Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Juli 2015 - 2 L 1920/15
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die ausgeschriebene und nach A 12 BBesO funktionsbewertete Stelle als Dienstgruppenleiter in der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz, Bereitschaftspolizei, Polizeisonderdienste, Polizeiwache Objektschutz, nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen der Antragsgegner und der Beigeladene jeweils zur Hälfte. Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 28. Mai 2015 gestellte und dem Entscheidungssatz entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierfür sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
4Ein Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die im Streit stehende Stelle alsbald mit dem Beigeladenen zu besetzen. Denn durch dessen Ernennung und Einweisung in die Stelle würde das vom Antragsteller geltend gemachte Recht endgültig vereitelt werden.
5Ein Anordnungsanspruch ist gleichfalls gegeben, weil die zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung mangels inhaltlicher Ausschöpfung der mit demselben Gesamturteil (5 Punkte) endenden dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers vom 26. August 2014 und des Beigeladenen vom 15. August 2014 rechtsfehlerhaft ist.
6Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris, Rn. 7.
8Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 - 1 B 41/06 -, juris, Rn. 4.
10Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Der Dienstherr ist zu einer derartigen inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen des Qualifikationsvergleichs nicht ohne Weiteres auf das Gesamturteil der Beurteilungen beschränken. Dabei kommt dem Dienstherrn bei der Würdigung von Einzelfeststellungen einer Beurteilung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, ist im Grundsatz deshalb nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 - 6 B 816/13 -, juris, Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 16.
12Ausgehend hiervon erweist sich - wie eingangs angeführt - die zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung mangels inhaltlicher Ausschöpfung der in Rede stehenden Beurteilungen als rechtsfehlerhaft.
13Ordnet ein Beurteilungssystem – wie im vorliegenden Fall – an Stelle verbaler Binnendifferenzierungen den Gesamtnoten einen Bereich mehrerer Punktwerte zu (vgl. hierzu Ziffer 6 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei - BRL Pol -, RdErl. d. Innenministeriums vom 9. Juli 2010 - Az.: 45.2-26.00.05 -), sollen hierdurch nach der maßgeblichen Einschätzung des Dienstherrn grundsätzlich messbare und beachtliche Bewertungsunterschiede zum Ausdruck gebracht werden. Dies ist gerade der Sinn des statt verbaler Differenzierungen gewählten Punktesystems, das Abstufungen innerhalb des vergebenden Gesamturteils zum Zwecke eines Leistungsvergleichs ermöglichen soll.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, juris, Rn. 14; VG Oldenburg, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 6 B 2382/03 -, juris, Rn. 32.
15Die schematische und ausnahmslose Vorgabe des Antragsgegners, dienstliche Beurteilungen mehrerer Bewerber, die in der Wertesumme um bis zu zwei Punkte voneinander abweichen, im Ergebnis gleichzusetzen (vgl. den Auswahlvermerk des Antragsgegners vom 17. April 2015), schließt es aus, Besonderheiten der konkreten, zur Entscheidung anstehenden Konkurrenz in den Blick zu nehmen und in die Entscheidung einfließen zu lassen. Der Antragsgegner lässt es von vornherein unberücksichtigt, dass sich ein Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers bereits aus der besseren Bewertung in einem oder mehreren Einzelmerkmalen ergeben kann.
16Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Juli 2013 - 2 L 765/13 -, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 - 6 B 816/13 -, beide juris, wonach eine schematische und ausnahmslose Ausrichtung der Auswahlentscheidung (im Falle des Gleichstands in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen) an der besseren Bewertung in (lediglich) einem Hauptmerkmal rechtsfehlerhaft ist, wenn die anderen sieben Merkmale von vornherein nicht in den Blick genommen werden.
17Abgesehen davon trifft den Dienstherrn, wenn er der besseren Bewertung eines Mitbewerbers in einem oder mehreren Einzelmerkmalen keine Bedeutung beimessen will, insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht, weshalb er die Qualifikation der Bewerber gleichwohl als im Wesentlichen gleich einstuft.
18Vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 2 L 1334/14 -, juris, Rn. 35.
19Dem ist der Antragsgegner hier nicht nachgekommen. Der Antragsgegner hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen die bessere Bewertung des Antragsstellers in den Merkmalen „Arbeitsweise“ und „Leistungsgüte“ (jeweils 5 Punkte) keinen Qualifikationsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen, dessen dienstliche Beurteilung insoweit jeweils 4 Punkte aufweist, zu begründen vermag.
20Mit der Einschätzung, bei der in Rede stehenden Punktedifferenz seien die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber „im Wesentlichen gleich“, sodass auf die Vorbeurteilungen zurückgegriffen werden könne, verkennt der Antragsgegner, dass diese Bewertung zunächst eine inhaltliche Ausschärfung der aktuellen Beurteilungen voraussetzt. Eine solche Ausschärfung hat der Antragsgegner indes – wie ausgeführt – gerade nicht vorgenommen. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen hat PD Topka im Auswahltermin am 17. April 2015 im Ergebnis zu Recht darauf hingewiesen, dass die Vorbeurteilungen der Bewerber im Streitfall nicht entscheidungserheblich sein können.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absätze 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Dem Beigeladenen waren, nachdem er mit Schriftsatz vom 29. Juni 2015 die Ablehnung des Antrags beantragt hat, die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 3 VwGO anteilig aufzuerlegen.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 12 BBesO) in Ansatz gebracht worden.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Juli 2015 - 2 L 1920/15
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Juli 2015 - 2 L 1920/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Juli 2015 - 2 L 1920/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Ist das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung, so entscheidet die Enteignungsbehörde darüber, ob an dem Grundstück bestehende dingliche Rechte und Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder die Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden. Rechte, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen, werden nicht aufrechterhalten.
(2) Soweit Rechte der in Absatz 1 genannten Art erlöschen, sind gesondert zu entschädigen
- 1.
Altenteilsberechtigte sowie die Inhaber von Dienstbarkeiten, - 2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist.
(3) Bei der Enteignung eines Grundstücks haben Entschädigungsberechtigte, die nicht gesondert entschädigt werden, Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder für Wertminderungen des Restbesitzes nach § 19 Nr. 2 festgesetzt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf bis 13.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Auswahlentscheidung verletze den Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch). Die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei rechtsfehlerhaft, weil die "qualifizierte Ausschöpfung" der mit demselben Gesamturteil von 3 Punkten abschließenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Beteiligten, die nach der Einschätzung des Antragsgegners einen Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen ergeben, nicht den Erfordernissen der Bestenauslese entspreche. Der Antragsgegner habe mit der Ausrichtung seiner Auswahlentscheidung an den in der Hausverfügung vom 26. Oktober 2010 umschriebenen Kriterien den dadurch vorgegebenen Rahmen überschritten. Denn er treffe bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen die Entscheidung schematisch und ohne Rücksicht auf den übrigen Inhalt der Beurteilungen allein zugunsten des Bewerbers, der bei einem einzelnen - höher gewichteten - Merkmal besser abgeschnitten habe.
4Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
5Der Dienstherr ist an den Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne im Wege der Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach der genannten Vorschrift dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Es ist seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung und ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn dieser von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
6Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris; Urteile vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83, und vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2013 - 6 B 335/13 -, juris.
7Die vom Antragsgegner gewählte Vorgehensweise ist gemessen daran zu beanstanden. Dabei hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner - anders, als die Beschwerde geltend macht - nicht vorgeworfen, ohne inhaltliche Gewichtung der Beurteilungsmerkmale oder ohne Rücksicht auf den Inhalt der Beurteilung entschieden zu haben; eine solche Beanstandung wäre auch nicht berechtigt. Das Verwaltungsgericht hat gleichwohl zu Recht festgestellt, dass der Antragsgegner den ihm eröffneten, durch den Leistungsgrundsatz vorgegebenen Rahmen überschritten hat.
8Nach Ziffer 1 der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien - Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (Runderlass des Innenministeriums vom 9.Juli 2010) - bilden Beurteilungen die Grundlage für personelle Maßnahmen. In ihnen sind gemäß Ziffer 6.1 sieben, bei Vorgesetzten acht Hauptmerkmale zu bewerten. Vergeben werden jeweils 1 bis 5 Punkte. Das Gesamturteil ist gemäß Ziffer 8.1 aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit der Beamtin oder des Beamten zu bilden und in Punkten festzusetzen. Für in Beförderungskonkurrenzen zu treffende Auswahlentscheidungen hat der Antragsgegner in der Hausverfügung vom 26. Oktober 2010 - ZA/ZA 2 - 42.01.17 - unter Ziffer 6. festgelegt, dass in Fällen des Gleichstands in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen anhand der (jeweils) besseren Bewertung in einem Hauptmerkmal zu entscheiden ist. Dabei werden die Hauptmerkmale in der Reihenfolge Leistungsgüte, Leistungsumfang, Arbeitseinsatz, Arbeitsorganisation, Arbeitsweise, soziale Kompetenz und schließlich Veränderungskompetenz berücksichtigt. Anders gewendet ist bei Gleichstand in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten, aber unterschiedlicher Bewertung im Hauptmerkmal Leistungsgüte - wie im Streitfall - die Bewertung der übrigen sechs, Hauptmerkmale für die Auswahlentscheidung ohne Relevanz.
9Mit dieser schematischen und ausnahmslosen Ausrichtung der Entscheidung im Falle des Gleichstands in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen an der besseren Bewertung in einem Hauptmerkmal wird einerseits der dem Dienstherr eröffnete Spielraum unzureichend ausgeübt, denn die Vorgabe schließt es aus, Besonderheiten der konkreten, zur Entscheidung anstehenden Konkurrenz in den Blick zu nehmen und in die Entscheidung einfließen zu lassen. Andererseits begründet sie die Gefahr nicht mehr plausibler und damit vor dem Bestenauslesegrundsatz nicht zu rechtfertigender Entscheidungen, weil bessere Leistungen auch in einer Reihe anderer Hauptmerkmale, die nach der vorbenannten Regelung im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich sind, außer Betracht bleiben. Da nach Ziffer 6.1. der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien sieben, bei Vorgesetzten auch acht Hauptmerkmale zu bewerten sind, kann sich indessen im Bereich der Bewertung der Hauptmerkmale ein in relevanter, jedenfalls aber zu berücksichtigender Höhe differierendes Leistungsniveau ergeben. Das Verwaltungsgericht hat hierzu Beispielsfälle dargestellt. So kann bei Beurteilungen, deren Gesamturteil auf 4 Punkte lautet, der Unterschied in der Summe der Hauptmerkmale durchaus 7 Punkte betragen; bei besonderer - und angesichts der Vorgaben der Hausverfügung namentlich unter Ziffer 2. und 3. auch naheliegender - Betonung einzelner Hauptmerkmale kann er darüber noch hinausgehen. Für die Berücksichtigung solcher Differenzen besteht nach der Hausverfügung jedoch keinerlei Möglichkeit.
10Das Beschwerdevorbringen, wonach ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Erstbeurteilers nicht vorliege, mag zutreffen, ist angesichts des Vorstehenden jedoch unerheblich. Auch auf die Beanstandungen des Antragstellers betreffend die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Beurteilung vom 9. September 2011, auf die dieser den Eilantrag gestützt hat, kommt es nicht an. Angemerkt sei vorsorglich, dass aus dem Ausgeführten entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zwingend folgt, dass ihm der Vorzug gegenüber der Beigeladenen zu 1. zu geben ist, weil er in drei, diese jedoch nur in zwei Hauptmerkmalen mit vier Punkten bewertet worden ist.
11Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 5, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die landesweit ausgeschriebene Stelle „Sachbearbeiter (in) mit überwiegend schwierigen Aufgaben und Stellvertreter/Stellvertreterin des Leiters KK 14“ bei dem Polizeipräsidium I1. mit dem Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers, der sich sinngemäß aus der Beschlussformel zu 1. ergibt, ist zulässig (I.) und begründet (II.).
3I. Der Antrag ist zulässig.
4Insbesondere fehlt dem Antragsteller entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht die erforderliche Antragsbefugnis. Der Antragsteller wendet sich mit dem vorliegenden Verfahren gegen die Besetzung der hier in Rede stehenden Stelle durch den Beigeladenen und macht geltend, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtswidrig sei. Damit macht er eine mögliche Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG abzuleitenden Bewerbungsverfahrensanspruchs und mithin eine Verletzung in eigenen Rechten geltend.
5Fehl geht auch der Einwand des Antragsgegners, der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Fall ausweislich seines Antragsvorbringens wegen eines - seiner Ansicht nach - fehlerhaften Auswahlverfahrens die Freihaltung der Stelle, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Dass es dem Antragsteller insoweit nicht um die Durchsetzung subjektiver Rechte geht, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die Behauptung des Antragsgegners, dem Antragsteller gehe es - wie sich aus einem Gespräch mit dem Beigeladenen und EKHK M. ergeben soll - „nicht um die Sache an sich“, er bezwecke wegen fehlender Transparenz „eine objektive Beanstandung des Verfahrens, wofür es jedoch keine Rechtsgrundlage“ gäbe, ist zum einen ohne Vorlage entsprechender Nachweise und Glaubhaftmachungen schon unsubstantiiert. Zum anderen verkennt der Antragsgegner mit einer derartigen Behauptung auch grundlegend den Inhalt und die Reichweite des Bewerbungsverfahrensanspruchs, denn dieser aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Anspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt insbesondere im Hinblick auf das Auswahlverfahren ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl, zu der auch ein für den jeweiligen Bewerber hinreichend transparentes Auswahlverfahren gehört.
6II. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
7Nach Maßgabe des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die vom Antragsteller begehrte Sicherungsanordnung ist danach zu erlassen. Der Antragsteller hat den hierfür erforderlichen Anordnungsgrund (1.) und Anordnungsanspruch (2.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2 und 294 ZPO).
81. Der Antragsteller hat zunächst glaubhaft gemacht, dass ein Anordnungsgrund im Hinblick auf die begehrte vorläufige Untersagung der Stellenbesetzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist die streitbefangene Stellenbesetzung zwar nicht mit der Ver-gabe eines statusrechtlichen Amtes (d.h. einer Beförderung und einer Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgrupe A 12 BBesO i.d.F. ÜBesG NRW) verbunden, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach den Grundsätzen der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre. Vielmehr hat der ausgewählte Bewerber im vorliegenden Fall zunächst noch nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW i.V.m. § 8 Abs. 4 Nr. 3 LVOPol eine drei Monate dauernde Erprobungszeit zu absolvieren. Es handelt sich mithin im vorliegenden Fall sowohl für den Antragsteller als auch für den Beigeladenen um einen Beförderungsdienstposten, d. h. einen solchen, der im behörden- oder körperschaftsinternen Funktionsgefüge mit einer höheren statusrechtlichen Wertigkeit versehen ist als das derzeitige Statusamt der Bewerber, mit der Folge, dass ein etwaig rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten bis zur Entscheidung in der Hauptsache einen Erfahrungsvorsprung erlangen kann, der mit der Länge des Hauptverfahrens zunimmt und der bei einer erneuten Auswahlentscheidung nicht ausgeblendet werden kann.
9Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. April 2013 - 1 WDS-VR 1.13 -, juris, vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 -, NVwZ-RR 2012, 71, und vom 11. Mai 2009 - 2 VR 1.09 -, ZBR 2009, 411; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2014 - 6 B 93/14 -, IÖD 2014, 130, vom 26. November 2013 -1 B 691/13 -, IÖD 2014, 50, und vom 15. Juli 2013 - 6 B 682/13 -, juris.
10Diese (zumindest mögliche) Gefährdung des (materiellen) Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers - hier des Antragstellers - begründet einen Anordnungsgrund.
112. Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung des Antraggegners erweist sich aus mehreren Gründen als rechtsfehlerhaft.
12In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes oder eines Beförderungsdienstpostens - wie hier - besteht ein Anordnungsanspruch dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Hinzu kommen muss, dass in einem weiteren - rechtmäßigen - Auswahlverfahren die Auswahl des Antragstellers zumindest möglich erscheint. Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
13Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, NJW 2004, 870; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris.
14Ein Beamter hat zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens oder eines Beförderungsamtes. Es steht vielmehr im Ermessen des Dienstherrn, welchem Beamten er bei einer anstehenden Beförderung/Stellenbesetzung den Vorzug gibt. Jeder Beamte hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so muss glaubhaft gemacht werden, dass deren Vergabe an den Mitbewerber sich als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist. Hierbei vermag grundsätzlich jeder Fehler im Auswahlverfahren, einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, sofern dieser Fehler berücksichtigungsfähig und potenziell kausal für das Auswahlergebnis ist.
15Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, ZBR 2006, 390, vom 11. Mai 2005 - 1 B 301/05 -, RiA 2005, 253, vom 6. August 2004 - 6 B 1226/04 -, juris, und vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 -, DÖD 2001, 316.
16Diese Grundsätze gelten auch bei der Besetzung höherwertiger Dienstposten.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, ZBR 2013, 376, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, IÖD 2012, 158, vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, ZBR 2005, 244; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013 - 6 B 1193/13 -, juris, vom 9. Januar 2013 - 6 B 1125/12 -, IÖD 2013, 50, vom 8. Oktober 2010 - 1 B 930/10 -, juris, und vom 13. Oktober 2009 - 6 B 1232/09 -, Schütz, BeamtR ES/A II 1.4 Nr. 183; VG Arnsberg, Beschluss vom 27. März 2014 - 2 L 240/14 -, juris.
18In Anwendung dieser Grundsätze bestehen gleich mehrere durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners.
19Die streitbefangene Auswahlentscheidung ist im Hinblick auf die die Entscheidung tragenden Auswahlerwägungen nicht hinreichend begründet und dokumentiert worden (a.). Dies betrifft zum einen die Bewertung des Antragsgegners, dass die Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen aus den Jahren 2014 und 2011 als „im Wesentlichen gleich“ einzustufen seien. Insbesondere fehlt es in diesem Zusammenhang an der gebotenen schriftlich fixierten inhaltlichen Ausschärfung dieser Beurteilungen im Hinblick auf die Einzelmerkmale (aa.). Zum anderen hat der Antragsgegner nicht hinreichend nachvollziehbar begründet, weshalb die Voraussetzungen für die Durchführung eines Auswahlgesprächs vorgelegen haben sollen, und dieses Auswahlgespräch ist zudem nicht hinreichend dokumentiert worden (bb.). Es erscheint (zumindest) auch möglich und ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der hier in Rede stehende Beförderungsdienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben werden könnte (b.).
20a. Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich der Bewerber muss vorrangig auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden. Dies sind in erster Linie aktuelle dienstliche Beurteilungen, die den gegenwärtigen Leistungsstand der Konkurrenten abbilden.
21Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, DVBl. 2003, 1524; BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, juris, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2001 - 1 B 704/01 -, NVwZ-RR 2002, 113.
22Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr in einem nächsten Schritt die aktuellen Beurteilungen zunächst umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (sog. Binnendifferenzierung bzw. innere Ausschöpfung).
23Bei einem hiernach festzustellenden Qualifikationsgleichstand können auch ältere dienstliche Beurteilungen für die Auswahlentscheidung in den Blick genommen werden. Auch hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben. Zwar verhalten sie sich nicht zu dem nunmehr erreichten Leistungsstand des Bewerbers in seinem derzeitigen statusrechtlichen Amt. Gleichwohl können sie vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen.
24Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. August 2003 - 2 C 41.02 -, BVerwGE 118, 370, und vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, Schütz BeamtR ES/D I 2 Nr. 64; OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2011 - 6 B 928/11 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. Mai 2013 - 3 CE 12.2469 -, BayVBl. 2014, 84; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. März 2013 - 4 S 227/13 -, VBlBW 2013, 306; VG Arnsberg, Beschluss vom 27. März 2014 - 2 L 240/14 -, juris.
25Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber hiernach als „im Wesentlichen gleich" einzustufen sind,
26vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2012 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 202; Beschluss vom 27. April 2010 - 1 WB 39.09 -, BVerwGE 136, 388; OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009 - 6 A 921/07 -, juris,
27können die Ergebnisse von Auswahlgesprächen bzw. „strukturierten Interviews“ zur „Abrundung“ des aus den dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Leistungs- und Eignungsbildes herangezogen werden. Der Dienstherr kann bei einem sich aus den dienstlichen Beurteilungen ergebenden Qualifikationsgleichstand mehrerer Bewerber im Rahmen des ihm zustehenden weiten Ermessens das Ergebnis derartiger Gespräche als weiteres, möglicherweise auch ausschlaggebendes Kriterium für die Begründung seiner Auswahlentscheidung heranziehen, das Gespräch aber nicht allein zur Grundlage seiner Entscheidung machen.
28Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris, vom 29. September 2006 - 1 B 1452/06 -, und vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 -, NVwZ-RR 2006, 343, m.w.N.
29Diese Personal- oder Auswahlgespräche bzw. „strukturierten Interviews“ kommen neben der dienstlichen Beurteilung allenfalls ergänzend in Betracht, wenn bei einem Beurteilungsgleichstand sonst eine „Pattsituation“ entstehen würde. Entscheidend ist insoweit, dass diese Auswahlgespräche gegenüber dienstlichen Beurteilungen nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Denn diese Verfahren stellen nur eine Momentaufnahme dar und können hinsichtlich der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlichen Erkenntnisgewinnung nur einen Teil der Leistungsanforderungen abdecken, während sich dienstliche Beurteilungen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, in dem der Beamte den konkreten und vielfältigen Anforderungen seines Amtes gerecht werden musste, und bieten demgemäß eine profunde, gesicherte Grundlage für die prognostische Feststellung der Eignung eines Bewerbers hinsichtlich des konkret zu besetzenden Dienstpostens.
30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013 - 6 B 1193/13 -, juris, und vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. Mai 2013 - 3 CE 12.2469 -, BayVBl. 2014, 84.
31Hinzu kommt, dass der Dienstherr seine Auswahlgründe hinreichend dokumentieren muss. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen als auch im Hinblick auf das Auswahlgespräch. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggfs. durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind.
32Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2013 - 1 B 185/13 -, IÖD 2013, 125, vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris, vom 18. August 2010 - 6 B 868/10 -, vom 13. Oktober 2009 - 6 B 1232/09 -, a. a. O., und vom 26. November 2008 - 6 B 1416/08 -, ZBR 2009, 274; Nds. OVG, Beschluss vom 7. Februar 2013 - 5 ME 256/12 -, juris
33Diesen Anforderungen an die Begründungs- und Dokumentationspflicht hat der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht genügt.
34aa. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene sind in ihren Regelbeurteilungen für das Jahr 2014 (Beurteilungszeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Mai 2014) vom Gesamtergebnis her gleich beurteilt worden. Beide Beurteilungen endeten mit dem Gesamtergebnis „übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße“ (5 Punkte). Der Antragsgegner hat insoweit im Auswahlvermerk vom 26. September 2014 ausgeführt: „Die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale der fünf Bewerber wurden ebenfalls mit der Spitzennote bewertet, so dass auch eine Ausschärfung der Beurteilungen nicht zu einem Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers führt“. Diese Ausführungen sind indes für die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Bewerber im Hinblick auf die Regelbeurteilung 2014 im Wesentlichen als gleich einzustufen seien, nicht tragfähig, denn der Antragsgegner hat hierbei übersehen, dass der Beigeladene hinsichtlich des Einzelmerkmals 8 (Mitarbeiterführung) mit 5 Punkten beurteilt wurde und der Antragsteller hinsichtlich dieses Einzelmerkmals nicht beurteilt wurde. Bei der inhaltlichen Ausschöpfung einer Beurteilung kommt dem Dienstherrn zwar ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Juni 2008 - 6 B 395/08 -, juris, und vom 27. Juli 2005 - 6 B 1007/05 -, juris.
36Insoweit ist es dem Dienstherrn grundsätzlich auch nicht verwehrt, eine zusätzliche Bewertung eines Hauptmerkmals bei einem Bewerber - hier: Mitarbeiterführung - als nicht ausschlaggebend einzustufen. Der Dienstherr muss aber zunächst überhaupt erkennen, dass bei einem Bewerber dieses zusätzliche Hauptmerkmal bewertet worden ist, und wenn er diesem Einzelmerkmal keine Bedeutung beimessen will, trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht, weshalb er die Qualifikation der Bewerber gleichwohl als im Wesentlichen gleich einstuft.
37Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 - m.w.N., juris, vom 27. September 2010 - 6 B 962/10 -, juris, und vom 12. Juni 2008 - 6 B 395/08 -, juris.
38Im vorliegenden Fall hat sich der Antragsgegner indes überhaupt nicht damit auseinandergesetzt, dass der Beigeladene im Gegensatz zu dem Antragsteller auch mit Blick auf das Einzelmerkmal „Mitarbeiterführung“ eine 5-Punkte-Bewertung erhielt. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Stelle nach der Stellenausschreibung auch die Funktion als Stellvertreter des Leiters KK 14 mit umfasst, hätte es hier einer im Auswahlvermerk schriftlich fixierten Darlegung des Antragsgegners bedurft, weshalb er diesem Unterschied in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beigemessen hat, sondern zu dem Ergebnis kam, dass keiner der Bewerber einen Qualifikationsvorsprung habe.
39Auch im Hinblick auf die Vorbeurteilungen - hier Regelbeurteilungen 2011 (Beurteilungszeitraum 1. August 2006 bis 30. Juni 2011) - hat der Antragsgegner keine nachvollziehbare Ausschöpfung und Gewichtung der Einzelmerkmale der Beurteilungen vorgenommen und in den Auswahlvermerken nicht dargelegt, weshalb er insbesondere im Hinblick auf den Antragsteller und den Beigeladenen von einer im Wesentlichen gleichen Qualifikation ausgegangen ist, die ein Auswahlgespräch rechtfertigt. Im Vermerk vom 26. September 2014 hat der Antragsgegner im Hinblick auf die (verbliebenen) insgesamt vier Bewerber (Antragsteller, Beigeladener, KHK T. , KHK H. ) zunächst ausgeführt:
40„Alle vier Bewerber wurden in der Regelbeurteilung 2011 im statusrechtlichen Amt A 11 mit der Gesamtbewertung von 4 Punkten beurteilt. Die gebotene inhaltliche Ausschöpfung der Vorbeurteilten führte im vorliegenden Fall nach Auswertung aller Merkmal nicht zur Feststellung eines Qualifikationsvorsprungs eines Bewerbers, sondern ergab lediglich einen Leistungsgleichstand zwischen KHK T. und KHK H. . Die Beurteilungen aus 2011 wurden bei beiden Bewerbern in den Einzelmerkmalen 3x5 und 4x4 Punkten bewertet. KHK C1. wurde im Vergleich zu den beiden Mitbewerbern T. und H. in drei Merkmalen um einen Punktwert schlechter bewertet und erhielt 2x5, 3x4 und 2x3 Punkte, KHK X1. wurde im Vergleich zu den beiden Mitbewerbern T. und H. in zwei Merkmalen um einen Punktwert schlechter bewertet und erhielt 1x5 und 6x4 Punkte, so dass eine im wesentlichen gleiche Bewertung nicht mehr angenommen werden kann. KHK C1. und KHK X1. scheiden, nach der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Vorbeurteilungen und Auswertung aller Merkmale auf Grund der schlechteren Beurteilungen und dem daraus resultierenden Qualifikationsvorsprung der beiden Mitbewerber KHK T. und KHK H. , aus dem weiteren Verfahren aus.“
41Der Leiter Dir. ZA (ORR F. ) hat anschließend im Vermerk vom 29. September 2014 ausgeführt:
42„In Absprache mit Herrn S. bitte ich um Durchführung des Auswahlverfahrens mit allen vier Bewerbern. Der Qualifikationsvorsprung aufgrund der Vorbeurteilung ist so gering, dass alle Bewerber über eine annähernd gleiche fachliche Eignung verfügen. Daher sollte die Auswahl erst aufgrund der im Auswahlgespräch gewonnenen Erkenntnisse erfolgen.“
43Nachdem KHK T. seine Bewerbung zurückgezogen hatte, hat sich der Antragsgegner ausweislich des Auswahlvermerks vom 21. November 2014 zu einem Auswahlgespräch zwischen dem Antragsteller, dem Beigeladenen und KHK H. entschlossen. Der Antragsgegner hat indes seine Auswahlerwägungen, weshalb er - entgegen seiner Auswahlerwägungen im Vermerk vom 26. September 2014 - nunmehr von einem „Qualifikationsgleichstand“ der Bewerber ausgegangen ist, nicht nachvollziehbar begründet und dokumentiert. Er hat in seinem Vermerk vom 26. September 2014 noch selbst erkannt, dass KHK H. nach Ausschärfung seiner Regelbeurteilung aus dem Jahr 2011 in drei Merkmalen um je einen Punktwert besser als der Beigeladene und in zwei Merkmalen um je einen Punktwert besser als der Antragsteller beurteilt wurde. Hieraus ergab sich letztlich auch, dass der Antragsteller im Hinblick auf die Einzelmerkmale mit insgesamt 29 Punkten um einen Punktwert besser beurteilt war als der Beigeladene. Soweit der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 ausgeführt hat, dass es sich hierbei um die „geringstmögliche Punktdifferenz“ gehandelt habe und deshalb von einer im Wesentlichen gleichen Vorbeurteilung (Regelbeurteilung 2011) zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen auszugehen gewesen sei, verkennt der Antragsgegner, dass der Antragsteller und der Beigeladene in insgesamt drei Einzelmerkmalen (Arbeitsorganisation, Veränderungskompetenz und soziale Kompetenz) unterschiedlich beurteilt worden sind. Die Unterschiede in den Einzelmerkmalen der Regelbeurteilungen 2011 zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen drängten sich geradezu auf. Will der Dienstherr sich aufdrängenden oder zumindest nahe liegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn eine Begründungs- und Substantiierungspflicht.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris.
45Dieser Begründungs- und Substantiierungspflicht ist der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht ansatzweise nachgekommen. Es reicht hierzu nicht aus, den Qualifikationsvorsprung - wie im Vermerk vom 29. September 2014 - lediglich als „gering“ zu bezeichnen. Vielmehr bedurfte es mit Blick auf die Gewichtung der Einzelmerkmale und unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils der ausgeschriebenen Stelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung, warum im vorliegenden Auswahlverfahren der Qualifikationsvorsprung - hier des Antragstellers gegenüber dem Beigeladenen – trotz der Unterschiede in drei Einzelmerkmalen als gering einzustufen war. Die Auswahlerwägungen sind insoweit nicht nur lückenhaft, sondern auch nicht nachvollziehbar, da der Beigeladene - auch nach den Erwägungen des Antragsgegners im Vermerk vom 26. September 2014 - trotz des gleichen Gesamtergebnisses (4 Punkte) nach Ausschöpfung der Beurteilung 2011 die schlechteste Vorbeurteilung unter den Bewerbern hatte. Ein Auswahlgespräch kommt - wie bereits oben dargelegt - aber erst in Betracht, wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber hiernach als „im Wesentlichen gleich“ einzustufen sind. Ein solche „Pattsituation“ hat der Antragsgegner, der die Unterschiede hinsichtlich der Einzelmerkmale in den Beurteilungen außer Betracht gelassen hat, indes nicht substantiiert und nachvollziehbar begründet.
46bb. Darüber hinaus konnte im vorliegenden Fall die Auswahlentscheidung nicht auf das Auswahlgespräch gestützt werden. Zum einen hat der Antragsgegner - wie bereits unter II.2.a.aa. dargestellt - in seinem Auswahlvermerk vom 21. November 2011 nicht dargelegt, weshalb er hinsichtlich des Antragstellers und des Beigeladenen nach Ausschöpfung der Beurteilungen von im Wesentlichen gleich qualifizierten Bewerbern ausgegangen ist. Damit fehlte es aber bereits an der Grundvoraussetzung für die Durchführung eines Auswahlgesprächs. „Erst“ wenn sich ein Leistungsvorsprung eines Bewerbers auch nach Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen nicht feststellen lässt, ist Raum für ein Auswahlgespräch. Außerdem hat der Antragsgegner verkannt, dass ein solches Auswahlgespräch nur zur Abrundung des aus den dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Leistungs- und Eignungsbildes herangezogen werden kann. Das Gespräch darf nicht allein zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 2 L 1357/14 -, juris.
48Der Antragsgegner hat indes „allein“ auf das Ergebnis des Auswahlgesprächs abgestellt und dabei die dienstlichen Beurteilungen - insbesondere die beurteilten Einzelmerkmale in den Regelbeurteilungen 2014 und 2011 - hinsichtlich des Antragstellers und des Beigeladenen unberücksichtigt gelassen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vermerk des ORR F. vom 29. September 2014, in dem er ausführte, dass „die Auswahl erst aufgrund der im Auswahlgespräch gewonnenen Erkenntnisse erfolgen“ solle. Zum anderen sind - ausweislich des Auswahlvermerks vom 21. November 2014 - die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen bei der Abschlussbewertung nicht mehr in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Der Beigeladene ist allein auf der Grundlage - des nach Ansicht der Auswahlkommission besseren - Auswahlgesprächs ausgewählt worden.
49Unabhängig hiervon ist das Auswahlgespräch auch nicht hinreichend dokumentiert worden. Wird eine Bewerberauswahl maßgeblich auf die Eindrücke aus einem Auswahlgespräch gestützt, müssen die an die Bewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung bzw. Teilbewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in gewissen Grundzügen aus vorliegenden Aufzeichnungen (z.B. Bewertungsbögen, Protokollen) und/oder aus dem Text der Begründung des abschließenden Vorschlags des Auswahlgremiums zu entnehmen sein, um so dem Gebot hinreichender Transparenz zu genügen.
50Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 -, NVwZ-RR 2006, 343, vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 -, NVwZ-RR 2004, 771, und vom 19. Dezember 2003 - 1 B 1972/03 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 - OVG 6 S 50.11 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 4 S 2543/11 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 2 L 1357/14 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 26. November 2014 - 7 K 421.14 -, juris; VG Saarland, Beschluss vom 22. September 2014 - 2 L 388/14 -, juris.
51Diesen Anforderungen genügt die „dokumentierte“ Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht. Abgesehen davon, dass anhand der vorgelegten Verwaltungsvorgänge für das Gericht nicht feststellbar ist, ob diese Auswahlgespräche nach im Vorhinein festgelegten einheitlichen Kriterien bewertet wurden und ob diese für die Bewerber auch im Vorhinein erkennbar waren, fehlt es jedenfalls an einer konkreten Dokumentation des Gesprächsverlaufs, die eine gerichtliche Nachprüfbarkeit ermöglicht. Zwar sind die Fragestellungen und die inhaltliche Erwartungshaltung an die Bewerber in einer Übersicht auf Bl. 33 bis 38 des Besetzungsvorgangs (Beiakte Heft 1) aufgeführt. Hieraus ergibt sich indes nicht, welche konkreten Antworten der Antragsteller und der Beigeladene gegeben haben, wie die einzelnen Fragenkomplexe bewertet wurden und wie lange die Bewerber für die Befragung überhaupt Zeit hatten, insbesondere ob ihnen jeweils der gleiche Zeitrahmen für die Beantwortung der einzelnen Fragenkomplexe zur Verfügung stand. Soweit in dem Auswahlvermerk vom 21. November 2014 ausgeführt wurde,
52„(…) Herr KHK X. blieb bei der Beantwortung der Fragen durchgehend oberflächlich. Seine Ausführungen zu den Fragen drei und neun waren unzureichend, fachliche Defizite zeigten sich insbesondere in den Ausführungen zu Frage fünf. Zudem zeigte er als einziger Bewerber bei der Beantwortung der achten Frage einen Lösungsweg auf, welcher die abgefragten Kompetenzmerkmale in Gänze unberücksichtigt ließ.“,
53genügt dies den Anforderungen an die Dokumentationspflicht nicht. Aus diesen Ausführungen ist weder ersichtlich, welche konkreten Antworten der Antragsteller auf die einzelnen Fragen gegeben hat noch in welchem Zeitrahmen er diese zu beantworten hatte und wie diese Fragen im Verhältnis zu den anderen Fragen und Antworten gewichtet wurden. Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus den vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 nachgereichten „handschriftlichen Notizen“ der Mitglieder der Auswahlkommission. In diesen Notizen hat sich zwar jedes Mitglied der Auswahlkommission unter der Rubrik „Bemerkungen“ Stichworte zum Gesprächsverlauf gemacht. Eine für das Gericht nachvollziehbare inhaltliche Protokollierung der konkreten Antworten des Antragstellers und des Beigeladenen ergibt sich hieraus indes nicht. Auch ergeben sich aus diesen Notizen keine Anhaltspunkte dafür, welcher konkrete Zeitrahmen dem Antragsteller und dem Beigeladenen zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung stand, insbesondere ob den Bewerbern derselbe Zeitrahmen zur Verfügung stand. Auch ergeben sich aus diesen Notizen keine Anhaltspunkte zu Teilbewertungen hinsichtlich der einzelnen Fragen (z.B. in Form einer Notenskala zur Leistungs- und Eignungseinschätzung) sowie der Gewichtung der beantworteten Fragen zueinander. Aus den vorgelegten Unterlagen ist auch nicht ersichtlich, dass die Auswahlkommission bei ihrer Entscheidung noch einmal die Beurteilungen der Bewerber in den Blick genommen hat. Es fehlt mithin an einer hinreichend transparenten und nachvollziehbaren Dokumentation der Auswahlgespräche und der Entscheidungsfindung durch die Auswahlkommission.
54Ob die Auswahlentscheidung auch deshalb zu beanstanden wäre, weil, wie der Antragsteller weiter einwendet, die Gleichstellungsbeauftragte (EPHK’in M1. ) als „stimmberechtigtes“ Mitglied der Auswahlkommission angehört habe, kann nach alledem dahinstehen.
55b. Nach Lage der Dinge - insbesondere auch unter Berücksichtigung, dass der Antragsteller in der Vorbeurteilung (Regelbeurteilung 2011) hinsichtlich der Einzelmerkmale insgesamt einen Punkt mehr als der Beigeladene erzielt hat (29 Punkte zu 28 Punkten) und hinsichtlich der Einzelmerkmale „Veränderungskompetenz“ und „Soziale Kompetenz“ besser als der Beigeladene beurteilt wurde, diesen Merkmalen im Hinblick auf die „erfolgssichernden Kompetenzmerkmale“ im Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle auch durchaus Gewicht zukommen kann - erscheint es zumindest möglich und ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Beförderungsdienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben werden könnte. Dass der Antragsteller von vornherein chancenlos wäre, lässt sich jedenfalls nicht feststellen.
56Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO, wobei berücksichtigt worden ist, dass der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.
57Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG in der seit dem 16. Juli 2014 geltenden Fassung.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.