 Euro pro Rind festgesetzt ist. Der dem Bescheid zugrunde liegende § 1b Abs. 2 DVO-AGTierSG-NRW verstößt durch das bloße Abstellen auf die BHV1-Freiheit des Bestandes gegen § 20 Abs. 2 Satz 3 TierGesG. Nach dieser Vorschrift, auf die die Beklagte die Beitragserhebung in der Klageerwiderung ausdrücklich gestützt hat, können die Beiträge nach Größe der Bestände und unter Berücksichtigung der seuchenhygienischen Risiken, insbesondere auf Grund der Betriebsorganisation, sowie zusätzlich nach Alter, Gewicht oder Nutzungsart gestaffelt werden. Die Vorschrift ist § 71 Abs. 1 Satz 5 des inzwischen außer Kraft getretenen Tierseuchengesetzes nachgebildet. Ziel der Aufnahme des Differenzierungskriteriums „seuchenhygienische Risiken, insbesondere auf Grund der Betriebsorganisation“ in diese Norm im Jahr 1995 war es, bei der Beitragsbemessung statt der Größe des Betriebes nun vor allem die von ihm ausgehende Gefahr einer Seuchenverbreitung in den Vordergrund zu stellen. Diese sollte insbesondere anhand der Betriebsorganisation beurteilt werden, weil die in den Neunzigerjahren grassierende Schweinepest gezeigt hatte, dass das Risiko einer Infektion von Betrieben insbesondere mit den Abläufen in dem Betrieb und der Betriebsart zusammenhängt. Nach den einschlägigen Gesetzesmaterialien sollte die Beitragshöhe daher beispielsweise an die Art der Entsorgung der Gülle, die Abgrenzung zu anderen Betrieben, die Benutzung eines gemeinsamen Fuhrparks mit anderen Betrieben und die Art und Weise des Tierzukaufs anknüpfen,
22vgl. die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses, BT-Drs. 13/1764, S. 6.
23Entsprechend differenziert der Landesverordnungsgeber die Beiträge von Schweinehaltern zur Tierseuchenkasse nach der Organisation des Betriebs. Er stellt insbesondere auf die Art und Weise des Tierzukaufs ab, nämlich darauf, ob die Tiere in einem „geschlossenen System“ gehalten werden, also keine Schweine von außerhalb des Betriebs in diesen verbracht werden, sowie darauf, ob es sich um einen Zucht- oder Mastbetrieb handelt (§ 1b Abs. 1 DVO-AGTierSG-NRW).
24Mit dieser Zielsetzung des § 20 Abs. 2 Satz 3 TierGesG, die Beiträge vor allem an der Betriebsorganisation zu orientieren, ist die Beitragsdifferenzierung nur nach dem Kriterium der BHV1-Freiheit nicht vereinbar. Von BHV1-infizierten Beständen mag je nach Einzelfall ein höheres Seuchenrisiko für andere Betriebe ausgehen können. Wie § 20 Abs. 2 Satz 3 TierGesG mit dem Zusatz „insbesondere auf Grund der Betriebsorganisation“ anerkennt, ist dieses Seuchenrisiko aber in erster Linie davon abhängig, welche Betriebsform gewählt wird. Insbesondere wenn die Tiere – wie die der Klägerin – sämtlich aus eigener Aufzucht stammen und in einem „geschlossenen System“ gehalten werden, also nur bei Gelegenheit des Schlachtens mit anderen – dann aber ebenfalls totgeweihten – Tieren in Kontakt kommen, ist nicht ersichtlich, worin das besondere seuchenhygienische Risiko des Betriebes bestehen soll. Dass auch bei solchen Betrieben eine Seuchenübertragung – z.B. durch den Tierarzt, der mehrere Betriebe hintereinander besucht ‒ nicht auszuschließen ist, mag sein. Dieses Restrisiko besteht jedoch auch bei geschlossenen Schweinehaltungen. Dennoch gewährt die Beklagte diesen einen Beitragsrabatt. Warum dies nicht auch für BHV1-infizierte geschlossene Rinderbetriebe gelten kann, erschließt sich dem Gericht nicht.
25Die einheitliche Erhebung eines erhöhten Beitrages für alle nicht BHV1-freien Betriebe kann die Beklagte auch nicht damit begründen, dass bei ihr für solche Betriebe im Vergleich zu BHV1-freien Betrieben deutlich höhere Kosten anfielen. Die Beklagte hat diesbezüglich vorgetragen, für BHV-1-befallene Betriebe eine Beihilfe von 4 Euro pro Rind zur obligatorischen Einzelblutuntersuchung zu leisten. Gleichzeitig stützt sie die Beitragserhebung auf § 20 Abs. 2 Satz 3 TierGesG. Dieser erlaubt aber nur die Beitragserhebung für Entschädigungen. Er dient nicht der Finanzierung von Beihilfen. Außerdem müsste die Beklagte mit dem von ihr vorgetragenen Argument der höheren Beihilfeleistung für nicht BHV1-freie Betriebe auch hinsichtlich anderer Beihilfen, insbesondere der Beihilfe zur BVD-Prävention, differenzieren. Nach den Haushaltsplanungen der Jahre 2010 bis 2014 sieht die Beklagte jährlich Beihilfeleistungen für die BVD-Prävention vor. Für das Jahr 2014 hat sie hierfür einen Betrag von 4,4 Mio. Euro eingeplant. Für die Beihilfeleistung zur BHV1-Bekämpfung wurden dagegen für dasselbe Jahr nur 1,13 Mio. Euro veranschlagt. Dennoch differenziert die Beklagte den Beitragssatz zur Tierseuchenkasse nicht auch danach, welcher Betrieb von den deutlich höheren Beihilfen zur BVD-Bekämpfung profitiert und welcher nicht. Eine solche Differenzierung hätte aber insbesondere deshalb nahegelegen, weil die Beihilfen zur BVD-Bekämpfung nach Angaben der Geschäftsführerin des Verwaltungsrats in der mündlichen Verhandlung unter anderem zur Kennzeichnung von Jungtieren mit entsprechenden Ohrmarken geleistet werden. Die Beihilfe kam insoweit also nur solchen Betrieben zu Gute, die selbst züchten und die Ohrmarken anzubringen haben. Käme es der Beklagten wirklich darauf an, durch eine Beitragsdifferenzierung eine Art „Gegenleistungsgerechtigkeit“ hinsichtlich der von ihr geleisteten Beihilfen herzustellen, ist nicht ersichtlich, warum sie beispielsweise diese Kosten für Ohrmarkenbeihilfen dennoch allen Betrieben, nicht nur den Züchtern, auferlegt.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO.
27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Zivilprozessordnung.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
Vorbehaltlich der in diesem Gesetz bezeichneten Ausnahmen wird auf Antrag eine Entschädigung in Geld geleistet für
- 1.
Tiere, die auf behördliche Anordnung getötet worden oder nach Anordnung der Tötung verendet sind, - 2.
Tiere, bei denen nach dem Tode eine anzeigepflichtige Tierseuche festgestellt worden ist, soweit die Voraussetzungen gegeben waren, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen, - 3.
Tiere, bei denen nach dem Tode Milzbrand, Rauschbrand oder Tollwut festgestellt worden ist, - 4.
Rinder, bei denen nach dem Tode Aujeszkysche Krankheit festgestellt worden ist, - 5.
Tiere, von denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie auf Grund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Impfung, Behandlung oder Maßnahme diagnostischer Art oder im Zusammenhang mit der jeweiligen Durchführung getötet werden mussten oder verendet sind und der Tod der Tiere innerhalb von 30 Tagen nach Durchführung einer oder, im Falle der Durchführung mehrerer der vorgenannten Maßnahmen, nach Durchführung der letzten Maßnahme eingetreten ist, - 6.
Rinder, Schweine, Schafe und Geflügel, die oder das Viehhöfen oder Schlachtstätten zugeführt und bei der amtlichen Auftriebsuntersuchung oder bei der Schlachttieruntersuchung als nicht seuchenkrank oder seuchenverdächtig befunden worden sind oder ist, soweit deren oder dessen Fleisch nach der Schlachtung im Rahmen der Fleischuntersuchung auf Grund einer tierseuchenrechtlichen Vorschrift oder einer auf eine solche Vorschrift gestützten behördlichen Anordnung gemaßregelt worden ist.
(1) Die Länder regeln, wer die Entschädigung gewährt und wie sie aufzubringen ist. Das Land hat die Entschädigung zu leisten; soweit von Tierhaltern für bestimmte Tierarten zur Gewährung von Entschädigungen Beiträge nach Absatz 2 Satz 1 erhoben werden, hat es die Entschädigung jedoch nur zur Hälfte zu leisten.
(2) Beiträge sind für Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel, Rinder einschließlich Bisons, Wisente und Wasserbüffel, Schweine, Schafe und Ziegen, Gehegewild, Geflügel, Bienen, Hummeln und Fische zu erheben. Von der Erhebung von Beiträgen für Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel, Ziegen, Gehegewild, Geflügel, Bienen, Hummeln und Fische kann abgesehen werden, wenn sie zu einer unzumutbaren Belastung der Beitragspflichtigen, insbesondere auf Grund geringer Anzahl der betroffenen Tierhalter, führen würde oder hierfür auf Grund der Tierseuchensituation kein Bedarf besteht. Die Beiträge sind nach Tierarten gesondert zu erheben; bestimmte Tierarten können im Rahmen der Beitragserhebung zusammengefasst werden. Die Beiträge können nach der Größe der Bestände und unter Berücksichtigung der seuchenhygienischen Risiken, insbesondere auf Grund der Betriebsorganisation, sowie zusätzlich nach Alter, Gewicht oder Nutzungsart gestaffelt werden. Ferner können die Länder die Durchführung von Tierzählungen zum Zwecke der Beitragserhebung regeln.
(3) Werden von Tierhaltern zur Gewährung von Entschädigungen Beiträge erhoben, dürfen für Tiere, die dem Bund oder einem Land gehören, oder für das Viehhöfen oder Schlachtstätten zugeführte Schlachtvieh keine Beiträge erhoben werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.