Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Juli 2015 - 2 L 3261/14
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ihm zugewiesenen Planstellen der Besoldungsgruppe A 16 ÜBesG NRW zur Beförderung von Referenten mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers auf diese Stellen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 22.000,-- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der zur Entscheidung gestellte, dem vorstehenden Entscheidungssatz entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
4Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehenden Stellen alsbald mit den Beigeladenen zu besetzen, besteht ein Anordnungsgrund, da durch deren jeweils mit einer Beförderung verbundenen Einweisung in die seit Februar 2015 besetzbaren Planstellen der Besoldungsgruppe A 16 ÜBesG NRW das von dem Antragsteller geltend gemachte Recht auf eine dieser Stellen endgültig vereitelt würde.
5Der Antragsteller hat auch einen sein Rechtsschutzbegehren rechtfertigenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
6Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes oder eines Beförderungsdienstpostens dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Hinzu kommen muss, dass in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren die Auswahl des Antragstellers zumindest möglich erscheint. Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
7Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 ‑ 2 BvR 857/02 ‑, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 ‑ 2 C 14.02 ‑, NJW 2004, 870; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010- 1 B 901/10 -, juris.
8Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Ist ein Bewerber besser qualifiziert, so ist er zu befördern. Im Übrigen ist die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so muss glaubhaft gemacht werden, dass deren Vergabe an den Mitbewerber sich als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist. Hierbei vermag jeder Fehler im Auswahlverfahren, einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, sofern dieser Fehler berücksichtigungsfähig und potenziell kausal für das Auswahlergebnis ist.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 ‑ 2 BvR 857/02 ‑, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. September 2001 ‑ 6 B 1776/00 ‑, DÖD 2001, 316, und vom 11. Mai 2005 ‑ 1 B 301/05 ‑, RiA 2005, 253.
10Hiernach erweist sich die Entscheidung des Antragsgegners, die streitigen Beförderungsstellen mit den Beigeladenen zu besetzen, als rechtsfehlerhaft.
11Mangels Übersendung des Verwaltungsvorgangs zur Auswahlentscheidung vermag die Kammer nicht darüber zu entscheiden, ob die Auswahlentscheidung in formeller Hinsicht rechtmäßig erfolgt ist. Von einer Nachforderung des Aktenmaterials wurde jedoch abgesehen, weil durchgreifende Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bestehen. Der Antragsgegner hat sein durch das Prinzip der Bestenauslese eingeschränktes Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt.
12Dass der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber gestützt hat, steht allerdings grundsätzlich im Einklang mit dem materiellen Recht. Denn über die Auswahlkriterien des § 9 BeamtStG verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Sache einer aktuellen dienstlichen Beurteilung.
13Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2003 – 2 C 16.02 ‑, DÖD 2003, 202, und vom 19. Dezember 2002 ‑ 2 C 31.01 ‑, DÖD 2003, 200.
14Jedoch durfte der Antragsgegner die Beurteilung des Antragstellers nicht seiner Auswahlentscheidung zugrunde zu legen. Diese dienstliche Beurteilung ist rechtsfehlerhaft zustande gekommen.
15Der Antragsteller war am 2. Juli 2014 für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2014 nach den Richtlinien für die dienstliche Beurteilung zur Vorbereitung von Personalmaßnahmen, insbesondere Beförderungsentscheidungen (Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen – 24-1.39.51-1/09 – vom 19. November 2010, SMBl. 203034, nachfolgend: BRL) in der Leistungsbeurteilung mit der Gesamtnote 3 Punkte („entspricht voll den Anforderungen“) bewertet worden. Ebenso hat er in allen Leistungsmerkmalen 3 Punkte erzielt. Unter Einbeziehung der Befähigungsbeurteilung ist ihm die Beförderungseignung mit dem Grad „geeignet“ zuerkannt worden.
16Diese dienstliche Beurteilung des Klägers beruht auf Verstößen gegen die eigenständige Bewertungsentscheidung des Beurteilers sowie den festgelegten Verfahrensgang, wonach dienstliche Beurteilungen aus dem Beurteilungsvorschlag über die Voten der höheren Vorgesetzten bis zum Endbeurteiler zu entwickeln sind (gestuftes Beurteilungsverfahren).
17Nach Nr. 12.5.1 1. Absatz BRL fertigt der Beurteiler in Kenntnis des festgelegten Beurteilungsmaßstabs, an dessen Bildung er gemäß Nr. 12.4 BRL beteiligt war, jedoch vorrangig aus seiner unmittelbaren Kenntnis des Beamten einen eigenen Vorschlag zur Bewertung von Leistung und Befähigung (Beurteilungsvorschlag). Nr. 12. 4 BRL sieht im Anschluss an die Beurteilungsgespräche die Bildung des Beurteilungsmaßstabs (Nr. 6.3) vor. Diese Aufgabe obliegt dem Endbeurteiler, der sich in Beurteilungskonferenzen von den Beurteilern und den höheren Vorgesetzten beraten lässt. Im Rahmen der Beurteilungskonferenzen ist die Erörterung personenbezogener Daten auf den unbedingt erforderlichen Umfang zu beschränken.
18Diesen Vorgaben wird die protokollierte Beurteilungskonferenz des MIK am 20. und 23. Mai 2014 nicht gerecht. Schon im Vorfeld dieser Beurteilungskonferenz hat die Personalstelle im April 2014 den Abteilungen des MIK Listen der zur Beurteilung anstehenden Beamten, geordnet nach Vergleichsgruppen, übersandt und dies mit der Vorbereitung der Konferenz begründet. Die Abteilung 6, in der der Antragsteller seinen Dienst verrichtet, hat unter dem 6. Mai 2014 ein Ranking an die Personalstelle zurückgereicht. Darin erscheint der Antragsteller im Mittelfeld der Vergleichsgruppe A 15. In der Beurteilungskonferenz, an der neben dem Endbeurteiler die Abteilungsleiter, die Gleichstellungsbeauftragte sowie Angehörige der Personalstelle teilgenommen haben, hat die Beurteilerrunde im Einzelnen neun namentlich benannte Beschäftigte als Spitzengruppe für eine Hervorhebung festgesetzt. Zugleich ist der Beschluss erfolgt, diese Spitzengruppe mit 4 Punkten und der Beförderungseignung „gut geeignet“ zu beurteilen. Von einem weiteren Beschluss werden drei namentlich benannte Beamte erfasst, die mit der Gesamtnote 3 Punkte und der Beförderungseignung „gut geeignet“ beurteilt werden sollen. Vier weitere, namentlich konkretisierte Beamte sollen ebenfalls mit der Gesamtnote 3 Punkte und der Beförderungseignung „gut geeignet“ beurteilt werden, allerdings sollen sie im Rahmen der Binnendifferenzierung nur bei einem besonders gewichteten Leistungsmerkmal 4 Punkte erhalten. Für die übrigen Beamten, zu dieser Gruppe zählt auch der vorher namentlich nicht erwähnte Antragsteller, ist die Gesamtnote 3 und die Beförderungseignung „geeignet“ vorgesehen, wobei in Abgrenzung zur unmittelbar vorgenannten Gruppe durchgängig nur 3 Punkte vergeben werden können.
19Diese Verfahrensweise hat mit der Bildung eines Beurteilungsmaßstabs im Sinne von Nr. 6.3 BRL nichts mehr zu tun. Zulässig sind vielmehr allgemeine Festlegungen, losgelöst von individualisierten Beamten einer konkreten Vergleichsgruppe.
20Hat der Endbeurteiler aber – wie hier – schon in der Konferenz zur Maßstabsbildung die abschließende Gesamtbewertung vorweggenommen, verstößt er gegen die auch im Geschäftsbereich des MIK vorgesehene Entwicklung dienstlicher Beurteilungen von „unten nach oben“. Der vom Beurteiler zu fertigende Beurteilungsvorschlag (Nr. 12.5.1 BRL) gelangt auf dem Dienstweg über höhere Vorgesetzte, die den Vorschlag votieren (Nr. 12.5.2 BRL), zum Endbeurteiler, der die abschließende Gesamtbewertung trifft, indem er die Gesamtnote der Leistungsbeurteilung festsetzt und über die Zuerkennung sowie den Grad der Beförderungseignung entscheidet (Nr. 12.6). Stimmen Beurteilungsvorschlag und Beurteilung nicht überein, hat der Endbeurteiler die abweichende Beurteilung für den Beamten nachvollziehbar – auch in den Einzelmerkmalen – zu begründen. Er kann sich hierbei durch den Beurteiler und die höheren Vorgesetzten beraten lassen (Nr. 12.6.2 1. Absatz BRL).
21Der Antragsgegner kann nicht mit seiner Einlassung im Antragsverfahren gehört werden, die Voreinschätzungen der Fachabteilungen (gemeint ist das vorbereitende Ranking auf Abteilungsebene) würden seit langem als Baustein im Sinne einer späteren Maßstabsbildung eingesetzt werden, indem sie der Strukturierung des Verfahrens dienten. Damit verkennt der Antragsgegner die Unterscheidung zwischen Maßstabsbildung unter weitgehender Ausblendung personenbezogener Daten und einer antizipierten Abschlussbewertung der zur Beurteilung anstehenden Beamten durch den Endbeurteiler. Letzteres ist – wie die Kammer aufgezeigt hat – in Beurteilungskonferenzen unzulässig.
22Die Kammer verkennt ferner nicht, dass der Endbeurteiler aufgrund einer tatsächlichen Verwaltungsübung von seinen BRL abweichen kann. Allerdings ist insoweit eine Verwaltungsübung nur im Hinblick auf die Vorbereitung der Beurteilungskonferenzen feststellbar. Mit dem Postulat eines gestuften Beurteilungsverfahrens ist es jedoch schlichtweg nicht vereinbar, wenn bereits vor dem Beurteilungsvorschlag die Gesamtnote, einschließlich der Ausprägungen der Leistungsmerkmale, sowie die Beförderungseignung konkret festgelegt worden sind. Eine derartige weitergehende Verwaltungsübung wäre mit dem Wesen des Beurteilungsverfahrens nicht vereinbar und könnte auch in Abweichung von den BRL keinen Bestand haben.
23Ergänzend weist die Kammer noch auf folgendes hin: Für das durch RErl. d. IM vom 9. Juli 2010 – 45.2 – 26.00.05 – (BRL Pol) für den Polizeivollzugsbereich außerhalb des MIK geregelte Beurteilungsverfahren hat die Kammer in ihrem Urteil vom 8. Februar 2011 – 2 K 4821/09 – die Vorwegnahme des Beurteilungsergebnisses ebenfalls beanstandet und sich dabei maßgeblich auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 19. November 2010 – 2 A 10983/10 – (abgedruckt bei juris) gestützt. Der 2. Leitsatz des obergerichtlichen Urteils, wonach das gestufte Beurteilungsverfahren „von unten nach oben“ in sein Gegenteil verkehrt werde, trifft auf den vorliegenden Fall ebenfalls zu.
24Konnte die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 2. Juli 2014 schon aus den vorstehenden Gründen keinen Bestand haben, bedurfte es insbesondere keiner abschließenden Entscheidung mehr darüber, ob
25- die am 20. und 23. Mai 2014 stattgefundene Beurteilungskonferenz ordnungsgemäß besetzt gewesen ist, weil entgegen Nr. 12.4 2. Absatz BRL daran keine Beurteiler teilgenommen haben und
26- ein Beurteilungsbeitrag vom ursprünglich vorgesehenen Beurteiler des Antragstellers einzuholen gewesen wäre.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dem Antragsgegner etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese in der Sache gleichfalls unterlegen sind und zudem keine Anträge gestellt, sich selbst somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
28Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4, Satz 1 Nr. 1 sowie den Sätzen 2 und 3 GKG. Der sich hieraus ergebende Betrag ist im Hinblick auf den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte zu reduzieren. Demnach ist als Streitwert ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des vom Antragsteller angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 16 ÜBesG NRW) festgesetzt worden.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2012 - 6 E 162/12 -, juris.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Ist das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung, so entscheidet die Enteignungsbehörde darüber, ob an dem Grundstück bestehende dingliche Rechte und Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder die Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden. Rechte, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen, werden nicht aufrechterhalten.
(2) Soweit Rechte der in Absatz 1 genannten Art erlöschen, sind gesondert zu entschädigen
- 1.
Altenteilsberechtigte sowie die Inhaber von Dienstbarkeiten, - 2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist.
(3) Bei der Enteignung eines Grundstücks haben Entschädigungsberechtigte, die nicht gesondert entschädigt werden, Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder für Wertminderungen des Restbesitzes nach § 19 Nr. 2 festgesetzt werden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 19. Juli 2010 im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, dass die Beteiligten die Kosten des ersten Rechtszuges jeweils zur Hälfte zu tragen haben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
In dem Berufungsverfahren streiten die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung.
- 2
Der Kläger steht im Polizeidienst des beklagten Landes. Am 28. Oktober 2008 bewarb er sich – noch im Amt eines Kriminaloberkommissars stehend – um eine Beförderungsstelle zum Kriminalhauptkommissar (A 11 BBesG).
- 3
Aus diesem Anlass war er für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2008 dienstlich zu beurteilen. Als Erstbeurteiler war nach den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien der Leiter der Polizeiinspektion Zweibrücken B vorgesehen, als Zweitbeurteiler der Leiter der Polizeidirektion P ….
- 4
Im Vorfeld der Beurteilung fanden mehrere Abstimmungsgespräche statt. Am 26. Januar 2009 trat das Beratungsteam – bestehend aus dem Erstbeurteiler und dem unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers – zusammen. Am 29. Januar 2009 trafen sich sämtliche Erstbeurteiler der Polizeidirektion P mit dem Zweitbeurteiler. Am 25. Februar 2009 schließlich fand eine Beratungsrunde der Zweitbeurteiler statt. Dort wurde ein Quervergleich zwischen den zu beurteilenden Beamten vorgenommen und eine Leistungsreihung aller Bewerber für ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 erstellt. In dieser Reihung nahm der Kläger – bei vier zu vergebenden Beförderungsstellen – den fünften Rang ein. Zur Umsetzung dieser Reihung wurde für jeden der betroffenen Beamten ein so genannter „Punktekorridor“ festgelegt, innerhalb dessen die noch zu erstellende dienstliche Beurteilung schließen sollte. Im Falle des Klägers lag dieser Punktekorridor bei 186 bis 190 Beförderungspunkten. Dieser wurde dem Erstbeurteiler B bekannt gegeben.
- 5
Mit Schreiben vom 28. April 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er aufgrund seiner dienstlichen Beurteilung – die bei 186,364 Punkten liege – nicht befördert werden könne. Die Beurteilung selbst lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Sie wurde von den Beurteilern erst am 11. Mai 2009 unterzeichnet und schloss mit der Gesamtbewertung B bei Leistungsmerkmalen zweimal B, einmal A und Befähigungsbewertungen in den Ausprägungsgraden II bei einmal I. In Beförderungspunkte umgerechnet entsprach die Beurteilung damit genau dem zuvor mitgeteilten Beurteilungsergebnis von 186,364 Punkten.
- 6
Der Kläger erhob Widerspruch gegen die Beförderungsentscheidung und seine dienstliche Beurteilung. Außerdem beantragte er bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Im Rahmen des Eilverfahrens (6 L 447/09.NW) wurden ergänzende Stellungnahmen der Beurteiler vorgelegt.
- 7
Der Erstbeurteiler führte in einer E-Mail vom 12. Mai 2009 aus, der Kläger sei bereits vor der Beurteilung mehrfach über den Werdegang des Beurteilungsverfahrens informiert worden, auch darüber, dass je nach Ranglistenplatz ein Punktekorridor für die Erstbeurteiler zur Verfügung stehe, der zwingend eingehalten werden müsse, um die ermittelte Rangfolge zu gewährleisten.
- 8
In einer weiteren Stellungnahme vom 9. Juni 2009 legte der Erstbeurteiler dar, ihm sei durch den Zweitbeurteiler mitgeteilt worden, in welchem Punktebereich der Kläger im Vergleich zu den anderen Mitkonkurrenten angesehen werde. Es sei klar gewesen, dass diese Aussage im Hinblick auf die Beurteilungsmaßstäbe im Quervergleich wie auch auf die vorgesehenen Richtwerte erfolge, die verbindlich seien. Allerdings seien durch den Zweitbeurteiler keine verbindlichen Vorgaben oder eine Festlegung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale erfolgt. Unter Beachtung der Beurteilungsmaßstäbe habe er schließlich die Beurteilung erstellt, die nach seiner Auffassung eine gute B-Beurteilung widerspiegele. Eine bessere Beurteilung sei aus den dargestellten Gründen nicht möglich.
- 9
Der Zweitbeurteiler äußerte sich unter dem 5. Juni 2009: Im Rahmen von Beförderungsreihungen seien niemals einzelne Leistungs- oder Befähigungsmerkmale oder Aussagen zur Leistungsbewertung gemacht worden. Erst- und Zweitbeurteiler orientierten sich an dem Rankingplatz des zu Beurteilenden. Sie stuften dessen Beurteilungsergebnis orientiert am vergebenen Spitzenplatz in der Konkurrentengruppe entsprechend ein (z. B. gutes B, mittleres B oder schwaches B). Der Erstbeurteiler sei bei der Vergabe der Einzelbewertungen in seiner Entscheidung völlig frei.
- 10
Der Widerspruch des Klägers und sein Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz blieben ohne Erfolg.
- 11
Am 26. August 2009 hat er Klage auf Neubeurteilung und Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 erhoben. Am 18. Mai 2010 ist er zum Kriminalhauptkommissar befördert worden. Dies hat der Beklagte dem Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 21. Mai 2010 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 4. Juni 2010 – eingegangen bei Gericht am 7. Juni 2010 – hat der Kläger seinen auf Beförderung gerichteten Klageantrag auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt.
- 12
Er hat zuletzt beantragt,
- 13
den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2009 zu verurteilen, ihn für den Beurteilungszeitraum 1. Dezember 2005 bis 30. November 2008 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen sowie festzustellen, dass er zum 18. Mai 2009 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 zu befördern gewesen wäre.
- 14
Der Beklagte hat beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Mit Urteil vom 19. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße den Beklagten – unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, den Kläger erneut dienstlich zu beurteilen. Die Kosten des Verfahrens hat das Gericht dem Kläger zu 3/8 und dem Beklagten zu 5/8 auferlegt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Neubeurteilung durch den Beklagten. Die angegriffene dienstliche Beurteilung sei fehlerhaft. Die im Vorfeld der Beurteilung auf Zweitbeurteilerebene erstellte Leistungreihung und deren Umsetzung durch „Punktekorridore“ seien mit den Beurteilungsrichtlinien nicht vereinbar. Die Fortsetzungsfeststellungsklage könne hingegen derzeit keinen Erfolg haben.
- 17
Den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Juli 2010 zunächst auf 8.000 € festgesetzt. Hiergegen haben die Bevollmächtigten des Klägers – in eigenem und im Namen des Klägers – Beschwerde erhoben. Sie haben beantragt, den Streitwert bis zur Erledigungserklärung hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags auf Beförderung auf 22.720 €, für die Zeit danach auf 13.600 € festzusetzen. Mit Beschluss vom 19. August 2010 hat das Verwaltungsgericht dieser Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert für die Zeit bis zur Umstellung der Klage am 7. Juni 2010 auf 27.720,56 € festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 18. November 2010 zurückgewiesen.
- 18
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe die auf Zweitbeurteilerebene durchgeführte Reihung im Rahmen der Abstimmungsgespräche zu Unrecht beanstandet. Das Verfahren verstoße nicht gegen die Beurteilungsrichtlinien. Zwar hätten die Zweitbeurteiler für jeden zu beurteilenden Beamten einen sogenannten Punktekorridor festgelegt, innerhalb dessen sie den jeweiligen Beamten beurteilen wollten. Auch sei dieser Korridor den Erstbeurteilern zur Kenntnis gegeben worden. Eine verbindliche Weisung an die Erstbeurteiler, den Korridor einzuhalten, sei indes nicht erfolgt. Das Oberverwaltungsgericht habe bereits in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2006 (2 A 11167/06.OVG) entschieden, dass gegen eine derartige Leistungsreihung durch die Zweitbeurteiler keine Bedenken bestünden, weil die Zusammenführung der Beurteilungsvorschläge auf Direktionsebene gleichsam automatisch zu einer entsprechenden Übersicht der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten führe. Die auf Zweitbeurteilerebene durchgeführten Abstimmungsgespräche und die Reihung könnten eine gleichmäßige Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe gewährleisten. Ohne die Festlegung konkreter Punktekorridore würde eine erneute Abstimmung auf Ebene der Zweitbeurteiler erforderlich. Die Unabhängigkeit der Erstbeurteiler werde hierdurch nicht beeinträchtigt. Die Praxis zeige, dass die Erstbeurteiler sich ihrer Unabhängigkeit bewusst seien und von den vorgegebenen Korridoren teilweise abwichen. Abstimmungsgespräche zwischen Erst- und Zweitbeurteilern müssten nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Dies sei wichtig, da es aus Zeitgründen und wegen der Vielzahl der zu fertigenden dienstlichen Beurteilungen nicht immer möglich sei, Gespräche mit den Erstbeurteilern zu führen. Der Erstbeurteiler habe zudem ausdrücklich angegeben, dass der Kläger richtig beurteilt gewesen sei und er eine bessere Beurteilung auch ohne den Korridor nicht erstellt hätte. Auch bei einer Neubeurteilung sei daher mit einem besseren Beurteilungsergebnis nicht zu rechnen.
- 19
Außerdem wendet sich der Beklagte gegen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 155 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sei davon ausgegangen, dass der Klageantrag in Bezug auf die dienstliche Beurteilung mit 5.000 € und der Feststellungsantrag mit 3.000 € zu bewerten sein. Mittlerweile habe jedoch das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde des Klägers den Streitwert auf 27.720,56 € festgesetzt. In diesem Betrag seien 5.000 € für den auf die dienstliche Beurteilung bezogenen Klageantrag und 22.720,56 € für den ursprünglichen Antrag auf Beförderung enthalten. Die Kostenaufteilung müsse daher 1/6 zulasten des Beklagten und 5/6 zulasten des Klägers lauten.
- 20
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
- 21
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 19. Juli 2010 die Klage abzuweisen,
- 22
hilfsweise,
- 23
die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts an den abgeänderten Streitwert anzupassen.
- 24
Der Kläger beantragt,
- 25
die Berufung zurückzuweisen.
- 26
Er verteidigt das angegriffene Urteil.
- 27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (1 Ordner und 3 Hefte) und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße 6 L 447/09.NW verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
- 28
Die Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg.
- 29
Im Hauptantrag ist sie unbegründet (1.). Auf den Hilfsantrag war die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern (2.).
- 30
1. Dem Kläger steht – wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat – ein Anspruch gegen den Beklagten auf Neubeurteilung zu. Die dienstliche Beurteilung vom 11. Mai 2009 leidet unter einem Rechtsfehler (a), der sich auf das Beurteilungsergebnis ausgewirkt haben kann (b).
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a) aa) Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Einschätzung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung eines Beamten ist ein dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob die Beurteiler den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungermächtigung verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben. Hat der Dienstherr – wie hier – allgemeine Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes an diese gebunden. Das Gericht kann überprüfen, ob die Richtlinien mit höherrangigem Recht vereinbar sind und ob die Beurteiler sich an deren Vorgaben gehalten haben (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 2 A 11167/06.OVG –).
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bb) Hiervon ausgehend erweist sich die angegriffene dienstliche Beurteilung als fehlerhaft. Sie ist unter Verstoß gegen die für den Polizeibereich geltenden Beurteilungsrichtlinien (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 15. Oktober 2005, MinBl. S. 470 – BeurteilungsVV –) zu Stande gekommen.
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Die Beurteilungsrichtlinien sehen – in Ziffer 5 – ein gestuftes Beurteilungsverfahren mit Erst- und Zweitbeurteiler vor. Aufgabe des Erstbeurteilers ist es hierbei, seine bessere Kenntnis von der Person und den Arbeitsergebnissen des Beamten in den Beurteilungsvorgang einzubringen und dem Zweitbeurteiler so eine sachgerechte Grundlage für die abschließende Beurteilung zu liefern. Der Zweitbeurteiler soll hingegen vor allem für die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe sorgen. Nach Ziffer 5.2.3 BeurteilungsVV kann und muss er zu diesem Zweck bereits im Vorfeld der Beurteilung mit den Erstbeurteilern Gespräche führen. Die Beurteilungen einzelner Beamter dürfen im Rahmen solcher Gespräche indes nicht erörtert – geschweige denn festgelegt – werden. Vielmehr hat der Erstbeurteiler zunächst seinen Beurteilungsvorschlag zu fertigen, wobei er – gemäß Ziffer 5.1 Satz 1 BeurteilungsVV – unabhängig und frei von Weisungen ist. Diesen Beurteilungsvorschlag kann der Zweitbeurteiler später insbesondere zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe abändern.
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Abstimmungsgespräche zwischen den Beurteilern und statusamtsbezogene Leistungsreihungen, wie sie im vorliegenden Fall auf Zweitbeurteilerebene erstellt wurden, begegnen im Hinblick auf diese Vorgaben keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl. hierzu schon OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 2 A 11167/06.OVG –). Derartige Maßnahmen, die letztlich der Durchsetzung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe dienen, stellen sich als folgerichtige Weiterentwicklung des in den Richtlinien geregelten Verfahrens dar. Erörterungsgespräche zwischen den am Beurteilungsvorgang beteiligten Personen sind in Ziffer 5.2.1 und Ziffer 5.2.3 BeurteilungsVV ausdrücklich vorgeschrieben. Auch statusamtsbezogene Leistungsreihungen kennt die Beurteilungsrichtlinie, wenn auch nur auf Ebene des Beratungsteams (vgl. Ziffer 5.2.1 BeurteilungsVV).
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Mit den Vorgaben der Richtlinie nicht vereinbar ist hingegen die – hier in Rede stehende – zielgenaue Vorwegnahme der Beurteilungsergebnisse durch die Festlegung von „Punktekorridoren“ auf Zweitbeurteilerebene und deren Weitergabe an die Erstbeurteiler (vgl. hierzu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. April 2002 – 1 B 1469/01 –; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25. Juni 2008 – 5 LA 168/05 –, beide juris). Das in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Beurteilungsverfahren „von unten nach oben“ wird hierdurch gleichsam „auf den Kopf gestellt“. Für die betroffenen Beamten entsteht der Eindruck, nicht mehr die dienstliche Beurteilung sei Grundlage der Beförderungsentscheidung, sondern – im Gegenteil – eine von den Zweitbeurteilern vorab getroffene Beförderungsentscheidung sei ausschlaggebend für die dienstliche Beurteilung. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Beamten – wie hier – die Beförderungsentscheidung samt Beurteilungsergebnis noch vor der Fertigstellung und Eröffnung der dienstlichen Beurteilung mitgeteilt wird. Durch die in Rede stehende Praxis verliert das Beurteilungsverfahren jegliche Transparenz. Der Zweck der Beurteilungsrichtlinien – dem Beurteilungsvorgang einen überprüfbaren Rahmen zu geben und damit einen verfahrensmäßigen Ausgleich für die weitgehende inhaltliche Unangreifbarkeit der Beurteilung zu schaffen – wird hierdurch untergraben.
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Die zielgenaue Vorwegnahme der Beurteilungsergebnisse durch die Festlegung von „Punktekorridoren“ auf Zweitbeurteilerebene und deren Weitergabe an die Erstbeurteiler steht zudem in Widerspruch zum Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Erstbeurteiler aus Ziffer 5.1 Satz 1 BeurteilungsVV. Dabei kann offen bleiben, ob den Erstbeurteilern die „Punktekorridore“ ausdrücklich als verbindlich vorgegeben wurden. Denn jedenfalls tatsächlich war die beschriebene Vorgehensweise geeignet, die Erstbeurteiler in ihrem Urteil zu binden. Diesen war bekannt, dass die Korridore unter den Zweitbeurteilern (fest) vereinbart worden waren. Eine Abweichung hiervon musste daher – angesichts der Abänderungskompetenz der Zweitbeurteiler – von vornherein als wenig sinnvoll erscheinen. Die Stellungnahmen des Erstbeurteilers des Klägers machen diese faktische Bindungswirkung der „Punktekorridore“ sehr deutlich. Wenn der Beklagte demgegenüber vorträgt, es gebe durchaus Fälle, in denen von den Korridoren abgewichen werde, so dürfte es sich hierbei um seltene Ausnahmen handeln, welche der Annahme einer unzulässigen Einflussnahme auf die Erstbeurteiler nicht entgegen stehen.
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Der Beklagte kann mit Erfolg auch nicht geltend machen, die Punktekorridore ließen den Erstbeurteilern noch ausreichend Freiraum, insbesondere seien sie in der Vergabe der Einzelbewertungen frei. Den Erstbeurteilern wurde hier nicht nur eine Beurteilungsrichtung (beispielweise: „eine gute B-Beurteilung“ oder „eine C-Beurteilung im oberen Bereich“) vorgegeben. Vielmehr wurden die beförderungsrelevanten Beurteilungsergebnisse zielgenau vorweggenommen und dem Beurteilungsspielraum der Erstbeurteiler damit von vornherein enge tatsächliche Grenzen gesetzt. Dies lässt sich aus der vom Beklagten vorgelegten Beförderungsrangliste leicht ablesen. Danach liegt nicht nur der Kläger im Bereich einer „guten B-Beurteilung“, sondern auch sämtliche vor ihm platzierten Mitbewerber. Die Unterschiede in den Beurteilungen sind – trotz verschiedener Punktekorridore – nur gering.
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b) Der somit vorliegende Verfahrensfehler kann sich auch auf das Beurteilungsergebnis ausgewirkt haben. Zwar hat der Erstbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 6. Juli 2010 versichert, ihm sei eine bessere Beurteilung ohne Verkennung der Leistungen des Klägers schlechterdings nicht möglich. Aus dem Zusammenhang der Stellungnahme ergibt sich jedoch, dass diese Einschätzung durch „die verbindliche Festlegung“ des Erstbeurteilers im Zuge der „sehr intensiven Abstimmungsgespräche“ mit dem Zweitbeurteiler maßgeblich beeinflusst ist. Dem Senat ist es vor diesem Hintergrund verwehrt, Mutmaßungen über den Inhalt und das voraussichtliche Ergebnis einer erneuten Beurteilung des Klägers anzustellen. Die erneute Beurteilung ist in dem formalisierten Verfahren nach den Beurteilungsrichtlinien des Beklagten – ohne Rücksicht auf den Punktekorridor – zu erstellen. Dabei wird auch ein Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten über die Zeit des Klägers bei der Kriminalinspektion P einzuholen sein. Das so zu ermittelnde Beurteilungsergebnis kann durch den Senat im Beurteilungsrechtsstreit nicht vorweg genommen werden.
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2. Auf den Hilfsantrag des Klägers war die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts in dem aus dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern.
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Nachdem die Beteiligten bei verständiger Würdigung ihrer Schreiben vom 21. Mai und 4. Juni 2010 den Rechtsstreit mit Wirkung vom 7. Juni 2010 teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war in dem angegriffenen Urteil eine Kostenentscheidung „nach Stationen“ zu treffen. Die bis zur übereinstimmenden Teilerledigungserklärung angefallenen Kosten (ca. 2.200,- €) waren hinsichtlich des erledigten Teils (Streitwert: 19.720,56 €) nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, hinsichtlich des anhängig gebliebenen Teils (Streitwert: 8.000,- €) gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verteilen. Dabei entsprach es im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Billigkeit, dem Kläger die Kosten zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 aufzuerlegen. Zwar wäre der Kläger mit dem für erledigt erklärten Antrag auf Beförderung aller Voraussicht nach unterlegen gewesen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Auswahlentscheidung des Beklagten wegen des soeben festgestellten Beurteilungsfehlers rechtswidrig war und der Kläger daher unter Umständen einen Anspruch auf Neubescheidung seines Beförderungsbegehrens hätte haben können. Hinsichtlich des anhängig gebliebenen Teils waren die Kosten dem Kläger zu 3/8 und dem Beklagten zu 5/8 aufzuerlegen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dasselbe gilt für die nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung angefallenen Kosten (ca. 600,- €).
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Insgesamt haben die Beteiligten danach die Kosten des ersten Rechtszuges – bei zulässiger Rundung – jeweils zur Hälfte zu tragen (vgl. zum Rechenweg im Einzelnen: Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 9. Aufl. 2008, Kapitel P, Rdn. 29).
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Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO –.
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Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss
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Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Ziffer II. 10.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ 2004, 1327]).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.