Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 21. Juni 2016 - 14 K 1630/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
3Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.
4Der Kläger ist eingetragener Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-X 000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 9. Juli 2015 um 14:48 Uhr in E. (Überfahrt B 0/BAB 00, Fahrtrichtung G. ) das Rotlicht der Lichtzeichenanlage missachtet. Der Verstoß stellt eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) dar, die mit einem Eintrag von 1 Punkt im Fahreignungsregister geahndet worden wäre.
5Unter dem 23. Juli 2015 und dem 13. August 2015 übersandte die Bußgeldstelle der Stadt E. dem Kläger eine Anhörung im Bußgeldverfahren, auf die der Kläger nicht reagierte. Ebenfalls übersandte die Bußgeldstelle der Stadt E. dem Kläger unter dem 21. August 2015 ein Foto als Beweismittel.
6Die Bußgeldstelle der Stadt E. richtete am 21. August 2015 ein Ersuchen an den Ermittlungsdienst der Beklagten mit der Bitte, anhand des beigefügten Fotos den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Ausweislich des Schreibens des Ermittlungsdienstes an die Bußgeldstelle vom 9. September 2015 habe der verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden können. Hausbesuche sowie Nachbarschaftsbefragungen seien ergebnislos verlaufen. Es wurden am 2. und 8. September 2015 Ermittlungen durchgeführt. Der Ermittlungsdienst führte aus, dass die Ehefrau des Klägers am 2. September 2015 von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe und der Kläger am 8. September 2015 angegeben habe, den verantwortlichen Fahrzeugführer nicht zu kennen. Eine Nachbarschaftsbefragung sei ergebnislos verlaufen. Daraufhin wurde das Bußgeldverfahren eingestellt.
7Mit Schreiben vom 11. Dezember 2015 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Der Kläger führte aus, dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht Halter des betroffenen Fahrzeuges gewesen sei, da das Fahrzeug von seiner Tochter, Frau M. B. , durchgehend benutzt worden sei. Frau B. habe die alleinige Verfügungsgewalt über das Fahrzeug, sie bestimme Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes und in der Folgezeit im Urlaub in Italien befunden und habe die Anhörungsschreiben nicht erhalten.
8Mit Ordnungsverfügung vom 18. Januar 2016, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 20. Januar 2016, verpflichtete die Beklagte den Kläger, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-X 000 ab Bestandskraft der Ordnungsverfügung für die Dauer von 6 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Gleichzeitig setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,75 Euro fest und machte einen Auslagenersatz in Höhe von 2,51 Euro geltend. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, mit dem Fahrzeug des Klägers sei erheblich gegen Verkehrsvorschriften verstoßen worden. Der begangene Geschwindigkeitsverstoß wäre bei rechtzeitiger Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers mit einem Punkt im Fahreignungsregister und einem Bußgeld in Höhe von 90,00 Euro geahndet worden. Der Fahrer des Fahrzeugs habe indes nicht festgestellt werden können.
9Der Kläger hat am 18. Februar 2016 Klage erhoben.
10Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen im Anhörungsverfahren und führt im Wesentlichen ergänzend aus, dass die Tochter des Klägers den Rotlichtverstoß begangen habe. Sie sei auch die Verfügungsberechtigte und Eigentümerin des Fahrzeuges, so dass die Regelvermutung, dass der als Halter eingetragene Kläger auch tatsächlich Halter sei, widerlegt sei. Die Tochter des Klägers müsse lediglich die Benzinkosten aufbringen. Die Kosten für Steuer und Versicherung zahle der Kläger. Zum Beleg dieses Vortrages legte der Kläger eine entsprechende eidesstattliche Versicherung seiner Tochter sowie Überweisungen vor (Kfz-Steuer am 29. Oktober 2015 in Höhe von 124,00 Euro und 2 Überweisungen in Höhe von jeweils 184,00 Euro vom 1. Oktober 2015 und vom 1. Juni 2016).
11Der Kläger beantragt,
12die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 18. Januar 2016 aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVO ZPO seien erfüllt. Eine Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen. Nach den Unterlagen der Zulassungsstelle sei der Kläger als Halter des Fahrzeuges eingetragen. Damit sei er eine Halterverpflichtung eingegangen, auch wenn er das Fahrzeug seiner Tochter zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stelle.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 18. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
20Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Hiernach kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
21Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt.
22Der Kläger war im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes Halter des Tatfahrzeuges. Denn Halter im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften ist, wer ein Kraftfahrzeug für eigene Rechnung gebraucht, nämlich die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, mithin Anlass, Ziel und Zeit seiner Fahrten selbst bestimmt,
23vgl. König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 7 StVG, Rn. 14 m.w.N..
24Dabei kommt den Eintragungen im Fahrzeugregister eine gewichtige Indizwirkung zu. Diese kann zwar entkräftet werden, hat allerdings bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall– insbesondere bei ungeklärten Verhältnissen – ausschlaggebende Bedeutung,
25vgl. OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 17. September 2012 – 8 B 979/12 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 – 8 B 110/14 - juris.
26Kommen mehrere Personen als Halter eines Kraftfahrzeuges in Betracht und scheinen die für die Haltereigenschaft wesentlichen Merkmale bei keiner der beteiligten Personen voll vorzuliegen, so ist maßgeblich, auf welche sie im größten Umfang zutreffen.
27Nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien ist der Kläger als eingetragener Halter bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach wie vor als Halter anzusehen. Die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung und der Unterlagen führt im vorliegenden Fall nicht dazu, dass die Indizwirkung im Hinblick auf die Haltereigenschaft entkräftet wurde. Selbst wenn die Tochter des Klägers das Fahrzeug in ihrer alleinigen Verfügungsgewalt hat, so trägt der Kläger dennoch mit der Zahlung der Steuern und der Versicherung den weit überwiegenden Teil der Kosten. In der Zusammenschau mit der Eigenschaft als eingetragener Halter ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die von dieser Eintragung ausgehende Indizwirkung nicht entkräftet.
28Ebenso ist zu berücksichtigen, dass nach § 13 Abs. 4 FZV grundsätzlich die Pflicht besteht, der Zulassungsbehörde unverzüglich jeden Wechsel in der Person des Halters zum Zweck der Berichtigung des Fahrzeugregisters mitzuteilen. Dies hat der Kläger hier unterlassen, obwohl nach seinem Vortrag seine Tochter die Halterin des Fahrzeuges ist. Wenn der Kläger – wie zu vermuten ist – aus Gründen der Versicherungszahlung weiter als Halter eingetragen bleiben möchte und die entsprechenden Vorteile nutzt, so muss er ebenso eventuelle Nachteile, die aus der Halterstellung resultieren können, hinnehmen.
29Auch ist ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO gegeben. Mit dem auf den Kläger zugelassenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-X 000 wurde am 9. Juli 2015 um 14:48 Uhr in E. (Überfahrt B 0/BAB 00, Fahrtrichtung G. ) das Rotlicht der Lichtzeichenanlage missachtet. Der Verstoß stellt eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) dar, die mit einem Eintrag von 1 Punkt im Fahreignungsregister geahndet worden wäre.
30Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach der vorgenannten Verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich war.
31Von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 – VII C 77.74 –, Rn. 15 ff., juris; BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1987 – 7 B 139.87 –, Rn. 2 f., juris; BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1996– 11 B 84.96 –, Rn. 3, juris; OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom13. November 2013 – 8 A 632/13 –, Rn. 5 ff., juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2011– 8 B 520/11 –, Rn. 3 ff., juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 9, juris.
33Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 –, Rn. 7, juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 6 ff., juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2007 - 8 B 2746/06 -, Rn. 11, juris; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 –, Rn. 25 ff., juris.
35Die Bußgeldbehörde kann demgemäß ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 8 B 591/14 – m.w.N..
37An einer hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen bzw. Zeugenfragebogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. August 2013 – 8 B 837/13 –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. November 2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 4. Dezember 2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2006– 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. März 2013 – 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. März 2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2013– 14 K 4334/13 –, Rn. 25, juris.
39Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist dabei unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat,
40OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2013 – 8 B 1668/13 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 8 B 520/15 –; vorgehend VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2014– 14 L 565/15 –.
41Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze war die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit liegt nicht vor.
42Selbst wenn der Kläger die Anhörungsbögen im Bußgeldverfahren nicht bekommen haben sollte, ist er seiner Mitwirkungspflicht nicht im ausreichenden Maße nachgekommen. Er hat gegenüber dem Ermittlungsdienst ausweislich des Protokolls lediglich angegeben, dass er den Fahrzeugführer nicht kenne, obwohl es sich auf dem deutlichen Foto um seine Tochter handelt. Da der Kläger gegenüber dem Ermittlungsdienst jegliche Angaben unterlassen hat, ist er damit seiner Mitwirkungsobliegenheiten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
43Vgl. VG E. , Urteil vom 3. Dezember 2013 – 14 K 4334/13 –, Rn. 30, juris.
44Die Beklagte hat zudem in fehlerfreier Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Die Straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie – wie vorliegend – für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage auf die Einstufung der Schwere des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes durch das im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltende Punktesystem in der Anlage 13 zu § 40 FeV zurückgreift. Dabei ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt nach der alten Rechtslage bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalles, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt. Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 1. Mai 2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Nach dem aktuell gültigen, vereinfachten Punktesystem deckt ein Punkt nunmehr eine größere Spanne von Geschwindigkeitsüberschreitungen (und anderen Verkehrsverstößen) ab als zuvor. Daher ist nach wie vor ab einem Punkt und auch schon bei der ersten derartigen Zuwiderhandlungen von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 8 A 1217/15 –; zur alten Rechtslage: OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 – 8 A 699/97 –, Rn. 21 ff., juris, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, Rn. 2, juris; OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013–8 B 836/13 –; OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 8 B 591/14 –;
46Demgemäß liegt die für die Fahrtenbuchauflage gewählte Dauer von 6 Monaten bei einem Verkehrsverstoß, der gemäß der Anlage 13 zu § 40 FeV in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung mit einem Punkt im Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre, ohne Weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen Länge und begegnet im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken.
47Im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides sind Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
49Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
50Beschluss:
51Der Streitwert wird auf Euro 2.513,26 Euro festgesetzt.
52Gründe:
53Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei ist in Anlehnung an Nr. 46.11 des aktuellen Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage ein Betrag von 400,00 Euro (hier: 6 Monate x 400,00 Euro = 2.400,00 Euro) zugrundezulegen.
54Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juni 2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 19, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Mai 2014 – 8 B 369/14 –.
55Der Gebührenbescheid war entsprechend zu addieren.
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 21. Juni 2016 - 14 K 1630/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.
(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt
- 1.
vor deren Beginn - a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers, - b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs, - c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
- 2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.
(3) Der Fahrzeughalter hat
- a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder - b)
sonst zuständigen Personen
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Januar 2014 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (Verwaltungsgericht Köln 18 K 7743/13) gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 7. November 2013 wird hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 wiederhergestellt und hinsichtlich der Ziffern 3 und 5 angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2450,86 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
3Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Bei summarischer Prüfung spricht nach gegenwärtigem Erkenntnisstand mehr für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Fahrtenbuchauflage als für ihre Rechtmäßigkeit. In einem solchen Fall überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse das Vollziehungsinteresse.
4Die bei summarischer Prüfung durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung beruhen darauf, dass gegenwärtig mehr dagegen als dafür spricht, dass die Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes Halterin des Tatfahrzeugs im Sinne des § 31a StVZO war.
5Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Mai 2011 - 8 B 453/11 -, juris, Rn. 17, vom 20. Juli 2011 - 8 A 927/10 -, Abdruck S. 3 f., vom 19. Januar 2012 - 8 A 2641/11 -, Abdruck S. 3, und vom 17. September 2012 - 8 B 979/12 -, Abdruck S. 3; siehe auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 9.
6Der Begriff des Halters gilt nach einhelliger Auffassung einheitlich für alle straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, die diesen Begriff verwenden.
7St. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 C 14.84 -, NJW 1987, 3020 = juris, Rn. 9; ferner zu § 31a StVZO: OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2003 - 8 A 3435/01 -, Abdruck S. 3, vom 5. Mai 2011 - 8 B 453/11 -, VRS 121, 319 = juris, Rn. 7, vom 20. Juli 2011 - 8 A 927/10 -, Abdruck S. 3, vom 19. Januar 2012 - 8 A 2641/11 -, Abdruck S. 2, vom 5. September 2012 - 8 B 985/12 -, Abdruck S. 2, und vom 17. September 2012 - 8 B 979/12 -, Abdruck S. 2; vgl. ferner Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 9, sowie König, ebenda, § 7 StVG Rn. 14 m.w.N.
8Auch für den Halterbegriff des § 31a StVZO gelten daher die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze.
9Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 ‑ 12 LA 267/07 -, ZfSch 2008, 356 = juris, Rn. 18; Haus, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 31a StVZO Rn. 19; Weber, SVR 2014, 50, 52.
10Halter ist danach derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Dies ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt. Die Verfügungsgewalt übt derjenige aus, der Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann.
11Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2010 - OVG 1 N 42.10 -, NJW 2010, 2743 = juris, Rn. 3; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2010 - 11 B 08.2521 -, juris, Rn. 32 , und Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 11 ZB 12.1608 -, juris, Rn. 21; VG München, Beschluss vom 12. April 2012 - M 23 S 12.734 -, juris, Rn. 28; siehe ferner Burmann, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 7 StVG Rn. 5, jeweils m.w.N.
12Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis bzw. die Eigentümerstellung am Fahrzeug, vielmehr ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeugs ankommt. Allerdings kann die Frage, wer Eigentümer des Fahrzeugs ist und auf wessen Namen es haftpflichtversichert ist, wichtige, wenn auch nicht allein entscheidende Anhaltspunkte dafür ergeben, wer Halter des Fahrzeugs ist.
13Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30. Oktober 1991 - 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167 = juris, Rn. 3; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2010 ‑ OVG 1 N 42.10 -, NJW 2010, 2743 = juris, Rn. 3.
14Ebenso wenig ist derjenige zwingend Halter eines Fahrzeugs, auf den dieses zugelassen ist. Auch und gerade die Fahrzeugzulassung ist allerdings ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft und kann bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall - insbesondere bei ungeklärten Verhältnissen - ausschlaggebende Bedeutung haben.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1977 - 7 B 192.76 -, DokBer A 1977, 180 = juris, Rn. 2; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 14 L 1635/10 -, juris, Rn. 11 ff.; Stollenwerk, DAR 1997, 459, 460; Gehrmann, ZfSch 2002, 213, 215; Schäpe, in: Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 314.
16Denn der Gesetzgeber misst den im Fahrzeugregister enthaltenen Eintragungen bei der Halterbestimmung erhebliches Gewicht bei. Insbesondere die Bestimmungen in §§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 32 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StVG legen nahe, dass der Fahrzeughalter mit demjenigen identisch ist, dem ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben wird. Jedenfalls wird die erstmalige Zulassung in aller Regel auf den Halter zu erfolgen haben.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 C 14.84 -, NJW 1987, 3020 = juris, Rn. 10.
18Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil das Straßenverkehrsrecht nahezu alle aus der Zulassung und dem Betrieb eines Fahrzeugs folgenden Pflichten ausdrücklich dem Halter auferlegt. Das schließt es gleichwohl nicht aus, dass nachträglich infolge einer Änderung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Haltereigenschaft vom Zulassungsinhaber auf einen anderen Verantwortlichen übergehen kann.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 C 14.84 -, NJW 1987, 3020 = juris, Rn. 10; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 30. Oktober 1991 - 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167 = juris, Rn. 3, und vom 2. September 1997 - 10 S 1670/97 -, NZV 1998, 47 = juris, Rn. 3.
20Bei alledem können auch mehrere Personen zugleich Halter desselben Fahrzeugs sein.
21Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 30. Oktober 2012 ‑ 11 ZB 12.1608 -, juris, Rn. 22; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 7 StVG Rn. 21 m.w.N.
22Beispielsweise kann der Mieter oder Entleiher eines Fahrzeugs neben dem Vermieter bzw. Verleiher (Mit-)Halter sein. Der Vermieter oder Verleiher verliert die Haltereigenschaft nur dann, wenn der Mieter bzw. Entleiher alle anfallenden Kosten trägt und das Kraftfahrzeug seinem Einflussbereich völlig entzogen ist, etwa weil sich das Kraftfahrzeug an einem entfernten Ort befindet und bzw. oder hinsichtlich der Nutzung des Fahrzeuges keine Weisungsbefugnisse mehr bestehen; dabei können lediglich langfristige Überlassungen an Dritte den Verlust der Halterstellung zur Folge haben.
23Vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20. September 2005 - 10 S 971/05 -, VRS 109, 468 = juris, Rn. 20 und 24; Nds. OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 12 LA 267/07 -, ZfSch 2008, 356 = juris, Rn. 18; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2010 - 11 B 08.2521 -, juris, Rn. 32 f.; VG des Saarlandes, Urteil vom 24. Februar 2010 - 10 K 386/09 -, juris, Rn. 31 ff.; VG Hannover, Urteil vom 29. Oktober 2010 - 9 A 1575/09 -, juris, Rn. 19; VG Braunschweig, Urteil vom 31. Mai 2011 - 6 A 162/10 -, VD 2012, 123 = juris, Rn. 16 (zur Haltereigenschaft eines gewerblichen Autovermieters); siehe auch BGH, Urteil vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 378/90 -, BGHZ 116, 200 = juris, Rn. 7, und OLG Zweibrücken, Beschluss vom 8. März 1979 - 1 Ss 69/79 -, VRS 57, 375 = juris, Rn. 16.
24Dementsprechend ist Halter eines Leasingfahrzeugs bei üblicher Vertragsgestaltung, die sich vor allem durch die längere Laufzeit auszeichnet, regelmäßig der Leasingnehmer, nicht jedoch der Leasinggeber.
25Vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1983 - VI ZR 108/81 -, BGHZ 87, 133 = juris, Rn. 12 ff., vom 26. November 1985 - VI ZR 149/84 -, NJW 1986, 1044 = juris, Rn. 13, und vom 10. Juli 2007 - VI ZR 199/06 -, BGHZ 173, 182 = juris, Rn.7; BayObLG, Beschluss vom 29 Januar 1985 - 1 Ob Owi 363/84 -, VRS 69, 70 = juris, Orientierungssätze 1 und 2; OLG Hamm, Urteil vom 14. November 1994 - 6 U 101/94 ‑, NJW 1995, 2233 = juris, Rn. 7 f.; vgl. ferner Burmann, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 7 StVG Rn. 5; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 7 StVG Rn. 16a; Kuhnert, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 7 StVG Rn. 14; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, Einf. v. § 535 Rn. 76.
26Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei summarischer Prüfung nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin als Leasinggeberin im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes am 4. Juni 2013 Halterin oder zumindest Mithalterin des Tatfahrzeugs gewesen ist.
27Zwar war hier das Fahrzeug - anders als dies in der Praxis beim Leasing regelmäßig der Fall ist - seit seiner Erstzulassung am 5. Dezember 2011 ununterbrochen und damit auch noch am 4. Juni 2013 auf die Antragstellerin zugelassen. Auch stand das Tatfahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch in ihrem Eigentum und war offensichtlich auch auf ihren Namen haftpflichtversichert. Die Antragstellerin war demgemäß sowohl in der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) als auch in der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) eingetragen. Die hiervon ausgehende, gewichtige Indizwirkung für eine Haltereigenschaft der Antragstellerin ist vorliegend bei summarischer Prüfung der Sachlage indes entkräftet. Auf der Grundlage des bislang Vorgetragenen ist anzunehmen, dass die Leasingnehmerin im Tatzeitpunkt allein über das Fahrzeug tatsächlich und wirtschaftlich verfügen konnte.
28Nach dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Leasingvertrag Nr. 241403 vom 7. bzw. 12. Oktober 2011 war das Tatfahrzeug an die L. N. D. GmbH verleast. Der Vertrag, der den Kaufpreis des Fahrzeugs auf 49.419,99 € beziffert, sieht für eine Laufzeit von 36 Monaten eine jährliche Kilometerleistung des überlassenen Fahrzeugs von 15.000 Kilometern und hierauf abgestimmte Gesamtleasingraten von monatlich 1.132,88 € vor. Die monatliche Gesamtleasingrate setzt sich zusammen aus einer Finanzleasingrate und einer Gesamtservicerate für Wartung und Verschleiß, Reifenersatz und Reifeneinlagerung, Rundfunkgebühren, Kfz-Steuer, Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung, „Service-Fee“ und Wagenwäsche. Bereitstellungskosten werden laut Vertrag separat in Rechnung gestellt. Im Übrigen ist der Vertragsabschluss unter Anerkennung der Allgemeinen Leasingbedingungen der Antragstellerin erfolgt (siehe Seite 1 des Vertrags). Unter Ziffer II. 1. a der Leasingbedingungen (Stand August 2009) ist bestimmt, dass das Fahrzeug „entweder auf den Leasinggeber oder auf den Leasingnehmer zugelassen“ wird. Ferner heißt es dort, dass der Leasinggeber während der Vertragsdauer Eigentümer bleibt und der Leasingnehmer „in jedem Falle“ Halter des Fahrzeuges ist. Nach den Leasingbedingungen hat der Leasingnehmer auf seine Kosten das Fahrzeug in betriebs- und verkehrssicherem Zustand zu erhalten (Ziffer III. 2. a) und dem Leasinggeber gezahlte Beiträge zur Kfz-Steuer zu erstatten (Ziffer III. 4); bei Abschluss der Versicherung durch den Leasinggeber werden die Versicherungsprämien in die monatlichen Leasingraten eingerechnet (Ziffer IV. 4. a). Demgegenüber bleibt der Leasinggeber u. a. berechtigt, jederzeit - nach einer angemessenen Ankündigungszeit und nicht zur Unzeit - das Fahrzeug zu besichtigen (Ziffer III. 1. a); auch hat der Leasingnehmer den Leasinggeber unverzüglich über eine Änderung des Standortes des Fahrzeugs (Ziffer III. 1. d) oder über Schadensfälle (Ziffer IV. 2.) zu unterrichten. Der Leasingeber behält außerdem nach Ziffer VI. 1 ein Recht zur fristlosen Kündigung bei bestimmten dort im Einzelnen geregelten Vertragsverstößen. Fahrzeugrückgabe, Restwertabrechnung und Restwertrisiko (bei Rückgabe-Verträgen mit Kilometerabrechnung) sind unter Ziffer V. der Leasingbedingungen geregelt.
29Nach dieser Vertragsgestaltung dürfte das in Rede stehende Fahrzeug bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausschließlich der Leasingnehmerin zuzurechnen sein. Vor allem die Laufzeit des Leasingvertrages spricht dafür, dass ein wirtschaftlicher Zuständigkeitswechsel eintreten sollte und eingetreten ist. Die Leasingnehmerin trägt mit den Ratenzahlungen für die vereinbarte Vertragszeit von drei Jahren alle laufenden Kosten wie Wartung, Steuern oder Versicherung und steht - entsprechend dem Wesen des sog. Finanzierungsleasings - für die Vollamortisation der Anschaffungskosten ein. Dafür erhält sie für die Vertragsdauer das Recht, das Fahrzeug nach ihrem Belieben zeitlich und örtlich einzusetzen. Im Rahmen einer solchen Vertragsgestaltung ist es nur folgerichtig, dass die Leasingbedingungen vorsehen, der Leasingnehmer sei während der Laufzeit des Vertrags Halter des Kraftfahrzeuges.
30Die Antragstellerin dürfte auch nicht als Mithalterin anzusehen sein. Vor allem können die vertragsgemäß bei der Antragstellerin verbliebenen allgemeinen Kontrollrechte und das Kündigungsrecht bei vertragswidrigem Gebrauch keine Haltereigenschaft begründen; derartige Rechte sind üblicher Bestandteil eines Leasingvertrags und ändern nichts an der maßgebenden Tatsache, dass letztlich die Leasingnehmerin für einen längeren Zeitraum die alleinige Verfügungsgewalt über das Kraftfahrzeug im Verkehr hatte. Irgendwelche Weisungsbefugnisse hinsichtlich des Einsatzes des Fahrzeuges und der einzelnen Fahrten während der Leasingzeit standen der Antragstellerin vertraglich nicht zu, und nur darauf kommt es an. Insofern dürfte sich vorliegend auch nichts anderes aus dem Umstand ergeben, dass zum Tatzeitpunkt sowohl die Antragstellerin mit ihrer Zweigstelle als auch die Leasingnehmerin ihren Sitz in der B-Straße in H. hatten.
31Anzumerken bleibt, dass selbst unter der Annahme, die Antragstellerin sei zum Tatzeitpunkt Mithalterin des Tatfahrzeugs gewesen, bislang - soweit ersichtlich - Ermessenserwägungen bezüglich der Auswahl des Adressaten der Ordnungsverfügung fehlen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei einem Leasingfahrzeug im Regelfall - wie auch hier - der Leasingnehmer derjenige ist, der das Fahrzeug tatsächlich im Verkehr nutzt, dürfte es unter Ermessengesichtspunkten nahe liegen, ihm gegenüber die Führung des Fahrtenbuches anzuordnen.
32Damit ist bezüglich der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen; hinsichtlich der Ziffern 3 und 5 der Verfügung ist die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, da sowohl die Gebührenfestsetzung als auch die Zwangsgeldandrohung bei Rechtswidrigkeit der Grundverfügung isoliert keinen Bestand haben werden.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- Euro zu Grunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrages fest; die angefochtenen Gebühren werden in Höhe eines Viertels berücksichtigt (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs). Das in dem angefochtenen Bescheid zugleich angedrohte Zwangsgeld bleibt für die Streitwertfestsetzung außer Betracht (Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
35Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Folgende Änderungen von Fahrzeug- oder Halterdaten sind der Zulassungsbehörde zum Zwecke der Änderung der Fahrzeugregister und der Zulassungsbescheinigung unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil I, des Anhängerverzeichnisses und bei Änderungen nach Nummer 1 bis 3 auch der Zulassungsbescheinigung Teil II unverzüglich mitzuteilen:
- 1.
Änderungen von Angaben zum Halter, wobei bei alleiniger Änderung der Anschrift die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht vorzulegen ist, - 2.
Änderung der Fahrzeugklasse nach Anlage XXIX der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, - 3.
Änderung von Hubraum, Nennleistung, Kraftstoffart oder Energiequelle, - 4.
Erhöhung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit, - 5.
Verringerung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit, wenn diese fahrerlaubnisrelevant oder zulassungsrelevant ist, - 6.
Änderung der zulässigen Achslasten, der Gesamtmasse, der Stützlast oder der Anhängelast, - 7.
Erhöhung der Fahrzeugabmessungen, ausgenommen bei Personenkraftwagen und Krafträdern, - 8.
Änderung der Sitz- oder Stehplatzzahl bei Kraftomnibussen, - 9.
Änderungen der Abgas- oder Geräuschwerte, sofern sie sich auf die Kraftfahrzeugsteuer oder Verkehrsbeschränkungen auswirken, - 10.
Änderungen, die eine Ausnahmegenehmigung nach § 47 erfordern, und - 11.
Änderungen, deren unverzügliche Eintragung in die Zulassungsbescheinigung auf Grund eines Vermerks im Sinne des § 19 Absatz 4 Satz 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erforderlich ist.
(1a) Der Mitteilungspflicht nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wird auch genügt, wenn diese Änderungen über eine Meldebehörde mitgeteilt werden, sofern bei der Meldebehörde ein solches Verfahren eröffnet ist.
(2) Wer einen Personenkraftwagen verwendet
- 1.
für eine Personenbeförderung, die dem Personenbeförderungsgesetz unterliegt, - 2.
für eine Beförderung durch oder für Kindergartenträger zwischen Wohnung und Kindergarten oder durch oder für Schulträger zum und vom Unterricht oder - 3.
für eine Beförderung von behinderten Menschen zu und von ihrer Betreuung dienenden Einrichtungen
(3) Verlegt der Halter seinen Wohnsitz oder Sitz in einen anderen Zulassungsbezirk, hat er unverzüglich
- 1.
bei der für den neuen Wohnsitz oder Sitz zuständigen Zulassungsbehörde die Zuteilung eines neuen Kennzeichens, einer neuen Zulassungsbescheinigung Teil I und die Änderung der Angaben in der Zulassungsbescheinigung Teil II zu beantragen oder - 2.
der für den neuen Wohnsitz oder Sitz zuständigen Zulassungsbehörde mitzuteilen, dass das bisherige Kennzeichen weitergeführt werden soll, und die Zulassungsbescheinigung Teil I zur Änderung vorzulegen.
(4) Tritt ein Wechsel in der Person des Halters ein, hat der bisherige Halter oder Eigentümer dies unverzüglich der Zulassungsbehörde zum Zweck der Änderung der Fahrzeugregister mitzuteilen; die Mitteilung ist entbehrlich, wenn der Erwerber seinen Pflichten nach Satz 3 bereits nachgekommen ist. Die Mitteilung muss das Kennzeichen des Fahrzeugs, Namen, Vornamen und vollständige Anschrift des Erwerbers sowie dessen Bestätigung, dass die Zulassungsbescheinigung übergeben wurde, enthalten. Der Erwerber hat unverzüglich nach Halterwechsel der für seinen Wohnsitz oder Sitz zuständigen Zulassungsbehörde die neuen Halterdaten nach § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes und die Fahrzeugdaten nach § 6 Absatz 4 mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen, unter Vorlage des Versicherungsnachweises nach § 23 die Ausfertigung einer neuen Zulassungsbescheinigung Teil I zu beantragen und die Zulassungsbescheinigung Teil II zur Änderung vorzulegen (Umschreibung). Sofern dem Fahrzeug bisher ein Kennzeichen einer anderen Zulassungsbehörde zugeteilt war, hat der Erwerber unverzüglich nach Halterwechsel die Zuteilung eines neuen Kennzeichens zu beantragen oder mitzuteilen, dass das bisherige Kennzeichen weitergeführt werden soll. Kommt der bisherige Halter oder Eigentümer seiner Mitteilungspflicht nach Satz 1 nicht nach oder wird das Fahrzeug nicht unverzüglich umgemeldet oder außer Betrieb gesetzt oder erweisen sich die mitgeteilten Daten des neuen Halters oder Eigentümers als nicht zutreffend, kann die Zulassungsbehörde die Zulassungsbescheinigung im Verkehrsblatt mit einer Frist von vier Wochen zur Vorlage bei ihr aufbieten. Mit erfolglosem Ablauf des Aufgebots endet die Zulassung des Fahrzeugs. Die Zulassungsbehörde teilt das Ende der Zulassung dem bisherigen Halter oder Eigentümer mit. Abweichend von Satz 5 kann die Zulassungsbehörde auch eine Anordnung nach Absatz 1 Satz 5 erlassen. Im Falle einer Anordnung nach Satz 8 gilt Absatz 1 Satz 6 entsprechend.
(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten nicht für außer Betrieb gesetzte Fahrzeuge.
(6) Wird ein zugelassenes Fahrzeug im Ausland erneut zugelassen und erhält die zuständige Zulassungsbehörde durch das Kraftfahrt-Bundesamt hierüber eine Mitteilung, ist das Fahrzeug durch die Zulassungsbehörde außer Betrieb zu setzen. Die Mitteilung erfolgt in elektronischer Form nach den vom Kraftfahrt-Bundesamt herausgegebenen und im Verkehrsblatt veröffentlichten Standards.
(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.
(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt
- 1.
vor deren Beginn - a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers, - b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs, - c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
- 2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.
(3) Der Fahrzeughalter hat
- a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder - b)
sonst zuständigen Personen
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.800,00 Euro festgesetzt.
1
8 B 591/14
214 L 861/14 Düsseldorf
3Beschluss
4In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
5wegen Verkehrsrechts (Fahrtenbuchauflage)
6hier: Beschwerde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
7hat der 8. Senat des
8OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN
9am 9. Juli 2014
10durch
11den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Seibert,
12die Richterin am Oberverwaltungsgericht Keller und
13die Richterin am Verwaltungsgericht Borgert-Vieten
14auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014
15beschlossen:
16Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.
17Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
18Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.800,00 Euro festgesetzt.
19G r ü n d e :
20Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
21Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss, dass keine rechtliche Bedenken gegen die im Hauptsacheverfahren angefochtene Fahrtenbuchauflage bestünden, nicht in Frage.
22Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Fahrtenbuchauflage fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
23Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Interessenabwägung zutreffend davon ausgegangen, dass sich die angegriffene Fahrtenbuchauflage bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist.
24Es hat zu Recht die Voraussetzungen des § 31 a StVZO für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage als erfüllt angesehen. Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4.
26Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage erweist sich nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Antragsteller erst mehr als zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß vom 8. Juni 2013 mit Anhörungsschreiben vom 27. Juni 2013 von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Der Antragsteller kann sich auf die zeitliche Verzögerung im Rahmen der Anhörung nicht mit Erfolg berufen.
27Zwar gehört zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend - im Regelfall innerhalb von zwei Wochen - von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Ungeachtet dessen bleibt es jedoch Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreise der Nutzungsberechtigten fördert.
28Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 ‑ 8 A 699/97 -, S. 13, insoweit in NJW 1999, 3279, nicht abgedruckt, und vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, Beschlüsse vom 23. Februar 2007 - 8 A 3960/06 - und vom 19. Juli 2007 ‑ 8 A 1553/06 -.
29Verzögerungen bei der Anhörung des Fahrzeughalters stehen der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aber dann nicht entgegen, wenn feststeht, dass sie für die Er-folglosigkeit der Ermittlung des Fahrers nicht ursächlich geworden sind.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, Beschlüsse vom 23. Februar 2007 - 8 A 3960/06 - und vom 19. Juli 2007 - 8 A 1553/06 -.
31Die Bußgeldbehörde kann ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, VRS 64, 466 = juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4 f., und vom 9. Dezember 1993 ‑ 11 B 113.93 -, juris Rn. 4; Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 5; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 325.
33Gemessen hieran liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit nicht vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es unerheblich, dass er eine Mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. Entscheidend ist, dass er auch nach Kenntnisnahme vom Verkehrsverstoß bis zum Eintritt der Verfolgungsver-jährung nicht zureichend an der Aufklärung mitgewirkt hat. Im Rahmen des Er-mittlungsverfahrens hat er sich lediglich darauf berufen, anhand des übersandten Fotos habe der Fahrzeugführer nicht identifiziert werden können. Ferner hat er angeführt, er sei nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen über den Verkehrsverstoß unterrichtet worden. Der Antragsteller hat dabei aber weder die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigen gefördert, noch den Täterkreis gegenüber der Ermittlungsbehörde eingegrenzt und die nutzungsberechtigten Personen benannt. Die im Schreiben vom 20. September 2013 angebotene Möglichkeit einer persönlichen Vorsprache beim Ermittlungsdienst hat er ebenfalls nicht wahrgenommen. Die Ermittlungsbehörde durfte daher davon ausgehen, dass er nicht bereit war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Nachdem auch ein Abgleich mit dem Passfoto des Antragstellers ohne Erfolg geblieben war, waren weitere Ermittlungsbemühungen mangels Vorliegens eines erfolgversprechenden Ermittlungsansatzes entbehrlich.
34Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er sei an der Mitwirkung gehindert gewesen, weil kein aussagekräftiges Foto vorgelegen habe. Vorliegend sind dem Antragsteller im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Fotokopien des Radarfotos übersandt worden. Ferner wurde ihm Einsicht in die Ermittlungsakte gewährt. Ob hierdurch eine Identifizierung des Fahrzeugführers letztlich möglich war, kann dahinstehen. Das Vorliegen eines Fotos erleichtert zwar in vielen Fällen die Ermittlungstätigkeit der Behörde, erforderlich ist die - häufig auch gar nicht mögliche - Fertigung eines Fotos jedoch nicht.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Juni 2002 - 8 A 5736/00 -, vom 22. März 2004 - 8 A 2384/03 -, vom 4. März 2008 - 8 A 1677/07 - und vom 18. Februar 2009 - 8 B 103/09 -.
36Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsteller angeführten Entscheidungen des OVG Lüneburg (Beschluss vom 2. November 2004 - 12 ME 413/04 -, juris, und vom 8. November 2004 - 12 LA 72/04 -, juris). Insbesondere wird hier nicht das Erfordernis aufgestellt, der Fahrer müsse anhand des Fotos identifiziert werden können. Vielmehr geht das OVG Lüneburg davon aus, dass die zum Umfang der Ermittlungstätigkeit aufgestellten Grundsätze unabhängig davon gelten, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß überhaupt fotografisch dokumentiert wurde.
37Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. November 2004 ‑ 12 ME 413/04 -, juris Rn. 6.
38Ferner greift der erstmals im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand des Antragstellers nicht durch, er sei im Bußgeldverfahren ausschließlich als Betroffener und nicht auch als Zeuge gehört worden. Es kann offen bleiben, ob über die Anhörung des Antragstellers in dem Schreiben vom 27. Juni 2013 als Betroffener im Sinne des § 55 OWiG eine gesonderte mündliche oder schriftliche Anhörung als Zeuge geboten gewesen wäre und ob für diesen Fall die Belehrung mit der Formulierung, „Wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben, können Sie mir zu Ihrer Entlastung den Namen und die Anschrift des Fahrers mitteilen. Hierzu sind Sie jedoch nicht verpflichtet.“, zutreffend gewesen wäre.
39Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2013 - 8 A 1545/13 -, n.v., Abdruck S. 3 und 4.
40Es liegen nämlich jedenfalls keine Anhaltspunkte vor, dass der Antragsteller bei einer zusätzlichen zeugenschaftlichen Anhörung weitere Angaben gemacht hätte, die zur Feststellung des Fahrzeugführers hätten führen können. Er hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass nicht er, sondern eine andere Person das Fahrzeug geführt habe. Dasselbe gilt für die Möglichkeit, dass er sich auf eine (nochmalige) Anhörung als Zeuge selbst als Fahrer angegeben hätte.
41Anders als der Antragsteller meint ist auch nicht zu vermuten, dass die Ermittlungen weder sachgerecht noch vollständig waren. Es trifft nicht zu, dass er nicht überprüfen konnte, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung versucht worden sei, weil ihm die Akte (wohl der Ermittlungsbehörde) nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Ermittlungsbehörde hat dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 3. Juli 2013 Akteneinsicht gewährt. Im Gerichtsverfahren hat der Antragsteller einen Akteneinsichtsantrag nicht mehr gestellt, obwohl der Antragsgegner die Ermittlungsakte mit der Antragserwiderung vom 16. April 2014 vorgelegt und ausdrücklich auf deren Inhalt Bezug genommen hatte. Vor diesem Hintergrund ist schließlich auch offenkundig, dass die Ermittlungsakte dem Verwaltungsgericht vorgelegen hat.
42Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Interessenabwägung zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Dauer der angeordneten Fahrtenbuchauflage von9 Monaten als verhältnismäßig erweist.
43Als Kriterium für die Verhältnismäßigkeit und insbesondere für die Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist vor allem das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes von Bedeutung. Dabei entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h ‑ unabhängig davon, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer innerörtlichen Straße oder einer Bundes- oder Landesstraße erfolgt - nicht als lediglich geringfügige Verkehrsübertretung angesehen werden kann.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 - VII C 49.77 -, VkBl. 1979, 209 = juris Rn. 23; dem folgend Bay. VGH, Beschluss vom 20. Juli 2009 - 11 ZB 08.3246 -, juris Rn. 6; OVG Nds., Beschluss vom 6. April 2010 - 12 ME 47/10 -, VD 2010, 175 = juris Rn. 9; vgl. auch Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 8.
45Auch ist nicht zu beanstanden, wenn die Behörde - wie hier - zur Ausübung ihres Ermessens nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltende Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung zurückgreift. Danach rechtfertigt schon die erstmalige Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einem Punkt zu bewerten ist, die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalls, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt.
46Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 18 ff., vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, NZV 2006, 223 = juris Rn. 32; S. auch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 - 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2, sowie Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9 f.
47Hier wäre der Geschwindigkeitsverstoß sogar mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. Darauf, dass es - aufgrund der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers - tatsächlich nicht zu einer Eintragung der Punkte gekommen ist, kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Der Rückgriff auf das Punktesystem dient lediglich der Einstufung der Schwere des Verstoßes, dessen Nichtahndung gerade eine Voraussetzung für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist.
48Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung ohne erkennbaren Fallbezug angeführt hat, dass bei Kraftradführern eine Identifizierung eines verkehrswidrig Handelnden anhand eines gefertigten Lichtbildes aufgrund der Helmpflicht erschwert ist, verhilft dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers ebenfalls nicht zum Erfolg.
49Es sind ungeachtet dessen keine Gründe ersichtlich, aus denen sich ein das Vollzugsinteresse überwiegendes oder diesem zumindest gleichwertiges Aufschubinteresse des Antragstellers ergäbe.
50Die Fahrtenbuchauflage ist geeignet, künftige Täterfeststellungen zu erleichtern und dadurch zur Sicherheit im Straßenverkehr beizutragen. Es ist davon auszugehen, dass sich ein Fahrtenbuch positiv auf die Verkehrsdisziplin auswirkt und dadurch dazu beiträgt, Verkehrsverstöße künftig zu vermeiden. Deshalb ist es geboten, dass das Fahrtenbuch in einem möglichst engen zeitlichen Zusammenhang mit dem wegen fehlender Fahrerermittlung nicht geahndeten Verkehrsverstoß geführt wird. Die Wahrung eines solchen zeitlichen Zusammenhangs führt dem Halter und künftigen Fahrern des Fahrzeugs plastisch vor Augen, dass Verkehrsverstöße nicht folgenlos bleiben und die Rechtsordnung es nicht hinnimmt, künftige Verkehrsverstöße - und zwar nicht erst nach Abschluss eines längeren Rechtsmittelverfahrens - ebenfalls nicht ahnden zu können.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2013 - 8 B 1003/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
52§ 31 a StVZO Norm zielt dabei auf eine abstrakte Wiederholungsgefahr, die ersichtlich daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist. Diese abstrakte Wiederholungsgefahr besteht auch im Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens und erfordert deshalb regelmäßig, dass auch schon in diesem Zeitraum das Fahrtenbuch geführt wird.
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2009 - 8 B 336/09 -, n. v., Abdruck S. 4 m.w.N.
54Dass das Vollziehungsinteresse in der Regel mit dem öffentlichen Interesse am Erlass der Fahrtenbuchauflage zusammen fällt, stellt das normative Konzept des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO, das die sofortige Vollziehbarkeit in den Fällen der Nr. 4 an eine gesonderte - hier ergangene - Vollziehungsanordnung knüpft, nicht in Frage.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2013 - 8 B 1003/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,00 Euro zu Grunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrages fest (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
59Prof. Dr. Seibert Keller Borgert-Vieten
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.400,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
3Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene Ordnungsverfügung bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig sei, nicht in Frage.
4Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich war. Diese Voraussetzung für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ist erfüllt, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend ‑ im Regelfall innerhalb von zwei Wochen - von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Ungeachtet der Ermittlungspflicht der Behörde bleibt es aber Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.
5Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 ‑ 8 A 699/97 -, S. 13, insoweit in NJW 1999, 3279 nicht abgedruckt, und vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, sowie Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 8 A 817/09 -.
6Verzögerungen bei der Anhörung des Fahrzeughalters stehen der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage daher nicht entgegen, wenn feststeht, dass sie für die Erfolglosigkeit der Ermittlung des Fahrers nicht ursächlich geworden sind.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, sowie Beschluss vom 16. September 2008 - 8 A 969/08 -.
8Das gilt namentlich für Fälle, in denen erkennbar ist, dass auch eine frühere Unterrichtung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Halter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Lehnt dieser die ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 ‑ 7 C 3.80 -, BayVBl. 1983, 310; Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 ‑ 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104, und vom 9. Dezember 1993 ‑ 11 B 113.93 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193.
10Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit der Behörde nicht vorliegt. Nach den konkreten Umständen ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht bereit war, an der Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeit mitzuwirken. Das der Antragstellerin übersandte Foto ist von so guter Qualität, dass eine Identifizierung des Fahrers möglich gewesen wäre; zumindest hätten die in Betracht kommenden zugriffsberechtigten Personen benannt werden können. Aus der fehlenden Rücksendung des Anhörungsbogens trotz Bestellung eines Rechtsanwaltes durfte die zuständige Behörde auf eine fehlende Mitwirkungsbereitschaft der Antragstellerin schließen. Insoweit muss die Antragstellerin sich das Verhalten ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen. Ansatzpunkte für gezielte erfolgversprechende Ermittlungen boten sich der Behörde bei dieser Sachlage nicht.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- Euro zu Grunde (Nr. 46.13 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrages fest.
13Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.
3Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0. Mit diesem Fahrzeug wurde am 29.09.2012 um 19:14 Uhr in E. außerhalb geschlossener Ortschaften auf dem T.--ring vor dem Tfriedhof in Fahrtrichtung Stadteinwärts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Unter dem 16.10.2012 übersandte das Ordnungsamt der Stadt E. dem Kläger einen Anhörungsbogen und gab ihm Gelegenheit, zu dem Verkehrsverstoß Stellung zu nehmen. Daraufhin bestellte sich mit Schriftsatz vom 25.10.2012 die Prozessbevollmächtigte des Klägers und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht. Mangels gleichzeitiger Vorlage einer Vollmacht forderte die Stadt E. die Prozessbevollmächtigte unter dem 31.10.2012 auf, eine schriftliche Vollmacht zu den Akten zu reichen. Ebenfalls am 31.10.2012 ersuchte die Stadt E. das Ordnungsamt der Beklagten um die Durchführung einer Fahrerermittlung. Mit Schriftsatz vom 06.11.2012 übersandte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die angeforderte Vollmacht. Am 03.12.2012 führte die Beklagte auf Ersuchen der Stadt E. zwecks Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers einen Außendienstbesuch beim Kläger durch. Der zuständige Außendienstmitarbeiter der Beklagten vermerkte auf dem Ermittlungsbogen, dass der Kläger von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und Nachbarschaftsbefragungen ergebnislos verlaufen seien. Mit Schreiben vom 07.01.2013 übersandte die Stadt E. der Prozessbevollmächtigten des Klägers auf ihren Antrag vom 25.10.2012 hin die angeforderte Bußgeldakte. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt des Schreibens die Personalien des Fahrzeugführers zu benennen. Die Bußgeldakte nebst Anschreiben ging der Prozessbevollmächtigten am 08.01.2013 zu. Mit Schriftsatz vom 28.01.2013 wurde die Bußgeldakte wieder zurückgesandt. Eine Stellungnahme zur Sache erfolgte nicht. Die Personalien des Fahrzeugführers wurden nicht benannt. Am 31.01.2013 wurde das gegen den Kläger geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt.
4Unter dem 07.03.2013 hörte die Beklagte den Kläger schriftlich zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Daraufhin bestellte sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12.03.2013 und beantragte unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht die Gewährung von Akteneinsicht. Eine Stellungnahme zur Sache erfolgte nicht.
5Mit Ordnungsverfügung vom 04.04.2013, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 09.04.2013, verpflichtete die Beklagte den Kläger für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0 für die Dauer von sechs Monaten ab Bestandskraft der Ordnungsverfügung ein Fahrtenbuch zu führen. Für den Erlass der Ordnungsverfügung setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,75 Euro fest und machte zugleich Auslagenersatz in Höhe von 2,51 Euro geltend. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der für den am 29.09.2012 begangenen Verkehrsverstoß verantwortliche Fahrzeugführer habe nicht ermittelt werden können. Angesichts der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h sei die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig und genüge insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
6Der Kläger hat am 08.05.2013 Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
7Das Gericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 17.06.2013 – 14 L 864/13 – als unzulässig abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt.
8Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die angeordnete Fahrtenbuchauflage sei rechtswidrig. In seinem konkreten Fall sei die Fahrtenbuchauflage als unverhältnismäßig anzusehen. In der Zeit vom 14.10.2012 bis zum 03.11.2012 habe er sich in der Schweiz aufgehalten. Auch seine Ehefrau und sein Sohn hätten sich in der Zeit vom 15.10.2012 bis zum 10.11.2012 nicht in E1. aufgehalten. Lediglich seine Tochter habe in dem vorgenannten Zeitraum einmal pro Woche die Post kontrolliert. Die Tochter habe auf dem Foto, das auf dem Anhörungsbogen vom 16.10.2012 abgedruckt sei, keine ihr bekannte Person erkennen können. Das Fahrzeug des Klägers sei in der Vergangenheit wiederholt von Freunden und Bekannten aus der Nachbarschaft gefahren worden, weil er – der Kläger – wegen eines Sportunfalls nicht in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug selbst zu bewegen. Seine Tochter habe den Anhörungsbogen vom 16.10.2012 am 24.10.2012 der Prozessbevollmächtigten übergeben. Nachdem diese am 25.10.2012 einen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht gestellt habe, sei zunächst nichts geschehen. Die angeforderte Bußgeldakte sei der Prozessbevollmächtigten erst am 07.01.2013 übermittelt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Prozessbevollmächtigte nicht vor Ort befunden. Sie sei vom 06.01.2013 bis zum 18.01.2013 im Winterurlaub gewesen und habe sich vom 23.01.2013 bis zum 25.01.2013 auf einer Fortbildungsveranstaltung befunden. In der ersten Dezemberwoche des Jahres 2012 sei er – der Kläger – von einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten aufgesucht worden. Allerdings sei das geführte Gespräch von dem Außendienstmitarbeiter im Aktenvermerk vom 03.12.2012 nicht zutreffend wiedergegeben worden. Es sei nicht richtig, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe. Ganz im Gegenteil habe er mitgeteilt, dass er bereit sei, an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken. Zu diesem Zweck habe er über seine Prozessbevollmächtigte die Bußgeldakte angefordert, in der Hoffnung darauf, dass sich in der Akte ein besseres Foto des Fahrzeugführers befinde. Allerdings habe er keine Möglichkeit gehabt aus der Bußgeldakte nähere Erkenntnisse zu gewinnen, weil ihm dies durch das sehr lange Zuwarten der Stadt E. bei der Aktenübermittlung unmöglich gemacht worden sei. Dies dürfe nicht zu seinem Nachteil gereichen. Mit dem undeutlichen Foto auf dem Anhörungsbogen habe er nicht in der Nachbarschaft hausieren gehen wollen. Vielmehr habe er sich aus der Anforderung der Ermittlungsakte durch seine Prozessbevollmächtigte weitere Erkenntnisse, insbesondere ein besseres Foto des Fahrzeugführers, versprochen.
9Der Kläger beantragt,
10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 04.04.2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die angegriffene Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die unaufgeklärt gebliebene Ordnungswidrigkeit rechtfertige die Auferlegung eines Fahrtenbuches. Eine Feststellung des Fahrzeugführers sei innerhalb der Verjährungszeit durch das Aussageverhalten des Klägers unmöglich gewesen. Den Halter eines Kraftfahrzeugs treffe die Obliegenheit, sachdienliche Angaben zur Ermittlung des Fahrzeugführers zu machen. Hierzu bedürfe es der vollständigen Offenlegung des Kreises der Personen, die für den Tatzeitpunkt als Führer des Fahrzeuges in Betracht kämen. Die Mitwirkungspflicht bestehe unabhängig davon, ob ein Foto vorliege oder nicht. Soweit der Fahrzeughalter den konkreten Fahrzeugführer nicht mit Sicherheit benennen könne, habe er zur Eingrenzung des möglichen Täterkreises jedenfalls mitzuteilen, ob das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt zu geschäftlichen oder zu privaten Zwecken benutzt worden sei und welche Personen als Fahrer in Betracht kommen. Dieser Obliegenheit sei der Kläger nicht nachgekommen. Der Anhörungsbogen vom 16.10.2012 sei weder vom Kläger noch von seiner Prozessbevollmächtigten zurückgesandt worden. Bei der örtlichen Ermittlung durch den Außendienst der Beklagten habe sich der Kläger auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Es bestehe insbesondere kein Anlass, am Inhalt des Aktenvermerks des Außendienstmitarbeiters zu zweifeln. Nach der Gewährung von Akteneinsicht sei der verantwortliche Fahrzeugführer trotz erneuter Aufforderung im Schreiben vom 07.01.2013 nicht benannt worden. Es seien keinerlei Angaben zur Sache gemacht worden. Infolgedessen habe die Bußgeldbehörde der Stadt E. davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht zu einer Mitwirkung an der Aufklärung der mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit bereit sei. Auch die mit dem Erlass der Ordnungsverfügung verbundene Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 04.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Klägerin nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
18Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Hiernach kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
19Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt.
20Eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist gegeben.
21Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0. Mit diesem Fahrzeug wurde am 29.09.2012 um 19:14 Uhr in E. außerhalb geschlossener Ortschaften auf dem T.--ring vor dem Tfriedhof in Fahrtrichtung Stadteinwärts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten und damit ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO begangen. Bei diesem Geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, die gemäß Nr. 11.3.6 der Tabelle 1 lit. c) des Anhangs zu Ziffer 11 (hier: 11.3) der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) im Regelfall mit einem Bußgeld von 120,00 Euro bedroht ist. Die mit dem Fahrzeug des Klägers begangene Verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger Ermittlung des Fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen.
22Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach der vorgenannten Verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich war.
23Von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1978 – VII C 77.74 –, Rn. 15 ff., juris; BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 – 7 B 139.87 –, Rn. 2 f., juris; BVerwG, Beschluss vom 23.12.1996 – 11 B 84.96 –, Rn. 3, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 3 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 9, juris.
25Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 – 7 C 3.80 –, Rn. 7, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 11, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 –, Rn. 25 ff., juris.
27An einer hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter – wie hier – den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht.
28Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013– 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG E. , Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG E. , Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris.
29Dies gilt unabhängig davon, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht.
30Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
31Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit nicht vor.
32Der Kläger ist – wie er ausdrücklich einräumt – durch den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt E. vom 16.10.2012 über den mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß umfassend in Kenntnis gesetzt worden. Nach Erhalt des Anhörungsbogens hat er jedoch gegenüber der zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörde keine Angaben dazu gemacht, von welcher Person sein Fahrzeug am Tattag benutzt wurde. Selbst wenn der Kläger den Fahrzeugführer wegen der eingeschränkten Qualität des Radarfotos tatsächlich nicht erkannt haben sollte, wäre er jedenfalls gehalten gewesen, den möglichen Täterkreis durch Benennung der Personen, die befugt waren sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt zu benutzen, einzugrenzen und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten zu fördern. Derartige Angaben erfolgten indes nicht, obwohl dem Kläger, wie seine Ausführungen im gerichtlichen Verfahren belegen, bewusst war, dass neben ihm als Fahrzeugführer nur Freunde und Bekannte aus der Nachbarschaft in Betracht kamen. Der Kläger hat sich indes lediglich darauf beschränkt mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2012 unter Angabe des entsprechenden Aktenzeichens ein Akteneinsichtsgesuch an die Stadt E. zu stellen. Eine Rücksendung des übersandten Anhörungsbogens erfolgte nicht, gleichfalls wurden innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) keine Angaben zur Sache gemacht.
33Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers erst später als begehrt, nämlich mit Schreiben vom 07.01.2013, Akteneinsicht erhalten hat. Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt – dem Empfang des Anhörungsbogens – hat der Kläger eine Mitwirkungsbereitschaft nicht erkennen lassen und keinerlei Angaben über den ihm bekannten Kreis der Benutzer seines Fahrzeuges gemacht.
34Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
35Unabhängig davon enthalten die Akten einer Ordnungswidrigkeitenbehörde bei Geschwindigkeitsüberschreitungen in aller Regel und so auch hier über das bereits auf dem Anhörungsbogen angebrachte Foto hinaus nichts, was im Hinblick auf die Identifizierung des Fahrzeugführers von Bedeutung sein könnte.
36Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.08.1996 – 10 S 1867/96 –, Rn. 2, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
37Ohne das es darauf noch entscheidungserheblich ankommt, hat der Kläger auch gegenüber dem Außendienstmitarbeiter der Beklagten, der ihn am 03.12.2012 zum Zwecke der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers aufgesucht hat, keine Angaben zum Kreis der nutzungsberechtigten Personen gemacht. Diesbezüglich kann dahinstehen, ob der Kläger sich, wie im behördlichen Vermerk vom 03.12.2012 niedergelegt, auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen hat oder, wie er nunmehr im gerichtlichen Verfahren vorträgt, seine grundsätzlich Bereitschaft bekundet haben will, an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk vom 03.12.2012 um eine dienstliche Äußerung handelt, an deren Richtigkeit zu Zweifeln grundsätzlich kein Anlass besteht,
38vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12.08.2011 – 14 L 716/11 –, Rn. 32, juris,
39ist der Kläger der ihn treffenden Mitwirkungsobliegenheit – selbst unter Zugrundelegung seines Vortrages im Klageverfahren – nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Denn fest steht, dass er dem Mitarbeiter der Beklagten nicht die Namen derjenigen Personen genannt hat, die berechtigt waren, sein Fahrzeug im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes zu benutzen. Für die Benennung des Nutzerkreises bedurfte es insbesondere nicht der vorherigen Einsicht in die Bußgeldakte der Stadt E. , da diese über das bereits auf dem Anhörungsbogen angebrachte Foto hinaus nichts enthält, was im Hinblick auf die Identifizierung des Fahrzeugführers von Bedeutung sein könnte und nur der Kläger Angaben dazu machen kann, welche Personen sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt gefahren haben könnten.
40Nach alledem hat der Kläger schon mit der unterlassenen Rücksendung des Anhörungsbogens zum Ausdruck gebracht, dass er bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihm möglich und zumutbar war. Die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde durfte demgemäß bereits aus dem Schweigen des Klägers zulässigerweise auf seine fehlende Mitwirkungsbereitschaft schließen.
41Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013– 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG E. , Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG E. , Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris.
42Sie war nicht gehalten weitere zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, aus welchen Gründen die Mitwirkung des Klägers an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes unterblieben ist. Unschädlich ist des Weiteren, dass der Kläger erst einige Tage nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist durch das Schreiben vom 16.10.2012 von dem Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt worden ist. Abgesehen davon, dass die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zwei-Wochen-Frist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters nur regelmäßig gilt und kein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a StVZO darstellt,
43vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, Rn. 8, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 – 25 A 2798/93 –, Rn. 16, juris,
44ist die um wenige Tage verspätete Anhörung des Klägers im vorliegenden Fall für die unterbliebene Feststellung des verantwortlichen Fahrers nicht ursächlich gewesen. Denn der Kläger war – wie vorstehend ausgeführt – von vornherein nicht bereit, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Die Fristversäumnis ist somit nicht kausal für die Unaufklärbarkeit geworden, weil der Kläger sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf ein wegen Zeitablauf mangelndes Erinnerungsvermögen berufen, sondern durch Schweigen seine Mitwirkungsverweigerung dokumentiert hat.
45Die Beklagte hat in fehlerfreier Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Die Straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage auf die Einstufung der Schwere des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes durch das Punktesystem in der Anlage 13 zu §40 FeV zurückgreift. Dabei ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt.
46Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, Rn. 21 ff., juris; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 09.09.1999 – 3 B 94.99 –, Rn. 2, juris.
47Demgemäß liegt die gewählte Dauer von sechs Monaten bei einem Verkehrsverstoß, der gemäß Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV mit drei Punkten zu bewerten ist, ohne Weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen Länge und begegnet im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken.
48Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 22, juris: Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten bei mit drei Punkten bewertetem Geschwindigkeitsverstoß verhältnismäßig.
49Auch die in der Ordnungsverfügung vom 04.04.2013 enthaltenen sonstigen Entscheidungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
50Die Verpflichtung zur jederzeitigen Vorlage des Fahrtenbuches folgt aus § 31a Abs. 3 StVZO.
51Die Gebührenfestsetzung in Höhe von 110,75 Euro beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Nr. 252 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Auslagen für die Zustellung in Höhe von 2,51 Euro ergibt sich aus § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 StVG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.
(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt
- 1.
vor deren Beginn - a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers, - b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs, - c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
- 2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.
(3) Der Fahrzeughalter hat
- a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder - b)
sonst zuständigen Personen
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.
3Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0. Mit diesem Fahrzeug wurde am 29.09.2012 um 19:14 Uhr in E. außerhalb geschlossener Ortschaften auf dem T.--ring vor dem Tfriedhof in Fahrtrichtung Stadteinwärts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Unter dem 16.10.2012 übersandte das Ordnungsamt der Stadt E. dem Kläger einen Anhörungsbogen und gab ihm Gelegenheit, zu dem Verkehrsverstoß Stellung zu nehmen. Daraufhin bestellte sich mit Schriftsatz vom 25.10.2012 die Prozessbevollmächtigte des Klägers und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht. Mangels gleichzeitiger Vorlage einer Vollmacht forderte die Stadt E. die Prozessbevollmächtigte unter dem 31.10.2012 auf, eine schriftliche Vollmacht zu den Akten zu reichen. Ebenfalls am 31.10.2012 ersuchte die Stadt E. das Ordnungsamt der Beklagten um die Durchführung einer Fahrerermittlung. Mit Schriftsatz vom 06.11.2012 übersandte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die angeforderte Vollmacht. Am 03.12.2012 führte die Beklagte auf Ersuchen der Stadt E. zwecks Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers einen Außendienstbesuch beim Kläger durch. Der zuständige Außendienstmitarbeiter der Beklagten vermerkte auf dem Ermittlungsbogen, dass der Kläger von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und Nachbarschaftsbefragungen ergebnislos verlaufen seien. Mit Schreiben vom 07.01.2013 übersandte die Stadt E. der Prozessbevollmächtigten des Klägers auf ihren Antrag vom 25.10.2012 hin die angeforderte Bußgeldakte. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt des Schreibens die Personalien des Fahrzeugführers zu benennen. Die Bußgeldakte nebst Anschreiben ging der Prozessbevollmächtigten am 08.01.2013 zu. Mit Schriftsatz vom 28.01.2013 wurde die Bußgeldakte wieder zurückgesandt. Eine Stellungnahme zur Sache erfolgte nicht. Die Personalien des Fahrzeugführers wurden nicht benannt. Am 31.01.2013 wurde das gegen den Kläger geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt.
4Unter dem 07.03.2013 hörte die Beklagte den Kläger schriftlich zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Daraufhin bestellte sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12.03.2013 und beantragte unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht die Gewährung von Akteneinsicht. Eine Stellungnahme zur Sache erfolgte nicht.
5Mit Ordnungsverfügung vom 04.04.2013, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 09.04.2013, verpflichtete die Beklagte den Kläger für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0 für die Dauer von sechs Monaten ab Bestandskraft der Ordnungsverfügung ein Fahrtenbuch zu führen. Für den Erlass der Ordnungsverfügung setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,75 Euro fest und machte zugleich Auslagenersatz in Höhe von 2,51 Euro geltend. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der für den am 29.09.2012 begangenen Verkehrsverstoß verantwortliche Fahrzeugführer habe nicht ermittelt werden können. Angesichts der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h sei die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig und genüge insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
6Der Kläger hat am 08.05.2013 Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
7Das Gericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 17.06.2013 – 14 L 864/13 – als unzulässig abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt.
8Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die angeordnete Fahrtenbuchauflage sei rechtswidrig. In seinem konkreten Fall sei die Fahrtenbuchauflage als unverhältnismäßig anzusehen. In der Zeit vom 14.10.2012 bis zum 03.11.2012 habe er sich in der Schweiz aufgehalten. Auch seine Ehefrau und sein Sohn hätten sich in der Zeit vom 15.10.2012 bis zum 10.11.2012 nicht in E1. aufgehalten. Lediglich seine Tochter habe in dem vorgenannten Zeitraum einmal pro Woche die Post kontrolliert. Die Tochter habe auf dem Foto, das auf dem Anhörungsbogen vom 16.10.2012 abgedruckt sei, keine ihr bekannte Person erkennen können. Das Fahrzeug des Klägers sei in der Vergangenheit wiederholt von Freunden und Bekannten aus der Nachbarschaft gefahren worden, weil er – der Kläger – wegen eines Sportunfalls nicht in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug selbst zu bewegen. Seine Tochter habe den Anhörungsbogen vom 16.10.2012 am 24.10.2012 der Prozessbevollmächtigten übergeben. Nachdem diese am 25.10.2012 einen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht gestellt habe, sei zunächst nichts geschehen. Die angeforderte Bußgeldakte sei der Prozessbevollmächtigten erst am 07.01.2013 übermittelt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Prozessbevollmächtigte nicht vor Ort befunden. Sie sei vom 06.01.2013 bis zum 18.01.2013 im Winterurlaub gewesen und habe sich vom 23.01.2013 bis zum 25.01.2013 auf einer Fortbildungsveranstaltung befunden. In der ersten Dezemberwoche des Jahres 2012 sei er – der Kläger – von einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten aufgesucht worden. Allerdings sei das geführte Gespräch von dem Außendienstmitarbeiter im Aktenvermerk vom 03.12.2012 nicht zutreffend wiedergegeben worden. Es sei nicht richtig, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe. Ganz im Gegenteil habe er mitgeteilt, dass er bereit sei, an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken. Zu diesem Zweck habe er über seine Prozessbevollmächtigte die Bußgeldakte angefordert, in der Hoffnung darauf, dass sich in der Akte ein besseres Foto des Fahrzeugführers befinde. Allerdings habe er keine Möglichkeit gehabt aus der Bußgeldakte nähere Erkenntnisse zu gewinnen, weil ihm dies durch das sehr lange Zuwarten der Stadt E. bei der Aktenübermittlung unmöglich gemacht worden sei. Dies dürfe nicht zu seinem Nachteil gereichen. Mit dem undeutlichen Foto auf dem Anhörungsbogen habe er nicht in der Nachbarschaft hausieren gehen wollen. Vielmehr habe er sich aus der Anforderung der Ermittlungsakte durch seine Prozessbevollmächtigte weitere Erkenntnisse, insbesondere ein besseres Foto des Fahrzeugführers, versprochen.
9Der Kläger beantragt,
10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 04.04.2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die angegriffene Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die unaufgeklärt gebliebene Ordnungswidrigkeit rechtfertige die Auferlegung eines Fahrtenbuches. Eine Feststellung des Fahrzeugführers sei innerhalb der Verjährungszeit durch das Aussageverhalten des Klägers unmöglich gewesen. Den Halter eines Kraftfahrzeugs treffe die Obliegenheit, sachdienliche Angaben zur Ermittlung des Fahrzeugführers zu machen. Hierzu bedürfe es der vollständigen Offenlegung des Kreises der Personen, die für den Tatzeitpunkt als Führer des Fahrzeuges in Betracht kämen. Die Mitwirkungspflicht bestehe unabhängig davon, ob ein Foto vorliege oder nicht. Soweit der Fahrzeughalter den konkreten Fahrzeugführer nicht mit Sicherheit benennen könne, habe er zur Eingrenzung des möglichen Täterkreises jedenfalls mitzuteilen, ob das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt zu geschäftlichen oder zu privaten Zwecken benutzt worden sei und welche Personen als Fahrer in Betracht kommen. Dieser Obliegenheit sei der Kläger nicht nachgekommen. Der Anhörungsbogen vom 16.10.2012 sei weder vom Kläger noch von seiner Prozessbevollmächtigten zurückgesandt worden. Bei der örtlichen Ermittlung durch den Außendienst der Beklagten habe sich der Kläger auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Es bestehe insbesondere kein Anlass, am Inhalt des Aktenvermerks des Außendienstmitarbeiters zu zweifeln. Nach der Gewährung von Akteneinsicht sei der verantwortliche Fahrzeugführer trotz erneuter Aufforderung im Schreiben vom 07.01.2013 nicht benannt worden. Es seien keinerlei Angaben zur Sache gemacht worden. Infolgedessen habe die Bußgeldbehörde der Stadt E. davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht zu einer Mitwirkung an der Aufklärung der mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit bereit sei. Auch die mit dem Erlass der Ordnungsverfügung verbundene Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 04.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Klägerin nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
18Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Hiernach kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
19Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt.
20Eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist gegeben.
21Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 0. Mit diesem Fahrzeug wurde am 29.09.2012 um 19:14 Uhr in E. außerhalb geschlossener Ortschaften auf dem T.--ring vor dem Tfriedhof in Fahrtrichtung Stadteinwärts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten und damit ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO begangen. Bei diesem Geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, die gemäß Nr. 11.3.6 der Tabelle 1 lit. c) des Anhangs zu Ziffer 11 (hier: 11.3) der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) im Regelfall mit einem Bußgeld von 120,00 Euro bedroht ist. Die mit dem Fahrzeug des Klägers begangene Verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger Ermittlung des Fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen.
22Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach der vorgenannten Verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich war.
23Von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1978 – VII C 77.74 –, Rn. 15 ff., juris; BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 – 7 B 139.87 –, Rn. 2 f., juris; BVerwG, Beschluss vom 23.12.1996 – 11 B 84.96 –, Rn. 3, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 3 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 9, juris.
25Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 – 7 C 3.80 –, Rn. 7, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 11, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 –, Rn. 25 ff., juris.
27An einer hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter – wie hier – den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht.
28Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013– 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG E. , Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG E. , Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris.
29Dies gilt unabhängig davon, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht.
30Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
31Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit nicht vor.
32Der Kläger ist – wie er ausdrücklich einräumt – durch den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt E. vom 16.10.2012 über den mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß umfassend in Kenntnis gesetzt worden. Nach Erhalt des Anhörungsbogens hat er jedoch gegenüber der zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörde keine Angaben dazu gemacht, von welcher Person sein Fahrzeug am Tattag benutzt wurde. Selbst wenn der Kläger den Fahrzeugführer wegen der eingeschränkten Qualität des Radarfotos tatsächlich nicht erkannt haben sollte, wäre er jedenfalls gehalten gewesen, den möglichen Täterkreis durch Benennung der Personen, die befugt waren sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt zu benutzen, einzugrenzen und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten zu fördern. Derartige Angaben erfolgten indes nicht, obwohl dem Kläger, wie seine Ausführungen im gerichtlichen Verfahren belegen, bewusst war, dass neben ihm als Fahrzeugführer nur Freunde und Bekannte aus der Nachbarschaft in Betracht kamen. Der Kläger hat sich indes lediglich darauf beschränkt mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2012 unter Angabe des entsprechenden Aktenzeichens ein Akteneinsichtsgesuch an die Stadt E. zu stellen. Eine Rücksendung des übersandten Anhörungsbogens erfolgte nicht, gleichfalls wurden innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) keine Angaben zur Sache gemacht.
33Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers erst später als begehrt, nämlich mit Schreiben vom 07.01.2013, Akteneinsicht erhalten hat. Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt – dem Empfang des Anhörungsbogens – hat der Kläger eine Mitwirkungsbereitschaft nicht erkennen lassen und keinerlei Angaben über den ihm bekannten Kreis der Benutzer seines Fahrzeuges gemacht.
34Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
35Unabhängig davon enthalten die Akten einer Ordnungswidrigkeitenbehörde bei Geschwindigkeitsüberschreitungen in aller Regel und so auch hier über das bereits auf dem Anhörungsbogen angebrachte Foto hinaus nichts, was im Hinblick auf die Identifizierung des Fahrzeugführers von Bedeutung sein könnte.
36Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.08.1996 – 10 S 1867/96 –, Rn. 2, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris.
37Ohne das es darauf noch entscheidungserheblich ankommt, hat der Kläger auch gegenüber dem Außendienstmitarbeiter der Beklagten, der ihn am 03.12.2012 zum Zwecke der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers aufgesucht hat, keine Angaben zum Kreis der nutzungsberechtigten Personen gemacht. Diesbezüglich kann dahinstehen, ob der Kläger sich, wie im behördlichen Vermerk vom 03.12.2012 niedergelegt, auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen hat oder, wie er nunmehr im gerichtlichen Verfahren vorträgt, seine grundsätzlich Bereitschaft bekundet haben will, an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk vom 03.12.2012 um eine dienstliche Äußerung handelt, an deren Richtigkeit zu Zweifeln grundsätzlich kein Anlass besteht,
38vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12.08.2011 – 14 L 716/11 –, Rn. 32, juris,
39ist der Kläger der ihn treffenden Mitwirkungsobliegenheit – selbst unter Zugrundelegung seines Vortrages im Klageverfahren – nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Denn fest steht, dass er dem Mitarbeiter der Beklagten nicht die Namen derjenigen Personen genannt hat, die berechtigt waren, sein Fahrzeug im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes zu benutzen. Für die Benennung des Nutzerkreises bedurfte es insbesondere nicht der vorherigen Einsicht in die Bußgeldakte der Stadt E. , da diese über das bereits auf dem Anhörungsbogen angebrachte Foto hinaus nichts enthält, was im Hinblick auf die Identifizierung des Fahrzeugführers von Bedeutung sein könnte und nur der Kläger Angaben dazu machen kann, welche Personen sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt gefahren haben könnten.
40Nach alledem hat der Kläger schon mit der unterlassenen Rücksendung des Anhörungsbogens zum Ausdruck gebracht, dass er bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihm möglich und zumutbar war. Die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde durfte demgemäß bereits aus dem Schweigen des Klägers zulässigerweise auf seine fehlende Mitwirkungsbereitschaft schließen.
41Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013– 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG E. , Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG E. , Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris.
42Sie war nicht gehalten weitere zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, aus welchen Gründen die Mitwirkung des Klägers an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes unterblieben ist. Unschädlich ist des Weiteren, dass der Kläger erst einige Tage nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist durch das Schreiben vom 16.10.2012 von dem Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt worden ist. Abgesehen davon, dass die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zwei-Wochen-Frist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters nur regelmäßig gilt und kein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a StVZO darstellt,
43vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, Rn. 8, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 – 25 A 2798/93 –, Rn. 16, juris,
44ist die um wenige Tage verspätete Anhörung des Klägers im vorliegenden Fall für die unterbliebene Feststellung des verantwortlichen Fahrers nicht ursächlich gewesen. Denn der Kläger war – wie vorstehend ausgeführt – von vornherein nicht bereit, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Die Fristversäumnis ist somit nicht kausal für die Unaufklärbarkeit geworden, weil der Kläger sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf ein wegen Zeitablauf mangelndes Erinnerungsvermögen berufen, sondern durch Schweigen seine Mitwirkungsverweigerung dokumentiert hat.
45Die Beklagte hat in fehlerfreier Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Die Straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage auf die Einstufung der Schwere des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes durch das Punktesystem in der Anlage 13 zu §40 FeV zurückgreift. Dabei ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt.
46Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, Rn. 21 ff., juris; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 09.09.1999 – 3 B 94.99 –, Rn. 2, juris.
47Demgemäß liegt die gewählte Dauer von sechs Monaten bei einem Verkehrsverstoß, der gemäß Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV mit drei Punkten zu bewerten ist, ohne Weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen Länge und begegnet im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken.
48Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 22, juris: Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten bei mit drei Punkten bewertetem Geschwindigkeitsverstoß verhältnismäßig.
49Auch die in der Ordnungsverfügung vom 04.04.2013 enthaltenen sonstigen Entscheidungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
50Die Verpflichtung zur jederzeitigen Vorlage des Fahrtenbuches folgt aus § 31a Abs. 3 StVZO.
51Die Gebührenfestsetzung in Höhe von 110,75 Euro beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Nr. 252 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Auslagen für die Zustellung in Höhe von 2,51 Euro ergibt sich aus § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 StVG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Dem Fahreignungs-Bewertungssystem sind die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. April 2015 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 9.782,32 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall. Das Antragsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass eine Fahrtenbuchauflage von 24 Monaten bei dem hier in Rede stehenden Verkehrsverstoß (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h am 27. August 2014) weder unverhältnismäßig noch sonst ermessensfehlerhaft ist, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Die Rügen der Klägerin, die Ermessenspraxis des Beklagten sei zu undifferenziert und der Beklagte sei zu Unrecht von einem Wiederholungsfall ausgegangen, begründen keinen Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO.
5Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage setzt einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht voraus. Ein nur einmaliger unwesentlicher Verstoß, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Ungeeignetheit des Kraftfahrers zulässt, genügt zum Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht. Auch für die im Einzelfall noch angemessene Dauer der Fahrtenbuchauflage kommt es wesentlich auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes an. Darüber hinaus kann in die Ermessensentscheidung einfließen, ob das erste Mal mit einem Pkw des Fahrzeughalters ein Verkehrsverstoß ohne Fahrerfeststellung begangen wurde, oder ob es sich um einen Wiederholungsfall handelt.
6Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10. Februar 2011 - 12 LB 318/08 -, NZV 2012, 100 = juris Rn. 21 ; Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 31a StVZO, Rn. 9.
7Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) niedergelegten Punktesystem zu orientieren. Dabei ist bereits ab einem Punkt und auch schon bei der ersten derartigen Zuwiderhandlung von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
8Vgl. zur früheren Rechtslage nur BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9, OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 21, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 ‑ 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2.
9Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 1. Mai 2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
10Vgl. BT-Drs. 17/12636, S. 1, 17.
11Mit der Umstellung des vormaligen 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen zumindest gleichgeblieben.
12Die Straßenverkehrsbehörde handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie - wie der Beklagte - die Dauer der Fahrtenbuchauflage grundsätzlich an der vom Verordnungsgeber in der Anlage 13 zur FeV erfolgten Bewertung orientiert und auf eine weitere Binnendifferenzierung verzichtet.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2015 ‑ 8 B 868/15 -.
14Nach dem aktuell gültigen, vereinfachten Punktesystem deckt ein Punkt nunmehr eine größere Spanne von Geschwindigkeitsüberschreitungen (und anderen Verkehrsverstößen) ab als zuvor. Hinzu kommt, dass Punkte nur noch für Verkehrsverstöße vorgesehen sind, die die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinträchtigen (s. o.). Um dieser Spannbreite insgesamt typisierend Rechnung zu tragen, bemisst der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage für alle mit einem Punkt bewerteten Zuwiderhandlungen einheitlich mit 12 Monaten, sofern es sich um einen Erstverstoß handelt. Im Wiederholungsfall verhängt er eine Fahrtenbuchauflage von 24 Monaten.
15Soweit dies dazu führt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen „am unteren Rand“ einer punktebewerteten Zuwiderhandlung nunmehr eine längere Fahrtenbuchauflage zur Folge haben als vor der Systemumstellung, bewegt sich die vom Beklagten mitgeteilte neue Verwaltungspraxis im Bereich zulässiger Typisierung. Bei derart häufig auftretenden Vorgängen darf sich die Verwaltungspraxis an einfach handhabbaren Kriterien ausrichten. Ausgehend davon hat der Senat mit Beschluss gleichen Rubrums vom heutigen Tag die Praxis des Beklagten als verhältnismäßig angesehen, bei mit einem Punkt bewerteten Ordnungswidrigkeiten eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten zu erlassen.
16Vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2016 - 8 A 1030/15 -.
17Die Verdoppelung dieses Zeitraums auf 24 Monate bei einem wiederholten unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstoß erweist sich ebenfalls als verhältnismäßig. Zweck der Fahrtenbuchauflage ist es, die Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr zu gewährleisten und sicherzustellen, dass zukünftige Verkehrsverstöße nicht ungeahndet bleiben.
18Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. April 2011 - 8 B 306/11 - und vom 11. Oktober 2007 - 8 B 1042/07 -, NZV 2008, 52 = juris Rn. 4 f., m.w.N..
19Das Bedürfnis, durch die mit einer Fahrtenbuchauflage verbundene präventive Kontrolle weiteren vergleichbaren Vorfällen entgegenzuwirken, ist dabei größer, wenn es bereits zum wiederholten Mal zu unaufgeklärt gebliebenen Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften gekommen ist.
20Gemessen daran begegnet es vorliegend keinen Bedenken, dass der Beklagte der Klägerin aufgrund des Verkehrsverstoßes vom 27. August 2014 (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h) das Führen eines Fahrtenbuchs für einen Zeitraum von 24 Monaten aufgegeben hat. Nach Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV wäre dieser Verstoß mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen.
21Die Annahme des Beklagten, es handele sich um einen Wiederholungsfall, der die Erhöhung der für einen derartigen Verstoß grundsätzlich praktizierten Zeitdauer der Fahrtenbuchauflage auf 24 Monate rechtfertige, ist nicht zu beanstanden. Mit dem (inzwischen veräußerten) Pkw der Klägerin wurde bereits am 26. August 2014 eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 24 km/h begangen. Es liegen somit zwei Geschwindigkeitsverstöße vor, die jeweils mit einem Punkt in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen wären. Hinsichtlich des ersten Verkehrsverstoßes, der angesichts des von der Klägerin auch dort ausgeübten Zeugnisverweigerungsrechts ebenfalls nicht aufgeklärt werden konnte, hatte der Beklagte mit Ordnungsverfügung vom 2. Dezember 2014 eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten angeordnet (vgl. dazu den Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 8 A 1030/15). Auch hier hatte die Klägerin von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
22Der Senat neigt zu der Annahme, dass der Beklagte allein aufgrund der objektiven Gewichtigkeit der einen Tag nach dem Verkehrsverstoß vom 26. August 2014 erneut begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von einem Wiederholungsfall, der eine längere Fahrtenbuchauflage rechtfertigt, ausgehen durfte. Auf den von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Gesichtspunkt, wonach der Betroffene zuvor durch eine bereits verhängte Fahrtenbuchauflage „gewarnt“ worden sein müsse, kommt es nicht an. Dem entspricht, dass der Erlass einer Fahrtenbuchauflage nur voraussetzt, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war, nicht aber, dass der Halter dies zu vertreten hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass es erneut zu unaufgeklärt bleibenden Verstößen kommt, ist abstrakt betrachtet größer, wenn dies im Verantwortungsbereich ein und desselben Halters bereits mehr als einmal vorgekommen ist. Dies rechtfertigt eine längere Dauer der Fahrtenbuchauflage. Dem steht die Mitteilung der Klägerin, sie habe das - einem Dritten überlassene - Tatfahrzeug inzwischen veräußert, damit der Nutzer damit keine Verkehrsverstöße mehr begehen könne, nicht entgegen. Es ist nicht auszuschließen, dass es in Zukunft auch mit dem von der Fahrtenbuchauflage betroffenen, auf die Klägerin weiterhin zugelassenen Fahrzeug zu vergleichbaren Vorfällen kommt. Immerhin deutet die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts durch die Klägerin darauf hin, dass es sich bei dem Nutzer des - inzwischen aufgegebenen - Tatfahrzeugs um einen nahen Verwandten der Klägerin gehandelt hat.
23Ungeachtet dessen haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Klägerin die Konsequenzen einer Verweigerung der Mitwirkung bei der Fahrerfeststellung jedenfalls durch die Anhörung zum Erlass der ersten Fahrtenbuchauflage vom 10. November 2014 deutlich vor Augen geführt worden sind und sie an der Ermittlung des Täters des Verkehrsverstoßes vom 27. August 2014 noch ohne weiteres hätte mitwirken können. Verfolgungsverjährung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten; und auch die Einstellung des Verfahrens ist erst am 24. November 2014 erfolgt. Dass sie zuvor bereits mitgeteilt hatte, sie mache von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, steht einer späteren Änderung des Aussageverhaltens ersichtlich nicht entgegen. Eine derartige Annahme ist derart lebensfremd, dass hierin nur eine Schutzbehauptung gesehen werden kann. Die Begründung, die Einstellungsmitteilung habe für sie einen „Tonfall der Endgültigkeit“ gehabt, geht in diesem Zusammenhang schon an der Argumentation des Verwaltungsgerichts vorbei.
24Überdies hat bereits der Zeugenfragebogen den hinreichend deutlichen Hinweis auf die Möglichkeit einer Fahrtenbuchauflage bei fehlender Ermittelbarkeit des Fahrzeugführers enthalten.
25Hat die Klägerin nach alledem die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nicht ernstlich in Zweifel gezogen, ist auch die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung nicht in Frage gestellt. Gesonderte Rügen wurden insoweit nicht erhoben.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013,
28Vgl. Beilage 2/2013 zu NvwZ Heft 23/2013; abzurufen auch unter
29http://www.BVerwG.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf,
30einen Betrag von 400,- Euro zu Grunde. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung.
31Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.800,00 Euro festgesetzt.
1
8 B 591/14
214 L 861/14 Düsseldorf
3Beschluss
4In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
5wegen Verkehrsrechts (Fahrtenbuchauflage)
6hier: Beschwerde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
7hat der 8. Senat des
8OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN
9am 9. Juli 2014
10durch
11den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Seibert,
12die Richterin am Oberverwaltungsgericht Keller und
13die Richterin am Verwaltungsgericht Borgert-Vieten
14auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014
15beschlossen:
16Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.
17Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
18Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.800,00 Euro festgesetzt.
19G r ü n d e :
20Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
21Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss, dass keine rechtliche Bedenken gegen die im Hauptsacheverfahren angefochtene Fahrtenbuchauflage bestünden, nicht in Frage.
22Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Fahrtenbuchauflage fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
23Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Interessenabwägung zutreffend davon ausgegangen, dass sich die angegriffene Fahrtenbuchauflage bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist.
24Es hat zu Recht die Voraussetzungen des § 31 a StVZO für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage als erfüllt angesehen. Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4.
26Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage erweist sich nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Antragsteller erst mehr als zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß vom 8. Juni 2013 mit Anhörungsschreiben vom 27. Juni 2013 von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Der Antragsteller kann sich auf die zeitliche Verzögerung im Rahmen der Anhörung nicht mit Erfolg berufen.
27Zwar gehört zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend - im Regelfall innerhalb von zwei Wochen - von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Ungeachtet dessen bleibt es jedoch Sache des Fahrzeughalters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreise der Nutzungsberechtigten fördert.
28Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 ‑ 8 A 699/97 -, S. 13, insoweit in NJW 1999, 3279, nicht abgedruckt, und vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, Beschlüsse vom 23. Februar 2007 - 8 A 3960/06 - und vom 19. Juli 2007 ‑ 8 A 1553/06 -.
29Verzögerungen bei der Anhörung des Fahrzeughalters stehen der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aber dann nicht entgegen, wenn feststeht, dass sie für die Er-folglosigkeit der Ermittlung des Fahrers nicht ursächlich geworden sind.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 ‑ 8 A 280/05 -, NWVBl. 2006, 193, Beschlüsse vom 23. Februar 2007 - 8 A 3960/06 - und vom 19. Juli 2007 - 8 A 1553/06 -.
31Die Bußgeldbehörde kann ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, VRS 64, 466 = juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4 f., und vom 9. Dezember 1993 ‑ 11 B 113.93 -, juris Rn. 4; Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 5; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 325.
33Gemessen hieran liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit nicht vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es unerheblich, dass er eine Mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. Entscheidend ist, dass er auch nach Kenntnisnahme vom Verkehrsverstoß bis zum Eintritt der Verfolgungsver-jährung nicht zureichend an der Aufklärung mitgewirkt hat. Im Rahmen des Er-mittlungsverfahrens hat er sich lediglich darauf berufen, anhand des übersandten Fotos habe der Fahrzeugführer nicht identifiziert werden können. Ferner hat er angeführt, er sei nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen über den Verkehrsverstoß unterrichtet worden. Der Antragsteller hat dabei aber weder die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigen gefördert, noch den Täterkreis gegenüber der Ermittlungsbehörde eingegrenzt und die nutzungsberechtigten Personen benannt. Die im Schreiben vom 20. September 2013 angebotene Möglichkeit einer persönlichen Vorsprache beim Ermittlungsdienst hat er ebenfalls nicht wahrgenommen. Die Ermittlungsbehörde durfte daher davon ausgehen, dass er nicht bereit war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Nachdem auch ein Abgleich mit dem Passfoto des Antragstellers ohne Erfolg geblieben war, waren weitere Ermittlungsbemühungen mangels Vorliegens eines erfolgversprechenden Ermittlungsansatzes entbehrlich.
34Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er sei an der Mitwirkung gehindert gewesen, weil kein aussagekräftiges Foto vorgelegen habe. Vorliegend sind dem Antragsteller im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Fotokopien des Radarfotos übersandt worden. Ferner wurde ihm Einsicht in die Ermittlungsakte gewährt. Ob hierdurch eine Identifizierung des Fahrzeugführers letztlich möglich war, kann dahinstehen. Das Vorliegen eines Fotos erleichtert zwar in vielen Fällen die Ermittlungstätigkeit der Behörde, erforderlich ist die - häufig auch gar nicht mögliche - Fertigung eines Fotos jedoch nicht.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Juni 2002 - 8 A 5736/00 -, vom 22. März 2004 - 8 A 2384/03 -, vom 4. März 2008 - 8 A 1677/07 - und vom 18. Februar 2009 - 8 B 103/09 -.
36Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsteller angeführten Entscheidungen des OVG Lüneburg (Beschluss vom 2. November 2004 - 12 ME 413/04 -, juris, und vom 8. November 2004 - 12 LA 72/04 -, juris). Insbesondere wird hier nicht das Erfordernis aufgestellt, der Fahrer müsse anhand des Fotos identifiziert werden können. Vielmehr geht das OVG Lüneburg davon aus, dass die zum Umfang der Ermittlungstätigkeit aufgestellten Grundsätze unabhängig davon gelten, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß überhaupt fotografisch dokumentiert wurde.
37Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. November 2004 ‑ 12 ME 413/04 -, juris Rn. 6.
38Ferner greift der erstmals im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand des Antragstellers nicht durch, er sei im Bußgeldverfahren ausschließlich als Betroffener und nicht auch als Zeuge gehört worden. Es kann offen bleiben, ob über die Anhörung des Antragstellers in dem Schreiben vom 27. Juni 2013 als Betroffener im Sinne des § 55 OWiG eine gesonderte mündliche oder schriftliche Anhörung als Zeuge geboten gewesen wäre und ob für diesen Fall die Belehrung mit der Formulierung, „Wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben, können Sie mir zu Ihrer Entlastung den Namen und die Anschrift des Fahrers mitteilen. Hierzu sind Sie jedoch nicht verpflichtet.“, zutreffend gewesen wäre.
39Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2013 - 8 A 1545/13 -, n.v., Abdruck S. 3 und 4.
40Es liegen nämlich jedenfalls keine Anhaltspunkte vor, dass der Antragsteller bei einer zusätzlichen zeugenschaftlichen Anhörung weitere Angaben gemacht hätte, die zur Feststellung des Fahrzeugführers hätten führen können. Er hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass nicht er, sondern eine andere Person das Fahrzeug geführt habe. Dasselbe gilt für die Möglichkeit, dass er sich auf eine (nochmalige) Anhörung als Zeuge selbst als Fahrer angegeben hätte.
41Anders als der Antragsteller meint ist auch nicht zu vermuten, dass die Ermittlungen weder sachgerecht noch vollständig waren. Es trifft nicht zu, dass er nicht überprüfen konnte, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung versucht worden sei, weil ihm die Akte (wohl der Ermittlungsbehörde) nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Ermittlungsbehörde hat dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 3. Juli 2013 Akteneinsicht gewährt. Im Gerichtsverfahren hat der Antragsteller einen Akteneinsichtsantrag nicht mehr gestellt, obwohl der Antragsgegner die Ermittlungsakte mit der Antragserwiderung vom 16. April 2014 vorgelegt und ausdrücklich auf deren Inhalt Bezug genommen hatte. Vor diesem Hintergrund ist schließlich auch offenkundig, dass die Ermittlungsakte dem Verwaltungsgericht vorgelegen hat.
42Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Interessenabwägung zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Dauer der angeordneten Fahrtenbuchauflage von9 Monaten als verhältnismäßig erweist.
43Als Kriterium für die Verhältnismäßigkeit und insbesondere für die Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist vor allem das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes von Bedeutung. Dabei entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h ‑ unabhängig davon, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer innerörtlichen Straße oder einer Bundes- oder Landesstraße erfolgt - nicht als lediglich geringfügige Verkehrsübertretung angesehen werden kann.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 - VII C 49.77 -, VkBl. 1979, 209 = juris Rn. 23; dem folgend Bay. VGH, Beschluss vom 20. Juli 2009 - 11 ZB 08.3246 -, juris Rn. 6; OVG Nds., Beschluss vom 6. April 2010 - 12 ME 47/10 -, VD 2010, 175 = juris Rn. 9; vgl. auch Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 8.
45Auch ist nicht zu beanstanden, wenn die Behörde - wie hier - zur Ausübung ihres Ermessens nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltende Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung zurückgreift. Danach rechtfertigt schon die erstmalige Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einem Punkt zu bewerten ist, die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalls, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt.
46Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 18 ff., vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, NZV 2006, 223 = juris Rn. 32; S. auch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 - 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2, sowie Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9 f.
47Hier wäre der Geschwindigkeitsverstoß sogar mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. Darauf, dass es - aufgrund der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers - tatsächlich nicht zu einer Eintragung der Punkte gekommen ist, kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Der Rückgriff auf das Punktesystem dient lediglich der Einstufung der Schwere des Verstoßes, dessen Nichtahndung gerade eine Voraussetzung für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist.
48Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung ohne erkennbaren Fallbezug angeführt hat, dass bei Kraftradführern eine Identifizierung eines verkehrswidrig Handelnden anhand eines gefertigten Lichtbildes aufgrund der Helmpflicht erschwert ist, verhilft dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers ebenfalls nicht zum Erfolg.
49Es sind ungeachtet dessen keine Gründe ersichtlich, aus denen sich ein das Vollzugsinteresse überwiegendes oder diesem zumindest gleichwertiges Aufschubinteresse des Antragstellers ergäbe.
50Die Fahrtenbuchauflage ist geeignet, künftige Täterfeststellungen zu erleichtern und dadurch zur Sicherheit im Straßenverkehr beizutragen. Es ist davon auszugehen, dass sich ein Fahrtenbuch positiv auf die Verkehrsdisziplin auswirkt und dadurch dazu beiträgt, Verkehrsverstöße künftig zu vermeiden. Deshalb ist es geboten, dass das Fahrtenbuch in einem möglichst engen zeitlichen Zusammenhang mit dem wegen fehlender Fahrerermittlung nicht geahndeten Verkehrsverstoß geführt wird. Die Wahrung eines solchen zeitlichen Zusammenhangs führt dem Halter und künftigen Fahrern des Fahrzeugs plastisch vor Augen, dass Verkehrsverstöße nicht folgenlos bleiben und die Rechtsordnung es nicht hinnimmt, künftige Verkehrsverstöße - und zwar nicht erst nach Abschluss eines längeren Rechtsmittelverfahrens - ebenfalls nicht ahnden zu können.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2013 - 8 B 1003/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
52§ 31 a StVZO Norm zielt dabei auf eine abstrakte Wiederholungsgefahr, die ersichtlich daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist. Diese abstrakte Wiederholungsgefahr besteht auch im Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens und erfordert deshalb regelmäßig, dass auch schon in diesem Zeitraum das Fahrtenbuch geführt wird.
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2009 - 8 B 336/09 -, n. v., Abdruck S. 4 m.w.N.
54Dass das Vollziehungsinteresse in der Regel mit dem öffentlichen Interesse am Erlass der Fahrtenbuchauflage zusammen fällt, stellt das normative Konzept des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO, das die sofortige Vollziehbarkeit in den Fällen der Nr. 4 an eine gesonderte - hier ergangene - Vollziehungsanordnung knüpft, nicht in Frage.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2013 - 8 B 1003/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,00 Euro zu Grunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich ergebenden Gesamtbetrages fest (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
58Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
59Prof. Dr. Seibert Keller Borgert-Vieten
Dem Fahreignungs-Bewertungssystem sind die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.